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Thermenland Magazin Mai 2023

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Miteinander<br />

GENIESSEN EDITORIAL & ERLEBEN<br />

im Clinch liegen das Johannesbad, vertreten von<br />

Markus Zwick als Chef des Familienunternehmens,<br />

und der Bezirk Niederbayern, vertreten durch Bezirkstagspräsident<br />

Olaf Heinrich, bereits seit <strong>Mai</strong><br />

2021. Als damals Corona-bedingt alle Thermen<br />

schließen mussten, brachen zwei Konfliktlinien<br />

auf, die im laufenden Geschäftsbetrieb keine wirkliche<br />

Rolle gespielt hatten. Zum einen erhielten im<br />

Lockdown nur die Thermen eine staatliche Unterstützung,<br />

die ihren Betrieb gänzlich einstellen<br />

mussten. Das traf jedoch nicht für das Johannesbad<br />

zu, da hier Therme und Reha-Klinik unter<br />

einem Dach betrieben werden. Auch wenn also die<br />

Therme geschlossen bleiben musste, konnte die<br />

Klinik ja weiterbetrieben werden.<br />

Die zweite Konfliktlinie ist der weiterhin ungeklärte<br />

Schwebezustand der Thermenbetriebe in<br />

ihrer Zugehörigkeit zum Politikfeld der Tourismuswirtschaft<br />

oder dem der Gesundheitsvorsorge.<br />

Auch diese offene Frage, die im Grunde nur die<br />

Politik klären kann, ist eine Konfliktlinie, die erst<br />

durch die Pandemie relevant wurde, mit ihrem Abklingen<br />

aber ungelöst wieder hinter dem Wahrnehmungshorizont<br />

verschwand. Schließlich war<br />

man allgemein ja froh, dass die Seuche endlich ins<br />

normale Leben integriert werden konnte und man<br />

sich nun den anderen Problemfronten wie Kaufkraftverlust<br />

und Energiewende zuwenden konnte.<br />

Auch der Konflikt Johannesbad vs. Bezirk Niederbayern<br />

war aus der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit<br />

völlig verschwunden, doch die Mühlen der<br />

Justiz waren im Hintergrund fleißig am Mahlen.<br />

2021 hatte sich das Johannesbad also angesichts<br />

fehlender Unterstützung in der Pandemie gegenüber<br />

den öffentlichen Thermen des Bezirks im<br />

Wettbewerbsnachteil gesehen und Feststellungsklage<br />

beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg<br />

„gegen die unionsrechts- und verfassungswidrige<br />

Subventionspraxis des Bezirks Niederbayern<br />

und des Freistaats Bayern wegen einer<br />

gleichheitswidrigen Förderung im kommunalen<br />

Eigenbetrieb geführter Heilthermen“ erhoben.<br />

Die Begründung der vom Johannesbad mit der<br />

Klagevertretung betrauten Rechtsanwalts-Kanzlei<br />

Gauweiler & Sauter: „Aus den Akten des Bezirks<br />

Niederbayern geht hervor, dass die 5 öffentlichrechtlichen<br />

Thermen im Zeitraum von 2010 bis<br />

2021 alleine über die allgemeine Verbandsumlage<br />

einen Betrag in Höhe von 112.916.666,00 EUR aus<br />

dem kommunalen Haushalt erhalten haben.<br />

Hinzu kommen die vom Bayerischen Obersten<br />

Rechnungshof in seinem Jahresbericht vom<br />

23.03.2021 bereits beanstandeten Mittel des Freistaats<br />

Bayern für öffentliche touristische Infrastruktureinrichtungen,<br />

die sich in den Jahren von<br />

2012 bis 2019 auf 96 Millionen EUR belaufen, sowie<br />

die kommunalen Sonderumlagen für konkrete<br />

Investitionsvorhaben der öffentlich-rechtlichen<br />

Thermen, die für den Zeitraum 2010 bis 2021 ebenfalls<br />

einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag<br />

erreichen dürften.“ Demgegenüber habe das Johannesbad<br />

und die Familie Zwick „zu keinem Zeitpunkt<br />

– selbst in Zeiten der Corona-Pandemie –<br />

