Zdirekt! 02-2021
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DAS FACHMAGAZIN FÜR ZEITARBEIT <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
RICHTUNGSWAHL<br />
FÜR ZEITARBEIT
2<br />
EDITORIAL<br />
Zeitarbeitsbranche braucht<br />
politische Planungssicherheit<br />
In den vergangenen fünf Legislaturperioden standen<br />
stets auch Veränderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG) auf der Tagesordnung des Bundestages.<br />
Mal ging es um Liberalisierungen, wie die<br />
Abschaffung der Höchstüberlassungsdauer, mal gab es<br />
Anpassungen an EU-Richtlinien, dann wurde eine Lohnunterschranke<br />
allgemeinverbindlich normiert oder mit<br />
der letzten AÜG-Reform wieder eine Rolle rückwärts<br />
mit vormaligen Restriktionen vorgenommen. Selbst ein<br />
faktisches Einsatzverbot von Zeitarbeit in der Fleischindustrie<br />
war leider kein Tabu mehr – wie bislang nur im<br />
Bauhauptgewerbe grundsätzlich vorgesehen.<br />
Dieses Hü und Hott führt dazu, dass die Personaldienstleistungsbranche<br />
immer wieder in den Fokus von kontroversen<br />
Debatten gerät und der Eindruck vermittelt<br />
wird, hier gehe es um Akteure, die stets neu gesetzlich<br />
eingehegt werden müssten. Anlass für die Aktivitäten<br />
des Gesetzgebers waren aber nur einzelne krasse<br />
Vorfälle, wie etwa bei Schlecker oder Tönnies, die verallgemeinert<br />
wurden, um Handlungsdruck zu rechtfertigen.<br />
Nach dem Motto: mitgehangen, mitgefangen.<br />
Zum Leidwesen aller anständig arbeitenden Zeitarbeitsunternehmen.<br />
Wird sich diese fatale Ungewissheit in der „Quo-vadis-<br />
Frage“ auch in der nächsten Wahlperiode einstellen?<br />
Schaut man in die Programme der Parteien zur Bundestagswahl<br />
findet man ein breites Spektrum an Forderungen<br />
– vom Verbot der „Leiharbeit“ über Einsatzquoten<br />
beziehungsweise Entgeltregelungen („Equal pay nebst<br />
Flexibilitätsprämien“) und Abschaffung der Tariföffnungsklausel<br />
bis zum Erhalt des Status quo oder vorsichtigen<br />
Reformschritten, wie die Abschaffung der<br />
Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Als Branchen-Arbeitgeberverband<br />
sind wir parteipolitisch<br />
neutral und rufen nicht zur Stimmabgabe für eine bestimmte<br />
Partei auf. Aber wir haben klare Auffassungen,<br />
welche positiven Beiträge die Zeitarbeit für den<br />
Beschäftigungsmarkt und die Gesellschaft insgesamt<br />
leisten kann, wenn bestimmte Leitplanken beachtet<br />
werden. Diese haben wir in Wahlprüfsteinen an die<br />
Parteien und Kandidaten für den neuen Bundestag<br />
zusammengefasst.<br />
Die Bundesregierung steht vor gewaltigen Aufgaben.<br />
Es geht nicht nur um den Klimawandel, sondern auch<br />
um den grundlegenden (digitalen) Strukturwandel in<br />
der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Eigentlich<br />
wären für solche Probleme die Mehrheiten einer kompromissfähigen,<br />
großen, aber nicht nur dualen Koalition<br />
nötig. Fest steht aus unserer Sicht: Wer die Wege in die<br />
Zeitarbeit zukünftig noch schmaler machen will, wer<br />
Verbotsschilder auf diesen Pfaden aufstellen will oder<br />
Zerrbilder über unsere Branche entwirft, der verspielt<br />
die Integrationschancen vieler Menschen und handelt<br />
auch volkswirtschaftlich unverantwortlich. Denn gerade<br />
auch in der Corona-Pandemie haben wir wieder<br />
gezeigt: Wir sind nicht das Problem, sondern wichtiger<br />
Bestandteil von Lösungen. Die Branche steht für Flexibilität<br />
und (tarifierte) Sicherheit und hat es verdient,<br />
auch von der Politik als (schadstofffreier) Antriebsmotor<br />
gefördert, statt gedrosselt zu werden.<br />
RA Werner Stolz | iGZ-Hauptgeschäftsführer
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
INHALT 3<br />
Inhalt<br />
EDITORIAL ..................................................................................................... 2<br />
KOMPAKT ...................................................................................................... 4<br />
TITELTHEMA<br />
Richtungswahl für Zeitarbeit – was wäre wenn ........................................... 6<br />
Zeitarbeit im Bundestagswahlkampf – was der iGZ fordert ........................ 8<br />
Wahlprogramme im Check – die Rolle der Zeitarbeit ................................ 11<br />
Kanzlerkandidaten im Check – wer wo überzeugt .................................... 14<br />
Bundestagswahlkampf 2<strong>02</strong>1 – die Sicht des Wahlforschers ...................... 18<br />
Wahlkämpfe der Vergangenheit – Rezzo Schlauch blickt zurück.................... 20<br />
So funktioniert politisches Engagement ..................................................... 22<br />
Wahlkampf in der Zeitarbeit – ein Ortsbesuch .......................................... 24<br />
Vorsicht – Vorurteile gegen die Zeitarbeit .................................................. 26<br />
Erfolgsmodell Zeitarbeit – mit Bundestagsabgeordneten diskutiert ........ 28<br />
GASTBEITRAG<br />
Die Causa Fleisch – wie sie Prof. Thüsing sieht .......................................... 30<br />
CORONAKRISE<br />
Optimistisch trotz Umsatzeinbußen ...............................................................<br />
DIGITAL UNTERWEGS<br />
iGZ-Mitgliederversammlung – Schubert bestätigt ..................................... 35<br />
iGZ-Bundeskongress – live aus dem Greenscreen-Studio .......................... 36<br />
iGZ-Bundeskongress – Ich glaub`, mein Schwein pfeift ............................. 38<br />
iGZ-Forum Personalmanagement – das neue Normal ............................... 40<br />
32<br />
BILDUNG<br />
Zeitarbeit in der Handball-Bundesliga ......................................................... 42<br />
PDK: Vier neue Azubi-Botschafter .............................................................. 44<br />
Sommer der Berufsausbildung – Mitmachen gewollt ............................... 46<br />
AKTIV<br />
Werbefläche für den guten Zweck – Kunst auf dem Rad ......................... 48<br />
Matchtime-personal.de – passende Zeitarbeitnehmer finden .................. 50<br />
Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen erfolgen geschlechterunabhängig. Sie werden ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwendet.
4<br />
KOMPAKT<br />
<strong>Zdirekt</strong>! für mediaV-Award nominiert<br />
DAS FACHMAGAZIN FÜR ZEITARBEIT <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>0<br />
LICHTBLICKE<br />
in der Coronakrise<br />
Gleich für zwei Kategorien ist der iGZ für den mediaV-Award<br />
nominiert: für die beste Verbandszeitschrift und für das beste<br />
Titelbild. In der ersten Hochphase der Pandemie hatte sich<br />
der iGZ dazu entschlossen, Lichtblicke für die Zeitarbeit in<br />
der Coronakrise zu suchen und abzubilden. Das Titelbild der<br />
Ausgabe 2/2<strong>02</strong>0 zeigt unter dem Motto „Lichtblicke in der<br />
Coronakrise“ echte Gesichter von Zeitarbeitskräften aus der<br />
Kampagne „Zeitarbeit: Eine gute Wahl. In der Krise.“ – ganz<br />
so wie unsere Branche ist: vielseitig, kompetent und flexibel.<br />
Die <strong>Zdirekt</strong>! erfüllt den klassischen Anspruch eines Verbandsmagazins,<br />
über News aus dem Verbandsleben zu berichten.<br />
Als Fachmagazin beleuchtet es aber vor allem arbeitsmarktpolitisch<br />
relevante Themen und liefert Handlungshilfen für<br />
Personaldienstleister.<br />
CORONA-SCHATTEN:<br />
Kommt ein Verbot der Zeitarbeit<br />
in der Fleischwirtschaft?<br />
Mit dem mediaV-Award – ausgelobt vom Fachmagazin Verbändereport<br />
– werden herausragende Kommunikationsprojekte<br />
von Verbänden und<br />
Organisationen geehrt. Die<br />
Verleihung findet am 30. August<br />
statt.<br />
Nominiert für Beste Zeitschrift/<br />
Bestes Magazin 2<strong>02</strong>1<br />
Evaluation der AÜG-Reform<br />
Vor vier Jahren ist das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG) in Kraft getreten. Gemäß § 20<br />
AÜG wird es derzeit im Auftrag des Bundesministeriums für<br />
Arbeit und Soziales (BMAS) evaluiert und die Wirksamkeit der<br />
Neuregelung des Gesetzes überprüft. Durchgeführt wird der<br />
Forschungsauftrag von der Bietergemeinschaft Institut für Angewandte<br />
Wirtschaftsforschung (IAW) an der Universität Tübingen<br />
und dem infas – Institut für angewandte Sozialforschung. Der<br />
iGZ hat den mitverantwortlichen Kooperationspartner Prof. Dr.<br />
Lutz Bellmann nach einem Zwischenstand gefragt. Die Antwort:<br />
„Unser Vertrag mit dem BMAS legt fest, dass die Bearbeiter des<br />
Forschungsvorhabens bis zu einer Veröffentlichung durch das<br />
Ministerium zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.“ Ergebnisse aus den Befragungen von Zeitarbeitsunternehmen<br />
und -kräften, Kundenbetrieben, Branchenexperten sowie Arbeitgeberverbänden und<br />
Gewerkschaften werden also wohl erst im kommenden Jahr veröffentlicht.
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
KOMPAKT 5<br />
DER iGZ-PODCAST<br />
ZUR ZEITARBEIT<br />
Die neueste Episode des iGZ-Verbandspodcasts steht<br />
ganz im Zeichen der Veränderung. Auf zu neuen Ufern<br />
hat sich Marcel Speker gemacht: Der bisherige Leiter<br />
des iGZ-Fachbereichs Kommunikation verlässt den Verband<br />
nach mehr als zehn Jahren und übernimmt die<br />
Leitung des Ludwig-Windthorst-Hauses in Lingen, einer<br />
der größten Heimvolkshochschulen in Niedersachsen.<br />
Verbandelt-Gastgeberin Sara Schwedmann sprach mit<br />
ihm über seine Erfahrungen in der Zeitarbeit, darüber,<br />
was die Branche ausmacht und wo er ihre und die<br />
Zukunft des iGZ sieht. Zu hören auf allen gängigen<br />
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6<br />
TITELTHEMA<br />
RICHTUNGSWAHL<br />
FÜR ZEITARBEIT<br />
Richtungswahl – was ist das eigentlich? Per Definition<br />
eine Wahl, von der eine Wende in der<br />
politischen Richtung erwartet wird. Wird die<br />
Bundestagswahl am 26. September eine Richtungswahl<br />
sein? Fakt ist: Die Ära Merkel endet.<br />
Doch wer schreibt dann neue Geschichte im Bundeskanzleramt?<br />
Und wie steht derjenige – oder<br />
diejenige – zur Zeitarbeit?
Z direkt! 01/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 7<br />
Nicht der Wind bestimmt die Richtung, sondern die<br />
Stellung der Segel – das wissen nicht nur Könner von<br />
Halsen und Wenden. Das Sprichwort dient als Metapher<br />
für so viele Themen und Herausforderungen unserer<br />
Zeit – und zeigt gleichzeitig aber auch auf, dass<br />
jeder Einzelne seinen Beitrag leisten kann. Für unsere<br />
Zukunft macht es einen Unterschied, welchen Kurs wir<br />
heute setzen – egal, ob uns der Wind ins Gesicht bläst,<br />
er von der Seite kommt, er kalt und nass ist oder uns<br />
im besten Fall von hinten antreibt. Im September wählt<br />
Deutschland eine neue Regierung – und damit eine<br />
neue Zukunft. Eine Richtungswahl für unsere Branche,<br />
denn die Mächte an der Entscheidungs-Pinne – um im<br />
Boot zu bleiben – werden danach andere sein.<br />
Umso wichtiger ist es, im Vorfeld der Wahl allen (potenziellen)<br />
politischen Beteiligten klarzumachen, was<br />
die Zeitarbeit ist und wofür wir als Branche stehen.<br />
Zeitarbeit als flexible Beschäftigungsform ist ein unverzichtbares<br />
Element in der modernen Arbeitswelt. Sie<br />
ermöglicht es den Unternehmen und der Wirtschaft,<br />
effizient und flexibel auf eine volatile Nachfrage zu<br />
reagieren und sich gleichzeitig auch bestmöglich zu<br />
spezialisieren. Dazu bedarf es aber guter, moderner und<br />
kluger Rahmenbedingungen. Unternehmen brauchen<br />
Zutrauen und Freiraum, sie brauchen Luft zum Atmen,<br />
Experimentieren und Wachsen, statt immer neuer Regularien<br />
und Vorschriften.<br />
Laut einer Blitzumfrage des Marktforschungsunternehmens<br />
Lünendonk & Hossenfelder zu Beginn dieses Jahres<br />
rechnet ein Drittel der befragten Personaldienstleister<br />
mit einer weiteren Regulierung der Zeitarbeit nach der<br />
Bundestagswahl. Von einer Liberalisierung gehen hingegen<br />
14 Prozent aus. Dieser „geschäftsfreundlichere“<br />
Ansatz wird vor allem von CDU / CSU und FDP erwartet,<br />
wohingegen regulierende Maßnahmen mit einer Regierungsbeteiligung<br />
von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, Die<br />
Linke oder SPD in Verbindung gebracht werden.<br />
Wie stark soll der Staat in den Arbeitsmarkt eingreifen<br />
und wie viel überlässt er den Marktkräften sowie den<br />
Tarifparteien und Sozialpartnern? Vor allem an diesem<br />
Punkt scheiden sich die Ansichten der politischen Parteien:<br />
SPD und Grüne setzen auf klare staatliche Reglementierung.<br />
Ihre Wahlprogramme überschneiden sich<br />
in einigen Punkten, angefangen bei der Forderung nach<br />
zwölf Euro Mindestlohn über ein Recht auf Homeoffice<br />
und Weiterbildung bis hin zur härteren Regulierung der<br />
Zeitarbeit, wie Equal Pay ab dem ersten Tag. Die Union<br />
von CDU / CSU will flexible Arbeitsverhältnisse wie Zeitarbeit,<br />
Werkverträge und sachgrundlos befristete Jobs<br />
weitgehend beibehalten. Die Liberalen der FDP wollen<br />
die Zeitarbeit erleichtern.<br />
Letzteres begrüßt der iGZ natürlich. Denn die Coronakrise<br />
hat die Zeitarbeitsbranche hart getroffen. So langsam<br />
geht es wieder aufwärts: Nach dem coronabedingten<br />
Rückgang sind derzeit viele Unternehmen wieder verstärkt<br />
auf Mitarbeitersuche, wie das Beschäftigungsbarometer<br />
des Münchner Forschungsinstituts ifo zeigt. Vor<br />
allem Betriebe aus dem Maschinenbau und der Elektroindustrie<br />
wollen demnach neue Stellen schaffen und<br />
besetzen. Aber auch im Handel macht sich nach ifo-<br />
Angaben vorsichtig eine positive Tendenz bemerkbar.<br />
Eine Bundestagswahl ist vor allem auch eine Personenwahl.<br />
Längst bringen sich die aussichtsreichsten<br />
Kandidaten in Stellung – oder versuchen, nicht allzu<br />
sehr in den Gegenwind aus gegnerischer Richtung zu<br />
geraten. Wie zuletzt die Grünen-Spitzenkandidatin Annalena<br />
Baerbock, die sich nach den Plagiatsvorwürfen<br />
in einer Glaubwürdigkeitsdiskussion wiederfindet. Wie<br />
die einzelnen Kanzlerkandidaten zum Thema Zeitarbeit<br />
stehen, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Aber auch<br />
Wahlforscher Jürgen W. Falter kommt zu Wort und<br />
ordnet den Wahlkampf ein – und wir blicken mit dem<br />
ehemaligen Grünen-Politiker Rezzo Schlauch – dem Co-<br />
Architekten der Arbeitsmarktreformen unter „Mister<br />
Zeitarbeit“ Wolfgang Clement – auf die Wahlkämpfe<br />
der vergangenen zwanzig Jahre zurück. Der Wahlkampf<br />
in der Zeitarbeit vor Ort und wie sich Zeitarbeitsunternehmen<br />
für die Branche politisch engagieren können,<br />
sind weitere Themen dieser <strong>Zdirekt</strong>!-Ausgabe. Auf unserer<br />
Doppelseite in der Heftmitte räumen wir mit Vorurteilen<br />
gegen die Zeitarbeit auf – plakativ, auch zum<br />
Aufhängen an jede (Wahl-)Büro-Wand. Nicht der Wind<br />
bestimmt die Richtung, sondern die Stellung der Segel.<br />
Setzen wir die Segel und Leinen los in Richtung beste<br />
Zukunft für die Zeitarbeit. SaS
8<br />
TITELTHEMA<br />
Zeitarbeit im<br />
Bundestagswahlkampf<br />
Im September wird ein neuer Bundestag gewählt – in einer Zeit, in der wirtschaftlicher<br />
Aufschwung nach der Coronakrise zwingend notwendig ist. Deutschland hat<br />
den stärksten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts seit Beginn der vierteljährlichen<br />
Berechnungen im Jahr 1970 erlebt, die strukturelle Arbeitslosigkeit steigt und<br />
die Staatsverschuldung hat ein neues Rekordhoch erreicht. Für den Interessenverband<br />
Deutscher Zeitarbeitsunternehmen ist klar: Deutschland muss alle Kräfte<br />
bündeln, um schnell aus der Rezession zu gelangen und die Schäden für den<br />
Arbeitsmarkt, besonders für<br />
Geringqualifizierte,<br />
so klein wie möglich<br />
zu halten.<br />
Vor diesem Hintergrund stellt der iGZ folgende arbeitsmarktpolitische<br />
Forderungen für den kommenden Bundestagswahlkampf:<br />
Erfolgsmodell Zeitarbeit fördern<br />
Im dringend benötigten Wiederaufschwung nach der Coronakrise<br />
sind die Unternehmen auf flexible Instrumente angewiesen, um<br />
Wachstum abzusichern. Die Zeitarbeit gewährleistet dies mit tariflich<br />
geregelter Sicherheit für die Beschäftigten. Dieses Erfolgsmodell muss<br />
gefördert werden.<br />
Diskussion um sektorale Einsatzverbote beenden<br />
Viele Menschen wählen bewusst die Beschäftigungsform Zeitarbeit.<br />
Gleichwohl gibt es in politischen Bereichen Tendenzen, sektorale<br />
Einsatzverbote für die Arbeitnehmerüberlassung zu fordern. Diese<br />
Diskussionen müssen beendet werden.<br />
Zeitarbeitsverbot in Bauhauptgewerbe und Fleischindustrie<br />
beseitigen<br />
Im Bauhauptgewerbe gibt es immer noch ein faktisches Zeitarbeitsverbot,<br />
ebenso bei der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen und<br />
in der Fleischindustrie. Diese antiquierten und verfassungsrechtlich<br />
zweifelhaften Branchenrestriktionen müssen aufgehoben werden.<br />
Höchstüberlassungsdauer abschaffen<br />
Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft hat ergeben, dass<br />
rund ein Drittel der Zeitarbeitskräfte wegen der Höchstüberlassungsdauer<br />
aus ihrem Kundeneinsatz abgemeldet worden ist – verbunden<br />
mit Gehaltseinbußen. Die Höchstüberlassungsdauer muss abgeschafft<br />
werden.
