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medizin&technik 03.2017

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TITELTHEMA Wenn ein

TITELTHEMA Wenn ein Mensch seine Gedanken nach Innen richtet, liefert das EEG andere Signale als in Phasen, in denen sich das Gehirn mit der Umgebung befasst. Forscher am Tübinger Max-Planck-Institut wollen dieses Phänomen für weitestgehend Gelähmte nutzbar machen Bild: MPI Tübingen /Denise Vernillo Das Einbringen von Elektroden ins Gehirn ist eher eine Nische bei den Brain Computer Interfaces. Meist wird auf der Kopfhaut gemessen Bild: Fotolia/nullplus Markt kommen werden. Ein weiteres BCI- Gebiet wird als „Enhance – fördern“ bezeichnet. Hier sind die Übergänge zwischen Medizin und Privatkundenbereich fließend. So könnten BCI-Produkte entwickelt werden, die dem Menschen beim Lernen helfen. Als drittes Anwendungsgebiet der BCI nennt das Netzwerk BNCI das „Replace – ersetzen“. Dabei werden geschädigte Hirn areale mit einer Art BCI-Prothese repariert. Dies dürfte der anspruchsvollste Ansatz der modernen BCI-Entwicklung sein, hier ist noch sehr viel Grundlagenforschung nötig – erste Produkte werden zwischen 2025 und 2035 erwartet. Ein solcher Replace-Ansatz wird am Tübinger Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme für Patienten mit Amyo - tropher Lateralsklerose (ALS) entwickelt. Bei dieser Krankheit degenerieren die Zellen des Motorcortex, die die Muskeln steuern. Damit verliert der Patient nach und nach die Fähigkeit sich zu be - wegen, etwa die Arme, die Beine, die Zunge, die Sprech- oder die Augenmus - kulatur. Im Spätstadium sind die Patienten bei vollem Bewusstsein, aber nicht mehr in der Lage, mit der Umwelt zu kommunizieren. Sie können nicht einmal mehr mit den Augen rollen, um „Ja“ oder „Nein“ zu signalisieren. „Wir müssen also andere Hirnregionen, andere Signale finden, über die der ALS-Patient kommunizieren kann“, sagt der Elektrotechniker Dr.-Ing. Moritz Grosse-Wentrup, der am Max-Planck-Institut für die Forschungsgruppe „Gehirn-Computer-Schnittstellen“ zuständig ist. Besonders interessant ist für Grosse-Wentrup als Alternative ein Aktivitätsmuster, das auftritt, wenn ein Mensch sich auf sich selbst konzentriert, die Gedanken nach Innen richtet, meditiert: das De - fault-Mode-Network. Dabei sind gleichzeitig ein Bereich hinter der Stirn und ein zweiter tiefer im Gehirn aktiv, der sich über das EEG auslesen lässt. So könnte der Patient am Computer trainieren, durch den Wechsel zwischen Versenkung und Offen-Sein „Ja“ und „Nein“-Signale zu generieren. Die Herausforderung liegt in diesem Falle bei der Programmierung der Algorithmen, die aus den im Gehirn verteilten, diffusen Signalen des Default- Mode-Networks das diskrete „Ja“ herauslesen müssen. Wie die Versuche zeigen, gelingt das inzwischen immer besser. Lieber durch die Haut messen als Elektroden implantieren Eine grundsätzliche Frage bei BCI liegt darin, ob und wann man Signale über ein EEG mit Kopfhaube abgreift, oder ob man Elektroden verwendet, die ins Hirn implantiert werden. Beim Implantat sind die Signale rauschärmer. Wegen der Infektionsgefahr haben sich die Tübinger Max-Planck-Forscher bislang dagegen entschieden. Auch bildeten sich durch Abstoßungsreaktionen des Körpers auf den Elektroden häufig Beläge, sodass die Signalleitung zum Computer gestört wird. So ist es wenig überraschend, dass heute weltweit viele Forschergruppen an leistungsfähigen Elektroden-Implantaten für medizinische BCI-Anwendungen ar- beiten. Diese sollen gut verträglich sein und zudem möglichst viele und sehr kleine Elektroden aufweisen, damit die feinen Nervenimpulse möglichst präzise wahrgenommen werden können. Laut BNCI-Network setzen aber nur 6 % der Unternehmen, die sich mit BCI- Technologien befassen, auf Implantate. Alle anderen nuzten das EEG. Und viele arbeiten daran, die auffällige Kopfhaube zu ersetzen. Industriedesigner haben filigrane Elektroden-Headsets entwickelt, die sich elegant um den Kopf legen. Gut möglich, dass diese in wenigen Jahren so angesagt sind, wie heute die Bluetooth- Kopfhörer fürs Smartphone. ■ Tim Schröder Wissenschaftsjournalist in Oldenburg Weitere Informationen Über den Cybathlon-Wettbewerb: www.cybathlon.ethz.ch EU-Forschungsnetzwerk BNCI : http://bnci-horizon-2020.eu Prof. Garabaghi, Uniklinik Tübingen: www.neurochirurgie-tuebingen.de direkt: http://hier.pro/PG9Yc Dr. Grosse-Wentrup, MPI Tübingen: http://brain-computer-inter faces.net/ Über Emotiv : www.emotiv.com 30 medizin&technik 03/2017

Connecting Global Competence LICHT AUF DEM NÄCHSTEN LEVEL LASER IN DER SENSORIK UND MESSTECHNIK AUF DER LASER WORLD OF PHOTONICS 26.–29. JUNI 2017, MESSE MÜNCHEN 23. Weltleitmesse und Kongress für Komponenten, Systeme und Anwendungen der Photonik world-of-photonics.com/ sensorik 03/2017 medizin&tec hn i k 31

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