plus Magazin Gesünder ohne Salz (Vorschau)
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9/2011 Einfach mehr vom Leben www.<strong>plus</strong>-mag.de € 3,30<br />
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Die große Schauspielerin<br />
Meryl Streep über<br />
Eitelkeit, Älterwerden,<br />
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DIE<br />
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<strong>Magazin</strong>
1<br />
rz<br />
PLUS<br />
PLUS<br />
20-07-20 1 18:13:03<br />
Willkommen im September<br />
Foto: Andre Zelck, Titel: Patrick Swirc / Corbis Outline<br />
Genießen können heißt<br />
sich selbst zu lieben<br />
Wenn ich an meine Großmütter zurückdenke, sehe ich sie arbeitend<br />
vor mir – in der Küche, auf dem Feld, im Stall. Als sie älter<br />
wurden, körperlich nicht mehr so konnten, spürte man keine Erleichterung,<br />
dass jetzt andere die Arbeit erledigten, sondern Unruhe.<br />
Und mit dieser Unruhe trieben sie andere an – zum Arbeiten.<br />
Erst in ihren letzten Jahren wurden sie ruhiger, still. Stunden<br />
saßen sie da, starrten aus dem Fenster oder vor sich hin. Nie<br />
habe ich eine von ihnen in einem leichten Moment gesehen.<br />
Einem Moment, in dem man das Gefühl hatte: Sie genießen<br />
ihr Leben. Zufriedenheit – das war das Äußerste; wenn es<br />
allen anderen gut ging, wenn alle etwas zu tun hatten. Leben<br />
war Arbeiten und Arbeiten war Leben. Typisch für viele<br />
Frauen dieser Generation.<br />
Natürlich hat sich dies etwas gewandelt. Überall wird man animiert,<br />
etwas zu genießen. Gerade die Werbung versucht uns dabei einzureden,<br />
dass Genießen Geld ausgeben heißt. Welch Idiotie. Kein<br />
Wunder, dass viele weiter ein zwiespältiges Verhältnis zum Genießen<br />
haben – einerseits: ja, natürlich, was ist schon dabei, das hat<br />
man sich verdient; andererseits schwingen Erziehung und Gewissen<br />
durch: Darf man das? Muss das sein?<br />
Ich brauchte Zeit, bis ich sagen konnte: Ja, das darf ich! Vielleicht<br />
eine Frage des Alters. Aber mehr noch, ob man sich als wertvoll<br />
empfindet. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen wertvolle Anregungen,<br />
viel Spaß beim Lesen – und beim Genießen, Ihr<br />
Vielleicht<br />
ist es Ihnen<br />
aufgefallen,<br />
<strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong><br />
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9/20 1 Einfach mehr vom Leben<br />
25 Lebensmittel, die<br />
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66<br />
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DAS NEUE<br />
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Unbekannte<br />
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Von<br />
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15<br />
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Reisen, die unser Leben veränderten<br />
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50 CLEVERE<br />
PFLEGE-TIPPS<br />
Das steht Familien neu zu,<br />
die Angehörige versorgen<br />
Meryl<br />
zu sein<br />
.. und warum dies<br />
mit 60 leichter ist<br />
als mit 30<br />
i d 1 18-05-20 1 08:21:32<br />
Ich bin<br />
doch<br />
nur<br />
Die große Schauspielerin<br />
Meryl Streep über<br />
Eitelkeit, Älterwerden,<br />
Familie & Apfelstrudel<br />
NEUE<br />
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WIRKEN<br />
Öste reich €3,80 · Frankreich €3,90 · Spanien €4,30<br />
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20-06-20 1 08: 5:31<br />
P09 1_ 01_Titel_final_8.in d 1 20-07-20 1 18:13:03<br />
Jürgen Sinn, chefredakteur<br />
Wenn Sie Fragen haben<br />
... zu Ihrem Abonnement: <strong>plus</strong> Abo-Service, Heuriedweg 19, 88131 Lindau, (01 80) 5 26 01 47 (14 Cent/Min.),<br />
Fax: (01 80) 5 26 01 48, E-Mail: abo.<strong>plus</strong>@guell.de ... zu den Berichten in diesem Heft: Redaktion <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong>, Lindenstraße 20,<br />
50674 Köln, (02 21) 2 77 57-0, Fax: (02 21) 2 77 57-10, E-Mail: <strong>plus</strong>magazin@bayard-media.de<br />
9 / 2011<br />
3
im September 2011<br />
Fallen<br />
lassen<br />
Die Sonne, freie Zeit,<br />
etwas Luxus genießen.<br />
Lange haben Sie immer<br />
zuerst an andere gedacht.<br />
Jetzt sind Sie mal dran!<br />
12<br />
Mit Birne veredelt<br />
Sie schmeckt himmlisch im Kuchen, verführerisch<br />
zu Lamm. Und das ist nicht alles, was sie kann. 76<br />
<strong>Salz</strong>arm<br />
kochen<br />
Schmeckt<br />
besser, als<br />
Sie denken,<br />
ist viel<br />
gesünder:<br />
die besten<br />
50 Rezepte<br />
fast <strong>ohne</strong><br />
<strong>Salz</strong>!<br />
18<br />
Unser Leben<br />
12 Genießen lernen Wer über 50 ist, hat viel erreicht,<br />
darf sich auch mal was gönnen. Doch genau das<br />
fällt vielen schwer. Zum Glück kann man lernen.<br />
18 Ab jetzt salzarm Jeder isst zu viel <strong>Salz</strong>. Doch<br />
schmeckt es mit weniger? Wir haben 50 beliebte<br />
Gerichte salzarm gekocht. Und ja, es ist köstlich!<br />
24 Kann man mit Krebs 100 werden? Ja, versichert<br />
ein führender Krebsforscher: Immer mehr Menschen<br />
werden nach Krebs wieder völlig gesund.<br />
30 Oh Meryl! Wir haben mit ihr gelacht, geweint,<br />
geliebt. Und sie bewundert. Für ihre Leidenschaft,<br />
ihre Ausstrahlung. <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong> besuchte die<br />
große Schauspielerin Meryl Streep und hat mit ihr<br />
Apfelstrudel gebacken. Den müssen Sie probieren.<br />
38 Ist das gerecht, Herr Bahr? Wer die Eltern pflegt,<br />
fühlt sich bestraft. Vor allem von der Politik. Was<br />
5 Leser vom jungen Gesundheitsminister fordern.<br />
95 Angelika Euler Wenn Enkel erwachsen werden.<br />
96 Lust zu tanzen? In Berlin treffen sich Ältere und<br />
Jüngere auf einen Walzer unter freiem Himmel.<br />
104 Dafür engagiere ich mich ... für Kinder in Afrika,<br />
denen eine Leserin ihren Urlaub spendet.<br />
Reise & Kultur<br />
42 Lebensträume am Highway One San Francisco,<br />
Kalifornien – das weckt Sehnsüchte, klingt nach<br />
Freiheit, endlosen Sonnentagen, grandioser Natur.<br />
Und es gibt sie hier noch: Lebenskünstler, die ihre<br />
Träume verwirklicht haben.<br />
48 Mein Leben, der Chiemsee Frühmorgens um 5<br />
sieht der See am schönsten aus. Dann, wenn auch<br />
die Fischer rausfahren, um ihre Netze auszuwerfen.<br />
Kommen Sie doch mal mit.<br />
56 Einfach schön! Bücher über die Liebe.<br />
Gesund & Fit<br />
61 Wenn eine OP ansteht Wie bereitet man sich auf<br />
die Narkose vor? Wie vermeidet man Risiken? Der<br />
große Ratgeber für ein sicheres Gefühl vor der OP.<br />
66 Rücken, atme auf! Rolfing löst Schmerz auf sanfte<br />
Art und wirkt sogar kleine Wunder.<br />
68 Bitte nicht berühren! Sieben Dinge, die Sie nicht<br />
anfassen sollten, um sich vor Keimen zu schützen.<br />
69 Für straffe Arme Drei Übungen, die schnell helfen.<br />
71 Besser sehen Fisch, Spinat & Co. verbessern die<br />
Sehkraft und lindern viele Augenbeschwerden.<br />
Foto: Andre Zelck (1), Stockfood (1), Look (1), Anne Schönharting (1), Getty Images (1), InterTopic (1), Shutterstock (1)<br />
Jünger aussehen<br />
Neue Cremes & Wirkstoffe, die wirklich gegen Falten helfen, S. 80<br />
4 9 / 2011
S. 10<br />
TG EB<br />
ER<br />
VO<br />
N<br />
»Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die<br />
Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.« Albert Einstein<br />
Heimat Wenn der der See Kapitäne erwacht<br />
Das Faszinierende Schönste an Legenden der Insel und Föhr Mythen – für die ranken einen sich um<br />
ist den es im der Morgenlicht Strand, das blau Meer. schimmernden Für andere Chiemsee.<br />
vielen Die besten schmucken erzählen Kapitänshäuser.<br />
die alten Fischer die ...<br />
100%<br />
KREBS OFT ZU<br />
18 48<br />
HEILBAR<br />
Der Durchbruch: Dank<br />
besserer Vorsorge und neuer<br />
Medikamente können<br />
Ärzte immer mehr Menschen<br />
mit Krebs heilen.<br />
24<br />
Einfach<br />
nur Meryl!<br />
Sie schenkte uns<br />
unzählige Lieblingsfilme,<br />
hat mit 62 mehr<br />
Ausstrahlung denn je.<br />
Dabei ist sie doch einfach<br />
„nur“ Meryl, sagt sie.<br />
Einfach nur großartig,<br />
finden wir.<br />
30<br />
Leben & Genießen<br />
75 Kleine Ideen Astern & Avocado neu entdecken.<br />
76 Feines mit Birnen Mal süß, mal herzhaft – das sind<br />
die schönsten Rezepte mit den herrlichen Früchten.<br />
80 Falten wegcremen? Ja, sagt eine renommierte<br />
Kosmetikprofessorin, mit diesen neuen Wirkstoffen.<br />
84 Kissen selber nähen Zauberhafte Ideen, wunderschöne<br />
Stoffe und so einfach nachzumachen.<br />
Einkaufen & Sparen<br />
87 Kurz & knapp Günstige Arznei, Last-Minute-Reisen.<br />
88 Preiswerter zum Zahnersatz Wie Sie Schritt für<br />
Schritt bis zu 50 Prozent sparen können und sogar<br />
noch eine bessere Qualität erhalten.<br />
90 Fernsehen, wie lange noch? Im April wird das analoge<br />
Satelliten-Fernsehen abgestellt. Sind Sie betroffen?<br />
Alle Tipps, die Sie heute beachten sollten.<br />
Brille, ade!<br />
6 Besser leben<br />
54 Sonnenstrahlen<br />
92 PC-Seite<br />
74, 94 Rätsel<br />
100 Leserbriefe<br />
101 Wir suchen<br />
101 Impressum<br />
102 <strong>Vorschau</strong><br />
Unsere Titel-Themen erkennen Sie an dieser Farbe.<br />
Spinat & Co. schärfen die Sehkraft, S. 71<br />
geld ^<br />
recht<br />
Holen Sie sich<br />
Ihr Geld zurück<br />
Wie Tausende Leser<br />
Krankenkassen-<br />
Beiträge stoppten 4<br />
Der Rentenklau:<br />
Warum Ex-DDR-<br />
Bürger schnell<br />
handeln sollten 10<br />
Fotos: Ge ty (2)<br />
Zum Heraustrennen und Sammeln<br />
geld^recht<br />
Jetzt noch<br />
Renten-Klau<br />
stoppen<br />
10 Dinge, die<br />
a le tun sollten, lten,<br />
die im Osten<br />
geboren wurden S. 10<br />
LESER-AKTION<br />
PLUS<br />
MAGAZIN<br />
RETTET<br />
IHR GELD<br />
Pflege: Auf diese Dinge<br />
haben Sie Anspruch 12<br />
Wenn Strom- oder Gaslieferanten<br />
pleitegehen 15<br />
Unfall, Diabetes:<br />
Warum es lohnt, schwerbehindert<br />
zu sein 16<br />
Einmal um die Welt: Günstige<br />
Reise-Angebote 18<br />
Das muss man einer<br />
Versicherung mitteilen 21<br />
Ihre Leserfragen 22<br />
Der Musterbrief: Krankenkassen-Beiträge<br />
für Direktversicherung<br />
zurückholen 24<br />
Hunderte Euro zurückholen <br />
September 2011<br />
DER EXTRA RATGEBER VON<br />
Rente für alle,<br />
die pflegen<br />
So holen Sie<br />
sich sicher alle<br />
le<br />
Zuschüsse und<br />
Gutschriften S. 12<br />
P-GR09 1_001_Cover 01_Cover new.in d 1 20-07-20 1 13:31:36<br />
9/ 2011<br />
5
esser leben im September<br />
KUNST<br />
DIE LOHNT<br />
Alfred Sisley. Der wahre<br />
Impressionist. Die erste<br />
große Sisley-Ausstellung in<br />
Deutschland zeigt die wichtigsten<br />
Werke (oben) des<br />
bedeutenden französischen<br />
Malers. Wuppertal, Von der<br />
Heydt-Museum, ab 13. 9.<br />
Gesichter der Renaissance.<br />
Großartige Meisterwerke<br />
von Lippi, Botticelli, da<br />
Vinci und vielen anderen<br />
Malern dieser Zeit. Die<br />
Gemälde wurden aus den<br />
großen Museen der Welt<br />
zusammengetragen. Berlin,<br />
Bode-Museum, bis 20. 11.<br />
Dali, Ernst, Miro –<br />
Surrealismus in Paris.<br />
Die Ausstellung gibt Einblick<br />
in eine der einflussreichsten<br />
künstlerischen und literarischen<br />
Bewegungen des<br />
20. Jahrhunderts, die in<br />
Paris begann. Riehen/Basel,<br />
Fondation Beyeler, ab 2. 10.<br />
Gewusst?<br />
»Der sicherste Weg, Freunde zu<br />
finden, besteht darin, sehr viele Ratschläge<br />
zu erbitten und keine zu geben.«<br />
Yves Montand, frz. Schauspieler (1921 – 1991)<br />
Gute Laune ist gesünder<br />
Es klingt wie eine Binsen-Weisheit: Positiv denken ist das Geheimnis,<br />
um gesund zu bleiben. Und die Fähigkeit, positiv zu denken, nimmt<br />
mit dem Alter sogar zu, stellte die Expertin für Altersfragen Dr. Colette<br />
Browning in einer Studie der „Australian Psychological Society“ fest:<br />
„Durch lange Erfahrung wissen Ältere viel eher, was ihnen guttut, und sie<br />
vermeiden häufiger, was ihnen schlecht bekommt.“ Und wie kann man<br />
positives Denken steigern? Die Tipps der Expertin: •Nie aufhören, Neues<br />
zu lernen. • Viel Energie in soziale Kontakte stecken. • Sich Aufgaben<br />
suchen, die einen mit anderen in Kontakt bringen. • Sich geistig fordern,<br />
z. B. mit ein paar Sudokus am Tag (s. S. 94). • Sich bewegen, am besten<br />
zu zweit oder im Verein. Auch das hilft gegen trübe Gedanken. Und<br />
sympathischer sieht man auch noch aus, wenn man gute Laune hat ...<br />
Wie die Zeit vergeht ...<br />
Hätten Sie gedacht,<br />
dass diese Prominenten<br />
schon runde<br />
Geburtstage feiern?<br />
Wir gratulieren!<br />
50:<br />
60:<br />
65:<br />
<br />
Was<br />
Seife alles<br />
kann<br />
Als Duftkissen<br />
sorgt ein Stück<br />
Seife für angenehme<br />
Gerüche<br />
im Auto.<br />
Einfach ins<br />
Türfach legen.<br />
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Seife beruhigt<br />
Mückenstiche.<br />
Einige Male<br />
sanft über den<br />
Stich reiben.<br />
Seife entfernt<br />
Flecken, auch<br />
Grasflecken,<br />
wenn Sie mit<br />
einem trockenen<br />
Seifenstück<br />
kräftig<br />
darüberreiben.<br />
Mit Stoff<br />
umwickelt<br />
wird Seife zum<br />
Nadelkissen. Die<br />
Nadeln gleiten<br />
sogar leichter<br />
durch Stoff.<br />
<br />
Martina Gedeck<br />
Heinz Hoenig<br />
Lisa Fitz<br />
Barry Gibb<br />
Oliver Stone<br />
Fotos: Samuel Courtauld Trust/The Courtauld Gallery London/ UK/ Bridgeman Berlin, Shutterstock, Getty Images, Stockfood, infophoto/ picture-alliance<br />
6 9/ 2011
» Man kann einen Menschen nichts lehren. Man kann<br />
ihm nur helfen, sich selbst zu entdecken.« Galileo Galilei, ital. Astronom (1564 – 1642)<br />
FRISCH GEERNTET<br />
Genießen Sie neue Kartoffeln, z. B. die Sorten „Solara“ oder<br />
„Quarta“, jetzt am besten mit Schale. Besonders schmackhaft sind junge<br />
Erdäpfel, z. B. als warmer „Salat mediterran“ mit Oliven.<br />
Übrigens: Kartoffeln sind viel klimafreundlicher als Reis oder Nudeln.<br />
1 1 Pfund kleine neue Kartoffeln gründlich abschrubben und mit Schale in Wasser<br />
kochen. 2 2 Hähnchen-Filets in Würfel schneiden und mit einer<br />
gehackten Zwiebel in Butter kross anbraten. 3 Gekochte Kartoffeln in 3 EL Olivenöl anbraten,<br />
bis sie goldbraun sind. Dabei immer wieder wenden. Mit frischen Kräutern,<br />
<strong>Salz</strong> & Pfeffer abschmecken. 4 Auf Teller verteilen: unten die Kartoffeln, darauf die<br />
Hähnchenstücke. Zitronensaft darüberträufeln und mit Oliven garnieren.<br />
Und Sie ?<br />
Welches ist<br />
Ihr Lieblingsrezept<br />
mit Kartoffeln?<br />
Schreiben Sie uns,<br />
Adresse auf<br />
Seite 3!<br />
Dazu schmeckt ein leichter Roséwein aus dem Kühlschrank.<br />
Den Papst<br />
besuchen<br />
Papst Benedikt XVI.<br />
(84) besucht vom 22.<br />
bis 25. September<br />
Deutschland. Wer<br />
den Heiligen Vater<br />
live erleben möchte,<br />
sollte zu den großen<br />
Gottesdiensten u. a.<br />
in Berlin (22.) und<br />
Freiburg (24.) fahren.<br />
Noch gibt es kostenlose<br />
Karten – über die<br />
Kirchengemeinden<br />
oder www.papst-indeutschland.de<br />
Sie wollen dem Papst<br />
etwas Persönliches<br />
sagen? Dann schreiben<br />
Sie ihm doch eine<br />
E-Mail: benediktxvi@<br />
vatican.va. Aber haben<br />
Sie Geduld – bis<br />
zu 60 000 Mails erreichen<br />
ihn, täglich.<br />
34%<br />
der Deutschen über 50<br />
horten Geld im Sparstrumpf.<br />
Zu gefährlich, sagen<br />
Experten, und raten zu Tagesgeldkonten.<br />
Die bringen<br />
etwa 2 % Zinsen.<br />
9 / 2011<br />
7
esser leben im September<br />
Ansehen<br />
„Franz Liszt“<br />
Große Ausstellung<br />
zum<br />
200. Geburtstag.<br />
Weimar,<br />
bis 31.10.<br />
<br />
Hinhören<br />
Konstantin<br />
Weckers<br />
neue Live-CD<br />
„Stürmische<br />
Zeiten“, ca.<br />
14 Euro.<br />
<br />
Lesen<br />
Der neue (19.!)<br />
Brunetti von<br />
Donna Leon:<br />
„Auf Treu und<br />
Glauben“,<br />
22,90 Euro.<br />
<br />
ANNE-SOPHIE MUTTER<br />
Verzaubert<br />
seit Jahren<br />
mit ihrer Geige<br />
Anne-Sophie<br />
Mutter<br />
eröffnet mit einem Violinkonzert das<br />
BEETHOVENFEST IN BONN (9. 9. – 9. 10.). Karten unter 02 28/50 20 13 13.<br />
Einziges weiteres Deutschland-Konzert: 13. 11., Hannover, 1 80/1 63 76 37.<br />
Der<br />
optimale<br />
Kaffee ?<br />
MEINE ERINNERUNG<br />
1972<br />
Jetzt hilft nur noch<br />
lauter Protest, dachte<br />
Ernst Busche (79), als<br />
er 1972 das Foto sah,<br />
das um die Welt ging.<br />
Splitternackt, schreiend<br />
vor Schmerzen rennt<br />
das Mädchen Kim Phúc<br />
über die Straße. Meine<br />
Kehle ist zugeschnürt.<br />
Bis zu diesem Tag<br />
haben wir Studenten<br />
nur diskutiert, wie die<br />
deutsche Regierung die<br />
Friedensverhandlungen<br />
unterstützen müsste. Jetzt<br />
gehen wir auf die Straße<br />
gegen diesen Krieg, tragen<br />
Plakate mit Aufschriften<br />
wie „Frieden in Vietnam“,<br />
aber auch „USA – SA –<br />
SS“ vor uns her. Der<br />
Zweite Weltkrieg, er<br />
wirft noch jetzt, 1972,<br />
lange Schatten,<br />
lastet auf uns. Auch<br />
meine Eltern<br />
waren glühende<br />
Nazis. Deshalb<br />
kämpfe<br />
ich für den<br />
Frieden,<br />
bis heute.<br />
Ganz<br />
einfach<br />
RENTE BEI<br />
DER STEUER<br />
ANGEBEN<br />
Viele Rentner glauben, dass sie<br />
keine Steuererklärung abgeben<br />
müssen. Das stimmt so nicht:<br />
1. Seit dem 1. Januar 2005<br />
sind gesetzliche Altersrenten<br />
mindestens zu 50 % steuerpflichtig.<br />
Wer 2011 in Rente<br />
geht, muss 62 % versteuern.<br />
2. Einkünfte aus selbstständiger<br />
und nicht selbstständiger<br />
Arbeit und aus Vermietung und<br />
Verpachtung werden auch für<br />
Rentner voll besteuert.<br />
3. Das heißt nicht, dass man<br />
tatsächlich Steuern zahlen<br />
muss, da jeder Steuerzahler<br />
einen Freibetrag von 8.004<br />
Euro hat. Nur auf den darüber<br />
liegenden Teil fällt Steuer an.<br />
»Nichts ist<br />
groß, was nicht<br />
wahr ist.«<br />
Gotthold E. Lessing<br />
(1729 – 1781)<br />
7 g<br />
Kaffeepulver<br />
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2–3 EL geschroteten<br />
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Nacht in 0,5 l Wasser<br />
einweichen; morgens<br />
kurz aufkochen,<br />
durch ein Mulltuch<br />
seihen, Flüssigkeit<br />
5kleine Mahlzeiten<br />
sind bei Sodbrennen<br />
besser als 3 große,<br />
weil der Magen dann<br />
weniger Säure bildet.<br />
in Thermosflasche<br />
füllen und über den<br />
Tag verteilt trinken.<br />
• Links liegen<br />
Zum Schlafen auf<br />
die linke Seite legen,<br />
dann fließt saurer<br />
Mageninhalt nicht so<br />
leicht in die Speiseröhre.<br />
Wichtig: Frü-<br />
hestens 3 Stunden<br />
nach dem Abendessen<br />
hinlegen.<br />
• Leicht essen<br />
Fettarme, eiweißreiche<br />
Kost bevorzugen,<br />
z. B. Kartoffeln,<br />
Gemüse, Fisch, mageres<br />
Fleisch. Milden<br />
Kaffee bevorzugen.<br />
Foto: Getty Images (2), Stockfood (1), akg-images (1)<br />
Schwimm-<br />
Brille<br />
tragen!<br />
Augenärzte raten: Wer<br />
nach dem Schwimmen oft<br />
rote Augen hat, sollte<br />
eine Schwimmbrille tragen.<br />
Denn Chlor im Schwimmbad<br />
bzw. Bakterien in<br />
Seen oder dem Meer<br />
reizen die Bindehaut. Tipp:<br />
Brille leicht andrücken,<br />
dann hält sie optimal dicht.<br />
Zink<br />
stärkt nachweislich<br />
die<br />
Abwehrkräfte.<br />
Gute Quellen:<br />
Edamer, Weizenkleie,<br />
Haferflocken,<br />
Kalbsleber<br />
und Kürbiskerne.<br />
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Ausgetrickst<br />
Finger verbrannt? Dann Arme<br />
vor dem Körper kreuzen!<br />
Britische Ärzte fanden heraus,<br />
der Kniff verwirrt das Gehirn,<br />
es nimmt daraufhin deutlich<br />
weniger Schmerz wahr.<br />
10 9 / 2011
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Brussel<br />
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Sich selbst<br />
verwöhnen und<br />
nicht nur andere<br />
– das musste<br />
auch Gabi Weiss<br />
erst lernen.<br />
12 9 / 2011
UNSER MARKETTE LEBEN<br />
Einfach mal nichts tun, sich etwas gönnen. Wer<br />
etwas älter ist, einiges im Leben geleistet<br />
hat, darf doch auch die Früchte ernten. Oder? Doch<br />
genau das fällt vielen von uns schwer. Müsste<br />
man nicht eher sparen? An andere denken? Man ist<br />
doch so erzogen. Und vor allem: Was denken<br />
andere, wenn man sich mal etwas leistet? Lange<br />
brauchten auch diese Leser, bis sie lernten, auch<br />
mal einfach nur zu genießen.<br />
FOTOS<br />
Andre Zelck<br />
DAS GÖNNE<br />
mir<br />
ICH<br />
ODER?<br />
13
„JE ÄLTER ICH WERDE, DESTO<br />
MEHR ACHTE ICH AUF MICH UND<br />
GENIESSE KLEINEN LUXUS“<br />
Ein ganz neues Körpergefühl entwickelte GABI WEISS (50), seit sie beim<br />
Einkaufen mehr auf ihren Bauch hört als auf den Preis.<br />
f<br />
rüher – mit 30 – sah ich in jeder Klamotte<br />
gut aus, fühlte mich attraktiv und<br />
sexy. Meine Kleider waren hübsch, aber<br />
von der Stange. Qualität? War mir nicht so<br />
wichtig. Mich selbst verwöhnen? Kein Thema,<br />
über das ich länger nachgedacht habe.<br />
Das ist heute ganz anders: Je älter ich werde,<br />
desto mehr achte ich auf mich, kann auch genießen,<br />
habe plötzlich Freude an Luxus. Und<br />
dazu gehört auch, dass ich heute meine Weiblichkeit<br />
ganz anders genießen kann, ja sie geradezu<br />
zelebriere. Dazu gehört, dass die Zeit der<br />
Billigfummel vorbei ist. Das gilt besonders für<br />
Unterwäsche. Wie konnte ich mich all die Jahre<br />
in diese schrecklichen Umkleidekabinen in den<br />
Kaufhäusern zwängen, in denen das Licht so<br />
grell ist, dass man sich vor seinem eigenen<br />
Spiegelbild gruselt? Ganz anders fühlt sich das<br />
in meiner neuen Lieblings-Boutique „Taha“ in<br />
Köln an. Sanftes Licht, überall flauschiger Teppichboden,<br />
der Vorhang aus Samt, und ich werde<br />
ganz individuell beraten. Für einen BH zahle<br />
ich hier 60 Euro und mehr. Viel Geld für wenig<br />
Stoff. Das ist egal. In den Momenten geht es um<br />
mich. Denn mein Körper ist mit den Jahren<br />
runder, weiblicher geworden. Nur wenn ich Wäsche<br />
trage, die gut sitzt, nirgendwo kneift, fühle<br />
ich mich wohl, ja attraktiv! Und dann freue ich<br />
mich jeden Morgen beim Anziehen über die<br />
schönen Stücke.<br />
14 9 / 2011
UNSER LEBEN<br />
„MICH VERWÖHNEN? DAS HAT<br />
MAN IN DEN NACHKRIEGSJAHREN ALS<br />
KIND GAR NICHT GELERNT“<br />
Es ist nur ein kleines Stück Seife, aber für EVA HAGEL (75) ist es weit mehr:<br />
ein Symbol für Hoffnung, das mal nach Rosen oder Zitrone duftet.<br />
angst. Armut. Entbehrung. Das war meine<br />
Kindheit. 1936 geboren, kannte ich in<br />
den ersten Jahren meines Lebens nur eine Welt:<br />
die des Krieges. Danach flüchteten meine Mutter,<br />
meine zwei Geschwister und ich von der<br />
Oder nach Freden (in der Nähe von Hannover)<br />
– Vater war gefallen. Wir lebten zu viert in einer<br />
winzigen Kammer. 125 Reichsmark, mehr hatten<br />
wir nicht. Selbst Kernseife war zu teuer. Stattdessen<br />
wuschen wir uns mit „Lehmseife“. Ein<br />
brauner, harter Block, der kaum schäumte und<br />
nach nichts roch. Dann, in den 50er-Jahren,<br />
brachte mir meine Freundin Rita „Soap“ aus<br />
Großbritannien mit – englische Seife. Nie werde<br />
ich den Moment vergessen, in dem ich diese<br />
Kostbarkeit auspackte: zartrosa und nach Rosen<br />
duftend. Wie einen Goldschatz habe ich die<br />
Seife gehütet, nur zu ganz besonderen Anlässen<br />
benutzt. Sie war für mich mehr als purer Luxus:<br />
Sie war ein Versprechen – auf bessere Zeiten.<br />
Vor gut zwei Jahren flatterte ein Katalog in<br />
meinen Briefkasten: englische Seife von Bronnley<br />
Herbarium. 15 Euro! Die Frage „Kann ich mir<br />
das leisten?” (ich habe nur eine kleine Rente)<br />
stand nur kurz im Raum. Ja, ich wollte! Mit<br />
Herzklopfen wartete ich auf mein Päckchen mit<br />
Seifen aus Hagebutte, Eberesche, Thymian,<br />
Olive, Zitrone. Als es eintraf, begann eine neue<br />
Zeit für mich: Ich konnte, ich durfte, ich wollte<br />
genießen. Jeden Tag!<br />
9 / 2011<br />
15
„IMMER NUR ACKERN, DAFÜR IST<br />
DAS LEBEN ZU KURZ. JEDER TAG<br />
SOLLTE WERTVOLL SEIN“<br />
MANFRED SCHWEDTMANN (66) hat nur eine kleine Rente. Eine Putzfrau<br />
leistet er sich trotzdem. Um sich etwas zu schenken: Zeit!<br />
was ist Ihnen wirklich wichtig im Leben?<br />
Ich habe mir diese Frage auch vor ein<br />
paar Monaten gestellt. Die simple Antwort: Zeit,<br />
Lebenszeit. Ich bin 66, wenn ich Glück habe, liegen<br />
vielleicht noch 20 Jahre vor mir; wenn ich<br />
Pech habe, ist es morgen schon vorbei. Doch was<br />
macht man mit dieser Erkenntnis? Alles hinschmeißen,<br />
das Leben komplett umkrempeln?<br />
Unrealistisch. Weil ich mich als Selbstständiger<br />
(nach zwei Scheidungen) nicht finanziell einschränken<br />
will, gehe ich weiter arbeiten und versuche<br />
die Dinge im Kleinen zu ändern. Andere<br />
Prioritäten zu setzen. Meine Zeit wertvoller zu<br />
machen. Sie mit Dingen zu verbringen, die mir<br />
wirklich wichtig sind, Spaß machen. Putzen, Bü-<br />
geln, Wischen gehören nicht dazu. Deshalb habe<br />
ich eine Putzfrau. Sie kommt drei Stunden pro<br />
Woche, kostet 30 Euro. Viel Geld, aber es lohnt<br />
sich. Natürlich ist das ein komisches Gefühl, dass<br />
jemand zu einem kommt, um sauber zu machen.<br />
Früher hat das in erster Linie meine Lebensgefährtin<br />
Hilde übernommen. Ich hielt das nicht für<br />
„meine Baustelle“, obwohl natürlich 50 Prozent<br />
des Drecks von mir sind.<br />
Heute schenkt die Putzfrau uns beiden Zeit: einfach<br />
spontan eine Stunde auf dem Balkon sitzen,<br />
ein Wochenende auf dem Campingplatz – das<br />
gönnen wir uns jetzt öfter. Immer nur ackern und<br />
auf Urlaub sparen, das habe ich früher gemacht.<br />
Dafür bin ich einfach zu alt.<br />
16 9/ 2011
UNSER LEBEN<br />
„ICH SPIELE GOLF, WEIL ES MIR<br />
SPASS MACHT – AUCH WENN ANDERE<br />
DAS DEKADENT FINDEN“<br />
„Was denken die anderen? Werden sie neidisch sein?“, fragte sich MARGRET<br />
SCHÖNEICH (70), als sie in den Golfclub eintrat. Heute ist es ihr egal!<br />
neid ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet.<br />
Dieses missgünstige Schielen<br />
auf andere. Das Tuscheln hinter dem Rücken,<br />
wenn man sich etwas leistet. Davor hatte ich<br />
Angst, als ich vor ein paar Jahren darüber nachdachte,<br />
in einen Golfclub einzutreten. Was werden<br />
die Nachbarn sagen, was die Freunde? Golf<br />
ist schließlich bei vielen als Bonzensport verpönt.<br />
Aber sollte ich meine Entscheidung davon<br />
beeinflussen lassen? Nicht tun, was ich gerne<br />
tun möchte, nur um nicht aus der Reihe zu tanzen,<br />
es den anderen recht zu machen? Nein,<br />
dachte ich mir irgendwann! Schließlich ist es ja<br />
keine Schande, dass es mir finanziell gut geht.<br />
Im Gegenteil: Ich habe mein ganzes Leben lang<br />
dafür gearbeitet. Da ist es nur legitim, dass ich<br />
mir etwas gönne, woran ich Spaß habe. Egal,<br />
was die anderen denken. Und so teuer ist es<br />
außerdem gar nicht mehr. 800 Euro im Jahr.<br />
Das zahlen viele für eine Woche Mallorca ...<br />
Wenn ich heute Nachbarn oder Bekannten von<br />
meinem Hobby erzähle, auch davon, wie locker<br />
es inzwischen auf dem Golfplatz zugeht, <strong>ohne</strong><br />
steife Etikette und Kleiderordnung, wirken die<br />
meisten positiv überrascht, gar nicht mehr neidisch,<br />
eher interessiert. Erst recht, wenn ich<br />
ihnen erzähle, wie toll man sich beim Golfen fit<br />
halten kann (18 Loch sind mindestens ein Vier-<br />
Stunden-Marsch) und wie sehr ich jede Minute<br />
genieße, die ich an der frischen Luft bin.<br />
Was gönnen<br />
Sie sich?<br />
Mussten auch Sie<br />
das Genießen<br />
erst lernen?<br />
Erzählen Sie Ihre<br />
Geschichte!<br />
Adresse siehe<br />
Seite 3.<br />
9 / 2011<br />
17
UNSER LEBEN<br />
<br />
3 g<br />
<strong>Salz</strong> sollte jeder<br />
Mensch maximal<br />
pro Tag zu sich<br />
nehmen. Allein<br />
eine Portion<br />
Kartoffelpüree<br />
enthält knapp die<br />
Hälfte. Mehr<br />
noch: Das meiste<br />
<strong>Salz</strong> nehmen<br />
wir unbewusst und<br />
versteckt auf.<br />
18 9 / 2011
MARKETTE<br />
TE<br />
<strong>Gesünder</strong><br />
OHNE SALZ<br />
<strong>Salz</strong>arm kochen – das kann unser Leben verlängern, darin sind sich Experten einig. Aber wie<br />
kocht man salzarm? Wie erkennt man versteckte <strong>Salz</strong>e? Unsere Ökotrophologin Brigitta Tummel<br />
bereitete 50 (!) Rezepte mit weniger oder <strong>ohne</strong> <strong>Salz</strong> zu und staunte, wie gut die Alternativen<br />
schmecken. Und Professor Martin Middeke zeigt, wie man Blutdruck dank weniger <strong>Salz</strong> senkt.<br />
9 / 2011<br />
19
UNSER LEBEN<br />
50<br />
Rezepte mit weniger<br />
<strong>Salz</strong> oder sogar<br />
salzlos gekocht. Wie<br />
viel <strong>Salz</strong> Sie<br />
sparen, verrät die<br />
Legende<br />
<br />
<br />
Fleisch<br />
Leber In Hefeflocken,<br />
Curry- und<br />
Zwiebelpulver wenden.<br />
Hackbraten Angebratene<br />
Zwiebeln<br />
und Senf verwenden.<br />
Schweinebraten<br />
Vor Anbraten nur<br />
pfeffern, mit Bier garen.<br />
Mit Sud und Honig<br />
bestreichen.<br />
Frikadellen Mit<br />
Senf, Curry, Paprika<br />
(edelsüß) würzen.<br />
Gulasch Genauso<br />
viel Zwiebeln wie<br />
Fleisch. In Tomatenmark<br />
braten.<br />
Gefüllte Paprika<br />
In Tomatenpüree<br />
aus der Dose garen.<br />
Füllung mit Paprika<br />
(edelsüß) würzen.<br />
Schweinefilet: In<br />
Filo- oder Blätterteig<br />
statt Mürbeteig.<br />
Brathähnchen<br />
Wenig salzen, Salbeiblätter<br />
unter die<br />
Haut. Mit Butter und<br />
Bratfond bestreichen.<br />
Prof. Dr. Martin Middeke ist Leiter des<br />
Hypertoniezentrums in München<br />
„WIR ESSEN ZU VIEL SALZ“<br />
Der Körper braucht <strong>Salz</strong>, sagt Professor Martin Middeke. Aber<br />
zu viel belastet Herz und Nieren. Deshalb ist weniger mehr!<br />
Herr Professor Middeke, zu viel<br />
<strong>Salz</strong> ist ungesund – das hört man<br />
immer wieder. Aber ganz <strong>ohne</strong> <strong>Salz</strong><br />
geht es auch nicht, oder?<br />
MIDDEKE Jeder Mensch braucht <strong>Salz</strong>,<br />
weil es unter anderem die Funktion<br />
von Blutgefäßen und die Herz-Kreislauf-Funktion<br />
unterstützt. Wir gehen<br />
aber davon aus, dass der Körper nicht<br />
mehr als 3 Gramm pro Tag benötigt.<br />
Das entspricht einem halben Teelöffel.<br />
Durchschnittlich isst ein Erwachsener<br />
aber viel mehr, etwa 10 bis 12<br />
Gramm. Das sind 2 Teelöffel!<br />
2 Teelöffel pro Tag, wie kommt das?<br />
MIDDEKE Weil wir etwa 75 % aus<br />
versteckten Quellen wie Brot, Käse,<br />
Wurst und Fertiggerichten zu uns<br />
nehmen – und nur etwa 15 % durch<br />
Kochen oder Nachsalzen.<br />
Welche Folgen hat zu viel <strong>Salz</strong>?<br />
MIDDEKE Aktuelle Studien zeigen:<br />
Ein erhöhter Kochsalz-Konsum über<br />
Jahrzehnte kann zu steifen Blutgefäßen<br />
und damit zu Herz-Kreislauf-<br />
Problemen führen. Die Folge: Bluthochdruck,<br />
im schlimmsten Fall<br />
Herzinfarkt oder Schlaganfall.<br />
Weniger <strong>Salz</strong> kann das verhindern?<br />
MIDDEKE Ja. <strong>Salz</strong>arme Kost kann<br />
den Blutdruck auf jeden Fall senken.<br />
Außerdem zeigte eine Langzeitstudie<br />
aus den USA, dass bei Menschen, die<br />
<strong>Salz</strong> vermeiden, Herz-Kreislauf-<br />
Krankheiten bis zu 30 % seltener<br />
auftreten. Auch die Rate früher<br />
Todesfälle liegt um 30 % niedriger.<br />
Wer sollte sich einschränken?<br />
MIDDEKE Im Grunde jeder, um den<br />
Organismus zu entlasten. Denn: <strong>Salz</strong><br />
bindet das Wasser im Körper. Isst<br />
man zu viel davon, wird Wasser im<br />
Blut und im Gewebe gesammelt. Das<br />
belastet die Organe. Die Niere muss<br />
mehr arbeiten, das Herz stärker pumpen.<br />
Aufpassen sollte aber vor allem:<br />
• Wer Herzprobleme und Diabetes<br />
hat. Zu viel <strong>Salz</strong> kann dies verstärken.<br />
• Wer bereits schwache Nieren hat,<br />
denn Nieren werden durch das Ausschwemmen<br />
besonders beansprucht.<br />
• Wer <strong>Salz</strong>-sensitiv ist. Denn bei Menschen<br />
mit einer sogenannten <strong>Salz</strong>-<br />
Sensitivität steigt der Blutdruck nach<br />
<strong>Salz</strong>konsum prompt an. Das ist bei<br />
etwa 30 % der Menschen mit normalem<br />
Blutdruck der Fall und bei 40 bis<br />
50 % derjenigen mit Bluthochdruck.<br />
Ein Phänomen, das vererbt wird.<br />
Meersalz, Himalaya-<strong>Salz</strong> – sind<br />
diese <strong>Salz</strong>-Sorten gesünder?<br />
MIDDEKE Nein, denn in jedem dieser<br />
<strong>Salz</strong>e ist dasselbe drin, nämlich Natriumchlorid.<br />
Empfehlenswert ist aber<br />
jodiertes Speisesalz, weil es für die<br />
Schilddrüsenfunktion wichtig ist.<br />
Sensitiv?<br />
2 Wochen weniger <strong>Salz</strong> essen (Arzt informieren!).<br />
Regelmäßig Blutdruck messen<br />
(feste Zeiten!). Verringern sich die Werte,<br />
kann dies <strong>Salz</strong>-Sensitivität bedeuten.<br />
20 9 / 2011
MARKETTE<br />
Beilagen<br />
Kartoffelpüree<br />
In Milch pürieren, 1 TL<br />
Schnittlauch pro Portion.<br />
Kartoffelgratin<br />
Nur Worcestersoße<br />
und Pfeffer. Emmentaler<br />
Käse statt Gouda.<br />
Semmelknödel<br />
<strong>Salz</strong> halbieren,<br />
mit Zwiebelpulver<br />
abschmecken.<br />
Bratkartoffeln<br />
Mit Schale braten,<br />
Rosmarin als Gewürz.<br />
Kartoffelsalat<br />
Nur Essig, Öl und<br />
Natrium-arme Brühe.<br />
Salat statt Gewürzgurke.<br />
Risotto Zwiebeln, Gemüse<br />
in Öl anbraten.<br />
Reis, Wasser dazu, garen.<br />
Reis In Wasser garen.<br />
Mit wenig <strong>Salz</strong>, Curry<br />
oder Petersilie.<br />
Soßen<br />
Sauce béarnaise Viel<br />
Petersilie, etwas Senf.<br />
Pilzsoße Mit Sherry<br />
und viel Petersilie.<br />
Kapernsoße Kapern<br />
wässern, mit<br />
Zitronensaft würzen.<br />
Remouladensoße<br />
Mit Salatgurke. Dazu<br />
Schnittlauch, Dill.<br />
Cumberlandsoße<br />
Statt <strong>Salz</strong> scharfen<br />
Senf verwenden.<br />
<br />
25 % bis 30 %<br />
<strong>Salz</strong>-Ersparnis<br />
31 % bis 50 %<br />
<strong>Salz</strong>-Ersparnis<br />
mehr als 50 %<br />
<strong>Salz</strong>-Ersparnis<br />
<strong>Salz</strong> wird<br />
komplett ersetzt<br />
Carbonara<br />
Gekochter Schinken,<br />
1/3 Käse durch Sahne<br />
ersetzen, Petersilie.<br />
8 / 2011<br />
21
GESUND UNSER LEBEN & FIT<br />
Suppen<br />
Tomatensuppe<br />
Nur mit Basilikum<br />
und Curry würzen.<br />
Kürbissuppe Teil<br />
des <strong>Salz</strong>es durch<br />
Curry und Ingwer<br />
ersetzen.<br />
Lauchsuppe Lauch<br />
in natriumarmer<br />
Gemüsebrühe garen.<br />
Klare Suppe<br />
Gemüsebrühe<br />
selbst ansetzen.<br />
Linsensuppe<br />
Getrocknete<br />
Linsen statt Dose.<br />
Bouillabaisse<br />
Zwiebeln und<br />
Knoblauch mit Schale<br />
<strong>ohne</strong> Fett rösten.<br />
Fisch<br />
Fischfilet in Tomate<br />
Statt Käse mit Mix<br />
aus Semmelbröseln und<br />
Butter überbacken.<br />
Fischfrikadellen<br />
Mit Petersilie und<br />
Meerrettich würzen.<br />
Fischfilet Nur mit<br />
Curry bestäuben,<br />
dann in Rapsöl braten.<br />
Paniertes Fischfilet<br />
Nur gequirltes Ei<br />
salzen und pfeffern.<br />
Heringssalat<br />
Bismarckhering statt<br />
Matjes verwenden.<br />
Gemüse<br />
Erbsen Dämpfen.<br />
Mit Minze würzen.<br />
Blumenkohl<br />
Dämpfen. Mit Muskat<br />
und Estragon würzen.<br />
Sauerkraut<br />
Vorher abspülen<br />
oder wässern.<br />
Auberginen Neue<br />
Züchtungen sind<br />
nicht bitter, müssen<br />
nicht gesalzen werden.<br />
Mit Kurkuma, Chili<br />
abschmecken.<br />
Möhren Mit Zwiebeln<br />
dünsten, mit<br />
reichlich Petersilie und<br />
Curry würzen.<br />
Lauchgemüse<br />
Mit Schmand,<br />
Zwiebelpulver, Muskat,<br />
Petersilie würzen.<br />
25 % bis 30 %<br />
<strong>Salz</strong>-Ersparnis<br />
31 % bis 50 %<br />
<strong>Salz</strong>-Ersparnis<br />
mehr als 50 %<br />
<strong>Salz</strong>-Ersparnis<br />
<strong>Salz</strong> wird<br />
komplett ersetzt<br />
22<br />
8/20<br />
2011
Foto: Stockfood (3), Picture Press (1), Privat (1)<br />
GESÜNDER EINKAUFEN<br />
Ob Fertigpizza oder Cornflakes – viele Lebensmittel enthalten mehr<br />
<strong>Salz</strong>, als Sie denken. Achten Sie beim Einkauf auf Details!<br />
Rund 75 Prozent des <strong>Salz</strong>es nehmen<br />
wir über verarbeitete Lebensmittel<br />
zu uns. Wer den <strong>Salz</strong>konsum<br />
reduzieren will, muss also schon<br />
beim Einkaufen genau hinschauen<br />
und möglichst salzarme Produkte<br />
auswählen. Gar nicht so einfach, weil<br />
der <strong>Salz</strong>gehalt auf den Lebensmitteln<br />
oft nur schwer zu erkennen<br />
ist, sich meist sogar hinter<br />
anderen Begriffen verbirgt.<br />
Erst ab nächstem Jahr<br />
sollen auf allen Lebensmitteln<br />
die <strong>Salz</strong>-Werte aufgedruckt<br />
werden, das sieht<br />
ein Beschluss der Europäischen<br />
Kommission vor.<br />
Bis dahin helfen Ihnen<br />
diese Tipps:<br />
Bei verpackten Lebensmitteln<br />
muss <strong>Salz</strong> auf der<br />
Liste der Zutaten angegeben<br />
werden.<br />
Je weiter oben (bzw. vorne) eine<br />
Zutat auf der Liste steht, desto mehr<br />
ist davon im Lebensmittel enthalten.<br />
Der Begriff „<strong>Salz</strong>“ ist nicht vorgeschrieben.<br />
Häufig steht stattdessen<br />
Natrium auf der Packung (ein Bestandteil<br />
des <strong>Salz</strong>es). Aber die Konzentration<br />
ist anders. Bereits 0,75 g<br />
Natrium decken den täglichen <strong>Salz</strong>bedarf<br />
von drei Gramm ab.<br />
Vorsicht,<br />
<strong>Salz</strong>falle!<br />
15*<br />
<strong>Salz</strong>hering<br />
6–9<br />
Dosensuppe<br />
5,8<br />
Salami-Pizza<br />
* <strong>Salz</strong>gehalt pro<br />
100 g.<br />
Vorsicht beim Begriff „Sodium“<br />
– das ist der internationale Begriff<br />
und gleichbedeutend mit Natrium,<br />
auch was die Konzentration betrifft.<br />
0,75 g Sodium decken also ebenfalls<br />
den Tagesbedarf von 3 g <strong>Salz</strong>.<br />
<strong>Salz</strong> steckt in fast jedem Lebensmittel,<br />
sogar in süßen. Eine Schale<br />
Cornflakes zum Beispiel<br />
enthält 1,8 g – deckt also<br />
mehr als die Hälfte des<br />
Tagesbedarfs eines<br />
Erwachsenen.<br />
Und schon ein Stück<br />
Fertigpizza sprengt mit 5<br />
bis 8 g <strong>Salz</strong> pro 100 g den<br />
Tagesbedarf. Genauso ein<br />
Schälchen Kartoffelchips.<br />
Absoluter Spitzenreiter<br />
aber ist der <strong>Salz</strong>hering<br />
mit 15 g <strong>Salz</strong> pro 100 g<br />
– zum Vergleich, das ist<br />
ein gehäufter Teelöffel. Dagegen<br />
hat Matjeshering mit 6,4 g/100 g<br />
weniger als die Hälfte.<br />
Während man bei diesen Fischen<br />
noch einen hohen <strong>Salz</strong>gehalt erwarten<br />
würde, ist das bei einer Dosensuppe<br />
sicher anders. Aber sie steht<br />
mit 9 g <strong>Salz</strong> (pro 100 g) direkt auf<br />
Platz zwei hinter dem <strong>Salz</strong>hering.<br />
Außergewöhnlich viel <strong>Salz</strong> enthalten<br />
auch Senf (5,4 g), Oliven (5,5 g)<br />
und <strong>Salz</strong>stangen (4,9 g).<br />
Deshalb auf diese Lebensmittel<br />
möglichst oft verzichten.<br />
75%<br />
der <strong>Salz</strong>menge nimmt man unbewusst<br />
zu sich, weil sich das meiste <strong>Salz</strong> in Fertigprodukten<br />
– sogar in süßen – versteckt.<br />
Salate<br />
Möhrensalat<br />
Möhren mit Zitrone,<br />
Zimt, Kreuzkümmel<br />
würzen.<br />
Gurkensalat Mit<br />
Minze verfeinern.<br />
B<strong>ohne</strong>nsalat<br />
Statt Speck mit<br />
Tomatenwürfeln.<br />
Tomatensalat Mit<br />
Schnittlauch, Essig,<br />
Öl, Zwiebelpulver.<br />
Krautsalat Statt<br />
Speck Kräuter-<br />
Joghurt-Dressing. Erst<br />
durchziehen lassen,<br />
dann salzen.<br />
Kohlrabi-Rohkost<br />
Mit Joghurt, Zitrone,<br />
Petersilie, geriebenem<br />
Meerrettich.<br />
Waldorfsalat<br />
Soße aus saurer<br />
Sahne, Curry, Pfeffer,<br />
Mango-Chutney.<br />
Snacks<br />
Schinken-Rührei<br />
Mit Schnittlauch.<br />
Quiche Lorraine<br />
Mit Blätterteig,<br />
gekochtem<br />
Schinken.<br />
Toast Hawaii<br />
Gouda statt<br />
Schmelzkäse.<br />
Kräuterquark<br />
Kräutersalz<br />
verwenden.<br />
Pizza Teig <strong>ohne</strong><br />
<strong>Salz</strong>, mit Olivenöl.<br />
Tomatensoße mit<br />
Oregano. Mozzarella<br />
statt Gouda.<br />
9 / 2011 23
Jahre<br />
100<br />
99<br />
98<br />
97<br />
96<br />
95<br />
94<br />
93<br />
92<br />
91<br />
90<br />
89<br />
88<br />
87<br />
86<br />
85<br />
84<br />
83<br />
82<br />
81<br />
80<br />
79<br />
78<br />
77<br />
76<br />
75<br />
74<br />
73<br />
72<br />
71<br />
70<br />
69<br />
68<br />
25 % der jetzt<br />
geborenen<br />
Mädchen<br />
werden 100.<br />
2050 wird die<br />
Lebenserwartung<br />
durchschnittlich<br />
bei 90 liegen,<br />
aktuell bei<br />
80 Jahren.<br />
Die Hälfte der<br />
70-Jährigen<br />
mit Krebs<br />
wird wieder<br />
völlig gesund.<br />
1980 waren es<br />
nur 30 %.<br />
»Weil Krebs heute viel<br />
früher entdeckt wird, ist<br />
er oft zu 100 % heilbar.«<br />
Prof. Gerhard Ehninger, Direktor der Uniklinik der TU<br />
Dresden, ist einer der führenden Krebsforscher.
