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Miteinander<br />
GENIESSEN EDITORIAL & ERLEBEN<br />
im Clinch liegen das Johannesbad, vertreten von<br />
Markus Zwick als Chef des Familienunternehmens,<br />
und der Bezirk Niederbayern, vertreten durch Bezirkstagspräsident<br />
Olaf Heinrich, bereits seit <strong>Mai</strong><br />
2021. Als damals Corona-bedingt alle Thermen<br />
schließen mussten, brachen zwei Konfliktlinien<br />
auf, die im laufenden Geschäftsbetrieb keine wirkliche<br />
Rolle gespielt hatten. Zum einen erhielten im<br />
Lockdown nur die Thermen eine staatliche Unterstützung,<br />
die ihren Betrieb gänzlich einstellen<br />
mussten. Das traf jedoch nicht für das Johannesbad<br />
zu, da hier Therme und Reha-Klinik unter<br />
einem Dach betrieben werden. Auch wenn also die<br />
Therme geschlossen bleiben musste, konnte die<br />
Klinik ja weiterbetrieben werden.<br />
Die zweite Konfliktlinie ist der weiterhin ungeklärte<br />
Schwebezustand der Thermenbetriebe in<br />
ihrer Zugehörigkeit zum Politikfeld der Tourismuswirtschaft<br />
oder dem der Gesundheitsvorsorge.<br />
Auch diese offene Frage, die im Grunde nur die<br />
Politik klären kann, ist eine Konfliktlinie, die erst<br />
durch die Pandemie relevant wurde, mit ihrem Abklingen<br />
aber ungelöst wieder hinter dem Wahrnehmungshorizont<br />
verschwand. Schließlich war<br />
man allgemein ja froh, dass die Seuche endlich ins<br />
normale Leben integriert werden konnte und man<br />
sich nun den anderen Problemfronten wie Kaufkraftverlust<br />
und Energiewende zuwenden konnte.<br />
Auch der Konflikt Johannesbad vs. Bezirk Niederbayern<br />
war aus der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit<br />
völlig verschwunden, doch die Mühlen der<br />
Justiz waren im Hintergrund fleißig am Mahlen.<br />
2021 hatte sich das Johannesbad also angesichts<br />
fehlender Unterstützung in der Pandemie gegenüber<br />
den öffentlichen Thermen des Bezirks im<br />
Wettbewerbsnachteil gesehen und Feststellungsklage<br />
beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg<br />
„gegen die unionsrechts- und verfassungswidrige<br />
Subventionspraxis des Bezirks Niederbayern<br />
und des Freistaats Bayern wegen einer<br />
gleichheitswidrigen Förderung im kommunalen<br />
Eigenbetrieb geführter Heilthermen“ erhoben.<br />
Die Begründung der vom Johannesbad mit der<br />
Klagevertretung betrauten Rechtsanwalts-Kanzlei<br />
Gauweiler & Sauter: „Aus den Akten des Bezirks<br />
Niederbayern geht hervor, dass die 5 öffentlichrechtlichen<br />
Thermen im Zeitraum von 2010 bis<br />
2021 alleine über die allgemeine Verbandsumlage<br />
einen Betrag in Höhe von 112.916.666,00 EUR aus<br />
dem kommunalen Haushalt erhalten haben.<br />
Hinzu kommen die vom Bayerischen Obersten<br />
Rechnungshof in seinem Jahresbericht vom<br />
23.03.2021 bereits beanstandeten Mittel des Freistaats<br />
Bayern für öffentliche touristische Infrastruktureinrichtungen,<br />
die sich in den Jahren von<br />
2012 bis 2019 auf 96 Millionen EUR belaufen, sowie<br />
die kommunalen Sonderumlagen für konkrete<br />
Investitionsvorhaben der öffentlich-rechtlichen<br />
Thermen, die für den Zeitraum 2010 bis 2021 ebenfalls<br />
einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag<br />
erreichen dürften.“ Demgegenüber habe das Johannesbad<br />
und die Familie Zwick „zu keinem Zeitpunkt<br />
– selbst in Zeiten der Corona-Pandemie –<br />
