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Corpus Vitrearum - Centre André Chastel

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Résumés des communicationslundi 3 juilletFrank MartinCennino Cenniniund die GlasmalereiIn der Glasmalereiforschung ist der Libro dell’arte deshalbschon lange ein Referenzwerk, weil er in zwei von insgesamtüber 150 Kapiteln auch die Entstehung vonGlasmalereien beschreibt-und zwar aus der seltenenPerspektive des entwerfenden Künstlers. Sein Autor,Cennino Cennini, hat dabei im ausgehenden 14.Jahrhundert wahrscheinlich Beobachtungen zu Papiergebracht, die er während seiner Tätigkeit in derFlorentiner Wand- und Tafelmalereiwerkstatt AgnoloGaddis angestellt hat, aus der auch Entwürfe für einigeFenster des Florentiner Doms hervorgegangen sind.Mitdiesem Blickwinkel auf die Glasmalerei unterscheidetsich der Libro dell’arte Cennino Cenninis von Antonio daPisas um 1400 entstandenem L’arte di dipingere il vetro,das die Herstellung von Glasmalereien ebenso aus derSicht des Glasmalers beschreibt wie der weitgehendzeitgleich im Sieneser Raum verfasste Text eines anonymenGlasmalers. Für Italien zeichnen die drei Texte inder Zusammenschau ein Bild der Entstehungsbedingungenfigürlicher oder szenischer Glasmalereien, dassehr viel komplexer und detaillierter ausfällt als inTheophilus Presbyters De diversis artibus aus der erstenHälfte des 12. Jahrhunderts, das für den nordalpinenRaum das Mittelalter hindurch die wesentlicheTextquelle bleiben sollte.Die Besonderheit von Cennino Cenninis Libro dell’arteliegt aber nicht allein darin, dass er den Anteil des Entwurfsin der Glasmalerei erstmals aus der Sicht des entwerfendenKünstlers beschreibt, er markiert in der reichenKunstliteraturlandschaft Italiens grundsätzlich auch denÜbergang vom mittelalterlichen Werkstattbuch zu jenenkunsttheoretischen Traktaten, die kaum vierzig Jahrespäter mit Leon Battista Albertis De pictura die neueEpoche endgültig begründen sollten. Vor diesemHintergrund ist die Frage interessant,ob Cennino Cennini,für den der Begriff des disegno über den entwurfstechnischenWortsinn hinaus nachweisbar auch eine kunsttheoretischeImplikation hatte, nicht deshalb den Anteil des Malers anfigürlichen oder szenischen Glasmalereien thematisierthat, weil die Bedeutung des disegno im Rahmen derEntstehung eines Bildes nirgends anschaulicher gemachtwerden konnte als in der Glasmalerei mit ihrer (fürItalien) typischen Arbeitsteilung zwischen entwerfendemKünstler und ausführendem Glasmaler. Durch dieBetonung des disegno in der Glasmalerei hätte CenninoCennini damit nicht zuletzt auch demSuprematieanspruch der artes liberales gegenüber derartes mechanicae Vorschub geleistet.9

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