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 9<br />
Kurzarbeit generell für die Zeitarbeit öffnen<br />
In der Coronakrise hat sich die monatliche Auszahlung<br />
von Kurzarbeitergeld an bis zu 142.000 Beschäftigte<br />
der Zeitarbeitsbranche als das effektivste Mittel erwiesen,<br />
um Arbeitsplätze auch in dieser Branche zu erhalten.<br />
Das Instrument muss auch regulär für die Zeitarbeit<br />
geöffnet werden.<br />
Schriftform- durch Textformerfordernis ersetzen<br />
Das Schriftformerfordernis im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
ist ein Relikt aus analogen Zeiten. Der<br />
Ersatz durch Textform würde jegliche Kontrollmöglichkeiten<br />
erhalten und zugleich enormen bürokratischen<br />
Aufwand beseitigen. Die Schriftform muss durch eine<br />
zeitgemäße Textform ersetzt werden.<br />
(Nach-)Qualifizierung fördern<br />
Zeitarbeit ist eine wichtige Integrationshilfe für Berufseinsteiger,<br />
Migranten, Flüchtlinge, Geringqualifizierte,<br />
(Langzeit-)Arbeitslose etc. Die (Nach-)Qualifizierung<br />
dieser Personenkreise muss intensiv gefördert werden.<br />
Tarifverträge respektieren<br />
Die Zeitarbeitsbranche zeichnet sich durch ein flächendeckendes,<br />
gut austariertes System von Tarifverträgen<br />
aus. Im Interesse der Tarifautonomie müssen diese Regeln<br />
zwischen DGB-Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden<br />
iGZ und BAP ohne weitere gesetzliche<br />
Eingriffe respektiert werden.<br />
WAHLPRÜFSTEINE AN<br />
PARTEIEN VERSCHICKT<br />
Der iGZ hat seine Forderungen als Wahlprüfsteine<br />
an die Parteien verschickt. Über deren<br />
Reaktionen wird der Verband beizeiten berichten.<br />
Die Parteien haben<br />
aber vorab im iGZ-Blog<br />
Stellung bezogen – die<br />
Blogbeiträge sind zu<br />
lesen unter www.igzeitarbeit.de/presse/<br />
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TITELTHEMA 11<br />
Bundestagswahl 2<strong>02</strong>1<br />
Was die Parteien wollen<br />
Die Parteien haben ihre Programme für die Bundestagswahl am 26. September beschlossen.<br />
Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen hat sich die<br />
Programme näher angeschaut – mit der Frage: Welche Rolle spielt die Zeitarbeit in<br />
den politischen Planungen? Das Ergebnis: Zeitarbeit nimmt bei allen Parteien eine<br />
wichtige Rolle ein. Bei der Ausgestaltung dieser Rolle gehen die Meinungen aber weit<br />
auseinander. Dass es Veränderungen für die Zeitarbeitsbranche in der kommenden<br />
Legislaturperiode geben wird, steht also fest. Die Richtung jedoch ist offen!<br />
© Deutscher Bundestag | Thomas Trutschel | photothek.net
12<br />
TITELTHEMA<br />
Aus Respekt vor deiner Zukunft.<br />
Zeitarbeitnehmer sollen ab dem ersten Tag den gleichen Lohn wie Festangestellte<br />
erhalten. Zudem soll es mehr „echte“ Mitbestimmungsrechte<br />
beim Einsatz von Zeitarbeit geben.<br />
»Zeitarbeit wird zu Unrecht von der SPD ins<br />
Visier genommen. Anstatt die restriktiven<br />
Schrauben fester zu ziehen, müssten endlich ihre<br />
nachhaltigen Integrationserfolge anerkannt werden.<br />
Kein anderer Wirtschaftszweig hat im vergangenen<br />
Jahr so vielen Langzeitarbeitslosen den<br />
Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht wie<br />
die Zeitarbeitsbranche.«<br />
Das Programm für Stabilität und Erneuerung.<br />
Gemeinsam für ein modernes Deutschland.<br />
Die Union will Zeitarbeit erhalten. Sie betont, dass<br />
Zeitarbeit eine wichtige Brücke in den Arbeitsmarkt<br />
für Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose darstellt.<br />
Zudem wählen immer mehr Fachkräfte eine<br />
Tätigkeit in der Zeitarbeitsbranche. Konjunkturelle<br />
Schwankungen machen die Zeitarbeit zu einem<br />
wichtigen Flexibilisierungselement auf dem Arbeitsmarkt,<br />
welches nahezu vollständig tarifvertraglich<br />
geregelt ist.<br />
»Es ist erfreulich, dass die CDU die vielfältigen und wichtigen Funktionen<br />
von Zeitarbeit auf dem Arbeitsmarkt wertschätzt. Richtig ist, dass in Zeiten<br />
einer globalisierten Weltwirtschaft und volatiler Märkte, Flexibilisierungsinstrumente<br />
wie Zeitarbeit für deutsche Unternehmen unabdingbar geworden sind. Mit Blick<br />
auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel braucht es dennoch weitere Deregulierungsschritte,<br />
damit die Zeitarbeit ihr volles Potenzial entfalten kann.«
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 13<br />
Deutschland. Alles ist drin.<br />
Zeitarbeitnehmer sollen vom ersten Tag an den gleichen<br />
Lohn für gleiche Arbeit bekommen wie Stammbeschäftigte.<br />
Dazu kommt eine Flexibilitätsprämie.<br />
»Die Vorteile und Errungenschaften von Zeitarbeit für Beschäftigte und<br />
Unternehmen erkennen die Grünen nicht an. Anstatt dessen reduzieren<br />
sie Zeitarbeit auf das Abdecken von Auftragsspitzen und rechtfertigen damit weitere<br />
Regulierungsschritte. Es gibt aber nicht die eine Kernfunktion von Zeitarbeit.<br />
Vielmehr müssen die zahlreichen Funktionen für die unterschiedlichen Akteure –<br />
getreu der iGZ-Vision ›wählen, nutzen, wertschätzen‹ – Grundlage für eine<br />
Entfesselung der Zeitarbeit sein. Wenn die Grünen eine stärkere Eindämmung<br />
flexibler Beschäftigungsformen wie Zeitarbeit fordern, aber gleichzeitig mehr Arbeitszeitsouveränität<br />
für Beschäftigte etablieren wollen, entsteht ein Zielkonflikt.<br />
Wahlarbeitszeitmodelle für Arbeitnehmer schaffen Flexibilitäts-Mehrbedarfe bei<br />
Unternehmen. Für diesen Konflikt fehlt den Grünen bisher eine Antwort.«<br />
Nie gab es mehr zu tun.<br />
Die Freien Demokraten wollen die Tarifautonomie<br />
in der Arbeitnehmerüberlassung stärken. Um die<br />
Integrationsfunktion der Zeitarbeit in den Arbeitsmarkt<br />
zu verbessern, planen sie gesetzliche Sondervorschriften,<br />
wie die Höchstüberlassungsdauer,<br />
aufzuheben.<br />
»Der iGZ begrüßt die Position der FDP, dass Zeitarbeit dieselbe<br />
Wertschätzung erfahren sollte, wie jede andere sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigung auch. Die Einschätzung,<br />
dass Zeitarbeit Teilhabe für die Beschäftigten und Flexibilität für<br />
die Unternehmen sichert, ist richtig und sollte breitere Anerkennung<br />
erfahren.« DS
14<br />
TITELTHEMA<br />
Kanzlerkandidaten im Check:<br />
Wer wo überzeugt<br />
Am 26. September haben wir alle als Wähler die Qual der Wahl: Wer soll auf Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel folgen? Die vier Kanzler-Kandidaten der großen Volksparteien<br />
Bündnis 90 / Die Grünen, CDU / CSU, FDP und SPD stellen wir hier kurz vor –<br />
und beleuchten auch, wie sie zur Zeitarbeit stehen.<br />
Olaf Scholz<br />
„Scholzomat“ kann im politischen Geschäft nicht als<br />
liebevoller Kosename verstanden werden. 2003 bekam<br />
Olaf Scholz den Titel, da er Textbausteine auf<br />
Knopfdruck wiedergab – und zwar erkennbar. Dem<br />
Hamburger fällt es schwer, eine mitreißende politische<br />
Story zu erzählen, hinter der sich Massen versammeln<br />
können. Zwar sind Äußerungen aus seiner Juso-Zeit<br />
bekannt, die der Jobbeschreibung eines Jungsozialisten<br />
entsprechen: Die „kapitalistische Ökonomie“ wollte<br />
er „überwinden“ und die Bundesrepublik kritisierte er<br />
als „europäische Hochburg des Großkapitals“. Seiner<br />
Natur entsprach aber eher seine nachfolgende, grundsolide<br />
Existenz als langjähriger Anwalt und als Politiker,<br />
der die Tour durch die Parteiinstanzen ohne größere<br />
Auffälligkeiten durchlief.<br />
Das Rampenlicht erreichte ihn 20<strong>02</strong>, von Gerhard<br />
Schröder zum Generalsekretär ernannt. Schon damals<br />
verkündete dieser, Scholz „habe das Zeug zum Kanzler“.<br />
Ausgerechnet in der Hochzeit der Agenda 2010 bekam<br />
der Hamburger die Aufgabe, „die Sachentscheidungen<br />
der vergangenen Jahre (zu) ideologisieren“, wie er es<br />
selbst formulierte. Es gab wohl nichts, das ihm weniger<br />
gelegen hätte. Seine Wiederwahl mit nur 52,6 Prozent<br />
war die Quittung. Nach dem Rücktritt Gerhard Schröders<br />
als SPD-Vorsitzender 2004 verschwand Scholz wieder<br />
von der prominenten Bühne. Überwintert wurde fleißig<br />
und sachkundig in der zweiten Reihe in Bundestagsfraktion<br />
und Parteivorstand sowie kurzzeitig als Innensenator<br />
Hamburgs. Bundeskanzlerin Merkel, die als Synonym<br />
für Kompromisse hinter<br />
den Kulissen gelten kann<br />
und deren Sache visionäre<br />
Rhetorik auch nicht ist,<br />
wird es begrüßt haben, als<br />
die SPD Olaf Scholz 2007 für das sozialdemokratische<br />
Schlüsselressort Arbeit und Soziales im Bund auserkor.<br />
Hiernach, von 2011 bis 2018, die Regierung des kleinen<br />
Stadtstaats Hamburg zu führen, entsprach Scholz wohl<br />
sehr. Dennoch zog es ihn 2018 zurück nach Berlin in das<br />
mächtige Amt des Bundesfinanzministers – und zur erfolglosen<br />
Kandidatur um den SPD-Vorsitz.<br />
Solide im Hintergrund – so war Olaf Scholz bisher erfolgreich<br />
und so wurde er Kanzlerkandidat. Grundsätzlich<br />
dem moderaten SPD-Lager zugehörig, war sein<br />
arbeitsmarktpolitisches Wirken von der Finanz- und<br />
Wirtschaftskrise geprägt. Staatliche Hilfen in schwierigen<br />
Zeiten waren ihm bereits vor Corona vertraut. Die<br />
Schröder-Reformen hat er detailorientiert und nüchtern<br />
verteidigt. Kürzlich sprach er kritisch von „Leasingkräften“,<br />
„also einer Art Leiharbeit“ in der Pflege. Als Aktenwurm<br />
sollte er mehr Detailwissen vortragen. BT<br />
Foto: Bundseministerium für Finanzen
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 15<br />
Armin Laschet<br />
„Wir müssen uns nicht nur hinterher in die Augen<br />
schauen, sondern gemeinsam kämpfen.“ Markus Söder<br />
hat verloren. Armin Laschet ist Kanzlerkandidat der Union.<br />
Geht es nach ihm, wird er im September Chef der<br />
Bundesregierung, wie er vorher Ministerpräsident von<br />
Nordrhein-Westfalen und CDU-Parteivorsitzender geworden<br />
ist. Einfach stehenbleiben, wenn es hart wird.<br />
„Seine große Stärke sind die vielen Ideen, die er tagtäglich<br />
hat, doch mangelt es ihm gelegentlich an Durchsetzung“,<br />
heißt es in seinem Horoskop. Ein Beispiel<br />
gibt der Spitzenkandidat gleich mit dem Brücken-Lockdown,<br />
schnell in die TV-Kamera geworfen, doch von<br />
der Kanzlerin gestoppt. Typisch für den Wassermann-<br />
Geborenen, doch er steht auch für Offenheit. „Transparenz“<br />
möchte der 60-Jährige, „Lebendigkeit in der<br />
Demokratie“, den „Dialog“. „Das Leben der Menschen<br />
konkret verbessern!“ – „Nicht nur reden, sondern zuhören<br />
– entscheiden und handeln.“ Dies seien die drei<br />
Leitlinien, die ihn prägen, sagt der Ex-Jurastudent, der<br />
von seiner Geburt bis heute in Aachen lebt, sein braunes<br />
Reihenhaus nicht tauschen möchte und Bodenständigkeit<br />
als Image verkauft.<br />
„Die Zukunft der Menschen gestalten“ will der ehemalige<br />
Integrations- und Familienminister von NRW. Seine<br />
Erfahrungen in diesen zentralen Fragen könnten helfen.<br />
Denn die Nach-Pandemiezeiten werden die alten Fragen<br />
wieder auf die Tagesordnung setzen: Fachkräftemangel,<br />
Integration der Migranten, Frauenförderung und<br />
das Klima. Hier hält sich Laschet als Ministerpräsent des<br />
größten Bundeslandes mit Kohlebau-Problemen bisher<br />
im Hintergrund. Oder wenn es um Skandale geht: Als<br />
beim Fleischverarbeiter Tönnies Corona ausbrach, deckte<br />
der breite Rücken seines Arbeits- und Gesundheitsministers<br />
Karl-Josef Laumann den Chef. Armin Laschet<br />
ist auf seine Art ein „politisches Phänomen“. Die meisten<br />
Politiker hätten ihre Ambitionen bereits begraben,<br />
erst musste er Friedrich Merz beim Kampf um die CDU-<br />
Spitze aus dem Weg räumen, dann Söder. Bei seinem<br />
Coup, den ambitionierten Bundesgesundheitsminister<br />
Jens Spahn zum Verzicht zu bewegen, zeigte er seinen<br />
Machtinstinkt. Laschet ließ den bayerischen Ministerpräsidenten<br />
Söder auf das Berliner Spielfeld laufen, der<br />
riss den Ball an sich. Doch Laschet verzögerte das Spiel,<br />
ließ immer wieder quer spielen, bis der Bayer endlich<br />
wieder an die CDU abgab. Dass Laschet Friedrich Merz<br />
jetzt in sein Team holt, wieder ein Pass in die Tiefe,<br />
diesmal der CDU, denn nur gemeinsam können die<br />
Unionisten das Spiel noch gewinnen. Abpfiff ist am 26.<br />
September um 18 Uhr. AR<br />
Foto: CDU / Laurence Chaperon
16<br />
TITELTHEMA<br />
Annalena Baerbock<br />
„Ja, ich war noch nie Kanzlerin, auch noch nie Ministerin.“<br />
Aber die Politik lebe vom Wechsel. „Ich trete an<br />
für Erneuerung, für den Status quo stehen andere.“ Annalena<br />
Baerbock ist selbstbewusst. Negatives kann die<br />
erste Kanzlerkandidatin von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN<br />
ausblenden und punktet damit: „Sie hat vermutlich dieselbe<br />
Qualität wie Angela Merkel, immer unterschätzt<br />
worden zu sein“, schreibt die französische Tageszeitung<br />
„Liberation“.<br />
© www.gruene.de<br />
Die Brandenburgerin hält auch nach der historischen<br />
Kandidatenkür mit – oder gegen – Robert Habeck, den<br />
charismatischen, regierungserfahrenen Nordländer,<br />
an ihrem Leitspruch fest: Ehrlichkeit, Transparenz und<br />
Toleranz. Erst 2005 steigt Baerbock bei den Grünen<br />
ein, parallel zum Masterstudium an der renommierten<br />
Londoner „School of Economics“. 2013 geht es in<br />
den Bundestag, seit 2018 ist die Mutter zweier Töchter<br />
Parteichefin – neben Habeck, ehemals Umweltminister<br />
in Schleswig-Holstein. Jetzt soll die 40-Jährige Bundeskanzlerin<br />
werden. Bis zu 28 Prozent erringen die<br />
Grünen in Umfragen, da kann es auch einer erfahrenen<br />
Trampolinspringerin schwindelig werden.<br />
Nur wer das Vertrauen der Bürger genießt, wird gewählt.<br />
Nur wer sich auf seine Minister verlassen kann,<br />
bleibt Regierungschef. An elf Landesregierungen sind<br />
die Grünen beteiligt, die CDU / CSU bringt es nur auf<br />
acht. Kaum eine Machtoption geht ohne die Klimaverfechter,<br />
die es vom linken Rand in die bürgerliche<br />
Mitte geschafft haben. Vorbei die Zeit als Farbbeutel in<br />
Delegiertenversammlungen auf Vordenker wie Joschka<br />
Fischer flogen, heute werden linke Krawalle wie am 1.<br />
Mai scharf kritisiert. „Barrikaden anzuzünden und gewaltsam<br />
auf Polizistinnen und Polizisten loszugehen, ist<br />
kriminell und in keinster Weise akzeptabel“, kommentierte<br />
Baerbock. Noch setzen die Grünen nicht überall<br />
derartige Ausrufezeichen. Das Wahlprogramm kommt<br />
unkonkret daher, eine Lernerfahrung aus dem Wahlkampf<br />
2017, wo die Grünen vorher alles durchgerechnet<br />
hatten und jede Zahl zerpflückt wurde. „Deutschland.<br />
Alles ist drin“ heißt trotzdem der Titel. Und er ist variabel.<br />
Als das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel<br />
kippte, rutschte die Forderung gleich auf die<br />
Liste der Grünen. Angst, dass unpopuläre Forderungen<br />
wie „Fünf Mark für den Liter Benzin“ oder der „Veggie-<br />
Day“ den Marsch an die Regierungsspitze noch aufhalten<br />
kann, weisen die Wahlkampfstrategen von sich. Im<br />
Arbeitsmarktprogramm zeigt sich vieles identisch mit<br />
der SPD: 12 Euro Mindestlohn, Ende der Befristungen,<br />
Eindämmung der Werkverträge und Equal Pay plus Flexizulage<br />
für Zeitarbeitnehmer. Dieser Punkt wird bei<br />
Koalitionsverhandlungen von Annalena Baerbock zu<br />
Grün-Rot-Rot sehr kurz werden. AR
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 17<br />
Christian Lindner<br />
Wer in den 2000er Jahren Politikwissenschaft in Bonn<br />
studiert hat, konnte im Hörsaal auf Christian Lindner<br />
treffen. Um den späteren FDP-Vorsitzenden zu verstehen,<br />
dürften neben Porsche und Start-Up andere<br />
Schlaglichter aus dieser Zeit bedeutender sein. In einem<br />
Sammelband über Föderalismustheorien schrieb er<br />
seinerzeit: „Frühere Phasen der Staatenbildung lassen<br />
„institutionelle Sedimente“ zurück, die eine von den<br />
Ausgangsbedingungen unabhängige, selbstreproduktive<br />
Stabilität gewinnen und eo ipso nur Strukturvariationen<br />
erlauben.“<br />
Die theoretisch fundierte Vogelperspektive entspricht<br />
seinem Grundwesen und begleitete seinen rasanten<br />
politischen Aufstieg (2004: Landesgeneralsekretär<br />
NRW, 2009: Bundesgeneralsekretär, 2012: Landesvorsitzender<br />
NRW, 2013: Bundesvorsitzender, 2017: Fraktionsvorsitzender<br />
im Bundestag). Der 42-Jährige kennt<br />
den Teich, in dem er schwimmt und spricht mitunter<br />
mehr über den Teich als über dessen kleine Fische. Deren<br />
Belange kümmern ihn, Faszination lösen sie jedoch<br />
erst über ihre Interaktion mit dem Teich aus. Stets in<br />