staatliche Leistungen erhalten und wird auf diese<br />
Weise systematisch und verstärkt durch die staatlichen<br />
gleichheitswidrigen Eingriffe am Markt<br />
behindert“.<br />
Der Bezirk hatte darauin mit Unterstützung der<br />
Wirtschaftsministerien in München und Berlin die<br />
Europäische Kommission um Überprüfung gebeten.<br />
Diese, so die aktuelle Mitteilung des Bezirks,<br />
habe die Auffassung des Johannesbads nun verworfen.<br />
„In einer verfahrensabschließenden Stellungnahme<br />
der zuständigen Generaldirektion<br />
Wettbewerb vom Dezember 2022 äußert die Europäische<br />
Kommission aufgrund des lokalen Bezugs<br />
Zweifel daran, dass die Umlagefinanzierung der<br />
vier öffentlichen Heil- und Thermalbäder im<br />
Bezirk Niederbayern überhaupt geeignet ist, den<br />
Handel zwischen den Mitgliedstaaten<br />
zu beeinträchtigen.<br />
Darüber hinaus bestätigt<br />
sie die Position des<br />
Bezirks, dass Gesundheitsdienstleistungen<br />
durch die<br />
Verabreichung von Thermalwasser<br />
als sog. Dienstleistung<br />
von allgemeinem<br />
wirtschaftlichem Interesse<br />
eingestuft und als solche<br />
Martin Semmler M.A.,<br />
Chefredakteur<br />
durch Umlagen der kommunalen Träger finanziert<br />
werden dürften.“ Eine Möglichkeit zur Klage<br />
vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bestehe<br />
damit nicht.<br />
„Der Bezirkstagspräsident hat die Europäische<br />
Kommission bewusst getäuscht und setzt damit<br />
die gesamte niederbayerische Thermenwelt aufs<br />
Spiel“, konterte Johannesbad-Chef Markus Zwick<br />
postwendend und beharrte auf seiner Sicht der<br />
Dinge: „Durch Investitionszuschüsse, die nicht auf<br />
Gewinnen basieren, können die öffentlichen Betriebe<br />
Dumping-Preise anbieten, die den gesamten<br />
Markt verzerren.“ Mit der Klage wolle man für die<br />
Johannesbad Therme in Bad Füssing eine subventionsrechtliche<br />
Gleichstellung mit den von der öffentlichen<br />
Hand betriebenen Thermen erreichen.<br />
Solange jedoch von der Politik nicht geklärt ist, ob<br />
es sich bei Heilthermen um Betriebe der Tourismuswirtschaft<br />
oder der gesundheitlichen Daseinsvorsorge<br />
handelt, wird dieser Konflikt nicht zu<br />
lösen sein. Doch eine entsprechende Entscheidung<br />
könnte erhebliche Verwerfungen für den Gesundheitstourismus<br />
gerade im <strong>Thermenland</strong> nach sich<br />
ziehen. Da will sich niemand die Finger im heißen<br />
Wasser verbrühen. Vor allem nicht vor den Landtags-<br />
und Bezirkstagswahlen. Lieber wettert man<br />
noch eine Weile öffentlich<br />
gegeneinander.<br />
DO SCHAU HER ...<br />
Keiner weiß, was am Hang der Staatsstraße<br />
2116 im Bereich Einmündung Therme Bad<br />
Griesbach los ist. Auf der Westseite kommt<br />
es jedoch zu mysteriösen Rissbildungen mit<br />
beginnendem Absinken des schon länger<br />
halbseitig gesperrten Bereichs. Das Straßenbauamt<br />
Passau hat daher die Begutachtung<br />
durch einen Geologen veranlasst, auf dessen<br />
Anraten die Straße hier halbseitig gesperrt<br />
wurde. „Mit Hilfe des Geologen werden aktuell<br />
weiterführende Untersuchungen durchgeführt,<br />
um die Ursache der Absenkung und<br />
die weitere Vorgehensweise bei der Sanierung<br />
des Streckenabschnitts zu ermitteln“,<br />
teilt uns das Amt mit. „Um die betroffene<br />
Fahrbahnhälfte zu entlasten und aus Gründen<br />
der Verkehrssicherheit bleibt der Abschnitt<br />
bis auf weiteres halbseitig gesperrt.“<br />
Foto: Semmler