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WIRTSCHAFT BUNDESLIGABROT UND SPIELEDie fußballfreie Zeit ist zu Ende, die Bundesliga startet in eine neue Saison.Doch das wirtschaftliche Fundament der Eliteklasse ist im Vergleich zu anderenNationen dünn. Damit ist das Ende des deutschen Sonderwegs in Sicht.// TEXT // RALF KALSCHEUR // ILLUSTRATION // ERNST MERHEIMDie Fans des englischen Fußball-Erstligisten Hull City AFCsind Kummer gewohnt. Ihr Verein ist nicht erfolgreich,ihre Stadt nach deutschen Bombardements im ZweitenWeltkrieg wahrlich nicht schön: „Hull is dull“. Wenn der„Tigers“ gerufenen Elf ein Tor gelingt, singen die Fans in den Rängen„You’re getting mauled by the Tigers“ zur Melodie von „Guantanamera“.Dabei formen sie ihre Finger zu Krallen und kratzen vor sich inder Luft herum. Einige fletschen beim Singen sogar katzenhaft dieVorderzähne. Die Posen erinnern zugleich an Bauerntheater undKinderschminken. Im Macho-Kontext der stiernackigen britischenFußballfankultur entfaltet das ungewöhnliche Fangebaren zumRumbarhythmus eine ganz besondere Komik. Es gibt YouTube-Videos davon mit Hunderttausenden Aufrufen.Assem Allam, ein britischer Geschäftsmann, der in der Gegendum die Mündung des Humbers zu Wohlstand gekommen ist, übernahmden Verein 2010. Der gebürtige Ägypter will aus Hull City AFCeine internationale Fußballmarke formen, eine ernstzunehmendePremier-League-Macht. Doch Fans, die stolz das AFC-Trikot tragen,blieben ein seltener Anblick in Asien und anderswo außerhalb derStadtgrenzen Hulls. Da hatte Allam eine Idee: Der Begriff „City“ seimiserabel und gewöhnlich, sagte der 75-Jährige, der Mangel an Zuneigungfür Hull in der Welt daher kein Wunder. Um die Vermarktungseines Produkts zu optimieren, beantragte Allam 2013 beim nationalenFußballverband FA eine Namensänderung. Aus Hull City solltendie Hull Tigers werden.1904 wurde der Hull City AFC gegründet. Dass man auf der Inselzuweilen über sie lacht, mochten die Fans noch ertragen, aber nunstand die Identität ihres traditionsreichen Clubs auf dem Spiel. DieFanbewegung „City Till We Die“ organisierte heftige Proteste an denSpieltagen und Märsche durch die Stadt. Der englische Fußballverband(FA) lehnte die Namensänderung im April 2014 schließlich ab.Verärgert stellte Assem Allam sein Fußballunternehmen über Nachtzum Verkauf, klagte jedoch gleichzeitig gegen das Urteil der FA. ImSeptember 2014 wurde ein Schiedsgerichtsverfahren in der Sacheeröffnet. Allam ist noch nicht am Ende – und ebenso wenig derAlbtraum für Fußballfans in Kingston upon Hull.Englische Verhältnisse führen zu MondpreisenEs sind abschreckende Beispiele wie dieses aus England, auf die dieChefs der Mehrheit der 36 Profivereine der ersten und zweitenBundesliga mahnend verweisen, wenn es um die Aufweichung der50-plus-1-Regelung geht (siehe Kasten). In Deutschland gehört derFußball noch den Fans: Die Mehrheit der Anteile am Profibetriebmuss beim Mutterverein bleiben. Und in dem haben die Mitgliederdas letzte Wort. Die Klubs haben sich verpflichtet, die Ticketpreisesozialverträglich zu gestalten, damit auch einkommensschwacheGruppen ihren Platz im Stadion behalten können. Die gefürchteten„englischen Verhältnisse“ hingegen haben in der Premier League zuMondpreisen geführt. Die Dauerkarte bei Arsenal London kostetmehr als 1.200 Euro, bei Bayern München ist sie ab 140 Euro zuhaben. Viele Premier-League-Clubs brauchen die Ticketerlöse, denndie Gehälter ihrer kickenden Topstars sind pro Kopf auf bis zu20 Millionen Euro angestiegen. Zum Vergleich: Mit einer ähnlichenSumme wird der Bundesliga-Aufsteiger Darmstadt 98 in der neuenSaison seine gesamte Mannschaft finanzieren.Die Stars sorgen für die internationale Vermarktbarkeit derPremier League. Die Offenheit für Investoren hat überdies dafürgesorgt, dass mehrere Spitzenclubs um den Titel spielen können.Befürworter des englischen Systems belächeln die „FC-Bayern-Liga“und vergleichen den recht vorhersehbaren Meisterschaftsausgang36 4.2015 liberal

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