Führungspositionen waren die großen Linien seine Materie,<br />
weniger die Detailregelungen.<br />
Zufälle und ein taktisch kluger Rücktritt als Generalsekretär<br />
ließen ihn stets als Retter und nicht als<br />
Machtdrängler auftreten. 2012 führte der gebürtige<br />
Wermelskirchener seine Partei in NRW gegen einen<br />
Krisentrend mit starkem Ergebnis in den Landtag und<br />
2017 gelang ihm als Bundesvorsitzender der Wiedereinzug<br />
in den Bundestag. Die ersten „Jamaika“-Koalitionsverhandlungen<br />
der Bundesgeschichte endeten sodann<br />
mit dem Satz: „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch<br />
zu regieren.“<br />
Hier stehen Christian Lindner und die FDP (beide darum<br />
kämpfend, nicht als identisch wahrgenommen zu werden)<br />
nun: Die FDP wurde aus der Versenkung geholt,<br />
theoretisch wieder grundiert, aber von der Bundesregierung<br />
ferngehalten. Lindner wird gegebenenfalls<br />
zeigen müssen, wie er und seine FDP in Regierungsverantwortung<br />
agieren. Die Arbeitsmarktpolitik hat<br />
Lindner mitunter in seine großen liberalen Linien integriert:<br />
Marx´ großer Fehler sei es gewesen, Arbeit nur als<br />
Mittel zum Broterwerb zu betrachten, vielmehr könne<br />
der Mensch durch sie auch zur Persönlichkeit reifen.<br />
Freiraum, Bildungsmöglichkeiten und Respekt vor jeder<br />
Leistung verkündet er als Grundprinzipien. Zeitarbeit,<br />
äußerte er einmal, sei „vor allem ein wichtiges Instrument<br />
zur Arbeitsmarktintegration. […] Insbesondere<br />
für geringer qualifizierte Bewerber ist dies eine große<br />
Chance.“ Richtig, aber noch lange nicht alles – es könnte<br />
größer gedacht werden. BT<br />
Foto: www.christian-lindner.de
18<br />
TITELTHEMA<br />
Interview<br />
Bundestagswahlkampf 2<strong>02</strong>1<br />
So einen Wahlkampf wie für diese Bundestagswahl hat es zuvor noch nie gegeben:<br />
Bedingt durch die Coronapandemie können die Parteien ihre Wähler kaum über die<br />
üblichen Wege und Kanäle erreichen, Wahlkampfveranstaltungen vor Ort finden –<br />
wenn überhaupt – nur im kleinen Rahmen statt. Der Wahlkampf wird immer digitaler<br />
und medialer. <strong>Zdirekt</strong>!-Chefredakteurin Sara Schwedmann sprach mit Wahlforscher<br />
Professor Jürgen W. Falter über die Bundestagswahl und die Bedeutung der<br />
Zeitarbeit im Wahlkampf.<br />
Prof. Falter, Sie haben einige Bundestagswahlkämpfe<br />
erlebt. Was für ein Bundestagswahlkampf<br />
ist 2<strong>02</strong>1 – inmitten der Pandemie – möglich?<br />
Das wird sehr davon abhängen, wie die Umfrage-Lage<br />
aussieht – ob sich möglicherweise so etwas wie die<br />
Chance einer Grün-Rot-Roten Mehrheit abzeichnet.<br />
Dann werden wir mit Sicherheit einen Lagerwahlkampf<br />
bekommen: auf der einen Seite CDU, CSU und FDP, auf<br />
der anderen Seite Grüne, SPD und Linke. Denn eines<br />
ist sicher, wenn die Grünen die Chance haben, das<br />
Kanzleramt zu besetzen, dann werden sie diese Chance<br />
wahrnehmen. Und zwar egal, in welcher Koalition.<br />
Wie schätzen Sie die Chancen der Grünen ein?<br />
Werden wir die erste grüne Bundeskanzlerin erleben?<br />
Das ist heute sehr schwer zu sagen. Generell würde<br />
ich sagen, die Unionsparteien werden wieder stärkste<br />
Partei. Das zeichnet sich sehr klar und deutlich ab. Aber<br />
das heißt ja nicht, dass es nicht Mehrheiten jenseits<br />
der Union geben könnte. Da könnte ich mir schon vorstellen,<br />
dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit wenigen<br />
Prozentpunkten Unterschied gibt – zwischen auf der<br />
einen Seite Grün-Rot-Rot, auf der anderen Seite die<br />
anderen Parteien<br />
Der Klimawandel ist eines der großen Themen dieser<br />
Bundestagswahl. Welche Bedeutung messen<br />
Sie der Zeitarbeit im Bundestagswahlkampf bei?<br />
In ihrer Verzweiflung greifen SPD und Linke dieses<br />
Thema auf, weil ihnen nichts anderes einfällt. Aber es<br />
ist doch eher ein peripheres Thema in der aktuellen<br />
Debatte-Lage. Hubertus Heil wird sicherlich sein Heil<br />
darin suchen, das Thema Zeitarbeit zu instrumentalisieren.<br />
Aber das ist etwas, was die Leute eigentlich nicht<br />
wirklich interessiert im Augenblick. Da sind ganz andere<br />
Dinge wichtig. Die Folgen der Klimapolitik brennen<br />
© JGU | Foto Hartmann
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 19<br />
den Menschen unter den Nägeln und nagen an den<br />
Geldbeuteln. In Sachsen-Anhalt haben wir erlebt, dass<br />
man mit den Ankündigungen von teureren Kraft- und<br />
Heizstoffen die Wähler verschreckt. Und das wird sie<br />
viel stärker bewegen als die Frage, ob es Zeitarbeit gibt<br />
und wie die organisiert ist. Die meisten kapieren gar<br />
nicht, dass das ein Flexibilitätsmoment in unserem Arbeitsmarkt<br />
ist, ohne den wir viel schlechter darstünden.<br />
Zur Zeitarbeit haben Viele eine Meinung, aber nur<br />
Wenige wissen tatsächlich, wie sie funktioniert.<br />
Wenn man sich die Gesetze der Vergangenheit<br />
anschaut, hat man den Eindruck, dass sich die<br />
Politik nicht selten eher an der gesellschaftlichen<br />
Meinung als an den Branchenrealitäten orientiert.<br />
Wird Symbolpolitik dieser Art ein Phänomen sein,<br />
an das wir uns alle gewöhnen müssen?<br />
Das ist auf jeden Fall nicht weniger geworden als früher.<br />
Symbolpolitik haben wir eigentlich immer schon<br />
gehabt. Aber es ist auch das blinde Befolgen von Strömungen<br />
der öffentlichen oder auch der veröffentlichten<br />
Meinung. Denken Sie nur an den zweiten Atomausstieg<br />
nach der Havarie des Kraftwerks in Japan aufgrund der<br />
durch ein Seebeben ausgelösten Flutwelle. Das war<br />
eine nachträglich gesehen zu schnelle Reaktion auf eine<br />
unzweifelhaft gegen die Atomkraft mobilisierte öffentliche<br />
Meinung und sicherlich eine Fehlentscheidung, da<br />
keinerlei Szenarien zugrunde lagen, wie der Ausstieg im<br />
Einzelnen bewerkstelligt werden könnte. Wir sind selbst<br />
heute noch nicht so weit, dass wir garantieren können,<br />
dass 2<strong>02</strong>2 Bayern auch dann dauerhaft mit Strom versorgt<br />
wird, wenn die Franzosen ihren Strom selbst brauchen.<br />
Diese Art von Symbolpolitik und das Reagieren<br />
der Politik auf Strömungen der öffentlichen Meinung<br />
hat es immer schon gegeben, das wird es auch weitergeben.<br />
Die Diskussionen in den sozialen Netzwerken<br />
verstärken dies mittlerweile erheblich. Wenn da einige<br />
Hunderttausende einen Shitstorm entfachen, ist das<br />
trotz allem nur ein Bruchteil der gesamten Bevölkerung.<br />
Das ist streng genommen kaum wahlrelevant, trotzdem<br />
springt die Politik regelmäßig darauf an.<br />
So wie in der Fleischindustrie und dem Verbot der<br />
Zeitarbeit.<br />
Ja, aber da gibt es ja zumindest noch etwas Hoffnung,<br />
da laufen noch die Verfassungsbeschwerden. Die Zeitarbeit<br />
hat es auch schon ein paar Mal erlebt, große<br />
Worte und Verbote, und es gibt sie immer noch. Wo es<br />
notwendig ist, wenn Spitzen da sind oder bei vorübergehenden<br />
Engpässen, kann man die Leute ja nicht auf<br />
Dauer einstellen. Da holt man sich die Spezialisten dann<br />
lieber auf diese Weise für zwei Jahre ins Haus.<br />
Fast alle Parteien tun sich im Wahljahr schwer,<br />
auch weil sie am Corona-Krisentisch von Bund<br />
und Ländern sitzen. Viele Defizite sind sichtbar<br />
geworden. Kann eine Partei trotzdem ein Aufbruchssignal<br />
senden?<br />
Ja, die Grünen versuchen, ein Aufbruchssignal zu senden,<br />
was aber nach hinten losgehen kann, wenn die<br />
Menschen merken, wie sehr das wirklich in ihr persönliches<br />
Leben eingreift – vor allem auf dem Land. Das<br />
Ende des Verbrennungsmotors bis 2030 oder vielleicht<br />
noch früher zu fordern, ist technologieblind und ideologisch.<br />
Vernünftig wäre zu sagen, wir haben bestimmte<br />
Grenzwerte, die bis 2030 eingehalten werden müssen.<br />
Liebe Automobilindustrie, wie Ihr das macht, ist uns<br />
egal, ob mit dem Verbrenner oder mit der Batterie oder<br />
mit Wasserstoff, aber Ihr müsst es machen. Das wäre<br />
technologieoffene Politik.<br />
Welche Bedeutung kommt bei dieser Bundestagswahl<br />
den Wechselwählern zu? Werden sie noch<br />
mehr als in der Vergangenheit das Zünglein an<br />
der Waage sein?<br />
Die Zahl der potenziellen Wechselwähler ist gestiegen.<br />
Das hat etwas damit zu tun, dass alte Gewissheiten<br />
so nicht mehr existieren – beispielsweise die Gewissheit:<br />
Ein Gewerkschafter kann nur SPD wählen oder<br />
ein praktizierender Katholik kann nur CDU wählen.<br />
Das ist bestenfalls noch eine unverbindliche Leitlinie.<br />
Es gibt mehr Abweichungen davon als früher, und es<br />
gibt viel weniger Gewerkschafter und praktizierende<br />
Katholiken. Das heißt also, das Wechselwählerpotenzial<br />
ist größer geworden, die Parteibindungen sind längst<br />
nicht mehr so ausgeprägt. Daher spielen Kandidaten<br />
und aktuelle politische Streitfragen eine größere Rolle<br />
als früher. Ich rechne durchaus damit, dass die Zahl der<br />
Wechselwähler im Vergleich zu früheren Wahlen nochmals<br />
steigt. SaS<br />
Das gesamte Interview lesen Sie auf<br />
https://ig-zeitarbeit.de/presse/artikel/<br />
bundestagswahlkampf-2<strong>02</strong>1<br />
Jürgen Falter ist einer der renommiertesten deutschen Politikwissenschaftler.<br />
Der 77-Jährige hat eine Forschungsprofessur an der<br />
Universität Mainz inne und ist durch zahllose Fernsehauftritte als<br />
Wahl- und Parteienforscher bekannt. Falter bekleidete zuvor Professuren<br />
an der Hochschule der Bundeswehr München, der Freien<br />
Universität Berlin und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
20<br />
TITELTHEMA<br />
Interview<br />
Bundestagswahlkämpfe<br />
1998, 2<strong>02</strong>1 und dazwischen<br />
In der Zeit der rot-grünen Regierungskoalition unter Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />
prägte er die Politik von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN entscheidend mit: Rezzo Schlauch.<br />
Von 1998 bis 20<strong>02</strong> führte Schlauch gemeinsam mit Kerstin Müller die grüne Bundestagsfraktion,<br />
von 20<strong>02</strong> bis 2005 war Schlauch Parlamentarischer Staatssekretär<br />
im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft unter Superminister Wolfgang<br />
Clement. In mehr als 40 Jahren politischem Engagement hat Schlauch viel erlebt –<br />
unter anderem die Agenda 2010 mit tiefgreifenden Arbeitsmarktreformen auch für<br />
die Zeitarbeit. Im <strong>Zdirekt</strong>!-Interview mit Benjamin Teutmeyer, stellvertretender iGZ-<br />
Fachbereichsleiter Politische Grundsatzfragen, schaut er zurück – und nach vorn.<br />
Foto: Wilhelm Betz Fotografie<br />
Sie haben insgesamt elf Bundestagswahlen miterlebt,<br />
seitdem Sie 1980 Parteimitglied wurden.<br />
Wie hat sich der Wahlkampf in der Zeit verändert?<br />
Im Vergleich zu den 80iger Jahren-Wahlkämpfen<br />
haben wir es heute mit einer komplett anderen öffentlichen<br />
Kommunikation zu tun. Die direkte Kommunikation<br />
zwischen Kandidat*innen und Bürger*innen<br />
im Straßenwahlkampf, in Veranstaltungssälen in Bierzelten<br />
und auf Marktplätzen ist weitgehend einem<br />
medial ausgetragenen Wahlkampf gewichen mit den<br />
Eigendynamiken der elektronischen Plattformen vom<br />
Shitstorm bis zum anonymen Versuch vom Ausland,<br />
auf das Wahlkampfgeschehen Einfluss zu nehmen.
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 21<br />
Die Bundestagswahl 1998 führte zur ersten<br />
Regierungsbeteiligung von BÜNDNIS 90 / DIE<br />
GRÜNEN im Bund und erstmals wurde eine Bundesregierung<br />
vollständig abgewählt. Was ist<br />
Ihnen aus diesem Wahlkampf als besonders prägend<br />
in Erinnerung geblieben?<br />
Dass überall eine Wechselstimmung zum Greifen war.<br />
Bei allen Verdiensten von Kanzler Kohl um die Wiedervereinigung<br />
und die europäische Einigung, die<br />
Leute hatten die Nase von 16 Jahren Kanzlerschaft<br />
gestrichen voll, sie wollten den Wechsel. Ähnliches<br />
ist mindestens im jetzigen Vorwahlkampf zu spüren;<br />
heute aber nicht in erster Linie an Personen sondern<br />
an Inhalten wie bspw. dem Klimawandel festgemacht.<br />
Wenn Sie ehrlich in sich gehen: 1998 hätte Ihnen<br />
jemand gesagt, im Jahr 2<strong>02</strong>1 wird sich ein beachtlicher<br />
Teil des Wahlkampfes auf Ihrem Handy<br />
abspielen – wie hätten Sie reagiert?<br />
Dieser Jemand*in hätte ich den Vogel gezeigt, ein<br />
Wahlkampf ohne direkte Kommunikation mit den<br />
Wähler*innen wäre für mich unvorstellbar gewesen<br />
und wenn ich es heute nochmal damit zu tun hätte,<br />
würde ich alles dran setzen, um diese Ebene der direkten<br />
Auseinandersetzung so weit wie möglich herzustellen.<br />
Wenn Sie ehrlich bleiben: Und wenn Ihnen 1998<br />
jemand gesagt, im Jahr 2<strong>02</strong>1 kann eine grüne<br />
Kandidatin Bundeskanzlerin werden – hätten Sie<br />
es geglaubt?<br />
Aus baden-württembergischer Perspektive hatten wir<br />
mehrheitlich zu dieser (Macht) Frage schon von früh<br />
an einen etwas beherzteren Zugang als in anderen Regionen<br />
der Republik. Wir hatten „Keine Angst vor der<br />
Macht“ und haben schon immer das Ziel gehabt, aus<br />
der 10 Prozent Zone nach oben auszubrechen.<br />
1998 soll ein späterer Bundeskanzler gesagt haben,<br />
zum Gewinnen brauche er „BILD, BAMS und<br />
Glotze“. Lässt sich heute analog sagen: „Zum Gewinnen<br />
brauche ich das Internet (sonst nichts)?<br />
Der Spruch war schon damals ein typischer Schröder<br />
und wird in seiner von Ihnen abgewandelten Form<br />
nicht richtiger. Gerade in Zeiten in der die höchste<br />
Währung einer Politiker*in Glaubwürdigkeit und Vertrauen<br />
ist. Wenn Internetaktivitäten nicht durch persönliches<br />
Engagement für politische Inhalte und das<br />
Gemeinwohl und direkte Kommunikation unterfüttert<br />
wird, wird es mit dem Gewinnen nichts.<br />
Sie waren unter „Mister Zeitarbeit“, wie der Stern<br />
Superminister Wolfgang Clement nannte, Staatssekretär<br />
und gelten als Co-Architekt von Arbeitsmarktreformen,<br />
wie auch der Tariföffnung für<br />
die Zeitarbeit. Wie sehen Sie die Entwicklung der<br />
Branche und welche Bedeutung messen Sie der<br />
Zeitarbeit im Bundestagswahlkampf bei?<br />
In Zeiten der Nahezu-Vollbeschäftigung, wie sie vor<br />
Beginn der Pandemie über einen langen Zeitraum anhielt,<br />
ist die Zeitarbeit naturgemäß nicht so stark im öffentlichen<br />
Fokus, es sei denn es kommt in bestimmten<br />
Bereichen zu arbeitsrechtlich und sozial skandalösen<br />
Zuständen wie in der Fleischindustrie. Es sollte im ureigensten<br />
Interesse der in der Zeitarbeit engagierten<br />
Firmen und der Firmen die Zeitarbeit nachfragen sein,<br />
solche Entwicklungen erst gar nicht zu zulassen.<br />
Immer wieder gibt es Versuche, die mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
bewirkte Deregulierung<br />
und Flexibilisierung der Zeitarbeit<br />
wieder aufzuheben. Inwieweit sollte sie aus Ihrer<br />
Sicht vielmehr als Medium der Qualifizierung und<br />
Weiterbildung weiterentwickelt anstatt eingeschränkt<br />
werden?<br />
Wenn Deregulierung und Flexibilisierung in der Praxis<br />
für die Betroffenen zu unhaltbaren bis skandalösen<br />
Strukturen wie in der Fleischindustrie führen, ist der Gesetzgeber<br />
gefordert, wie auch geschehen, zu intervenieren.<br />
Qualifizierung und Weiterbildung haben einen<br />
guten Klang, kommen aber, um beim Beispiel Fleischindustrie<br />
zu bleiben, nur für ganz wenige in Betracht<br />
und sind in diesem Bereich Augenwischerei. In solch<br />
problematischen Sparten geht es darum, möglichst<br />
soziale und arbeitsrechtliche vergleichbare Standards<br />
herzustellen, um prekäre Arbeitsverhältnisse zu vermeiden.<br />
Etwas anderes gilt im Bereich, in dem Facharbeiter<br />
im Rahmen von Zeitarbeit eingesetzt werden. Dort ist<br />
Qualifizierung und Weiterbildung ein wichtiger Ansatz<br />
um „Zeit- oder Leiharbeit“ zu überwinden und den Betroffenen,<br />
wenn sie es wollen, dauerhafte betriebliche<br />
Arbeitsverhältnisse zu ermöglichen. BT<br />
Rezzo Schlauch ist studierter Rechtsanwalt und Historiker. Der<br />
73-Jährige ist seit 1980 Mitglied der Partei BÜNDINIS 90 / DIE<br />
GRÜNEN. Von 1984 bis 1994 war er Mitglied der Grünen des<br />
Landtages von Baden-Württemberg und von 1994 bis 2005<br />
Mitglied des Bundestages. Er führte die Grünen von 1998 bis<br />
20<strong>02</strong> als Bundesfraktionsvorsitzender an, bevor er 20<strong>02</strong> Parlamentarischer<br />
Staatssekretär im Wirtschaftsministerium unter<br />
Wolfgang Clement wurde. Im Jahr 2005 zog sich Schlauch aus<br />
der Politik zurück.
