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KEM Konstruktion 10.2019

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Trendthemen: Messe Motek, 5G CMM Expo, Digitalsierung, Roboterprogrammierung; KEM Porträt: Torsten Blankenburg, Vorstand Sieb & Meyer, Lüneburg; KEM Perspektiven: Digitalisierung - Alexander Bürkle wird zum Technologiedienstleister, Roboterprogrammierung - Cenit und Ostfalia wollen Robotik effizienter machen

TRENDS PERSPEKTIVEN

TRENDS PERSPEKTIVEN Cenit-Kunde Jenoptik nutzt die CAE-gestützte Programmierung bereits und muss am Roboter nur noch kalibrieren und eine letzte Feinjustierung durchführen Bild: Jenoptik Nebenzeiten reduzieren Auch die Cenit AG will Industrieroboter effizienter machen und fokussiert sich dabei auf das computergestützte Teachen der Geräte. Denn einerseits werden in Branchen wie der Land- und Baumaschinenindustrie die Ansprüche hinsichtlich der Prozesse höher, gleichzeitig bleiben die Losgrößen klein, da immer individueller gefertigt wird. Manuelles Handschweißen ist hier daher durchaus noch übliche Praxis. Denn ein Roboter, der häufig umprogrammiert werden muss, verbringt viel Zeit im Stillstand, gerade bei komplexen Bahnen wie etwa beim Schweißen oder dem Laserschneiden. Um auch in solchen Fällen den Einsatz von Robotern zu ermöglichen, muss das Teachen effizienter gestaltet werden: „Aktuell geschieht das häufig noch direkt an der Anlage über das Bedienterminal, die einzelnen Positionen müssen in Schleichfahrt manuell angefahren und gespeichert werden“, weiß Leo Bartevyan, IT System Engineer bei Cenit. „In der zerspanenden Fertigung ist seit langem keine großflächige manuelle Programmierung mehr üblich. Hier gibt das digitale Bauteil in Form der CAD-Daten die Programmierung selbst vor, der Code wird in der CAE-Abteilung dann automatisch für die jeweilige Maschine generiert. Das wollen wir auch für die Roboter ermöglichen.“ Ganz neu ist die Idee nicht, erste Gedanken dazu hatte man bereits vor über 30 Jahren. Wirklich notwendig wurde das effiziente Teachen aber nie wirklich, da Roboter einmal angelernt und dann nur in großen Fabriken mit sehr hohen Stückzahlen rentabel eingesetzt wurden. Hier war eine häufige Umstellung der Produktion eher selten und im Fall des Falles auch entsprechend kompetentes Fachpersonal vorhanden. Nun unterstützen die „eisernen Knechte“ aber immer öfter auch die Produktionsanlagen von kleinen und mittelständischen Unternehmen oder sollen in großen Fertigungsstraßen auch für kleinere Losgrößen genutzt werden. Dabei wachsen zwangsläufig die Stillstandszeiten, da der Roboter öfter auf neue Teile angelernt werden muss. Daher soll nun auch diese Programmierung „offline“ – also nicht mehr direkt am Roboter – stattfinden. Digitale Zwillinge von Robotern zur virtuellen Programmierung und Simulation am Rechner sind natürlich inzwischen möglich und in der Branche auch verbreitet. Um einen spezifischen Schweißprozess neu am Roboter einzuführen, benötigt man daher theoretisch einen Spezialisten im Fachgebiet Schweißen, der auch Kompetenz in der Roboterprogrammierung mitbringt, praktisch sind solche Ingenieure am Arbeitsmarkt aber sehr rar. Daher muss der Teach-Prozess stark vereinfacht werden, hier setzt die Offline-Programmierung an, sie kann auch beim Training helfen. Bisher verfolgen die Programmiersysteme den Ansatz, eine Anlage und deren Steuerung möglichst exakt virtuell abzubilden. Diese Werkzeuge orientieren sich jedoch stark an den herstellerspezifischen Eigenschaften und sind daher kaum untereinander kompatibel. Ein Experte aus der Maschinenprogrammierung kann daher nicht einfach die Programmierung einer Roboteranlage übernehmen und umgekehrt. Zudem kommen laufend neue Hersteller – oft mit eigenen Steuerungen – auf den Markt. „Anstatt einen Roboter klassisch zu programmieren, kann das zu fertigende Bauteil mit allen bereits vorhandenen Daten auch hier herangezogen werden“, erklärt Bartevyan. Die Herleitung einer exakten Position oder Kontur aus einer CAD- Struktur ist heute schon gängige Praxis. Denn Konturen, Bohrungen und Verbindungselemente sind in den digitalen Zeichnungen bereits hinterlegt. Warum Roboterprogramme also von Hand erzeugen, wenn man diese Angaben nutzen kann, um die Programmierung zu automatisieren? Durch die Kombination von Konstruktionsdaten, dem Ist-Abgleich über Scanner- und Bilderfassungssystemen sowie weiteren Sensoren will man große Teile der Programmierarbeit voll automatisieren. Schon der Konstrukteur wählt dann die entsprechenden Technologien aus, mit denen bearbeitet wird. „Die Offline- Programmierung ist oft mit nur wenigen Mausklicks angelegt. Dabei entsteht ein unmittelbar ausführbares Roboterprogramm in der Syntax der spezifischen Steuerung inklusive aller Signale, proprietären Befehle und Makros. Bei Konturen und Oberflächen ist der Zeitgewinn noch signifikanter“, versichert Bartevyan. Eine prozessorientierte Beschreibung ersetzt dabei die Programmierung. Sie erfolgt auf einer neutralen Ebene und in einer universellen Sprache. Das fertige Ergebnis wird dann automatisiert in ein 66 K|E|M Konstruktion 10 2019

