The J. Paul Getty Museum Journal Volume 5 1977
The J. Paul Getty Museum Journal Volume 5 1977
The J. Paul Getty Museum Journal Volume 5 1977
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
9.ab Kopf Hannover. Foto DAIR<br />
verwischenden Übergangen sowie die metallisch knappe<br />
Formulierung der Augen demonstrieren die fortgeschrittene<br />
Entwicklungsstufe des Metapontiners. Die<br />
ubergrofien Trânenkarunkel, die dem hannoverschen<br />
Auge fehlen, sind sicher kein selinuntiner Charakteristikum,<br />
wenn auch an den Selinunt-Kôpfen gelegentlich<br />
stark betont u . Trotz enger Verwandtschaft unterscheiden<br />
sich unsere beiden Kôpfe Hannover und Metapont<br />
geringfügig in der Proportionierung, im differenziertes<br />
Spannungssystem von Masse und Gerüst sowie plastischen<br />
und graphischen Formulierungen. Der metapontiner<br />
Kopf durfte etwa 10 bis 20 Jahre jünger sein<br />
ais der hannoversche.<br />
Bin áhnlicher Zeitabstand besteht zu den ebenfalls eng<br />
verwandten beiden akrolithen Metopenkôpfen des<br />
Tempels E von Selinunt 12 (Fig. 10a,b, 11). Laflt man<br />
die leichte Entwicklungsdifferenz der beiden untereinander<br />
einmal aufler acht, so besitzen sie trotz dieser<br />
Verwandtschaften mit dem Metapontiner - wie der<br />
àhnlichen Proportionierung von Stirn und Wangenpartie,<br />
den flàchigen Einzelformen, der weichen Rundung<br />
des Untergesichts - doch eine wesentlich andere<br />
Grundstruktur. Sie sind von innen heraus plastisch<br />
aufgebaut; ihre Lebendigkeit beruht auf der bekannten<br />
Dynamik zwischen Gerüst und Masse, die noch<br />
unmittelbar aneinandergesetzten Einzelformen schaffen<br />
eine vergleichsweise derb bewegte Oberflâche.<br />
Daneben erscheint der Metapont-Akrolith wiederum<br />
metallisch glatt und zylindrisch konzipiert; seine<br />
Bewegtheit scheint mit graphischen Mitteln von aufien<br />
aufgetragen; seine Dynamik wirkt in den Spannungen<br />
der zarten Oberflâchenbewegungen, der scharfen<br />
Akzente und der schweren Grundform. Beide selinuntiner<br />
Kôpfe dürften dem metapontiner zeitlich vorangehen,<br />
wobei der Kopf Fig. 10a,b mit der noch<br />
altertümlichen Bildung des Auges und des Mundes sich<br />
als der altere erweist. Die Datierung wird zwangslàufig<br />
durch das entwicklungsmaBig jungste Formelement<br />
bestimmt, welches in unserem Falle wohl in der zart<br />
formulierten Mundpartie zu sehen ist. Dieses Detail ist<br />
am Metapontiner reifer als an alien anderen bisher<br />
betrachteten Kôpfen und verrat die hochklassische<br />
Entwicklungsstufe. Eine Datierung des Akroliths von<br />
Metapont kurz nach den Selinunt-Metopen, um<br />
450-440 v.Chr. scheint daher gerechtfertigt.<br />
Eine àhnliche - noch gesteigerte - Sensibilisierung der<br />
11. vg.Fuchs, iir.RM 1956, 194; Langlotz, Westgriechen, S.83,<br />
Nr.113.<br />
12. Palermo, Museo nazionale. RM 1956, 102ff; Langlotz, Tf.<br />
109-111.<br />
27