UNSER LEBEN<br />
Neue Medizin-Technik<br />
Werden wir<br />
mit Krebs bald<br />
?<br />
Immer mehr Menschen werden nach Krebs wieder völlig gesund.<br />
Führende Krebsforscher wie Prof. Gerhard Ehninger sprechen<br />
sogar von dem Beginn einer neuen Epoche – dank wirksamerer<br />
Medikamente, besserer Diagnosen und sanfterer Therapien.<br />
Herr Prof. Ehninger, aktuelle<br />
Statistiken des Robert-Koch-Instituts<br />
zeigen,<br />
dass die Heilungschancen bei<br />
Krebs in den letzten 30 Jahren um<br />
rund 20 Prozent-Punkte gestiegen<br />
sind (siehe auch Grafik übernächste<br />
Seite). Ist das der Durchbruch?<br />
PROF. EHNINGER Es zeigt zumindest,<br />
dass es große Fortschritte gibt.<br />
Denn tatsächlich wird<br />
• jeder zweite Mensch mit Krebs<br />
heutzutage vollständig geheilt.<br />
• Noch besser ist die Prognose, wenn<br />
der Krebs früh behandelt wird. Bei<br />
Brust- und Darmkrebs etwa werden<br />
80 bis 90 Prozent der Menschen wieder<br />
ganz gesund, wenn der entfernte<br />
Tumor noch klein war und nicht in<br />
andere Regionen des Körpers gesiedelt<br />
hat. Das ist ein riesiger Erfolg!<br />
Woher kommt dieser Erfolg?<br />
PROF. EHNINGER Einer der Gründe<br />
ist, dass viele Krebserkrankungen<br />
heute wesentlich früher festgestellt<br />
und deshalb erfolgreicher behandelt<br />
werden. Ein Beispiel: das maligne<br />
Melanom, der schwarze Hautkrebs,<br />
eine der bösartigsten und aggressivsten<br />
Krebsformen überhaupt.<br />
9 / 2011 25
UNSER LEBEN<br />
• Noch vor 10 oder 20 Jahren<br />
sind die meisten daran gestorben,<br />
weil der Tumor bei der Diagnose<br />
bereits groß war und Metastasen<br />
gebildet hatte.<br />
• Seit 2008 gibt es aber die von gesetzlichen<br />
Krankenkassen finanzierte<br />
Früherkennungsuntersuchung der<br />
Haut, die schon über elf Millionen<br />
Menschen machen ließen.<br />
• Sie gehen also nicht erst bei Verdacht<br />
zum Arzt, sondern lassen ihre<br />
Haut routinemäßig überprüfen. Dadurch<br />
wird Hautkrebs eher entdeckt.<br />
• Früh erkannt und mit einer kleinen<br />
Operation entfernt, ist schwarzer<br />
Hautkrebs zu 100 Prozent heilbar!<br />
• Ähnliches gilt für die Früherkennung<br />
bei Brust- und Darmkrebs.<br />
Überhaupt gibt es heute neue, bessere<br />
Diagnose-Möglichkeiten, die uns<br />
helfen, Krebserkrankungen sehr frühzeitig<br />
zu entdecken.<br />
Dass das Robert-Koch-Institut in<br />
den letzten Jahren mehr Krebsfälle<br />
registriert hat, liegt also auch an<br />
verbesserter Diagnose?<br />
PROF. EHNINGER Ganz genau. Aber<br />
auch daran, dass wir immer älter<br />
werden. Denn das Risiko, Krebs zu<br />
bekommen, steigt mit zunehmendem<br />
Alter an. So liegt das Risiko für einen<br />
Mann, in den nächsten zehn Jahren<br />
Prostatakrebs zu bekommen, mit 40<br />
bei nur 0,1 Prozent, mit 70 Jahren<br />
aber schon bei 6,3 Prozent. Auf der<br />
anderen Seite können Ärzte heute<br />
mit Labortests und modernen Geräten,<br />
z. B. Computer-Tomografie (CT)<br />
und Magnet-Resonanz-Tomografie<br />
(MRT), selbst kleinste Tumoren aufspüren,<br />
die sie vor 30 Jahren noch<br />
gar nicht gefunden hätten. So kann<br />
z. B. Prostatakrebs dank einer speziellen<br />
Blut-Untersuchung in einem<br />
viel früheren Stadium entdeckt und<br />
behandelt werden.<br />
Welche Krebsformen lassen sich<br />
heute noch früher entdecken?<br />
PROF. EHNINGER Ein gutes Beispiel<br />
ist der Gebärmutterhalskrebs: Vor 30<br />
Jahren hat man diesen Krebs nur<br />
selten entdeckt. Heute gibt es eine<br />
Brustkrebs<br />
am häufigsten<br />
450 000 Menschen<br />
erkranken jährlich<br />
an Krebs. Die häufigsten<br />
Arten:<br />
FRAUEN<br />
Brust<br />
Darm 33620<br />
Lunge 15180<br />
MÄNNER<br />
Prostata<br />
Darm 39 400<br />
Lunge 35 100<br />
Quellen: Deutsche<br />
Krebshilfe, RKI.<br />
Herz-Risiko<br />
viel größer<br />
Nicht Krebs, sondern<br />
ein krankes Herz<br />
ist mit Abstand die<br />
häufigste Todesursache.<br />
25 %<br />
Krebs<br />
42 %<br />
Herz/<br />
Kreislauf<br />
Quelle: Statistisches<br />
Bundesamt, 2010.<br />
59 600<br />
64 300<br />
7 % Atemwege<br />
5 % Magen-<br />
Darm<br />
21 %<br />
Sonstige<br />
sehr wirkungsvolle Methode zur<br />
Früherkennung, bei der einfach ein<br />
Abstrich untersucht wird. Wichtig:<br />
Den Test sollten Frauen auch dann<br />
noch machen lassen, wenn ihnen die<br />
Gebärmutter ganz oder teilweise<br />
entfernt wurde.<br />
In der Vorsorge gibt es also Fortschritte.<br />
Auch in der Behandlung?<br />
PROF. EHNINGER Auf jeden Fall. Die<br />
Strahlentherapie, die heute bei 60 bis<br />
70 Prozent der Behandlungen eingesetzt<br />
wird, hat sich sehr verbessert.<br />
Krebsherde können punktgenau bestrahlt<br />
werden, <strong>ohne</strong> umliegendes<br />
Gewebe zu schädigen. Dadurch können<br />
wir mit höheren Dosen arbeiten,<br />
die mehr Krebszellen abtöten, aber<br />
weniger Nebenwirkungen haben.<br />
Außerdem haben wir dramatisch<br />
bessere Medikamente. Bestes Beispiel<br />
ist der Darmkrebs. Schwerkranke mit<br />
Metastasen können wir leider nicht<br />
heilen. Aber wir können ihr Leben bei<br />
guter Lebensqualität deutlich verlängern.<br />
Dank einer Reihe neuer Medikamente<br />
überlebt ein Mensch mit<br />
einem Dickdarmkarzinom heute im<br />
Durchschnitt 26 Monate – gegenüber<br />
9 Monaten noch vor ein paar Jahren.<br />
Das ist ein unglaublicher Gewinn!<br />
Wie wirken solche Medikamente?<br />
PROF. EHNINGER In erster Linie<br />
handelt es sich dabei um im Labor<br />
hergestellte Antikörper. Sie heften<br />
sich an die Krebszellen an. Dadurch<br />
locken sie die Zellen des Immunsystems<br />
an. Diese können den Tumor<br />
dann attackieren und abtöten. Oder<br />
man hungert den Tumor aus, indem<br />
man Blutgefäße, die ihn mit Nährstoffen<br />
versorgen, kappt oder im<br />
Wachstum hemmt.<br />
Bei welchen Krebsarten kann man<br />
diese Behandlung schon anwenden?<br />
PROF. EHNINGER Wir stehen hier<br />
am Anfang einer neuen Epoche! Bestes<br />
Beispiel ist eine bestimmte Blutkrebsform,<br />
die CML (Chronische<br />
Myeloische Leukämie). Bis vor wenigen<br />
Jahren konnte man Betroffene<br />
nur mit einer gefährlichen und teuren<br />
Stammzell-Transplantation<br />
26 9 / 2011
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UNSER LEBEN<br />
»Mit dem<br />
Rauchen aufhören,<br />
etwas<br />
abnehmen,<br />
wenig Alkohol<br />
trinken – 50 %<br />
aller Krebsfälle<br />
ließen sich so<br />
verhindern!«<br />
retten. Heute kann ein einzelnes<br />
Medikament die Krankheit zum Stillstand<br />
bringen und zahlreiche Menschen<br />
sogar vollständig heilen.<br />
Helfen diese Medikamente auch bei<br />
anderen Krebsarten?<br />
PROF. EHNINGER Ja, auch bei<br />
Brust-, Darm- oder Lungenkrebs<br />
werden sie oft mit einer Chemotherapie<br />
kombiniert. Die Erfolge sind dadurch<br />
viel größer. Außerdem kann<br />
die Chemotherapie-Dosis oft reduziert<br />
werden, sodass es weniger<br />
Nebenwirkungen gibt.<br />
Also sollten sie bei jedem, der<br />
Krebs hat, eingesetzt werden?<br />
PROF. EHNINGER Nein, das geht<br />
leider nicht, denn sie wirken nicht gegen<br />
jede Krebsart. Vor allem helfen<br />
sie auch nicht bei jedem. Ein Beispiel:<br />
Bei etwa 30 Prozent der Frauen mit<br />
Brustkrebs finden wir auf ihren<br />
Krebszellen besonders viele Rezeptoren,<br />
die das Krebswachstum anregen.<br />
Diesen Frauen kann man sehr<br />
gut mit dem Medikament Herceptin<br />
helfen. Die anderen 70 Prozent haben<br />
von dieser Behandlung nichts. Doch<br />
die Forschung steht nicht still und ich<br />
gehe davon aus, dass es auch für sie<br />
bald wirksame Therapien gibt.<br />
Und woher weiß man, welches Medikament<br />
für wen geeignet ist?<br />
PROF. EHNINGER Früher gab man<br />
Chemotherapien und nach einigen<br />
Wochen oder Monaten stellte man<br />
dann fest, ob sie wirken. Da ging viel<br />
Zeit verloren. Heute wird eine Gewebeprobe<br />
des Tumors auf genetische<br />
Veränderungen oder bestimmte<br />
Wachstumsfaktoren untersucht. Aus<br />
den Ergebnissen können wir herauslesen,<br />
welche Medikamente wir bei<br />
wem gut einsetzen können.<br />
Werden solche Untersuchungen<br />
bei jedem, der Krebs<br />
hat, gemacht?<br />
PROF. EHNINGER Leider<br />
nein! Die Untersuchungsmethoden<br />
sind zum Teil<br />
noch sehr neu, aber bei<br />
vielen genetischen Veränderungen<br />
gibt es<br />
Immer mehr werden geheilt<br />
Diese Zahlen zeigen: Immer mehr erkranken an<br />
Krebs, aber immer mehr werden vollständig geheilt.<br />
Jahr Heilung* Neue Fälle**<br />
1980 34%<br />
146 500<br />
1985 38%<br />
160 800<br />
1990 41%<br />
174 100<br />
1995 43%<br />
184 600<br />
2000 47%<br />
190 000<br />
2005 50%<br />
197 300<br />
2010 Keine Angaben<br />
204 000***<br />
* Hochgerechnet. ** Bei Frauen. *** Prognostiziert. Quelle: RKI.<br />
inzwischen standardisierte Tests. Ich<br />
erlebe es jedoch immer noch sehr<br />
häufig, dass Menschen zu uns in die<br />
Klinik kommen, bei denen ein solcher<br />
Test noch nicht gemacht wurde. Im<br />
schlechtesten Fall sind sie zuvor mit<br />
Medikamenten behandelt worden,<br />
die keine Wirkung bei ihnen zeigen<br />
konnten.<br />
Wie kann man das als Betroffener<br />
verhindern?<br />
PROF. EHNINGER Sobald man die<br />
Diagnose Krebs erhalten hat, sollte<br />
man sich an ein spezialisiertes Krebszentrum<br />
der Nähe wenden. Ausgezeichnete<br />
Behandlungszentren, die<br />
mit einem Gütesiegel oder Zertifikat<br />
versehen sind, findet man auf verschiedenen<br />
Internetseiten.<br />
Welche Vorteile hat das?<br />
PROF. EHNINGER Hier arbeiten<br />
Experten verschiedener Fachrichtungen<br />
Hand in Hand, vor allem<br />
Chirurgen, Internisten, Strahlentherapeuten,<br />
Radiologen und Pathologen.<br />
Die Empfehlung für eine Behandlung<br />
wird nicht von einem Arzt,<br />
sondern nach ausführlicher Diskussion<br />
aller Experten getroffen. Dabei<br />
werden immer die neuesten Erkenntnisse<br />
der Medizin berücksichtigt.<br />
Wir haben jetzt sehr ausführlich<br />
über Therapien geredet. Aber was<br />
kann man selbst tun, um gar nicht<br />
erst Krebs zu bekommen?<br />
PROF. EHNINGER Viel, sehr viel! Nur<br />
28<br />
9 / 2011
Gehirnleistung?<br />
Denken Sie an Omega-3<br />
5 Tipps, die Sie<br />
wirksam schützen<br />
Experten schätzen, mindestens jeder zweite<br />
Krebsfall wäre vermeidbar. Besonders wichtig:<br />
RAUCHSTOPP<br />
Nicht nur Lungenkrebs,<br />
sondern<br />
jeder dritte Krebs<br />
überhaupt ließe sich<br />
so verhindern. Wichtig:<br />
auch Passivrauchen<br />
vermeiden.<br />
KEIN ALKOHOL<br />
Alkohol steigert<br />
das Krebsrisiko in<br />
Mund, Rachen, Kehlkopf<br />
und Speiseröhre<br />
sowie für Brust- und<br />
Darmkrebs. Deshalb<br />
diese Tipps beachten:<br />
➜ Frauen nicht mehr<br />
als 250 ml Bier bzw.<br />
125 ml Wein je Tag;<br />
➜ Männer maximal<br />
500 ml Bier bzw.<br />
250 ml Wein pro Tag;<br />
➜ Zwei alkoholfreie<br />
Tage pro Woche!<br />
ABNEHMEN<br />
Zu viel Fett, vor<br />
allem am Bauch, fördert<br />
über chronische<br />
Entzündungen Krebs.<br />
Deshalb: viel bewegen,<br />
um abzunehmen, da<br />
Sport zusätzlich das<br />
Krebsrisiko deutlich<br />
reduziert.<br />
KEIN SOLARIUM<br />
UV-Strahlen erhöhen<br />
das Risiko für<br />
Hautkrebs. Deshalb im<br />
Sommer von 11 bis 15<br />
Uhr direkte Sonne<br />
meiden bzw. die Haut<br />
schützen (mindestens<br />
mit LSF 15).<br />
SCHUTZREGELN<br />
Umweltgifte und<br />
Chemikalien spielen<br />
durch heutige Arbeitsschutz-Maßnahmen<br />
für das Krebsrisiko<br />
kaum noch eine Rolle.<br />
Aber nur, wenn man<br />
die Bestimmungen<br />
auch einhält! Also<br />
beispielsweise spezielle<br />
Reiniger oder<br />
Klebstoffe nur in sehr<br />
gut belüfteten Räumen<br />
benutzen.<br />
Geistige Leistungsfähigkeit –<br />
keine Frage des Alters.<br />
Doppelherz system OMEGA -3 KONZENTRAT enthält<br />
besonders hochkonzentrierte Omega-3-Fettsäuren und<br />
leistet so einen Beitrag zur normalen Gehirnfunktion –<br />
auch im Alter.<br />
• Aus hochgereinigten Seefischölen<br />
• Mit 200 mg DHA und 300 mg EPA<br />
• Nur eine Kapsel täglich<br />
Omega-3-Fettsäuren –<br />
zur Unterstützung der normalen<br />
Gehirnfunktion<br />
DHA – ein essentieller<br />
Bestandteil des Gehirns<br />
Foto: Anne Schönharting (2), Getty Images (2)<br />
etwa fünf Prozent der Darmkrebs- und<br />
bis zu zehn Prozent der Brustkrebs-Erkrankungen<br />
sind erblich bedingt – und<br />
das sind mit die häufigsten Krebsfälle.<br />
Aber 50 Prozent aller Krebs-Erkrankungen<br />
könnte man durch einfache<br />
Maßnahmen verhindern (siehe Kasten<br />
oben). Das sollte sich jeder vor Augen<br />
führen, wenn über Krebs geredet<br />
wird. Viele haben Angst davor, wie<br />
schlimm die Erkrankung und wie<br />
belastend die Behandlung ist. Dabei<br />
hat jeder die Möglichkeit, viel dafür<br />
zu tun, gesund zu bleiben.<br />
Das Gespräch führte Uwe Groenewold<br />
* Herkömmliche Fischöl-Produkte<br />
enthalten 30 % Omega-3-Fettsäuren<br />
<br />
Die Kraft der zwei Herzen.<br />
Zur Erinnerung für Ihre Apotheke: PZN 6132725<br />
(Pharma-Zentral-Nummer)
30 9/ 2011
UNSER LEBEN<br />
Meryl Streep<br />
„Die beste<br />
der Welt<br />
soll ich<br />
sein?<br />
9 / 2011<br />
31
MARKETTE<br />
32 89 / 2011
UNSER MARKETTE LEBEN<br />
Meryl Streep – für die einen, wie<br />
Clint Eastwood, ist sie „die<br />
beste Schauspielerin der Welt“,<br />
für andere die Frau, die jeder<br />
gerne zur besten Freundin hätte.<br />
Und sie selbst? Sie hält sich<br />
einfach nur für „normal“. Frank<br />
Siering kann das nur bestätigen,<br />
seit er Meryl Streep zuhause<br />
besuchte – und ihr beim<br />
Apfelstrudel-Backen zuschaute!<br />
allo, ich bin hier hinten“,<br />
ruft eine fröhliche Stimme, nachdem<br />
auch das zweite Klingeln unerhört<br />
verstummte. Ein schmaler Gang führt<br />
rechts um die Hausecke zu einer<br />
offen stehenden Tür. Licht durchflutet<br />
eine riesige Landhaus-Küche<br />
(bestimmt 30 m 2 ) in hellem Elfenbein-Ton.<br />
In der Mitte ein gewaltiger<br />
Arbeitstisch. Darüber eine<br />
Traube blinkender Töpfe. Darunter,<br />
in eine riesige Mehlwolke<br />
gehüllt: Meryl Streep!<br />
Die blonden Haare zum Dutt<br />
hochgebunden, die Schürze mit<br />
Mehl und Ei-Resten befleckt.<br />
„Ich backe gerade Apfelstrudel“,<br />
erklärt sie mit einem<br />
entschuldigenden Lächeln.<br />
„Setzen Sie sich schon mal,<br />
ich bin gleich so weit.“<br />
89 / 2011<br />
33
UNSER LEBEN<br />
„ ach jeder<br />
Premiere<br />
möchte<br />
ich zurück<br />
in meine<br />
normale<br />
Welt, mit<br />
Nachbarn<br />
über die<br />
Apfelernte<br />
reden, über<br />
den neusten<br />
Klatsch<br />
im Dorf.“<br />
Dabei deutet sie mit dem Kopf auf<br />
einen Hocker. „Und nehmen Sie sich<br />
einen Kaffee.“ Aus dem Radio trällert<br />
„Hard Day’s Night“ von den Beatles,<br />
die 62-Jährige summt kräftig mit.<br />
Es tut gut, sich erst mal zu setzen.<br />
Das ist sie also: die Meryl Streep, die<br />
„Jenseits von Afrika“, „Brücken am<br />
Fluss“, „Kramer gegen Kramer“,<br />
„Mamma Mia“ und andere Filmklassiker<br />
zum festen Teil unseres Lebens<br />
machte. Die Schauspielerin, der ganz<br />
Hollywood, das Publikum, Frauen<br />
wie Männer seit über drei Jahrzehnten<br />
zu Füßen liegen. Die zig<br />
Millionen verdiente mit über 50 Filmen.<br />
Die dabei jede Rolle so wandlungsfähig,<br />
intensiv, zart, verletzlich<br />
und doch so leidenschaftlich spielt,<br />
dass es fast verwundert, warum sie<br />
dafür bisher nur zwei<br />
Oscars erhielt ...<br />
Doch das zählt nicht<br />
an diesem Sommer-<br />
Vormittag in ihrer<br />
Küche in Salisbury<br />
(Connecticut). Jetzt<br />
zählt nur der Apfelstrudel.<br />
Und der will<br />
noch nicht so ganz.<br />
Dabei ist heute Sonntag.<br />
Und wie es sich<br />
für einen amerikanischen<br />
Sonntag gehört,<br />
will auch Meryl<br />
Streep einfach nur<br />
einen Kuchen für ihre<br />
vier Kinder und ihren<br />
Mann Don Gummer<br />
backen. So, das Werk<br />
in den Ofen geschoben,<br />
schnell die Hände gewaschen<br />
und das schönste Strahlen aufgesetzt:<br />
„Wollen wir uns ins Wohnzimmer<br />
setzen?“ – „Ach, hier ist es doch sehr<br />
gemütlich ...“ Ein strahlendes Lächeln<br />
ist die Antwort. „Sie haben recht.<br />
Und so kann ich auch nach dem Strudel<br />
schauen.“<br />
Frau Streep, Clint Eastwood, ihr<br />
Filmpartner aus „Die Brücken am<br />
Fluss“, sagte über Sie, Sie seien die<br />
beste Schauspielerin der Welt ...<br />
STREEP (winkt energisch mit beiden<br />
Händen ab) Ach wissen Sie, ich bin<br />
in erster Linie Mutter und Ehefrau.<br />
Das ist auf jeden Fall die Rolle, die<br />
mir am meisten Spaß macht.<br />
Und der Beruf, mit dem Sie seit<br />
34 Jahren Generationen von Kinogängern<br />
begeistern?<br />
STREEP Das macht auch Spaß. Aber<br />
es ist eine ganz andere Welt (steht<br />
auf, um sich die Schürze auszuziehen).<br />
Wie haben Sie es geschafft, so wunderbar<br />
normal zu bleiben – es gibt<br />
wirklich nicht viele Schauspieler,<br />
die einen am Sonntag beim Backen<br />
in der Küche empfangen.<br />
STREEP Oh, das ist einfacher, als Sie<br />
denken. Ich bin Ehefrau, Mutter. Trage<br />
und teile Verantwortung. Das ist<br />
eine Aufgabe, die sich immer wieder<br />
verändert, und ich glaube, das genau<br />
ist es, was mich ständig antreibt.<br />
Am Tag, nachdem ein Film gedreht<br />
oder rauschende Premiere gefeiert<br />
wurde, sitzen Sie also gleich wieder<br />
seelenruhig im Flugzeug nach Hause,<br />
um zu überlegen, was Sie gleich<br />
kochen werden?<br />
STREEP Ja, da ist was dran. Ich bin<br />
ein Mensch, der gerne wieder in<br />
seine normale Welt zurückkehrt.<br />
Dann lade ich meine Nachbarn zum<br />
Tee ein, wir sprechen über die Apfelernte<br />
oder den neuesten Klatsch im<br />
Dorf. Mit Hollywood hat das nichts<br />
zu tun. Ich bin einfach nur Meryl.<br />
Und das ist genau das, was ich mir<br />
immer gewünscht habe im Leben.<br />
Einfach nur Meryl sein.<br />
Einfach nur Meryl sein, was genau<br />
bedeutet das für Sie? Den Haushalt<br />
organisieren, für die Familie kochen?<br />
STREEP Das gehört auf jeden Fall<br />
dazu. Wobei Kochen mittlerweile bei<br />
vier erwachsenen Kindern eine echte<br />
Herausforderung geworden ist. Jeder<br />
will etwas anderes essen. Deshalb<br />
gibt es bei uns zuhause viel „Take-out<br />
food“ – also Gerichte aus der Tiefkühltruhe,<br />
bei denen für jeden etwas<br />
dabei ist. Aber ich möchte gleich<br />
hinzufügen: Ich bin wirklich eine<br />
ganz gute Köchin. (lächelt)<br />
Welches ist Ihr liebstes Gericht?<br />
STREEP Gebratenes Hähnchen wird<br />
wohl immer mein größter Renner<br />
bleiben. Daran komme ich niemals<br />
vorbei. Hört sich nicht gerade nach<br />
einer großen kulinarischen Herausforderung<br />
an, oder? Aber es sind die<br />
kleinen Feinheiten, die ein gutes von<br />
einem großartigen Hähnchen unterscheiden.<br />
Die Bräune muss stimmen,<br />
der Buttergehalt, der Vogel darf<br />
nicht zu trocken und nicht zu durchgebraten<br />
sein. Na ja, und natürlich<br />
mein Apfelstrudel.<br />
In „Julie & Julia“ haben Sie vor<br />
zwei Jahren die Rolle der US-Fernsehköchin<br />
Julia Child gespielt. Hat<br />
Ihnen Ihre Leidenschaft fürs<br />
Kochen dabei geholfen?<br />
STREEP Na ja, ich hatte immerhin<br />
keine Angst vor einem Kochtopf.<br />
(lacht) Außerdem hat mich diese<br />
Frau sehr an meine Mutter erinnert.<br />
An Ihre Mutter?<br />
STREEP Bei allem, was ich über Julia<br />
Child gelesen habe, dachte ich – wie<br />
meine Mutter! Dieselbe Energie,<br />
dieselbe Leidenschaft fürs Leben.<br />
Meine Mutter stand jeden Tag auf<br />
und hatte einen Plan. Das hat mir<br />
immer sehr imponiert. Wohl auch,<br />
weil ich niemals so war. Ich habe<br />
immer eher in den Tag hinein gelebt.<br />
Dabei wirken Sie so aufgeräumt, so<br />
diszipliniert und sorgfältig.<br />
STREEP (muss lachen, dabei rutscht<br />
eine Haarsträhne aus dem Dutt; sie<br />
packt sie, dreht die Haare hinter ihr<br />
Ohr, als wäre es eine Filmszene, so<br />
unbekümmert – kein Wunder, dass ihr<br />
Hollywood zu Füßen liegt) Toll, dass<br />
das nach außen so wirkt. Aber ich<br />
habe durchaus auch dunkle Gemütstage.<br />
Wie wohl jeder andere.<br />
Ihre Filme der letzten Jahre – „Der<br />
Teufel trägt Prada“, 2006, „Mamma<br />
Mia“ mit Pierce Brosnan, 2008,<br />
„Wenn Liebe so einfach wäre“ mit<br />
Alec Baldwin, 2009 –, das alles<br />
waren große kommerzielle Erfolge.<br />
Es scheint, dass eine neue Generation<br />
von Kinogängern Sie auf einmal<br />
neu entdeckt.<br />
34 9 / 2011
1<br />
MERYLS LEBEN<br />
Traumfilme<br />
seit über<br />
30 Jahren<br />
2<br />
3<br />
5<br />
4<br />
1949 Wird am 22. Juni in<br />
Summit, New Jersey, geboren.<br />
Mutter Künstlerin, Vater<br />
Unternehmer. Ihre familiären<br />
Wurzeln reichen nach Deutschland<br />
und in die Schweiz.<br />
In jeder Rolle<br />
berührt sie<br />
die Herzen<br />
Über 60 Rollen, und<br />
jede spielte sie mit<br />
beeindruckender<br />
Intensität – mal<br />
sinnlich und<br />
ausgeflippt wie in<br />
„Mamma Mia“ ( 5 ),<br />
mal eiskalt und<br />
berechnend<br />
wie in „Der Teufel<br />
trägt Prada“( 2 ).<br />
ab 1971 Schauspielunterricht<br />
in New Jersey und Yale; erste<br />
Theater-, TV- und Filmrollen.<br />
1978 März: Tod ihres Verlobten,<br />
des Schauspielers John<br />
Cazale („Der Pate“). September:<br />
Hochzeit mit dem Bildhauer<br />
Don Gummer. 4 Kinder: Henry<br />
(*1979), Mamie (*1983), Grace<br />
(*1986) und Louisa (*1991).<br />
1979 Oscar für „Kramer<br />
gegen Kramer“, an der Seite<br />
von Dustin Hoffman.<br />
1982 Oscar für „Sophies<br />
Entscheidung“. Insgesamt wurde<br />
sie 16 Mal nominiert.<br />
1983 Kämpft in „Silkwood“<br />
gegen radioaktives Gift ( 6 ).<br />
1985 Verliebt sich in „Jenseits<br />
von Afrika“ in Robert Redford ( 7 ).<br />
1993 Spielt in „Das Geisterhaus“<br />
mit Jeremy Irons.<br />
1995 Bezaubert Clint Eastwood<br />
in „Die Brücken am Fluss“ ( 1 ).<br />
2006 Brilliert in „Der Teufel<br />
trägt Prada“ als Chefredakteurin<br />
eines Modehefts ( 2 ).<br />
2008 Singt in „Mamma Mia“ an<br />
der Seite von Pierce Brosnan.<br />
6<br />
7<br />
8<br />
Zum<br />
Weinen<br />
schön<br />
Die ganz großen<br />
Emotionen sind ihre<br />
Stärke. Unvergessen:<br />
„Jenseits von Afrika“ (7)<br />
an der Seite von<br />
Robert Redford und<br />
„Die Brücken am Fluss“ (1)<br />
mit Clint Eastwood.<br />
2009 Begeistert als TV-Köchin<br />
in „Julie & Julia“ ( 3 ).<br />
2009 Wickelt Alec Baldwin in<br />
„Wenn Liebe so einfach wäre“<br />
um den Finger ( 8 ).<br />
2012 Spielt sie als „Die eiserne<br />
Lady“ Margaret Thatcher ( 4 ).<br />
9 / 2011<br />
35
UNSER LEBEN<br />
schatten?<br />
„<br />
Die kenne<br />
ich sehr gut.<br />
Auch ich war<br />
schon öfter<br />
arbeitslos.“<br />
STREEP Ich finde<br />
es großartig und<br />
fühle mich sehr<br />
geehrt. Damit habe<br />
ich nach so vielen<br />
Jahren im Showbusiness<br />
nun wirklich<br />
nicht mehr<br />
gerechnet. Auf<br />
einmal kommen 13-jährige Mädchen<br />
auf mich zu und wollen ein Autogramm<br />
von mir. Es ist wirklich<br />
sehr rührend.<br />
Verehrt Hollywood Sie vielleicht<br />
gerade deshalb so?<br />
STREEP (streicht sich die widerspenstige<br />
Strähne hinters Ohr) Wissen<br />
Sie, ich glaube noch nicht einmal,<br />
dass es sich zwingend um meine<br />
Person handelt. Ein paar Produzenten<br />
investieren in gute Projekte<br />
und ich habe das Glück, dass mein<br />
Name mit diesen Filmen in Verbindung<br />
gebracht wird. Wenn ich ehrlich<br />
bin, glaube ich, dass auch in Hollywood<br />
einige Manager sehr überrascht<br />
waren, dass eine alte Frau wie<br />
ich noch für so großen Erfolg an der<br />
Kinokasse sorgen kann. (lacht)<br />
Es ist eine gute Zeit für ältere<br />
Schauspielerinnen, oder?<br />
STREEP Absolut, gerade für Frauen,<br />
die über 40 sind, ist derzeit viel gutes<br />
Drehmaterial auf dem Markt. Das ist<br />
fast schon ein Geschenk und kommt<br />
noch dazu völlig unerwartet. Ich bin<br />
heute so beschäftigt wie in meinen<br />
20ern. Manchmal ist es mir sogar<br />
schon ein bisschen zu viel.<br />
Seit über 30 Jahren die schönsten<br />
Rollen. Mehr gefragt denn je. Das<br />
klingt nach einem Leben im ewigen<br />
Sonnenlicht. Wo sind die Schatten?<br />
STREEP Die kenne ich auch, da können<br />
Sie sicher sein. Denn ich war<br />
sicherlich häufiger arbeitslos als<br />
angestellt. Aber mir hat es immer<br />
geholfen, meine Familie um mich zu<br />
haben. Sie war der stabilisierende<br />
Faktor in meinem Leben.<br />
Aber Sie waren doch oft von Ihrer<br />
Familie getrennt ...<br />
STREEP Das täuscht. Als Schauspielerin<br />
kann ich heute sagen, dass ich mehr<br />
Zeit mit meiner Familie verbringen<br />
kann als jemand, der 50 Wochen im<br />
Jahr am Computer sitzt. Unsere Arbeitszeiten<br />
sind einfach viel flexibler.<br />
Was ist für Sie der große Nachteil<br />
Ihres Berufs?<br />
STREEP Du weißt niemals, was morgen<br />
ist. Bin ich wieder arbeitslos?<br />
Habe ich genug Geld auf dem Konto,<br />
um das nächste Jahr finanziell zu<br />
überleben? Die Unsicherheit lässt<br />
dich niemals los.<br />
Wie suchen Sie sich heute Ihre<br />
Filme aus? Anders als früher?<br />
STREEP Das hat sich über die Jahre<br />
nicht verändert. Mir geht es immer<br />
zuerst um den Inhalt der Geschichte<br />
und das Drehbuch. Für mich haben<br />
gute Drehbücher eine Art Stimme,<br />
die aus ihnen herausströmt, die sie<br />
einzigartig macht und mir das Gefühl<br />
vermittelt: Bei diesem Film möchte<br />
ich dabei sein.<br />
Das klingt nach weiblicher Intuition.<br />
Aber in Hollywood haben doch<br />
Männer das Sagen. Oder ist Hollywood<br />
weiblicher geworden?<br />
STREEP Hollywood ist immer noch<br />
sehr männlich. Aber das Publikum<br />
hat sich verändert. Frauen werden<br />
heute in allen Altersgruppen eher<br />
akzeptiert. Das ist eine schöne Entwicklung.<br />
Und ich bin stolz darauf,<br />
dass ich zu der Altersgruppe gehöre,<br />
die noch Menschen begeistern kann.<br />
Zum Begeistern gehören auch Preise,<br />
der Oscar, Oscar-Nominierungen.<br />
Keine Frau in Hollywood<br />
hat mehr davon. Wie wichtig sind<br />
solche Auszeichnungen?<br />
STREEP Sie werden lachen, aber für<br />
so etwas werde ich wohl niemals zu<br />
alt. Es ist immer wieder sehr aufregend<br />
und sehr schön. Ich freue<br />
mich wie ein kleines Kind, wenn ich<br />
ausgezeichnet werde. Meinetwegen<br />
kann das so noch ein paar Jahre<br />
weitergehen. Frank Siering<br />
Foto: Patrick Swirc / Corbis Outline (2), DDP (6), Cinetext (2), Stockfood (1)<br />
Apfelstrudel à la Meryl<br />
TEIG 300 g Mehl · 1 Prise <strong>Salz</strong> · 30 ml Sonnenblumenöl · 200 ml Wasser (lauwarm) · 3 EL Butter<br />
FÜLLUNG 2 Kilo Äpfel (Boskop oder Elstar) · 150 g Zucker · 30 ml dunkler Rum · 150 g Rosinen · 1 Prise Zimt<br />
2 Zitronen (Saft und abgeriebene Schale) KRÜMEL 300 g Butter · 300 g Paniermehl<br />
1. Mehl, <strong>Salz</strong>, Öl und<br />
Wasser zu einem Teig<br />
kneten und zu einer<br />
Kugel formen. Mit<br />
geschmolzener Butter<br />
einreiben. 1 Stunde in<br />
Folie ruhen lassen.<br />
2. Äpfel schälen, <strong>ohne</strong><br />
Gehäuse in Scheiben<br />
schneiden. Zucker, Rosinen,<br />
Zitronensaft und<br />
-schale, Rum und Zimt<br />
gut verrühren und in<br />
einer Schüssel über die<br />
Äpfel gießen. Paniermehl<br />
anrösten.<br />
3. Teig flach drücken,<br />
dabei öfter wenden.<br />
Dann von der Mitte<br />
nach außen ganz dünn<br />
ausrollen. Die Krümel<br />
und die Apfelstücke auf<br />
dem Teig verteilen (die<br />
Teigränder frei lassen).<br />
4. Ränder mit Butter<br />
bepinseln, den vorderen<br />
Rand umklappen. Teig<br />
mithilfe des Tuches von<br />
