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information & entwicklunginformation & entwicklung ■ Der Peter: ■ Kaffeehausliterat & Lebenskünstler DAS KAFFEEHAUS WAR SEINE ARBEITSSTÄTTE, SEIN REFUGIUM, SEIN PARLAMENT, SEIN TRAMPOLIN INS LEBEN Prof. Franz W. Strohmer Journalist, Vize Präsident des Badener Presseclubs VIDEO "Cafe Central, Wien und Peter Altenberg": QR-Code einscannen Er hieß eigentlich „Richard Engländer“ und nannte sich „Peter Altenberg“ aus nicht bekannten Gründen, als er begann, seine Schriften zu publizieren. Später zeichnete er mit „P.A.“ oder nur mit „Peter“. Halb Wien kannte ihn persönlich, die andere Hälfte wenigstens vom Hörensagen, und wer ihn gar nicht kannte, war bestimmt kein Wiener. Der Kopf länglich, Glatze mit etwas Haarwuchs an den Schläfen, starke Tränensäcke, weit vorspringende Nase, darauf ein Zwicker am Bande, ein fast eckiges Kinn und das ganz besondere Kennzeichen, unverkennbar und ins Auge springend „der dichte Seehundsbart“, so konnte man seinen Charakterkopf wohl beschreiben. In seiner „Selbstbiographie“, die genauso kurz gefasst war, wie seine Schilderungen oder Skizzen aus dem Alltagsleben, ist zu lesen: Ich bin geboren 1862 (was nicht stimmt, denn sein tatsächliches Geburtsjahr war 1859) in Wien. Mein Vater ist Kaufmann. Nein, einen solchen Idealisten gibt es nicht mehr auf dieser Welt. Man fragte ihn einmal: „Sind Sie nicht stolz auf Ihren Sohn?“ Er erwiderte: „Ich war nicht sehr gekränkt, dass er 30 Jahre ein Tunichtgut gewesen ist. So bin ich nicht sehr geehrt, wenn er jetzt ein Dichter ist! Ich gab ihm Freiheit!“ Jawohl, edelster merkwürdigster aller Väter, lange habe ich Dein göttliches Geschenk der Freiheit missbraucht, habe edle und ganz unedle Damen heiß geliebt, bin in Wäldern herumgelungert, war Jurist, ohne Jus zu studieren, war Mediziner, ohne Medizin zu studieren, war Buchhändler, ohne Bücher zu verkaufen, Liebhaber, ohne je zu heiraten und zuletzt Dichter, ohne Dichtungen hervorzubringen. Denn sind meine kleinen Sachen Dichtungen?! Keineswegs. Es sind Extrakte! Extrakte des Lebens. – Karl Kraus, der unnahbare „Fackel“ Herausgeber und Meister des Aphorismus schickte die Skizzen von P.A . dem Verleger S. Fischer nach Berlin, der bald darauf das Erstlingswerk „Wie ich es sehe“ von P.A. drucken ließ. Arthur Schnitzler, Hermann Bahr und Richard Beer-Hofmann nahmen sich des neuen Dichters an, weitere Berühmtheiten der damaligen Zeit wie Egon Friedell, Hugo von Hofmannsthal, Alfred Polgar, oder der Architekt Adolf Loos gehörten bald zur Tischgesellschaft des auffälligen „Schnorrers“ Peter Altenberg im Cafe Central. Er meinte: „Ich kann überall schrecklichste Mängel sehen, weil ich ebenso viele herrliche Vorzüge überall zugleich erschaue! Besonders die anmutigen zartgegliederten, beweglichen, edelhautigen Frauen geben uns Gelegenheit, sie zu bewundern, anzubeten, zu verwöhnen, während wir zugleich in unser inneres Tagebuch und Nachtbuch schreckliche und vernichtende Dinge über sie notieren!“„Ich möchte auf meinem Grabsteine die Worte haben: „Er liebte und sah“, schrieb er in seine oben 12 | JUNI 2014 ONLINEZEITUNG: http://aktuell.LmZukunft.at

information & entwicklunginformation & entwicklung erwähnte Selbstbiographie, aber nichts sollte ihn deutlicher charakterisieren als der Satz aus dem Band „Was der Tag mir zuträgt“: „Glaube ist fast schon Sein! Wenn ich an Dich glaube, bist Du!“Karl Kraus rief am Grabe Altenbergs aus: „Daß Du, Peter Altenberg, einer der großen Dichter warst, die ihrer Zeit nur geliehen sind!“ info Informationen zu allen Lehrberufen, Lehrbetrieben und offenen Lehrstellen auf www.frag-jimmy.at bzw. www.facebook.com/ fragjimmy Infolge des Missbrauchs von Alkohol und Medikamenten verbrachte P.A . einige Zeit in Heilanstalten und schrieb noch kurz vor seinem Ableben, wie er sich sein Begräbnis vorstellen würde. Fast alle Kaffeehäuser Wiens behaupteten, das Stammlokal des Verstorbenen P.A. gewesen zu sein und fast alle werden wohl die Wahrheit gesagt haben. Peter Altenberg im Cafe Central, Wien ONLINEZEITUNG: http://aktuell.LmZukunft.at BESUCHEN SIE JIMMY JUNI 2014 | 13