22<br />
TITELTHEMA<br />
Tipps für politisches Engagement<br />
Arbeit statt Rampenlicht<br />
DIE ARBEIT EINES<br />
BUNDESTAGSABGEORDNETEN<br />
Wahlkreisabgeordnete erleben zeitliche und inhaltliche<br />
Überforderung als Normalität. Es kann nicht anders sein,<br />
denn buchstäblich die ganze Welt ist ihr Arbeitsgebiet.<br />
Spezialisierung und Filterung sind die Schlüssel, um arbeitsfähig<br />
zu bleiben. Hier können Sie ansetzen, denn<br />
Wahlkreisabgeordnete sehen Sie als Kunden.<br />
Parlamentarische Aufgaben<br />
Wahlkreisaufgaben<br />
Wahlkreisabgeordnete und Kandidaten für dieses Mandat verwenden einen überwiegenden Teil ihrer Zeit mit Wahlkreisarbeit.<br />
Die Tätigkeit in den Parlamenten ist hochspezialisiert, im Wahlkreis sind sie ausnahmslos für alles zuständig.<br />
Hier sind Abgeordnete mit Bus, Bahn und Jeans unterwegs – Arbeit statt Glamour.<br />
DIE BUNDESTAGSFRAKTION<br />
FRAKTIONSVORSTAND<br />
SPRECHER für Themengebiete<br />
2–3 Referenten<br />
Abgeordneter<br />
Referenten<br />
Abgeordneter<br />
Referenten<br />
Abgeordneter<br />
Referenten<br />
Der Weg der Information: Vom Wahlkreis zu den Entscheidern<br />
In Parteien und deren Parlamentsfraktionen sind sehr wenige Experten für Fachfragen zuständig. Wenn Abgeordnete<br />
Wünsche aus ihren Wahlkreisen bearbeiten müssen, leiten sie die Anliegen an diese Experten weiter – hier werden sie<br />
in fachliche Zusammenhänge sowie in die Beschlusslage der Partei- und Fraktionsgremien eingeordnet. Wenn diesen<br />
Experten eine kritische Masse ähnlicher Eingaben auffällt, legen sie die kritischen Punkte den Fachpolitikern auf Führungsebene<br />
vor. Auf diesem Weg können Anliegen aus der gelebten Praxis aus jedem Wahlkreis über die Filterfunktionen<br />
Druck auf die Entscheidungsträger ausüben. Nehmen auch Sie dieses Recht wahr! DS/BT
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 23<br />
Was Sie sich fragen sollten<br />
Kandidaten und Abgeordnete wollen vor allem eines: gegenüber Medien und Öffentlichkeit<br />
ihre eigene Geschichte erzählen. Denn auch sie wissen, mithilfe von Geschichten<br />
können Informationen besser aufgenommen und langfristig im Gedächtnis<br />
verankert werden. Damit das gelingt, besteht Ihre Aufgabe in Gesprächen nicht nur<br />
darin, mit Fakten zu glänzen. Mindestens genauso wichtig ist es, Antworten auf die<br />
zentralen Fragen der Politiker zu finden. Die Herausforderung für Sie lautet also: Wie<br />
kann ich mit meinen Anliegen und Botschaften Kandidaten und Abgeordneten helfen,<br />
ihre Geschichte besser zu erzählen?<br />
Auf diese Fragen suchen Kandidaten und Abgeordnete<br />
fortlaufend Antworten für ihre eigene Geschichte:<br />
Wer bin ich?<br />
Warum tue ich, was ich tue?<br />
Wofür bin ich hier?<br />
Was kannst du von mir lernen?<br />
Wem habe ich geholfen?<br />
Versuchen Sie im Gespräch, Antworten zu finden, indem<br />
Sie sich bei der Vorbereitung fragen:<br />
Welche Werte und Überzeugungen hat der Kandidat/<br />
Abgeordnete und welche Anknüpfungspunkte gibt es<br />
zu meinen Argumenten?<br />
Welche Maßnahmen hat der Kandidat/Abgeordnete<br />
(auch seine Partei) bereits umgesetzt und wie haben<br />
diese auf mich persönlich und/oder meine Anliegen<br />
gewirkt?<br />
Welche politischen Ziele hat sich der Kandidat/Abgeordnete<br />
gesteckt und welche Rolle spielen meine Anliegen<br />
dabei?<br />
Welche neuen Aspekte (auch Erfahrungen) kann ich<br />
aus dem Gespräch mit dem Kandidaten/Abgeordneten<br />
mitnehmen?<br />
Wie kann ich dem Kandidaten/Abgeordneten vermitteln,<br />
dass er mir mit dem Gespräch oder in der Vergangenheit<br />
geholfen hat?
24<br />
TITELTHEMA<br />
Wahlkampf in der Zeitarbeit<br />
In Coronazeiten ist auch der Wahlkampf ein anderer. Große Veranstaltungen, zu denen<br />
Menschenmassen zusammenkommen, wird es in diesem Jahr kaum geben. Die<br />
Parteien konzentrieren sich auf den digitalen Wahlkampf mit Diskussionsrunden,<br />
Fernsehdebatten nach Vorbild der amerikanischen Elefantenrunden und Infomaterialien<br />
auf Websites und per Video. Im kleinen Kreis und immer unter Einhaltung<br />
aller Corona-Schutzmaßnahmen sind aber auch persönliche Treffen möglich – so<br />
wie bei iGZ-Mitglied Armon in Rheinland-Pfalz.<br />
Patrick Schnieder (links) und Bruno Hebel (rechts)<br />
Pünktlich um 10 Uhr biegt der Kombi auf den Parkplatz<br />
der Zeitarbeitsfirma Armon in Wittlich. Ein Mann im<br />
grauen Anzug steigt aus und wird von Niederlassungsleiter<br />
Bruno Hebel begrüßt. Es ist der parlamentarische<br />
Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />
Patrick Schnieder. In der Unions-Fraktion läuft so gut<br />
wie nichts ohne ihn: Als „PGF“ ist er eine der wichtigsten<br />
Personen innerhalb der Fraktion und enger Mitarbeiter<br />
des Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus. In<br />
abgedunkelten Limousinen fährt ihn die Fahrbereitschaft<br />
des Deutschen Bundestags in Berlin von Termin<br />
zu Termin. In aller Regel sind die Parlamentswochen<br />
eng durchgetaktet – eine Besprechung jagt die nächste.<br />
Mit so einer wichtigen Persönlichkeit kommt man nicht<br />
„einfach so“ ins Gespräch, sollte man meinen.<br />
Stimmt aber nicht. Denn das deutsche Wahlsystem sieht<br />
mit dem Wahlkreis-Prinzip vor, dass jede Bürgerin und<br />
jeder Bürger einen eigenen regionalen Vertreter in Berlin<br />
haben. Und ganz egal, wie wichtig sie in Berlin sein<br />
mögen: Jede Bundestagsabgeordnete und jeder Bundestagsabgeordneter<br />
weiß, dass sie nur dann sicher im<br />
nächsten Bundestag wieder vertreten sein werden, wenn<br />
sie ihren Wahlkreis auch bei der nächsten Bundestagswahl<br />
direkt gewinnen. Patrick Schnieder nimmt das sehr<br />
ernst. Auf seiner Homepage kann man ein „Schwätzchen<br />
mit Schnieder“ vereinbaren. Er sagt: „Der Kontakt<br />
zu meiner Heimat und den Menschen, die ich in Berlin<br />
vertrete, ist mir sehr wichtig. Deshalb nutze ich jede Gelegenheit,<br />
die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kennenzulernen,<br />
gemeinsam nach politischen Lösungen zu<br />
suchen und diese dann auch in die Realität umzusetzen.“<br />
Das kann Armon-Niederlassungsleiter Bruno Hebel bestätigen.<br />
Über Instagram war er im April dieses Jahres<br />
mit dem Politiker in Kontakt getreten: „Patrick Schnieder<br />
hatte in einem Post dafür geworben, Unternehmensansiedlungen<br />
bei uns vor Ort zu erleichtern. Ich hatte<br />
dann in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass wir<br />
schon jetzt viel zu wenige Arbeitskräfte haben und dass<br />
ich ihn gern dazu einmal sprechen würde. Noch am selben<br />
Tag hatte ich über Instagram die Gesprächszusage
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 25<br />
von Herrn Schnieder.“ Sicherlich mag es nicht hinderlich<br />
gewesen sein, dass Schnieder bereits im vergangenen<br />
Bundestagswahlkampf Bruno Hebel einen Besuch abgestattet<br />
hatte. Doch auch hier hatte Hebel die Initiative<br />
ergriffen: „Ich hatte ihn einfach mal angemailt. Man hat<br />
ja immer ein Thema.“ Damals seien es die Zeitarbeitsrestriktionen<br />
im Bauhauptgewerbe gewesen, über die<br />
er mit dem Politiker sprechen wollte. „Meine Meinung<br />
ist, dass die Politik insgesamt zu wenig über Zeitarbeit<br />
weiß“, beschreibt Hebel seine Motivation.<br />
„Das ist genau der richtige Weg“, freut sich Andrea<br />
Resigkeit, Leiterin des iGZ-Hauptstadtbüros. „Wir empfehlen<br />
den Mitgliedsunternehmen in der Tat, direkt mit<br />
den Abgeordneten Kontakt aufzunehmen. Und das<br />
funktioniert über die Wahlkreis-Kontakte in aller Regel<br />
am besten.“ Der Verband selbst ist gegenüber seinen<br />
Ansprechpartnern, den Fachpolitikern, natürlich auch<br />
im Wahlkampf aktiv. Allerdings sei die Direktansprache<br />
durch Unternehmerinnen und Unternehmer, die aus ihrer<br />
eigenen Tätigkeit noch authentischer berichten können,<br />
dadurch nicht zu ersetzen. Der iGZ unterstützt seine<br />
Mitgliedsunternehmen durch entsprechende Materialien<br />
sowie bei der Pressearbeit und durch eine anschließende<br />
Berichterstattung in unseren Verbandsmedien, ergänzt<br />
Pressesprecher Wolfram Linke. „Wir haben die Erfahrung<br />
gemacht, dass insbesondere auch Kandidaten, die einen<br />
Amtsinhaber herausfordern, dankbar für solche Termine<br />
sind, weil sie sich natürlich auch erstmal bekannt machen<br />
müssen und wollen“, so Linke. Außerdem erinnert<br />
er daran, dass „der Kandidat von heute nicht selten der<br />
Amtsinhaber von morgen ist.“<br />
In diesem Sinne ruft Resigkeit die iGZ-Mitglieder auf,<br />
ähnlich aktiv zu werden, auf die Abgeordneten oder<br />
Kandidaten vor Ort zuzugehen und um Gesprächstermine<br />
zu bitten: „Nur wenn es uns gelingt, mehr Hintergrundwissen<br />
und Positivbeispiele über die Zeitarbeit bei<br />
den politisch Handelnden zu verankern, sind wir letztlich<br />
besser vor falschen oder schädlichen politischen<br />
Beschlüssen geschützt.“<br />
Bei Patrick Schnieder in Wittlich ist die Botschaft angekommen.<br />
„Zeitarbeit ist bedeutsam für unseren Arbeitsmarkt.<br />
Sie ist wichtig für die Integration in den<br />
Arbeitsmarkt, sie ist wichtig als Rekrutierungselement<br />
für Unternehmen und sie kann zu Flexibilisierung beitragen“,<br />
sagte der parlamentarische Geschäftsführer<br />
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bei dem Termin zu<br />
Bruno Hebel. Und so stand es schließlich auch in der<br />
Pressemitteilung. MS
26<br />
TITELTHEMA<br />
Vorsicht – Vorurteile!<br />
Vorurteile gegenüber Zeitarbeit gibt es zu Genüge – ob aufgrund von ideologischen<br />
Überzeugungen, anekdotischer Evidenz oder dem oft zur Schau getragenen Zeitgeist<br />
„meinungsreich, aber kenntnisarm“. Grund genug, um mit den fünf schlimmsten<br />
Vorurteilen aufzuräumen.<br />
»Zeitarbeit ersetzt Stammpersonal.« Falsch!<br />
Der Anteil der Zeitarbeit an der Gesamtwirtschaft reduzierte sich von 2017 bis 2019 von 2,8 auf 2,3 Prozent.<br />
Gleichzeitig stieg die Gesamtbeschäftigung.<br />
2017 1.032.221<br />
37.181.750<br />
2018<br />
2019<br />
1.000.520<br />
895.472<br />
37.839.474<br />
38.294.803<br />
Anzahl der Zeitarbeitskräfte Zahl der Beschäftigten insgesamt<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit | Juni 2<strong>02</strong>0<br />
»Zeitarbeitskräfte sind die Ersten, die in<br />
der Pandemie entlassen werden.« Falsch!<br />
In der Coronakrise wurden im Vergleich zu 2019 weniger Beschäftigte von Zeitarbeitsbetrieben arbeitslos gemeldet<br />
und mehr Langzeitarbeitslose fanden in der Zeitarbeitsbranche einen neuen Job.<br />
NEU<br />
ARBEITSLOS<br />
GEMELDETE<br />
2019 / 2<strong>02</strong>0<br />
ANTEIL<br />
AN ALLEN EHEMALS<br />
LANGZEITARBEITSLOSEN<br />
2<strong>02</strong>0<br />
ZEITARBEITSBRANCHE<br />
Nov. 2019<br />
ZEITARBEITSBRANCHE<br />
28.000 Jan. 2<strong>02</strong>0 9,9 %<br />
Nov. 2<strong>02</strong>0 20.000<br />
Dez. 2<strong>02</strong>0 21,6 %<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit | März 2<strong>02</strong>1 Quelle: Bundesagentur für Arbeit | März 2<strong>02</strong>1
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 27<br />
»Zeitarbeitskräfte sind unterbezahlt.« Falsch!<br />
Die bundeseinheitliche Lohnuntergrenze<br />
in der Zeitarbeit beträgt<br />
10,45 Euro pro Stunde und liegt<br />
somit deutlich über dem gesetzlichen<br />
Mindestlohn. Zusätzlich<br />
gibt es tarifliche Branchenzuschläge,<br />
Urlaubs- und Weihnachtsgeld,<br />
Mehrarbeitszuschläge und einen<br />
Gewerkschaftsbonus. Quelle: Tarifverträge iGZ-DGB-Tarifgemeinschaft 2<strong>02</strong>0–2<strong>02</strong>2<br />
»Zeitarbeit ist keine gute Arbeit.« Falsch!<br />
Zeitarbeit unterliegt den arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Regelungen wie andere Arbeitsverhältnisse auch.<br />
93%<br />
88%<br />
der Zeitarbeitnehmer<br />
sind sozialversicherungspflichtig<br />
beschäftigt.<br />
der Zeitarbeitsverhältnisse<br />
sind tarifiert.<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit | Juni 2<strong>02</strong>0 Quelle: Statistisches Bundesamt | April 2018<br />
»Der Einsatz von Zeitarbeitskräften in der<br />
Pflege hat massiv zugenommen.« Falsch!<br />
Der Anteil von Zeitarbeitskräften in der Pflege ist unterdurchschnittlich<br />
niedrig und seit Juni 2018 leicht gesunken.<br />
2,07 %<br />
ZEITARBEITSKRÄFTE IN DER PFLEGE<br />
Juni 2018<br />
Juni 2<strong>02</strong>0<br />
35.828<br />
35.661<br />
Zeitarbeitskräfte<br />
in<br />
der Pflege<br />
2<strong>02</strong>0<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit | Juni 2<strong>02</strong>0<br />
DS
28<br />
TITELTHEMA<br />
Erfolgsmodell Zeitarbeit<br />
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) hat eine digitale Kongress-<br />
Reihe für neue Bundestagsabgeordnete organisiert. Unter der Moderation von<br />
vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt werden seit Mai mehrere digitale<br />
Runden in den Regionen angeboten, um mit den neu nominierten Bundestagsabgeordneten<br />
aller Parteien über die Vor- und Nachteile der Zeitarbeit zu diskutieren.<br />
Bei einer Veranstaltung war auch der iGZ dabei.<br />
Foto: vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.<br />
Bertram Brossardt<br />
Zu Beginn stellten Vertreter von Unternehmen ausführlich<br />
in Praxisberichten dar, warum und in welchem Umfang<br />
sie Personaldienstleistungen in Anspruch nehmen –<br />
so etwa in der Auftaktveranstaltung Michael Ullrich,<br />
Senior Vice President und Chief Financial Officer bei<br />
Linde. Anschließend hatten die Parteivertreter Gelegenheit,<br />
ihre jeweiligen arbeitsmarktpolitischen Positionen<br />
vorzustellen.<br />
Alle Beteiligten waren sich einig, dass die Corona-Pandemie<br />
auch die Arbeitswelt nachhaltig verändert habe.<br />
Die fortschreitende Digitalisierung etwa hat durch die<br />
Pandemie einen gewaltigen Schub erfahren. Das sei<br />
eine Chance für alle – für Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
gleichermaßen. Andere coronagetriebene Veränderungen<br />
der Arbeitswelt sieht die Bayerische Wirtschaft<br />
eher negativ, wie der vbw-Hauptgeschäftsführer Brossardt<br />
im einleitenden Grundsatzreferat ausführte.<br />
Nachfolgend einige wesentliche Passagen aus dieser<br />
viel beachteten Rede:<br />
» Uns allen muss bewusst sein: Flexible Beschäftigungsformen<br />
wie Zeitarbeit sind für die Unternehmen in<br />
unserem Land überlebenswichtig und dürfen nicht<br />
weiter angetastet werden! Wir brauchen sie, wenn<br />
wir gestärkt aus der Krise kommen und wirtschaftlich<br />
erfolgreich bleiben wollen. In Anbetracht dieser weiterhin<br />
kritischen Situation müssen wir alles daransetzen,<br />
die Konjunktur in Schwung zu bekommen.<br />
Mit Blick auf den Faktor Arbeit heißt das: Wir dürfen<br />
nicht fesseln, wir müssen entfesseln! Wir dürfen nicht<br />
unbeweglich und starr sein, wir müssen dynamisch<br />
und flexibel werden! Wir dürfen nicht beschränken,<br />
wir müssen Schranken beseitigen!