vorne nach hinten aufrollen.<br />
Beide Enden gut<br />
zusammendrücken.<br />
5. Den Strudel auf<br />
ein mit Backpapier<br />
ausgelegtes Backblech<br />
heben, u-förmig auf das<br />
Blech legen. Mit etwas<br />
Butter bepinseln.<br />
Bei 200 °C 60 bis 70<br />
Minuten backen.<br />
36 9 / 2011
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... dass man<br />
durch Pflege<br />
selbst zum<br />
Sozialfall wird?<br />
... dass<br />
es in<br />
NRW eine<br />
bessere<br />
Pflege<br />
gibt als in<br />
Bayern?<br />
... dass man<br />
nirgendwo<br />
fair beraten<br />
wird und man<br />
nicht erfährt,<br />
was einem<br />
zusteht?<br />
Ist das gerecht,<br />
Wer Vater oder Mutter pflegt, dafür womöglich sogar seinen Job aufgibt, genießt<br />
38 9 / 2011
UNSER LEBEN<br />
... dass<br />
meine<br />
Pflegezeit<br />
nicht auf<br />
die Rente<br />
angerechnet<br />
wird?<br />
... dass Pflege<br />
zu Hause ein<br />
Luxus ist, den<br />
sich kaum<br />
einer leisten<br />
kann?<br />
Herr Bahr ...<br />
höchsten Respekt, auch von der Politik. Und wird doch bestraft – vor allem finanziell.<br />
9 / 2011<br />
39
UNSER LEBEN<br />
... dass man in<br />
Hartz IV rutscht,<br />
weil man pflegt?<br />
Lothar Schwarz (58) aus<br />
Ringsheim war erfolgreicher<br />
Autoverkäufer. Dann hatte<br />
seine Freundin einen Unfall,<br />
ist querschnittsgelähmt.<br />
... dass einem<br />
keiner sagt, welche<br />
Ansprüche man hat?<br />
Christine Köhler (60) aus<br />
Ückeritz kümmerte sich<br />
7 Jahre um ihre Eltern. Dass<br />
diese Zeit auch für ihre eigene<br />
Rente zählt, wusste sie nicht.<br />
... dass Pflege in<br />
den Bundesländern<br />
unterschiedlich ist?<br />
Werner Schell (71) aus Neuss<br />
versorgte seinen Vater zu<br />
Hause. Heute engagiert sich<br />
der Dozent für Pflegerecht für<br />
bessere Standards in Heimen.<br />
... dass der Staat für<br />
Heime mehr zahlt als<br />
für Pflege zu Hause?<br />
Stefan Krastel, 43, Frisörmeister<br />
aus Kehl, pflegt seine<br />
Mutter Brunhilde (73) seit<br />
13 Jahren. Erst gab er seinen<br />
Salon auf, dann das Ersparte.<br />
„Kornelia war und ist meine<br />
Traumfrau. Wir lebten ein glückliches<br />
Leben, bis zu jenem Tag<br />
vor 12 Jahren. Ein Autounfall!<br />
Querschnittsgelähmt, Rollstuhl.<br />
Ihre inneren Organe sind auch<br />
betroffen. Wenn sie sich z. B. verschluckt,<br />
kann sie nicht selbstständig<br />
abhusten. Es muss immer<br />
jemand in ihrer Nähe sein. Normalerweise<br />
leben Menschen wie<br />
Kornelia in einem Heim, doch<br />
das wollte ich nicht.<br />
Natürlich hofften wir, dass uns<br />
die Behörden helfen. Irrtum!<br />
Sie legen einem nur Steine in<br />
den Weg. Heute leben wir beide<br />
von Hartz IV! Das finde ich<br />
schlimm. Und da wir eine Bedarfsgemeinschaft<br />
sind, werden<br />
uns Bezüge sogar noch gekürzt,<br />
wir bekommen zusammen nur<br />
400 Euro Hartz IV und etwa 500<br />
Euro Pflegegeld, nach Abzug<br />
der Pflegesachleistungen. Die<br />
Behörden wollten uns sogar<br />
zwingen, unser Häuschen zu<br />
verkaufen. Erst nach zähem<br />
Kampf dürfen wir w<strong>ohne</strong>n bleiben<br />
– vorerst.“<br />
❯❯❯ Den behindertengerechten<br />
Umbau muss (!)<br />
die Pflegekasse mit bis zu<br />
2.557 Euro unterstützen.<br />
❯❯❯ Vielfach stellen sich die<br />
Pflege- und Sozialämter<br />
quer. Dann darum kämpfen<br />
und nicht nachgeben<br />
(§ 40 SGB XI).<br />
„Die Pflege meiner krebskranken<br />
Mutter brachte mich an meine<br />
Grenzen. Nach ihrem Tod<br />
wurde mein Vater mit 85 pflegebedürftig<br />
und dement. Drei Anträge<br />
auf Pflegestufe wurden abgelehnt,<br />
bevor man ihm Stufe I<br />
bewilligte. Da war ich bereits in<br />
Altersteilzeit. Damit ich mich um<br />
Vater kümmern konnte, bat ich<br />
meinen Arbeitgeber, nochmals<br />
reduzieren zu dürfen. Das ging<br />
– mit Folgen für meine Rente!<br />
Denn damit fehlten mir wertvolle<br />
Beitragsjahre. Nach 42 Berufsjahren<br />
erhielt ich 718,68<br />
Euro, Pflegejahre tauchten nicht<br />
auf. Das war ein Schock! Keine<br />
offizielle Stelle war in der Lage,<br />
mir zu helfen. Ein Sozialarbeiter,<br />
die Lohnbuchhaltung und ich<br />
fanden dann gemeinsam heraus,<br />
dass mein Arbeitgeber Ausgleichszahlungen<br />
hätte leisten<br />
müssen. Zum Glück weiß ich das<br />
jetzt – und habe erst dadurch<br />
150 Euro im Monat mehr.“<br />
❯❯❯ Leider sind fehlende<br />
Informationen<br />
Alltag, obwohl<br />
seit 2008 die Pflegestützpunkte<br />
Angehörigen helfen<br />
und sie informieren sollten.<br />
❯❯❯ Bei vielen Problemen<br />
wird man auch künftig<br />
lange suchen müssen.<br />
❯❯❯ Wichtig dabei: Die Pflegekassen<br />
müssen einen<br />
von sich aus nicht auf<br />
alle Vorteile hinweisen.<br />
„Es ist schwer, wenn man einen<br />
Angehörigen pflegen muss,<br />
<strong>ohne</strong> überhaupt dafür ausgebildet<br />
zu sein. Ganz zu schweigen<br />
von der psychischen Last, die<br />
man dabei trägt: Tag und Nacht<br />
bereitstehen, oft <strong>ohne</strong> Anerkennung.<br />
Da werden bei aller Liebe<br />
die Nerven dünner. Über die Jahre<br />
wird es immer belastender.<br />
In Zukunft werden immer weniger<br />
Menschen ihre Angehörigen<br />
zu Hause pflegen können.<br />
Deswegen müssen wir dringend<br />
die Pflege in Heimen verbessern<br />
und sicherstellen, dass die Menschen<br />
überall gleich gut versorgt<br />
werden. Was kaum jemand weiß:<br />
Die Rahmenbedingungen für die<br />
Heimpflege sind von Bundesland<br />
zu Bundesland sehr unterschiedlich!<br />
Da wird Pflegebedürftigen<br />
in Nordrhein-Westfalen z. B.<br />
mehr Personal zugestanden als<br />
in Bayern. Das ist unhaltbar! Wir<br />
brauchen bundeseinheitliche<br />
Stellenschlüssel für alle Pflegeeinrichtungen<br />
– nötig auch deshalb,<br />
damit endlich genug Personal<br />
eingesetzt wird.“<br />
❯❯❯ Die Bedingungen<br />
(und die<br />
Preise) in Heimen sind<br />
tatsächlich sehr unterschiedlich.<br />
❯❯❯ Bereits jetzt ist absehbar,<br />
dass bis 2025 rund<br />
150000 Pflegekräfte<br />
fehlen werden – es wird<br />
also nicht besser.<br />
„Vor 13 Jahren erlitt meine<br />
Mutter einen Schlaganfall, ist<br />
seitdem ein Pflegefall – im Rollstuhl.<br />
Sie kann nicht mehr sprechen,<br />
kaum ein Glas halten. Ich<br />
wasche sie, füttere sie, zieh sie<br />
an. Ohne mich ist sie hilflos.<br />
Als es passierte, war für mich<br />
klar: ‚Ich kümmere mich um sie,<br />
so wie sie immer für mich da war.‘<br />
Für solche Notfälle hat man doch<br />
Erspartes, denkt man, kann den<br />
Pflegedienst bezahlen. Doch dies<br />
ging schnell zur Neige – Mutter<br />
hat Pflegestufe 3, erhält 685 Euro<br />
von der Pflegekasse, dazu 540<br />
Euro Rente. Eine komplette Versorgung<br />
durch Pflegedienste ist<br />
unbezahlbar. Was blieb mir übrig,<br />
als die Pflege zu übernehmen?<br />
2004 gab ich meinen Job<br />
auf, verkaufte den Salon. Auch<br />
das Geld ist aufgebraucht. Würde<br />
ich Mama in ein Heim geben<br />
– ein Platz kostet 3.500 Euro im<br />
Monat –, würden Sozialamt und<br />
Pflegekasse 3.200 Euro zahlen.“<br />
❯❯❯ Klassischer Fall von<br />
fehlender Information.<br />
Nicht alle Hilfen werden<br />
ausgeschöpft.<br />
❯❯❯ Sinnvoll: statt Pflegegeld<br />
höhere Sachleistungen<br />
nutzen.<br />
❯❯❯ Anspruch auf<br />
häusliche Pflegehilfe;<br />
Pflegekasse zahlt<br />
dafür 1.550 Euro.<br />
❯❯❯ Bei eigener Pflege Pflegegeld<br />
und -sachleistungen<br />
kombinieren.<br />
40 9 / 2011
Foto: Hardy Müller (10), Maurice Weiss/Ostkreuz, Marco Urban<br />
... dass Pflege<br />
nicht auf die Rente<br />
angerechnet wird?<br />
Brigitte Bührlen (61) aus<br />
München war 20 Jahre für<br />
ihre Mutter da. Im Job steckte<br />
sie zurück – und bekommt<br />
keinen Cent dafür.<br />
„Mutter litt an Demenz. Körperlich<br />
war sie fit, aber sie war<br />
verwirrt. Deshalb betreute ich<br />
sie zu Hause, auch, um sie vor<br />
sich selbst zu schützen. Bei Demenzkranken<br />
muss man ständig<br />
damit rechnen, dass sie den<br />
Herd andrehen, das Haus verlassen,<br />
Medikamente verwechseln<br />
oder fremde Leute in die<br />
Wohnung lassen. Eine Pflegestufe<br />
hatte sie nicht – die gibt es<br />
nur bei Körperpflege wie Anziehen,<br />
Füttern oder Waschen.<br />
Meine Arbeit als selbstständige<br />
Krankengymnastin musste ich an<br />
die Bedürfnisse meiner Mutter<br />
anpassen. Ihre Verwirrtheit nahm<br />
immer mehr zu. Irgendwann<br />
konnte ich nicht mehr. Nach sieben<br />
Jahren zog Mutter ins Heim<br />
– für 13 Jahre! Erst zum Schluss<br />
hatte sie eine Pflegestufe. Auch<br />
im Heim half ich. Welche Pflegekraft<br />
hat Zeit, eine Kranke<br />
stundenlang zu füttern, die nur<br />
schwer schlucken kann? Für all<br />
das bekam ich keinen Cent.“<br />
Echte Gesetzeslücke:<br />
Angehörige<br />
erhalten<br />
Renten-Beiträge nur bei<br />
mindestens 14 Stunden<br />
Pflege je Woche und (!)<br />
bei einer Pflegestufe.<br />
Demenzkranke haben<br />
oft keine Pflegestufe. Und<br />
in der neuen Stufe 0 gibt’s<br />
keine Rentenbeiträge,<br />
egal wie<br />
groß der Aufwand ist.<br />
1<br />
Dies steht Ihnen zu<br />
Die wichtigsten Hilfen für Angehörige<br />
von Pflegebedürftigen im Überblick. Zuständig<br />
ist immer deren Pflegekasse.<br />
Anspruch auf Beratung Vielfach<br />
fühlen sich Angehörige mit dem<br />
Papierkram rund um die Pflege allein<br />
gelassen. Dabei hat jeder Anspruch auf<br />
Beratung durch die sogenannten<br />
Pflegestützpunkte. Wo sich der nächste<br />
befindet, wissen Stadtverwaltungen,<br />
Caritas oder Diakonie.<br />
2<br />
Es gibt zwei Arten von finanziellen<br />
Hilfen: Pflegegeld und<br />
Pflegesachleistungen. Die erhält man<br />
auch, wenn man Angehörige zu Hause<br />
pflegt. Ganz wichtig: Man kann beide<br />
Leistungen miteinander kombinieren.<br />
3<br />
Beantragen muss diese Leistungen<br />
aber immer der Pflegebedürftige.<br />
Pflegegeld ist eine reine Geldzahlung<br />
und nicht zweckgebunden. Damit<br />
können Pflegebedürftige beispielsweise<br />
Angehörige für deren Pflege bezahlen.<br />
4<br />
Pflegesachleistungen sind<br />
zweckgebunden. Damit können<br />
Pflegebedürftige z. B. die zusätzlichen<br />
Leistungen eines Pflegedienstes<br />
bezahlen. Pflegegeld und Pflegesachleistungen<br />
sind aber in der Höhe<br />
abhängig von der Pflegestufe.<br />
Anm. d. Red.: Natürlich haben wir<br />
dem FDP-Gesundheitsminister<br />
Daniel Bahr (35!) die Fragen der<br />
Leser zugesandt. Trotz Zusage<br />
konnte oder wollte sich der Minister<br />
innerhalb von vier Wochen zu<br />
keinen Antworten durchringen.<br />
5<br />
Um Leistungen kämpfen ist leider<br />
Alltag. Das heißt, auf keinen Fall<br />
die Einschätzungen des Medizinischen<br />
Dienstes akzeptieren, der den Pflegebedarf<br />
feststellt. Deshalb im Vorfeld ein<br />
Pflegetagebuch führen, um deutlich zu<br />
machen, welcher Aufwand wirklich über<br />
einen längeren Zeitraum nötig ist.<br />
6<br />
Im Zweifel Widerspruch einlegen.<br />
Studien zeigen, dass ein großer<br />
Teil der Widersprüche positiv zugunsten<br />
der Pflegebedürftigen bzw. Angehörigen<br />
entschieden wird.<br />
7<br />
Sich immer selbst informieren.<br />
Leider ist es so, dass die Pflegekassen<br />
einen nicht auf Vorteile oder<br />
bessere Alternativen hinweisen müssen.<br />
Deshalb gilt für den Umgang mit der<br />
Pflegekasse: selbst informieren – und<br />
Ansprüche stellen (siehe auch die große<br />
Übersicht im Extraheft „Geld & Recht“<br />
in <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong>).<br />
8<br />
Einzelzuschüsse beantragen. Wer<br />
Angehörige zu Hause versorgt,<br />
sollte beachten, dass viele Dinge nur per<br />
Antrag genehmigt werden – von der<br />
Rampe vor der Tür bis zum Pflegebett.<br />
9<br />
Mit dem Hausarzt kooperieren.<br />
Kaum jemand weiß, dass auch der<br />
Hausarzt viele hilfreiche Mittel verordnen<br />
kann. Deshalb sollte man als<br />
Angehöriger häufig mit dem Arzt reden.<br />
10<br />
Wer neben der Pflege noch<br />
berufstätig ist, sollte auch den<br />
Arbeitgeber informieren. Denn auch<br />
dort hat man dann Sonderrechte.<br />
Fazit<br />
Angehörigen stehen<br />
deutlich mehr Hilfen zu, als meist<br />
bekannt ist. Wichtig ist, dass sich<br />
besonders die Angehörigen genau<br />
informieren und bei den Pflegekassen<br />
ihre Rechte einfordern – und<br />
sich nicht abwimmeln lassen.<br />
9 / 2011<br />
41
REISE & KULTUR<br />
If you’re going to<br />
San Francisco<br />
Ein paar Takte, schon summt man mit: ach ja, Kalifornien, ewige Sonne, frei<br />
sein, Träume vom anderen Leben. Sie denken, wir reden von den 60ern?<br />
Keineswegs, auch heute versprühen Stadt und Bundesstaat noch immer die Magie,<br />
dass alles möglich ist. Karl Teuschl traf ein paar leicht ergraute<br />
Lebenskünstler, als er auf dem Highway One gen Süden fuhr.<br />
42 8 / 2011
REISE & KULTUR<br />
Atemberaubendes<br />
Tor zum<br />
Pazifik: Die<br />
Golden Gate<br />
Bridge schwebt<br />
72 Meter über<br />
dem Wasser. Seit<br />
ihrem Bau 1937<br />
strömen über sie<br />
die verrücktesten<br />
Typen rein<br />
nach San<br />
Francisco – und<br />
innovative Ideen<br />
raus in die Welt.<br />
Weiß jemand,<br />
warum die<br />
Uhr hier oben<br />
4.20 Uhr anzeigt,<br />
es ist doch<br />
erst elf?“ Ein feines<br />
Lächeln spielt<br />
um den Mund von Izu. Hmm. Die<br />
kleine Touristen-Gruppe blickt sich<br />
ratlos an, dann an der verblichenen<br />
Holzfassade des Hauses hoch – mitten<br />
in San Francisco, an der Ecke<br />
der Straßen Haight und Ashbury.<br />
Keine Frage, die alte Uhr mit den<br />
riesigen Zeigern steht wohl schon<br />
eine Weile still. Aber offenbar nicht<br />
zufällig in dieser Stellung. Izu Interlandi,<br />
lange, schwarz gefärbte<br />
Haare, italienische Abstammung,<br />
Sonnenbrille, blau-grüne Leggins,<br />
rote Turnschuhe, ein bisschen hager,<br />
fast zerbrechlich, lächelt: „Vier<br />
– zwanzig – das war damals der<br />
Code der Polizei für: Achtung, Marihuana<br />
in der Luft!“<br />
„Überall war Musik“<br />
Izu kann erzählen, gut erzählen,<br />
ganz lebendig, immerhin lebte die<br />
60-Jährige damals schon im Hippie-Stadtteil<br />
Haight-Ashbury. Damals,<br />
das war 1967, jener legendäre<br />
Sommer der Liebe. Gerade<br />
16, zog sie mit ihren Eltern von<br />
New York an die Westküste und<br />
entdeckte Freiheit: „Wir wollten experimentieren,<br />
Alternativen suchen<br />
zum Krieg in Vietnam, Musik und<br />
Rhythmus genießen.“<br />
9/ 2011 43
REISE & KULTUR<br />
Tipps für den<br />
Highway One<br />
TRAUMAUSSICHT<br />
Romantischer kann<br />
der Blick nicht sein<br />
als von der Terrasse<br />
des Restaurants<br />
Nepenthe in Big Sur.<br />
Schon Rita Hayworth<br />
und Orson<br />
Welles turtelten hier<br />
stundenlang.<br />
TRAUMTRIP<br />
14-tägige Rundreise<br />
ab/an San Francisco<br />
über den Highway<br />
One. Motel-<br />
Stopps u. a. bei Los<br />
Angeles, Death<br />
Valley, Sierra Nevada,<br />
inkl. u. a. 12<br />
Übernachtungen,<br />
Mietwagen, Flug, ab<br />
ca. 1.300 Euro p. P.<br />
im DZ bei CRD,<br />
(0 40) 30 06 16-70<br />
www.crd.de<br />
Energisch rudert Izu mit den Armen,<br />
als würde sie tanzen. „Musik war überall.<br />
Es gab ständig kostenlose Konzerte<br />
im Park“, schwärmt sie, schiebt die Brille<br />
hoch und lässt ihre braunen<br />
Augen strahlen.<br />
Aus dem Laden hinter<br />
ihr weht eine nach Wald<br />
duftende Patschuli-Note<br />
herüber, knallbunt gemusterte<br />
Batik-Klamotten<br />
hängen im Eingang und<br />
flattern in der Brise, die<br />
vom Golden Gate Park<br />
im Westen her weht. Die<br />
Haight Street war damals<br />
die Hauptstraße des Viertels<br />
und sie hat bis heute<br />
viel vom Flair jener Hippie-Tage<br />
bewahrt. Wer<br />
dieses verrückte, bunte,<br />
leichte San Francisco<br />
sucht – hier findet man<br />
es, immer noch. Krimskrams-Läden<br />
bieten Teekessel<br />
mit Blümchen-Mustern<br />
und chinesische<br />
Papierschirmchen an,<br />
nebenan gibt es Schallplatten<br />
und Poster von<br />
Jefferson Airplane und<br />
T. Rex. Izu drängt zum Aufbruch. Trish<br />
und Jenny aus New Jersey, drei junge<br />
Australier und eine mollige Lady aus Texas<br />
mit ihrer Freundin aus San Francisco<br />
Izu Interlandi kannte<br />
sie fast alle persönlich<br />
– Janis Joplin<br />
& Co. Heute führt sie<br />
Touristen zu<br />
den Schauplätzen<br />
der Hippie-Ära.<br />
„Da an der Landschaft<br />
nichts zu verbessern ist,<br />
wird das Verlangen<br />
geweckt, selbst besser<br />
zu werden.“<br />
Ohne Hippies kein Apple<br />
folgen ihr durch die Seitenstraßen von<br />
Haight-Ashbury. Trish und Jenny, beide<br />
groß und elegant gekleidet, beide knapp<br />
60, wären gerne dabei gewesen, damals<br />
– aber sie kamen aus ihrem kleinen Nest<br />
an der amerikanischen Ostküste nicht<br />
heraus. Schade, finden sie.<br />
„Hier oben lebte Janis Joplin“, sagt Izu<br />
und zeigt zu einer viktorianischen Villa.<br />
Damals im Sommer der Liebe 1967 kamen<br />
nicht nur Rockstars, sondern junge<br />
Leute von überall hierher. Sie schliefen<br />
im Golden Gate Park oder zu zehnt pro<br />
Zimmer in halb verfallenen Häusern. Sie<br />
suchten nach neuen Zielen, neuen Inhalten<br />
im Leben. San Francisco nahm die<br />
Blumenkinder mit offenen Armen auf.<br />
Und die Hippies gaben viel zurück. Sie<br />
legten mit ihrem Querdenken die Fundamente<br />
für das, was Kalifornien heute<br />
ausmacht: das Silicon Valley mit seiner<br />
gewaltigen Zahl herausragender Computer-Firmen<br />
(Apple, Sun, Oracle), Umweltschutz<br />
(Kalifornien ist treibende Kraft in<br />
den USA), alternative Ernährung.<br />
Besonders sichtbar sind diese Wurzeln<br />
an Sommer-Wochenenden. Dann locken<br />
Folk-Festivals in den Golden Gate Park.<br />
44 9 / 2011
REISE & KULTUR<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Den Weg zur Speedway Meadow, einem<br />
schmalen Landstreifen mitten im Park,<br />
weisen dann schon von Weitem die Duftwolken<br />
der Grillstände – und das Wummern<br />
der Bässe von den Bühnen. Also<br />
immer der Nase und den Ohren nach<br />
oder noch einfacher: mitlaufen – mit dem<br />
Pulk aus älteren Herren in Motorradjacken<br />
und Jeans, die die Haare und Bärte<br />
hier immer etwas länger tragen; mit den<br />
Frauen in wallenden bodenlangen Kleidern,<br />
ihre kleinen Enkel auf dem Arm<br />
oder im Kinderwagen vor sich. Auf den<br />
Wiesen und den sanft ansteigenden Hängen<br />
der Speedway Meadow breiten sie<br />
Hügelkette am Highway<br />
One: Mitten durch<br />
die San Rafael Mountains<br />
verläuft die Straße<br />
zwischen Lompoc<br />
und Santa Barbara.<br />
Das Pazifikufer ist gut<br />
15 km entfernt.<br />
Filmreif<br />
Bodega Bay<br />
liegt an einem<br />
der schönsten<br />
Küstenabschnitte.<br />
Der Ort hat<br />
Filmgeschichte<br />
geschrieben,<br />
hier wurden Alfred<br />
Hitchcocks<br />
„Die Vögel“<br />
gedreht.<br />
Sofort in die Stadt verliebt<br />
ihre Picknick-Decken aus. Mindestens<br />
vier Generationen, zwischen 5 und 85.<br />
Eine von ihnen ist Ingrid Summerfield:<br />
Henna-rote Haare hat die 53-Jährige,<br />
aber ein Blumenkind war sie nie.<br />
Statt Batikrock trägt sie Designer-Jeans,<br />
dazu einen legeren grauen Kapuzenpullover.<br />
1969 kam sie als Elfjährige erstmals<br />
nach San Francisco. „Meine Oma<br />
war nach Amerika ausgewandert, hat damals<br />
hier an der Universität gearbeitet“,<br />
erzählt die gebürtige Stuttgarterin. Der<br />
gewaltige Blick vom Hügel außerhalb San<br />
Franciscos – über die Stadt bis zum Pazifik<br />
–, dieses Gefühl von unendlicher Weite,<br />
das ließ Ingrid niemals ganz los. Doch<br />
erst 1981 zog sie endgültig von Deutschland<br />
nach San Francisco, mit 23. Erst nur<br />
aus Liebe zur Stadt, später verliebte sie<br />
sich hier in ihren amerikanischen Mann<br />
Ron Hartman (heute 55). Doch 1981 war<br />
die Hippie-Zeit längst vorbei. „Aber es<br />
war immer noch das Gefühl der Stadt<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Clint treffen!<br />
<br />
Schon immer zog<br />
<br />
der in einer idyllischen<br />
Strandbucht<br />
<br />
gelegene<br />
4000-Seelen-Ort<br />
<br />
Carmel Künstler<br />
an. 1986 wurde<br />
der Schauspieler<br />
<br />
Clint Eastwood<br />
hier sogar zum<br />
Bürgermeister.<br />
gewählt.<br />
Amerikas<br />
Neuschwanstein<br />
Ewiger Mythos<br />
Kalifornien<br />
Riesige Mammutbäume,<br />
fünfstöckige Autobahnen in<br />
Los Angeles, sengende<br />
Hitze im Death Valley –<br />
Kalifornien ist jedem vertraut,<br />
dank Hollywood und<br />
seinen Filmen. Doch Kalifornien<br />
war schon immer ein<br />
Sehnsuchtsziel, lang<br />
vor den Blumenkindern:<br />
für die ersten Indianer, die<br />
am Ende der Eiszeit vor<br />
12 000 Jahren aus Asien<br />
hierher flüchteten; für spanische<br />
Kolonisten vor 460<br />
Jahren; für Goldsucher vor<br />
160 Jahren. Und für alle<br />
Glückssucher der Zukunft.<br />
<br />
Zeitungsverleger und<br />
Milliardär William R.<br />
Hearst (1863–1951)<br />
setzte sich mit dem<br />
wilden Baustil-Mix<br />
aus Gotik-, Barockund<br />
Klassizismus-<br />
Elementen<br />
ein Denkmal.<br />
Fast eine Million<br />
Besucher kommen<br />
jedes Jahr.<br />
9 / 2011 45
REISE & KULTUR<br />
Das tolle Wetter – eine Lüge?<br />
“It Never Rains in Southern California”: Albert<br />
Hammond prägte 1972 mit dem Lied den<br />
Mythos vom Sonnen-Land. Doch das Wetter ist im<br />
riesigen Kalifornien sehr unterschiedlich. So ist<br />
der Norden im Frühjahr und Herbst oft wärmer als<br />
im Sommer. Und die Pässe der Sierra Nevada im<br />
Landesinneren sind oft bis ins Frühjahr zugeschneit.<br />
von Freiheit und Weltveränderung, das<br />
mich lockte“, erzählt sie im Rückblick.<br />
Ingrid Summerfield legte eine typische<br />
amerikanische Karriere hin – heute ist sie<br />
erfolgreiche Managerin einer Kette von<br />
30 Hotels, Chefin von mehr als 1 000 Mitarbeitern.<br />
Ihre alternativen Wurzeln hat<br />
sie nie vergessen. „Ich zeige euch morgen,<br />
Wo die steilen<br />
Klippen bei Big<br />
Sur ins Meer<br />
stürzen, fliegen<br />
Träume in den<br />
Himmel. Auch<br />
deshalb sind Lebenskünstler<br />
und<br />
skurrile Typen<br />
Kaliforniens<br />
Markenzeichen.<br />
wie ökologisch bewusst wir leben“, und<br />
lädt für den nächsten Tag ein.<br />
In Ingrids Viertel Hayes Valley kann der<br />
nächste Trend bestaunt werden: Community<br />
Gardens, Gemeinschaftsgärten.<br />
Zwischen eng gedrängten Häusern wuchert<br />
säuberlich in Reihen angelegt allerlei<br />
Grünes: Kohlköpfe, Dahlien, B<strong>ohne</strong>n.<br />
Zwei braun gebrannte Männer und eine<br />
Gruppe Jugendlicher fahren mit Karren<br />
Erde herum und wässern die sattgrünen<br />
Salate. „Hier wurde nach dem<br />
Erdbeben von 1989 eine Autobahn<br />
abgerissen, das Land<br />
lag brach und wir haben jetzt<br />
einen Gemüse- und Blumengarten<br />
daraus gemacht“,<br />
erzählt Ingrid.<br />
Nur noch selten kommt sie<br />
wegen der Gartenarbeit an<br />
Wochenenden aus der Stadt<br />
heraus. Doch wenn, „dann<br />
fahre ich meistens nach Big<br />
Sur“. Big Sur, das legendäre Herzstück<br />
des ebenso legendären, gut 1 000 Kilometer<br />
langen Highway One zwischen<br />
Garberville im Norden und Dana Point<br />
im Süden. Big Sur, in jedem TV-Film<br />
über Kalifornien taucht diese Region<br />
auf. Und alle Klischees stimmen. Big<br />
„Mein Hippie-<br />
Projekt ist der<br />
Gemeinschafts-<br />
Garten. Da trifft<br />
sich das ganze<br />
Viertel und<br />
packt mit an.“<br />
Ingrid Summerfield<br />
(53),<br />
deutsche<br />
Hotelmanagerin<br />
in San<br />
Francisco<br />
46 8 / 2011
Foto: Getty Inages (8), Laif (5), Look (4), C. Heeb (3), Plainpicture (2), I. Summerfield (2), Shutterstock (2), Infochart (2)<br />
Sur, das sind gut 100 Traum-Kilometer<br />
zwischen Gischt und steilen Graten. Hier<br />
stürzen die Coast Mountains direkt in<br />
den Pazifik hinab, hier verdichtet sich<br />
die kalifornische Natur zur prickelnden<br />
Essenz. Von den Felsen tief unten dringt<br />
das heisere Bellen der Seelöwen über das<br />
Rauschen der Wellen. Salbei und Rizinus<br />
schwängern die milde Seeluft mit<br />
ihren Düften.<br />
Plaudern mit Neil Young<br />
Die hohen Wedel des Strandgrases setzen<br />
helle Tupfer auf die sanften braunen<br />
Hänge. Die Aussichtspunkte balancieren<br />
hoch auf den Steilklippen und von jedem<br />
öffnet sich ein neues dramatisches Panorama<br />
über die Bergketten. In ständigem<br />
Auf und Ab windet sich der Highway One<br />
durch die archaische Landschaft, wild<br />
wie am ersten Schöpfungstag.<br />
Wie viele Künstler ließ sich auch Literat<br />
Henry Miller (1891 bis 1980) hier 1944<br />
mit Frau und Kind nieder. Im Ort Big Sur<br />
hat man ihm sogar ein würdiges Denkmal<br />
gesetzt: die Henry Miller Library.<br />
„17 Jahre lebte Miller hier. Ich habe<br />
ihn sogar einmal getroffen. Er war einer<br />
der Wegbereiter der Hippies und der<br />
sexuellen Revolution in Amerika.“ Magnus<br />
Toren (57), ein hochgewachsener<br />
Schwede mit mildem Blick, steht auf der<br />
Holzterrasse des Museums und erzählt.<br />
Früher hat Magnus Luxus-Jachten von<br />
schwedischen Werften aus zu Kunden<br />
in die ganze Welt gebracht. Eine dieser<br />
Touren führte ihn vor 30 Jahren in den<br />
Hafen San Franciscos. Seither lebt Magnus<br />
mit seiner Frau Mary Lu (57) unter<br />
kalifornischer Sonne. 1993 wurde er Chef<br />
der Miller Library, die gleichzeitig Bibliothek,<br />
Buchladen und Kulturzentrum ist.<br />
Im Haus und im duftenden Eukalyptusund<br />
Redwood-Wald veranstaltet er Lesungen,<br />
Kino- und Theaterabende. Und<br />
manchmal gesellt sich sogar ein Superstar<br />
hinzu. So wie neulich Neil Young, der<br />
auf der kleinen Wiese vor dem Häuschen<br />
spielte. Dabei geht es immer ganz familiär<br />
zu. Hinterher wird noch gequatscht,<br />
über gute Musik, alte Zeiten, Politik und<br />
die Schönheit von Big Sur, den Highway<br />
One, San Francisco ...<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Kaliforniens Nizza<br />
Pures Mittelmeergefühl,<br />
mit palmengesäumter<br />
Uferpromenade und<br />
poppig-bunter Innenstadt<br />
im mexikanischen Stil.<br />
<br />
<br />
<br />
REISE & KULTUR<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
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<br />
<br />
Lust auf San Francisco<br />
und Highway One?<br />
HINKOMMEN<br />
Nonstop-Flüge<br />
täglich von<br />
Frankfurt und<br />
München nach<br />
San Francisco;<br />
Neben-Saison:<br />
ca. 600 Euro,<br />
Hauptsaison: ca.<br />
900 Euro.<br />
ÜBERNACHTEN<br />
• Patschuli-Duft<br />
und Batikdecken<br />
inklusive:<br />
Red Victorian<br />
B&B, Haight<br />
Street. Ein sehr<br />
günstiges Café<br />
gehört dazu.<br />
DZ ab ca. 65<br />
Euro, (0 01)<br />
41 58 64 19 78,<br />
www.redvic.com<br />
• Elegant,<br />
zentral, in<br />
nostalgischem<br />
San-Francisco-<br />
Dekor, nahe<br />
Union Square:<br />
Rex. DZ ab ca.<br />
180 Euro,<br />
(0 01) 41 54 33<br />
4434, www.<br />
jdvhotels.com<br />
• Sehr schön,<br />
traumhafte Lage<br />
über dem Meer,<br />
aber auch recht<br />
teuer: Ventana<br />
Inn in Big Sur.<br />
DZ ab 380 Euro,<br />
(0 01) 8316<br />
6723 31<br />
BESTE ZEIT<br />
Herbst und<br />
Frühjahr mit<br />
Sonnentor<br />
An den hübschen<br />
Stelzenhäusern<br />
Malibus<br />
beginnen die<br />
endlos langen<br />
Strände von Los<br />
Angeles.<br />
durchschnittlich<br />
20 Grad und viel<br />
Sonne. Im Sommer<br />
herrscht<br />
oft Nebel in San<br />
Francisco und<br />
am Highway One.<br />
AUSFLÜGE<br />
• Henry Miller<br />
Library in Big<br />
Sur, etwa einen<br />
halben Kilometer<br />
südlich des<br />
Lokals Nepenthe.<br />
Dienstags<br />
geschlossen.<br />
