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PSC 1-06 - FSP

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d o s s i e r<br />

S c h m e r z t h e r a p i e<br />

Allein<br />

Welche Therapieform<br />

wirkt für wen besser?<br />

oder in der Gruppe<br />

Psychotherapie ist<br />

heute in Rehakliniken<br />

fester Bestandteil der<br />

Behandlung chronischer<br />

Schmerzen. Der<br />

Schmerzpsychotherapeut<br />

Wolfgang Dumat<br />

beschreibt, wie mit der<br />

Wahl der richtigen<br />

Therapieform die<br />

Motivation der<br />

PatientInnen zur<br />

Therapie sowie deren<br />

Wirkung verbessert<br />

werden kann.<br />

SchmerzpatientInnen<br />

sind in aller<br />

Regel sehr behandlungsmotiviert,<br />

ob sie auch<br />

psychotherapiemotiviert<br />

sind,<br />

steht aber auf<br />

einem anderen<br />

Blatt. Die somatische<br />

Orientierung<br />

chronischer<br />

SchmerzpatientInnen<br />

wirft für<br />

SchmerzpsychotherapeutInnen<br />

immer wieder<br />

Fragen auf: «Wie<br />

kann ich PatientInnen<br />

zu einem<br />

Therapiekonzept,<br />

welches auch<br />

schmerzpsychotherapeutische Interventionen<br />

beinhaltet, motivieren? Ist ein<br />

Gruppenprogramm oder eine Einzeltherapie<br />

indiziert und welches Vorgehen<br />

ist wirkungsvoller?»<br />

Grundlegende Veränderung<br />

Seit der Abkehr von bisherigen einfachen<br />

Schmerzmodellen durch die Gate-<br />

Control-Theorie (Melzack & Wall<br />

1996), welche von dem kanadischen<br />

Psychologen Ronald Melzack (www.<br />

mcgill.ca/reporter/33/17/melzack/)<br />

mitentwickelt wurde, spielt die psychologische<br />

Schmerzforschung in der Entwicklung<br />

eines multifaktoriellen prozessorientierten<br />

Behandlungsmodells<br />

(Basler 2004) chronischer Schmerzen<br />

eine entscheidende Rolle. Sie veränderte<br />

die bis dahin ausschliesslich medizinische<br />

Schmerztherapie grundlegend<br />

(siehe auch S. 6).<br />

In Baslers Schmerzmodell wird psychischen,<br />

sozialen und Verhaltensfaktoren<br />

in der Entstehung und Aufrechterhaltung<br />

chronischer Schmerzen eine wesentliche<br />

Rolle zugeschrieben und die<br />

Schmerzpsychotherapie wird in der<br />

Behandlung entsprechend gewichtet.<br />

Schmerzbewältigungsgruppen gehören<br />

deshalb seit vielen Jahren zum psychotherapeutischen<br />

Schmerzbehandlungsrepertoire,<br />

sind Teil (fast) jeder interdisziplinären<br />

multimodalen Schmerzbehandlung<br />

(Basler et al. 1998) und<br />

haben in einer Vielzahl von klinischen<br />

Studien (Flor 1992) ihre Wirksamkeit<br />

bewiesen.<br />

Trotzdem reagieren SchmerzpatientInnen<br />

mit zum Teil langjährigen anhaltenden<br />

Schmerzen und enttäuschenden<br />

somatischen Therapieverläufen eher ablehnend,<br />

bestenfalls skeptisch reserviert<br />

auf ein solches Therapieangebot. Hier<br />

spielen wahrscheinlich folgende Faktoren<br />

eine Rolle:<br />

Bedrohliche Vorstellung<br />

Die PatientInnen erleben ihren Schmerz<br />

körperlich, der Hinweis auf auslösende<br />

und/oder aufrechterhaltende psychische<br />

Faktoren impliziert für viele, dass ihr<br />

(körperlicher) Schmerz nicht ernst genommen<br />

wird. Sie argwöhnen, dass sie<br />

als Simulanten, IV-Renten-Jägerinnen<br />

oder schlicht als nicht belastbar eingeschätzt<br />

werden. Schlimmer noch, sie<br />

glauben, dass sie sich ihre Schmerzen<br />