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
TITELTHEMA 29<br />
Es gilt die Formel: Um das Tempo der wirtschaftlichen<br />
Erholung zu intensivieren, müssen wir Beschäftigung<br />
flexibilisieren. Das gilt im Übrigen auch mit Blick auf<br />
die Befristungs- und Arbeitszeitregelungen. Eine verschärfte<br />
Regulierung von Beschäftigung hingegen<br />
wäre kontraproduktiv. Auch die Zeitarbeit steht zu<br />
Unrecht in Verruf. Sie hat zwei Funktionen, die für<br />
unsere Volkswirtschaft von immenser Bedeutung<br />
sind: Zum einen ermöglicht Zeitarbeit den Unternehmen<br />
beim Personaleinsatz höchste Flexibilität. Das<br />
ist gerade jetzt, in der Krise, ungeheuer wichtig, damit<br />
sich angeschlagene Firmen wieder aufrappeln<br />
können. Zum anderen ist die Zeitarbeit aber auch<br />
für viele Arbeitsuchende von existenziellem Wert:<br />
Gerade Geringqualifizierte nutzen sie als Brücke in<br />
den Arbeitsmarkt. Zwei Drittel derjenigen, die 2019<br />
eine Tätigkeit als Zeitarbeitnehmer aufgenommen<br />
haben, waren zuvor ohne Beschäftigung. 16 Prozent<br />
waren länger als ein Jahr beschäftigungslos. Hinzu<br />
kommt, dass viele Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter<br />
den Sprung in ein konventionelles Beschäftigungsverhältnis<br />
schaffen. Diesen Beschäftigungsmotor dürfen<br />
wir nicht einfach abwürgen!<br />
Als vbw setzen wir uns deshalb dafür ein, die<br />
Höchstüberlassungsdauer abzuschaffen – zumindest<br />
in Krisenzeiten und den ersten Monaten der Erholung.<br />
Denn Fakt ist doch: Wenn ein Zeitarbeitseinsatz<br />
nur wegen der Höchstüberlassungsdauer beendet<br />
wird, erhöht das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />
die Gefahr, arbeitslos zu werden. Das sollten wir verhindern!<br />
Auch die ausufernde Bürokratie des 2017 reformierten<br />
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes muss<br />
deutlich zurückgestutzt werden. Umfangreiche Melde-<br />
und Hinweispflichten sind ebenso unnötig wie<br />
das Schriftformerfordernis, das den Unternehmen<br />
Zeit und Nerven kostet. Ein Textformerfordernis sollte<br />
im 21. Jahrhundert völlig ausreichen!<br />
Arbeit ist in Deutschland nicht nur teuer, sondern<br />
auch an unzählige Vorgaben gebunden. Das wiederum<br />
stellt eine ernstzunehmende Gefahr für den bislang<br />
so robusten Arbeitsmarkt dar. Diese Stabilität ist<br />
aber nicht gottgegeben! Das müssen wir uns immer<br />
wieder vor Augen führen!<br />
Die Unternehmen in Deutschland brauchen Luft zum<br />
Atmen, um den Konjunktureinbruch zu überwinden,<br />
Innovationen in Gang zu bringen und Arbeitsplätze<br />
zu schaffen bzw. zu erhalten.<br />
Kurzum: Flexibilität ist das Gebot der Stunde, um<br />
in der Post-Corona-Zeit wieder auf die Beine zu<br />
kommen. Wir sollten Zeitarbeit und Werkverträge<br />
deshalb nicht dämonisieren, sondern sie als das betrachten,<br />
was sie sind: Unverzichtbare Instrumente<br />
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30<br />
GASTBEITRAG<br />
Verbot der Zeitarbeit in der Fleischwirtschaft<br />
Der Ball liegt in Karlsruhe<br />
Das Verbot von Zeitarbeit ist kühn und verfassungsrechtlich<br />
wie europarechtlich nicht zu rechtfertigen.<br />
Wer mir nicht glaubt, der mag einer Vielzahl von Arbeitsrechtlern<br />
glauben – Professoren, Richtern, Anwälten,<br />
allesamt Autoren und Herausgeber von Kommentaren<br />
zum Arbeitgeberüberlassungsgesetz, Kenner der Materie:<br />
Professor Dr. Burkhard Boemke, Professor Franz<br />
Josef Düwell, Professor Dr. Stefan Greiner, Professor Dr.<br />
Wolfgang Hamann, Professor Dr. Heinz-Jürgen Kalb, Dr.<br />
Martin Kock, Professorin Dr. Anja Mengel, Dr. Guido<br />
Motz, Professor Dr. Peter Schüren, Professor Dr. Rolf<br />
Wank. Wir haben einen gemeinsamen Beitrag in der<br />
Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA 2<strong>02</strong>0, S. 1160<br />
ff.) veröffentlicht, weil wir zwar das Ziel des Gesetzes<br />
teilen, dafür jedoch geeignete und verhältnismäßige<br />
Mittel einfordern. Dazu gehört das Verbot der Zeitarbeit<br />
nicht. Zurecht ist man daher nach Karlsruhe gegangen:<br />
Der Ball liegt damit beim Bundesverfassungsgericht.<br />
Das hat Anträge auf einstweilige Anordnungen zwar<br />
abgelehnt, hat aber klar gesagt, wie schwierig die<br />
Rechtslage ist. In seinem Beschluss vom 29.12.2<strong>02</strong>0<br />
nahm es unter anderem auf diese Stellungnahme Bezug<br />
und machte deutlich: „Die hier aufgeworfenen verfassungsrechtlichen<br />
Fragen nicht nur der Regelung an<br />
sich, sondern der Regelung, die ohne Übergangsfrist in<br />
Kraft tritt […], bedürfen jedenfalls sorgfältiger Prüfung,<br />
deren Ausgang offen ist.“<br />
Die Kritik hat einen einfachen Grund: Sowohl der europäische<br />
als auch der deutsche Gesetzgeber haben die<br />
Zeitarbeit reguliert. Es existiert ein Erlaubnisvorbehalt,<br />
der unseriöse Verleiher ausschließt. Seit 2017 besteht<br />
zum Schutz vor Substituierung der Stammbelegschaft<br />
eine Höchstüberlassungsdauer und zur sozialen Absicherung<br />
der Zeitarbeitnehmer eine verbesserte Regelung<br />
zur Gleichstellung mit Stammarbeitnehmern<br />
(Equal-Pay-Gebot). Die Tätigkeit bei dem Entleiher unterliegt<br />
den für den Betrieb des Entleihers geltenden<br />
öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Arbeitsschutzrechts;<br />
die sich hieraus ergebenden Arbeitgeberpflichten<br />
obliegen dem Entleiher. Der Betriebsinhaber ist<br />
persönlich verantwortlich. Anders als bei Werkverträ-
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
GASTBEITRAG 31<br />
gen kann nicht auf die Verantwortung eines Dritten verwiesen<br />
werden. Es entsteht kein Überwachungs- und<br />
Korrekturdefizit, wie es wegen der Werkvertragsketten<br />
von den Zoll- und Arbeitsschutzbehörden beklagt wird;<br />
denn der Betriebsinhaber ist als Entleiher vor Ort stets<br />
„greifbar“. Ihm können die erforderlichen Maßnahmen<br />
zur Abhilfe aufgegeben werden. Zudem sind die Zeitarbeitnehmer<br />
seit fast 20 Jahren im Entleiherbetrieb<br />
wahlberechtigt. Seit 2017 ist klargestellt, dass sie nicht<br />
nur „wählen“, sondern auch für die Schwellenwerte der<br />
Betriebsverfassung „zählen“. So ist sichergestellt, dass<br />
der Betriebsrat sie gegenüber dem Betriebsinhaber vertreten<br />
kann. Die tragenden Gründe, die für ein Verbot<br />
der Werkverträge sprechen, gelten demnach nicht für<br />
ein Zeitarbeitsverbot.<br />
Die Gesetzesbegründung versucht, das Verbot mit dem<br />
Hinweis zu rechtfertigen, die Einheit von Arbeitsvertragsarbeitgeber<br />
und Weisungsgeber erleichtere die<br />
Kontrolle von Arbeitsverstößen. Das mag zuweilen<br />
stimmen – doch könnte man mit diesem Argument<br />
jegliche Zeitarbeit in jeglicher Branche verbieten. Das<br />
kann schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht<br />
rechtens sein. Die Karlsruher Richter haben deutlich<br />
gemacht, dass ein Verbot der Zeitarbeit ohne hinreichende<br />
sachliche Gründe unzulässig ist. Zu Recht weist<br />
das Gericht darauf hin, dass „Grundrechte nicht nur<br />
nach Maßgabe dessen bestehen, was an Verwaltungseinrichtungen<br />
vorhanden ist“. Führt die Aufstockung<br />
von Kontrolleinrichtungen zur Gewährleistung eines<br />
effektiven Schutzniveaus bei milderer Einschränkung,<br />
so gebührt dieser unter dem Aspekt der Erforderlichkeit<br />
der Vorrang. Vor allem aber ist das Verbot an den Vorgaben<br />
des Artikel 4 der Leiharbeitsrichtlinie zu messen:<br />
Es braucht hinreichende Gründe des Allgemeininteresses<br />
für ein Verbot. Zu diesen Gründen gehören der<br />
Schutz der Zeitarbeitnehmer, die Erfordernisse von Gesundheitsschutz<br />
und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie<br />
die Notwendigkeit, das reibungslose Funktionieren des<br />
Arbeitsmarktes zu gewährleisten und Missbrauch der<br />
Zeitarbeit zu verhüten. Und eben diese Gründe sind in<br />
einer solchen Pauschalität nicht ersichtlich.<br />
Mein Fazit ist eindeutig: Das Gesetz ist weder mit Verfassungs-<br />
noch Europarecht zu vereinbaren. Das heißt<br />
indes nicht, dass der Gesetzgeber nicht handeln kann –<br />
und soll. Doch er sollte sich auf die Fehlentwicklungen<br />
konzentrieren, die tatsächlich dem Arbeitnehmerschutz<br />
entgegenstehen. Schon im Eckpunktepapier<br />
des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom<br />
20.5.2<strong>02</strong>0 werden die Missstände benannt, denen<br />
abgeholfen werden soll: „Überbelegungen und Wuchermieten,<br />
Verstöße gegen Hygiene-, Abstands- und<br />
Arbeitsschutzbestimmungen (insbesondere fehlende<br />
Schutzausrüstung, zu geringer Sicherheitsabstand, keine<br />
arbeitsmedizinische Versorgung) sowie Verstöße<br />
gegen das Mindestlohn- und Arbeitszeitgesetz.“ Eben<br />
daran ist anzuknüpfen. Deshalb täte der Gesetzgeber<br />
gut daran, mutig voranzuschreiten, fokussiert auf das,<br />
was wirklich hilft: mehr Kontrollen, präzisere Vorgaben<br />
für angemessene Unterkünfte und für eine fälschungssichere<br />
digitale Arbeitszeiterfassung, damit der Arbeitsund<br />
Gesundheitsschutz gewährleistet und auch jede<br />
Arbeitsstunde wirklich bezahlt wird. Das Verbot der<br />
Zeitarbeit sollte nicht zum Beifang werden. Die Augen<br />
richten sich auf Karlsruhe – ich bin gespannt.<br />
Prof. Dr. Gregor Thüsing, Master of Laws (LL.M. Harvard), ist seit 2004<br />
Lehrstuhlinhaber und Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht<br />
der sozialen Sicherheit der Universität Bonn. Thüsing besitzt die venia<br />
legendi – Lehrberechtigung – für die Fächer Bürgerliches Recht, Arbeits-<br />
und Sozialrecht, Rechtsvergleichung und Kirchenrecht. Er ist Autor<br />
zahlreicher Fachpublikationen, vielfacher Sachverständiger im deutschen<br />
Bundestag und nimmt regelmäßig in der Tagespresse zu aktuellen Fragen<br />
des Arbeits- und Sozialrechts Stellung.
