Film in der Hochschullehre
Aufsaetze_FBZHL_06.20153
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(u.a. Haas et al., 1994) bzw. reflexiv-praktische (u.a.<br />
Hüther und Podehl 2005, S. 12ff.) Ansätze. 7 Zentral<br />
dabei ist die Fokussierung auf die handelnde Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
mit e<strong>in</strong>er Thematik durch die Produktion<br />
von Medienangeboten (bei <strong>der</strong> handlungsorientierten<br />
Didaktik können auch Theaterstücke o<strong>der</strong><br />
ähnliches das „Produkt“ se<strong>in</strong>). Wenn auch Ergebnisse<br />
wie <strong>Film</strong>e das vor<strong>der</strong>gründige Ziel entsprechen<strong>der</strong><br />
Lehr-Lern-Situation bilden, so steht dabei dennoch<br />
<strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Medienerstellung, also die Erarbeitung<br />
e<strong>in</strong>es Themas durch/mit Medien, im Vor<strong>der</strong>grund<br />
(siehe Kap. 5.1: <strong>Film</strong>(en) als Arbeitsmittel).<br />
Gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Medienpädagogik wird<br />
e<strong>in</strong> entsprechendes Vorgehen damit begründet, dass<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er medialisierten Gesellschaft e<strong>in</strong> kenntnisreicher<br />
Umgang mit Medien, <strong>der</strong> Medienhandeln und -<br />
reflexion gleichermaßen e<strong>in</strong>schließt (Stichwort: Medienkompetenz),<br />
zu e<strong>in</strong>er wesentlichen Fähigkeit geworden<br />
ist, die es von Bildungs<strong>in</strong>stitutionen zu för<strong>der</strong>n<br />
gilt. Aber auch jenseits dieser medienpädagogischen<br />
Begründung bietet die aktive <strong>Film</strong>arbeit vorzügliche<br />
didaktische Möglichkeiten (vgl. dazu, mit<br />
Fokus auf die Geographie, Baumann, 2011 und<br />
2013):<br />
Das <strong>Film</strong>en för<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e selbstständige <strong>in</strong>tensive <strong>in</strong>haltliche<br />
Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit e<strong>in</strong>er Thematik.<br />
Um e<strong>in</strong>en <strong>Film</strong> zu produzieren, müssen sich die Studierenden<br />
<strong>in</strong> Gegenstände, Prozesse o<strong>der</strong> Situationen<br />
e<strong>in</strong>arbeiten, zentrale Aspekte ausf<strong>in</strong>dig machen,<br />
diese <strong>in</strong>nerhalb ihrer „<strong>Film</strong>emacher-Gruppe“ diskutieren<br />
sowie s<strong>in</strong>nvoll strukturieren. Die <strong>Film</strong>arbeit ist<br />
dabei <strong>in</strong> zweifacher Weise auf Verständnis orientiert.<br />
Für die Studierenden geht es darum, mit dem <strong>Film</strong><br />
e<strong>in</strong> Medienangebot zu erstellen, das e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Thematik behandelt und diese verständlich (v.a. für<br />
die Kommilitonen) kommuniziert. Dafür ist es unerlässlich,<br />
dass die <strong>Film</strong>emacher selbst e<strong>in</strong> generelles<br />
Verständnis dazu entwickelt haben. Aufgrund <strong>der</strong><br />
medialen Charakteristika des <strong>Film</strong>es, etwas konkret<br />
zu zeigen, ist die <strong>in</strong>haltliche Aufarbeitung dabei pr<strong>in</strong>zipiell<br />
stärker auf Anschaulichkeit bezogen als <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Formen (siehe Kap. 4).<br />
Dies führt auch dazu, dass die Studierenden potentiell<br />
mit Gegenständen, Situationen, Prozessen, etc.<br />
unmittelbarer <strong>in</strong> Kontakt kommen. Denn, so banal<br />
dies kl<strong>in</strong>gen mag, um etwas zu filmen, muss man es<br />
vor die Kamera bekommen, es aufsuchen. Für e<strong>in</strong>en<br />
eigenen <strong>Film</strong> über e<strong>in</strong> naturwissenschaftliches Experiment<br />
reicht es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht, wenn man sich<br />
durch Literaturstudium <strong>in</strong> dieses e<strong>in</strong>liest, son<strong>der</strong>n<br />
man muss es selbst durchführen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Durchführung<br />
beiwohnen. Für e<strong>in</strong>en <strong>Film</strong> über e<strong>in</strong>en (lokalen)<br />
politischen Konflikt könnte man natürlich durch<br />
Schrifte<strong>in</strong>blendung o<strong>der</strong> Off-Text Zitate e<strong>in</strong>es beteiligten<br />
Akteurs <strong>in</strong>tegrieren. Anschaulicher wäre es<br />
aber, diesen, sofern es möglich ist, selbst zu <strong>in</strong>terviewen<br />
und so wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> direkten Kontakt zu treten.<br />
Das <strong>Film</strong>emachen ist e<strong>in</strong>e Erarbeitungsmöglichkeit,<br />
die stärker als konventionelle Methoden (Referate,<br />
Hausarbeiten, Exzerpte), die die kognitiv-analytischen<br />
Dimensionen um kreative Aspekte erweitert.<br />
Dies eröffnet den Studierenden e<strong>in</strong>en ganz an<strong>der</strong>en<br />
Gestaltungsspielraum, <strong>der</strong> sich sehr motivierend<br />
auswirken kann. Ebenso motivierend kann die Aussicht<br />
se<strong>in</strong>, dass mit dem <strong>Film</strong> am Ende e<strong>in</strong> Produkt<br />
steht, dass sich deutlich von Klassikern wie Hausarbeiten<br />
o<strong>der</strong> Postern unterscheidet und auch jenseits<br />
<strong>der</strong> Lehrveranstaltung veröffentlicht werden kann,<br />
etwa auf YouTube und Co. Die Studierenden nehmen<br />
tendenziell, so zum<strong>in</strong>dest unsere Erfahrungen, die<br />
von ihnen produzierten <strong>Film</strong>e viel stärker als „ihre eigenen“<br />
Produkte wahr und stecken so große Sorgfalt<br />
<strong>in</strong> ihre Arbeitsweise.<br />
7<br />
Handlungs- und produktionsorientierte Konzeptionen haben<br />
ihren Ursprung <strong>in</strong> literaturdidaktischen Überlegungen, die <strong>in</strong><br />
erster L<strong>in</strong>ie für e<strong>in</strong>en kreativen Umgang mit Literatur plädieren<br />
(z.B. durch musikalische, spielerische o<strong>der</strong> visuelle Interpretati-<br />
onen). Reflexiv-praktische Ansätze wurden vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />
Medienpädagogik entwickelt und for<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Fokusverschiebung<br />
von <strong>der</strong> Frage „Was machen Medien mit Menschen“<br />
zur Frage „Was machen Menschen mit Medien“?<br />
Hochschuldidaktik – Beiträge und Empfehlungen des FBZHL <strong>der</strong> FAU | Aufsätze 6.2015 Seite 14