Besondere<br />
Termine unter<br />
www.henry<br />
miller.org<br />
• Izus Flower<br />
Power Walking<br />
Tour durch<br />
Haight-Ashbury,<br />
Bergidyll<br />
Unberührte,<br />
atemberaubende<br />
Berglandschaften<br />
locken auf die fast<br />
autofreie Insel<br />
Santa Catalina.<br />
<br />
Preis ca. 15<br />
Euro. (0 01)<br />
21 22 09 33 70,<br />
www.haightash<br />
burytour.com<br />
MEHR<br />
ERFAHREN<br />
California<br />
Tourism, c/o<br />
Touristikdienst<br />
Truber, Postfach<br />
1056, 63809<br />
Stockstadt/<br />
Main,<br />
(0 60 27) 40<br />
28 20, E-Mail:<br />
Touristikdienst<br />
Truber@tonline.de,<br />
www.<br />
visitcalifornia.de<br />
<br />
<br />
<br />
9 / 2011 47
REISE & KULTUR<br />
Fischen vor Traumkulisse<br />
Aale fangen mit der Reuse ist Knochenarbeit. Sind die<br />
Netze jedoch ausgelegt, bleibt genügend Zeit, um den<br />
Sonnenaufgang mit Blick auf Frauenchiemsee zu genießen.<br />
48 9 / 2011
MARKETTE<br />
NATUR<br />
ERLEBEN<br />
Der See ist<br />
mein Leben<br />
Wer am schimmernden Chiemsee entlangradelt, ahnt kaum, dass auch heute noch jeden Tag<br />
Fischer in ihren Booten hinausfahren. Beppi Steinbeißer ist mit 86 die Älteste von ihnen.<br />
Morgens um fünf war Gaby Herzog mit ihr unterwegs und lernte den faszinierenden See lieben.<br />
FOTOS<br />
Ulli Seer<br />
Am frühen Morgen ist Beppi Königin. „Alleinherrscherin<br />
über den Chiemsee“, sagt die 86-Jährige und schaut<br />
vergnügt lächelnd in die Weite. Die ersten Sonnenstrahlen<br />
blitzen über die Gipfel des 1 771 Meter aufragenden<br />
Hohen Staufen und bringen den zarten Nebelschleier überm<br />
hellblau schimmernden See zum Leuchten. Das Schilf wiegt<br />
im Wind und eine kleine Stockente taucht in die Tiefe, um<br />
ihr erstes Frühstück zu fischen. Wo sie abtauchte, bleibt<br />
9 / 2011<br />
49
REISE & KULTUR<br />
eine Feder zurück. 5 Uhr in der Früh. Die Stühle<br />
in den Biergärten und Ausflugsrestaurants in Prien<br />
stehen noch auf den Tischen, auch auf den Wanderwegen<br />
ist niemand unterwegs. Johanna Steinbeißer,<br />
die alle nur Beppi nennen, ist heute mit ihrer Enkelin<br />
Kathrin (21) auf den See hinausgefahren. Kerzengerade<br />
thront die resolute Bayerin ganz hinten<br />
auf dem Bänkchen des Edelstahl-Fischerboots<br />
und steuert<br />
den sanft säuselnden Außenbordmotor.<br />
Dabei beobachtet<br />
sie mit zufriedener Miene die<br />
routinierten Handgriffe, mit<br />
denen Kathrin jetzt das große,<br />
zentnerschwere Schwebenetz<br />
Stück für Stück auswirft. 110<br />
Meter lang und vier Meter breit<br />
ist das grobe Nylongeflecht,<br />
das Beppi noch an Land zu<br />
einem akkuraten quadratischen<br />
Haufen zusammengefaltet<br />
hat. So wie fast an jedem<br />
Tag seit sieben Jahrzehnten.<br />
„Der See, das ist einfach mein<br />
Leben“, sagt Beppi.<br />
Schon als Zehnjährige ist sie<br />
mit ihrem Vater zusammen rausgefahren. Von Januar,<br />
wenn schon das Eis geschmolzen war, bis Anfang<br />
Oktober waren sie jeden Tag zwei Mal draußen.<br />
„Damals mussten wir noch rudern. Wenn um acht<br />
die Schulglocke läutete, hatte ich schon meinen Frühsport<br />
hinter mir“, erinnert sie sich.<br />
Beppi und ihre Familie führen eine lange Tradition<br />
fort, die vor vielen Jahrhunderten begann. Im<br />
Mittelalter hatten die Benediktinerinnen, von denen<br />
heute noch 27 auf der Frauen-Insel im See w<strong>ohne</strong>n,<br />
das alleinige Fischerei-Recht. Und sie verpachteten<br />
es, weshalb bis Anfang des 19. Jahrhunderts jeder<br />
„Fühlte mich wie eine Prinzessin<br />
auf dem Weg zum König“<br />
Fischer auf dem See gut die Hälfte des Fangs bei den<br />
Ordensfrauen abgeben musste. Heute hat die Fischerei-Genossenschaft<br />
den See vom Bayerischen<br />
Freistaat gepachtet. 16 Berufsfischer, darunter vier<br />
Frauen, werfen derzeit noch ihre Netze aus, um Renken,<br />
Forellen, Saiblinge zu fischen.<br />
Beppi und Kathrin benutzen meist Schwebenetze,<br />
in denen sich vor allem Renken verfangen. Manchmal<br />
auch Bodennetze, um Zander und Hechte zu<br />
fischen. Oder Reusen, also kegelförmige Netzschläuche,<br />
die auf dem Gewässerboden stehen. Mit einer<br />
herkömmlichen Angel arbeiten Beppi und Kathrin<br />
nie. „Das ist etwas für Amateure.“ Doch auch die finden<br />
auf dem Chiemsee ihre abgesteckten Reviere.<br />
Das Fischer-Handwerk wurde bei den Steinbeißers<br />
von Generation zu Generation weitergegeben – wie<br />
jetzt von Beppi zu Kathrin. „Fischerin ist nicht nur<br />
ein Beruf, es ist eine Leidenschaft“, sagt Beppi, während<br />
sie aufmerksam die auf dem Wasser tanzenden<br />
weißen Plastikkugeln beobachtet, die sie am Nylonnetz<br />
befestigt hat. Die Kugeln dienen als Auftriebshilfen,<br />
damit das Netz nicht auf den Grund sinkt.<br />
Jetzt heißt es warten. Stunden. Und hoffen, dass<br />
möglichst viele Fische ins Netz gehen. An manchen<br />
Tagen sind es bis zu 100, an anderen fast nichts.<br />
Geduld und eine gute Gesundheit, darauf kommt<br />
es an, um Wind und Wetter zu trotzen. Beppi selbst<br />
ist in all den Jahren nicht einmal wirklich krank gewesen.<br />
Selbst kurz vor den Geburten ihrer vier Kinder<br />
ist sie rausgefahren, erzählt sie und lenkt das<br />
Boot geschickt an einem der langen hölzernen Stege<br />
am Priener Ufer vorbei.<br />
Gegenüber auf der Herreninsel sind zunächst nur<br />
sattgrüne belaubte Platanen und Ulmen zu sehen.<br />
Doch plötzlich öffnet sich die Sicht und gibt den<br />
Blick frei auf Herrenchiemsee, das prunkvolle Schloss,<br />
das Märchenkönig Ludwig II. (1845 bis 1886) acht<br />
Jahre vor seinem Tod bauen ließ. „Als ich Kind war,<br />
erzählten sich die Leute die unglaublichsten Dinge<br />
über den König“, sagt Beppi. Davon, wie sich der<br />
menschenscheue Ludwig auf den einfachen Holzkähnen<br />
der Fischer von der Landzunge Urfahrn hinüber<br />
zur Insel fahren ließ. „Er wollte mit eigenen<br />
Augen sehen, wie weit die Bauarbeiter waren.“<br />
Damals „fühlte ich mich wie eine junge Prinzessin,<br />
Beten für<br />
einen<br />
guten Fang:<br />
Jesus ist<br />
der Schutzpatron<br />
der<br />
Chiemseefischer.<br />
Stilles<br />
Wasser,<br />
rauer See<br />
So lieblich der<br />
Chiemsee auch<br />
daliegt, er birgt<br />
doch Gefahren.<br />
• Durch die Nähe<br />
zu den Bergen<br />
schlägt das Wetter<br />
schnell um,<br />
gefährliche Winde<br />
und starker<br />
Wellengang kommen<br />
urplötzlich!<br />
• Daher Sturm-<br />
Warnungen<br />
immer sehr ernst<br />
nehmen!<br />
• Auch bei Gewitter<br />
den See sofort<br />
verlassen!<br />
• In kalten Wintern<br />
friert der<br />
See oft komplett<br />
zu. Dennoch immer<br />
mit Vorsicht<br />
betreten!<br />
50 9 / 2011
MARKETTE<br />
Das Chaos<br />
entwirren<br />
Wenn sich die<br />
Fische in den<br />
Perlonfäden<br />
verfangen, verheddern<br />
sich<br />
die Netze. Nur<br />
mit viel Geduld<br />
bringt Beppi<br />
Steinbeißer<br />
dies wieder in<br />
Ordnung.<br />
Der Chiemsee – der drittgrößte deutsche See<br />
Bodensee<br />
536 km 2 , größter<br />
„deutscher“ See mit<br />
Insel Mainau.<br />
Müritzsee<br />
117 km 2 , Teil der<br />
Mecklenburgischen<br />
Seenplatte.<br />
Chiemsee<br />
80 km 2 , auch<br />
„Bayerisches Meer“<br />
genannt.<br />
Schweriner See<br />
62 km 2 , Brutplatz des<br />
seltenen Seeadlers, inmitten<br />
schöner Wälder.<br />
Starnberger See<br />
56 km 2 ,<br />
die „Badewanne<br />
Münchens“.<br />
8 / 2011<br />
51
REISE & KULTUR<br />
Täglich frisch gefangen – die Schätze des Chiemsees<br />
Zander<br />
Scheu, sehr schwer<br />
zu fangen – am besten<br />
mit Bodennetzen.<br />
Hecht<br />
Aggressiv, clever. Fällt<br />
nicht auf plumpe blinkende<br />
Köder rein.<br />
Aal<br />
Nachtaktiv, mit Reusen<br />
zu erhaschen. Bis 1,5 m<br />
lang, 6 kg schwer.<br />
Renke<br />
Häufigste Fisch-Art.<br />
Meist über Buchenholz<br />
geräuchert.<br />
Ausflug:<br />
Den See<br />
hautnah<br />
erleben<br />
Wie funktioniert<br />
eine<br />
Reuse? Wo<br />
versteckt sich<br />
der sagenhafte<br />
Seeschatz?<br />
Alle Geheimnisse<br />
des<br />
Chiemsees<br />
erfährt man<br />
bei einer<br />
lebendigen<br />
Seeführung<br />
mit der<br />
Heimatkundlerin<br />
Helga<br />
Schömmer;<br />
Preis: 4 Euro.<br />
Anmelden:<br />
(0 80 51)<br />
6 90 50<br />
fein gewandet in Hermelin, auf dem Weg zum<br />
Schloss, wo Ludwig schon auf mich wartet, wenn<br />
ich als Mädchen im viel zu großen alten Wollmantel<br />
meines Vaters im Boot über den See schipperte“.<br />
Beppi lacht, sodass die tiefen Falten über ihr braun<br />
gebranntes Gesicht wandern. „Meine karierte Haut,<br />
die hab ich vom Papa“, sagt sie. „Jede Falte kann<br />
eine eigene Geschichte erzählen.“<br />
Meistens handeln die vom See. Davon, dass es im<br />
Mittelalter unter Strafe verboten war, auf dem See<br />
zu fluchen, oder dass ihr Ururgroßvater 1866 die<br />
Tapferkeitsmedaille bekam, weil er zehn Schiffbrüchige<br />
vor dem Ertrinken rettete. Oder davon, wie<br />
schockiert die Fischer waren, als 1989 die neue Ringkläranlage<br />
(128 Kilometer Rohre sind auf dem Grund<br />
des Chiemsees verlegt) in Betrieb ging. Plötzlich gab<br />
es deutlich weniger Fische. Warum? Weil die Anlage<br />
wichtige Nährstoffe herausfilterte und die Renken,<br />
Karpfen & Co. in der Folge immer weniger Plankton<br />
und Insektenlarven fanden.<br />
Heute hat sich der Fischbestand wieder stabilisiert,<br />
der Chiemsee hat Trinkwasser-Qualität. Nur<br />
der Königssee in Berchtesgaden ist noch sauberer.<br />
„Darauf sind wir jetzt natürlich sehr stolz“, erzählt<br />
Beppi, formt eine Hand zur Schale, taucht sie vom<br />
Boot in den See und lässt das Wasser genüsslich die<br />
Kehle hinunterrinnen. „Ich habe schon mehr Wasser<br />
in meinem Leben aus dem See getrunken als Weißbier“,<br />
erklärt sie lächelnd, um gleich noch eine Anekdote<br />
hervorzukramen, ihre Lieblings-Geschichte,<br />
sie spielt an ihrem 21. Geburtstag. Natürlich hat Beppi<br />
auch an diesem Tag gearbeitet und gegen Mittag<br />
einen 30 Pfund schweren Hecht aus dem Wasser<br />
gezogen. „Wirklich ein kapitales Riesenviech! So was<br />
hatte ich noch nie gesehen und der Papa auch nicht.“<br />
Den Übergrößen-Fisch hievten Papa und Tochter<br />
auf eine Schubkarre und fuhren ihn über den Ufer-<br />
Sandweg nach Hause – in den Karpfenweg 5. Alle<br />
Nachbarn kamen. Staunten. Darunter auch der Alois,<br />
„Der dickste Fisch, den ich an<br />
Land zog? Meinen Alois!“<br />
ein Zimmermann, der den Steinbeißers schon beim<br />
Hausbau geholfen hatte. Und dann schlug der Blitz<br />
ein, der Liebesblitz. Es war Liebe auf den ersten,<br />
spätestens zweiten Blick. Doch weil verklärte Romantik<br />
nicht zu Beppis zupackender Art passt, fasst<br />
sie den Tag, an dem sie den Mann ihres Lebens kennenlernte,<br />
in bayerischem Hochdeutsch so zusammen:<br />
„Da hab i zwoa kapitale Hechte gefangen. Für<br />
den einen hab i vom Fischhändler recht a guats Geld<br />
bekommen – etwa 60 Reichsmark. Aber den zwoaten,<br />
den Alois, den hab i nimmer losbracht.“<br />
Fotos: Look (4), Getty Images; Illustrationen: Buerkel (3), dieKleinert, Pepinpress; Karten: Infochart (6)<br />
52 9/ 2011
Trostberg<br />
Fraueninsel<br />
Krautinsel<br />
Herreninsel<br />
Liebliches<br />
Chiemgau<br />
Die sanften<br />
Hügelketten<br />
des Voralpenlandes<br />
liefern<br />
die ideale<br />
Kulisse für<br />
urige Gassen,<br />
romantische<br />
Stege und<br />
urbayerische<br />
Gemütlichkeit.<br />
A8<br />
München 88 km<br />
Prien<br />
Bernau<br />
Aschau<br />
Unterwössen<br />
Reit im Winkel<br />
Traunstein<br />
A8<br />
<strong>Salz</strong>burg 68 km<br />
Ruhpolding<br />
URLAUB AM<br />
HINKOMMEN<br />
Den Chiemsee<br />
erreicht man<br />
mit dem Auto<br />
über die A8<br />
(München –<br />
<strong>Salz</strong>burg in ca.<br />
1 Stunde ab<br />
München) oder<br />
mit der Bahn<br />
(ICE-Haltestelle<br />
Prien am<br />
Chiemsee).<br />
REISEZEIT<br />
Ganzjährig:<br />
• Herbst und<br />
Frühling am<br />
besten zum<br />
Wandern.<br />
• Winterurlaub<br />
von Dezember<br />
bis Mitte März<br />
in den schneereichen<br />
Chiemgauer<br />
Alpen.<br />
• Im Sommer<br />
Badeurlaub am<br />
Chiemsee – das<br />
Wasser hat im<br />
August etwa<br />
20 Grad.<br />
ÜBERNACHTEN<br />
· Hotel Reinhart<br />
Chiemsee<br />
Nahe Dampferanleger<br />
Prien.<br />
DZ/F ab ca.<br />
50 Euro,<br />
(08051) 69 44<br />
01, www.hotelreinhart.de<br />
· Hotel Neuer<br />
am See<br />
Nur 200 Meter<br />
vom See in<br />
Prien. DZ/F ab<br />
ca. 100 Euro,<br />
CHIEMSEE<br />
(0 80 51) 60<br />
99 60, www.<br />
neuer.de<br />
PAUSCHALE<br />
„Radeln wie<br />
ein König“, 7<br />
Nächte FeWo<br />
ab ca. 470<br />
Euro für zwei<br />
Pers., inkl. u. a.<br />
E-Bikes für zwei<br />
Tage, Tickets<br />
für Chiemsee-<br />
Schiffsfahrt.<br />
MEHR<br />
ERFAHREN<br />
(08 61)<br />
9 09 59 00,<br />
www.chiemgautourismus.de<br />
Alois kam aus einem Bergdorf in den Alpen. Doch<br />
es war klar, dass er für Josepha runter an den See<br />
ziehen musste. „Für mich hat es immer nur mit See<br />
gegeben. Das wusste mein leider verstorbener Mann.“<br />
Enkelin Kathrin nickt. Auch für sie gab es nie einen<br />
Zweifel: Sie würde Fisch- und Teichwirtin werden.<br />
Wie ihre Großmutter und ihr Vater. Der See ist ihre<br />
Welt. Und während sich Kathrins Altersgenossen im<br />
Internet über das Wetter von morgen informieren,<br />
reicht für sie ein kurzer Blick über den See. „Das<br />
beste Wetter für uns ist, wenn es etwas trüber ist,<br />
wenn sich das Wasser spätabends kräuselt und dichte<br />
Schwaden über dem Wasser hängen. Dann sehen<br />
die Renken unsere Netze nicht so gut.“<br />
Heute war offenbar kein gutes Renken-Wetter. Nur<br />
sieben der bis 700 Gramm schweren Fische zappeln<br />
im Netz, als Kathrin es mittags wieder ins Boot zieht.<br />
Doch die Arbeit ist längst nicht getan. Denn wie alle<br />
Fischer hat auch ihre Familie ein zweites Standbein.<br />
Ein Ausflugslokal, die „Fischerhütte Reiter“, wo die<br />
Renken als Steckerlfisch angeboten werden.<br />
Beppi und Kathrin bereiten diese Delikatesse täglich<br />
zu, reiben die frischen Fische mit einer kräftigen<br />
Marinade aus Gewürzen, Öl und Knoblauch ein. Und<br />
stecken die Renken auf einen Holzstab, ein „Steckerl“,<br />
um sie später über der Glut halb zu grillen, halb zu<br />
räuchern. Ein wahrlich königlicher Genuss!<br />
9 / 2011 53
Sonnenstrahlen<br />
im September<br />
Es gibt Sätze, die geben Kraft, und manche begleiten uns als Sinn-Sprüche<br />
durchs Leben. Wir haben einen bunten Strauß an<br />
Sonnenstrahlen für Sie zusammengestellt – für jeden Tag im September.<br />
36. Kalenderwoche<br />
5 Mo Ein fröhlich’ Herz macht<br />
ein fröhlich’ Angesicht.<br />
SALOMON<br />
»Es gibt<br />
Augenblicke,<br />
in denen<br />
eine Rose<br />
wichtiger ist<br />
als ein<br />
Stück Brot.«<br />
RAINER MARIA RILKE<br />
35. Kalenderwoche<br />
1 Do Die Zeit ist schlecht?<br />
Wohlan. Du bist da, sie<br />
besser zu machen.<br />
THOMAS CARLYLE<br />
2 Fr Persönlichkeiten,<br />
nicht Prinzipien, bringen<br />
die Zeit in Bewegung.<br />
OSCAR WILDE<br />
3 Sa Unser Leben ist nicht<br />
das, was geschah, sondern<br />
das, woran wir uns<br />
erinnern und wie wir uns<br />
daran erinnern.<br />
GABRIEL GARCÍA MÁRQUEZ<br />
6 Di Liebe ist der Wunsch,<br />
etwas zu geben,<br />
nicht zu erhalten.<br />
BERTOLT BRECHT<br />
7 Mi Genieße mit Fantasie! Alle<br />
Genüsse sind letztlich<br />
Einbildung. Wer die<br />
beste Fantasie hat, hat<br />
den größten Genuss.<br />
THEODOR FONTANE<br />
8 Do Eine liebevolle Atmosphäre<br />
in deinem Heim ist das<br />
Fundament für dein Leben.<br />
DALAI-LAMA<br />
9 Fr Das Beste an der Zukunft<br />
ist, dass sie sich immer<br />
nur Tag für Tag ereignet.<br />
ABRAHAM LINCOLN<br />
10 Sa Erinnerungen sind ein goldener<br />
Rahmen, der jedes<br />
Bild freundlicher macht.<br />
CARL ZUCKMAYER<br />
11 So Die größten Errungenschaften<br />
waren<br />
anfangs nur Träume.<br />
JAMES ALLEN<br />
37. Kalenderwoche<br />
12 Mo Was unserem Land fehlt,<br />
sind nicht die Kritiker, die<br />
gibt es zur Genüge, es<br />
fehlt ihm an Liebhabern.<br />
CHRISTINE BRÜCKNER<br />
13 Di Blicke in dich. In deinem<br />
Innern ist eine Quelle, die<br />
nie versiegt, wenn du nur<br />
zu graben verstehst.<br />
MARC AUREL<br />
14 Mi Deine erste Pflicht ist,<br />
dich selber glücklich zu<br />
machen. Bist du glücklich,<br />
so machst du auch<br />
andere glücklich.<br />
LUDWIG FEUERBACH<br />
15 Do Lerne denken mit dem<br />
Herzen und lerne<br />
fühlen mit dem Geist.<br />
THEODOR FONTANE<br />
16 Fr Die schlimmste Art, ein<br />
Glück zu versäumen,<br />
ist, es nicht zu glauben,<br />
dass man es erlebt.<br />
ARTHUR SCHNITZLER<br />
17 Sa Liebenswürdigkeit,<br />
Nachsicht und Rücksicht<br />
sind die Schlüssel zum<br />
Menschenherzen.<br />
DON BOSCO<br />
4 So Das Außerordentliche geschieht<br />
nicht auf glattem,<br />
gewöhnlichem Wege.<br />
JOHANN WOLFGANG<br />
VON GOETHE<br />
18 So Das Geheimnis des Glücks<br />
ist es, statt der Geburtstage<br />
die Höhepunkte des<br />
Lebens zu erzählen.<br />
MARK TWAIN<br />
Foto: Corbis<br />
54 5/2010 9/2011
24 Seiten Extra<br />
<br />
Hunderte Euro zurückholen<br />
<br />
September 2011<br />
geld^recht<br />
September 2011<br />
DER EXTRA RATGEBER ER<br />
VON<br />
Zum Heraustrennen und Sammeln<br />
Jetzt noch<br />
Renten-Klau<br />
stoppen<br />
10 Dinge, die<br />
alle tun sollten,<br />
die im Osten<br />
geboren wurden S. 10<br />
LESER-AKTION<br />
Fotos: Getty (2)<br />
PLUS<br />
MAGAZIN<br />
RETTET<br />
IHR GELD<br />
Rente für alle,<br />
die pflegen<br />
So holen Sie<br />
sich sicher alle<br />
Zuschüsse und<br />
Gutschriften S. 12
geld^recht 9/2011: In dieser Ausgabe<br />
Die Leser-Aktion: Sozialbeiträge auf Direktversicherung S. 4 + + + Rentenklau: Ex-DDR-Bürger sollten bis 31. 12. Rentenkonto<br />
klären S. 10 + + + Pflege: 50 Dinge, auf die Angehörige Anspruch haben S. 12 + + + Wenn Strom- oder Gaslieferanten pleitegehen<br />
S. 15 + + + Warum es lohnt, schwerbehindert zu sein S. 16 + + + Einmal um die Welt: die besten Reise-Angebote S. 18 ++ + Das<br />
muss man der Versicherung mitteilen S. 21 +++ Ihre Fragen, Experten antworten S. 22 + + + Musterbrief: Sozialbeiträge S. 24<br />
KURZ NOTIERT<br />
Der beste Weg,<br />
wirksam Strom zu sparen<br />
Unter dieser Telefonnummer<br />
hilft die unabhängige<br />
Patientenberatung<br />
bei Ärger mit der<br />
Krankenkasse, z. B. wenn die<br />
bestimmte Leistungen nicht<br />
bezahlen möchte.<br />
URTEIL<br />
Kein Geld für<br />
Fußgänger<br />
Fußgänger, die bei<br />
Regenwetter von einem<br />
Auto nass gespritzt werden,<br />
erhalten keinen<br />
Schadensersatz, wenn<br />
sich der Autofahrer an<br />
die zulässige Geschwindigkeit<br />
hielt. Amtsgericht<br />
Itzehoe (Az. 1 S 186/10)<br />
BERUFSUNFÄHIG<br />
Krankheit<br />
verschwiegen<br />
Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
abschließt und unklare<br />
Angaben zum Gesundheitszustand<br />
macht,<br />
erhält im Zweifel keine<br />
Leistungen der Versicherung.<br />
Das Landgericht<br />
Coburg (Az. 13 O<br />
260/10) wertete dies als<br />
arglistige Täuschung.<br />
Entscheidend sind vor allem Fernseher,<br />
Waschmaschine, Kühlschrank & Co.<br />
H<br />
COMPUTER & TV GANZ VORNE<br />
Fast ein Drittel des Stroms in einem<br />
Haushalt verschlingen Computer<br />
und TV. Dagegen spielen Lampen<br />
mit 8 % kaum eine Rolle.<br />
8 %<br />
Licht<br />
9 %<br />
Sonstiges<br />
13 %<br />
Waschmaschine<br />
aben Sie in diesem Jahr<br />
auch mit der Jahresrechnung<br />
für Strom eine kräftige<br />
Nachzahlung erhalten? Eine<br />
Studie des TÜV Nord ergab, wo<br />
am einfachsten und kräftigsten<br />
Strom im Haushalt gespart werden<br />
kann: bei Elektro-Großgeräten,<br />
also bei Waschmaschine,<br />
Fernseher, Kühlschrank, Herd,<br />
Gefriertruhe usw. (siehe Grafik).<br />
Der traditionelle Gedanke<br />
„Licht aus“ bringt hingegen<br />
kaum etwas – gerade einmal<br />
8 Prozent der Stromkosten eines<br />
Haushalts entstehen durch<br />
Glühlampen, auch weil vielerorts<br />
bereits Energie-Sparbirnen<br />
installiert wurden. Wer also<br />
wirksam Strom sparen möchte<br />
(und den Lebensstil nicht ändern<br />
möchte), hat daher nur<br />
zwei Möglichkeiten:<br />
1. Zu einem günstigeren Strom-<br />
Lieferanten wechseln – ein Test<br />
von <strong>plus</strong> (siehe 7/2011) ergab:<br />
Fast überall kann man bis zu<br />
50 % sparen.<br />
2. Ältere Geräte konsequent<br />
austauschen. Wie groß das Einspar-Volumen<br />
ist, zeigt der Vergleich<br />
einer neuen Bosch<br />
Waschmaschine:<br />
1996 verbrauchte<br />
eine<br />
neue Maschine<br />
0,26 kWh<br />
je Waschgang,<br />
2011 nur noch<br />
0,13 kWh<br />
– also die<br />
Hälfte!<br />
17 %<br />
Herd<br />
Quelle: TÜV Nord.<br />
Durchschnittlicher Stromverbrauch in einem 2-Personen-Haushalt<br />
32 %<br />
TV, Computer<br />
21 %<br />
Spülmaschine, Kühlschrank<br />
Fotos: Anders Hviid/Gallery Stock, Shutterstock (2), dpa/picture-alliance, istockphoto<br />
2 9/ 2011
„Kein Sparer in Deutschland muss sich Sorgen um<br />
das Ersparte oder die Lebensversicherung machen.“<br />
Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank<br />
30<br />
können erwachsene<br />
Kinder je Kilometer<br />
absetzen, wenn<br />
sie für einen<br />
Teil der Ausbildung<br />
vorübergehend<br />
in eine andere<br />
Stadt fahren müssen,<br />
so der Bundesfinanzhof<br />
(III B 106/10). Folge:<br />
Tausende Kinder<br />
in Ausbildung<br />
rutschen unter die<br />
Verdienstgrenze<br />
fürs Kindergeld,<br />
das Eltern<br />
dann doch noch<br />
erhalten.<br />
Cent<br />
Vögel füttern<br />
ist erlaubt<br />
Mieter und Wohnungs-<br />
Eigentümer dürfen<br />
Vögel füttern. Mit-Mieter<br />
müssen hinnehmen, wenn<br />
Vogelkot und Schalen<br />
deren Balkon verschmutzen.<br />
Landgericht Berlin<br />
(Az. 65 S 540/09)<br />
KRANKENKASSE<br />
Keine Beiträge auf Mini-Renten<br />
Wer nur eine kleine Rente erhält, muss darauf keine Beiträge<br />
zur Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen. Die Grenze<br />
liegt bei 127,75 Euro im Westen und 112 Euro im Osten.<br />
Besonders wichtig ist diese Regel für Frauen. Denn jede 6. Rentnerin<br />
in Deutschland erhält so wenig Rente. Eine neue Studie<br />
der Deutschen Rentenversicherung zeigt darüber hinaus, dass<br />
nur etwa 20 % der Frauen über 750 Euro Rente je Monat erhalten.<br />
Dies ist besonders wichtig, da damit viele alleinstehende<br />
Rentnerinnen zusätzlich Anspruch auf ergänzende Grundsicherung<br />
haben. Diese aber aus Unkenntnis nicht beantragen.<br />
LEBENSVERSICHERUNG<br />
Wieder Erfolg für Rentner<br />
Der Streit um die Krankenund<br />
Pflegekassen-Beiträge<br />
auf eine ausgezahlte Lebensversicherung<br />
geht in die nächste<br />
Runde (siehe auch Seite 4).<br />
Als „nicht demokratisch legitimiert“<br />
hat jetzt das Landessozialgericht<br />
Hessen (Az. 1 KR<br />
327/08) diese Beiträge für alle<br />
freiwillig Krankenversicherten<br />
in einem Urteil bezeichnet –<br />
und dem klagenden Rentner<br />
recht gegeben. Der müsse keine<br />
Beiträge auf die Auszahlung<br />
aus einer Lebensversicherung<br />
zahlen, da die erhobenen Beiträge<br />
„nur“ durch den Spitzenverband<br />
der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung festgelegt<br />
worden seien, nicht aber<br />
durch ein allgemeingültiges<br />
Gesetz. <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong> wird prüfen,<br />
ob aus diesem Einzelfall<br />
auch andere Rentner Vorteile<br />
ziehen können (mehr dazu<br />
in <strong>plus</strong> 10/2011). Auch dieser<br />
Fall zeigt erneut, dass sich die<br />
Rechtsprechung bei Sozialversicherungsbeiträgen<br />
Stück für<br />
Stück zugunsten von Sparern<br />
und Rentnern verändert und<br />
die Klagen gegen diese doppelten<br />
Beiträge erfolgreich sind.<br />
➜<br />
➜<br />
➜<br />
➜<br />
➜<br />
SPAREN<br />
Tagesgeld-Zinsen<br />
steigen wieder<br />
Die relativ hohe Inflationsrate<br />
von gut 2 Prozent<br />
hat auch gute Seiten – die<br />
Spar-Zinsen steigen wieder.<br />
Am deutlichsten wird<br />
dies bei den Zinsen für<br />
Tagesgeld. Gute Banken<br />
bieten inzwischen über<br />
2,5 Prozent. Deshalb<br />
unbedingt Erspartes vom<br />
normalen Sparbuch auf<br />
ein Tagesgeld-Konto<br />
übertragen! Ganz wichtig<br />
für alle, die bereits ein<br />
Tagesgeld-Konto haben:<br />
Viele Banken erhöhen<br />
nicht automatisch den<br />
Zins für Tagesgeld, sondern<br />
nur, wenn man<br />
nachfragt und fordert.<br />
Bank Zins*<br />
Cortal Consors<br />
(0911) 369 9000 2,6<br />
Audi Bank<br />
(01803) 22 4273 2,5<br />
Santander<br />
(01805) 55 67 09 2,5<br />
Volkswagen Bank<br />
(01803) 22 4233 2,5<br />
norisbank<br />
(01803) 125000 2,31<br />
* In Prozent. Gelistet nur Banken mit<br />
deutscher Einlagensicherung.<br />
Quelle: Biallo.<br />
9/ 2011<br />
3
geld ^ recht<br />
Gel<br />
Holen Sie<br />
Ihr<br />
zurück<br />
Normalerweise müssen auf eine<br />
ausgezahlte Direktversicherung 10 Jahre lang jeden Monat 1/120 der ausge
LESERAKTION<br />
Ihre Fragen, die<br />
<strong>plus</strong>-Experten<br />
helfen<br />
extra<br />
Es geht für viele <strong>plus</strong>-Leser um<br />
Tausende Euro. Denn auf viele<br />
ausgezahlte Direktversicherungen sind<br />
doch keine Sozialbeiträge zu zahlen.<br />
Aber etliche Krankenkassen weigern<br />
sich, wie viele, viele Briefe zeigen.<br />
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
ist dieses Mal leider<br />
kompliziert. Aber dennoch bringt<br />
es vielen Tausend <strong>plus</strong>-Lesern<br />
viel Geld. Denn die Karlsruher Richter<br />
gaben in einem weiteren Detail Rentnern<br />
recht, die gegen die zusätzlichen<br />
Sozialbeiträge auf ausgezahlte Direktversicherungen<br />
geklagt hatten.<br />
Zwar ist der Grundsatz des Urteils einfach<br />
(siehe Kasten rechts). Danach<br />
dürfen die Krankenkassen keine (!)<br />
Sozialbeiträge erheben, wenn der ursprünglich<br />
vom Arbeitgeber abgeschlossene<br />
Vertrag vom Arbeitnehmer<br />
übernommen wurde und (!) der Vertrag<br />
auch auf den Arbeitnehmer überschrieben<br />
wurde.<br />
Und hier beginnen die Probleme. Denn<br />
viele Krankenkassen haben sich bisher<br />
geweigert, einerseits das Urteil des Verfassungsgerichts<br />
anzuerkennen – die<br />
klare Aussage von Doris Pfeiffer, der<br />
Chefin der gesetzlichen Krankenkassen,<br />
gegenüber <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong> wird daran<br />
hoffentlich etwas ändern (siehe<br />
Seite 9). Andererseits müssen auch die<br />
Versicherungsgesellschaften mitspielen<br />
und auf den Tag des Übergangs<br />
des Vertrags den Kapitalwert errechnen.<br />
All dies führte dazu, dass zwar<br />
viele Leser ihren Krankenkassen schrieben<br />
und um Aussetzen der Beitragsbescheide<br />
baten bzw. um Neu-Berechnung.<br />
Aber viele Leser erhielten<br />
abschlägige Briefe (siehe auch die Beispiele<br />
auf den folgenden Seiten), obwohl<br />
sie im Recht sind. Denn auch für<br />
Das Urteil<br />
im Detail<br />
➽ Mit der Übernahme<br />
durch den Arbeitnehmer<br />
wird der<br />
Vertrag aus dem<br />
betrieblichen Bezug<br />
gelöst. Und gilt als<br />
private Lebensversicherung.<br />
➽ Werden Auszahlungen<br />
aus privat<br />
fortgeführter<br />
Direktversicherung<br />
nur deshalb der<br />
Beitragspflicht<br />
unterworfen, weil<br />
die Verträge vom<br />
Arbeitgeber abgeschlossen<br />
wurden<br />
und den Regeln der<br />
Betriebsrente unterlagen,<br />
widerspricht<br />
das dem Gleichheitsgrundsatz.<br />
Denn<br />
private Altersvorsorge<br />
ist beitragsfrei.<br />
zahlten Summe an die Krankenkasse gezahlt werden. Doch trotz Urteil weigern sich<br />
viele Kassen ...
