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HistorischeS<br />
13<br />
Für die Zeit von 1906 bis 1953 hat<br />
sich ein Protokollbuch erhalten,<br />
das uns viele Einblicke in die Arbeit<br />
des Vereins ermöglicht:<br />
Vor dem Ersten Weltkrieg traf<br />
man sich unter Leitung von Dirigent<br />
Schaare im Vereinslokal<br />
Schwachenberg und gestaltete<br />
mit Festen, Bällen und Sangeswettstreiten<br />
das öffentliche und<br />
gesellige Leben in Berghofen in<br />
wesentlichen Teilen mit. Während<br />
des Ersten Weltkrieges war es<br />
nur in geringem Maße möglich,<br />
die Vereinsarbeit fortzusetzen.<br />
Im Sommer 1919 fanden sich<br />
Johannes Gronowski<br />
dann über 50 Sänger wieder zusammen.<br />
Sie beklagten den Tod ihrer Sangesbrüder Fritz Regert, Hans<br />
Schewerda, Gustav Homberg und Heinrich Vörde, die im Weltkrieg umgekommen<br />
waren. Als junger Mann übernahm Lehrer Fritz Schürmann den<br />
Dirigentenstab.<br />
dem Verein errungenen Kunstgegenständen zu überlassen, wurde stattgegeben<br />
und ihm eine Fruchtschale geschenkt.“ – Die intensive Arbeit<br />
des Dirigenten mit seinen Sängern zahlte sich aus, bald konnte der Verein<br />
nicht nur an die Leistungen der Vorkriegszeit anknüpfen und wichtige<br />
Preise gewinnen, sondern im internationalen Wettstreit mit 106 Chören<br />
– ausgerichtet vom MGV Constantia Münster 1924 zu dessen 50-jährigem<br />
Bestehen – das Klassensingen, das Ehrensingen und das Hauptehrensingen<br />
für sich entscheiden. Als Ehrenpreis nahm man u. a. eine Münzsammlung,<br />
gestiftet vom Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, Johannes Gronowski,<br />
mit nach Berghofen . – Es soll nicht verschwiegen werden: Wie<br />
immer, wenn Preisrichter urteilen, ist es schwer, objektive und allgemein<br />
anerkannte Entscheidungen zu fällen. So kam es auch gelegentlich zu<br />
Urteilen, die heftig umstritten waren; in Münster betraf dies aber eine<br />
Klasse, in der die Berghofer nicht sangen. – Die Klasseneinteilungen wurden<br />
nach der Anzahl der Sänger vorgenommen.<br />
Zelter-Plakette 1927<br />
Münzsammlung 1924<br />
Die Not der Zeit wird deutlich, wenn etwa unter dem 4. Januar 1920 im<br />
Protokollbuch vermerkt ist: „Kaffeetrinken mit Frauen... jeder Sänger [hat]<br />
eine Brotmarke und nach Möglichkeit eine Zuckermarke mitzubringen.“<br />
Wie vor dem Krieg zahlte man dem Dirigenten 200 Mark fürs Jahr, dann<br />
machte sich die Inflation bemerkbar: 1921 zahlte man 600 Mark, 1922<br />
1.200 Mark, 1923 12.000 Mark, die schon bald nicht mehr reichten, einen<br />
Brief zu frankieren, so zahlte man am 27. Juni 1923 500.000 Mark und<br />
setzte das monatliche Gehalt auf 200.000 Mark fest. Was nützte das Milliardenvermögen<br />
des Vereins, nur noch Sachwerte zählten in der Inflation:<br />
„Der Wunsch des Dirigenten, ihm einen von den in früheren Jahren von<br />
Die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts waren mit Inflation, Ruhrbesetzung<br />
und Zechenschließungen für Berghofen alles andere als „golden“.<br />
1926 beschloss der MGV, dass erwerbslose Mitglieder nur noch zehn Pfennig<br />
Monatsbeitrag zu zahlen hatten. Für eifrige Sänger lobte man Prämien<br />
aus, da der Besuch der Übungsstunden sank, und am 7. März 1926 fasste<br />
man den Beschluss, „...fernerhin bei Veranstaltungen politischer Vereine<br />
gesanglich nicht mehr teilzunehmen.“ Weiterhin sang man zur Verfassungsfeier,<br />
für die evangelische Kirchengemeinde, den Kolpingverein, den<br />
Invalidenbund, das Reichsbanner und 1927 auch für die „Deutsche Friedensgesellschaft<br />
Ortsgruppe Berghofen“. Im selben Jahr bildeten Berghofer<br />
Chöre einen Massenchor, der unter Leitung von Musikdirektor August<br />
Haselhoff zum Volkstrauertag sang. (Über Haselhoff berichteten wir im<br />
Berghofer Blick 3/1992.)<br />
Das Lied „Genügen in der Heimat“ von – zum Ehrendirigenten des Vereins<br />
ernannten – August Haselhoff war dann auch einer der Höhepunkte<br />
anlässlich des 75-jährigen Bestehens des MGV Berghofen, das am<br />
9. Juli 1927 mit einem feierlichen Kommers begangen wurde. Im Auftrage<br />
des Oberpräsidenten der Provinz Westfalen überreichte der Aplerbecker