Quality Engineering 04.2023

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» MANAGEMENT Bild: lyudinka/stock.adobe.com Rund ums Auto sind mittlerweile bereits viele Prozesse automatisiert; sei es der Versicherungsabschluss oder der Verkauf über Online-Portale. Eine Redaktion – zwei Meinungen Auto kommt von automatisiert Die Digitalisierung sorgt dafür, dass nicht nur in der Qualitätssicherung, sondern auch im Alltag viele Dinge automatisiert ablaufen. Aber will man das immer? Ist das Vertrauen in den Menschen nicht größer? Die Redaktion von Quality Engineering hat dazu unterschiedliche Meinungen. Bild: Studioline Photography Sabine Koll, Redaktion Quality Engineering, ist von Internet-Auto- Portalen begeistert. Kürzlich habe ich mein Auto verkauft. Ich wollte es eigentlich – so wie früher – inserieren, um es an eine Privatperson zu verkaufen. Doch mein Mann hielt das für keine gute Idee: Wenn nämlich die potenziellen Käufer so wenig zuverlässig und freundlich seien wie die Interessenten für andere Waren, die wir hin und wieder über einschlägige Plattformen anbieten, dann werde sich der Autoverkauf ziemlich spaßbefreit gestalten. Der Gedanke daran, auf Leute zu warten, die entweder trotz Terminvereinbarung erst gar nicht kommen oder dann mein Auto schlechtreden, ließ mich schaudern. Deshalb entschied ich mich doch dafür, das Auto nicht an einen richtigen Menschen, sondern anonym an einen Plattform-Betreiber zu verkaufen, der schon im Namen signalisiert, dass er mein Auto kaufen will. Zugegeben, ich war skeptisch. Aber der gesamte Prozess, hochgradig automatisiert durch ein erstes Online-Angebot nach dem Ausfüllen eines Formulars auf der Website, lief bis zur finalen Unterschrift total glatt – und das binnen 48 Stunden. Die Automatisierung beschleunigt Prozesse, was in vielen Fällen ja sehr hilfreich ist. Aber es gibt Bereiche, in denen ich mit einem richtigen Menschen sprechen muss. Vor allem wenn es um Themen geht, die für mich nur schwer Markus Strehlitz, zu durchschauen sind – wie Redaktion Quality zum Beispiel Versicherungen. Engineering, muss mit Informationen zu den einzelnen Angeboten mit all ihren Menschen sprechen. verschiedenen Möglichkeiten durchzulesen, ist für mich in etwa so sinnvoll, wie eine Bedienungsanleitung in chinesischer Sprache zu studieren. Ich habe schon gehört, dass es total praktisch sein soll, zum Beispiel Autoversicherungen online auszuwählen und abzuschließen. Für mich kommt das nicht in Frage. Ich möchte in ein Büro gehen, einem menschlichen Berater gegenüber sitzen und mit ihm darüber sprechen, welche Versicherungsvariante für mich die passende ist. Dann kann ich beispielsweise direkt nachfragen, wenn er Begriffe verwendet, die ich nicht verstehe. Sollte das mal irgendwann nicht mehr möglich sein, werde ich komplett aufs Fahrrad umsteigen. Bild: Tom Oettle 12 Quality Engineering » 04 | 2023

Personal & Karriere Kandidat Unzuverlässig Ghosting ist derzeit ein lebhaft diskutiertes Thema. Jobkandidaten brechen mitten im Bewerbungsprozess jeden Kontakt ab und sind nicht mehr erreichbar. Unternehmen haben zunehmend häufiger mit diesen und ähnlichen Problemen zu kämpfen. Bild: tomertu/stock.adobe.com Die Beratungsgruppe wirth + partner informiert in Quality Engineering regelmäßig über Personal und Karriere. Generell ist das gesamte Bewerberverhalten oft gekennzeichnet durch Unzuverlässigkeit, Desinteresse, fehlende Unterlagen, unrealistische Gehaltsforderungen und so weiter. Diese Situation ist heute Realität und fast jede Firma beziehungsweise jeder Personaler kann ein Lied davon singen. Nachdem heute in unserer Gesellschaft ein Trend zu Unverbindlichkeit, Unzuverlässigkeit, mangelnder Wertschätzung, schwindendem Respekt und fehlenden Umgangsformen festzustellen ist, bleibt davon natürlich auch die Personalarbeit nicht verschont. Digitalisierung fördert Unverbindlichkeit Die vielgeliebte und herbeigesehnte Digitalisierung verstärkt diese Problematik noch. Wenn man ohne großen Aufwand nur per Knopfdruck einen Lebenslauf durch die Social-Media-Welt jagt, die Bewerbung nicht mehr individuell auf die Ausschreibung angepasst wird und kein Motivationsschreiben nötig ist, kann es zu den genannten Verhaltensweisen kommen. Wir erleben oft die Situation, dass Bewerber, die sich so auf dem Arbeitsmarkt tummeln, gar nicht mehr wissen, wo beziehungsweise dass Ihre Bewerbung irgendwo vorliegt. Ältere Bewerber sind zuverlässiger Gerne wird auch darüber diskutiert, ob und in welchen Altersgruppen/Generationen, Funktions- oder Arbeitsbereichen Ghosting sowie anderes negatives Verhalten stärker zu finden ist. Abgesehen davon, dass es kaum möglich ist, hierfür wirklich statistisch relevante Daten zu erhalten, können wir aus unserer umfangreichen Erfahrung sagen, dass diese Probleme grundsätzlich überall zu finden sind. Allerdings lässt sich schon eindeutig feststellen, dass sich im Managementbe- reich und mit zunehmendem Lebensalter das Bewerberverhalten überwiegend weit positiver darstellt. Apropos Bewerberverhalten – eigentlich sollte jedem Bewerber klar sein, dass dieses Kriterium ein ganz wesentlicher Baustein in der Bewerberbeurteilung ist. Deshalb halten wir unter anderem auch Online-Interviews nur eingeschränkt für geeignet, um sich beispielsweise über grundsätzliche Themen auszutauschen oder konkrete fachliche Aspekte zu klären. Eine relevante Einschätzung etwa der Persönlichkeit, der Integrationsfähigkeit oder der Umgangsformen in einem Videointerview zu treffen, ist kaum möglich. Ein Personaler möchte die Ernsthaftigkeit des Bewerbers erkennen und erfahren, warum dieser sich für die Stelle und das Unternehmen bewirbt, was ihn bewegt, ihn interessiert. Darüber gibt natürlich sein Verhalten während des gesamten Bewerbungsverfahrens Aufschluss. Ein den Wertemaßstäben unserer Gesellschaft entsprechender persönlicher, fairer und offener Dialog ist immer noch die beste Grundvoraussetzung für eine gute und haltbare Zusammenarbeit. Bild: wirth + partner Udo Wirth wirth + partner www.wirth-partner.com Quality Engineering » 04 | 2023 13