07.10.2015 Views

szene_2015-10_V2-a

  • No tags were found...

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

30 Zoom<br />

Zwei Köpfe. Zwei Meinungen. Ein Interview.<br />

Die Flüchtlingskrise<br />

Abschotten oder aufnehmen?<br />

Der Augsburger CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich und Linken-Stadtrat Otto Hutter<br />

streiten über den Flüchtlingsstrom, Integration und die Grenzen der Aufnahmefähigkeit.<br />

Von Marcus Ertle<br />

Frage an Sie beide: Was haben Sie empfunden,<br />

als Sie das Foto des toten Flüchtlingsjungen am<br />

Strand von Bodrum in den Zeitungen sahen?<br />

Ullrich: Das war ein ganz furchtbares Gefühl. Ein<br />

junges Leben wurde zerstört. Wir haben die Verpflichtung,<br />

alles dafür zu tun, dass sich solche Bilder<br />

und solche Umstände nicht wiederholen.<br />

Hutter: Das kann ich voll unterschreiben. Der zweite<br />

Punkt würde in der Konsequenz bedeuten, dass wir<br />

die Abschottungspolitik der EU beenden. Der Junge<br />

ertrank ja, weil es für ihn und seine Familie keine<br />

legale Möglichkeit gibt, in Europa Zuflucht zu finden.<br />

Ullrich: Man sollte die Tragödie des toten Jungen<br />

nicht dazu verwenden, um von einer Abschottungspolitik<br />

der EU zu reden. Diese Abschottungspolitik<br />

existiert nicht. Es gibt genügend legale Möglichkeiten<br />

in die EU zu kommen. Die Alternative kann nicht<br />

sein, unsere Grenzen wahllos zu öffnen.<br />

Wenn es so viele legale Wege nach Europa gibt,<br />

wieso flüchten die Menschen dann auf seeuntüchtigen<br />

Schlauchbooten und sterben dabei<br />

nicht selten?<br />

U: Menschen, die verfolgt werden, nehmen wir auf<br />

und gewähren ihnen Asyl. Das ist selbstverständlich<br />

und steht als Grundsatz der Humanität nicht zur<br />

Disposition. Derzeit flüchten viele nicht mehr direkt<br />

aus den Bürgerkriegsgebieten zu uns, sondern aus<br />

den Flüchtlingslagern in der Türkei, dem Libanon<br />

und Jordanien. Ich bestreite gar nicht, dass die Motive<br />

menschlich nachvollziehbar sind. Die Menschen<br />

kommen zu uns, weil sie sich hier ein besseres Leben<br />

erhoffen. Allerdings sind diese Menschen in den<br />

Flüchtlingslagern bereits sicher.<br />

H: Die Aufnahmefähigkeit ist keine Frage des Könnens,<br />

sondern eine Frage des Wollens. Gerade die<br />

Hilfsbereitschaft, die derzeit in der Bevölkerung<br />

sichtbar ist, muss die Scharfmacher in der CSU beschämen.<br />

U: Von Scharfmachern in der CSU zu sprechen, ist eine<br />

polemische Zuspitzung. Wir helfen gerne, fragen allerdings,<br />

wie unser Land mit einem Zustrom von hunderttausenden<br />

Menschen umgehen soll und wie wir<br />

diese Integrationsleistung erbringen können. Allein<br />

Anfang September sind an einem Wochenende bis zu<br />

40.000 Menschen angekommen. Die Innenminister der<br />

Länder haben deutlich gemacht, dass die Kapazitäten<br />

aller Aufnahmelager beinahe ausgeschöpft sind. Wir<br />

müssen darauf achten, dass wir alle Menschen, die<br />

zu uns kommen, würdig unterbringen. Die Aufnahmefähigkeit<br />

an Unterbringungsmöglichkeiten und an

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!