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Quality Engineering 04.2023

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SPECIAL » Fertigungsmesstechnik » Interview Interview mit Renishaw-Geschäftsführer Heiko Müller „Messtechnik macht die Automation der spanenden Fertigung möglich“ Der Ausbau des Standorts in Pliezhausen, die gute Auftragslage in Deutschland sowie die aktuellen Trends in der Fertigungsmesstechnik – das sind die Themen, über die wir mit Heiko Müller, Geschäftsführer von Renishaw, im Vorfeld der EMO gesprochen haben. » Sabine Koll Brexit, Lieferkettenprobleme durch Corona, Ukrainekrieg, der Umbruch in der Automobilwirtschaft in Richtung E-Mobilität: Welche Auswirkungen hatte beziehungsweise hat dies auf das Messtechnik-Geschäft von Renishaw in Deutschland? Heiko Müller: Gerade der Brexit hat für uns als Unternehmen mit Hauptsitz in England viele Veränderungen gebracht, denn seitdem können die europäischen Tochtergesellschaften die Produkte aus England nicht mehr direkt ohne Zoll einführen. Wir mussten also umdenken. Für die deutsche Organisation hat dies auch Vorteile gebracht, denn wir übernehmen in Pliezhausen einige Zentralfunktionen für die EMEA-Region: Wir haben einen Service-Hub, in dem wir Produkte für unsere Kunden reparieren und überholen, für Europa aufgebaut. Wir haben dafür neue Mitarbeiter eingestellt, die in der Lage sind, unsere Produkte zu reparieren, zu prüfen und zu kalibrieren. Das Service- Geschäft wird weiter wachsen, wir sehen in diesem Bereich Wachstumspotenzial. Die ersten europäischen Landesgesellschaften – Niederlande, Frankreich, Italien – sind bereits an unseren neuen Service- Bild: Markus Krüger/Renishaw Heiko Müller, Geschäftsführer von Renishaw, freut sich, dass der Standort Pliezhausen vom Brexit profitiert hat: Hier wurde bereits der Service-Hub aufgebaut, und nun entsteht noch ein neues automatisiertes Logistikcenter für Neuprodukte und Ersatzteile. Beide bedienen die EMEA-Region. 46 Quality Engineering » 04 | 2023

Hub angebunden, nun folgen die anderen Länder sukzessive. Innerhalb der Renishaw-Gruppe ist die Renishaw GmbH mittlerweile ein äußerst wichtiger Standort für Logistik, Service Vertrieb und Anwendungstechnik mit hervorragend ausgebildeten, hochqualifizierten Fachkräften. Das heißt, Sie investieren hier kräftig? Müller: Ja, es gibt ein aktives Bekenntnis in unseren Standort: Deutschland ist der wichtigste Markt in Europa für Renishaw. In Summe werden wir einen zweistelligen Millionenbetrag in den nächsten Jahren in die Renishaw GmbH investieren. Denn außerdem entsteht in Pliezhausen ein neues automatisiertes EMEA-Logistikcenter für Neuprodukte und Ersatzteile. Die Räumlichkeiten dafür sind vorhanden. Deswegen war es eine logische Konsequenz, dass wir die beiden Zentralfunktionen übernehmen. In dem Zug haben wir uns vor dem Hintergrund unserer unternehmensweiten Nachhaltigkeitsstrategie auch die Gebäude in Pliezhausen angeschaut und uns zur Sanierung der Gebäude sowie einer Abkehr kohlenstoffhaltiger Energieträger entschlossen. Renishaw schließt das Geschäftsjahr immer Ende Juni ab. Das heißt, für das gesamte Geschäftsjahr 2023 liegen noch keine Ergebnisse vor. Können Sie uns dennoch verraten, wie sich das Geschäft mit der Messtechnik entwickelt hat? Müller: Im Geschäftsjahr 2022 hat die Renishaw Gruppe den Umsatz um 19 % gesteigert, in der EMEA-Region sogar um 22 %. In der ersten Hälfte des gerade abgeschlossenen Geschäftsjahres – also von Juli bis Dezember 2022 – stieg der Umsatz um 7 %. Die Zuwächse sind vor allem getragen durch unser Geschäft im Bereich der Werkzeugmaschinen. Auch der Absatz von Wegmesssystemen hat erneut stark zugelegt. Im Bereich der Koordinatenmesstechnik freuten wir uns über Wachstum im Endkundenbereich. Insgesamt blicken wir sehr zufrieden auf das abgelaufene Geschäftsjahr – wenngleich in den vergangenen Monaten die Dynamik im Auftragseingang gefehlt hat. »Es gibt ein aktives Bekenntnis in unseren Standort: Deutschland ist der wichtigste Markt in Europa für Renishaw. In Summe werden wir in Pliezhausen in den nächsten Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag investieren. Denn hier entsteht neben dem neuen Service-Hub ein neues automatisiertes EMEA-Logistikcenter für Neuprodukte und Ersatzteile. « Die EMO steht vor der Tür. Welche Entwicklungen beobachten Sie aktuell in der Fertigungsmesstechnik? Müller: In der spanenden Fertigung geht der Trend ganz klar in Richtung Prozessautomation – und dabei wird die Messtechnik mehr denn je mit einbezogen. Das ist dem Fachkräftemangel geschuldet, aber auch dem Wunsch, möglichst wenig Ausschuss zu produzieren. Hinzu kommt, dass Bauteile für die Elektromobilität deutlich geringere Toleranzen aufweisen. Außerdem befassen sich mit dem Thema Automation heute nicht nur Großserienhersteller, sondern auch Unternehmen, die Losgrößen von 50 bis 200 Stück fertigen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Automation muss flexibel sein. Und diese Anforderung wird auch an die Messtechnik gestellt. Wir kooperieren mit Werkzeugmaschinen-Herstellern, um industrielle Messtechnik in flexible Automationslösungen zu integrieren. Welche Produkte betrifft dies konkret? Müller: Das betrifft zum einen die In-Prozess-Messung mit unseren Messtastern und Laser-Werkzeugmesssystemen für Werkzeugmaschinen, die eine effiziente und ressourcenschonende Bearbeitung ermöglichen. Aber auch die prozessbegleitenden Messungen im Closed Loop mit unserem Prüfgerät Equator werden immer häufiger durchgeführt, wobei die Messwerte vom Equator an die Steuerung der Werkzeugmaschine zur Korrektur zurückgespielt werden. Eignet sich der Equator auch für Kleinserien? Müller: Grundsätzlich ist der Equator für die Überwachung von Großserien in der Produktion gedacht, aber es gibt auch Unternehmen, die ihn bei mittelgroßen Serien einsetzen. So hat sich ein Kunde von uns damit eingehend auseinandergesetzt und nutzt den Equator sehr flexibel für ein definiertes Teilespektrum. Die Voraussetzung schafft er dadurch, dass die jeweiligen Programme erstellt sind und die Masterteile am Prüfgerät bereit stehen. Bild: Renishaw Renishaw hat vor zwei Jahren die Software des Equator für andere Hersteller geöffnet, sodass das flexible Prüfgerät nun beispielsweise auch unter Calpyso von Zeiss, WM Quartis von Wenzel oder PC-DMIS von Hexagon läuft. Quality Engineering » 04 | 2023 47

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