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EARTH'S GOLDEN PLAYGROUND<br />
30<br />
«Der Klondike in Kanadas Nor<strong>de</strong>n war schon immer ein Sinnbild für die Suche nach irdischem Glück.<br />
Und wie das Glück auf dieser Welt, so ist auch das Gold im Klondike sehr ungleichmässig verteilt.»<br />
(Andreas Horvath)<br />
Ein Western <strong>de</strong>s Dokumentarfilms. Der Moby Dick <strong>de</strong>r Klondike Goldfel<strong>de</strong>r. Seit <strong>de</strong>m Goldrausch gegen<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts sind die legendären C<strong>la</strong>ims im Yukon ein fernes, sagenumwobenes<br />
Land <strong>de</strong>r Verheissung geblieben. Ein mythisches Dorado, das ab 1896 über 100'000 Abenteurer an<br />
<strong>de</strong>n Klondike River bei Dawson lockte. Der Goldrausch führte schliesslich zur Errichtung <strong>de</strong>s Yukon-<br />
Territoriums im äußersten Nordwesten Kanadas mit einer Fläche von nahezu 500'000 Quadratkilometern<br />
und zur Festlegung <strong>de</strong>r Grenze zwischen A<strong>la</strong>ska und Kanada.<br />
In <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten fiel <strong>de</strong>r Goldrausch in die Zeit einer Wirtschaftskrise, weshalb zahllose<br />
Menschen ihr Glück am Klondike suchten. Und heute ist dies, nach<strong>de</strong>m vielerorts wie<strong>de</strong>r härtere Zeiten<br />
angebrochen sind, aufs Neue <strong>de</strong>r Fall: Andreas Horvaths Film lässt hartnäckig miterleben, wie neben<br />
<strong>de</strong>n finanzkräftigen Gesellschaften zähe Bergmänner mit Kleinunternehmern konkurrieren. Sie<br />
alle sind besessen von <strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>r sagenhaften Muttera<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r sogenannten «Mother Lo<strong>de</strong>».<br />
Es ist die angeblich immer noch im Untergrund verborgene Quelle <strong>de</strong>s Goldschatzes, an die man trotz<br />
Ausbeutung über Deka<strong>de</strong>n unerschütterlich g<strong>la</strong>ubt.<br />
Einzelkämpfer hacken und schaufeln sich für eine Handvoll Dol<strong>la</strong>r ins harte Erdreich, bis die Tiefe sie<br />
zu verschlucken droht. Schürfer fallen für ein paar Dol<strong>la</strong>r mehr mit ihren Maschinen ein: Bagger reissen<br />
Gräben auf, zerwühlen die Flussufer, sch<strong>la</strong>gen Risse in halsbrecherische Steilwän<strong>de</strong>. In fünfzig<br />
Jahren, so wird beruhigt, wüchsen hier wie<strong>de</strong>r die Bäume. Von Managern geführte Companies bohren<br />
Hun<strong>de</strong>rte von Löchern in das zum Teil festgefrorene Erdreich, als sei <strong>de</strong>r Klondike ein Na<strong>de</strong>lkissen.<br />
Und die Erträge? Sie sind kärglich, man rechnet ein Gramm Gold auf ein Tonne Steine und Geröll, das<br />
in mühseliger Handarbeit ausgewaschen wird. Manchmal reicht <strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>ne Goldstaub immerhin<br />
für eine Sommergespielin auf <strong>de</strong>n Philippinen…<br />
Geblieben sind die Träume. Dawson, einst die Glitzerstadt <strong>de</strong>s Gol<strong>de</strong>s, wo die als «stampe<strong>de</strong>rs» bezeichneten<br />
Schatzgräber von Gold, Whisky und beineschlenkern<strong>de</strong>n Frauen träumten, vermöchte<br />
heute <strong>de</strong>n Eindruck einer Geisterstadt zu erwecken, wären da nicht immer noch Hotels, Hardware<br />
Stores und roh gezimmerte Häuser. Eine Filmkulisse sozusagen, wie jene durch die James Stewart im<br />
Western The Far Country 1954 seine Her<strong>de</strong> treibt.<br />
Der Oesterreicher Andreas Horvath hat seine Kamera dokumentarisch auf dieses «far country» gerichtet,<br />
hat geduldig wil<strong>de</strong>, rauschhafte Bil<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n letztlich doch unzerstörbaren Landschaften,<br />
von Eis und Kälte eingefangen, und er hat die Mühsal <strong>de</strong>r unbeirrten P<strong>la</strong>ckerei in <strong>de</strong>n epischen Rhythmus<br />
seines Films eingearbeitet. Er porträtiert Krampf und Erschöpfung <strong>de</strong>r Männer, <strong>de</strong>ren Gesichter<br />
immer mehr <strong>de</strong>n Runen ähneln, die sie auf <strong>de</strong>r Jagd nach <strong>de</strong>r gol<strong>de</strong>nen Beute in die Landschaft sch<strong>la</strong>gen.<br />
Einer, <strong>de</strong>r aussieht wie <strong>de</strong>r Hollywoodstar Lee Marvin, auch er ein Mann fürs Gröbere, steht zum<br />
Schluss gezeichnet, aber ungebrochen, am Ran<strong>de</strong>s seines Loches, das er selber in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n gesch<strong>la</strong>gen<br />
hat und muss erkennen, dass auch hier die Mutter aller A<strong>de</strong>rn nicht zu fin<strong>de</strong>n ist.<br />
Er wird seine Träume weiter leben, muss immer wie<strong>de</strong>r aus Illusionen erwachen, darf sich seinen<br />
Phantasien hingeben, hoffnungsvoll seine Sehnsüchte nähren. Das Gold, verdammt nochmal, muss<br />
doch irgendwo da unten sein. (Rolf Nie<strong>de</strong>rer)<br />
Andreas Horvath<br />
Geboren 1968 in Salzburg, ist Andreas Horvath freischaffen<strong>de</strong>r Fotograf und Filmemacher. Seit 2001<br />
wer<strong>de</strong>n seine Dokumentarfilme auf internationalen Festivals gezeigt und oft preisgekrönt (etwa in<br />
Nyon). Horvath veröffentlichte SW-Fotobücher über Sibirien und die USA und hatte Lehraufträge inne,<br />
u.a. an <strong>de</strong>r HEAD in Genf. Filme: Clearance (1998, Kurzfilm); Poroerotus (1999, zusammen mit Clemens<br />
Hai<strong>de</strong>r), The Silence of Green (2002), This Ain't no Heart<strong>la</strong>nd (2004), Views of a Retired Night Porter<br />
(2006), The Passion According to the Polish Community of Pruchnik (2009), Arab Attraction (2010),<br />
Postcard from Somova, Romania (2011).