32<br />
CORONAKRISE<br />
Trotz Umsatzeinbußen<br />
optimistisch in die Zukunft<br />
Die Zeitarbeit gehört – neben der Gastronomie – zu den Branchen, die am schwersten<br />
von der Coronakrise getroffen wurden. Dabei hatten und haben die Unternehmen<br />
nicht nur mit den konjunkturellen Eintrübungen durch Lockdowns und damit verbundene<br />
Auftragsrückgänge zu kämpfen: Bereits vor der Viruspandemie hatte sich die<br />
wirtschaftliche Lage eingetrübt.<br />
Weitere Stolpersteine – wie etwa das Verbot von Zeitarbeit<br />
in der Fleischindustrie und die Beschränkungen<br />
durch die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten, Equal Pay<br />
etc.) – sorgten zusätzlich für ausgeprägte Auftrags- und<br />
damit Arbeitsplatzverluste in der Zeitarbeitsbranche. Einziger<br />
Lichtblick: Das Kurzarbeitergeld wurde auch für die<br />
Zeitarbeit gewährt und intensiv in Anspruch genommen.<br />
In Zahlen ausgedrückt musste die Branche beispielsweise<br />
im April 2<strong>02</strong>0 zwischenzeitlich ein Minus von fast<br />
110.000 Mitarbeitern im Vergleich zu April 2019 verkraften.<br />
Über ein Drittel – 36,4 Prozent – der Zeitarbeitsunternehmen<br />
beantragten in dieser Phase Kurzarbeit.<br />
Auch das Zahlenwerk der aktuellen Lünendonk-Studie<br />
2<strong>02</strong>1 dokumentiert, welch’ tiefe Spuren diese größte<br />
Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit hinterlassen hat.<br />
Die Lünendonk & Hossenfelder GmbH errechnete für<br />
2<strong>02</strong>0 ein Marktvolumen von 27,2 Milliarden Euro, was<br />
einem Minus von 12,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr<br />
entspricht.<br />
Firmen gaben auf oder fusionierten – das wirbelte vor<br />
allem auch die Liste der Top 20 der Zeitarbeitsbranche<br />
kräftig durcheinander: Marktführer ist unverändert<br />
Randstad mit einem Umsatz von 1,56 Milliarden Euro.<br />
Noch im Vorjahr verzeichnete das Unternehmen knapp<br />
1,93 Milliarden Euro. Dem Umsatzrückgang von 19,0<br />
Prozent steht ein Rückgang der Zeitarbeitnehmenden<br />
von 22,2 Prozent gegenüber. Auf Rang zwei folgt wie<br />
in den Vorjahren Adecco mit nun knapp 1,11 Milliarden<br />
Euro (-17,2 Prozent). Erstmals seit 2015 ist Persona<br />
Service aus Lüdenscheid mit einem Umsatz von 557<br />
Millionen Euro (-21,4 Prozent) wieder auf Rang drei<br />
gelistet. Persona tauscht den Listenplatz mit Manpower<br />
(537 Millionen Euro, -26,7 Prozent). Neu auf Listenplatz<br />
sechs ist House of HR Germany, die seit dem Zusammenschluss<br />
von Timepartner und Zaquensis gemeinsam<br />
berichten. Beide Unternehmen zusammen kommen auf<br />
ein Umsatzminus von 56,5 Millionen Euro (-14,5 Prozent).<br />
Hays Professional Solutions verzeichnet ebenfalls<br />
einen Umsatzrückgang und erreicht nun 294,3 Millionen<br />
Euro (-23,1 Prozent) und Rang sieben des Rankings.<br />
-19,0 %<br />
Randstad<br />
-17,2 %<br />
Adecco<br />
-21,4 %<br />
Persona Service<br />
-26,7 %<br />
Manpower<br />
-14,5 %<br />
House of HR Germany<br />
-23,1 %<br />
Hays Professional Solutions
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
CORONAKRISE 33<br />
Amadeus FiRe + 20,2 %<br />
Gi Group + 65,6 %<br />
Es gibt aber auch Zeitarbeitsunternehmen, die für das abgelaufene Geschäftsjahr<br />
ein Plus verbuchen. Zwei Unternehmen aus den Top 20 steigerten<br />
den Umsatz. Sowohl von Amadeus FiRe (+20,2 Prozent und Rang 8,<br />
2<strong>02</strong>0: Rang 13) als auch von der Gi Group (+65,6 Prozent, Rang 17, 2<strong>02</strong>0:<br />
Rang 25) wurden übernommene Gesellschaften konsolidiert. Amadeus<br />
FiRe ist damit erstmals in den Top 10 vertreten. Hier spiegelt sich wider,<br />
was die Personaldienstleistungsbranche vor allem ausmacht: Vielfalt und<br />
Flexibilität. Das schnelle Reagieren auf ständig sich ändernde Marktbedingungen<br />
sorgte auch in Zeiten des Lockdowns dafür, dass die Zeitarbeit eine<br />
wichtige Rolle in der Versorgung der Bevölkerung und der Sicherung von<br />
Logistik spielte.<br />
Während die Zahlen in den produzierenden Wirtschaftszweigen – und hier<br />
insbesondere der Autoindustrie – bereits vor drei Jahren langsam durch den<br />
Strukturwandel in den Sinkflug gingen, ergaben sich plötzlich zusätzliche<br />
Personalbedarfe in ganz anderen Sparten wie etwa im Pflegesektor oder in<br />
Logistikbereichen. Dank des Kurzarbeitergeldes konnte die Branche zahlreiche<br />
Arbeitskräfte halten, die nun sofort wieder einsatzbereit sind. Ähnlich<br />
wie nach der Wirtschaftskrise 2011 steigt die Zahl der Aufträge – Zeitarbeit<br />
wird häufig von den Kundenunternehmen genutzt, um flexibel auf die Auftragslage<br />
reagieren zu können. Nun bleibt abzuwarten, ob – analog zur sich<br />
stabilisierenden Wirtschaftslage im Jahr 2011 – auf die Zeitarbeit erneut<br />
eine Übernahmewelle ihrer Zeitarbeitskräfte zurollt. Die aktuelle Erholung<br />
am Arbeitsmarkt drückt sich nun an den Zahlen der Beschäftigten aus: Allein<br />
im März dieses Jahres stieg die Zahl der Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche<br />
um 22.300 auf insgesamt 682.900. Nach Lünendonk-<br />
Einschätzung wird es aber noch eine Weile dauern, bis sich die Wirtschaft<br />
von diesem Einschnitt wieder erholt haben wird. Die Branche erweist sich<br />
nichtsdestotrotz einmal mehr als Frühindikator für die Wirtschaft. Insoweit<br />
kann die Personaldienstleistungsbranche mit Optimismus in die Zukunft<br />
schauen. WLI<br />
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DIGITAL UNTERWEGS 35<br />
iGZ-Mitgliederversammlung<br />
Schubert bleibt im Amt<br />
Nahezu einstimmig hat das virtuelle Plenum Irene Schubert als stellvertretende<br />
iGZ-Bundesvorsitzende bestätigt. Die Unternehmerin hatte das Amt nach dem tragischen<br />
Ableben ihrer Vorgängerin Manuela Schwarz zunächst kommissarisch übernommen.<br />
Als Beisitzer rückte Walter Schäfer in den iGZ-Bundesvorstand.<br />
Dass Zeitarbeit nicht nur in Sachen Flexibilität, sondern<br />
auch bei der Digitalisierung ein echter Vorreiter ist, zeigte<br />
die hohe Teilnehmerzahl von 209 bei der Mitgliederversammlung.<br />
Zum Auftakt stellte der iGZ-Bundesvorsitzende<br />
Christian Baumann den Rechenschaftsbericht 2<strong>02</strong>1<br />
vor, der auch unter www.ig-zeitarbeit.de nachgelesen<br />
werden kann. Baumann hob – mit Blick auf die vielen<br />
Behinderungen durch den Corona-Lockdown – unter<br />
anderem besonders die enge Zusammenarbeit von<br />
Haupt- und Ehrenamt im iGZ hervor, die von großer<br />
Professionalität geprägt sei. In kurzen Einspielern stellten<br />
sich die Mitglieder des iGZ-Bundesvorstands vor<br />
und nahmen zu aktuellen Themen und Aufgabenfeldern<br />
des Verbandes Stellung.<br />
NEUEINTRITTE STABIL<br />
Im Anschluss rief der Versammlungsleiter, iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />
Werner Stolz, den Finanzbericht auf, den<br />
Vorstandsmitglied Martin Liebert vorstellte. Als erfreulich<br />
bezeichnete Liebert die trotz Corona zu verzeichnende<br />
Konstanz der Neueintritte. Nichtsdestotrotz sei ein Rückgang,<br />
hauptsächlich durch die pandemiebedingten Insolvenzen,<br />
zu verzeichnen – aktuell liege die Mitgliederzahl<br />
bei 3.523. Dirk Wiesner bescheinigte dem Vorstand in<br />
seiner Funktion als Rechnungsprüfer gemeinsam mit<br />
Jaroslaw Kral denn auch einwandfreie Kassenführung<br />
und beantragte Entlastung. Dem wurde ebenso einhellig<br />
zugestimmt wie dem Haushaltsplan für das Jahr 2<strong>02</strong>1.<br />
RECHNUNGSPRÜFER UND TARIFKOMMISSION<br />
Neben den Wahlen in den Bundesvorstand standen<br />
auch die Neuwahlen von zwei Rechnungsprüfern auf<br />
der Tagesordnung: Per virtuellem Abstimmungstool<br />
wählten die Mitglieder Nicole Piontek und Jaroslaw Kral<br />
ins Amt. Einen kleinen Wahlmarathon galt es unter dem<br />
nächsten Programmpunkt zu bewältigen: In die Tarifkommission<br />
gewählt wurden: Dr. Timm Eifler, Carsten<br />
Ahrens, Ulrike Kücker, Martin Liebert, Vanessa Nier,<br />
Robert Schäfer, Andreas Haßenewert, Volker Homburg,<br />
Janne Maurer, Michael Bezverkhniy, Michael Haitz,<br />
Gerriet Cornelius, Thomas Dick, Nicole Piontek, Florian<br />
Meyer, Matthias Klösch, Lars Pogadl-Kamper, Ulrich<br />
Angenendt, Frank Grossnick und Carsten Scholz. Als Ersatz<br />
wurden gewählt: Maik Neumann, Jörg Jennerjahn,<br />
Marc Papajewski, Walter Schäfer und Kai Rügge.<br />
SATZUNG GEÄNDERT<br />
Die Digitalisierung erfordert auch Anpassungen in der<br />
Satzung des Interessenverbandes. Auf Antrag stimmten<br />
die Mitglieder den Änderungen zu, die nun auch<br />
Veranstaltungen und Versammlungen in digitaler Form<br />
gewährleisten. Unter den Punkt Verschiedenes fiel die<br />
Verabschiedung des Leiters der iGZ-Abteilung Kommunikation,<br />
Marcel Speker, der nach zehn Jahren Verbandstätigkeit<br />
den Job wechselt. WLI<br />
Irene Schubert | Werner Stolz | Christian Baumann | Marcel Speker
36<br />
DIGITAL UNTERWEGS<br />
iGZ-Bundeskongress<br />
Flexibilität entscheidet über<br />
Sieg oder Niederlage<br />
Mit Blick auf die Entwicklung der Coronapandemie und die Ausbreitung der Delta-<br />
Variante hatte der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen entschieden,<br />
auch seinen Bundeskongress digital auszutragen. Mehr als 300 Teilnehmer<br />
wohnten dem Event bei, das aus einem Studio aus Emsdetten live gestreamt wurde.<br />
Anke Plättner<br />
Jana Schimke<br />
Die Zeitarbeit hat die Coronapandemie bedingungslos<br />
akzeptiert und flexibel auf die geänderten Bedingungen<br />
reagiert, sagte der iGZ-Bundesvorsitzende Christian<br />
Baumann zum Auftakt. Zahlreiche Mitarbeiter seien<br />
qualifiziert und dann im Einzelhandel und den Gesundheitsämtern<br />
eingesetzt worden. Demgegenüber stünden<br />
zahlreiche Arbeitsplatzverluste in den Bereichen<br />
Gastronomie und Produktion. Baumann schaute auch<br />
nach vorn und erinnerte an die Bundestagswahl im<br />
Herbst. „Wir sind in der Lage, unsere Bedingungen<br />
mit den Sozialpartnern selbst zu gestalten und zu realisieren“,<br />
reagierte er auf die teils abenteuerlichen Formulierungen<br />
mancher Wahlprogramme zum Thema<br />
Zeitarbeit. Der iGZ-Bundesvorsitzende forderte ein, das<br />
hohe Gut der Tarifautonomie zu respektieren.<br />
MASSIVE EINSCHRÄNKUNGEN<br />
Unter dem Deckmantel der Schutzbedürftigkeit habe<br />
es massive Einschränkungen der Zeitarbeit gegeben,<br />
erinnerte er an das Zeitarbeitsverbot in der Fleischindustrie.<br />
Dieser Logik sei nicht mehr zu folgen, die<br />
Verfassungsbeschwerde gegen diese Regulierung die<br />
logische Schlussfolgerung. „Die Verfügbarkeit von Flexibilität<br />
wird über Sieg oder Niederlage der deutschen<br />
Wirtschaft entscheiden“, unterstrich Baumann auf die<br />
große Tragweite solch sensibler Entscheidungen. Worte,<br />
die ankamen bei den über 300 Teilnehmern des<br />
digitalen iGZ-Bundeskongresses, der ein abwechslungsreiches<br />
Programm bot: Leonie Gebers, Staatssekretärin<br />
im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, richtete<br />
zunächst ein Grußwort an das digitale Forum. „Wir<br />
Der iGZ dankt seinen Sponsoren
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
DIGITAL UNTERWEGS 37<br />
kämpfen um jeden Arbeitsplatz. Wichtig dabei ist die<br />
Kurzarbeit“, erläuterte die Staatssekretärin eingangs.<br />
Das koste zwar viel Geld, sei aber richtig ausgegeben.<br />
Trotz des Lockdowns sei es zahlreichen Unternehmen<br />
möglich gewesen, damit ihre Mitarbeiterschaft zu halten.<br />
In den Hintergrund, aber nicht verdrängt, habe<br />
das Coronavirus die Aufgaben, die in den kommenden<br />
Jahren auf der Agenda der Wirtschaft stehen. Unter anderem<br />
sprach Gebers die Digitalisierung und die duale<br />
Ausbildung an. Jetzt gelte es, Beschäftigungsfähigkeit<br />
zu sichern, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, setzte<br />
sie auf Weiterbildung.<br />
EIN WEITER WEG<br />
Wie der Neustart nach Corona in der sozialen Marktwirtschaft<br />
gelingt, erläuterte Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer<br />
Gesamtmetall. Zander unterstrich das<br />
enge Zusammengehen sowohl der beiden Branchen als<br />
auch der Verbände. Es sei aber noch ein weiter Weg<br />
bis zum Vorkrisenniveau 2018 meinte der Hauptgeschäftsführer<br />
angesichts der konjunkturellen Einbrüche<br />
wegen Corona. Für das aktuelle Jahr sei jedoch schon<br />
ein schneller Aufholprozess zu vermerken. „Die Produktionserwartungen<br />
stabilisieren sich auf hohem Niveau<br />
und das ist auch für die Zeitarbeit eine gute Nachricht“,<br />
zeigte sich Zander optimistisch. Das äußere sich zudem<br />
in den rückläufigen Kurzarbeiterzahlen.<br />
BRÜCKE IN DEN ARBEITSMARKT<br />
Als „Chance“ bezeichnete Daniel Terzenbach, Vorstand<br />
Regionen der Bundesagentur für Arbeit, die<br />
Zeitarbeit hinsichtlich der aktuellen Herausforderungen<br />
des Arbeitsmarktes: Nie zuvor habe es einen dermaßen<br />
großen Einbruch in der Wirtschaft gegeben<br />
wie mit der Coronapandemie im vergangenen Jahr.<br />
Nicht nur, dass die Beschäftigtenzahlen innerhalb kürzester<br />
Zeit massiv zurückgingen – auch habe es mit<br />
sechs Millionen Anzeigen zur Kurzarbeit noch nie eine<br />
so hohe Zahl dazu gegeben. In der Coronakrise habe<br />
sich sowohl die Vorreiterrolle der Zeitarbeit als auch<br />
deren Risiken gezeigt. Es sei absolut richtig gewesen,<br />
das Instrument der Kurzarbeit in der Zeitarbeit einzusetzen,<br />
betonte er die Rolle der Branche als Konjunkturbarometer.<br />
In diesem Zusammenhang erinnerte er<br />
daran, dass gerade die Zeitarbeit für Beschäftigte, die<br />
sonst in der Wirtschaft keine Chance hätten, eine Brücke<br />
in den Arbeitsmarkt sei.<br />
INTERVIEWS MIT POLITIKERN<br />
Im Schatten der Bundestagswahl sprach die Kongressmoderatorin<br />
Anke Plättner mit den Vertretern der politischen<br />
Parteien: Unter dem Titel „Ideale Impfdosis für<br />
den Aufschwung – wie viel Zeitarbeit brauchen wir?“<br />
kamen dabei Jana Schimke MdB CDU/CSU, Bernd Rützel<br />
MdB SPD, Michael Theurer MdB FDP, sowie für die<br />
Gewerkschaften Stefan Körzell DGB-Vorstandsmitglied,<br />
und für den Zeitarbeitgeberverband Werner Stolz, iGZ-<br />
Hauptgeschäftsführer, zu Wort. Mehr zu diesen Interviews<br />
lesen Sie online auf www.ig-zeitarbeit.de.<br />
„Krisen als wichtige Entkalkungsfunktion – Lektionen<br />
für Unternehmen nach der Krise“ lautete das Thema<br />
des Vortrags von Anja Förster, Bestsellerautorin und<br />
Gründerin Rebels at Work. Krisen, so die Referentin,<br />
haben auch eine hohe Nützlichkeit. Dass Krisen passieren,<br />
könne man nicht verhindern – die Herausforderung<br />
sei die Reaktion darauf. Es gelte, in die Offensive zu<br />
gehen, um Veränderungskräfte freizusetzen. Dazu sei<br />
„Z.F.D.B.“ notwendig, das stehe für „Zeit für die Birne“<br />
und bedeute schlicht, alles technisches Gerät beiseite<br />
zu schieben, um sich Zeit zum Nachdenken zu geben.<br />
MENSCH, ÄRGERE DICH NICHT<br />
Corona und die Nach-Merkel-Ära: Die Bundestagswahl<br />
2<strong>02</strong>1 unter neuen Vorzeichen betrachtete Hajo<br />
Schumacher, Journalist, Buchautor und Moderator aus<br />
journalistischer Sicht. Unter der Überschrift „Mensch,<br />
ärgere Dich nicht“ spielte er die verschiedenen Möglichkeiten<br />
des Wahlausgangs durch. Der ehemalige<br />
Spiegelredakteur beleuchtete dabei auch die Politik der<br />
vergangenen Jahre und deren Ergebnisse. Mit einem<br />
Schlusswort beendete schließlich der iGZ-Bundesvorsitzende<br />
Christian Baumann den iGZ-Bundeskongress.<br />
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38<br />
DIGITAL UNTERWEGS<br />
iGZ-Bundeskongress<br />
Ich glaub´, mein Schwein pfeift<br />
Seit dem 1. April ist die Zeitarbeit in der Fleischindustrie verboten. Vier Zeitarbeitsunternehmen,<br />
darunter zwei iGZ-Mitgliedsunternehmen, gehen dagegen rechtlich<br />
vor und haben in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingelegt. Der Stand der Klagen<br />
und das Für und Wider des Verbots der Zeitarbeit wurden auch beim iGZ-Bundeskongress<br />
diskutiert – in einer Runde unter anderem mit Vertretern des Verbands<br />
der Ernährungswirtschaft, der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Wissenschaftlern<br />
und iGZ-Mitgliedsunternehmen.<br />
Prof. Dr. Peter Schüren | RA Vehid Alemić | Roger Lothmann | Anke Plättner<br />
„In der Geschäftsführung waren wir uns sofort einig,<br />
gegen das Arbeitsschutzkontrollgesetz vorgehen zu<br />
wollen und zu müssen. Das Verbot der Zeitarbeit in der<br />
Fleischindustrie ist für uns nicht existenziell, aber uns<br />
ist schon ein nicht unerheblicher Geldbetrag flöten gegangen“,<br />
berichtete Roger Lothmann, Geschäftsführer<br />
von iGZ-Mitglied TIMEPARTNER Personalmanagement<br />
GmbH. „Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum wir<br />
mit Werkverträgen in einen Topf geworfen und reglementiert<br />
werden. Daher haben wir uns für den Weg<br />
der Verfassungsbeschwerde entschieden.“ Unterstützung<br />
bekam Lothmann von Arbeitswissenschaftler Prof.<br />
Dr. Peter Schüren: „Das Vorgehen der Regierung ist<br />
schlichtweg ineffektiv, weil das Gesetz einfach klotzig<br />
draufhaut und Werkverträge und Zeitarbeit in ihrer<br />
Gesamtheit verbietet. Wir hatten drei Problemzonen –<br />
Arbeitszeit, Arbeitssicherheit und Wohnbedingungen.<br />
Alle drei Dinge muss man separat betrachten und an<br />
den einzelnen Stellschrauben drehen,“ sagte der Wissenschaftler<br />
der Westfälischen Wilhelms-Universität<br />
Münster. „Das ist auch möglich – ohne, dass ich den<br />
Arbeitgeber wechsele.“
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
DIGITAL UNTERWEGS 39<br />
SELBSTVERPFLICHTUNGEN AUS<br />
GEWERKSCHAFTSSICHT WIRKUNGSLOS<br />
Dr. Susanne Uhl von der Gewerkschaft Nahrung-<br />
Genuss-Gaststätten hat da andere Erfahrungen gesammelt.<br />
Sie berichtete auf Nachfrage von Moderatorin<br />
Anke Plättner von überwiegend negativen Erlebnissen:<br />
„Aus meiner Sicht war das Gesetz in der Situation die<br />
einzige Möglichkeit. Ich begleite schon seit 2012 Menschen<br />
in der Fleischindustrie. Und die ganzen Kodexe<br />
und Selbstverpflichtungen haben dort nichts verbessert“,<br />
so Uhl. Dass etwas gegen die Zustände getan<br />