geld ^ recht<br />
die Krankenkassen geht es um<br />
sehr viel Geld. Immerhin erhielten<br />
sie bisher fast 17 Prozent<br />
der ausgezahlten Summe einer<br />
Direktversicherung – im Normalfall<br />
viele Tausend Euro, wie<br />
die Beispielrechnung auf der<br />
folgenden Seite zeigt.<br />
Schritt für Schritt<br />
Gerade deshalb sollte man<br />
Schritt für Schritt vorgehen.<br />
Denn es sind gerade die Details,<br />
auf die es ankommt (siehe die<br />
Leserbriefe rechts). Wichtig ist,<br />
bevor man sich große Hoffnungen<br />
macht oder sich in einen<br />
zermürbenden Briefverkehr<br />
mit der Krankenkasse stürzt:<br />
1. Hoffen können nur die Rentner,<br />
die irgendwann eine Direktversicherung<br />
über den Arbeitgeber<br />
abgeschlossen haben.<br />
2. Entscheidende Voraussetzung<br />
ist, dass diese Direktversicherung<br />
irgendwann im Lauf<br />
des Berufslebens von einem<br />
selbst übernommen und weiterbezahlt<br />
wurde. Das geschah<br />
meist, wenn man den Arbeitgeber<br />
(bei dem die Versicherung<br />
abgeschlossen wurde) verließ<br />
und dieser Arbeitgeber anbot,<br />
die Police selbst zu übernehmen.<br />
Wurde die Versicherung<br />
aber auf einen neuen Arbeitgeber<br />
übertragen, der sie weiterführte,<br />
ist dieses Detail nicht<br />
erfüllt – die Pflicht zu den Sozialbeiträgen<br />
bleibt.<br />
3. Genauso wichtig: Die Police<br />
musste nicht nur übernommen<br />
und privat weitergezahlt worden<br />
sein. Sondern der Vertrag<br />
musste „offiziell“ umgeschrieben<br />
worden sein. Auch daran<br />
scheitern leider viele Ansprüche<br />
(siehe rechts).<br />
Fall 1<br />
„Weil ich arbeitslos wurde,<br />
zahlte ich nicht mehr ein“<br />
Inge Ast übernahm zwar die Direktversicherung<br />
beim Ausscheiden von<br />
ihrem Arbeitgeber, zahlte dann aber weiter<br />
keine Beiträge mehr ein.<br />
Ich habe über viele Jahre in eine Direktversicherung<br />
über meinen ehemaligen Arbeitgeber<br />
gespart (als Gehaltsumwandlung).<br />
Dann ging es meiner Firma irgendwann<br />
schlechter und unsere Abteilung wurde<br />
geschlossen. 2004 schied ich aus (➊) und<br />
habe damals von meinem Arbeitgeber die<br />
Direktversicherung übernommen. (➋) Weil<br />
ich nicht sofort wieder eine neue Anstellung<br />
fand, habe ich wegen der Arbeitslosigkeit<br />
jedoch weiter keine Beiträge mehr in die<br />
Police eingezahlt, sondern die Versicherung<br />
beitragsfrei ruhen lassen. (➌) Sie wurde<br />
mir als einmalige Kapitalzahlung 2009<br />
ausgezahlt. Bin ich überhaupt kranken- und<br />
pflegeversicherungspflichtig, wenn die Police<br />
auf meinen Namen lief? Für mich geht es<br />
um sehr viel Geld. (➍) Ich hoffe, Sie können<br />
mir in dieser wichtigen Sache weiterhelfen.<br />
➊ Entscheidend<br />
ist nicht der<br />
Zeitpunkt oder<br />
der Grund für<br />
die Übernahme.<br />
➋ Maßgeblich ist<br />
allein, dass der<br />
Vertrag geändert<br />
wurde und<br />
Sie auch offiziell<br />
die Versicherungsnehmerin<br />
wurden. Nur<br />
dies zählt.<br />
➌ Sie zahlen bisher<br />
die Beiträge.<br />
Streit mit der Krankenkasse entsteht, wenn zwar<br />
Direktversicherungen übernommen, die Verträge aber<br />
beitragsfrei gestellt wurden. Gilt dann das Urteil?<br />
Eine Neuberechnung<br />
wäre aber<br />
nur fällig, wenn<br />
Sie nach 2004<br />
Beiträge eingezahlt<br />
hätten.<br />
Dies ist aber<br />
nicht der Fall.<br />
➍ Da die gesamte<br />
ausgezahlte<br />
Summe aus<br />
Beiträgen<br />
des Arbeitgebers<br />
stammt,<br />
müssen Sie die<br />
Beiträge leider<br />
zahlen.<br />
„Im Vorruhestand war<br />
die Police beitragsfrei“<br />
Peter Sogl ließ seine Direktversicherung<br />
ruhen, als er in eine<br />
vorgezogene Rente ging.<br />
Im Jahr 1996 schloss mein<br />
Arbeitgeber für mich bei der<br />
Allianz eine Direktversicherung<br />
ab. Laufzeit: bis 31. 5. 2011. Es<br />
wurden 5 Jahre lang Beiträge<br />
aus Sondervergütungen von<br />
meinem Arbeitgeber eingezahlt.<br />
(➊) Im Mai 2000 schied ich als<br />
Vorruheständler aus dem Betrieb<br />
aus. Der Vertrag wurde daraufhin<br />
beitragsfrei gestellt (➋) und<br />
auf meinen Namen ausgestellt.<br />
Der Rückkaufwert betrug zu<br />
diesem Zeitpunkt 6.438,92 DM.<br />
(➌) Bis 2011 erhöhte sich die<br />
Versicherungssumme nur durch<br />
Zinsbeiträge und Überschussbeteiligungen.<br />
Der am 1. 6. 2011<br />
zugesicherte Auszahlungsbetrag<br />
ist wesentlich höher. Wie sieht<br />
es aber mit den Kranken- und<br />
Pflegebeiträgen aus? (➍)<br />
➊ Die Einzahldauer spielt<br />
keine Rolle.<br />
➋ Richtig war, dass der<br />
Vertrag überschrieben<br />
wurde. Nicht klug war die<br />
Beitragsfreistellung.<br />
➌ Der Rückkaufwert ist<br />
unwichtig.<br />
➍ Wäre nur ein (!) einziger<br />
Betrag selbst gezahlt worden,<br />
hätte der Wert des<br />
Jahres 2000 gezählt. So<br />
sind für die ganze Summe<br />
Beiträge zu zahlen.<br />
TIPP<br />
Wer eine Direktversicherung vom Arbeitgeber übernommen<br />
hat, muss darauf achten, dass danach weitere eigene Beiträge in<br />
den Vertrag eingezahlt werden.<br />
die Beiträge<br />
zu erlassen und bereits gezahlte Beiträge zurückzuzahlen. Begründung: Es gäbe<br />
6 9/<br />
2011
extra<br />
Fall 2<br />
Häufig zahlen Firmen Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder<br />
Weihnachtsgeld oder Abfindungen in laufende Direktversicherungen<br />
ein. Hat dies Einfluss auf die Sozialbeiträge?<br />
„Abfindung floss<br />
in den Vertrag“<br />
Sylvia Mahler zahlte mit<br />
Sonderzahlungen ein und<br />
übernahm den Vertrag.<br />
Mein Arbeitgeber hat für<br />
mich am 1. 12. 2003 eine<br />
Direktversicherung als<br />
Einmalzahlung abgeschlossen.<br />
Auf meinen<br />
Namen durfte so eine<br />
Versicherung nicht geschlossen<br />
werden. Diese<br />
Einmalzahlung war Teil<br />
meiner Abfindung (➊).<br />
Meine Kündigung wurde<br />
am 1. 1. 2005 nach 13<br />
Monaten Kündigungsfrist<br />
wirksam. Ab diesem Tag<br />
wurde die Police auf<br />
meinen Namen übertragen.<br />
Das Geld sollte eine<br />
Vorsorge sein und keine<br />
Zusatzrente. (➋)<br />
➊ Teile einer Abfindung,<br />
die in eine<br />
Direktversicherung<br />
fließen, werden<br />
pauschal mit 20 %<br />
Steuern belastet.<br />
Bei der rechtlichen<br />
Bewertung spielt der<br />
Zweck der Direktversicherung<br />
jedoch<br />
keine Rolle.<br />
➋ Entscheidend ist,<br />
das Geld kam vom<br />
Arbeitgeber und war<br />
damit Bruttoeinkommen.<br />
Deshalb sind<br />
leider Kassen-Beiträge<br />
darauf fällig.<br />
„Prämien vom<br />
Weihnachtsgeld“<br />
In den Vertrag von Dagmar<br />
Pasternacki wurde<br />
immer nur das Weihnachtsgeld<br />
eingezahlt.<br />
Seit Anfang der 80er-<br />
Jahre bis Ende 2006<br />
hatte ich eine Direktversicherung,<br />
die über<br />
den Arbeitgeber laufen<br />
musste. (➊) Die Prämien<br />
wurden einmal im Jahr<br />
vom Weihnachtsgeld<br />
überwiesen. Die Möglichkeit,<br />
dass der Vertrag auf<br />
meinen Namen lief, gab<br />
es nicht. Seit meinem<br />
Renteneintritt muss ich<br />
einen Beitrag für die<br />
Krankenkasse zahlen.<br />
Ich habe mich dagegen<br />
gewehrt, da nicht mein<br />
Arbeitgeber, sondern ich<br />
die Prämien zahlte. Die<br />
DAK hat den Einspruch<br />
abgelehnt (➋). Zu Recht?<br />
➊ Direktversicherungen<br />
sind Teil der<br />
betrieblichen Altersvorsorge.<br />
Auch<br />
Einmal-Einzahlungen<br />
sind erlaubt.<br />
➋ Maßgeblich ist,<br />
ob Sie der Versicherungsnehmer<br />
waren. Bei einer<br />
Gehaltsumwandlung<br />
ist dies aber<br />
der Arbeitgeber.<br />
Die DAK hat also<br />
recht.<br />
„Nur aus<br />
Sonderzahlungen“<br />
Der Arbeitgeber von Jürgen<br />
Stienen zahlte<br />
nur Sonderzahlungen ein.<br />
Meine Direktversicherung<br />
wurde vollständig über<br />
die Firma aus Sonderzahlungen<br />
bezahlt und dann<br />
in einer Summe ausgezahlt.<br />
Muss ich dafür<br />
Krankenkassenbeiträge<br />
bezahlen? (➊) Mir wurde<br />
von der Krankenkasse<br />
eine monatliche Zahlung<br />
mitgeteilt, die ich auch<br />
nicht in einer Summe ablösen<br />
könne. (➋) Nur bei<br />
meinem Tod wären keine<br />
Beiträge fällig. (➌)<br />
➊ Die Art der Einzahlung<br />
ist unwichtig.<br />
Entscheidend ist:<br />
Waren Sie der<br />
Versicherungsnehmer,<br />
dann zuerst<br />
widersprechen<br />
und die Beiträge<br />
zurückholen.<br />
➋ Das ist richtig. Die<br />
1/120-Regel besagt,<br />
dass die Beiträge<br />
immer monatlich zu<br />
zahlen sind. Eventuelle<br />
Beitragserhöhungen<br />
müssen<br />
dabei auch bezahlt<br />
werden.<br />
➌ Das stimmt. Erben<br />
der Direktversicherung<br />
müssen keine<br />
Beiträge zahlen.<br />
So gehen Sie<br />
konkret vor<br />
Maßgeblich ist das<br />
Urteil des Bundesverfassungsgerichts.<br />
(Az. 1 BvR 1660/08)<br />
➽ Schreiben Sie zunächst<br />
Ihren Versicherer<br />
an, bei dem die<br />
Direktversicherung<br />
geführt wurde.<br />
➽ Er muss berechnen,<br />
welchen Wert die Police<br />
gehabt hätte, wenn<br />
der Vertrag zum Zeitpunkt<br />
der Übernahme<br />
beitragsfrei gestellt<br />
worden wäre.<br />
➽ Dieser Wert ist Basis<br />
für die neu zu berechnenden<br />
Beiträge.<br />
➽ Senden Sie diese<br />
Mitteilung an Ihre<br />
Krankenkasse (siehe<br />
Musterbrief, S. 24).<br />
➽ Fordern Sie dabei die<br />
Kasse auf, die Beiträge<br />
neu zu berechnen.<br />
➽ Haben Sie bereits zu<br />
viel gezahlt, erhalten<br />
Sie die Differenz aus<br />
„altem“ und neuem<br />
Beitrag von der Krankenkasse<br />
erstattet.<br />
TIPP<br />
Einmalzahlungen sind bei Direktversicherungen erlaubt. Wichtig ist<br />
für die Pflicht zu Krankenkassen-Beiträgen nur, ob nach der tatsächlichen<br />
Übernahme eigene Beiträge in den Vertrag gezahlt wurden.<br />
noch keine einheitliche Vorgehensweise aller Kassen. Doch genau damit sollten sich Rentner nicht zufriedengeben ...<br />
9 / 2011<br />
7
geld ^ recht<br />
Fall<br />
3 die<br />
Häufig bringen Arbeitnehmer<br />
eine Police mit,<br />
weitergeführt wird.<br />
„Ich hatte eine Lebensversicherung,<br />
die zur Direktversicherung wurde“<br />
Erhard Wedel ergeht es wie vielen: Man hatte eine<br />
Lebensversicherung, die der Arbeitgeber beim<br />
Eintritt in die Firma als Direktversicherung weiterführte.<br />
Aber was ist mit den Sozialbeiträgen?<br />
Wurden Beiträge aus der Direktversicherung zu Unrecht erhoben,<br />
müssen diese von der Krankenkasse erstattet werden.<br />
4. Und schließlich muss die Versicherung<br />
genau dies auch bestätigen,<br />
indem sie den Kapitalwert<br />
zum Zeitpunkt des<br />
Übergangs des Versicherungsvertrags<br />
errechnet.<br />
5. Erst wenn diese Details erfüllt<br />
sind, sollte man sich an die<br />
Krankenkasse wenden. Denn<br />
das Urteil des Verfassungsgerichts<br />
besagt auch, dass man<br />
bereits (zu Unrecht) bezahlte<br />
Beiträge zurückerhalten muss.<br />
In diesem Fall beantragt man<br />
bei der Krankenkasse eine Neu-<br />
Festsetzung der Beiträge (siehe<br />
Musterbrief, Seite 24).<br />
6. Steht die Auszahlung einer<br />
Direktversicherung erst noch<br />
an, dann muss die Krankenkasse<br />
noch nicht informiert wer-<br />
Es geht<br />
um Tausende<br />
Euro<br />
Selbst bei<br />
einer kleinen<br />
Lebensversicherung<br />
müssen<br />
Tausende Euro<br />
Sozialbeiträge<br />
gezahlt werden –<br />
oder nicht.<br />
den. Dennoch sollte man sich<br />
den Kapitalwert der Police beim<br />
Übergang von der Versicherung<br />
bestätigen lassen.<br />
Aber: Ist nur eine Voraussetzung<br />
nicht erfüllt, dann greift das<br />
neue Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
nicht.<br />
1/120-Regel bleibt<br />
Ganz wichtig: Das Urteil des Verfassungsgerichts<br />
berührt nicht die<br />
Direktversicherung, die <strong>ohne</strong> einen<br />
Wechsel des Arbeitgebers<br />
ausgezahlt wurden bzw. die doppelten<br />
Sozialbeiträge, die vor<br />
allem freiwillig Krankenversicherte<br />
ärgern. Hier bleibt die 1/120-<br />
Regel – leider – erhalten (siehe<br />
Beispielrechnung) – mit Erlaubnis<br />
der Verfassungsrichter.<br />
Alle Angaben in Euro<br />
Auszahlung 20.000<br />
Krankenkasse<br />
(1/120 von 20.000 Euro) 166,67<br />
Beitrag Krankenkasse<br />
(15,5% × 166,67 Euro) 25,83<br />
Beitrag Pflegekasse<br />
+<br />
(1,95% × 166,67 Euro) 3,25 Euro<br />
Beitrag je Monat 29,08<br />
=<br />
In 10 Jahren<br />
(29,08 × 120 Monate) 3.489,60<br />
Fotos: Masterfile (2), Westend61 (2), Shutterstock, laif (3), AP<br />
Zu Ihrem Beitrag zu Direktversicherungen in der<br />
April-Ausgabe habe ich eine für mich sehr wichtige<br />
Frage. Es ist immer davon die Rede, dass der<br />
Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus der<br />
Firma die Beiträge selbst übernimmt. (➊) Wie<br />
aber verhält es sich in meinem Fall? Ich habe 15<br />
Jahre lang in eine Lebensversicherung eingezahlt,<br />
die ich privat abgeschlossen hatte. (➋) Dann<br />
wurde die Lebensversicherung als Direktversicherung<br />
weitergeführt und bis jetzt wurden 14 Jahre<br />
Beiträge von meinem Arbeitgeber abgeführt. Meine<br />
Frage: Muss ich für die privat gezahlten ersten<br />
15 Jahre auch Krankenkassenbeiträge zahlen? (➌)<br />
Oder für die ganzen bisher 29 Jahre? (➍)<br />
Wie verhält es sich dann?<br />
➊ Dieser Fall kommt tatsächlich<br />
sehr häufig vor,<br />
weil viele Arbeitnehmer<br />
in jungen Jahren selbstständig<br />
eine Lebensversicherung<br />
abschließen<br />
und einzahlen. Aber<br />
erst Jahre später, beim<br />
Wechsel zu einer Firma<br />
mit betrieblicher<br />
Altersvorsorge, geht<br />
der Vertrag an einen<br />
Arbeitgeber über.<br />
➋ Die Zeiten, in der der<br />
Vertrag privat geführt<br />
wurde, zählen nicht<br />
für die Beitragspflicht<br />
für die Krankenkasse,<br />
sondern bleiben davon<br />
in jedem Fall frei.<br />
TIPP<br />
➌ Nur für die 14 Jahre,<br />
in denen der Arbeitgeber<br />
in den Vertrag<br />
einzahlte, müssen bei<br />
der Auszahlung Krankenkassenbeiträge<br />
entrichtet werden.<br />
➍ Damit die Aufteilung<br />
der 29 Jahre (14<br />
Jahre beitragspflichtig,<br />
15 Jahre nicht)<br />
auch exakt berechnet<br />
werden kann, muss<br />
auch in diesem Fall<br />
die Versicherung<br />
den Kapitalwert<br />
feststellen – hier<br />
beim Übergang vom<br />
Arbeitnehmer auf<br />
den Betrieb.<br />
Wer eine Lebensversicherung privat<br />
startete, sollte unbedingt Widerspruch<br />
gegen die Beiträge einlegen.<br />
... und ihre Kasse ultimativ dazu auffordern. Die Chefin des Verbandes bestätigte gegenüber <strong>plus</strong>, dass sich ab sofort alle<br />
8 9/ 2011
extra<br />
Fall 4<br />
Für die Krankenkassen-Beiträge ist es entscheidend,<br />
dass die Versicherung den Kapitalwert der Police ermittelt.<br />
Doch häufig gibt es genau dabei Probleme. Was tun?<br />
„Soll ich lieber<br />
widersprechen?“<br />
Sigrid Schönsberg wundert<br />
sich über die angeglichene<br />
Höhe des<br />
Kapitalwerts ihrer Police.<br />
Sie schreiben: „Maßgeblich<br />
sind der Zeitpunkt, zu<br />
dem man die Direktversicherung<br />
übernommen hat,<br />
und der Rückkaufwert.“<br />
(➊) Ich habe mir die<br />
Kapitalleistung zweifach<br />
berechnen lassen. Die<br />
Versicherung hat beim<br />
vom Arbeitgeber finanzierten<br />
Teil eingerechnet,<br />
was der fiktive Auszahlungswert<br />
gewesen wäre.<br />
Dieser Wert übersteigt<br />
den Rückkaufwert ums<br />
4-Fache. (➋) Muss ich<br />
bei der Krankenkasse Einspruch<br />
einlegen? (➌)<br />
➊ Um diesen Punkt<br />
gibt es leider immer<br />
wieder Streit. Denn<br />
die Art der Teilung<br />
der Versicherungssumme<br />
war lange<br />
umstritten.<br />
➋ Erst vor Kurzem<br />
einigte man sich auf<br />
den Wert, der herausgekommen<br />
wäre,<br />
wenn der Vertrag<br />
beitragsfrei gestellt<br />
worden wäre.<br />
➌ Sinnvoll ist ein Neuberechnen<br />
bei der<br />
Versicherung (!).<br />
„Stimmen die<br />
Beträge wirklich?“<br />
Michael Kleber zweifelt<br />
am errechneten Kapitalwert,<br />
der von der Versicherung<br />
genannt wurde.<br />
Ich habe eine Direktversicherung<br />
über den<br />
Arbeitgeber abgeschlossen,<br />
später übernommen<br />
und dann privat weitergeführt<br />
(➊). Wie von Ihnen<br />
empfohlen, forderte ich<br />
das Berechnen des Kapitalwerts<br />
bei der Versicherung<br />
an. Die Police lief<br />
von 1989 bis 2010, von<br />
89 bis 1998 zahlte mein<br />
Arbeitgeber 100 Euro je<br />
Monat (➋), später übernahm<br />
ich diese Summe.<br />
Obwohl mein Arbeitgeber<br />
fast die Hälfte der Zeit<br />
einzahlte, beträgt mein<br />
privater Anteil laut Kapitalwert<br />
fast drei Viertel.<br />
Kann das sein? (➌)<br />
➊ Die formalen Voraussetzungen<br />
für<br />
eine Beitragsfreiheit<br />
sind erfüllt.<br />
➋ Aus der reinen Dauer<br />
kann noch nicht<br />
auf den Kapitalwert<br />
geschlossen werden.<br />
➌ Das erscheint in der<br />
Tat merkwürdig. Sie<br />
sollten den Kapitalwert<br />
prüfen lassen<br />
(siehe unten).<br />
„Die Police auf<br />
mich übertragen?“<br />
Bernhardt Bockrath<br />
zahlt privat in die Police<br />
ein, obwohl sie<br />
auf die Firma lautet.<br />
Ich spare in eine Firmen-<br />
Direktversicherung. Ist<br />
es möglich, da ich die<br />
Beiträge von Anfang<br />
an selbst finanziere,<br />
die Police auf mich als<br />
Versicherungsnehmer<br />
umzustellen, obwohl ich<br />
noch nicht aus der Firma<br />
ausgeschieden bin? (➊)<br />
Verhindere ich so eine<br />
Beitragspflicht? Ich liege<br />
über der Beitragsbemessungsgrenze.<br />
(➋)<br />
➊ Das wäre prinzipiell<br />
möglich. Bedenken<br />
sollten Sie, dass<br />
Sie dann nicht<br />
mehr den günstigen<br />
Gruppentarif des<br />
Arbeitgebers haben<br />
und die Beiträge<br />
nicht mehr aus dem<br />
Brutto-, sondern<br />
dem Nettogehalt<br />
kommen.<br />
➋ Sie sparen mit der<br />
Direktpolice auch<br />
Steuern – bis zu<br />
2.640 Euro pro<br />
Jahr bleiben steuerfrei.<br />
Ob die Übernahme<br />
lohnt, kann<br />
ein Steuerberater<br />
für Sie ausrechnen.<br />
Spitzenverband<br />
empfiehlt<br />
das Erstatten<br />
GKV-Chefin Doris<br />
Pfeiffer fordert die<br />
Kassen dazu auf.<br />
➽ „Zu Unrecht entrichtete<br />
Beiträge<br />
werden im Rahmen<br />
des § 256 Abs.<br />
2 Satz 4 SGB V<br />
erstattet. Die Erstattung<br />
der in der<br />
Vergangenheit zu<br />
viel einbehaltenen<br />
und abgeführten<br />
Beiträge erfolgt<br />
durch die Krankenkasse“,<br />
so die<br />
Vorstandsvorsitzende<br />
des GKV-Spitzenverbandes<br />
zu <strong>plus</strong>.<br />
Konkret heißt das:<br />
➽ Für den Teil einer<br />
Direktversicherung,<br />
der privat eingezahlt<br />
wurde, werden<br />
keine Sozialbeiträge<br />
mehr erhoben.<br />
➽ Damit erkennt der<br />
GKV-Spitzenverband<br />
endgültig das<br />
Urteil des Verfassungsgerichts<br />
an.<br />
➽ Wurden Beiträge zu<br />
Unrecht eingezogen<br />
oder noch nicht<br />
erstattet, weil eine<br />
Kasse auf eine<br />
Empfehlung des<br />
Spitzenverbands<br />
wartete, sollten<br />
Betroffene unbedingt<br />
nochmals das<br />
Erstatten fordern.<br />
TIPP<br />
Das Nachprüfen des Kapitalwerts ist für Laien fast unmöglich. Wer<br />
Zweifel hat, sollte sich durch die Verbraucherzentralen beraten lassen.<br />
Beratungsstellen gibt es in jeder größeren Stadt.<br />
Kassen an das Urteil halten. Wer eine Absage erhielt, sollte widersprechen.<br />
9 / 2011<br />
9
geld ^ recht<br />
Nach Jahren jetzt<br />
der Rentenklau<br />
Wer irgendwann in der DDR lebte, sollte bis zum Jahresende<br />
unbedingt das eigene Rentenkonto prüfen. Denn nach wie vorsind viele Zeiten<br />
aus der DDR nicht korrekt vermerkt. Die Folge: zu niedrige Renten.<br />
Die Zeit drängt. Und<br />
zwar richtig. Denn<br />
es geht um viel Geld.<br />
Geld, das vielen ehemaligen<br />
DDR-Bürgern eigentlich<br />
als Rente zusteht. Geld, das<br />
aber fast 300.000 Arbeitnehmer<br />
und Rentner gar nicht erhalten,<br />
weil sie von dem kleinen Verwaltungsakt<br />
gar nichts ahnen,<br />
der am 31. Dezember 2011 abläuft.<br />
Denn an diesem Tag endet<br />
die Aufbewahrungsfrist für<br />
die Lohn-Unterlagen ehemaliger<br />
DDR-Betriebe. Und wer<br />
bis zu diesem Tag das eigene<br />
Rentenkonto nicht klärte, erhält<br />
womöglich Arbeitsjahre in der<br />
DDR nicht mehr anerkannt, weil<br />
Unterlagen fehlen.<br />
Handeln sollte also jeder,<br />
der irgendwann in einem DDR-<br />
Betrieb beschäftigt war. Dabei<br />
spielt es keine Rolle, ob es nur<br />
einige Jahre in den 50er- oder<br />
60er-Jahren war, bevor „man<br />
rübermachte“ oder ob man bei<br />
der Wiedervereinigung in einem<br />
DDR-Betrieb arbeitete, der dann<br />
womöglich abgewickelt wurde.<br />
Die Deutsche Rentenversicherung<br />
schätzt, dass von den 2,3<br />
Millionen Ost-Versicherungskonten<br />
etwa 290.000 nicht korrekt<br />
geklärt sind. Das heißt, dort<br />
sind Zeiten vermerkt, zu denen<br />
es keine eindeutigen Unterlagen<br />
gibt, wie diese Zeiten zu werten<br />
sind. Eine korrekte Rentenberechnung,<br />
die alle Versiche-<br />
Fotos: Fotex, privat<br />
10 9/ 2011
extra<br />
„Es geht um<br />
bis zu 600 Euro<br />
mehr Rente<br />
monatlich in<br />
einigen<br />
Extrem-Fällen.“<br />
Jürgen Holdefleiß,<br />
Vorstand IG ehem.<br />
DDR-Flüchtlinge<br />
rungszeiten umfasst, ist aber<br />
nur möglich, wenn das Versicherungskonto<br />
vollständig geklärt<br />
ist. Anders gesagt: Ungeklärte<br />
Zeiten werden für die<br />
Rente nicht berechnet; es gibt<br />
dann dafür kein oder weniger<br />
Geld. Betroffen von diesem Renten-Verlust<br />
sind alle, die zwischen<br />
1946 und 1974 geboren<br />
wurden – in der Regel fehlen<br />
hier Nachweise der Zeiten bis<br />
zur Wiedervereinigung.<br />
Flüchtlinge benachteiligt<br />
Ganz besonders um ihre Rente<br />
kämpfen müssen jene, die vor<br />
1989 aus politischen Gründen<br />
geflohen sind. Zu ihren Privilegien<br />
gehörte, im Rentenrecht so<br />
behandelt zu werden, als hätten<br />
sie ihr ganzes Arbeitsleben in<br />
der Bundesrepublik verbracht.<br />
Das bis zur Wiedervereinigung<br />
geltende Fremdrentengesetz<br />
sah für DDR-Flüchtlinge die<br />
Neuanlage eines Rentenkontos<br />
vor. Kein Flüchtling sollte bei<br />
den Altersbezügen schlechtergestellt<br />
werden als die im Westen<br />
Lebenden. Aber dieses Versprechen<br />
an die etwa 300.000<br />
Betroffenen galt mit dem Rentenüberleitungsgesetz<br />
(RÜG)<br />
nicht mehr. Ihm wurde 1993<br />
eine winzige Änderung beigefügt,<br />
die grob gesagt bedeutet,<br />
dass jeder DDR-Übersiedler,<br />
der ab 2002 in Rente geht, behandelt<br />
wird wie alle anderen<br />
Ostdeutschen auch.<br />
Zwar werden DDR-Rentenansprüche<br />
höher bewertet, da<br />
die Löhne in der DDR deutlich<br />
niedriger lagen. Die Höherbewertung<br />
gilt laut § 256a SGB<br />
VI aber nur, wenn DDR-Beschäftigte,<br />
die der Freiwilligen<br />
Zusatzrentenversicherung<br />
(FZR) angehören durften, dem<br />
System auch beitraten. Wer<br />
dies nicht nutzte, die Rente<br />
durch zusätzliche Beiträge auf<br />
den tatsächlichen Verdienst<br />
aufzubessern (etwa weil man<br />
die DDR <strong>ohne</strong>hin verlassen<br />
wollte), für den werden bei der<br />
Rente nur maximal 600 DDR-<br />
Mark höher bewertet.<br />
Neues Unrecht<br />
Die von der Kürzung Betroffenen<br />
empfinden das neue Gesetz,<br />
das sie zum Teil die Hälfte<br />
ihrer Rente kostet, natürlich als<br />
ungerecht. Sie wurden von der<br />
Rentenkasse noch nicht einmal<br />
informiert. „Bis zu 600 Euro beträgt<br />
der Unterschied in der Ren-<br />
5 Schritte<br />
zum Klären des Rentenkontos<br />
te im Extremfall“, sagt Jürgen<br />
Holdefleiß, Vorstand der Interessengemeinschaft<br />
ehemaliger<br />
DDR-Flüchtlinge. Besonders<br />
betroffen seien Höherqualifizierte,<br />
die im Osten überdurchschnittlich<br />
verdienten. Wegen<br />
der unzureichenden Höherbewertung<br />
erhalten sie womöglich<br />
für diese Zeit nur eine Rente,<br />
die etwa auf dem Niveau eines<br />
Hilfsarbeiters liegt.<br />
Hoffnung gibt es aber nicht.<br />
Der Rentenstreit um DDR-<br />
Flüchtlinge bleibt vorerst ungelöst.<br />
Im Juni lehnte die<br />
CDU/CSU-FDP-Mehrheit im<br />
Ausschuss für Arbeit und Soziales<br />
Anträge der Fraktionen<br />
von SPD und Bündnis 90/Die<br />
Grünen ab, DDR-Altübersiedler<br />
und Flüchtlinge vor einer generellen<br />
Kürzung ihrer Renten<br />
zu schützen.<br />
Deshalb bleibt jedem Betroffenen<br />
nur im Einzelfall per<br />
Kontenklärung (siehe Kasten<br />
unten) dafür zu sorgen, dass<br />
die Arbeitsjahre aus der DDR<br />
auch entsprechend für die Rente<br />
anerkannt werden.<br />
1Den Antrag<br />
auf Kontenklärung<br />
bei der<br />
Rentenversicherung<br />
Bund anfordern.<br />
Formulare<br />
gibt es auch<br />
in den Beratungsstellen<br />
und im Internet.<br />
2Dem Antrag<br />
alle Original-<br />
Versicherungsunterlagen<br />
der<br />
DDR zufügen,<br />
aus denen rentenrechtliche<br />
Zeiten und<br />
Verdienste<br />
hervorgehen.<br />
3Fehlen Unterlagen,<br />
müssen die sich<br />
noch im ehemaligen<br />
Betrieb<br />
oder beim<br />
Rechtsnachfolger<br />
befinden.<br />
4Wurde der<br />
ehemalige<br />
Betrieb nach<br />
der Wende<br />
abgewickelt, an<br />
die Rentenkasse<br />
wenden. Sie<br />
weiß in vielen<br />
Fällen, wo sich<br />
noch Unterlagen<br />
befinden.<br />
5Ausgefüllten<br />
Antrag auf<br />
Kontenklärung<br />
und Original-<br />
Unterlagen per<br />
Einschreiben an<br />
die Rentenkasse<br />
senden.<br />
4,7 Mio. Rentner<br />
im Osten<br />
Angaben in Tausend<br />
Brandenburg 852<br />
Mecklenburg-Vorpommern 576<br />
Sachsen<br />
1561<br />
Sachsen-Anhalt 896<br />
Thüringen 815<br />
Quelle: Deutsche<br />
Rentenversicherung Bund.<br />
So hoch sind<br />
die Renten im Osten<br />
Ost-Renten in Euro je Monat<br />
langjährig Versicherte 1.067<br />
nach Arbeitslosigkeit 1.015<br />
Schwerbehinderte 881<br />
Regelaltersrente 814<br />
für Frauen 743<br />
Erwerbsminderung 669<br />
Hinterbliebene 544<br />
Quelle: Deutsche<br />
Rentenversicherung Bund.<br />
Wer sollte sich<br />
kümmern?<br />
➽ Wichtig ist das<br />
Anerkennen der DDR-<br />
Arbeitsjahre für alle,<br />
die zwischen 1946 und<br />
1974 geboren wurden.<br />
➽ Dies gilt auch für<br />
DDR-Flüchtlinge und<br />
Übersiedler.<br />
➽ Das gilt besonders,<br />
wenn der Bruttoverdienst<br />
bis Februar 1971<br />
höher als 600 Mark<br />
pro Monat war.<br />
➽ Oder von März 1971<br />
bis Dezember 1976<br />
Beiträge zur Freiwilligen<br />
Zusatzrentenversicherung<br />
(FZR) der<br />
DDR gezahlt wurden.<br />
9 / 2011<br />
11
Wer Vater oder Mutter pflegt, dafür womöglich sogar seinen Job aufgibt, genießt<br />
38 9 / 2011<br />
P0911_038_Bahr.indd 38 20-07-2011 18:23:44<br />
UNSER LEBEN<br />
höchsten Respekt, auch von der Politik. Und wird doch bestraft – vor allem finanziell.<br />
P0911_038_Bahr.indd 39 20-07-2011 18:23:49<br />
9 / 2011<br />
39<br />
geld ^ recht<br />
... dass man<br />
durch Pflege<br />
selbst zum<br />
Sozialfall wird?<br />
... dass man<br />
nirgendwo<br />
fair beraten<br />
wird und man<br />
nicht erfährt,<br />
was einem<br />
zusteht?<br />
... dass<br />
es in<br />
NRW eine<br />
bessere<br />
Pflege<br />
gibt als in<br />
Bayern?<br />
... dass Pflege<br />
zu Hause ein<br />
Luxus ist, den<br />
sich kaum<br />
einer leisten<br />
kann?<br />
... dass<br />
meine<br />
Pflegezeit<br />
nicht auf<br />
die Rente<br />
angerechnet<br />
wird?<br />
Ist das gerecht, Herr Bahr ...<br />
Die Pflege eines Angehörigen stellt Partner<br />
oder Kinder vor enorme Lasten – psychisch, aber<br />
auch finanziell und organisatorisch. Vor allem<br />
auch, weil viele nicht wissen, dass sie<br />
auf viel mehr Dinge im Alltag Anspruch haben.<br />
Lesen Sie dazu<br />
auch den Bericht<br />
Seite 38.<br />
PFLEGE<br />
Das<br />
steht<br />
Ihnen<br />
zu!<br />
1.510* 1.550*<br />
➜<br />
Rat & Finanzen<br />
Viele Hilfen kennen Angehörige und Pflegebedürftige<br />
gar nicht, obwohl sie einen Anspruch haben.<br />
Jeder hat Anspruch auf Rat<br />
und Hilfe durch die Pflegestützpunkte.<br />
Zuständig ist<br />
immer die Pflegekasse des<br />
Bedürftigen. § 92 Pflegeweiterentwicklungsgesetz<br />
Hilfe durch Pflegeberater<br />
ist einklagbar. § 45 SGB XI<br />
Bei erheblich eingeschränkter<br />
Alltagskompetenz<br />
(Demenz) erhält man<br />
Pflegestufe 0 und damit<br />
100 bis 200 Euro je Monat.<br />
§ 15 Abs. 1 SGB XI<br />
Mit Pflegegeld (225 bis 685<br />
Euro) kann der Bedürftige<br />
pflegende Angehörige bezahlen.<br />
§ 37 SGB XI<br />
Auf Pflegegeld sind keine<br />
Steuern und Sozialbeiträge<br />
zu zahlen. § 37 SGB XI<br />
Pflegesachleistung (ambulante<br />
Dienste) ist höher (je<br />
nach Pflegestufe 440 bis<br />
1.510 Euro) als Pflegegeld.<br />
Pflegebedürftige können<br />
wählen. § 36 SGB XI<br />
Pflegebedürftige dürfen<br />
sogar Sachleistungen und<br />
anteiliges Pflegegeld kombinieren.<br />
§ 36; § 37 SGB XI<br />
Sechs Monate dürfen Angehörige<br />
unbezahlt Urlaub<br />
erhalten, um zu pflegen.<br />
Pflegezeitgesetz (PflegeZG)<br />
Zehn Tage unbezahlter<br />
Urlaub ist bei akutem Pflegebedarf<br />
möglich. Pflegezeitgesetz<br />
(PflegeZG)<br />
Wichtig: Sozialbeiträge des<br />
Pflegenden werden während<br />
Pflegezeit bis zu sechs<br />
Monaten gezahlt. Zuständig:<br />
Pflegekasse des Pflegebedürftigen.<br />
Pflegezeitgesetz<br />
(PflegeZG)<br />
Wer mind. 14 Stunden pro<br />
Woche pflegt, erhält dafür<br />
später bis zu 20,83 Euro<br />
eigene Rente. Zuständig:<br />
Pflegekasse des Bedürftigen.<br />
§ 44 SGB XI<br />
Wer pflegt, ist unfallversichert.<br />
§ 44 SGB XI<br />
Wer Urlaub nimmt, um zu<br />
pflegen, erhält auch für<br />
diese Zeit Rentenbeiträge.<br />
§ 44 SGB XI<br />
1.040<br />
1.100<br />
bisher<br />
ab 2012<br />
440 450<br />
PFLEGESACHLEISTUNG<br />
Pflegestufe I I I III<br />
225<br />
bisher<br />
ab 2012<br />
235<br />
685 700<br />
430 440<br />
PFLEGEGELD<br />
Pflegestufe I I I III<br />
Mehr Geld ab 2012<br />
Zum 1. Januar steigen in allen<br />
Pflegestufen die Leistungen an.<br />
Angaben in Euro je Monat<br />
* In Härtefällen 1.918 Euro je Monat.<br />
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit.<br />
12 9/ 2011
extra<br />
Werner Schell<br />
➜<br />
„Es ist schwer,<br />
zu pflegen,<br />
wenn man<br />
dafür nicht ausgebildet<br />
ist.“<br />
Hilfen im Alltag<br />
Hilfsmittel<br />
Es sind viele kleine Dinge, die die Pflege erleichtern.<br />
Man muss nur wissen, was einem zusteht.<br />
„Meine Mutter hatte keine<br />
Pflegestufe. Ich wusste nicht,<br />
worauf ich Anspruch hatte.“<br />
Brigitte Bührlen<br />
Viele Angehörige bezahlen hier Dinge, die sie<br />
gar nicht übernehmen müssten.<br />
Jeder hat Anspruch<br />
auf Pflegehilfsmittel.<br />
Aber es gilt ein Eigenanteil<br />
von 10 %, maximal<br />
25 Euro. §§ 40<br />
Abs. 1–3 u. 78 SGB XI<br />
Auch für ein spezielles<br />
Pflegebett muss man<br />
maximal 25 Euro<br />
selbst bezahlen. §§ 40<br />
Abs. 1–3 u. 78 SGB XI<br />
Jeder hat auch Anspruch<br />
auf ein Notrufsystem<br />
(Selbstkosten:<br />
25 Euro). §§ 40 Abs.<br />
1–3 u. 78 SGB XI<br />
Jeder hat Anspruch auf<br />
Kurse durch Pflegedienste,<br />
um pflegen zu<br />
lernen. Zuständig:<br />
Pflegekasse des Bedürftigen.<br />
§ 45 SGB XI<br />
Medizinische Behandlungspflege<br />
(Verbandswechsel,<br />
Wunden, Injektionen)<br />
wird durch<br />
Fachkräfte übernommen,<br />
von der Krankenkasse<br />
des Bedürftigen<br />
bezahlt. § 37 SGB V<br />
Wer pflegt und selbst in<br />
Urlaub fährt, kann die<br />
Pflegebedürftigen in<br />
stationäre Kurzzeitpflege<br />
geben (bis vier Wochen<br />
je Jahr, Kosten bis<br />
1.510 Euro). Zuständig:<br />
Pflegekasse des Bedürftigen,<br />
§ 42; § 61 SGB XI<br />
Wer verhindert ist,<br />
nicht pflegen kann,<br />
kann Ersatzkraft bis 4<br />
Wochen je Jahr (bis<br />
1.510 Euro) beschäftigen.<br />
Kosten zahlt Pflegekasse.<br />
§ 39 SGB XI<br />
Tagespflege (Nachtpflege)<br />
gilt als teilstationäre<br />
Pflege, wird übernommen.<br />
§ 41 SGB XI<br />
Auch stationäre Pflege<br />
an Wochenenden ist<br />
möglich. § 41 SGB XI<br />
Größere technische<br />
Hilfsmittel werden<br />
<strong>ohne</strong> Zuzahlung verliehen.<br />
§§ 40 Abs.<br />
1–3 u. 78 SGB XI<br />
Für Verbrauchsprodukte<br />
(Bett-Einlagen,<br />
Einmalhandschuhe)<br />
erhält man bis zu 31<br />
Euro im Monat zusätzlich.<br />
Zuständig: die<br />
Pflegekasse des Pflegebedürftigen.<br />
§§ 40<br />
Abs. 1–3 u. 78 SGB XI<br />
Medizinische Hilfsmittel<br />
(Rollstuhl, Gehhilfen)<br />
gibt es auf<br />
Rezept. Zuständig: die<br />
Krankenkasse des<br />
Pflegebedürftigen.<br />
Hilfsmittel-Richtlinie<br />
des G-BA<br />
Inkontinenzhilfen und<br />
Einlagen verschreibt<br />
der Arzt. Auch hier:<br />
Kranken-, nicht Pflegekasse.<br />
Hilfsmittel-<br />
Richtlinie des G-BA<br />
„Keiner sagte<br />
mir genau,<br />
worauf ich<br />
wirklich<br />
Anspruch habe.“<br />
Christine Köhler<br />
Diese<br />
Urteile<br />
helfen<br />
Angehörigen<br />
§<br />
Pflegekasse<br />
darf Anträge<br />
nicht ablehnen<br />
und auf Sozialhilfe<br />
verweisen.<br />
LSG NRW, Az.<br />
L5 B 3/02 KR ER<br />
§<br />
Altersverwirrte<br />
erhalten auch<br />
<strong>ohne</strong> Pflegestufe I<br />
Geld aus der<br />
Pflegekasse.<br />
LSG Darmstadt,<br />
Az. L 8 P 35/07<br />
§<br />
Krankenkassen<br />
müssen häusliche<br />
Krankenpflege<br />
auch außerhalb der<br />
Wohnung zahlen<br />
(z. B. in Wohnung<br />
der Kinder).<br />
LSG Darmstadt,<br />
Az. L 1 KR 110/06<br />
§<br />
Bew<strong>ohne</strong>r eines<br />
Altenheims<br />
können Pflegekosten<br />
der niedrigsten<br />
Stufe 0 steuerlich<br />
absetzen.<br />
Bundesfinanzhof,<br />
Az. III R 39/05<br />
§<br />
Geld aus privater<br />
Pflegepolice<br />
mindert abzugsfähige<br />
Pflegekosten.<br />
Finanzgericht Köln,<br />
Az. 12 K 4176/07<br />
9 / 2011<br />
13
geld ^ recht<br />
➜<br />
Weitere Hilfen<br />
Auf diese Dinge hat jeder<br />
zusätzlich Anspruch.<br />
Bedürftige erhalten ergänzende<br />
Sozialhilfe, wenn<br />
Leistungen der Pflegekasse<br />
nicht reichen. Zuständig:<br />
Sozialamt. §§ 51 ff. SGB XIII<br />
Diese Hilfe gibt es auch <strong>ohne</strong><br />
Pflegestufe. §§ 51 ff. SGB XII<br />
Bedürftige im Heim müssen<br />
ein Taschengeld erhalten,<br />
87 Euro im Monat. Zuständig:<br />
Sozialamt. § 35 SGB XII<br />
Mobile soziale Dienste<br />
helfen allen kostenlos. Zuständig:<br />
Sozialamt.<br />
§§ 61–66 SGB XII<br />
Bedürftige können auch<br />
Schwerbehindertenausweis<br />
erhalten: Behindertenparkplätze<br />
(auch für Angehörige),<br />
kostenlose Fahrten in<br />
Bus und Bahn. Zuständig:<br />
Versorgungsamt. § 69 SGB IX<br />
➜<br />
Steuern<br />
Viele Kosten, die Pflegebedürftige, aber auch Angehörige haben,<br />
sind von der Steuer absetzbar und so zum Teil refinanzierbar.<br />
„Der Staat spart<br />
doch, wenn man selbst<br />
Angehörige pflegt.“<br />
Stefan Krastel<br />
Pflegekosten sind auch <strong>ohne</strong><br />
Pflegestufe absetzbar. § 33 EStG<br />
Pflegeleistungen gelten als<br />
haushaltsnahe Dienstleistungen.<br />
20 % der Aufwendungen,<br />
max. 4.000 Euro, sind absetzbar.<br />
§ 33 EStG<br />
Auch Kosten für einen Pflegedienst<br />
gelten als haushaltsnahe<br />
