The J. Paul Getty Museum Journal Volume 5 1977
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Die erhaltenen Jünglingskopfe 3 der Metopen sind<br />
sehr unterschiedlich geformt. Allenfalls der Kopf von S<br />
XVI 4 steht unserem Kopf nah. Seine korrodierte<br />
Oberfláche lâsst aber nur noch sehen, dass die<br />
verzerrte Physiognomic ebenfalls durch plastische<br />
Verschiebungen der Gesichtszüge erreicht ist. Unser<br />
Kopf stimmt zwar mit dem Lapithenkopf S VII 5 im<br />
Louvre darin uberein, wie an der linken Schlâfe der<br />
Ubergang von glatter Haut zu rauher Haardecke<br />
gestaltet ist, und gleichartig ist auch der Ansatz des<br />
6<br />
Stirnhaares bel dem Kentaur S XXX . Diese handwerkliche<br />
Einzelheit besagt aber noch nicht, dass der Kopf<br />
zu den Metopen gehôrt, denn ein Jiinglingskopf aus<br />
parischem Marmor von der Akropolis 7 , der wegen des<br />
Materials nicht zu den Metopen gehbren kann, hat<br />
einen ganz ahnlichen Ubergang von Haut zu Haar<br />
(Abb. 6).<br />
Konnen wir trotzdem unseren Kopf einer Südmetope<br />
zuweisen Auf Grund der Kopfwendung nach<br />
rechts kamen die schon bei Carrey 8 fehlenden Lapithenkopfe<br />
der Metopen S III 9 oder S V 10 in Betracht; die<br />
Metope S XI 11 ist eher auszuschliessen: der Jünglingskopf<br />
erscheint bei Carey stark aufwârts gedreht;<br />
ausserdem passt die drohende Haltung des schwertfuhrenden<br />
Jiinglings nicht recht zur angsterfullten Miene<br />
unseres Kopfes 12 . Von den beiden Lapithen, die wir in<br />
die engere Wahl ziehen, kennen wir im Original nur<br />
den Kôrper von S III 13 .<br />
An den beiden erhaltenen Kentaurleibern konnen wir<br />
Stilunterschiede in der plastischen Durchbildung dieser<br />
beiden Metopen beobachten und fur die Frage, ob<br />
unser Kopf sich mit einer verbinden lasst, auswerten.<br />
Der Kentaur S III 14 (Abb. 7) kampft mit seinem<br />
menschlichen Oberkorper in komplizierter Drehung<br />
über seinen steigenden Pferdeleib; die ungleichartigen<br />
Teile handeln getrennt und ihre Einzelformen stehen<br />
ebenso parataktisch zueinander 15 .<br />
Der Kentaur S V (Abb.8) verschmilzt Menschen und<br />
Pferdeteil zu einem übermenschlichen, kraftvoll agierenden<br />
Leibgebilde. Die gleitenden Übergange in den<br />
Muskelpartien erwecken den Eindruck eines von<br />
innerer Kraft bewegten Korpers. Bis in die Schwanz-<br />
S V: Kentaurkopf in Würzburg, Martin v. Wagner <strong>Museum</strong>,<br />
Antikenabteilung H 2446, Hone 24 cm; E. Simon u. Mitarbeiter,<br />
M.v.Wagner Mus. Antikenabt. (Mainz 1975) 245 Taf. 59.<br />
SIX: Jiinglingskopf Athen, Akropolis <strong>Museum</strong> 722; Hone 19,5 cm<br />
(gemessen am Gips in Basel, Skulpturhalle); Brommer 118 Taf. 196,<br />
241, 1 (S XXVII).<br />
S XVI: Bártiger Kopf im Vatikan, Hóhe 19,2 cm; W. Fuchs in<br />
Helbig 4 I Nr. 872; Brommer 101 (mit weiterer Literatur zur Frage<br />
der Zugehôrigkeit zur Metope S XVI).<br />
S XXXI: Lapithenkopf in London, Brit.Mus., Ho*he 17 cm<br />
(gemessen wie S I); Brommer 126 Taf. 234.<br />
spitze hinein regiert ein starker Kraftstrom die ktihne<br />
Gestalt.<br />
Nach unserer Kenntnis von der Stilentwicklung ist die<br />
Metope S V die fortschrittlichere 16 . Der Jiinglingskopf<br />