«einbilden» – eine für jeden Menschen<br />

bedrohliche Vorstellung! Um solche negativen<br />

Attribuierungen – echte Therapiekiller<br />

– gar nicht erst entstehen zu<br />

lassen, ist die Diagnostik und Behandlung<br />

im interdisziplinären Team entscheidend.<br />

Interdisziplinäre Behandlung<br />

Nur ein solches Team bildet im klinischen<br />

Alltag den Grundgedanken eines<br />

multifaktoriellen Schmerzgeschehens<br />

adäquat ab und vermittelt den PatientInnen<br />

glaubwürdig, dass sie ernst genommen<br />

und weder in die psychische<br />

noch in die somatische «Ecke» abgeschoben<br />

werden. Psyche und Soma werden<br />

nicht mehr dichotom im Entwederoder-Denken<br />

behandelt, sondern sind<br />

Faktoren ein und desselben Krankheitsgeschehens.<br />

Die diagnostischen Massnahmen<br />

und Behandlungsinterventionen<br />

der Schmerzpsychotherapie sollten<br />

also immer Teil eines interdisziplinären<br />

Ansatzes und in diesen gleichberechtigt<br />

eingebettet sein.<br />

Motivation berücksichtigen<br />

Zur Klärung der Frage, ob die Teilnahme<br />

an einer Schmerzbewältigungsgruppe<br />

(SBG) oder eine Einzeltherapie indiziert<br />

ist, empfiehlt es sich, die Motivation<br />

und die Behandlungserwartungen<br />

der PatientInnen einzubeziehen. Zu<br />

hohe Erwartungen, wie zum Beispiel<br />

die häufig noch vorhandene (verständliche)<br />

Hoffnung auf «Schmerzfreiheit»,<br />

wirken sich ähnlich negativ aus wie zu<br />

niedrige, im Sinne von «Vielleicht hilft<br />

es ja, ich habe nichts zu verlieren!».<br />

Ganz schwierig sind fremdbestimmte<br />

TeilnehmerInnen. Ist die Motivation im<br />

Wesentlichen durch Kostenträger,<br />

(Haus-)Ärzte/Ärztinnen, andere TherapeutInnen<br />

oder die Familie bestimmt,<br />

so ist mit geringen bis gar keinen Erfolgen<br />

zu rechnen.<br />

Hilfreich zur Einschätzung der aktuellen<br />

Behandlungsmotivation und zur<br />

Indikationsentscheidung sind die Arbeiten<br />

von Maurischat (2000) sowie der<br />

Fragebogen zur Erfassung der Veränderungsbereitschaft<br />

(«Freiburger Fragebogen<br />

– Stadien der Bewältigung chronischer<br />

Schmerzen: FF-STABS»).<br />

Dabei werden die einzelnen Phasen der<br />

Veränderungsbereitschaft beschrieben<br />

(Abb. 1) und im Fragebogen erfasst.<br />

Eine Patientin, die sich in der Phase der<br />

Überlegung (Pre- bzw. Contemplation)<br />

befindet, ist für die Teilnahme an einer<br />

SBG wahrscheinlich noch nicht bereit.<br />

Diese ist für PatientInnen, die sich auf<br />

Verhaltensänderungen vorbereiten bzw.<br />

diese ernsthaft in Angriff nehmen wollen<br />

(Preparation, Activation) am besten<br />

geeignet.<br />

Résumé<br />

Dans les cliniques de réhabilitation, on<br />

travaille avec des patient(e)s souffrant<br />

de douleurs chroniques aussi bien de<br />

manière individuelle qu’en groupe.<br />

Selon la recherche actuelle, aucune<br />

différence d’efficacité n’existe entre<br />

ces deux formes. Wolfgang Dumat,<br />

psychothérapeute de la douleur, décrit<br />

quelle forme est la mieux adaptée à<br />

chaque patient/e. Il explique aussi<br />

pourquoi le patient est réticent à débuter<br />

une psychothérapie et quels sont<br />

les éléments utilisés dans la thérapie<br />

de la douleur au Centre pour paraplégiques<br />

de Nottwil.

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