Dienstleistung (max. 4.000<br />
Euro). § 35a EStG<br />
Dienstleistungen im Heim, die<br />
sonst von Angehörigen erledigt<br />
würden, sind bis zu 4.000 Euro<br />
absetzbar. § 33 EStG<br />
Angehörige von Bedürftigen<br />
können auch 20 % der Aufwendungen,<br />
max. 4.000 Euro,<br />
steuerlich absetzen. § 33 EStG<br />
Unterhalt an Eltern gilt als<br />
außergewöhnliche Belastung:<br />
absetzbar. § 33 EStG.<br />
Pflegegeld, das Bedürftige an<br />
Angehörige zahlen, mindert<br />
nicht Steuer-Ersparnis. § 3 EStG<br />
Pflegepauschbetrag (924 Euro)<br />
erhält jede zu pflegende<br />
Person bei Pflegestufe 3 oder<br />
Merkmal H. § 33 EStG<br />
Ist ein Haushaltsmitglied hilflos<br />
oder schwerbehindert (mind.<br />
50 GdB) erhält man Pauschbetrag:<br />
310 bis 3.700 Euro (abhängig<br />
von GdB). § 33 EStG<br />
➜<br />
Umbau der Wohnung<br />
Die Pflege zuhause gelingt umso leichter, je besser die Wohnung<br />
darauf vorbereitet ist. Auf viele Zuschüsse hat man Anspruch.<br />
Für rollstuhlgerechte<br />
Umbauten erhält man<br />
bis 2.557 Euro.<br />
§ 40 SGB XII<br />
Bei Gehbehinderung<br />
hat man Anspruch auf<br />
einen Treppenlift<br />
(Eigenanteil: 10 %).<br />
§ 40 SGB XI<br />
Übernommen werden<br />
auch Nebenkosten<br />
(Gutachten, Gebühren).<br />
Zuständig: Pflegekasse.<br />
§ 40 SGB XI<br />
Umbauten außerhalb<br />
der Wohnung (z. B.<br />
Rampe) werden bezahlt.<br />
§ 40 SGB XI<br />
Gilt auch für Umbau<br />
in der Wohnung des<br />
pflegenden Angehörigen.<br />
§ 40 SGB XI<br />
„Wer pflegt, darf<br />
doch nicht selbst in<br />
Hartz IV rutschen.“<br />
Lothar Schwarz<br />
Ist erneuter Umbau<br />
nötig (mehr Pflegebedarf),<br />
gibt’s den Zuschuss<br />
wieder.<br />
§ 40 SGB XI<br />
Auch Umzugskosten<br />
in pflegegerechte<br />
Wohnung werden<br />
ersetzt. § 40 SGB XI<br />
Umbaukosten gibt’s<br />
auch als Eingliederungshilfe<br />
für Behinderte<br />
beim Sozialamt.<br />
85 SGB XII.<br />
Jede Stadt hat kostenlose<br />
Beratungsstelle<br />
für barrierefreies<br />
W<strong>ohne</strong>n. 85 SGB XII<br />
Fotos: Hardy Müller<br />
Widerspruch<br />
➽ Ist man mit Entscheidung<br />
der Pflegekasse nicht einverstanden,<br />
innerhalb von<br />
28 Tagen widersprechen.<br />
➽ Formloser Widerspruch<br />
direkt an Pflegekasse.<br />
➽ Ist die Zeit zu knapp,<br />
um den Widerspruch zu<br />
begründen, dann nur Widerspruch<br />
einlegen und die<br />
Begründung nachreichen.<br />
➽ Dann Gutachten des MDK<br />
(Basis der Entscheidung)<br />
zuschicken lassen und<br />
prüfen.<br />
➽ Widerspruchs-Ausschuss<br />
der Pflegekasse entscheidet<br />
über den Widerspruch.<br />
➽ Ist man auch damit nicht<br />
einverstanden, kann<br />
(kostenlos) vor dem Sozialgericht<br />
geklagt werden.<br />
14 9/2011
extra<br />
Plötzlich <strong>ohne</strong><br />
Gas und Strom?<br />
Nach der Pleite des Stromlieferanten Teldafax fragen sich viele: Kann man<br />
plötzlich im Dunkeln sitzen, weil ein alternativer Anbieter nicht liefert?<br />
Foto: Plainpicture<br />
1<br />
Kleine<br />
Lieferanten<br />
Stadtwerke & Co.<br />
garantieren Sicher -<br />
heit für jeden.<br />
• Millionen Haushalte<br />
haben den<br />
Strom- und/oder<br />
Gaslieferanten<br />
gewechselt, um<br />
Geld zu sparen.<br />
• Dieser Grundsatz<br />
bleibt auch weiter<br />
richtig – man<br />
kann leicht 50 %<br />
sparen (siehe <strong>plus</strong><br />
<strong>Magazin</strong> 7/2011).<br />
• Wichtig: Die örtlichen<br />
Versorger<br />
garantieren immer,<br />
dass Strom<br />
und Gas geliefert<br />
werden – und<br />
zwar überall.<br />
FAZIT Niemand<br />
muss sich<br />
sor gen, wenn man<br />
wechselt.<br />
<br />
2<br />
Vorkasse<br />
vermeiden?<br />
Wer Strom für 1<br />
Jahr bezahlt, erhält<br />
viel Rabatt.<br />
• Im Fall von Teldafax<br />
dürften alle<br />
Vorauszahlungen<br />
weg sein.<br />
• Zwar zählt jeder<br />
dann zu den Gläubigern<br />
des Unternehmens.<br />
Der<br />
Insolvenzverwalter<br />
dürfte aber<br />
höchstens einen<br />
Bruchteil an<br />
Betroffene zurückzahlen<br />
können.<br />
FAZIT Vorauskasse<br />
bleibt ein Mittel<br />
für günstige Preise.<br />
Wer vorsichtig sein<br />
möchte, sollte nur<br />
Verträge <strong>ohne</strong><br />
Vorkasse schließen.<br />
3<br />
Gebunden an<br />
Stadtwerke?<br />
Auch wer aufgefangen<br />
wird, kann<br />
wieder wechseln.<br />
• Alle Teldafax-Kunden<br />
werden automatisch<br />
für drei<br />
Monate von den<br />
örtlichen Versorgern<br />
übernommen<br />
– zum Normaltarif.<br />
• Das heißt: Jeder<br />
kann während<br />
dieser Zeit überlegen,<br />
ob man<br />
bleiben oder wieder<br />
wechseln<br />
möchte, auch in<br />
einen günstigeren<br />
Tarif der Stadtwerke.<br />
FAZIT Es bleibt<br />
genügend Zeit, neu<br />
zu überlegen.<br />
<br />
<br />
4<br />
Zählerstand<br />
notieren<br />
Wer wechselt oder<br />
kündigt, sollte dies<br />
immer tun.<br />
• Da bei einem<br />
Wechsel oder<br />
einer Kündigung<br />
der Strom trotzdem<br />
fließt und der<br />
gleiche Zähler<br />
benutzt wird,<br />
sollte man immer<br />
zu den Stichtagen<br />
Zählerstände<br />
notieren.<br />
• Das gilt besonders,<br />
wenn wie<br />
bei Teldafax die<br />
Lieferung formal<br />
eingestellt wird.<br />
FAZIT Ideal dafür<br />
ist eine kleine Liste<br />
direkt am Zähler.<br />
5<br />
Abrechnung<br />
bezahlen<br />
Hat man noch eine<br />
Teldafax-Rechnung,<br />
ist die zu zahlen.<br />
• Denn in der Regel<br />
wurde der Strom<br />
ja bezogen und<br />
verbraucht.<br />
• Anders ist es,<br />
wenn eine Rechnung<br />
über Vorkasse<br />
vorliegt.<br />
Diese nicht mehr<br />
zahlen.<br />
• Wer noch keine<br />
Abrechnung hat,<br />
sollte diese<br />
jetzt anfordern.<br />
FAZIT Die Pleite<br />
hat alle Verpflichtungen<br />
für die<br />
Zukunft gelöst.<br />
<br />
9 / 2011<br />
15
geld ^ recht<br />
?<br />
Wann gilt man<br />
eigentlich als<br />
schwerbehindert?<br />
Welche Krankheiten<br />
müssen<br />
dafür vorliegen?<br />
Das kann nicht pauschal<br />
beantwortet<br />
werden. Entscheidend für<br />
eine Schwerbehinderung ist<br />
nicht eine Krankheit oder eine<br />
bestimmte Diagnose. Es geht<br />
ausschließlich um ein Funktionsdefizit,<br />
weil man ein gesundheitliches<br />
Problem hat<br />
und dieser Schaden auf Dauer<br />
ist (länger als 6 Monate) und<br />
der sich auf die Teilhabe am<br />
normalen gesellschaftlichen<br />
Leben auswirkt. Das kann im<br />
einen Fall ein Diabetes sein,<br />
im anderen Fall eine Krebs-<br />
Erkrankung, im weiteren Fall<br />
Rheuma oder eine Gelenk-<br />
Krankheit. Generell gilt aber:<br />
Wer eine langwierige, ernste<br />
Krankheit hat, die das Alltagsleben<br />
(Arbeit, Beweglichkeit<br />
usw.) erheblich einschränkt,<br />
sollte über das offizielle Anerkennen<br />
einer Schwerbehinderung<br />
nachdenken.<br />
Wo ist denn definiert,<br />
? was eine „Schwerbehinderung“<br />
genau ist?<br />
Im neunten Sozialgesetzbuch<br />
(SGB IX). Dort steht: „Menschen<br />
sind behindert, wenn<br />
ihre körperliche Funktion,<br />
geistige Fähigkeit oder seelische<br />
Gesundheit mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit länger als<br />
sechs Monate von dem für das<br />
Lebensalter typischen Zustand<br />
abweichen und daher ihre Teilhabe<br />
am Leben in der Gesellschaft<br />
beeinträchtigt ist. Sie<br />
sind von Behinderung bedroht,<br />
wenn die Beeinträchtigung zu<br />
erwarten ist.“<br />
Wie groß muss denn die<br />
? Einschränkung bzw. das<br />
Funktionsdefizit sein?<br />
Gemessen wird dies als Grad<br />
der Behinderung (GdB). Der<br />
sagt aus, wie schwer die körperlichen,<br />
geistigen, seelischen<br />
und sozialen Auswirkungen<br />
Es lohnt,<br />
schwerbehindert<br />
zu sein<br />
Wer krank ist oder einen Unfall<br />
hatte, scheut sich häufig davor, die<br />
Schwerbehinderung zu beantragen.<br />
Doch genau das hat viele Vorteile<br />
im Alltag und bei der Rente.<br />
sind, wie sehr ein Behinderter<br />
im Alltag beeinträchtigt ist im<br />
Vergleich mit einem normalen<br />
Menschen.<br />
Wird denn der Grad der<br />
? Behinderung automatisch<br />
beim Arzt festgestellt?<br />
Nein. Dies ist auch der Grund,<br />
warum viele, die schwerer<br />
krank oder eingeschränkt sind,<br />
gar nicht als Schwerbehinderter<br />
anerkannt sind. Denn der<br />
offizielle Grad der Behinderung<br />
wird nur auf Antrag des Betroffenen<br />
festgestellt. Der GdB ist<br />
aber eine zwingende Voraussetzung<br />
für viele Hilfen und auch<br />
für den Schwerbehindertenausweis<br />
selbst.<br />
10,8 %<br />
beträgt der maximale<br />
Abschlag bei einer<br />
Rente nach Schwerbehinderung.<br />
16 9/ 2011
extra<br />
Fotos: plainpicture, privat<br />
Ab welchem GdB gilt man<br />
? als „schwerbehindert“?<br />
Den Schwerbehindertenausweis<br />
erhält man ab GdB 50.<br />
Und wie und wo erhält<br />
? man den Ausweis?<br />
Nur auf Antrag beim Versorgungsamt.<br />
Ganz wichtig dabei:<br />
Um diese Anerkennung zu erhalten,<br />
findet keine (!) gesundheitliche<br />
Untersuchung statt.<br />
Das heißt, das Amt urteilt nach<br />
Aktenlage auf Basis der „Versorgungsmedizinischen<br />
Grundsätze“.<br />
Deshalb mit dem Antrag<br />
immer Atteste des Arztes mitschicken,<br />
die Aufschluss über<br />
die Art und Folge der Krankheit<br />
bzw. Behinderung geben.<br />
Muss man denn den<br />
? Schwerbehindertenausweis<br />
beantragen?<br />
Nein. Aber die meisten Hilfen,<br />
zum Beispiel bei der Steuer, im<br />
Arbeits- und Rentenrecht, erhält<br />
man nur, wenn der Ausweis<br />
tatsächlich vorliegt.<br />
Wer legt beim Versorgungsamt<br />
den GdB fest?<br />
?<br />
Ärzte als Gutachter nach Aktenlage.<br />
Wichtig dabei: Viele<br />
Menschen haben mehrere Beeinträchtigungen<br />
(z. B. Diabetes,<br />
Übergewicht und Gelenkprobleme).<br />
Dies wird dann<br />
berücksichtigt. Deshalb immer<br />
darauf drängen, dass der Hausarzt<br />
im Attest ein Gesamtbild<br />
der Gesundheit liefert. Aber:<br />
Die Gutachter im Versorgungsamt<br />
addieren nicht womöglich<br />
einzelne GdB einzelner Krankheiten,<br />
sondern urteilen im<br />
Sinne des Gesamtzustands.<br />
Kann ein GdB geändert<br />
? werden, wenn sich der<br />
Zustand geändert hat?<br />
Ja. Dazu sind ein neuer Antrag<br />
sowie neue ärztliche Atteste<br />
notwendig. Aber: Es kann dann<br />
auch passieren, dass das Versorgungsamt<br />
den GdB herabstuft.<br />
Deshalb genau prüfen.<br />
Worauf sollte man bei den<br />
? Attesten achten?<br />
Entscheidend ist, dass der Arzt<br />
nicht nur die Krankheit betrachtet,<br />
sondern vor allem, welche<br />
Früher in Rente und weniger Abschläge<br />
Wer schwerbehindert ist, hat vor allem<br />
beim Rentenbeginn und bei der Höhe<br />
der Abschläge viele Vorteile. Denn:<br />
Die Rente nach Schwerbehinderung<br />
erhält man mit Abschlag bereits ab 60,<br />
die abschlagsfreie Rente bereits mit 63.<br />
Der maximale Abschlag beträgt aber<br />
nur 10,8 % (Rente ab 60).<br />
Voraussetzungen für die Rente nach<br />
Schwerbehinderung sind mindestens<br />
GdB 50 und 35 Jahre Wartezeit.<br />
Gut 7 Mio. Schwerbehinderte<br />
Fast 10 % mehr Menschen als vor zehn<br />
Jahren sind schwerbehindert.<br />
6,6 Mio.<br />
2003<br />
6,8 Mio.<br />
2005<br />
konkreten Auswirkungen dies<br />
im Alltag hat und wie man dadurch<br />
beeinträchtigt ist.<br />
Aber es gibt doch verschiedene<br />
Schwerbehin-<br />
?<br />
dertenausweise?<br />
Ja. Grüne Ausweise erhalten<br />
alle mit GdB 50. Der grün-orange<br />
Ausweis ist für Schwerbehinderte,<br />
die erheblich in ihrer<br />
Bewegungsfähigkeit eingeschränkt<br />
sind. Nur sie dürfen<br />
beispielsweise kostenlos Bus<br />
und Bahn fahren. Wichtig dabei<br />
ist, dass man zunächst trotzdem<br />
eine Wertmarke kaufen muss:<br />
30 Euro für ein halbes Jahr, 60<br />
Euro für ein ganzes Jahr.<br />
Und wann kann man wirklich<br />
kostenlos fahren?<br />
?<br />
Wenn das Merkzeichen G (erheblich<br />
gehbehindert), aB (außergewöhnlich<br />
gehbehindert),<br />
Gl (gehörlos), H (hilflos) und Bl<br />
(blind) vorliegt. Das heißt, es<br />
gibt diverse Abstufungen beim<br />
Schwerbehinderten-Ausweis.<br />
Das ist auch der Grund, warum<br />
viele, bei denen eigentlich<br />
eine Schwerbehinderung (wegen<br />
Krankheit) vorliegt, diese<br />
nicht beantragen, da sie glau-<br />
6,9 Mio.<br />
2007<br />
7,1 Mio.<br />
2009<br />
Quelle: destatis.<br />
ben, man müsse blind, gehörlos<br />
oder extrem gehbehindert<br />
sein. Für die bessere Rente (siehe<br />
oben) genügt nur das bloße<br />
Feststellen der Schwerbehinderung<br />
mit GdB 50.<br />
Welche Vorteile hat man<br />
? durch die Schwerbehinderung<br />
neben der Rente noch?<br />
Man hat bessere Argumente für<br />
eine Rente bei Erwerbsminderung<br />
(vor dem 60. Geburtstag).<br />
Dazu kommen: geringere Zuzahlungen<br />
bei Medikamenten,<br />
im Krankenhaus, bei Kuren<br />
usw.; besserer Kündigungsschutz<br />
am Arbeitsplatz und<br />
mehr Urlaub; zusätzliche Steuer-Erleichterungen,<br />
die auch bei<br />
der Rentensteuer gelten.<br />
Wie lange gilt der Schwerbehindertenausweis?<br />
?<br />
Fünf Jahre, und er wird zweimal<br />
formlos verlängert. Danach<br />
ist ein neuer Ausweis nötig.<br />
Für die Jahrgänge 1951 und früher<br />
ist ferner Voraussetzung, dass sie nach<br />
dem bis 31. Dezember 2000 geltenden<br />
Recht als berufs- oder erwerbsunfähig<br />
anerkannt waren.<br />
Wichtig: Auch bei der Rente nach<br />
Schwerbehinderung steigen ab 2012 die<br />
Altersgrenzen. Die steigen für alle 1952<br />
Geborenen Stück für Stück um zwei<br />
Jahre (siehe <strong>plus</strong> 10/2011). Der maximale<br />
Abschlag von 10,8 % bleibt aber.<br />
UNSERE EXPERTIN<br />
Dorothee Czennia,<br />
Sozialverband VdK<br />
Deutschland, Berlin<br />
Die meisten<br />
körperbehindert<br />
Angaben in Millionen<br />
körperbehindert 4,5<br />
seelische oder geistige<br />
Behinderung 1,4<br />
sonstige Gründe 1,2<br />
Quelle: destatis, Angaben für 2009.<br />
Die meisten<br />
mit GdB 50<br />
Angaben in Millionen<br />
50 2,1<br />
60 1,1<br />
70 0,8<br />
80 0,9<br />
90 0,4<br />
100 1,8<br />
Quelle: destatis, Angaben für 2009.<br />
9 / 2011<br />
17
geld ^ recht<br />
Mit<br />
dem<br />
Flugzeug<br />
Per Flieger lässt sich der Globus am schnellsten<br />
umrunden. Es gibt drei Möglichkeiten:<br />
1. mit dem Rund-um-die-Welt-Ticket (RTW = Round-The-World-Ticket)<br />
2. die Flüge selbst zusammenstellen<br />
3. eine durchorganisierte Pauschalreise<br />
1. Das Roundthe-World-Ticket<br />
So funktioniert es<br />
• Vorher alle Orte überlegen,<br />
die man anfliegen möchte.<br />
Wichtig: Man legt sich<br />
grundsätzlich im Vorfeld<br />
auf seine gewünschten<br />
Flugplätze fest.<br />
• Dann im Reisebüro den<br />
geplanten Abflugtag und<br />
die Ziele angeben.<br />
• Wann man vom jeweiligen<br />
Ort weiterfliegt, entscheidet<br />
jeder Reisende vor Ort.<br />
Dazu 48 Stunden vor dem<br />
gewünschten Termin beim<br />
RTW-Anbieter anrufen. Das<br />
heißt: Man kann zunächst<br />
eine Teilstrecke fliegen, am<br />
Ankunftsort z. B. eine Woche<br />
bleiben, und dann weiter<br />
zum nächsten geplanten<br />
Ziel fliegen.<br />
• Passend zu der jeweiligen<br />
Wunschstrecke werden<br />
Flugmeilen-Pakete mit<br />
26.000, 29.000, 34.000<br />
oder 39.000 Flugmeilen<br />
(umgerechnet ca. 48.000<br />
bis 72.000 Kilometer;<br />
1 Flugmeile = 1,852 km)<br />
beim jeweiligen RTW-<br />
Anbieter gebucht.<br />
• Je nach Paket sind bei allen<br />
Anbietern zwischen 3 und<br />
15 Stopps möglich.<br />
• Wichtig: Es kann nur in<br />
eine Richtung (Westen oder<br />
Osten) geflogen werden.<br />
• Zwischen Abreise und<br />
Rückkehr müssen mindestens<br />
zehn Tage liegen.<br />
• Jedes RTW ist ab Ausstellungstag<br />
ein Jahr gültig.<br />
Vor- und Nachteile<br />
Flüge müssen nicht einzeln<br />
gebucht werden.<br />
Im Reisebüro wird über<br />
alle nötigen Impfungen<br />
und Einreisebedingungen<br />
(u. a. Visa) informiert.<br />
Nur der erste Abflug ist<br />
exakt terminiert, Weiterflüge<br />
sind flexibel.<br />
Hotels, Visa und Transfers<br />
sind selbst zu organisieren.<br />
Es besteht keine Garantie<br />
auf feste Flugtermine.<br />
Man muss selbst zeitlich<br />
sehr flexibel sein.<br />
Und was kostet es?<br />
• Star Alliance (dazu gehören<br />
u. a. Lufthansa, Swiss),<br />
Preisbeispiel „Round the<br />
World Tarif“: Frankfurt –<br />
Los Angeles – Melbourne<br />
– Singapore – Kairo –<br />
Frankfurt, 24.500 Meilen,<br />
ab 3.000 Euro. Informationen<br />
im Internet:<br />
www.staralliance.com<br />
• One World (u. a. American<br />
Airlines, British Airways),<br />
„Circle Pacific“-Route:<br />
Frankfurt – New York –<br />
Santiago – Sydney – Perth<br />
– Hongkong – New York –<br />
Frankfurt, 35.000 Meilen,<br />
ab 3.600 Euro. Informationen:<br />
www.oneworld.com<br />
• STA-Travel, „Round-the-<br />
World-Klassiker“: Start in<br />
Europa, Hongkong, Auckland,<br />
Samoa und Los Angeles.<br />
Ab 1.400 Euro, mit<br />
Air New Zealand. Informationen:<br />
(0 18 05) 45 64 22,<br />
www.statravel.de<br />
Einmal um die<br />
ganze Welt<br />
Die Erde einmal komplett umrunden, davon träumt<br />
fast jeder, so wie unsere drei Leser. Aber warum<br />
nur träumen? Eine Reise um den Globus ist<br />
einfacher, als man denkt – und billiger. Hier sind ein<br />
paar Ideen für Touren per Flugzeug, Schiff oder Bus.<br />
18 9/ 2011
„Ein einziger<br />
Bilder-Rausch“<br />
extra<br />
2. Flüge selbst zusammenstellen<br />
So funktioniert es<br />
• Wunsch-Reiseliste zuhause mit<br />
allen Flugzielen erstellen.<br />
• Dann via Internet jeden einzelnen<br />
Flug suchen und buchen.<br />
Vor- und Nachteile<br />
Einzeltickets sehr günstig auf<br />
viel beflogenen Strecken.<br />
Jedes Wunschziel möglich.<br />
Flüge lassen sich mit Bahn<br />
oder Bus kombinieren.<br />
Feste Flugtermine.<br />
Keine spontanen Änderungen<br />
der Strecke und Termine (<br />
gerade bei Billig-Fluglinien<br />
hohe Umbuch-Kosten).<br />
Planungsaufwand im Vorfeld<br />
sehr zeitintensiv.<br />
Und was kostet das?<br />
• Beispiel-Route nur mit Billig-<br />
Airlines (u. a. Air Berlin, Aer<br />
Lingus, Tiger Airways): Köln<br />
– Bangkok – Singapur – Perth<br />
– Sydney – Honolulu – San<br />
Francisco – New York – Manchester<br />
– Köln. Etwa 25.000<br />
Meilen, ca. 3.400 Euro (Preise<br />
schwanken tagesaktuell).<br />
In 26 Tagen um die Welt:<br />
Angelika Albers (64)<br />
erfüllte sich mit Mann<br />
Heinz (67) einen Traum.<br />
„Akribisch planten wir jedes Ziel, jeden Ausflug,<br />
jede Sehenswürdigkeit, die wir besuchen<br />
wollten. Ein Jahr lang. Und die Vorfreude<br />
wuchs dabei Tag für Tag. Mit unserer Liste<br />
gingen wir ins Reisebüro und bekamen Flüge<br />
und Hotels – alle 4 Sterne – zu viel günstigeren<br />
Preisen als im Internet. Insgesamt zahlten wir<br />
für die 26-Tage-Tour je 9.200 Euro. Und die<br />
Reise war jeden Cent wert, wie ein einziger<br />
Bilderrausch, einfach unvergesslich.<br />
Mein Tipp: Hotels vorher reservieren.<br />
Wir bekamen so immer einen Shuttle-Service<br />
vom Flughafen ins Hotel.<br />
3. Per Pauschalreise<br />
So funktioniert es<br />
• Ins Reisebüro gehen oder im<br />
Internet im Browser (z. B.<br />
www.google.de) Stichwort<br />
„Weltreise“ eingeben.<br />
• Dann die einzelnen Angebote<br />
prüfen und auswählen.<br />
• Meistens werden Höhepunkte<br />
kompakt in zwei bis drei Wochen<br />
angesteuert.<br />
• Unbedingt ausführlich im<br />
Reisebüro informieren lassen.<br />
Vor- und Nachteile<br />
Alles ist durchorganisiert,<br />
auch Hotels.<br />
Trotzdem genügend Zeit fürs<br />
Erkunden.<br />
Spart Zeit (Planung entfällt).<br />
Meist Gruppen-Reise.<br />
Sonderwünsche häufig nur<br />
schwer erfüllbar.<br />
Keine spontanen Änderungen.<br />
Und was kostet das?<br />
• „Weltreise für Einsteiger/<br />
Südroute“: In 14 Tagen u. a.<br />
nach Los Angeles, Tahiti, Neuseeland<br />
und Hongkong. DZ/F<br />
ab 5.600 Euro.<br />
• „Klassische Weltumrundung“:<br />
In 24 Tagen u. a. Neu-Delhi,<br />
Bangkok, Honolulu, New York.<br />
DZ/F ab 10.600 Euro.<br />
Jeweils ab/bis Frankfurt. Informationen:<br />
(0 89) 55 55 16,<br />
www.gastager-weltreisen.com<br />
9 / 2011<br />
19
geld ^ recht<br />
Mit<br />
dem<br />
Schiff<br />
Ganz bequem<br />
So funktioniert es<br />
• Kreuzfahrten rund um die<br />
Welt werden meist als Pauschalreisen<br />
mit Vollpension<br />
an Bord angeboten.<br />
• Sie dauern stets mehrere<br />
Monate bis zu einem<br />
halben Jahr.<br />
• Häufig sind Transfer-Flüge zu<br />
den Start- und Zielhäfen,<br />
z. B. am Mittelmeer, enthalten.<br />
Vor- und Nachteile<br />
Die gemütlichste Form des<br />
Welt-Umrundens.<br />
Ideal, wenn man sensibel auf<br />
Zeit-Umstellung (den sogenannten<br />
Jetlag) reagiert.<br />
Viele Ausflüge enthalten.<br />
Man kann sehr viel Gepäck<br />
<strong>ohne</strong> Aufpreis mitnehmen.<br />
Festes Zimmer während der<br />
kompletten Reise.<br />
Relativ teuer.<br />
Viel Zeit erforderlich.<br />
Oft ist man tagelang auf See.<br />
Und was kostet das?<br />
• „Klassische Weltumrundung“<br />
auf MS Amadea, Reederei<br />
Phoenix, ab Hamburg: 139<br />
Tage, 69 Häfen, 43 Länder,<br />
5 Kontinente, u. a. Peru, Australien,<br />
Südostasien, arabische<br />
Emirate. Ab 24.000 Euro inkl.<br />
Vollpension. Informationen:<br />
Tel. (09 91) 37 41 19 97 68,<br />
www.kreuzfahrt-sonne.de<br />
• „Luxus Weltreise“ auf MS<br />
Columbus, Hapag Lloyd. Start:<br />
Rio de Janeiro, 175 Tage, u. a.<br />
Oster-Inseln, Neuseeland, Birma,<br />
Indien. Ab 55.000 Euro<br />
inkl. Vollpension. Informationen:<br />
Tel. (0 18 03) 41 21 41,<br />
Internet www.hlkf.de<br />
„30 Menschen – der<br />
gleiche Traum“<br />
Hans-Günther Meyer (71, r.) flog mit<br />
einer Reisegruppe um die Welt, ganz<br />
bequem und perfekt organisiert.<br />
Amazonas<br />
San Francisco<br />
„Ich reise, sooft es geht. Ums bequem zu<br />
haben, buchte ich die Weltreise vor 16<br />
Jahren pauschal. Drei Wochen mit einer<br />
Gruppe von 30 fremden Menschen zu<br />
reisen ist ein Wagnis. Aber die Stimmung<br />
war super, schließlich hatten wir alle den<br />
gleichen Traum. Zu manchen der Mitreisenden<br />
habe ich noch heute Kontakt.“<br />
Mein Tipp: Tagebuch führen, später<br />
Fotos mit Anmerkungen ins Album kleben.<br />
So vergisst man keine Details.<br />
Beliebte<br />
Ziele<br />
Quelle: Destatis.<br />
„So unglaublich<br />
spannend“<br />
Im Wohlfühl-Tempo umrundete<br />
Helene Kocan (64)<br />
aus Pertoldsdorf (bei Wien)<br />
den Globus per Schiff.<br />
„Es gibt echte Schlüsselmomente im<br />
Leben. Bei mir war es, als ich das Plakat<br />
mit dem Kreuzfahrtschiff sah. Ich ging<br />
sofort ins Reisebüro – und genau zwei<br />
Monate später in Rio an Bord. Indianer<br />
am Amazonas zu erleben oder<br />
Katamaran in der Südsee zu fahren und<br />
dabei von einer Delfinherde begleitet zu<br />
werden – das war so berauschend und<br />
bereichernd wie nichts zuvor.“<br />
Mein Tipp: Wer Probleme mit Zeitumstellung<br />
und sich schnell veränderndem Klima hat,<br />
sollte mit dem Schiff um die Welt fahren.<br />
Istanbul<br />
Hongkong<br />
Indien (Taj Mahal)<br />
Bora Bora<br />
Shanghai<br />
Ayers Rock (Australien)<br />
Mit<br />
dem Bus<br />
Für Abenteurer<br />
So funktioniert es<br />
• Ganz klassische Gruppen-<br />
Reise mit dem Bus.<br />
• Die Tour wird mit Transferflügen<br />
zwischen Kontinenten<br />
und Fahrten mit<br />
Fähren ergänzt.<br />
• Gemeinsam werden Aufgaben<br />
an Bord des Busses<br />
erledigt, u. a. Kochen und<br />
Reinigen des Fahrzeugs.<br />
Vor- und Nachteile<br />
Gut für Aufgeschlossene,<br />
die sich in eine Gruppe<br />
integrieren können.<br />
Man erreicht auch Orte<br />
<strong>ohne</strong> Flughafen.<br />
Abenteuerlichste Variante.<br />
40 Mitreisende können<br />
anstrengend werden.<br />
Übernachtung in einfachen<br />
Unterkünften.<br />
Und was kostet das?<br />
• Bustour „Von London nach<br />
Sydney“: 98 Tage, 20 Länder,<br />
drei Kontinente, u. a.<br />
Istanbul, Himalaya-Region,<br />
Bali, Ayers Rock. Ab 5.200<br />
Euro, inkl. Unterkunft,<br />
Frühstück, Transferflüge.<br />
• Bustour „London nach<br />
New York“, Teilstrecken mit<br />
Transsibirischer Eisenbahn<br />
und Kreuzfahrtschiff:<br />
87 Tage, Ziele u. a. Brügge,<br />
Prag, St. Petersburg, Beijing<br />
(China), Vancouver, Niagara-Fälle.<br />
Ab 7.900 Euro.<br />
Informationen (für beide<br />
Reisen): (08 00) 7 31 94 27,<br />
www.oz-bus.com<br />
Foto: Getty Images (1), Shutterstock (3), Privat (3)<br />
20 9/ 2011<br />
Arktis/Antarktis
extra<br />
Dies muss eine<br />
Versicherung wissen<br />
Enkelkinder häufig zu Besuch, das Auto nicht in der Garage,<br />
ein Gerüst am Haus – es gibt viele kleine Dinge, die man einer<br />
Versicherung mitteilen muss, damit die auch wirklich zahlt.<br />
Pflicht zur Nachricht<br />
Diese Details müssen Sie auf jeden Fall mitteilen:<br />
VERSICHERUNG<br />
VORFALL<br />
GRUND FÜR<br />
INFORMATION<br />
HAFTPFLICHT<br />
HAUSRAT<br />
AUTO<br />
Man betreut nachmittags<br />
die Enkelkinder.<br />
Ein Gerüst am Haus wird<br />
aufgestellt und steht<br />
einige Wochen.<br />
Wagen wird nicht mehr<br />
in der Garage geparkt,<br />
obwohl man einen<br />
Garagen-Park-Tarif hat.<br />
höheres Risiko, dass<br />
etwas kaputtgeht<br />
höheres Risiko für<br />
Einbruch und Schäden<br />
in der Wohnung<br />
deutlich höheres<br />
Diebstahl-Risiko<br />
So gehen Sie<br />
konkret vor<br />
• Die „Obliegenheiten“,<br />
so heißen die<br />
Pflichten eines<br />
Versicherungsnehmers,<br />
stehen<br />
im Vertrag. Die<br />
Details unbedingt<br />
durchlesen.<br />
Wer zuhause<br />
regelmäßig seine<br />
Enkel hütet,<br />
muss dies der<br />
Versicherung<br />
melden.<br />
Foto: Getty Images<br />
AUTO<br />
WOHNGEBÄUDE<br />
WOHNGEBÄUDE<br />
HAUSRAT<br />
WOHNGEBÄUDE<br />
HAUSRAT<br />
AUTO<br />
HAUSRAT<br />
Nach gemeldetem Unfall<br />
wird noch ein Bußgeld-<br />
Verfahren eröffnet.<br />
Das Dachgeschoss wurde<br />
ausgebaut.<br />
Zimmerbrand, Einbruch<br />
(zerstörte Fenster) etc.<br />
längere Abwesenheit<br />
(Urlaub, Kur, Klinik)<br />
Das Dach wird ganz oder<br />
teilweise abgedeckt.<br />
Hausumbau, bei dem<br />
an Türen oder Fenstern<br />
zeitweise Provisorien<br />
vorhanden sind<br />
Zweit- oder Drittfahrer<br />
fährt einen, z. B. nach<br />
Beinbruch.<br />
Einbruch<br />
Bußgeld-Verfahren<br />
zeigt Schuld-Frage an.<br />
Wert des Hauses hat<br />
sich verändert.<br />
Wert beziehungsweise<br />
die Substanz des Hauses<br />
hat sich geändert.<br />
höhere Einbruch-<br />
Gefahr<br />
bei Unwetter höhere<br />
Schäden<br />
erhöhte Einbruch-<br />
Gefahr<br />
höheres Risiko, vor<br />
allem wenn Spezial-<br />
Tarif gewählt wurde<br />
gestohlene Kredit-<br />
& EC-Karten melden<br />
und diese sperren,<br />
um Schäden<br />
zu vermindern<br />
• Tritt ein meldepflichtiger<br />
Fall<br />
ein, reicht in der<br />
Regel ein Anruf<br />
bei der Versicherung<br />
bzw. dem<br />
Vertreter vor Ort.<br />
Noch besser ist<br />
eine kurze E-Mail.<br />
• Auf den Versicherungsbeitrag<br />
haben solche<br />
zeitlich begrenzten<br />
Dinge keinen<br />
Einfluss.<br />
• Ganz wichtig<br />
ist schließlich,<br />
sich bei Schäden<br />
exakt an<br />
die Vorgabe des<br />
Versicherers zu<br />
halten – auch das<br />
gehört zu den<br />
Obliegenheiten.<br />
9 / 2011<br />
21
Sie haben Fragen? <strong>plus</strong>-Experten<br />
Haben Sie Fragen zu Rente, Steuern, Versicherungen,<br />
Altersvorsorge oder Finanzen? Schreiben Sie uns einfach!<br />
<strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong>, Geld & Recht, Lindenstraße 20,<br />
50674 Köln, E-Mail: <strong>plus</strong>magazin@bayard-media.de<br />
45 Beitragsjahre<br />
Ich bin am 5. 12. 1949 geboren. Der Versicherungsverlauf<br />
ist lückenlos und beginnt<br />
am 1. 9. 1966 und endet am 31. 12. 2011 mit<br />
62. Ich habe am 31. 12. 2003 einen Altersteilzeit-Vertrag<br />
geschlossen. Die Altersteilzeit<br />
begann am 1. 1. 2008, endet am<br />
31. 12. 2011 (4 Jahre Laufzeit), 2 Jahre<br />
aktiv 83 % für 100 % Arbeitsleistung und<br />
2 Jahre passiv (Freizeit) im Blockmodell.<br />
Laut Renten-Auskunft gibt es die Altersrente<br />
für besonders langjährig Versicherte.<br />
Die Wartezeit beträgt 45 Jahre<br />
Pflichtbeitragszeit. Diese Wartezeit habe<br />
ich bis 31. 12. 2011 erfüllt. Da ich aber zu<br />
diesem Zeitpunkt erst vollendet 62 Jahre<br />
alt bin, gibt es einen Renten-Abschlag in<br />
Höhe von 10,8 % lebenslang, obwohl ich<br />
45 Jahre Pflichtbeiträge eingezahlt habe.<br />
In einer TV-Sendung hörte ich, dass jeder,<br />
der 45 Jahre Pflichtbeiträge eingezahlt<br />
hat, <strong>ohne</strong> Abschläge in die Rente gehen<br />
kann, egal ob man 62 oder 65 ist. Muss<br />
ich die 10,8 % Abschlag hinnehmen?<br />
Manfred Baum, Ranis<br />
Ja. Die von Ihnen geschilderte<br />
Regel aus dem Fernsehen, wonach<br />
jeder in eine ungekürzte Rente<br />
gehen kann, sobald er 45 Beitragsjahre<br />
voll hat, gibt es in Deutschland<br />
leider nicht. Da müssen Sie<br />
den Experten, auf den Sie sich beziehen,<br />
falsch verstanden haben.<br />
Wahrscheinlich hat der Experte die<br />
Rente für besonders langjährig<br />
Versicherte gemeint. Sie wird ab<br />
dem Jahr 2012 im Zusammenhang<br />
mit der „Rente mit 67“ eingeführt.<br />
Wer mindestens 45 Jahre lang<br />
Pflichtbeiträge eingezahlt hat, erhält<br />
dann auch weiterhin mit dem<br />
65. Lebensjahr die Rente <strong>ohne</strong><br />
Rentenabschlag und muss nicht bis<br />
67 arbeiten. <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong> hat auf<br />
diese Regel mehrfach hingewiesen.<br />
Arbeitslos nach Teilzeit?<br />
Ich habe gerade Ihr <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong> gekauft und darin<br />
gelesen, dass man sich arbeitslos melden kann, um den<br />
Abschlag zu reduzieren. Darin schreiben Sie, dass jedem<br />
Arbeitslosen über 58 eine 24-monatige Arbeitslosenzeit<br />
zusteht. Nun meine Frage: Ich bin mit 55 in Altersteilzeit<br />
gegangen und nun seit meinem 60. Geburtstag arbeitslos.<br />
Als ich mich damals Arbeit suchend gemeldet habe,<br />
wurde mir vom Arbeitsamt mitgeteilt, dass ich ja eigentlich<br />
im Anschluss an meine Altersteilzeit in Rente hätte<br />
gehen sollen. Aus diesem Grund bekäme ich eine 3-monatige<br />
Sperre sowie 18 Monate Arbeitslosengeld, was<br />
bedeutet, dass ich nur 21 Monate arbeitslos bin. Ich<br />
möchte nun wissen, ob dies so richtig ist oder ob mir<br />
nicht auch diese 24 Monate zustehen.<br />
Monika Bach, per E-Mail<br />
Leider handhaben die Arbeitsagenturen das<br />
Thema „Arbeitslosigkeit nach Altersteilzeit“ sehr<br />
unterschiedlich. Wir können in diesem Zusammenhang<br />
lediglich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts<br />
verweisen. Demnach dürfen Arbeitnehmer,<br />
die nach einer Altersteilzeit nicht sofort<br />
in Rente gehen, auch wieder Arbeitslosengeld<br />
beantragen, müssen aber mit einer sogenannten<br />
Sperrzeit von zwölf Wochen rechnen.<br />
Während der Freistellungsphase der Altersteilzeit<br />
ist aber ein Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />
ausgeschlossen. (Az. B 7 AL 6/08 R). Warum<br />
Ihnen die Arbeitsagentur nur für 18 Monate<br />
Arbeitslosengeld zahlt, können wir nicht einschätzen.<br />
Sie sollten dort also zunächst nach<br />
einer Begründung fragen.<br />
Steuer bei Pflege<br />
In Ihrem Artikel ist ein Rundschreiben<br />
zitiert. Leider fehlt die Quellenangabe.<br />
Manfred Bauer, per E-Mail<br />
Es handelt sich um das Anwendungsschreiben<br />
des Bundesministeriums<br />
für Finanzen (BMF) vom<br />
15. 02. 2010 IV C 4 – S 2296<br />
b/07/0003, das sich mit den<br />
haushaltsnahen Dienstleistungen<br />
beschäftigt: Steuerermäßigung<br />
§ 35a Einkommensteuergesetz<br />
für selbstständige Haushaltshilfen<br />
(zum Beispiel Putzdienst)<br />
für angestellte Haushaltshilfen<br />
mit Minijob (Haushaltsscheck)<br />
für angestellte Haushaltshilfen<br />
mit Sozialversicherung<br />
für Pflege- und Betreuungsleistungen<br />
durch Fremdpersonen/<br />
Pflegedienst<br />
für Pflege- und Betreuungsleistungen<br />
durch Angehörige<br />
Pflege im Ausland<br />
was ist nicht begünstigt<br />
wer ist nicht begünstigt<br />
Pflegepauschbetrag § 33b Absatz<br />
6 Einkommensteuergesetz<br />
Das Anwendungsschreiben ist für<br />
die Finanzämter bestimmt, die die<br />
gesetzlichen Regeln möglichst einheitlich<br />
anwenden sollen. Es ist<br />
auf der Internet-Seite des Bundesfinanzministeriums<br />
abrufbar:<br />
http://www.bundesfinanzministerium.<br />
de/nn_54010/DE/BMF__Startseite/<br />
Aktuelles/BMF__Schreiben/Veroffentlichungen__zu__Steuerarten/einkommens<br />
teuer/112__a,templateId=raw,property=p<br />
ublicationFile.pdf<br />
Unabhängige Rentenberater vermittelt<br />
deren Bundesverband in Köln:<br />
(02 21) 2 40 66 42,<br />
Internet: www.rentenberater.de<br />
WICHTIG<br />
Wir können Anfragen nur schriftlich (Brief, Fax, E-Mail)<br />
beantworten, leider nicht telefonisch.<br />
22 9 / 2011
antworten<br />
Gabriele Prasser<br />
Steuerberaterin,<br />
Nürnberg<br />
Lars Gatschke<br />
Verbraucherzentrale<br />
Bundesverband<br />
Martin Reißig<br />
Rentenberater,<br />
Hamburg<br />
Wolfgang Wawro<br />
Steuerberaterbund,<br />
Berlin<br />
Karlheinz Große<br />
Bundesverband der Betriebsrentner,<br />
Wiesbaden<br />
Unterhalt<br />
DIE SCHNELLE<br />
ANTWORT<br />
Fotos: privat<br />
Aus Ihrem Artikel „75 % der Scheidungsurteile<br />
sind falsch“ geht<br />
hervor, dass bereits abgezogene<br />
Ausgleichszahlungen wieder zurückerstattet<br />
werden können, wenn der<br />
Berechtigte innerhalb der 36-Monats-Frist<br />
verstirbt. Ich wurde<br />
1990 geschieden und zum Versorgungsausgleich<br />
gegenüber meinem<br />
Ex-Mann verpflichtet. Seit 2001 bin<br />
ich in Pension und mir wurde monatlich<br />
der Ausgleich abgezogen.<br />
Mein Mann verstarb im November<br />
2009 innerhalb der 36-Monats-<br />
Frist. Eine Aussetzung der Kürzung<br />
konnte ich erwirken. Kann ich auch<br />
die Beiträge zurückfordern, die ich<br />
2001 bis 2009 abgezogen bekam?<br />
Charlotte Keller, Alsbach<br />
In § 37 des Versorgungsausgleichsgesetzes<br />
steht: „Ist die<br />
ausgleichsberechtigte Person<br />
gestorben, so wird ein Anrecht<br />
der ausgleichspflichtigen Person<br />
auf Antrag nicht länger<br />
auf Grund des Versorgungsausgleichs<br />
gekürzt. Beiträge,<br />
die zur Abwendung der Kürzung<br />
oder zur Begründung<br />
von Anrechten zugunsten der<br />
ausgleichsberechtigten Person<br />
gezahlt wurden, sind unter<br />
Anrechnung der gewährten<br />
Leistungen an die ausgleichspflichtige<br />
Person zurückzuzahlen.“<br />
Sie müssen sich an<br />
das Familiengericht wenden<br />
und dort die Abänderung des<br />
Versorgungsausgleichs beantragen.<br />
Dort erfahren Sie, ob<br />
der Paragraf auf Sie zutrifft.<br />
Wir können Ihnen leider keinen<br />
weitergehenden rechtlichen<br />
Rat geben.<br />
Günstiger Öko-Strom<br />
Zunächst herzlichen Dank für den interessanten<br />
Preisvergleich der Kosten für Öko-Strom. Ich kann<br />
diesen Vergleich allerdings nicht nachvollziehen, da<br />
