Umgerechnet trinkt jeder Bundesbürger im Schnitt pro Jahr rund 120 Flaschen Wein** Junggesellenabschied im englischen Blackpool: „Mann, du becherst aber einen weg“ **0,75 l Wo die wilden Säufer wohnen Alkoholkonsum pro Kopf*, in Litern reinen Alkohols, 2010 weniger als 2,5 2,5 bis 4,9 5,0 bis 7,4 oder 0,6 Liter Bier, Frauen sogar nur jeweils die Hälfte. Hand aufs Herz: Wer trinkt mehr? Jede Maß ist schon ein Übermaß. Ein schlechtes Gewissen plagt viele, hat Hermann beobachtet. Viele flunkern, wenn sie ihren wahren Konsum angeben sollen. Andere tun so, als wäre Alkoholmissbrauch vor allem ein Problem des Prekariats, dabei zieht er sich quer durch die Gesellschaft. Schon die regelmäßige Flasche Rotwein am Abend, die sich gestresste Wohlstandsbürger aus der Mittelschicht gönnen, ist ein bedeutendes Gesundheitsrisiko. Dass Alkohol als Zellgift auf Dauer die Leber angreift, hat sich herumgesprochen; weniger bekannt ist, was er sonst noch anrichtet: Wer jahrelang zu viel trinkt, dem drohen etwa eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder der Magenschleimhaut, Bluthochdruck und Herzmuskelerkrankungen, Krebs in Mundhöhle, Rachenraum und Speiseröhre, in der Leber oder im Darm. Alkohol kann Übergewicht verursachen, Depressionen und Angsterkrankungen, bei einer Vielzahl anderer Leiden verschlimmert er den Verlauf. Vor allem die klassischen Alkoholiker, Menschen, die am Tag eine Flasche Schnaps leeren, finden in Deutschland ein reichhaltiges Therapieangebot. Jede Stadt hat Suchtberatungsstellen, es gibt Suchtkliniken und Selbsthilfegruppen wie die Anonymen Alkoholiker. Doch ein Großteil der deutschen Problemtrinker fällt durch dieses Betreuungsnetz – Leute, die gewohnheitsmäßig zu viel trinken, sich aber selbst nicht als Süchtige sehen und auch nicht abstinent leben wollen. „Für den deutschen Allerweltstrinker“, klagt Hermann, „gibt es in Deutschland bislang zu wenige Angebote.“ Das Mann- 7,5 bis 9,9 10 bis 12,4 mehr als 12,5 keine Angaben *Bevölkerung über 15 Jahre Quelle: WHO, 2014 heimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit gehört zu den Einrichtungen, die das jetzt ändern wollen. In einer ambulanten Alkoholschule unterweist Hermann dort die Eine-Flasche-Rotwein-Fraktion in der Kunst, weniger zu trinken. Und das geht so: Hermann rät seinen Klienten, sich ebenso strikte wie simple Regeln zu geben. Kein Alkohol vor 20 Uhr. Weg von harten Sachen, hin zu Wein und Bier. Trinktagebuch führen. Zwei, vielleicht drei alkoholfreie Tage pro Woche und dazu einmal jährlich eine vierwöchige Abstinenzphase. Und jedes zweite Glas solle prinzipiell ein alkoholfreies Getränk enthalten. Das Ziel sei der bewusste, kontrollierte Umgang mit dem Rauschmittel. „Viele Betroffene“, sagt Hermann, „finden dieses Bündel an Maßnahmen einfacher als gedacht. Sie merken, dass sie morgens besser hochkommen, dass sie mehr Energie haben, dass ihnen mehr Zeit bleibt für Hobbys, Sport und Freunde.“ Der sanfte Entzug führe häufig dazu, dass Leute ihren Alkoholkonsum halbierten, ohne dabei ihre Lebensqualität einzuschränken. Hilfreich beim Wenigertrinken ist aber auch ein neues Medikament. Wer absehen kann, dass ihm zum Beispiel bei einem Fest mehr Durst droht, als ihm guttut, der kann Stunden vorher ein Präparat mit dem Wirkstoff Nalmefen einnehmen. Die Pille hilft, nach ein, zwei Gläsern wirklich aufzuhören. Normalerweise bewirkt das Trinken im Gehirn die Ausschüttung von Glückshormonen, weshalb der Mensch freudig nach mehr Alkohol verlangt. Nalmefen (Handelsname: „Selincro“) sorgt dafür, dass das Gehirn auf diese Hormone nicht mehr reagiert. „Weitertrinken macht dann nicht so viel Spaß“, sagt Hermann. In Studien des Nalmefen-Herstellers Lundbeck aus Dänemark wurde festgestellt, dass Probanden nach sechs Monaten bis zu 61 Prozent weniger Alkohol tranken. Nach Hermanns Erfahrung verringert sich die Trinkmenge in der Praxis aber deutlich weniger stark. Wichtiger als das Medikament sei der Wille, sein Verhalten zu verändern. Wer wissen will, ob er zu viel trinkt, kann sich einem einfachen Selbsttest unterziehen, rät Raphael Gaßmann, 55, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm. Keine Sorgen brauche sich zu machen, wer nicht jeden Tag Alkohol trinke – und an keinem Tag so viel, dass er betrunken ist. Anders liege der Fall bei denen, die schon in ihrem Umfeld auf ihren erhöhten Konsum angesprochen würden. „Wenn etwa Ihre Kollegen sagen, ,Mann, du becherst aber einen weg‘, dann ist das ein Hinweis darauf, dass Ihnen etwas entgleitet“, sagt Gaßmann. Und wer schon einmal FOTO: DOUGIE WALLACE / INSTITUTE
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