werden musste, darin war sich die Runde einig. „Wir<br />
sagen auch nicht, dass das Arbeitsschutzkontrollgesetz<br />
insgesamt Quatsch ist, wir begrüßen weitere Kontrollen.<br />
Aber die Zeitarbeit zu verbieten, ist falsch, weil es<br />
nun mal Unterschiede zwischen Werkverträgen und<br />
Zeitarbeit gibt“, betonte iGZ-Geschäftsführer Martin<br />
Dreyer. „Arbeitsschutz beispielsweise ist für uns ein<br />
ganz wichtiges Thema. So haben wir innerhalb von<br />
zehn Jahren die Unfallquote massiv senken können. Das<br />
Gesetz ist für mich ein unverhältnismäßiger Eingriff.“<br />
SOZIALPARTNERSCHAFTLICHE UND<br />
TARIFLICHE LÖSUNGEN<br />
Vehid Alemić appellierte für andere, gemeinsam erarbeitete<br />
Lösungen. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands<br />
der Ernährungswirtschaft e.V. (VdEW) unterstrich<br />
beim iGZ-Bundeskongress: „Aus meiner Sicht wäre es<br />
wesentlich effektiver, über sozialpartnerschaftliche und<br />
tarifliche Lösungen gegen die Probleme vorzugehen.“<br />
Die Fleischindustrie sei extrem heterogen. Eines habe<br />
sie aber gemein: „Die Unternehmen der Branche leben<br />
vor allem vom Saisongeschäft in den warmen Monaten.<br />
In der Grill-Saison brauchen wir temporär mehr<br />
Mitarbeiter. Durch das Verbot der Zeitarbeit müssen wir<br />
nun schauen, wie wir diesen Bedarf zeitlich begrenzt<br />
decken – durch befristete Arbeitsverträge.“ Diese seien<br />
allerdings für die Mitarbeiter deutlich schlechter als<br />
Zeitarbeitsverträge und für die Unternehmen schwieriger<br />
zu organisieren.<br />
STEUERUNGSINSTRUMENTE FÜR<br />
SAUBERE VERTRÄGE<br />
Das Gesetz sei so nicht notwendig, ist sich Prof. Schüren<br />
sicher: „Es gibt Steuerungsinstrumente, wie man die<br />
Werkverträge sauber bekommt. Allein wenn die Arbeitszeit<br />
sauber erfasst und diese Zeit auch bezahlt<br />
würde, wäre die Lebenssituation der Menschen eine<br />
ganz andere.“ Daran sollte gearbeitet werden. Das<br />
Arbeitszeitgesetz zu nehmen und zu verbessern, das<br />
könnten sie gemeinsam in der nächsten Legislaturperiode<br />
angehen, lud Gewerkschaftlerin Uhl Professor<br />
Schüren ein: „Es gibt vielfältige Probleme, wie dass die<br />
Menschen in der Fleischindustrie trotz Krankschreibung<br />
gezwungen werden, zu arbeiten, und die schlechte<br />
Unterbringungssituation. Dagegen muss in der Gesamtheit<br />
vorgegangen werden.“<br />
GUTE ERFOLGSAUSSICHTEN FÜR<br />
VERFASSUNGSKLAGE<br />
Allen Mitarbeitern in der Fleischindustrie die besten<br />
Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, liegt auch TIME-<br />
PARTNER-Geschäftsführer Lothmann am Herzen: „Was<br />
können wir besser machen? Wenn die Töpfe Werkvertrag<br />
und Zeitarbeit klar auseinandergehalten würden,<br />
hätten wir schon viel gewonnen. Ich habe in der<br />
Fleischindustrie auch Werkverträge gesehen, die nicht<br />
sauber waren. Klappern gehört zum Handwerk, wir<br />
müssen an unserem Image arbeiten. Wir sind gut, wir<br />
sind gut aufgestellt – und deshalb klagen wir auch,<br />
weil wir unfair behandelt werden.“ Der Appell von<br />
iGZ-Geschäftsführer Dreyer lautet: „Stellt gern mehr<br />
Kontrolleure ein, denn wir haben nichts zu verbergen.<br />
Aber mit einem Gesetz pauschal auf jegliche Zeitarbeit<br />
draufzuhauen, ist einfach unverhältnismäßig.“ Ob das<br />
Gericht in Karlsruhe dies genauso sieht? „Ich schätze<br />
die Chancen der klagenden Zeitarbeitsunternehmen als<br />
gut ein“, schloss Prof. Schüren die Diskussionsrunde.<br />
„Voraussichtlich zu Anfang des neuen Jahres wird es<br />
dazu aus Karlsruhe eine Entscheidung geben.“ SaS<br />
Personaldienstleistung smarter managen
40<br />
DIGITAL UNTERWEGS<br />
iGZ-Forum Personalmanagement<br />
Motivation durch<br />
sinnvolle Arbeit<br />
Mit neuen Ideen für neues Arbeiten beschäftigten sich die Referenten und rund 150<br />
Teilnehmer des iGZ-Forums Personalmanagement via Internet: Ganz im Fokus des<br />
Themas Bildung stand die digitale Veranstaltung, die von Clemens von Kleinsorgen,<br />
stellvertretender Leiter iGZ-Fachbereich Bildung und Personal / Qualifizierung, und<br />
Claudia Schütte, Organisations- und Personalentwicklung, iGZ-Fachbereich Bildung<br />
und Personal/Qualifizierung, eröffnet wurde.<br />
Clemens von Kleinsorgen<br />
Lasse Rheingans<br />
„Quo vadis, Bildung?“ fragten denn auch Irene Schubert,<br />
stellvertretende iGZ-Bundesvorsitzende, und<br />
Christian Bloom, Leiter des iGZ-Fachbereichs Bildung<br />
und Personal / Qualifizierung, zum Auftakt – und lieferten<br />
die Antwort gleich mit. „Bildung ist ganz hoch<br />
angesiedelt und hat einen hohen Stellenwert im iGZ“,<br />
betonte Bloom. Irene Schubert erinnerte in diesem Zusammenhang<br />
an den Fachkräftemangel, auch daher<br />
habe Bildung eine ganz hohe Priorität. Dabei spiele<br />
die Digitalisierung eine große Rolle. Als Beispiel nannten<br />
beide die neue digitalisierte iGZ-Lernplattform.<br />
Bloom: „Wir haben das Präsenzangebot komplett auf<br />
digital umgestellt und werden künftig gemischte Formate<br />
anbieten.“<br />
KOMPETENZEN WEITERENTWICKELN<br />
„Ideenmanagement als Innovationstreiber“ lautete das<br />
Thema von Dipl.-Ing. Hans-Rüdiger Munzke, „Mitarbeiter<br />
mitnehmen und deren Kompetenzen weiterentwickeln“<br />
sein Credo. Zum Motor des Erfolgs erläuterte der<br />
Referent: „Das wahre Geheimnis des Erfolgs ist die Begeisterung.“<br />
Es gelte, gute Ideen schnell zu erkennen,<br />
sie richtig einzuordnen und damit Chancen zu nutzen.<br />
Damit werde die Ertragskraft gesteigert, die Effizienz<br />
verbessert und der Kundennutzen gemehrt.<br />
VIELSCHICHTIGE DIGITALISIERUNG<br />
Der Medienwissenschaftler Lasse Rheingans richtete<br />
unter dem Titel „New Work – New Normal“ den Blick
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
DIGITAL UNTERWEGS 41<br />
auf die moderne Arbeitswelt. Mit dem Arbeitszeitmodell<br />
in seiner Agentur – weniger Stunden arbeiten bei<br />
gleichem Gehalt – sorgte Rheingans bundesweit für<br />
Aufsehen. Vieles sei im Wandel und im Umbruch verwies<br />
er auf die Vielschichtigkeit von unter anderem<br />
Internationalisierung und Digitalisierung. Die Verzahnung<br />
verschiedenster Vorgänge erläuterte er anhand<br />
des Rückgangs der Kaugummi-Umsätze seit Einführung<br />
des iPhones – in der Langeweile wurde das Kauen<br />
durch die neue Technik als Tätigkeit ersetzt. Durch<br />
moderne Entwicklungen seien zahlreiche technische<br />
Einrichtungen obsolet geworden, und das habe ganze<br />
Wirtschaftszweige vielfach durcheinandergewirbelt.<br />
Diese Entwicklung lasse sich nicht aufhalten: „Sie passiert,<br />
und sie passiert immer schneller.“ Dem hinke die<br />
Arbeitswelt oft noch hinterher. Massiv unter Beschuss<br />
sei etwa der Handel, verwies Rheingans auf den Einfluss<br />
von Amazon. Das wirke sich auch auf die Beschäftigten<br />
aus. Burn-out, Work-Life-Balance und Teilzeitmodelle<br />
seien Reaktionen auf diese Entwicklungen.<br />
Längst finde auch eine neue Form der Auswahl statt:<br />
„Die Millenials wollen nicht mehr für jeden arbeiten“, erläuterte<br />
er, dass sich der Nachwuchs mittlerweile seinen<br />
Arbeitgeber aussuche. Laut einer Untersuchung machen<br />
70 Prozent der Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift, 15<br />
Prozent haben laut Rheingans eine emotionale Bindung<br />
und sind engagiert, und 15 Prozent haben sich innerlich<br />
komplett von ihrem Job verabschiedet. Rheingans<br />
verwies auf lösungsorientierte Ansätze auf Basis eines<br />
strukturierten Arbeitsablaufs, der auch Raum für kreative<br />
Pausen lasse und Aussicht auf arbeitsfreie Zeiten biete.<br />
SINNMÖGLICHKEITEN BIETEN<br />
Was Führungskräfte zu sinnstiftender Arbeit beitragen<br />
können, erklärte Prof. Dr. Nico Rose, Professor für<br />
Wirtschaftspsychologie an der International School of<br />
Management (ISM), den Teilnehmern aus seinem Homeoffice.<br />
Zum Auftakt zitierte er den österreichischen Neurologen<br />
und Psychiater, Viktor Frankl, der im Kontext<br />
des Themas formulierte: „Wer Menschen motivieren will<br />
und Leistung fordert, muss Sinnmöglichkeiten bieten.“<br />
Der Mensch habe einen Willen zum Sinn und könne<br />
nicht anders. Als „Quatsch“ bezeichnete er dabei die<br />
Vorstellung, ein Unternehmen definiere das „Warum“<br />
seiner Arbeit und schon funktioniere die Belegschaft<br />
und das Arbeiten sei sinnvoll. Werde die Arbeit als sinnstiftend<br />
empfunden, erzeuge das viele positive Effekte –<br />
sie sei dann beispielsweise auch ein Schutzfaktor gegen<br />
Depressionen. Laut einer Studie würden, so Rose,<br />
90 Prozent Einkommenseinbußen hinnehmen, um eine<br />
sinnvoller gestaltete Arbeit zu haben. Die Verzichtbereitschaft<br />
reiche bis hin zu einem Viertel des Einkommens.<br />
Anschließend ging´s in die Workshops: „Serious Gaming –<br />
Trends, Vorteile und Praxisbeispiel“ lautete das Thema<br />
von Christine Stütz, Senior Consultant bei HRpepper<br />
GmbH & Co. KgaA. Über „Wert-volle Unternehmen =<br />
Wert-volle Zeitarbeit. Workshop mit der LEGO® SERI-<br />
OUS PLAY® Methode“ referierte Julian Kea, Serious<br />
Games Facilitator und Team-Coach. Anna-Carina Kern,<br />
Referentin und Trainerin am Institut der deutschen Wirtschaft<br />
Akademie, beschäftigte sich mit „Nutzerzentrierte<br />
Ideenfindung in HR: Mit Design Thinking das virtuelle<br />
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42<br />
BILDUNG<br />
Mit Zeitarbeit doppelten<br />
Wurf gelandet<br />
Handball und Zeitarbeit? Das hat doch nichts miteinander zu tun! Jannek Klein<br />
beweist das Gegenteil: Der 22-Jährige ist Junioren-Nationalspieler und macht –<br />
dank eines iGZ-Mitgliedsunternehmens – derzeit seine Ausbildung zum Personaldienstleistungskaufmann.<br />
Und er ist nicht der erste Bundesliga-Handballer, der seine<br />
Zukunft in der Zeitarbeit sieht.<br />
Jannek Klein (links) und Christian Klimek (rechts)<br />
Der No-Look-Pass aus dem halbrechten Rückraum von<br />
Jannek Klein an Kreisläufer Christian Klimek ist einstudiert<br />
und kommt fast immer verlässlich an. Die beiden<br />
Bundesliga-Handballer der Eulen Ludwigshafen verstehen<br />
sich blind. Das gilt nicht nur „auf der Platte“,<br />
sondern auch im Berufsleben: Beide arbeiten beim iGZ-<br />
Mitgliedsunternehmen TIMEPARTNER und sitzen dort<br />
Schreibtisch an Schreibtisch.<br />
Der 22-jährige Klein hat im Handball schon viel erlebt:<br />
Mit 15 Jahren zog er von zuhause in das Sportinternat<br />
der SG Flensburg-Handewitt. Nach dem Realschul-Abschluss<br />
begann er parallel zum Handball eine Ausbildung<br />
zum Kaufmann für Bürokommunikation. Mit 19<br />
Jahren wechselte er dann in die Jugend der Handballer<br />
vom FC Barcelona. Eigentlich sollte er dort zwei Jahre<br />
bleiben, doch nach einem Jahr löste er den Vertrag<br />
wieder auf: „Das Training fand dort immer erst in den<br />
Abendstunden statt. Jeden Tag einfach nur rumzugammeln<br />
ist aber nicht mein Ding. Irgendwann hat man<br />
auch am Strand alles gesehen. Deswegen wollte ich<br />
wieder zurück nach Deutschland.“ So wechselte er zu<br />
den Eulen Ludwigshafen, weil bei ihnen das Gesamtpaket<br />
stimmte. Und zu diesem Paket gehörte auch das<br />
Angebot eines der Sponsoren, dem Junioren-Nationalspieler<br />
eine Ausbildung zu ermöglichen.
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
BILDUNG 43<br />
„Dass wir die Eulen als Sponsor unterstützen, ist regional<br />
und historisch gewachsen“, erklärt Thomas Dick,<br />
Geschäftsführer von TIMEPARTNER. Er war früher als Regionalleiter<br />
für diesen Bereich zuständig und hat die Partnerschaft<br />
begründet: „Ich bin bei einer Veranstaltung<br />
vor einigen Jahren zufällig dem jungen Christian Klimek<br />
begegnet. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte, dass<br />
er einen Ausbildungsplatz sucht. Ein paar Tage später hat<br />
er bei uns im Büro den Ausbildungsvertrag unterschrieben“,<br />
erinnert er sich. Als Klein vor seinem Wechsel nach<br />
Ludwigshafen stand, kam der Verein wieder auf TIME-<br />
PARTNER zu. „Als Personaldienstleister ist es doch klar,<br />
dass wir den Verein bei der Berufsausbildung der Spieler<br />
unterstützen“, sagt Dick. Insgesamt findet er, dass die<br />
Eulen wunderbar zur Zeitarbeit und zu TIMEPARTNER<br />
passen: „Die leben von ihrer Einstellung, sie machen das<br />
Beste aus jeder Situation und geben nicht auf. Es ist die<br />
Mentalität, die ich an dem Verein mag.“<br />
Der Arbeitsalltag gestaltet sich so, dass sich die Arbeitszeiten<br />
von Jannek Klein an seinen Trainings- und<br />
Spielterminen orientierten. Aufgrund der in Flensburg<br />
begonnenen Lehre konnte er die Ausbildung zum Personaldienstleistungskaufmann<br />
(PDK) auf zwei Jahre<br />
verkürzen. Aktuell läuft es ganz gut für ihn: Die schriftlichen<br />
PDK-Prüfungen hat er bereits bestanden und<br />
auch bei den Eulen hat er seinen Vertrag verlängert. Die<br />
Ausbildung ist für Klein wichtig: „Der Handballsport<br />
ist schnell und hart. Gott sei Dank bin ich bislang von<br />
schlimmeren Verletzungen verschont geblieben. Trotzdem<br />
ist der PDK mein Plan B – auch für die Zeit nach der<br />
Handball-Karriere.“ Deswegen wird er auch nach Abschluss<br />
der Ausbildung mit 20 Stunden in Teilzeit, wie<br />
Kollege Klimek, bei TIMEPARTNER bleiben. Darauf hat<br />
er sich kürzlich mit Thomas Dick verständigt. Er ist froh,<br />
dass Klimek und Klein bei TIMEPARTNER arbeiten: „Die<br />
beiden sind kommunikativ, intelligent und haben eine<br />
schnelle Auffassungsgabe. Das ist im Handball genauso<br />
wichtig, wie bei uns.“ Insgesamt seien Leistungssportler<br />
extrem diszipliniert.<br />
Eindruck, er würde sich auf dem Erreichten ausruhen:<br />
„Natürlich bin ich stolz auf das, was ich erreicht habe.<br />
Aber für den dritten Platz bei der U21-Europameisterschaft<br />
kann ich mir hier bei den Eulen auch nichts<br />
kaufen. Da muss ich mich jede Woche im Training neu<br />
beweisen.“ Im Ludwigshafener Bundesligakader ist er<br />
einer der Jüngsten. Er weiß, dass ihm vor allen Dingen<br />
Erfahrung fehlt: „Ich muss ruhiger, cleverer und selbstbewusster<br />
werden. Manchmal bin ich noch zu ungestüm.<br />
Und ich muss an meinem Körper arbeiten – in<br />
der Bundesliga sind ganz schöne Brocken unterwegs.“<br />
Doch er bekommt seine Einsatzzeiten. Immerhin 30<br />
Saisontore stehen für den 22-Jährigen zu Buche, der<br />
mittlerweile nicht nur im Angriff, sondern auch in der<br />
Abwehr zum Zuge kommt. „Da helfen mir sicherlich<br />
auch meine Erfahrungen aus Barcelona. In Spanien wird<br />
ganz anders verteidigt als in Deutschland“, berichtet<br />
Klein. „Während wir in Deutschland sehr robust zur<br />
Sache gehen, lesen die Spanier das Angriffsspiel und<br />
zwingen den Gegner zu Fehlern.“<br />
Der 31-jährige Christian Klimek ist von dem jungen<br />
Mitspieler überzeugt: „Er hat ein Riesenpotenzial. Für<br />
sein Alter hat er ein sehr reifes Spielverständnis. Dazu<br />
kommt, dass Jannek extrem diszipliniert und ehrgeizig<br />
ist. Und das ist es, was den Unterschied macht, denn talentiert<br />
sind Viele.“ Klimek und Klein sind aber nicht nur<br />
Kollegen. Sie verbindet eine tiefe Männerfreundschaft:<br />
„Wir haben in unserer Biografie so viele Parallelen, dass<br />
ich mich in ganz vielen Punkten in ihm wiedererkenne“,<br />
sagt Klimek, nicht ohne ziehväterlichen Stolz. MS<br />
Jannek Klein ist zudem sehr reflektiert. Er kennt seine<br />
Stärken und seine Schwächen ganz genau – und arbeitet<br />
kontinuierlich daran. Zu keiner Zeit hat man den
44<br />
BILDUNG<br />
Neue PDK-Azubi-Botschafter<br />
Aus 2 mach 4<br />
Gut 400.000 Auszubildende haben im vergangenen Jahr – mitten in der Coronapandemie<br />
– einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen. Nach den neuesten Zahlen<br />
des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung am Institut der Deutschen Wirtschaft<br />
blieben knapp 60.000 Stellen unbesetzt, während etwa 78.000 Bewerber keinen<br />
Ausbildungsplatz fanden. Seit den Jahr 2008 gehört die Ausbildung zum Personaldienstleistungskaufmann<br />
(PDK) zu den Top 100 der beliebtesten Berufsausbildungen<br />
in Deutschland. Damit Auszubildende und Betriebe auch in Zukunft in diesem attraktiven<br />
Ausbildungsverhältnis zusammenfinden, hat der iGZ einige Initiativen gestartet.<br />
Jimmy Dervisi<br />
Donika Shatrolli<br />
Nach aktuellen Studien des IW wünschen sich Azubis<br />
vor allem dreierlei von ihrem zukünftigen Arbeitgeber:<br />
Sie möchten mehr erfahren über ihre Arbeitstätigkeiten,<br />
mehr wissen über die Anforderungen im Beruf und<br />
legen gleichzeitig Wert auf einen frühzeitigen persönlichen<br />
Kontakt zum Unternehmen. Diese Anliegen erfüllt<br />
der iGZ durch seine aktuellen PDK-Broschüren, vier<br />
neue PDK-Azubi-Botschafter und die Einladung an alle<br />
iGZ-Mitgliedsunternehmen, sich im August am bundesweiten<br />
„Sommer der Berufsausbildung“ der Allianz für<br />
Aus- und Weiterbildung zu beteiligen.<br />
In den beiden Broschüren „An Bord der Zeitarbeit“ und<br />
„Jetzt geht’s ab“ geht der iGZ allen wesentlichen Fragen<br />
nach, die potenzielle PDK-Ausbilder und PDK-Auszubildende<br />
haben. „Mit unseren Broschüren wollen wir<br />
junge Menschen, ihre Eltern und Betriebe umfassend<br />
informieren und dafür gewinnen, Ausbildungsverträge<br />
abzuschließen“, erläutert Irene Schubert, stellvertretende<br />
iGZ-Bundesvorsitzende. „Bei der Entscheidung<br />
für einen Azubi geben Arbeitgeber den Startschuss für<br />
einen längeren Prozess – dem ‚Onboarding‘“, ergänzt<br />
sie. Genau dazu liefert die Ausbilder-Broschüre wertvolle<br />
Tipps.<br />
CIAO LAURA UND SERGEN<br />
Bislang haben die zwei Auszubildenden Laura und<br />
Sergen ihren Ausbildungsberuf auf der Internetseite<br />
www.pdk-ausbildung.de und in den Social-Media-Kanälen<br />
bei Instagram & Co. vorgestellt. Inzwischen haben<br />
beide ihre Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen.<br />
Daher berichten ab sofort die PDK-Auszubildenden<br />
Tarek Abdul Ghani, Jimmy Dervisi, Donika Shatrolli und<br />
Jana Sommerfeld über ihren Ausbildungsalltag. Sie<br />
kommen aus verschiedenen Teilen Deutschlands, und<br />
ihre Wege sind so vielfältig wie der Beruf selbst.