staatliche Leistungen erhalten und wird auf diese<br />

Weise systematisch und verstärkt durch die staatlichen<br />

gleichheitswidrigen Eingriffe am Markt<br />

behindert“.<br />

Der Bezirk hatte darauin mit Unterstützung der<br />

Wirtschaftsministerien in München und Berlin die<br />

Europäische Kommission um Überprüfung gebeten.<br />

Diese, so die aktuelle Mitteilung des Bezirks,<br />

habe die Auffassung des Johannesbads nun verworfen.<br />

„In einer verfahrensabschließenden Stellungnahme<br />

der zuständigen Generaldirektion<br />

Wettbewerb vom Dezember 2022 äußert die Europäische<br />

Kommission aufgrund des lokalen Bezugs<br />

Zweifel daran, dass die Umlagefinanzierung der<br />

vier öffentlichen Heil- und Thermalbäder im<br />

Bezirk Niederbayern überhaupt geeignet ist, den<br />

Handel zwischen den Mitgliedstaaten<br />

zu beeinträchtigen.<br />

Darüber hinaus bestätigt<br />

sie die Position des<br />

Bezirks, dass Gesundheitsdienstleistungen<br />

durch die<br />

Verabreichung von Thermalwasser<br />

als sog. Dienstleistung<br />

von allgemeinem<br />

wirtschaftlichem Interesse<br />

eingestuft und als solche<br />

Martin Semmler M.A.,<br />

Chefredakteur<br />

durch Umlagen der kommunalen Träger finanziert<br />

werden dürften.“ Eine Möglichkeit zur Klage<br />

vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bestehe<br />

damit nicht.<br />

„Der Bezirkstagspräsident hat die Europäische<br />

Kommission bewusst getäuscht und setzt damit<br />

die gesamte niederbayerische Thermenwelt aufs<br />

Spiel“, konterte Johannesbad-Chef Markus Zwick<br />

postwendend und beharrte auf seiner Sicht der<br />

Dinge: „Durch Investitionszuschüsse, die nicht auf<br />

Gewinnen basieren, können die öffentlichen Betriebe<br />

Dumping-Preise anbieten, die den gesamten<br />

Markt verzerren.“ Mit der Klage wolle man für die<br />

Johannesbad Therme in Bad Füssing eine subventionsrechtliche<br />

Gleichstellung mit den von der öffentlichen<br />

Hand betriebenen Thermen erreichen.<br />

Solange jedoch von der Politik nicht geklärt ist, ob<br />

es sich bei Heilthermen um Betriebe der Tourismuswirtschaft<br />

oder der gesundheitlichen Daseinsvorsorge<br />

handelt, wird dieser Konflikt nicht zu<br />

lösen sein. Doch eine entsprechende Entscheidung<br />

könnte erhebliche Verwerfungen für den Gesundheitstourismus<br />

gerade im <strong>Thermenland</strong> nach sich<br />

ziehen. Da will sich niemand die Finger im heißen<br />

Wasser verbrühen. Vor allem nicht vor den Landtags-<br />

und Bezirkstagswahlen. Lieber wettert man<br />

noch eine Weile öffentlich<br />

gegeneinander.<br />

DO SCHAU HER ...<br />

Keiner weiß, was am Hang der Staatsstraße<br />

2116 im Bereich Einmündung Therme Bad<br />

Griesbach los ist. Auf der Westseite kommt<br />

es jedoch zu mysteriösen Rissbildungen mit<br />

beginnendem Absinken des schon länger<br />

halbseitig gesperrten Bereichs. Das Straßenbauamt<br />

Passau hat daher die Begutachtung<br />

durch einen Geologen veranlasst, auf dessen<br />

Anraten die Straße hier halbseitig gesperrt<br />

wurde. „Mit Hilfe des Geologen werden aktuell<br />

weiterführende Untersuchungen durchgeführt,<br />

um die Ursache der Absenkung und<br />

die weitere Vorgehensweise bei der Sanierung<br />

des Streckenabschnitts zu ermitteln“,<br />

teilt uns das Amt mit. „Um die betroffene<br />

Fahrbahnhälfte zu entlasten und aus Gründen<br />

der Verkehrssicherheit bleibt der Abschnitt<br />

bis auf weiteres halbseitig gesperrt.“<br />

Foto: Semmler

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