ausführbares Roboterprogramm der spezifischen Steuerung konvertiert. Die Syntax inklusive aller proprietären Befehle und Zyklen wird dabei exakt übertragen und ausgeführt. Nach der Übertragung auf den Roboter sind dort lediglich Kalibrierung und letzte Feinjustierungen nötig. So sollen künftig die Konstrukteure oder Fachingenieure wie Schweißexperten entsprechende Roboter in der Fertigung einrichten können, ohne dafür sehr tief in die Programmierung eintauchen zu müssen. Ganzheitlich programmierbare Fabrik Die Experten von Cenit sehen den Rahmen dabei noch größer und schätzen, dass klassische Systeme nicht nur beim Roboter, sondern bei allen Maschinen und Anlagen zeitnah durch interdisziplinäre und einfachere Prozessbeschreibungen abgelöst werden, die für jeden Prozess, für jeden Roboter und für jede Maschine ein und dieselbe universelle Sprache nutzen. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und der Dürr Systems AG hat man zudem kürzlich eine Machbarkeitsstudie zum Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Roboterofflineprogrammierung abgeschlossen. Dafür koppelte das Team ein neurales Netzwerk mit einem digitalen Anlagenzwilling und untersuchte verschiedene Methoden des Maschinenlernens auf Machbarkeit und Wirkungsgrad bei der Unterstützung in der Berechnung komplexer Roboterbewegungen für Karosserielackierprozesse. Trainiert wurde die KI mit Roboterprogrammen der letzten 20 Jahre. Das Ergebnis ist vielversprechend: Die KI-gestützte Kollisionsvermeidung und Bahnplanung reduzierte die Programmierzeit zwischen 30 und 40 %. „In einer digital transformierten Welt spielt es keine Rolle mehr, ob Material getrennt, gefügt oder disponiert wird. Genauso wie es keinen Unterschied mehr macht, ob dieser Schritt von einem Werker, einer Maschine oder einem Roboter ausgeführt wird“, prophezeit Bartevyan. „In einer modernen Produktion verschmelzen die Fertigungsebenen. Ein Bauteil wird per Laser geschnitten, mit Lichtbogen geschweißt und anschließend mit einer Sprühapplikation lackiert. Warum soll man künftig noch diverse Programmiersysteme in unterschiedlichen Prozessebenen einsetzen, wenn man alles auf einer einzigen Plattform erledigen kann?“ www.cenit.com www.ostfalia.de Das IPT unterstützt bei der Energiereduzierung von Industrieroboter. Der entwickelte Leitfaden steht als Broschüre zur Verfügung: hier.pro/6aKlh K|E|M Konstruktion 10 2019 67

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