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
BILDUNG 45<br />
Tarek Abdul Ghani<br />
Jana Sommerfeld<br />
Tarek Abdul Ghani ist 19 Jahre alt und kommt aus<br />
Frankenthal in der Pfalz. Er fängt im Herbst mit der Ausbildung<br />
an. Warum er sich für diese Ausbildung entschieden<br />
hat? „Es macht mir Spaß, mit Menschen zu arbeiten,<br />
der Beruf wird nie zur Routine und ich habe Tag für Tag<br />
die Chance, Menschen in Arbeit zu bringen.“<br />
Jana Sommerfeld hatte sich zunächst für eine ganz andere<br />
berufliche Laufbahn entschieden. Nach dem Start<br />
eines dualen Studiums im Finanzamt hat die 23-jährige<br />
Wiesbadenerin die Weichen komplett neu gestellt: „Da<br />
dies die einzige Ausbildung ist, bei der man den vollen<br />
Fokus auf Personalthemen hat.“<br />
Donika Shatrolli, ebenfalls 23 Jahre alt, hat als Disponentin<br />
in der Sicherheitsbranche gearbeitet, bevor sie<br />
in die Personaldienstleistung kam. „Die Ausbildung ist<br />
immer abwechslungsreich“, erzählt die Koblenzerin.<br />
Der schönste Moment in der Ausbildung ist für sie,<br />
„wenn ein Bewerber, der die Hoffnung auf Arbeit<br />
schon fast aufgegeben hat, durch uns eine neue Chance<br />
erhält.“<br />
Jimmy Dervisi hat vor dem Beginn seiner Ausbildung<br />
ein halbes Jahr in Köln im Brühler Freizeitpark gearbeitet.<br />
Was den 20-Jährigen bewegt hat, diesen<br />
Berufsweg einzuschlagen? „Die Personalbranche hat<br />
mich schon immer begeistert – außerdem sehe ich die<br />
Ausbildung als Teil meiner weiteren Persönlichkeitsentwicklung.“<br />
Worauf sich Jimmy Dervisi bei seiner<br />
Tätigkeit am meisten freut? „Auf die tägliche Arbeit<br />
mit den Bewerbern.“ BR<br />
Mehr zur PDK-Ausbildung:<br />
www.ig-zeitarbeit.de/bildung/pdk<br />
www.pdk-ausbildung.de<br />
Facebook:<br />
@MachDeinDingPDK<br />
Instagram:<br />
@pdk_ausbildung<br />
PDK-Broschüren bestellen:<br />
www.ig-zeitarbeit.de/igz/shop
46<br />
BILDUNG<br />
Sommer der<br />
Berufsausbildung<br />
Die duale Ausbildung ist ein attraktiver Exportschlager „Made in Germany“. Von<br />
Griechenland über Portugal bis hin zu Spanien gilt sie als Garant für gut ausgebildete<br />
Fachkräfte und eine geringe Jugendarbeitslosigkeit. Doch aktuell ist es aufgrund der<br />
Coronapandemie nicht leicht, Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt<br />
zusammenzubringen. Erstmals seit der deutschen Einheit ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge<br />
unter die 500.000er-Marke gesunken, während gleichzeitig weniger<br />
junge Menschen einen Ausbildungsplatz suchten. Das betrifft auch den Ausbildungsgang<br />
zum Personaldienstleistungskaufmann (PDK). Daher heißt es jetzt für Unternehmen<br />
der Zeitarbeitsbranche, junge Bewerber möglichst gezielt anzusprechen.
Z direkt! <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>1<br />
BILDUNG 47<br />
„Wir unterstützen Unternehmen bei der Sicherung ihres<br />
Fachkräftenachwuchses. Die duale Ausbildung ist<br />
ein wichtiger Faktor, um jungen Menschen eine zukunftsorientierte<br />
Berufsperspektive zu ermöglichen“,<br />
erläutert Yvonne Kohlmann, Geschäftsführerin von<br />
SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland. Hilfe erhalten Unternehmen<br />
durch den bundesweiten „Sommer der<br />
Berufsausbildung", den die Partner der Allianz für Ausund<br />
Weiterbildung initiiert haben. Die Allianz aus Bund,<br />
Ländern, Sozialpartnern und der Bundesagentur für Arbeit<br />
(BA) verfolgt das Ziel, möglichst vielen jungen Menschen<br />
im Jahr 2<strong>02</strong>1 eine Berufsausbildung im Betrieb zu<br />
ermöglichen. Im Kern geht es darum, Schulabgänger,<br />
ihre Familien sowie potenzielle Ausbildungsbetriebe<br />
zusammenzubringen und so den Abschluss weiterer<br />
Ausbildungsverträge zu ermöglichen.<br />
AKTIVITÄTEN IM AUGUST<br />
Dabei sollen Themen- und Aktionstage auf Bundesebene<br />
von Partnern vor Ort regional aufgegriffen und in<br />
die Praxis umgesetzt werden. Einzelne Allianz-Partner<br />
haben eine Patenschaft für bestimmte Themen übernommen.<br />
So unterstützt beispielsweise die Bundesvereinigung<br />
der Deutschen Arbeitgeberverbände die BA<br />
bei der Umsetzung des Themas „Deine Region bietet<br />
dir viele spannende Berufe und Ausbildungen – lerne sie<br />
im Betrieb kennen.“ Dazu werden im August zahlreiche<br />
Aktivitäten stattfinden, bei denen sich auch iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />
einbringen können. „Unternehmen<br />
leisten bei der Berufsentscheidung wertvolle Hilfe, indem<br />
sie zum Tag der offenen Tür einladen oder Betriebspraktika<br />
anbieten“, erläutert Yvonne Kohlmann.<br />
GENERATION Z<br />
Aber Ausbildungsbetriebe können noch mehr tun, um<br />
junge Talente für sich zu gewinnen: Sie können die<br />
Jahrgänge der Bewerber, die Generation Z, näher unter<br />
die Lupe nehmen und auf sie eingehen. Mitglieder<br />
der Generation Z sind um die Jahrtausendwende herum<br />
bis in die 2010er-Jahre geboren und in einer Gesellschaft<br />
aufgewachsen, in der man über das Internet<br />
und in sozialen Medien kommunizieren, sich informieren<br />
und sich selbst darstellen kann. Für sie ist es also<br />
völlig normal, das Smartphone und das Internet zu<br />
nutzen. Am liebsten greifen junge Menschen auf die<br />
Angebote von YouTube, WhatsApp und Instagram zu.<br />
Für die Kommunikation wird immer häufiger Snapchat<br />
verwendet. Facebook ist mittlerweile eher etwas für<br />
„alte Hasen“ und wird nur noch von wenigen jungen<br />
Menschen aktiv genutzt.<br />
ELTERNBETEILIGUNG<br />
Mindestens ebenso wichtig sei es im diesjährigen<br />
„Sommer der Berufsausbildung“ aber auch, so Yvonne<br />
Kohlmann, die Eltern von Schulabgängern frühzeitig<br />
mit ins Boot zu holen. Denn laut einer aktuellen Studie<br />
des Meinungsforschungsinstituts YouGov gaben<br />
76 Prozent der befragten Eltern an, keine Vorstellung<br />
davon zu haben, welche Berufe es künftig geben wird.<br />
„Dabei sind Eltern nach wie vor die wichtigsten Ratgeber<br />
bei der Berufswahl“, so Kohlmann weiter. Mit<br />
Blick auf Elternveranstaltungen im Betrieb empfiehlt die<br />
Bildungsexpertin zu überlegen, wie Eltern am besten<br />
erreicht werden können, welche Kommunikationskanäle<br />
sich anbieten und ob zum Beispiel Schüler in die<br />
Gestaltung der Einladungen einbezogen werden sollen.<br />
LOGO-KOFFER<br />
Um alle Aktivitäten, die als Teil des „Sommers der Berufsausbildung“<br />
von den iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />
geplant sind, visuell kenntlich zu machen, stellt der iGZ<br />
auf Wunsch den von SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland<br />
zusammengestellten Logo-Koffer der Allianz für<br />
Aus- und Weiterbildung zur Verfügung. Die darin enthaltenen<br />
Dateien sind so gestaltet, dass Interessierte<br />
auch ihre eigenen Logos mit dem des „Sommers der<br />
Berufsausbildung“ kombinieren können. So segeln<br />
alle Mitwirkenden in diesem Sommer unter einer Flagge!<br />
Wenn iGZ-Mitglieder ihre Veranstaltung auf der<br />
Deutschlandkarte sichtbar machen möchten, können<br />
sie auch den entsprechenden Anmeldebogen beim<br />
iGZ anfordern, ausfüllen und an die Verantwortlichen<br />
im Bundeswirtschaftsministerium mailen. Diese stellen<br />
die Veranstaltung dann auf der Deutschlandkarte ein.<br />
BR<br />
iGZ-Ansprechpartnerin<br />
Bettina Richter<br />
Digitale Bildung | Ausbildung<br />
b.richter@ig-zeitarbeit.de<br />
Tel. <strong>02</strong>51 32262-172
48<br />
AKTIV<br />
Mitmach-Aktion des iGZ<br />
Werbefläche für den guten Zweck<br />
Im Rahmen seines gesellschaftlichen Engagements unterstützt der Verband einen gemeinnützigen<br />
Verein oder eine Wohltätigkeitsorganisation, der oder die einem iGZ-<br />
Mitgliedsunternehmen am Herzen liegt. Mit einer kostenlosen ganzseitigen Anzeige<br />
in der <strong>Zdirekt</strong>! möchte der iGZ einerseits der Organisation bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit<br />
helfen. Gleichzeitig unterstützt der Verband aber auch seine Leser dabei, sich in<br />
ihrer Region stark zu machen. Voraussetzung ist, dass genauso wie in der Zeitarbeitsbranche<br />
der Mensch im Mittelpunkt steht und die gemeinnützige Organisation einen<br />
Bezug zum einreichenden Unternehmen beziehungsweise Leser hat.<br />
Beim Rad- und Motorsportverein RMSV Concordia<br />
Kirchehrenbach e. V. wird es akrobatisch, wenn die<br />
jungen Kunstradfahrer ihre Vehikel besteigen. Es geht<br />
dabei um einen sehr ästhetischen Sport, bei dem eine<br />
oder zwei Personen auf einem speziell dafür gebauten<br />
Hallenrad teils waghalsige Übungen vorführen. In<br />
Kirchehrenbach trainieren die Kinder und Jugendlichen<br />
mehrmals in der Woche, entsprechend hoch ist das<br />
Niveau. Mit Faszination und Stolz erzählt iGZ-Regionalkreisleiter<br />
Peter Schütz, dass der Verein es schon bei<br />
vielen nationalen Wettkämpfen zu Auszeichnungen<br />
gebracht hat.<br />
GEMEINSCHAFT AUF ZWEI RÄDERN<br />
Der Geschäftsführer des iGZ-Mitgliedsunternehmens<br />
Bernhardt und Schütz Personaldienstleistungen mit<br />
Hauptsitz in Erlangen hat besonders intensive Beziehungen<br />
zum Verein: Seine drei Töchter fuhren jahrelang<br />
leidenschaftlich und erfolgreich Kunstrad und engagieren<br />
sich ehrenamtlich als Trainerinnen und im Vorstand.<br />
„Wir waren mit der ganzen Familie häufig von freitags<br />
bis sonntags auf Wettkämpfen unterwegs. Da wird man<br />
versierter Kunstradfahrer, auch ohne das Rad zu besteigen“,<br />
grinst Schütz. „Die Kunsträder, die zwischen<br />
zwei- und dreitausend Euro kosten, werden vom Verein<br />
gestellt. Dazu kommt die Sportkleidung, Fahrtkosten<br />
zu Veranstaltungen, Verpflegung und vieles mehr. Für<br />
uns war klar, dass wir mit unserem Unternehmen den<br />
Verein unterstützen“, betont er. Bernhardt + Schütz<br />
sponsert seit 1999 Trainingsanzüge und hilft zusammen<br />
mit anderen regionalen Unternehmen finanziell, damit<br />
der Kunstradverein die Aufgaben meistern kann. „Ich<br />
finde es toll, dass der Verein die Kinder und Jugendlichen<br />
bei ihrer Entwicklung begleitet. Hier lernen die<br />
jungen Menschen Zusammenhalt und sich aufeinander<br />
zu verlassen – wichtige Eigenschaften für ihre Zukunft“,<br />
so Peter Schütz. Der RMSV sei ein reiner Amateursportverein,<br />
bei dem es nicht um hohe Preisgelder gehe,<br />
sondern soziale Aspekte im Vordergrund stünden. In<br />
der Coronazeit fielen auch im Kunstradsport viele Gelegenheiten<br />
weg, Sponsorengelder zu sammeln. Deshalb<br />
freut sich der Verein über jede finanzielle Spritze.<br />
MACHEN SIE MIT!<br />
Möchten Sie auch einen Verein oder eine Organisation,<br />
die sich dem guten Zweck verschrieben hat, mit einer<br />
Anzeige in der <strong>Zdirekt</strong>! fördern? Der iGZ druckt kostenlos<br />
die ganzseitige Anzeige im Wert von 3.000 Euro<br />
ab und erläutert in einem kurzen Redaktionsbeitrag,<br />
warum Ihr Unternehmen die Organisation unterstützt.<br />
Die nächste <strong>Zdirekt</strong>! erscheint Ende September. Bitte<br />
reichen Sie Ihre Vorschläge bis zum 16. August per<br />
E-Mail unter presse@ig-zeitarbeit.de ein. Bei mehreren<br />
Vorschlägen entscheidet das Los. Voraussetzung ist,<br />
dass Sie in Ihrer E-Mail kurz diese Angaben machen:<br />
Name, Adresse der Organisation<br />
Was macht die Organisation?<br />
Wie sind Sie auf die Organisation gestoßen bzw. was<br />
verbindet Sie?<br />
Was finden Sie an der Organisation besonders gut?<br />
Ansprechpartner/in für den iGZ in der Organisation<br />
Die Organisation sollte bereits über eine druckbare<br />
Anzeige verfügen.<br />
Das Branchenmagazin <strong>Zdirekt</strong>! erscheint quartalsweise<br />
mit einer Auflage von bis zu 10.000 Exemplaren. Jede<br />
Ausgabe wird online bis zu 40.000 Mal abgerufen und<br />
erreicht eine Leserschaft aus Personaldienstleistern und<br />
Entscheidern aus Politik, Bildung und Wirtschaft.
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Kontoinhaber: RMSV Concordia Kirchehrenbach e. V<br />
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Das Stellenportal der Zeitarbeit<br />
Matchtime<br />
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FINDEN!<br />
Wer über die Zeitarbeit in der Pflege arbeitet, der hat sich ganz bewusst dazu entschieden,<br />
immer wieder die Einrichtung, die Station, den Fachbereich oder auch<br />
die Stadt zu wechseln. Während der Coronapandemie ist es allerdings ganz oft so,<br />
dass wir wöchentlich oder auch tageweise immer wieder auf anderen Stationen<br />
eingesetzt werden. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass ganze Stationen<br />
geschlossen werden; oft wegen abgesagter Operationen oder krankheitsbedingten<br />
Personalausfällen.<br />
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Die Vermittlungsplattform matchtime-personal verfügt über neue Features: Der Suchradius kann nun individuell eingestellt werden.<br />
Ein Wunsch, den viele Nutzer geäußert hatten. Damit können registrierte Zeitarbeitsunternehmen selbst anpassen, wann<br />
sie über einen eingestellten Kundenbedarf automatisch per Mail informiert werden möchten. So können die Personaldienstleister<br />
die Benachrichtigungsfunktion an ihre örtlichen und organisatorischen Besonderheiten anpassen. Unter dem Menüpunkt<br />
„Personalfakten“ finden sich dazu ab sofort regelmäßig aktuelle Neuigkeiten, die auch für Personalabteilungen interessant sind.<br />
Auf diesem Wege soll für noch mehr Kunden-Traffic auf der Seite gesorgt werden. Die Meldungen stammen aus einer Kooperation<br />
mit der Zeitschrift Personalwirtschaft. MS<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
iGZ – Interessenverband Deutscher<br />
Zeitarbeitsunternehmen e.V.<br />
PortAL 10 | Albersloher Weg 10<br />
48155 Münster<br />
iGZ-Hauptstadtbüro Berlin<br />
Schumannstr. 17<br />
10117 Berlin<br />
presse@ig-zeitarbeit.de<br />
www.ig-zeitarbeit.de<br />
Verantwortlich<br />
Werner Stolz (WS)<br />
Hauptgeschäftsführer<br />
Chefredaktion<br />
Sara Schwedmann (SaS)<br />
Redaktion<br />
George Buterus (GB)<br />
Wolfram Linke (WLI)<br />
Andrea Resigkeit (AR)<br />
Marcel Speker (MS)<br />
Texte<br />
Bettina Richter (BR)<br />
Jenny Rohlmann (JR)<br />
Diandra Schlitt (DS)<br />
Benjamin Teutmeyer (BT)<br />
Art Direction<br />
Tanja Kossack<br />
Fotos<br />
Timo Beylemans<br />
Wolfram Linke<br />
Sara Schwedmann<br />
Druck<br />
IVD GmbH & Co. KG<br />
Wilhelmstraße 240<br />
49475 Ibbenbüren<br />
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