aus der Tabelle nicht zu erkennen ist, um welche<br />
Kosten es sich handelt. Sind dies Brutto- oder Nettopreise?<br />
(Mehrwertsteuer) Sind es Arbeitspreise oder<br />
enthalten die Kosten auch Grundpreise und Stromsteuer?<br />
Ich bin derzeit bei der KEW Neunkirchen<br />
(PLZ 0 66578) unter Vertrag mit dem Tarif „KEW<br />
Privatstrom Online“, mein Verbrauch lag 2010 bei<br />
4 701 kWh. Die Strompreise von Neunkirchen und<br />
Saarbrücken sind ähnlich. Ab 01. 10. 2011 beträgt der<br />
Grundpreis 105,00 Euro und der Arbeitspreis 20,36<br />
Euro. Hinzu kommt noch die Stromsteuer (bis dahin<br />
2,05 Euro je kWh).<br />
Dieter Eickhoff, per E-Mail<br />
In unserem Preisvergleich der Kosten für<br />
Öko-Strom aus der Juli-Ausgabe handelt es<br />
sich um die Endpreise inklusive der Mehrwertsteuer.<br />
Verglichen wurden die gesamten<br />
Kosten, also mit Grundpreisen und Stromsteuer.<br />
Über Flexstrom liegt der aktuelle<br />
Jahrespreis für Ihren Wohnort komplett bei<br />
615,04 Euro – das sind deutlich weniger als<br />
bei Ihrem bisherigen Versorger.<br />
EU-Rente<br />
Ich bin am 30. März 1951<br />
geboren und beziehe<br />
seit 1996 eine EU-Rente (GdB<br />
70). Wann erhalte ich<br />
Altersrente <strong>ohne</strong> Abschlag?<br />
Sigrid Belz, per E-Mail<br />
Ideal für Sie ist die Rente wegen<br />
Schwerbehinderung.<br />
Diese (nur auf Antrag) erhalten<br />
Sie mit 10,8 %-Abschlag ab 60<br />
und abschlagsfrei ab 63.<br />
Mit Abschlag in Rente<br />
Ich bin am 1. 3. 1952<br />
geboren, möchte 2012 in<br />
Rente. Nach meiner<br />
Renteninformation bekäme<br />
ich (wenige Arbeitsjahre)<br />
nur 150 Euro. Kann ich<br />
2012 mit Abschlag in Rente?<br />
Wilfried Eigner, per E-Mail<br />
Ja, Sie können zum<br />
1. April 2012 mit Abschlägen<br />
in Rente gehen.<br />
Diabetes<br />
Sie berichten von einem<br />
Urteil, bei dem ein insulinspritzender<br />
Diabetiker<br />
unter Umständen<br />
früher in Rente gehen<br />
kann. Leider ist das<br />
Aktenzeichen des Urteils<br />
nicht angegeben.<br />
Achim Karsti, per E-Mail<br />
Es gibt ein Urteil vom<br />
Düsseldorfer Landgericht<br />
(Az. S 31 SB 388/01). Demnach<br />
ist bei einem Diabetiker,<br />
der mindestens 2 Mal täglich<br />
Insulin spritzt, ein GdB<br />
von 50 % anzusetzen. Mit einem<br />
solchen GdB ist der Zugang<br />
zu einer Schwerbehindertenrente<br />
möglich.<br />
Aus rechtlichen Gründen dürfen unsere Experten nur allgemeine Hinweise geben. Bei konkreten Problemen wenden Sie sich direkt an<br />
Beratungsstellen der Verbraucherverbände, der Rentenversicherung oder einen Steuerberater bzw. Rechtsanwalt in Ihrer Nähe.<br />
9 / 2011<br />
23
24 Seiten Extra<br />
<br />
Hunderte Euro zurückholen<br />
<br />
Schützen<br />
Sie Ihr Recht<br />
ZU VIEL GEZAHLTE BEITR ÄGE HOLEN<br />
Rechtskräftigen<br />
Bescheid ändern<br />
Auch wer über Jahre Beiträge an die<br />
Krankenkasse aus einer Direktversicherung<br />
zahlte, kann das Geld zurückholen.<br />
Der Bund der Versicherten<br />
schätzt, 1.<br />
dass in den letzten<br />
Jahren von Zehntausenden<br />
Rentnern zu<br />
Unrecht Beiträge für<br />
eine ausgezahlte Direktversicherung<br />
von<br />
den Krankenkassen<br />
erhoben wurden (siehe<br />
auch Seite 4). Und<br />
trotz des Urteils des<br />
Bundesverfassungsgerichts<br />
weigern sich<br />
immer noch viele Krankenkassen,<br />
das Urteil<br />
anzuerkennen und<br />
zu viel eingezogene<br />
Beiträge zurückzuerstatten.<br />
Deshalb sollte jeder,<br />
der auf eine 2.<br />
ausgezahlte Direktversicherung<br />
zusätzliche<br />
Krankenkassen-Beiträge<br />
zahlt, prüfen, ob das<br />
neue Urteil des Verfassungsgerichts<br />
zutrifft.<br />
Entscheidende Details<br />
sind, dass die Versicherung<br />
irgendwann übernommen<br />
und Beiträge<br />
eingezahlt wurden.<br />
Und dass der Vertrag,<br />
z. B. beim Ausscheiden<br />
aus dem Betrieb, von<br />
einem selbst übernommen<br />
wurde.<br />
Damit man Kran-<br />
3. kenkassen-Beiträ-<br />
ge zurückerhält, ist<br />
ferner notwendig, dass<br />
die Versicherung den<br />
Kapitalwert der Police<br />
zum Zeitpunkt des<br />
Übergangs (vom Arbeitgeber<br />
auf den Arbeitnehmer)<br />
bestätigt.<br />
Denn nur auf den vom<br />
Arbeitgeber eingezahlten<br />
Teil sind Krankenkassen-Beiträge<br />
auch<br />
noch erlaubt.<br />
Zahlt man schon<br />
4. jahrelang Beiträge<br />
an die Krankenkasse<br />
und ist man vom Verfassungsurteil<br />
betroffen,<br />
dann sollte man<br />
einen Überprüfungsantrag<br />
(siehe Muster<br />
rechts) stellen.<br />
Dies geht selbst dann,<br />
wenn die eigentliche<br />
Frist zum Widerspruch<br />
schon verstrichen ist.<br />
An die<br />
Krankenkasse<br />
Straße<br />
PLZ / Ort<br />
Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X<br />
Meine Mitglieds-/Versichertennummer:<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
mit Ihrem Bescheid vom<br />
(Datum eintragen)<br />
legen Sie fest, dass auf meine ausgezahlte<br />
Direktversicherung Beiträge erhoben werden. Inzwischen<br />
hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt<br />
(Az. 1 BvR 1660/08), dass für den Teil<br />
einer Direktversicherung, den man privat eingezahlt<br />
und vom Arbeitgeber übernommen hat, keine<br />
Sozialbeiträge erhoben werden dürfen. Eine<br />
entsprechende Kapitalwert-Aufstellung zum Zeitpunkt<br />
des Übergangs des Versicherungsvertrags<br />
auf mich habe ich beigefügt.<br />
Hiermit beantrage ich deshalb die Überprüfung<br />
des obigen Bescheids und das Zurückzahlen der<br />
zu Unrecht erhobenen Beiträge. Bitte überweisen<br />
Sie diese Beträge auf mein Konto<br />
bei<br />
der<br />
(hier Bank und BLZ eintragen). Ich<br />
erwarte Ihre Rücküberweisung bis zum<br />
(Frist vier Wochen).<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Absender:<br />
Vorname / Name<br />
Straße<br />
PLZ / Ort<br />
Ort, Datum<br />
Anlage: Kapitalwert-Aufstellung der<br />
Versicherung (in Kopie)<br />
24 Seiten Extra<br />
Oktober 2011<br />
geld^recht<br />
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24 9 / 2011
»Wir können<br />
den Wind nicht<br />
ändern, aber<br />
die Segel anders<br />
setzen.«<br />
ARISTOTELES<br />
39. Kalenderwoche<br />
26 Mo Schüchternheit ist ein<br />
Fehler, den man nicht<br />
tadeln darf, wenn<br />
man ihn heilen will.<br />
UNBEKANNT<br />
38. Kalenderwoche<br />
19 Mo Zu den allerschönsten<br />
Dingen zählt die Freude,<br />
Freude zu bringen.<br />
UNBEKANNT<br />
20 Di Viele, verschieden<br />
gestimmte Saiten geben<br />
erst Harmonie.<br />
FREIHERR VON EICHENDORFF<br />
21 Mi Haben und nicht geben<br />
ist manchmal<br />
schlimmer als stehlen.<br />
UNBEKANNT<br />
22 Do Ein Sonnenstrahl kann<br />
einen anderen Menschen<br />
aus mir machen.<br />
HUGO VON HOFMANNSTHAL<br />
27 Di Ein schönes Leben<br />
kann nur haben, wer<br />
aufhört, sich ein besseres<br />
zu wünschen.<br />
GEORGES BERNANOS<br />
28 Mi Halte dich nicht damit<br />
auf, deine Schwächen<br />
zu korrigieren. Setze<br />
auf deine Stärken.<br />
UNBEKANNT<br />
29 Do Die Wichtigkeit der<br />
Gegenwart wird selten<br />
sofort erkannt, sondern<br />
erst viel später.<br />
ARTHUR SCHOPENHAUER<br />
30 Fr Man klagt so sehr bei<br />
jedem Schmerz und<br />
freut sich so selten,<br />
wenn man keinen fühlt.<br />
GEORG CHRISTOPH<br />
LICHTENBERG<br />
23 Fr Es sind die kleinen Abenteuer,<br />
die unser Leben<br />
so großartig machen.<br />
UNBEKANNT<br />
24 Sa Ein wahrer Freund ist der,<br />
der deine Hand nimmt,<br />
aber dein Herz berührt.<br />
UNBEKANNT<br />
25 So Man kann die Uhr zurückdrehen,<br />
aber nicht die Zeit.<br />
GEORG CHRISTOPH<br />
LICHTENBERG<br />
5/2010 9/2011 55
Meine Lese-Tipps<br />
2<br />
4<br />
1<br />
Anrührend<br />
Pflanzen werden<br />
zu Liebesboten<br />
Aufwühlend<br />
Eine Familie gerät in<br />
den Sog der Gewalt<br />
Wenn Blumen die besten<br />
Freunde sind, eine Mutter ihre<br />
Söhne in Beziehungs fragen<br />
belehrt und am Ende doch die<br />
Liebe siegt – dann ist<br />
der Sommer da und Lesen<br />
wird zum Vergnügen.<br />
Liebevoll<br />
Immer Ärger mit den<br />
Schwiegertöchtern<br />
3<br />
Bezaubernd<br />
Gefühls-Wirrwarr in<br />
Zeiten des Krieges<br />
TIPP<br />
DES<br />
MONATS<br />
1 Magie des<br />
Mistelzweigs<br />
Die Sprache der<br />
Blumen benutzten<br />
Romantiker im 19. Jahrhundert,<br />
um geheime<br />
Botschaften zu versenden.<br />
Dass rote Rosen<br />
für Liebe stehen, ist<br />
überliefert. Doch was<br />
lässt sich mit Maiglöckchen<br />
und Lilien<br />
sagen? Viktoria kennt<br />
alle Bedeutungen und<br />
mag Pflanzen lieber als<br />
Menschen. Das ändert<br />
sich, als sie Grant<br />
kennenlernt. Der<br />
steckt ihr einen<br />
Mistelzweig zu.<br />
Weiß der Kerl,<br />
dass er damit<br />
„Ich überwinde<br />
alle Hürden“ sagt?<br />
Keine Kitsch-Romanze,<br />
sondern die tief bewegende<br />
Geschichte eines<br />
traurigen Menschen,<br />
den die Liebe zur Natur<br />
rettet. Was für eine<br />
wunderschöne Idee.<br />
Vanessa Diffenbaugh: Die<br />
verborgene Sprache der<br />
Blumen, Droemer, 19,99 Euro<br />
2 Wer hasst die<br />
kleine Prunella?<br />
Am ersten Weihnachtstag<br />
wacht die 14-jährige<br />
Prunella mit schweren<br />
Verletzungen auf: Sie<br />
erinnert sich nicht,<br />
was am Abend zuvor<br />
passiert ist. Eltern und<br />
Geschwister sind entsetzt<br />
und hilflos. Nur<br />
Großmutter Millicent<br />
behält die Nerven. Und<br />
entwickelt ungeahnte<br />
Kräfte ... Vorsicht: Diese<br />
Geschichte kommt erst<br />
ganz harmlos daher<br />
und wird dann richtig<br />
schön finster!<br />
Mary Stanley: Aus nächster<br />
Nähe, Knaur-Tb, 9,95 Euro<br />
3 Alte Liebe<br />
neu entflammt<br />
Léon und Louise<br />
begegnen einander<br />
1918 in einem Dorf, in<br />
das sie der 1. Weltkrieg<br />
verschlagen hat. Sie<br />
verlieben sich, bis ein<br />
Bombenangriff die<br />
Romanze beendet.<br />
Nach zehn Jahren<br />
treffen sie sich wieder.<br />
Doch Léon ist verheiratet.<br />
Capus’ elegante<br />
Sprache sprüht vor<br />
feinem Witz. Und das<br />
Beste: Er hat wirklich<br />
etwas zu erzählen.<br />
Das ist selten bei<br />
modernen Dichtern.<br />
Alex Capus: Léon und Louise,<br />
Hanser, 19,90 Euro<br />
4 Rachel im<br />
Familien-Stress<br />
Rachel hat drei erwachsene<br />
Söhne. Doch so<br />
stolz sie auf ihre wohlgeratenen<br />
Sprösslinge<br />
ist, so schwer tut sie<br />
sich mit ihren Schwiegertöchtern.<br />
Die jungen<br />
Frauen sind heute<br />
so schrecklich eigenwillig!<br />
Keiner beschreibt<br />
familiäre Reibereien so<br />
treffend und liebevoll<br />
wie Joanna Trollope.<br />
Ein großartiges Buch!<br />
Joanna Trollope:<br />
Schwiegertöchter, Bloomsbury,<br />
19,90 Euro<br />
Foto:Archiv (1), Klaus E. Haun (4)<br />
ELKE SERWE STELLT IHNEN JEDEN MONAT HERAUSRAGENDE BÜCHER VOR.<br />
56 9 / 2011
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Gut 11 Mio. Menschen erhalten<br />
jährlich eine Narkose. Und jedes<br />
Mal ist es ein kleines Wunder:<br />
Man spürt nichts von der OP und<br />
ist danach hoffentlich wieder<br />
gesund. Damit dies so ist, kann<br />
jeder selbst viel tun:<br />
1<br />
2<br />
3<br />
RICHTIG VORBEREITEN<br />
WÄHREND DER OP<br />
DANACH SCHNELL ERHOLEN<br />
9 / 2011<br />
61
1 Vor der Narkose<br />
Auch Sie können viel dafür tun, damit eine OP sicher und<br />
optimal verläuft. Ganz wichtig: sich gewissenhaft<br />
vorbereiten. Hier die wichtigsten Schritte zum Abhaken:<br />
GUT ZU WISSEN<br />
Selbst<br />
wählen<br />
Bestens<br />
vorbereitet<br />
in den OP!<br />
Für Vollnarkosen<br />
gibt es<br />
immer handfeste<br />
medizinische<br />
Gründe, z. B.<br />
eine lange<br />
OP-Dauer.<br />
Doch bei den<br />
anderen Verfahren<br />
kann<br />
man oft selbst<br />
mitreden, ob<br />
man den Eingriff<br />
bei Bewusstsein<br />
miterleben<br />
oder lieber im<br />
Dämmerschlaf<br />
verbringen<br />
möchte.<br />
✗<br />
✗<br />
Mit Arzt sprechen<br />
Der Narkosearzt<br />
klärt, ob es<br />
Beschwerden gibt,<br />
die er beachten<br />
muss, z. B. Diabetes,<br />
Bluthochdruck,<br />
Lungenprobleme.<br />
Ehrlich sein<br />
Medikamente, Nikotin,<br />
Alkohol können<br />
die Narkose stark<br />
beeinflussen, deshalb<br />
alle Fragen (auch<br />
nach Mengen!) ehrlich<br />
beantworten.<br />
• Bildschirm zeigt<br />
Blutdruck, Puls,<br />
Herzrhythmus und<br />
Sauerstoffgehalt<br />
des Blutes, Körpertemperatur<br />
an.<br />
✗<br />
✗<br />
• Beatmungsgerät<br />
pumpt Atemluft über eine<br />
Atemmaske oder einen<br />
Beatmungsschlauch<br />
in die Lungen; misst,<br />
wie viel Kohlendioxid die<br />
Atemluft enthält.<br />
Formular ausfüllen<br />
Mit dem Fragebogen<br />
klärt der Arzt noch<br />
mal schriftlich alle<br />
Risikofaktoren ab.<br />
Auch hier: ehrlich<br />
sein! Selbst wenn<br />
etwas peinlich ist,<br />
z. B. dass man kürzlich<br />
Potenzmittel<br />
genommen hat.<br />
Vorher nichts essen<br />
Sechs Stunden<br />
vorher nichts mehr<br />
essen, zwei Stunden<br />
davor nichts trinken,<br />
✗<br />
✗<br />
damit Nahrungsreste<br />
nicht wieder hochkommen<br />
und in die<br />
Luftröhre gelangen<br />
können.<br />
Medizin angeben<br />
Der Anästhesist<br />
sagt, welche Medikamente<br />
man weiternehmen<br />
soll, weil<br />
sie für einen stabilen<br />
Zustand sorgen.<br />
Zahnprothese raus!<br />
Wenn der Anästhesist<br />
z. B. einen<br />
Schlauch zum Beatmen<br />
einführen muss,<br />
könnte die Prothese<br />
sonst im Weg sein<br />
oder beschädigt<br />
werden.<br />
Arbeitsplatz eines Anästhesisten<br />
✗<br />
✗<br />
✗<br />
✗<br />
Ringe abnehmen<br />
Grund: Die Finger<br />
können während<br />
der Narkose stark<br />
anschwellen und<br />
sogar die Blutzufuhr<br />
abschnüren.<br />
Kontaktlinsen raus!<br />
Auch die Brille<br />
abnehmen, weil sie<br />
theoretisch brechen<br />
und so verletzen<br />
könnte. Und die Kontaktlinsen<br />
könnten<br />
verrutschen.<br />
Kein Make-up<br />
Auch keinen Nagellack<br />
verwenden.<br />
Denn: Die Farbe von<br />
Haut und Nägeln ist<br />
für den Narkosearzt<br />
sehr wichtig, um<br />
Ihren Zustand während<br />
der OP zu<br />
beurteilen.<br />
Hörgerät bleibt drin<br />
Die Gefahr, sich an<br />
dem Gerät zu verletzen,<br />
besteht nicht.<br />
Es ist sogar wichtig,<br />
damit man kurz vor<br />
und nach der OP<br />
im Aufwachraum<br />
ansprechbar ist.<br />
• Kontroll-Monitore für<br />
Hirnströme überwachen,<br />
ob man Schmerzen<br />
empfindet oder bei<br />
Bewusstsein ist. Auch<br />
anhand körperlicher<br />
Anzeichen wie Schweißund<br />
Tränenbildung sowie<br />
der Reflexe kann der<br />
Anästhesist die Narkosetiefe<br />
beurteilen.<br />
• Für Notfälle wie<br />
gravierende Herzrhythmus-<br />
Störungen liegt hier ein<br />
Defibrillator bereit.<br />
62 9 / 2011
Während der Narkose<br />
2<br />
LOKAL-<br />
ODER VOLL-<br />
NARKOSE?<br />
OFT HAT MAN<br />
DIE WAHL.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
Welche Narkose bei welcher OP?<br />
Die Übersicht zeigt, von den zehn häufigsten OPs in Deutschland<br />
werden sieben in der Regel bei Vollnarkose gemacht.<br />
1 2 3 4 5 6<br />
Augen, grauer Star<br />
✓<br />
Darm, Entfernen bösartiger Tumore, Blinddarm ✓<br />
Galle, Gallenblase entfernen ✓<br />
Knie, Hüftgelenk, künstliches Gelenk ✓ ✓ ✓<br />
Hand, Ellenbogen ✓ ✓ ✓<br />
Krampfadern<br />
✓ ✓<br />
Leiste, weiche Leiste/Bruch ✓ ✓<br />
Lendenwirbelsäule, Bandscheibenvorfall ✓<br />
Oberschenkel, Bruch ✓ ✓<br />
Wundversorgung, z. B. bei Dekubitus<br />
Vollnarkose<br />
• Mit Gas oder Spritze wird man in schlafähnlichen Zustand versetzt.<br />
• Schmerzgefühl und Erinnerungen sind ausgeschaltet.<br />
• Manchmal werden Muskelfunktionen und Reflexe unterdrückt.<br />
• Man kann nicht selbstständig atmen und wird künstlich beatmet.<br />
Plexus-Anästhesie<br />
• ausschließlich bei OPs an Schulter, Arm oder Hand<br />
• Dazu wird ein Betäubungsmittel in der Region der Achseln in das<br />
dortige Nervengeflecht gespritzt.<br />
• Kombination mit Dämmerschlaf möglich<br />
Peridural-Anästhesie (PDA)<br />
• Für Eingriffe abwärts des Schlüsselbeins<br />
• Über einen Katheter werden Nervenfasern beim Rückenmark betäubt.<br />
• Kombination mit Dämmerschlaf ist möglich.<br />
• Katheter kann bleiben, falls nach OP starke Schmerzen kommen.<br />
Spinal-Anästhesie<br />
• Bevorzugt für OPs unterhalb des Nabels. Ablauf ähnlich wie bei PDA.<br />
• wirkt schneller als PDA (innerhalb ca. 3–5 Minuten)<br />
• Kombination mit Dämmerschlaf möglich<br />
• nicht für lange Schmerztherapie geeignet, wirkt nur 3–4 Stunden<br />
Lokale Betäubung<br />
• bei kleinen, wenig schmerzhaften Eingriffen, etwa an Hand oder Haut<br />
• Arzt spritzt Betäubungsmittel in Nerven rund um den Ort der OP.<br />
• Vorteil: Belastet den Kreislauf nicht, der Patient ist danach sehr<br />
schnell wieder mobil.<br />
Dämmerschlaf<br />
• wird oft zusammen mit PDA oder Spinal-Anästhesie und bei wenig<br />
schmerzhaften Eingriffen eingesetzt<br />
• Schmerzmittel mit Schlaf- oder Beruhigungsmittel kombiniert<br />
• Arzt kann Sauerstoff oder Kreislauf-Medikamente geben.<br />
✓ ✓<br />
240 Minuten –<br />
und Sie<br />
spüren nichts!<br />
Steht z. B. eine OP an der<br />
Gebärmutter an, gibt<br />
die Schwester zuerst ein<br />
Beruhigungsmittel. Sie legt<br />
einen Zugang in eine<br />
Vene, über den später<br />
Medikamente und Infusionen<br />
gegeben werden.<br />
<br />
Vor dem OP-Saal Wechsel<br />
auf den OP-Tisch.<br />
Viele sind jetzt durch das<br />
Beruhigungsmittel schon<br />
im Dämmerschlaf.<br />
Anästhesist gibt starkes<br />
Einschlafmittel, das in 20<br />
bis 30 Sekunden wirkt.<br />
Zusätzlich bekommt man ein<br />
Narkose-Mittel,<br />
das Schmerzempfinden und<br />
Bewusstsein ausschaltet.<br />
<br />
Anästhesist verabreicht<br />
Mittel, das die Kehlkopfmuskeln<br />
kurz entspannt.<br />
Dadurch lässt sich der<br />
Beatmungsschlauch leichter<br />
einführen. Über ihn<br />
erhält man auch weiteres<br />
Narkotikum.<br />
<br />
Mit einem Katheter wird<br />
die Blase entleert.<br />
Die Chirurgen beginnen<br />
ihre Arbeit.<br />
<br />
9 / 2011<br />
63
3 Nach der Narkose<br />
Gutes für die<br />
Gesundheit<br />
In Apotheken und Drogerien gibt es<br />
eine Vielzahl guter, frei verkäuflicher<br />
Mittel, die Sie fit und gesund halten.<br />
GUT FÜR NASE, NEBENHÖHLE & BRONCHIEN<br />
Eine gewöhnliche Erkältung – auch eine „Sommergrippe“<br />
– ist, wenn sie richtig behandelt wird, im<br />
Normalfall nicht weiter bedenklich. Kommt es aber<br />
im Kopf und in der Stirnhöhle oder in den Bronchien<br />
dauerhaft zur Schleimbildung, kann dies einen idealen<br />
Nährboden für Bakterien bilden. Die Erkältung<br />
setzt sich fest und aus einer einfachen Erkältung<br />
kann sich eine schwerwiegendere Entzündung der<br />
Atemwege entwickeln. In Nase und Stirn äußert<br />
sich das in Form unangenehmen „Kopfdrucks“, in<br />
Hals und Brust vor allem durch schmerzhaftes<br />
Einatmen. Ein freies Durchatmen ist kaum noch<br />
möglich. Hier hilft gut Soledum mit reinem Cineol,<br />
einem Extrakt aus Eukalyptus-Blättern. Schon kurz<br />
nach Einnahme<br />
durchströmt es<br />
mit der Atemluft<br />
die gesamten<br />
Luftwege und<br />
befreit.<br />
Fotos: PR<br />
24 Stunden<br />
nicht ans Steuer<br />
Wie man sich<br />
nach einer<br />
Narkose schnell<br />
wieder erholt?<br />
Anästhesist<br />
Jan-Peter Jansen,<br />
Leiter des Berliner<br />
Schmerzzentrums,<br />
hat wichtige<br />
Tipps für Sie.<br />
Herr Dr. Jansen, wann<br />
ist man nach einer<br />
Narkose wirklich wieder<br />
klar im Kopf?<br />
JANSEN Das kommt natürlich<br />
auf die Art und die<br />
Dauer der Narkose an. Bei<br />
kleineren Eingriffen <strong>ohne</strong><br />
Vollnarkose sind die verwendeten<br />
Wirkstoffe eigentlich<br />
schon nach wenigen<br />
Stunden wieder aus<br />
dem Körper raus. Nach<br />
einer Darmspiegelung im<br />
Dämmerschlaf darf man<br />
beispielsweise schon nach<br />
zwei Stunden nach Hause.<br />
Allerdings sollte man 24<br />
Stunden lang nicht selbst<br />
Auto oder Fahrrad fahren<br />
und auch keine Geräte<br />
führen, z.B. Rasen mähen.<br />
„Die modernen<br />
Narkose-Mittel werden<br />
schon in wenigen<br />
Stunden vom<br />
Körper abgebaut.“<br />
Jan-Peter Jansen<br />
INTERVIEW<br />
Wie reagiert der Körper<br />
auf eine Narkose?<br />
JANSEN Die modernen Medikamente<br />
lösen heute nur<br />
noch selten Nebenwirkungen<br />
aus. Wenn Probleme<br />
auftreten, dann sind<br />
es Übelkeit und Erbrechen.<br />
Manche fühlen sich, besonders<br />
nach Vollnarkosen,<br />
auch Stunden nach dem<br />
Aufwachen noch benommen<br />
und wie betrunken.<br />
Ist das gefährlich?<br />
JANSEN Nicht, wenn es<br />
kontrolliert wird. Es gibt<br />
nach der Narkose verschiedene<br />
Grade der Kontrolle<br />
– vom sogenannten Aufwachraum<br />
bis hin zur postoperativen<br />
Überwachung<br />
auf der Intensivstation.<br />
Was kann man denn tun,<br />
damit man sich danach<br />
schneller erholt?<br />
JANSEN Wenn medizinisch<br />
möglich, sollte man auf<br />
eine Vollnarkose verzichten.<br />
Ansonsten kann der<br />
Anästhesist bei jemandem,<br />
der zur Übelkeit neigt,<br />
auch im Vorfeld schon<br />
Medikamente geben,<br />
um die Beschwerden<br />
zu lindern.<br />
64 9 / 2011
1/ 2 hoch<br />
Foto: Corbis (1), Veer (1), Shutterstock (1), PR (1), Privat (1)<br />
Kann es bei der Narkose<br />
auch zu Wechselwirkungen<br />
mit anderen Medikamenten<br />
kommen?<br />
JANSEN Ja. Viele Medikamente<br />
wirken zusammen<br />
mit der Narkose anders.<br />
Aber das klärt der Anästhesist<br />
vor der OP ab. Wichtig:<br />
alles angeben, was Sie<br />
einnehmen.<br />
Wann darf ich denn<br />
danach wieder normal<br />
essen und trinken?<br />
JANSEN Das hängt natürlich<br />
davon ab, woran man<br />
operiert wurde. Aber es<br />
gilt die Faustregel: Nach<br />
kleineren Eingriffen, die<br />
nicht die Verdauungsorgane<br />
betreffen, können Sie<br />
nach zwei bis vier Stunden<br />
wieder ganz normal essen.<br />
Tee und Wasser trinken<br />
dürfen Sie auch schon<br />
kurz nach dem Sie wieder<br />
aufgewacht sind.<br />
Muss zwischen Narkosen<br />
ein bestimmter Zeitabstand<br />
liegen?<br />
JANSEN Wegen der Narkose<br />
selbst nicht, die heute<br />
verwendbaren Wirkstoffe<br />
werden wirklich schnell im<br />
Körper abgebaut.<br />
Wann kann ich wieder<br />
arbeiten?<br />
JANSEN Das hängt gar<br />
nicht mal von der Narkose<br />
ab, viel mehr davon, wie<br />
groß die Wunden nach<br />
einer Operation sind und<br />
wie gut sie heilen. Als<br />
Faustregel gilt: je größer<br />
die Wunde, umso länger<br />
ist man arbeitsunfähig. Bei<br />
kleinen Schnitten, etwa<br />
wenn Krampfadern entfernt<br />
wurden, können<br />
manche schon am nächsten<br />
Tag wieder arbeiten.<br />
<br />
Anästhesist überwacht<br />
mit seinen Geräten<br />
(siehe vorige Seite) Vitalfunktionen<br />
wie Blutdruck,<br />
Herzschlag, Temperatur,<br />
Atmung. Die Tiefe der<br />
Narkose erkennt er<br />
u. a. am Puls, den Reflexen<br />
der Pupillen, an Schweiß<br />
oder Tränen. Über den<br />
intravenösen Zugang<br />
gibt er permanent hochwirksame<br />
Schmerzmittel.<br />
<br />
OP ist beendet, Anästhesist<br />
gibt keine Medikamente<br />
mehr, die<br />
das Bewusstsein ausschalten,<br />
nur noch Schmerzmittel.<br />
Sobald die natürliche<br />
Atmung wieder<br />
stabil ist, wird Beatmungsschlauch<br />
entfernt.<br />
<br />
Man schläft noch und<br />
wird in den Aufwachraum<br />
geschoben.<br />
<br />
Im Sinne der Anästhesie<br />
ist man zwei Stunden<br />
nach Absetzen der Narkose-Mittel<br />
vollständig wach.<br />
Allerdings fühlen sich<br />
viele noch für<br />
Stunden müde und schlafen.<br />
Sind alle Organfunktionen<br />
stabil und<br />
normal, wird man zurück<br />
aufs Zimmer verlegt.<br />
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Gerade Frauen fühlen sich als Folge eines<br />
Eisenmangels häufig müde und erschöpft.<br />
Gründe für diese Unterversorgung sind z. B.<br />
die Monatsblutung oder einseitige Ernährung.<br />
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9 / 2011 65<br />
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GESUND & FIT<br />
Rolfing<br />
verbessert<br />
die Haltung<br />
insgesamt,<br />
löst so auch<br />
verspannte<br />
Muskeln im<br />
Nacken.<br />
Endlich<br />
atmet<br />
mein Rücken<br />
auf ...<br />
Immer diese Rückenschmerzen, jeden Tag.<br />
Dabei ist Martin Esser (50) sogar selbst<br />
Physiotherapeut. Doch was er auch ausprobiert –<br />
nichts hilft. Bis er durch<br />
Zufall auf die Rolfing-Methode stößt.<br />
Es klingt paradox. Ein<br />
erfahrener, gut ausgebildeter<br />
Physiotherapeut,<br />
der jahrzehntelang<br />
unter höllischen Rückenschmerzen<br />
leidet. Aber es<br />
war so: Obwohl ich jeden Tag<br />
anderen Menschen dabei<br />
half, Probleme mit ihrem<br />
Körper loszuwerden – bei mir<br />
selbst habe ich irgendwann<br />
doch kapituliert.<br />
Schon alles probiert<br />
Schon seit meiner Jugend<br />
begleitet mich die Scheuermann’sche<br />
Krankheit, eine<br />
Fehlstellung der Wirbelkörper.<br />
Und was habe ich<br />
nicht alles probiert, um die<br />
Schmerzen loszuwerden:<br />
Feldenkrais, Osteopathie,<br />
Kieser-Training ...<br />
Aber die Beschwerden<br />
wurden immer schlimmer.<br />
Denn meine Muskeln versuchten<br />
die fehlgebildeten<br />
Wirbelkörper mit aller Kraft<br />
auszugleichen. Die Folgen<br />
waren extrem verspannte<br />
Schultern und Nacken.<br />
Körper analysiert<br />
Aber dann lernte ich bei<br />
einem Tanzkurs einen Teilnehmer<br />
kennen, der zwar<br />
auch die Scheuermann’sche<br />
Krankheit hatte, aber keine<br />
Rückenschmerzen! Ich war<br />
wie elektrisiert, wollte natürlich<br />
wissen, was sein Geheimnis<br />
ist: Rolfing, sagte er.<br />
Gleich am nächsten Tag<br />
hörte ich mich um, sprach mit<br />
Kollegen, recherchierte im Internet.<br />
Der Heilpraktiker und<br />
Rolfer Aman Andres Kohlbach<br />
wurde mir empfohlen.<br />
In meiner ersten Stunde<br />
schilderte ich kurz meine Beschwerden,<br />
dann ging es auch<br />
schon los. Hemd, Hose, Socken<br />
zog ich aus, im Zimmer<br />
66 9 / 2011
Fotos: Jahreszeiten Verlag, privat<br />
sollte ich auf und ab gehen,<br />
mich mehrmals hinsetzen<br />
und den Oberkörper vorneigen.<br />
Dabei studierte Kohlbach<br />
mich von allen Seiten, wie<br />
mein Körper sich bewegt. Er<br />
machte sogar Fotos. Dann<br />
könne man nach der Therapie<br />
sehen, was sich verändert<br />
habe. Denn im Moment, so<br />
erklärte mir der Experte, sehe<br />
er schon an der Stellung meiner<br />
Füße, dass ich mein Gewicht,<br />
z. B. beim Laufen, nicht<br />
richtig verlagere – mir selbst<br />
war das nie aufgefallen.<br />
Sanftes Kneten<br />
Noch in der ersten Stunde<br />
behandelte er meine Beine.<br />
Mal fest, mal sanft knetete<br />
und drückte er mit seinen<br />
Händen das Bindegewebe<br />
zwischen Haut und Muskeln<br />
entlang der Waden und<br />
Oberschenkel. Dabei erklärte<br />
er mir, dass das Bindegewebe<br />
im wahrsten Sinne des<br />
Wortes zu verstehen sei – es<br />
verbindet Gewebe wie Organe,<br />
Haut und Muskeln miteinander.<br />
So können sich<br />
Spannungen, Schon- und<br />
Fehlhaltungen über den<br />
ganzen Körper ausbreiten,<br />
obwohl ihre eigentliche Ursache<br />
lokal begrenzt ist. Deshalb<br />
behandeln Rolfer nach<br />
festem Schema auch immer<br />
den ganzen Körper.<br />
Fühlt sich gut an<br />
Es war wirklich erstaunlich,<br />
aber schon nach dem ersten<br />
Mal fühlte ich mich anders.<br />
Ich stand lockerer, entspannter<br />
– irgendwie richtiger.<br />
Das angenehme Gefühl hielt<br />
die nächsten Tage an. Durch<br />
das Rolfen war etwas in mir<br />
in Gang gesetzt worden. Ich<br />
beobachtete mich selbst viel<br />
genauer, wie ich ging, wie<br />
ich mich bewegte, wie mein<br />
Körper reagierte.<br />
Im Wochen-Rhythmus hatte<br />
ich dann die nächsten Sitzungen<br />
bei Kohlbach. Jedes<br />
Mal behandelte er eine andere<br />
Partie meines Körpers.<br />
So machte er nacheinander<br />
auch das Bindegewebe von<br />
Nacken, Schultern, Rücken,<br />
Brust, Bauch, Becken, Kopf,<br />
Füßen, Armen usw. locker<br />
und geschmeidig.<br />
Nach jeder Behandlung<br />
verbesserte sich meine Haltung<br />
Stück für Stück weiter.<br />
Zum Schluss war es, als hätte<br />
ich ein enges Korsett aus<br />
Schmerzen abgelegt.<br />
Heute bewege ich mich<br />
viel freier. Wenn ich mir<br />
beispielsweise die Schuhe<br />
binde, bücke ich mich nicht<br />
mehr unter Schmerzen, sondern<br />
rolle wie selbstverständlich<br />
die Wirbelsäule ein. Vor<br />
allem aber sind die chronischen<br />
Rückenschmerzen<br />
weg, die mich jahrelang begleiteten.<br />
Ein halbes Jahr ist<br />
seit der letzten Behandlung<br />
vergangen.<br />
Viel beweglicher<br />
Nur manchmal, wenn ich lange<br />
arbeite, verfällt mein Rücken<br />
noch in die alte, schiefe<br />
Haltung zurück. Doch sobald<br />
mir das bewusst wird, richtet<br />
sich mein Körper sofort<br />
wieder auf. Ob das Rolfen<br />
mein Problem für immer gelöst<br />
hat, ich weiß es nicht.<br />
Auf jeden Fall hat es mir einen<br />
großen Schritt weiter<br />
geholfen. Ulrich Steen<br />
Aman Andres<br />
Kohlbach,<br />
Rolfer aus Köln<br />
Hier hilft<br />
Rolfing<br />
Besonders gut wirkt<br />
die Methode bei:<br />
• chronischen<br />
Rückenschmerzen,<br />
• Verspannungen<br />
von Nacken<br />
und Schultern,<br />
• Knie-, Hüftproblemen<br />
• und auch bei<br />
Migräne.<br />
Eine Rolfing-Therapie<br />
umfasst in der Regel<br />
10 Sitzungen. Pro<br />
Sitzung wird eine<br />
Körperregion behandelt.<br />
Krankenkassen<br />
übernehmen<br />
die Kosten nicht<br />
(ca. 100 Euro<br />
pro Sitzung). Zertifizierte<br />
Therapeuten<br />
findet man<br />
im Internet unter<br />
www.rolfing.de<br />
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gestörten Aufnahme von Vitamin E aus dem Darm einhergehen. In diesen Fällen stehen parenterale<br />
Zubereitungen (Spritzen) zur Verfügung. Enthält Sorbitol und Sojaöl. Sojaöl (Ph. Eur.) kann sehr selten<br />
allergische Reaktionen hervorrufen. Packungsbeilage beachten. Zu Risiken und Nebenwirkungen<br />
lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. P-11-01/V2<br />
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Bewegung ist Lebensfreude.<br />
Begeistert sein. Unterwegs sein.<br />
Von A nach B. Und zu sich selbst.<br />
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Gelenkbeschwerden effektiv<br />
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Vitamin 9 / 2011 E-Mangel 67 bedingt sind.<br />
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Das Bewegungs-Vitamin *
GESUND & FIT<br />
PC im Internetcafé<br />
Einkaufswagen<br />
VORSICHT,<br />
KEIME!<br />
Ob Ketchup-Flasche an der<br />
Pommesbude, Einkaufswagen oder<br />
Geldautomat – überall lauern<br />
gefährliche Bakterien – siehe EHEC.<br />
Vor den meisten kann man<br />
sich einfach schützen.<br />
Prof. Andreas Podbielski, Leiter des Instituts für<br />
Mikrobiologie am Universitätsklinikum Rostock<br />
Ketchup-Flasche<br />
GEFÄHRLICH, WEIL<br />
Steht oft wochenlang<br />
bei Zimmer-Temperatur<br />
auf dem Tisch. Im<br />
übergelaufenen Ketchup<br />
vermehren sich häufig<br />
Noroviren, die Durchfall<br />
und Erbrechen auslösen.<br />
BESSER Abgepackte<br />
Ketchup-Portionen<br />
benutzen oder Serviette<br />
nehmen, um die<br />
Flasche anzufassen.<br />
Fliesen im Bad<br />
GEFÄHRLICH, WEIL<br />
Im Schwimmbad gedeihen<br />
im feuchtwarmen Klima<br />
des Pilzsporen prächtig.<br />
Vor allem bei mangelnder<br />
Hygiene in den Räumen. Bis<br />
zu fünf Tage können Sporen<br />
auf Kacheln überleben und<br />
z. B. Fußpilz verursachen.<br />
BESSER Nicht zu lang<br />
im Wasser bleiben – bei<br />
schrumpeliger Haut steigt<br />
das Pilz-Risiko.<br />
GEFÄHRLICH, WEIL<br />
Die Tastaturen werden<br />
selten geputzt. Vor allem<br />
Schimmelpilze können<br />
auf Plastik bis vier Wochen<br />
überleben und schwere<br />
Bronchitis auslösen. Das<br />
Risiko für Gesunde mit<br />
intaktem Immunsystem<br />
ist jedoch gering.<br />
BESSER Hände nach PC-<br />
Arbeit mit einem Tuch (z. B.<br />
Sagrotan) desinfizieren.<br />
Haltegriff im Bus<br />
GEFÄHRLICH, WEIL<br />
Auf Kunststoff- und<br />
Metallgriffen halten sich<br />
z. B. Grippe-Viren bis zu<br />
drei Stunden, lösen in der<br />
Zeit leicht einen Infekt aus.<br />
BESSER Sitzplatz suchen<br />
oder irgendwo anlehnen,<br />
statt sich festzuhalten.<br />
Ansonsten Griff mit<br />
Handschuh anfassen.<br />
Öffentliches WC<br />
GEFÄHRLICH, WEIL<br />
An Türgriffen und<br />
Seifenspendern lauern oft<br />
Coli-Bakterien vom Typ<br />
Escherichia. Sie lösen u. a.<br />
Durchfall und Erbrechen<br />
aus. Klo-Brillen sind eher<br />
ungefährlich, da sich an<br />
aufliegenden Oberschenkeln<br />
viel weniger Bakterien<br />
befinden als an Händen.<br />
BESSER Türgriff mit dem<br />
Unterarm runterdrücken,<br />
Seifenspender mit einem<br />
Stück Papier anfassen.<br />
GEFÄHRLICH, WEIL<br />
Bei Tests wurden an<br />
den Griffen zahllose<br />
Keime entdeckt. Auch<br />
der berüchtigte Krankenhauserreger<br />
MRSA. Selbst<br />
auf Plastik können die Viren<br />
wochenlang überleben<br />
und bei geschwächtem<br />
Immunsystem u. a. Lungenentzündung<br />
auslösen.<br />
BESSER Während des<br />
Einkaufens nicht mit der<br />
Hand ins Gesicht fassen.<br />
Zuhause sofort gründlich<br />
Hände mit Seife und<br />
warmem Wasser waschen –<br />
mindestens 20 Sekunden.<br />
Geldautomat<br />
GEFÄHRLICH, WEIL<br />
Häufig lauern hier Schnupfenviren,<br />
weil jemand auf<br />
die Tastatur geniest hat.<br />
Diese Viren halten nur wenige<br />
Stunden, können aber<br />
hoch ansteckend sein.<br />
BESSER Zum Tippen<br />
der Tasten Kugelschreiber<br />
benutzen. Vorsicht, dass<br />
dabei die Geheimnummer<br />
nicht ausgespäht wird!<br />
GEWUSST?<br />
Geld ist harmlos.<br />
Münzen sind aus<br />
unedlem Metall,<br />
töten Bakterien<br />
sogar ab; auch auf<br />
Scheinen finden<br />
sich so gut wie keine<br />
gefährlichen<br />
Erreger.<br />
Fotos: Getty Images, Shutterstock, privat<br />
68 9 / 2011
Fit mit 50<br />
6. SCHÖNE ARME<br />
Aus schlaff wird straff!<br />
DAS STÄRKT RÜCKEN UND TRIZEPS<br />
A<br />
Schultern<br />
bleiben tief<br />
B<br />
Bauchnabel<br />
leicht nach<br />
innen ziehen<br />
Finger zeigen<br />
zum Po<br />
Halten Sie<br />
Ihre Gelenke fit!<br />
Die große Fitness-Aktion von<br />
<strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong>, Frau im Leben und<br />
doc ® , dem Schmerz-Gel für<br />
Rücken, Muskeln und<br />
Gelenke<br />
A Auf einen Stuhl setzen. Mit den Händen dicht links und rechts neben dem Po aufstützen. Gesäß<br />
vom Stuhl lösen, mit den Füßen einen Schritt vorwärts wandern. Po schwebt in der Luft. Die Beine<br />
sind hüftbreit geöffnet und gebeugt. B Arme jetzt langsam beugen. Po dabei Richtung Boden absenken.<br />
Ellbogen nach hinten schieben. Unten kurz halten, wieder hochdrücken. 15 Mal wiederholen.<br />
9/2011<br />
69
Fit mit 50<br />
6. SCHÖNE ARME<br />
KRÄFTIGT RÜCKSEITE DER ARME<br />
A<br />
