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NEUES ESSEN No. 1

  • Text
  • Naturkost
  • Bio
  • Mischfruchtanbau
  • Lebensmittel
  • Demeter
  • Landwirtschaft
  • Gerste
In diesem Buch geht es um Wesentliches: Eine ursprüngliche, erfinderische, hochgesunde, ertragreiche und zukunftweisende Anbauweise von Agrarprodukten, die weit über Bio- und Demeter-Standards hinausgeht und zudem spannend ist wie ein Abenteuerroman, der gleichzeitig in der tiefen Vergangenheit, der prickelnden Gegenwart und dem Unbekannten künftiger Zeiten spielt. ISBN: 978-3-033-02144-0 EAN: 7640110517802 Verlag: NaturKraftWerke® Edition

Böden mit Abstand am

Böden mit Abstand am grössten. Im Wald herrschen paradiesische Verhältnisse, wenn ich es in einem biblischen Bild auszudrücken versuche. Da geht alles von selber. Und mit der Schlange und dem Apfel hat sich der Mensch aus dieser Situation herausbegeben. Nun muss er es selber machen, quasi mit schwachen Krücken auf dem Acker die Kulturen pflegen. Es geht nicht mehr automatisch wie im Paradies, sondern ist mit viel Mühsal verbunden. Und es wird kein Wald entstehen, weil der Mensch das Paradies in seiner ursprünglichen Form nicht machen kann, sonst könntest du die ganze Geschichte in der Pfeife rauchen. Das Paradies ist etwas anderes, als was wir hier machen. Die Kultur, die ganze Arbeit hat mit Mühsal zu tun, aber es kann schlussendlich funktionieren. Und daran müssen wir arbeiten. Wir müssen nicht unbedingt Waldverhältnisse schaffen, und ich glaube auch nicht, dass wir dazu in der Lage wären. DA: Waldverhältnisse zu schaffen wäre theoretisch möglich, aber dann verlören wir alles, was wir Kultur nennen. Wald ist wild, ist Natur pur und in dem Sinne Paradies. Dann müssten wir uns von verschiedenen Dingen verabschieden, die wir hoch schätzen in unserer Kultur. Eine Lebensversicherung zum Beispiel gibt es im Wald nicht. Vom Kulturwald zum Urwald, da gibt es verschiedene Abstufungen … 36 Streuobstwiese. Siehe Fussnote 30, Seite 58: «Hochstämme, Streu obstwiesen, Obstbau» 37 Edaphon, das. Der Begriff «Edaphon» geht auf den Mikrobiologen und Botaniker Raoul Heinrich Francé (1874–1943) zurück und fasst sämtliche Bodenlebewesen zusammen, die kleiner als 2 mm sind plus die Würmer. Es besteht etwa zu 40% aus Bakterien, 40% Algen und Pilzen, 12% Regenwürmern und 8% Makro- und Mikroorganismen (wie Nematoden, Milben, Collembolen usw.). Das Edaphon baut in hochkomplexen Stufenprozessen abgestorbenes organisches Material zurück («Mineralisation») oder bereitet es für andere Lebensprozesse auf. Eine wichtige Erkenntnis des Bodenforschers Francé ist, dass dabei die Ebene der Belebtheit nicht verlassen wird; d. h. der weithin gebräuchliche Begriff der «Mineralisation» für den Abbau organischen Materials ist nicht korrekt. Ist die tatsächliche Mineralisation erst einmal erreicht, so ist es sehr langwierig bis unmöglich, wieder in die Lebendigkeit zu finden. 38 Verbuschung. Die Verbuschung ist eine Sukzessionsstufe einer ehemals kultivierten Fläche hin zum Wald. Wiesen und Äcker bedürfen z.B. in Mitteleuropa der menschlichen Nutzung bzw. Pflege, um die Entwicklung zum Wald zu unterbinden (Kulturlandschaft). Überlässt man eine Wiese oder einen Acker sich selbst, so spricht man zunächst von der Brache, welche dann verbuscht, indem immer mehr Sträucher und Pionierbäume wie Birken (auf eher trockenen Flächen) oder Erlen, Weiden und Pappeln (an Gewässern) aufgehen. Ist ein dichteres Blätterdach aufgebaut, verschwindet das Gras und macht Platz für Waldbäume, die die Pionierbäume ablösen. Dies ist nur ein sehr grobes Bild der Sukzession, deren Ausprägung und Geschwindigkeit stark von den regionalen Verhältnissen abhängig ist. Es braucht Jahrhunderte, bis aus einem Acker ein echter Urwald entstanden ist. Die Zielausprägung ist ebenfalls schwierig vorherzusagen: Hätte man bisher nördlich der Alpen als Sukzessionsziel den Buchen-Eichen-Wald angenommen, dürfte es angesichts der Klimaerwärmung eher in Richtung Marronen-Nussbaum-Wald gehen. Was heute die Eichen-Buchen- Wälder in Mitteleuropa sind, waren vor den Eiszeiten ausgedehnte 106

DA: Sagen wir es mal so: Es ist die Bewegung, in der sich alles entwickelt, wenn sich der Mensch verabschiedet. Es dauert mehr oder weniger lang. Wenn du einen Acker liegen lässt, ist der Wald sein innewohnendes Ziel, respektive sein Prinzip. UW: Es ist jedoch von Region zu Region verschieden, und es hängt auch mit dem Klima zusammen. DA: Man verliert in dieser Betrachtung die zeitliche Dimension. Es dauert halt. Das Endziel ist immer Wald. Es fängt meistens mit Verbuschungen 38 an, und dann wird der Buschwald abgelöst. Je nach Standort kommen dann zum Beispiel Erlen oder Birken und irgendwann ist wieder die Eiche oder Buche da. In Zukunft vielleicht eher Marronen, wenn es wärmer wird. Aber das Bestreben ist und bleibt Wald. UW: Wir als Menschen, als Bauern – da wird’s jetzt sehr biodynamisch – übernehmen eine Funktion, mit Willenskraft an die Landschaft heranzutreten. Man übernimmt damit auch sehr viel Verantwortung. Agrikultur ist also zu einem wesentlichen Anteil Gestaltungswille? DA: Ja, das hat alles mit Willenskraft zu tun. Die Natur selber würde es ganz anders ma ch en. Es ist schwierig, dort eine Kraft festzustellen, die eine Richtung hat. Es erscheint uns mindestens auf den ersten Blick alles chaotisch. Und es wird auch niemals Rücksicht genommen auf den Menschen. Landschaft wird nur durch die Tätigkeit des Bauern gestaltet. Vorhin haben wir diese Feldteilung erwähnt. Das ist ja erst seit Napoleon so, oder? UW: Die Realteilung 39 ? Ja. Früher hat das Land dem Adel gehört, und der Adel war quasi das «Blaue Auge» Gottes. Darum sagt man auch, die haben «blaues» Blut. Der Adel hat den Bauern und dem gemeinen Volk das Land zur Verfügung gestellt. Und Land war alles. Land und Felder waren früher nicht so abgegrenzt wie heute. Das Vieh wurde in den Wald 107