Film in der Hochschullehre
Aufsaetze_FBZHL_06.20153
Aufsaetze_FBZHL_06.20153
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Aus dieser Skizze lassen sich nun Vor- und Nachteile<br />
des <strong>Film</strong>es als didaktisches Medium ableiten (e<strong>in</strong> kurzer<br />
Überblick dazu f<strong>in</strong>det sich bei Kittelberger und<br />
Freisleben, 1994 sowie bei Schnell, 2002).<br />
<strong>Film</strong> ist e<strong>in</strong> Medium <strong>der</strong> Anschauung. Er kann z.B. Geschehnisse,<br />
Abläufe o<strong>der</strong> Personen „<strong>in</strong> Aktion“ zeigen;<br />
und dies unmittelbarer als eher abstrakte Zeichensysteme<br />
wie die Sprache. Historische Ereignisse,<br />
naturwissenschaftliche Experimente, betriebswirtschaftliche<br />
Prozesse, mediz<strong>in</strong>ische Handlungen, soziale,<br />
politische o<strong>der</strong> juristische Konflikte, räumliche<br />
Beson<strong>der</strong>heiten, etc. können konkret vorgeführt<br />
werden. Die Ikonizität <strong>in</strong> Zusammenhang mit auditiver<br />
Ebene sowie Bewegungscharakter erlauben e<strong>in</strong>e<br />
Annäherung an „reale“ o<strong>der</strong> „direkte“ Wahrnehmungssituationen.<br />
So kann <strong>der</strong> <strong>Film</strong> anschaulich (Sekundär-)Erfahrungen<br />
vermitteln, die <strong>der</strong> unmittelbaren (Primär-)Erfahrung<br />
nicht – o<strong>der</strong> nur durch größeren Aufwand –<br />
zugänglich s<strong>in</strong>d, z.B. Ereignisse an entfernten Orten<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Bereichen, die die Studierenden (zum<strong>in</strong>dest<br />
<strong>in</strong> größeren Gruppen) nicht so leicht aufsuchen können,<br />
seien es sensible naturwissenschaftliche Laboratorien,<br />
Operationssäle o<strong>der</strong> Situationen <strong>in</strong> persönlichen<br />
Atmosphären.<br />
Daneben kann <strong>der</strong> <strong>Film</strong> durch Techniken wie Zeitraffer,<br />
Zeitlupe o<strong>der</strong> Splitscreen, durch die Komb<strong>in</strong>ation<br />
verschiedenster Kameraperspektiven o<strong>der</strong> durch<br />
extrem detaillierte Aufnahmen an<strong>der</strong>e Wahrnehmungsformen<br />
bereitstellen.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Stärke audiovisueller Medien s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>en<br />
differenzierte Darstellungsmodalitäten. Simultan<br />
werden auf unterschiedlichen Ebenen, die Hör- und<br />
Sehs<strong>in</strong>n ansprechen, verschiedene Aspekte dargeboten.<br />
So können multiperspektivische Aufnahmen<br />
wissenschaftlicher Experimente und entsprechende<br />
Geräusche komb<strong>in</strong>iert se<strong>in</strong> mit ergänzenden Kommentaren<br />
(entwe<strong>der</strong> im „off-Text“ o<strong>der</strong> im „onscreen“<br />
vom Wissenschaftler), Schrifte<strong>in</strong>blendungen<br />
und/o<strong>der</strong> grafischen Animationen.<br />
Audiovisuelle Medien können nach den unterschiedlichsten<br />
Genres unterschieden werden. In <strong>der</strong> Lehre<br />
werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel faktuale Formate (vom Dokumentarfilm<br />
bis zur Diskussionsrunde) e<strong>in</strong>gesetzt, die<br />
bestimmte, fachlich relevante Aspekte zeigen. Diese<br />
können sich auf konkrete wissenschaftliche Verfahren<br />
(z.B. e<strong>in</strong> Experiment) bzw. soziokulturelle Phänomene<br />
(z.B. e<strong>in</strong> bestimmtes soziales Problem und dessen<br />
Verhandlung) beziehen, H<strong>in</strong>tergrundberichte liefern<br />
(z.B. Beitrag über e<strong>in</strong>e Forschungs<strong>in</strong>stitution,<br />
über die Entstehung/Anwendung e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen<br />
Erkenntnis), etc. Aber auch fiktionale<br />
Angebote können <strong>in</strong> den unterschiedlichsten wissenschaftlichen<br />
Bereichen genutzt werden. In <strong>der</strong> Physik<br />
beispielsweise kann e<strong>in</strong> <strong>Film</strong>ausschnitt zu e<strong>in</strong>er „Science-Fiction“-Technologie<br />
Diskussionen zu potentiellen<br />
(o<strong>der</strong> sehr unrealistischen) E<strong>in</strong>satzbereichen<br />
bestimmter Techniken anregen; <strong>in</strong> den Geowissenschaften<br />
etwa bieten Trailer zu <strong>Film</strong>en wie The day<br />
after tomorrow (Regie: Roland Emmerich) e<strong>in</strong>e<br />
Grundlage für die Behandlung klimabezogener Fragen<br />
(und <strong>der</strong>en medialer Behandlung); und gerade <strong>in</strong><br />
den Sozial- und Geisteswissenschaften können Spielfilm(ausschnitt)e<br />
zu den verschiedensten Themen <strong>in</strong><br />
vielfältiger Weise e<strong>in</strong>gesetzt werden (z.B. für das<br />
Thema Globalisierung <strong>Film</strong>e wie Babel (Regie:<br />
Alejandro González Iñárritu) o<strong>der</strong> Syriana (Regie:<br />
Stephan Gaghan)); auch aktuelle Tatort-Ausstrahlungen,<br />
die häufig gesellschaftliche Aspekte thematisieren,<br />
können sich als Diskussionsgrundlagen eignen.<br />
Ferner verfügen audiovisuelle Medien über e<strong>in</strong> vergleichsweise<br />
hohes Potential zur Emotionalisierung.<br />
Durch den <strong>in</strong>direkten Zugang zu Erlebnissen und Erfahrungen,<br />
die im Alltag eher verborgen bleiben o<strong>der</strong><br />
schwer zugänglich s<strong>in</strong>d, können Empf<strong>in</strong>dungen und<br />
Motivationen hervorgerufen werden, die wie<strong>der</strong>um<br />
Voraussetzung für tiefergehende Lernprozesse s<strong>in</strong>d.<br />
Durch den E<strong>in</strong>satz von <strong>Film</strong>ausschnitten können z. B.<br />
Momente des Sichverwun<strong>der</strong>ns, des Zweifelns und<br />
im Ansatz auch <strong>der</strong> Grenzerfahrung hergestellt werden<br />
(Jahn, 2013, S. 9) – wichtige Faktoren, um kritisches<br />
Denken und nachhaltiges Lernen auf den Weg<br />
Hochschuldidaktik – Beiträge und Empfehlungen des FBZHL <strong>der</strong> FAU | Aufsätze 6.2015 Seite 8