gleicht in der plastischen Bewegung seiner von<br />
Entsetzen geprâgten Gesichtszüge der subtilen Modellierung<br />
des máchtigen Kentaurleibes 17 . Das spricht<br />
fur seine Verbindung mit der Metope S V.<br />
Kann man diese Zuweisung welter erhârten<br />
Der von Carrey nicht gezeichnete Kopf des Kentaurn<br />
ist seit langem in einem Fragment eines Bártigen in<br />
Würzburg (Abb. 11-12) identifiziert 18 . Die beiden Kôpfe<br />
stimmen áusserlich darin überein, dass ihre antiken<br />
3) Brommer 71 - 129 Taf. 155 - 239. - Die Zeichnungen der<br />
Sudmetopen von J. Carrey (1674-78) bei Brommer Taf. 149 - 152.<br />
Bei Carrey fehlen Jünglingskopfe an folgenden Metopen: II. III. VI.<br />
XIII. XVII, XXIII. XXVI.<br />
Der bei Carrey fehlende Lapithenkopf VI wurde 1920 von F.<br />
Studniczka identifiziert: Brommer 85 Taf. 184.<br />
Heute fehlen Jünglingskopfe an folgenden Metopen: (die auch bei<br />
Carrey fehlenden kennzeichnen rômische Ziffern) 2. III. V. 8. 11<br />
XIII. 14. 15. XVII. XXIII. 24. XXVI. 27.<br />
Erhaltene Jünglingskopfe (in Klammern Taf. bei Brommer): I<br />
(161), 4 (176). 6 (184). 7 (189,2) 9. (1%). 11 (241,2,3). 16 (204). 30<br />
(229). 31 (234).<br />
4) Brommer 100 Nr. 1 Taf. 204,3.-Der bártige Kopf im Vatikan,<br />
Brommer 101 Taf. 205 (note 2) wird allgemein als Kopf seines<br />
Gegners angesprochen; E. Simon, Jdl 90 (1975) 109 und 112 deutet<br />
ihn ais Ixion, den Stammvater der Kentauren.-Dieser bartige Kopf ist<br />
plastisch einfacher und weniger ausdrucksvoll ais der Jünglingskopf.<br />
Daher môchte ich aus stilistischen Gründen den bártigen Kopf dieser<br />
Metope abschreiben wie K. Jeppesen, ActaA 34 (1963) 137 (mit<br />
anderer Begründung).<br />
5) Brommer 86 Taf. 189.2.-Linke Kopfseite bei Rodenwaldt Taf.23<br />
(nach Gips) und Édition Tel (supra n.2) 162 B.<br />
6) Rodenwaldt Taf. 17,2.<br />
7) Athen, Akropolis <strong>Museum</strong> 699; Hone 22,5 cm.-G. Dickins,<br />
Catalogue of the Acrop.Mus.Vol. I Archaic Sculpt. (Cambridge<br />
1912) 266 Nr. 699; H. Schrader, Phidias (Frankfurt a.Main 1924)<br />
128 Abb. 113 - 115. 119; M.S. Brouskari (supra n.2) 141 Abb. 252.<br />
Hier nach Fotos des DAInst Athen, die ich B. Schmaltz verdanke.<br />
8) Brommer Taf. 149. 150.<br />
9) Brommer 79 f. Taf. 169 - 171.<br />
10) Brommer 83 f. Taf. 178 - 180. Foto Brit.Mus.<br />
11) Brommer 93 f. Taf. 199.<br />
12) E. Simon, Jdl 90 (1975) 103 f. deutet die Gestalt als Peirithoos.<br />
Diese Deutung kann fur unseren fast kindlichen Kopf nicht<br />
zutreffen.<br />
13) Brommer Taf. 169. 171.<br />
14) Brommer Taf. 169. Foto Hirmer 561.0116.<br />
15) supra n.9.<br />
16) Brommer 79 f. (Urteile über S III), 84 (Urteile über S V).<br />
17) Im Ausdruck verhaltener, in der plastischen Modellierung<br />
zuriickhaltender sind die Metopenkopfe S IV: Rodenwaldt. Taf.20;<br />
Brommer Taf. 176,2 und S VII: Rodenwaldt Taf.23; Brommer Taf.<br />
189,2 mit unserem Kopf vergleichbar hingegen ist der Lapithenkopf<br />
S XVI: supra n.4.<br />
18) supra n.2; Rodenwaldt Taf. 9.10 (nach Gips); Brommer 83 Taf.<br />
180,4; hier nach <strong>Museum</strong>sfotos, fur die ich G. Beckel herzlich danke.<br />
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