Arm durchstrecken<br />
B<br />
Ellenbogen<br />
zeigt<br />
nach<br />
oben<br />
A Aufrecht hinstellen.<br />
Mit rechts eine<br />
gefüllte Wasserflasche<br />
greifen. Rechten Arm<br />
mit der Flasche<br />
nach oben strecken.<br />
B Unterarm mit der<br />
Flasche langsam nach<br />
hinten absenken. In<br />
einer fließenden Bewegung<br />
wieder anheben,<br />
15 Mal wiederholen,<br />
dann Seite wechseln.<br />
DEHNT ARME UND SCHULTERN<br />
A<br />
Rücken bleibt<br />
gerade<br />
Fotos: Liza Rothfuss, Übungen: Susanne Reddig<br />
B<br />
Ruhig<br />
einund<br />
ausatmen<br />
A Gerade hinstellen.<br />
Linken Arm nach oben<br />
strecken, dann linke<br />
Hand hinter den Rücken<br />
absinken lassen.<br />
Jetzt die rechte Hand<br />
hinter dem Rücken von<br />
unten zur linken Hand<br />
führen. Versuchen,<br />
linke Hand zu greifen.<br />
B Berühren sich die<br />
Finger nicht, Handtuch<br />
als Hilfe in die<br />
linke Hand nehmen.<br />
Dehnung 20 Sekunden<br />
halten, Seite wechseln.<br />
Halten Sie<br />
Ihre Gelenke fit!<br />
IN DER NÄCHSTEN AUSGABE ...<br />
7. Teil Fünf Minuten für ein tolles Dekolleté<br />
Welche Muskeln und Gelenke möchten Sie stärken? Schreiben Sie uns. Adresse Seite 3.<br />
Die große Fitness-Aktion von<br />
<strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong>, Frau im Leben und<br />
doc ® , dem Schmerz-Gel für<br />
Rücken, Muskeln und<br />
Gelenke<br />
70 9/2011
GESUND & FIT<br />
HILFREICH<br />
Gute Nahrungsergänzungsmittel<br />
für die Augen:<br />
Doppelherz<br />
Augen Sehkraft<br />
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<strong>plus</strong> Kapseln<br />
(ab ca. 4 Euro)<br />
Salus Augen<br />
Aktiv (ab ca.<br />
13 Euro)<br />
Dieses Essen<br />
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schützt Ihre<br />
Ärzte wissen: Wer das Richtige<br />
isst, sieht besser, kann<br />
die Sehkraft so weit verbessern, dass eine Brille nicht mehr nötig ist.<br />
Besser und länger gut<br />
sehen dank des richtigen<br />
Essens – geht<br />
das wirklich? Vieles spricht<br />
dafür. Aktuelle Studien zeigen,<br />
dass die richtige Ernährung<br />
hilft, die Sehkraft zu<br />
erhalten und in bestimmten<br />
Fällen sogar zu verbessern.<br />
Denn unsere Augen sind sehr<br />
empfindliche Gebilde und benötigen<br />
ständigen Nachschub<br />
an bestimmten Nährstoffen.<br />
Beispielsweise<br />
Omega-3-Fettsäure DHA<br />
(Docosahexaensäure) ist<br />
wichtig für den Stoffwechsel<br />
der Augen;<br />
Pflanzenstoffe Lutein und<br />
Zeaxanthin, die Bestandteile<br />
der Makula sind;<br />
Anthocyane, pflanzliche<br />
Farbstoffe, festigen die Blutgefäße<br />
im Auge.<br />
Und was vielen nicht klar<br />
ist – die Augen bestehen zu<br />
einem großen Teil aus Wasser.<br />
Deshalb ist auch Trinken so<br />
wichtig für gesunde Augen.<br />
Welche Lebensmittel sind<br />
besonders gut?<br />
Viel Gemüse und regelmäßig<br />
eine Portion fetten Seefisch<br />
(siehe Tabelle auf der nächsten<br />
Seite):<br />
Lutein und Zeaxanthin stecken<br />
reichlich in Grünkohl,<br />
Spinat, Mais, B<strong>ohne</strong>n usw.<br />
DHA in großen Mengen<br />
in Lachs, Makrele, Hering,<br />
Thunfisch und Sardinen.<br />
Lassen sich auch Augen-<br />
Beschwerden durch richtiges<br />
Essen lindern?<br />
Ja, beispielsweise<br />
Schwierigkeiten, in der<br />
Nacht und bei Dämmerung<br />
zu sehen,<br />
chronisch trockene, brennende<br />
Augen,<br />
durch viel Arbeit am Bildschirm<br />
gereizte und überanstrengte<br />
Augen<br />
und Probleme beim Tragen<br />
von Kontaktlinsen.<br />
Was ist, wenn die Augen<br />
ernsthaft krank sind, zum<br />
Beispiel bei AMD?<br />
Auch dann kann es (in Absprache<br />
mit dem Arzt) helfen,<br />
anders zu essen! Dazu<br />
50%<br />
derer, die<br />
erblinden,<br />
haben<br />
AMD. Mit<br />
Lutein<br />
(Grünkohl,<br />
Spinat)<br />
kann man<br />
vorsorgen.<br />
Nächtliche Wadenkrämpfe?<br />
Wirkt<br />
am<br />
DIREKT<br />
MUSKEL<br />
Limptar ® N<br />
Der Naturstoff Chinin (als Chininsulfat<br />
in Limptar ® N) wirkt direkt am Ort des<br />
Geschehens, am Muskel selbst.<br />
Löst den Krampf und nimmt<br />
so schnell den Schmerz<br />
Akut und auch vorbeugend bei<br />
nächtlichen Wadenkrämpfen<br />
Wirksamkeit schon bei<br />
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Limptar®N wird angewendet zur Verhütung und Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe.<br />
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die 9 Packungsbeilage / 2011 71 und fragen Sie<br />
Ihren Arzt oder Apotheker. Cassella-med, 50670 Köln. www.limptar.de LIM/PU/11-11/FIL
GESUND & FIT<br />
Richtig essen, besser sehen<br />
Diese Nährstoffe verbessern die Sehkraft und beugen Krankheiten der Augen vor.<br />
NÄHRSTOFF / FUNKTION BEDARF* GUTE QUELLEN**<br />
gibt es Studien. Eine zeigte,<br />
dass trockene AMD langsamer<br />
fortschreitet, wenn viel<br />
Omega-3-Fettsäuren und Lutein<br />
gegessen werden.<br />
Anthocyane Festigen Blutgefäße;<br />
schützen vor freien Radikalen;<br />
verbessern Sicht bei Nacht<br />
Beta-Carotin Schutz vor<br />
Nachtblindheit<br />
EPA/DHA Gut für Blutgefäße,<br />
Netzhaut; wichtig für Tränendrüse<br />
k. A.<br />
2–4<br />
300–<br />
1000<br />
Kupfer Beugt Zellschäden vor 1,0–1,5<br />
Schwarze Johannisbeeren 476, Blau- bzw.<br />
Heidelbeeren 387, Brombeeren 245,<br />
dunkle Kirschen 122, rote Trauben 27<br />
Karotten 8, Grünkohl 5, Spinat 5,<br />
Honigmelone 5, Aprikosen 2,<br />
Brokkoli 1, Paprika 1, Mango 1<br />
Lachs 2 600, Hering 1 900, Makrele 1 800,<br />
Sardine 1 400<br />
Haselnuss 1,3, Walnuss 0,9, Roggen-<br />
Vollkornbrot 0,7<br />
Was ist bei grauem Star?<br />
Auch hier gibt es eine Untersuchung<br />
von 1 800 Frauen<br />
zwischen 50 und 79. Mit dem<br />
Ergebnis: Das Risiko, grauen<br />
Star zu bekommen, sank um<br />
23 %, wenn viel Lutein und<br />
Zeaxanthin gegessen wird.<br />
Allerdings: Hat man schon<br />
eine schwere Augenkrankheit<br />
wie AMD, grauen oder<br />
grünen Star kann man diese<br />
nicht rückgängig machen,<br />
sondern nur den Verlauf positiv<br />
beeinflussen.<br />
Lutein/Zeaxanthin Bestandteil<br />
des Gelben Flecks; wichtig für<br />
scharfes Sehen, schützt vor freien<br />
Radikalen und UV-Strahlen<br />
Vitamin A Wichtig für gutes Sehen;<br />
bei Mangel droht Nachtblindheit<br />
Lutein:<br />
4–12<br />
Zeaxanthin:<br />
1–2<br />
0,8–1,0<br />
Lutein Grünkohl 22, Spinat 10, Mais 1,<br />
Orangen 0,5<br />
Zeaxanthin Grüne B<strong>ohne</strong>n 0,5, Spinat 0,3<br />
Kalbsleber 10, fetter Käse 1, Butter 1,<br />
Eier 0,5<br />
Gibt es ein Alter, ab dem<br />
gesundes Essen den Augen<br />
nicht mehr hilft?<br />
Nein, die Augen sind in jedem<br />
Alter darauf angewiesen, genug<br />
Nähr- und Schutzstoffe<br />
zu bekommen. Natürlich sind<br />
die Effekte umso besser, je<br />
eher man „augenfreundlich“<br />
isst.<br />
Vitamin B 12 Schützt Blutgefäße vor<br />
Ablagerungen<br />
Vitamin B 2 Für Stoffwechsel, hält<br />
Linse klar; beugt grauem Star vor<br />
Vitamin C Fängt freie Radikale<br />
in der Linse; Mehrbedarf bei<br />
grauem Star!<br />
Vitamin E Schutz der Augenlinse<br />
vor UV-Strahlen<br />
Zink Wichtig für Nerven; schützt<br />
vor freien Radikalen<br />
3 μg *** Fisch 9 μg, Schweinefleisch, Eier 2 μg<br />
1,2–1,6<br />
150–300<br />
15–36<br />
7–10<br />
* In mg, wenn nicht anders angegeben. ** In mg pro 100 g Lebensmittel, wenn nicht anders angegeben.<br />
*** 1 mg = 1000 μg<br />
Camembert 30 % Fett 0,7, Eier 0,3,<br />
Magerquark 0,3, Joghurt 0,2, Milch 0,2<br />
Schwarze Johannisbeeren 177, Orangen<br />
50, Orangensaft 44, Gemüse: Paprika 138,<br />
Wirsingkohl 49, Spinat 29<br />
Walnüsse 44, Rapsöl 18, Olivenöl 13,<br />
Haselnüsse 26, Mandeln 26<br />
Rind 4, Cheddarkäse 4, Miesmuscheln 3,<br />
Garnelen 2, Sardellen 1<br />
Sind spezielle Nahrungsergänzungsmittel<br />
für die<br />
Augen sinnvoll?<br />
Ja, wenn eine augenbewusste<br />
Ernährung nicht möglich ist,<br />
z. B. bei Menschen, die<br />
oft außer Haus essen,<br />
eine strenge Diät machen,<br />
bestimmte Lebensmittel<br />
wegen Allergien nicht vertragen<br />
oder nicht mögen,<br />
etwa Fisch.<br />
Kann man diese Präparate<br />
überdosieren?<br />
Nein, wenn man sich an den<br />
Beipackzettel hält, kann es<br />
bei Nahrungsergänzungsmitteln<br />
nicht zum Überdosieren<br />
kommen.<br />
72 9 / 2011
Foto: Getty Images (1), Food Collection (1), Privat (1)<br />
Spinat & Co. helfen, die Sehkraft<br />
zu erhalten und sogar zu<br />
verbessern, in jedem<br />
Alter, zeigen Studien!<br />
Dirk Neuberger, Ernährungswissenschaftler, Autor von „Gesunde Augen – ein Leben lang“<br />
Aber: Nimmt man noch andere<br />
Präparate mit gleichen<br />
Inhaltsstoffen, unbedingt auf<br />
die Höchstmengen (Angaben<br />
auf der Packung) achten. Das<br />
gilt besonders für<br />
Vitamin A (maximal 3 mg<br />
pro Tag) – der Körper reichert<br />
es an, wenn er damit überversorgt<br />
wird;<br />
Beta-Carotin (maximal 10<br />
mg pro Tag), weil es bei Rauchern<br />
in hoher Dosis Lungenkrebs<br />
verursachen kann.<br />
Kann es zu Wechselwirkungen<br />
mit Medikamenten<br />
kommen?<br />
Theoretisch ja. Deshalb sollte<br />
man sich bei Nahrungsergänzungsmitteln<br />
vom Arzt oder<br />
Apotheker beraten lassen.<br />
Vor allem, wenn man regelmäßig<br />
Medikamente nimmt.<br />
Beispielsweise wirken hoch<br />
dosierte Omega-3-Fettsäuren<br />
(Fischölkapseln) gerinnungshemmend.<br />
Wer sowieso<br />
schon ein Medikament zur<br />
Blutverdünnung nimmt, etwa<br />
Marcumar, sollte unbedingt<br />
mit dem Arzt sprechen.<br />
Außer gesund essen, was<br />
kann man sonst noch für<br />
die Augen tun?<br />
Starke UV-Strahlung meiden<br />
– Sonnenbrille tragen!<br />
Augen immer wieder Phasen<br />
der Ruhe und Entspannung<br />
gönnen – beim Lesen<br />
z. B. zwischendurch in die Ferne<br />
schauen oder Augen für einige<br />
Momente schließen.<br />
Wind und Zugluft meiden –<br />
lieber mit Brille Rad fahren.<br />
Augen nicht reiben, erst<br />
recht nicht mit ungewaschenen<br />
Händen.<br />
Augen jährlich beim Arzt<br />
kontrollieren lassen.<br />
Was sind die häufigsten<br />
Augenkrankheiten?<br />
AMD: Die Mitte des Sichtfeldes<br />
ist unscharf oder verbogen,<br />
weil kleinste Blutgefäße<br />
in der Makula wuchern oder<br />
sich Stoffwechselprodukte ablagern.<br />
Vorbeugen kann man<br />
mit Obst und Gemüse, nicht<br />
rauchen, Bluthochdruck vermeiden,<br />
Augen vor UV-Strahlung<br />
schützen.<br />
Grauer Star: Man sieht einen<br />
grauen Schleier über<br />
dem gesamten Sichtfeld,<br />
weil sich die Linse eintrübt.<br />
Vorbeugen kann man auch<br />
hier über gesundes Essen,<br />
UV-Strahlung meiden und<br />
bei Diabetikern Diabetes gut<br />
einstellen.<br />
Grüner Star: Man sieht<br />
Ringe um Lichtquellen, weil<br />
Netzhaut und Sehnerv durch<br />
zu hohen Druck im Auge geschädigt<br />
sind. Ein gesunder<br />
Lebensstil hilft, bei Auftreten<br />
in der Familie regelmäßige<br />
Früherkennung.<br />
Trockene Augen: Augen<br />
brennen, jucken und tränen.<br />
Gut sind fetter Seefisch und<br />
viel blinzeln.<br />
Nachtblindheit: Man sieht<br />
im Dunkeln schlecht, weil<br />
spezielle Sehstäbchen ausfallen.<br />
Viel Gemüse und Obst<br />
helfen hier. Anke Faust<br />
Gewusst?<br />
Wer B<strong>ohne</strong>n isst,<br />
hilft den Augen,<br />
?schärfer zu sehen.<br />
wirkt auf<br />
der Stelle.<br />
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9 / 2011<br />
73
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Wie bleibt<br />
das Ledersofa<br />
schön?<br />
Das Wichtigste für<br />
glattes Leder: keine<br />
aggressiven Reiniger<br />
(Fleckenentferner)<br />
verwenden, es nicht<br />
dem direkten Sonnenlicht<br />
aussetzen und<br />
regelmäßig abstauben<br />
– Leder bleicht sonst<br />
aus, wird brüchig. Bei<br />
rauem Leder helfen ein<br />
paar besondere<br />
Tipps:<br />
Ab und<br />
zu mit weicher<br />
Bürste<br />
Margarete<br />
Albrecht,<br />
entstauben<br />
Meisterin<br />
der Hauswirtschafgen.<br />
Druck<br />
oder absau-<br />
vermeiden!<br />
Glänzende Stellen mit<br />
spezieller Gummibürste<br />
oder Schmirgelpapier<br />
aufrauen (aber<br />
nur, wenn die Struktur<br />
noch vorhanden ist).<br />
Mit Spezialmittel<br />
imprägnieren. Dabei<br />
auf einen feinen<br />
Zerstäuber achten!<br />
Fotos: Mauritius Images, FoodCollection, Archiv<br />
Löffel lieber aus Holz<br />
Bei Kochlöffeln besser zu Modellen aus<br />
Holz oder Silikon greifen statt<br />
Metall. Denn gerade wenn Sie Reste<br />
aufbewahren, kann ein Metall-Kochlöffel<br />
darin den Geschmack der Speise<br />
verändern. Außerdem wird Metall beim<br />
Aufwärmen schnell heiß.<br />
Tipp<br />
Badreiniger mit Schaum sind<br />
effektiver! Schaum haftet besser<br />
und löst so den Schmutz.<br />
Denk mit (dm), 0,85 Euro<br />
Biff, 2,49 Euro<br />
WENN DER<br />
SOMMER GEHT ...<br />
bringen Astern den Garten zum Leuchten.<br />
Leider neigen hohe Astern zum<br />
Verkahlen. Setzen Sie Gräser oder Fetthenne<br />
davor, um kahle Stiele zu verdecken.<br />
Und im nächsten Jahr: Astern im Juni kräftig<br />
zurückschneiden. So werden sie<br />
später schön buschig.<br />
Frisch gebraten<br />
Eine köstliche Idee für Avocados:<br />
die Spalten salzen, in Semmelbröseln<br />
wenden, in<br />
Olivenöl bei mittlerer Hitze golden<br />
braten. Aber: Nur ca.<br />
4 Minuten brutzeln, Avocado<br />
wird sonst bitter.<br />
<br />
AUF DEN NÄCHSTEN SEITEN Tolle Rezepte mit Birnen Die besten Cremes, die auch wirken Kissen veredeln<br />
9 / 2011<br />
75
Und die Birnen<br />
leuchteten weit<br />
... heißt es bei Ribbeck im Havelland. Frisch vom Birnbaum sind sie<br />
ein Genuss. Aber eingelegt, gedünstet, gebacken verleihen sie<br />
Herzhaftem diesen Hauch Exotik – und Süßem ein samtiges Aroma.<br />
Wissen Sie noch?<br />
Herr von Ribbeck auf<br />
Ribbeck im Havelland,<br />
Ein Birnbaum in<br />
seinem Garten stand,<br />
Und kam die<br />
goldene Herbsteszeit,<br />
Und die Birnen leuchteten<br />
weit und breit ...<br />
Theodor Fontane<br />
Fast wie ein<br />
Gemälde: in Rotwein<br />
eingelegte<br />
Birnen – das<br />
perfekte Dessert.<br />
Rezept<br />
nächste Seite.<br />
76 9 / 2011
Tarteletts mit Portwein-Birnen und Käse<br />
12 Tarteletts • 2 Birnen • 250 ml Portwein • 40 g brauner Zucker • 1 EL Gewürznelken<br />
2 Sternanis • 1 Stück Zimtstange • Mürbeteig: 300 g Mehl (Typ 1050) • <strong>Salz</strong> • 150 g Butter<br />
1 Ei • Füllung: 1 Zwiebel • 2 EL Olivenöl • 160 g Sellerie • <strong>Salz</strong> • Pfeffer • 1 Ei • 200 ml Sahne<br />
100 g Blauschimmelkäse • 40 g Hartkäse, gerieben • 1 EL Petersilie • 20 g Walnüsse<br />
1 Birnenstücke mit Portwein,<br />
Zucker, Nelken, Sternanis und<br />
Zimt 30 Minuten köcheln. 24<br />
Stunden durchziehen lassen.<br />
2 Mehl, Butter, <strong>Salz</strong>, Ei, 1 EL<br />
Wasser verkneten. Teig 30 Minuten<br />
ruhen lassen. Ausrollen<br />
und mit Förmchen (10 cm Ø)<br />
12 Kreise ausstechen. Teig in die<br />
12 Förmchen geben, kühl stellen.<br />
3 Zwiebelringe und Selleriestücke<br />
mit Öl und 1 EL Wasser dünsten,<br />
würzen und abkühlen lassen.<br />
4 Sahne, Ei, Blauschimmelkäse,<br />
Hartkäse und Petersilie verkneten.<br />
Unter die Sellerie-Mischung heben.<br />
5 Füllung in die Förmchen geben.<br />
Nüsse und Birnen darauf verteilen.<br />
Im vorgeheizten Ofen (180 °C)<br />
etwa 20 Minuten backen.<br />
Tipp<br />
Die Törtchen schmecken<br />
– vor dem Essen<br />
als Häppchen zum<br />
Aperitif oder danach<br />
als kleines Dessert.<br />
Pro Portion 388 kcal, 8 g Eiweiß, 24 g Fett,<br />
31 g Kohlenhydrate, 94 mg Cholesterin, 2,5 BE<br />
Zubereitung 60 Minuten<br />
9 / 2011<br />
77
Tipp<br />
Teil der Haselnüsse<br />
beiseitelegen und in<br />
der Pfanne rösten.<br />
Zum Schluss über<br />
die Tarte streuen.<br />
Birnen-Salat<br />
Für 2 Personen 1 Birne<br />
1 bis 2 EL Zucker • 125 ml<br />
Holundersaft • einige Tropfen<br />
Balsamico-Essig • 80 g<br />
Blattsalat, z. B. Radicchio<br />
75 g Blauschimmelkäse<br />
1 EL geröstete Walnüsse<br />
Schokoladen-Birnen-Tarte<br />
Mürbeteig 225 g Weizenmehl • 25 g Kakaopulver • 125 g gekühlte Butter,<br />
gewürfelt • 85 g Zucker • 1 Ei • Rührteig 45 g Butter • 90 g Zucker • 1 Ei<br />
1 TL Backpulver • 90 g Weizenmehl • Creme 180 g Schokolade • 180 ml<br />
Kaffeesahne • 60 g Haselnüsse, grob gehackt • 1 Birne<br />
1 Ofen auf 170 °C vorheizen.<br />
Mehl, Kakao, Butter, Zucker und<br />
Ei zu einem Mürbeteig verkneten.<br />
30 Minuten ruhen lassen.<br />
2 Springform (23 cm Ø) mit<br />
Schoko-Mürbeteig auslegen,<br />
Rand formen. Form kühl stellen.<br />
3 Rührteig: Butter und Zucker<br />
cremig rühren. Ei, Backpulver<br />
und Mehl unterrühren. Dann<br />
für die Creme Schokolade mit<br />
Kaffeesahne erhitzen, Nüsse<br />
zugeben. Unter Rührteig heben.<br />
Form aus dem Kühlschrank<br />
nehmen, Creme aufgießen.<br />
4 Birne in Spalten schneiden<br />
und verteilen. Im vorgeheizten<br />
Ofen 25 Minuten backen.<br />
Pro Portion (bei 12 Stücken) 416 kcal, 7 g Eiweiß,<br />
23 g Fett, 45 g Kohlenhydrate, 87 mg Cholesterin, 4 BE<br />
Zubereitung 40 Minuten<br />
1 Birne schälen, halbieren,<br />
Gehäuse entfernen. In einen<br />
Topf mit Saft und Zucker<br />
geben. Wasser zufügen, bis<br />
die Birne bedeckt ist. Sud<br />
zum Kochen bringen, bis der<br />
Zucker sich aufgelöst hat, bei<br />
kleiner Flamme 40 Minuten<br />
zugedeckt köcheln lassen.<br />
2 Den entstandenen<br />
Birnensirup mit etwas<br />
Balsamico abschmecken.<br />
Abkühlen lassen.<br />
3 Auf zwei Tellern die<br />
Salatblätter verteilen,<br />
Blauschimmelkäse und<br />
Walnüsse darübergeben.<br />
Mit dem Sirup beträufeln.<br />
Pro Portion 345 kcal,<br />
10 g Eiweiß, 18 g Fett,<br />
27 g Kohlenhydrate,<br />
27 mg Cholesterin, 2 BE<br />
Zubereitung 10 Minuten<br />
Foto: Loupé (4), Taverne Agency (1), Marie Claire (1)<br />
UND ZUM DESSERT FEINE ROTWEIN-BIRNEN<br />
2 bis 3 Birnen in 375 ml Rotwein, 70 g Zucker, 2 TL Honig, etwas Zitronensaft,<br />
Zimt, 1 Vanilleschote und 1 Nelke 30 Minuten köcheln lassen. Herausnehmen<br />
und Sud zu Sirup einkochen lassen. Birnen mit Sirup und Sahne servieren.<br />
78 9 / 2011
Kotelett mit warmem Krautsalat<br />
Für 2 Personen 1 EL Olivenöl • 1/2 Zwiebel • 3 kleine Rote Bete, gekocht • 1 Birne • 2 EL Weißweinessig<br />
<strong>Salz</strong> • Pfeffer • 1 EL brauner Zucker • 1/4 Rotkohl • 2 Koteletts • 2 EL Rapsöl<br />
1 Rotkohl in Streifen schneiden. Mit 1 Teelöffel<br />
<strong>Salz</strong> in eine Schüssel geben und mit dem<br />
Kartoffelstampfer weich stampfen.<br />
2 Zwiebel würfeln, Rote Bete und Birne<br />
vierteln. Olivenöl in der Pfanne erhitzen, Zwiebel<br />
und Rote Bete andünsten und weich kochen.<br />
3 Birne zufügen und 3 Minuten dünsten.<br />
Essig und Zucker unterrühren. Rotkohl zugeben<br />
und weitere 5 Minuten dünsten.<br />
4 Die Koteletts mit <strong>Salz</strong> und Pfeffer einreiben<br />
und bei hoher Hitze 4 Minuten auf jeder Seite in<br />
Rapsöl braten. Mit warmem Krautsalat servieren.<br />
Pro Portion 505 kcal, 37 g Eiweiß, 26 g Fett, 30 g Kohlenhydrate, 90 mg Cholesterin, 2 BE<br />
Zubereitung 20 Minuten<br />
9 / 2011<br />
79
„Das wirkt<br />
gegen Falten!“<br />
„Jünger aussehen in 14 Tagen“, „Reduziert Falten<br />
sichtbar“ – halten Cremes das auch? Ja, versichert die<br />
Professorin Christiane Bayerl und nennt viele Tipps.<br />
Anti-Aging-Pro-<br />
dukte sollen die<br />
Haut in wenigen<br />
Tagen sichtbar verjüngen,<br />
verspricht zumindest die<br />
Werbung. Aber können<br />
Cremes und Co. tatsächlich<br />
so schnell wirken?<br />
PROF. BAYERL Es stimmt.<br />
Knitterfältchen um Augen<br />
und Mund verschwinden<br />
tatsächlich nach 7 bis 14<br />
Tagen. Ist auf der Packung<br />
ein Effekt innerhalb einer<br />
konkreten Zeit gedruckt,<br />
muss dieser in klinischen<br />
Christiane Bayerl ist Professorin und Direktorin der Wiesbadener Klinik für Dermatologie und Allergologie<br />
80 9 / 2011
Studien nachgewiesen<br />
worden sein. Auf solche<br />
Versprechen kann man sich<br />
also tatsächlich verlassen.<br />
Wirken Produkte mit<br />
„Zeit-Versprechen“ also<br />
besser als andere?<br />
BAYERL Nicht unbedingt.<br />
Das Problem bei reifer<br />
Haut ist, dass sie trocken<br />
wird, schuppt und spannt.<br />
Schuld ist der sinkende<br />
Östrogen-Spiegel, durch<br />
den hauteigene Lipide<br />
abnehmen. Um dagegen<br />
etwas zu tun, braucht man<br />
kein Wundermittel, auch<br />
eine normale Feuchtigkeitscreme<br />
mit Lipiden<br />
(Fette) macht reife Haut in<br />
ein paar Tagen wieder<br />
geschmeidiger.<br />
Immer wieder hört man,<br />
dass die Gene das Altern<br />
der Haut beeinflussen.<br />
Kann man überhaupt<br />
dagegen ancremen?<br />
BAYERL Erstaunlicherweise<br />
ja. Gene sind zwar die<br />
Basis dafür, wie die Haut<br />
altert. Aber in welchem<br />
Tempo und wie die Konturen<br />
des Gesichts modelliert<br />
sind, wird stark vom<br />
Lebensstil beeinflusst.<br />
Besonders negativ sind:<br />
Rauchen, intensive Sonnenbäder,<br />
zu wenig Schlaf.<br />
Positiv für die Haut sind<br />
gesundes, vitaminreiches<br />
Essen und Pflege.<br />
Aber was ist mit tieferen<br />
Falten – lassen die sich<br />
auch wegcremen?<br />
BAYERL Ja, auch dagegen<br />
kann man etwas tun, aber<br />
es dauert deutlich länger.<br />
Tiefere Falten oder auch<br />
das „Sagging“, das Absacken<br />
von Wangen und<br />
Halspartie, sind Zeichen<br />
dafür, dass in der Unterhaut<br />
nicht mehr genügend<br />
Collagen gebildet wird.<br />
Und neues Collagen aufzubauen<br />
braucht Zeit. Studien<br />
zeigen: Pflegeprodukte<br />
mit Vitamin-A-Säurederivaten<br />
schaffen in etwa<br />
sechs Monaten einen sichtbaren<br />
Effekt. Gegen Sagging<br />
hilft aber nur die<br />
plastische Chirurgie.<br />
„Selbst gegen tiefe Falten<br />
kann man etwas tun.<br />
Gute Cremes schaffen<br />
das in 6 Monaten.“<br />
Prof. Christiane Bayerl<br />
Und welche Wirkstoffe<br />
helfen dann am besten bei<br />
tieferen Falten?<br />
BAYERL Aufgrund meiner<br />
Erfahrung empfehle ich<br />
• Cremes mit Vitamin-A-<br />
Säurederivaten, etwa<br />
Retinol oder Rentinaldehyde.<br />
Denn diese Substanzen<br />
bauen Collagen nachweislich<br />
wieder auf.<br />
• Auch Radikalfänger, also<br />
Antioxidantien, sind sehr<br />
effektiv, um die schädliche<br />
Wirkung von Sonnenlicht<br />
abzumildern. Hier rate ich<br />
zu gut erforschten Klassikern<br />
wie Vitamin C und E<br />
oder Grüntee-Extrakten.<br />
Ist es sinnvoll, eine<br />
Creme zu wechseln,<br />
weil sich die Haut daran<br />
gewöhnt hat?<br />
BAYERL Nein, und aus<br />
diesem Grund zu wechseln<br />
wäre sogar ein großer<br />
Fehler! Das ständige Testen<br />
von Pröbchen stört nur den<br />
natürlichen Schutzmantel<br />
der Haut und kann zu<br />
Brennen, Jucken und auch<br />
zu Ekzemen führen.<br />
Aber alle sieben Jahre<br />
verändert sich doch die<br />
Struktur der Haut?<br />
BAYERL Die Haut verändert<br />
sich, ja, das stimmt.<br />
Wenn es auch nicht genau<br />
7-Jahres-Zyklen sind. Im<br />
Laufe eines Lebens gibt es<br />
vier Umbrüche, die sich<br />
auf die Haut auswirken.<br />
• Der Wechsel vom Baby<br />
zur Kindheit,<br />
• dann in die Pubertät,<br />
• ins Erwachsenenalter<br />
• und durch die Wechseljahre<br />
ins Alter.<br />
Aber: Die Pflege nicht automatisch<br />
wechseln, sondern<br />
erst, wenn die Haut<br />
wirklich neue Ansprüche<br />
Was glättet<br />
die Haut?<br />
Sechs Wirkstoffe<br />
helfen effektiv gegen<br />
Fältchen. Aber es<br />
kommt darauf an,<br />
welche Art Fältchen<br />
bekämpft werden<br />
sollen bzw. was man<br />
wünscht. Hochwertige<br />
Cremes (siehe<br />
nächste Seite) enthalten<br />
mindestens<br />
einen, oft mehrere<br />
dieser Stoffe.<br />
Fältchen<br />
durch<br />
Sonne<br />
Fältchen<br />
durch trockene<br />
Haut<br />
Straffe<br />
Konturen<br />
Hyaluronsäure<br />
Urea<br />
Retinol (Vitamin A)<br />
Vitamin C<br />
Vitamin E<br />
Q 10<br />
9 / 2011<br />
81
Straffe<br />
Konturen<br />
Gute<br />
Produkte<br />
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Fältchen<br />
durch<br />
trockene<br />
Haut<br />
Fältchen<br />
durch<br />
Sonne<br />
„Meine Tipps<br />
➻ bei einer Creme bleiben<br />
➻ auf gute Wirkstoffe achten<br />
➻ keine Pröbchen testen.“<br />
Prof. Christiane Bayerl erforscht Kosmetik.<br />
stellt, zum Beispiel nach<br />
mehr Feuchtigkeit oder<br />
mehr Fett verlangt.<br />
Woran merkt man<br />
denn, dass die Haut<br />
etwas anderes<br />
verlangt?<br />
BAYERL Wenn man<br />
sich morgens gewaschen,<br />
aber noch nicht eingecremt<br />
hat und kleine Knitterfältchen<br />
deutlich sichtbar<br />
sind. Im Gesicht kann man<br />
kleine, unregelmäßige<br />
Gefäße entdecken, die<br />
Haut wirkt z. B. fahl, aschgrau<br />
oder umgekehrt leicht<br />
gerötet. Bei vielen Frauen<br />
kommt es auch zu Pigmentflecken.<br />
Kann man denn auch<br />
gegen Pigmentflecken<br />
etwas tun?<br />
BAYERL Ja, weil die Altersflecken<br />
direkt an der Oberfläche<br />
der Haut sitzen, sind<br />
sie gut zu behandeln, z. B.<br />
durch Bleichmittel mit<br />
Vitamin C oder ein Peeling<br />
mit Glycolsäure. Am besten<br />
aber ist, man beugt Pigmentflecken<br />
mit gutem<br />
UV-Schutz vor.<br />
Ist es wichtig, dass<br />
Nacht-, Tagescreme, Gesichtswasser<br />
usw. aufeinander<br />
abgestimmt, also<br />
von einer Marke sind?<br />
BAYERL Nein, überhaupt<br />
nicht. Eine ganze Pflegeserie<br />
sieht im Regal natürlich<br />
hübsch aus, nötig ist<br />
das aber nicht. Man kann<br />
ruhig Produkte verschiedener<br />
Marken benutzen.<br />
Ist Kosmetik heute wirkungsvoller<br />
als früher?<br />
BAYERL Ja. Das liegt vor<br />
allem daran, dass wir in<br />
der Forschung immer besser<br />
verstehen, wie die Haut<br />
aufgebaut ist und was sie<br />
braucht. Am meisten tut<br />
sich im Moment bei Antioxidantien.<br />
Die große<br />
Kunst dabei ist es, Rezepturen<br />
zu schaffen, bei denen<br />
die tollen Inhaltsstoffe<br />
auch in der Tube längere<br />
Zeit wirksam bleiben.<br />
Kann es auch passieren,<br />
dass man Produkte nicht<br />
verträgt?<br />
BAYERL Allerdings. Wer<br />
beispielsweise Feuchtigkeitsmasken<br />
und -cremes<br />
zu häufig anwendet, kann<br />
eine „periorale Dermatitis“<br />
bekommen, das sind entzündliche<br />
Knoten um den<br />
Mund. Zu fettige Produkte<br />
können dagegen eine Follikulitis<br />
hervorrufen, bei der<br />
sich die Wurzeln der Gesichtshärchen<br />
entzünden.<br />
Vorsicht auch bei Naturkosmetik!<br />
Zusatzstoffe wie<br />
Arnika oder Kamille können<br />
Allergien auslösen.<br />
Sind Cremes aus der<br />
Apotheke sicherer?<br />
BAYERL Ja, vor allem<br />
Allergiker oder Menschen<br />
mit sehr empfindlicher<br />
Haut sollten zu Dermakosmetik<br />
greifen. Das sind<br />
Produkte, die keine reizenden<br />
Zusätze wie Duftstoffe<br />
enthalten.<br />
Woran merkt man, dass<br />
Menge und Produkt richtig<br />
für einen sind?<br />
BAYERL Bei richtiger Pflege<br />
sollte trockene und<br />
empfindliche Haut nicht<br />
mehr brennen und sich<br />
spürbar entspannen.<br />
Was ist, wenn Cremen<br />
nicht mehr hilft?<br />
BAYERL Cremes erreichen<br />
nur die obersten Hautschichten.<br />
Eine Alternative<br />
sind invasive Methoden. So<br />
können Hyaluronsäure-Filler,<br />
die in die Haut gespritzt<br />
werden, Falten bis<br />
ins untere Gewebe auffüllen.<br />
Botulinumtoxin (Botox)<br />
wird injiziert, um zu<br />
starke Falten aufzuhalten<br />
oder zu vermeiden. Verantwortungsvolle<br />
Ärzte spritzen<br />
nie das ganze Gesicht,<br />
sondern nur einzelne Partien.<br />
Dann kommt es auch<br />
nicht zu dem starren Gesichtsausdruck<br />
wie bei zu<br />
stark gebotoxten Hollywoodstars.<br />
Kristina Junker<br />
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82 9 / 2011
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1 Für die Kissen im Stil<br />
der Sixties mehrere Stoffe<br />
kombinieren. Bahnen ausschneiden<br />
(an den Enden<br />
jeweils schmaler werdend),<br />
diese zusammennähen.<br />
TIPP Je kontrastreicher die<br />
Muster, desto ausdrucksvoller.<br />
Zu Stoffen mit großen<br />
Ornamenten passen kleine<br />
Blümchen- oder Paisley-<br />
Muster. Darauf achten, dass<br />
Farben den gleichen Ton<br />
haben bzw. harmonieren.<br />
2<br />
Frisch aus<br />
dem Drucker<br />
DAS BRAUCHEN SIE<br />
• Foto Ihres Lieblingsmotivs<br />
(hier Kaffeekanne)<br />
auf Transferpapier<br />
• nostalgischer Überzug<br />
• breites Samtband<br />
UND SO GEHT ES<br />
1 Mit der Digitalkamera<br />
einen Gegenstand<br />
(z. B. Kaffeekanne) fotografieren.<br />
Das Bild<br />
auf Transferpapier zum<br />
Aufbügeln (Schreibwarengeschäft<br />
oder<br />
Copy-Shop) ausdrucken.<br />
2 Motiv ausschneiden<br />
und aufbügeln. Samtband<br />
um das Kissen<br />
legen, dann das<br />
überstehende Ende<br />
abschneiden und das<br />
Band annähen.<br />
3 Aus den Resten des<br />
Bandes eine Schleife<br />
binden und diese längs<br />
auf das Band heften.<br />
Fotos: Marie Claire (3), Shutterstock, Amy Butler, Loupe Images<br />
BEZUG NÄHEN Viereckiges Kissen mit einem sogenannten Hotelverschluss. So funktioniert es:<br />
des Kissens <strong>plus</strong> 3 cm Nahtzugabe, Breite <strong>plus</strong> 15 cm Zugabe. 3. Stoff zuschneiden, auf links drehen. So zusammen<br />
84 9 / 2011
3 4 5<br />
Mit Samt, Taft<br />
und Pompon<br />
Kunst aus<br />
Hemd-Knöpfen<br />
Feine Seide für<br />
grobes Leinen<br />
DAS BRAUCHEN SIE DAS BRAUCHEN SIE DAS BRAUCHEN SIE<br />
• Kissenbezug aus<br />
Samt, Brokat oder Taft<br />
• Pompon-Borte<br />
UND SO GEHT ES<br />
1 Borten mit kleinen Kreuzstichen<br />
annähen. Verzieren Sie nur<br />
zwei gegenüberliegende Seiten<br />
mit der Borte, sonst wirken die<br />
Kissen schnell überladen.<br />
TIPP Je opulenter die Stoffe,<br />
umso aufwendiger dürfen auch<br />
die Borten sein. Neben Pompons<br />
eignen sich auch große Quasten und<br />
Kordeln für Kissen aus 1 001 Nacht.<br />
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• Kissen mit einfarbigem<br />
Bezug (Seide)<br />
• Hemden- oder<br />
Blusen-Knöpfe in<br />
verschiedenen Größen<br />
UND SO GEHT ES<br />
1 Mit Schneiderkreide Silhouette<br />
des Eiffelturms (oder anderes<br />
Motiv) auf den Bezug zeichnen.<br />
2 Knöpfe der Größe nach<br />
anordnen und festnähen. Für eine<br />
edle Optik nur Knöpfe in einem<br />
Farbton verwenden.<br />
TIPP Statt Knöpfe flache Perlen<br />
und Steine aufnähen. Große<br />
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Bezug (Leinen)<br />
• grünes Stickgarn<br />
• 3–5 Pailletten<br />
• 1 Seidenblume<br />
UND SO GEHT ES<br />
1 Blüten und Blätter einer<br />
Seidenblume (Bastel-<br />
Laden) vorsichtig vom Stiel<br />
abtrennen.<br />
2 Mit Schneiderkreide einen<br />
1 cm dicken Blütenstiel<br />
auf den Überzug aufzeichnen.<br />
Mit grünem Stickgarn<br />
(Steppstich oder schräger<br />
Stielstich) nachsticken.<br />
3 Abgetrennte Blüten und<br />
Blätter mit farblich passendem<br />
Garn an den Stiel anlegen<br />
und annähen. Pailletten<br />
lose auf dem Überzug<br />
verteilen und anheften.<br />
1. Kissen ausmessen und diese Maße mit Schneiderkreide auf den Stoff malen. 2. Stoffmenge: Länge<br />
legen, dass die Öffnung mittig auf der Rückseite liegt. Zusammennähen, auf rechts drehen.<br />
9 / 2011 85
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87
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Nach gründlichem Check<br />
der Zähne und Diagnose<br />
des Zahnarztes (z. B. Backenzahn<br />
muss raus) wird der<br />
gesetzlich vorgeschriebene<br />
Heil- und Kostenplan (HuK-Plan)<br />
mit allen Preisen für die Behandlung<br />
(Arzthonorar, Material- und<br />
Laborkosten) erstellt. Die Höhe<br />
des Eigenanteils wird einem oft<br />
getrennt zugeschickt.<br />
3<br />
Unsicher?<br />
Dann hier informieren<br />
Eigene Krankenkasse<br />
Anrufen oder persönlichen Beratungstermin vereinbaren,<br />
Heil- und Kostenplan gemeinsam durchgehen.<br />
Preise für Arzt, Labor und Material checken lassen,<br />
Alternativen (z. B. Sonderwünsche wie Keramik-Legierung<br />
in Zahnfarbe, anderes Labor) durchrechnen lassen.<br />
Zweiter Zahnarzt<br />
Mit dem HuK-Plan des eigenen Zahnarztes<br />
zum zweiten Arzt gehen.<br />
Die Beratung ist für gesetzlich Versicherte<br />
kostenlos. Adressen von Ärzten in der Nähe<br />
bekommt man von der Krankenkasse.<br />
1. Arzt<br />
2Dann neuen Termin<br />
beim Zahnarzt machen.<br />
Alle Fragen klären, z. B.<br />
ob die Standardversorgung<br />
(bei fehlendem Backenzahn:<br />
Brücke mit Metall-Legierung)<br />
reicht. Aber: Zahnärzte sind<br />
Unternehmer – man kann mit<br />
ihnen handeln, auch über die<br />
Kosten des Labors.<br />
Patientenberatungsstelle<br />
Neutrale Beratungsinstanz der Bundeszahnärztekammer<br />
und der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen.<br />
Die Ansprechpartner erstellen sonst auch Gutachten für<br />
Zahnärzte, zeigen gegebenenfalls alternative Behandlungen.<br />
Kosten entstehen nur, wenn man das Ergebnis der Beratung<br />
schriftlich haben möchte. Preis ca. 10 Euro.<br />
Adressen und Telefonnummern gibt es bei der eigenen Krankenkasse,<br />
der Verbraucherberatung, über die Bundeszahnärztekammer<br />
(0800) 823 32 83 oder im Internet unter www.<br />
zahnarzt-zweitmeinung.de<br />
Achtung: Die Zahnärzte der Beratungsstelle müssen Neutralität<br />
bewahren und dürfen deshalb nicht selbst behandeln!<br />
Behandlung<br />
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++<br />
88 9 / 2011
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++<br />
Brücke, Krone, Implantat – jeder benötigt mal Zahnersatz. Und der kostet viel<br />
Geld. Studien zeigen: Wer eine zweite Zahnarzt-Meinung einholt und ein günstigeres<br />
Labor findet, spart bis zu 50 %. Wie Sie vorgehen, zeigt diese Übersicht.<br />
Foto: Getty Images (3)<br />
Trotzdem<br />
noch unsicher?<br />
Dann<br />
von einem<br />
zweiten<br />
Zahnarzt<br />
untersuchen<br />
lassen.<br />
Auch<br />
das ist für<br />
gesetzlich<br />
Versicherte<br />
kostenfrei.<br />
Untersuchung<br />
beim 2. Arzt<br />
5Zweite<br />
Meinung<br />
Ist der HuK-<br />
Plan des eigenen Zahnarztes<br />
plausibel? Hat er<br />
über alle Alternativen<br />
(z. B. Implantat statt<br />
Brücke, um wie viel<br />
erhöht sich der Eigenanteil?)<br />
beraten?<br />
Oft bestätigt die zweite<br />
Meinung den Behandlungsvorschlag<br />
des<br />
eigenen Zahnarztes. Und<br />
man kann ruhigen Gewissens<br />
mit der Behandlung<br />
beginnen.<br />
Information<br />
4Rücksprache<br />
mit eigenem<br />
Zahnarzt<br />
Nachdem man alle Informationen<br />
hat, sollte man<br />
nochmals mit dem eigenen<br />
Zahnarzt sprechen. Er hat<br />
meist Röntgenaufnahmen<br />
etc., die für die Untersuchung<br />
beim zweiten Arzt wichtig sein<br />
können. Oder aber er kommt<br />
einem im Preis entgegen.<br />
Für Kopien wird meist eine<br />
kleine Gebühr verlangt.<br />
Übrigens: Man muss kein<br />
schlechtes Gewissen haben.<br />
Zweit-Meinungen einholen ist<br />
eine gängige Praxis und wird<br />
von Krankenkassen ausdrücklich<br />
empfohlen.<br />
2. Arzt<br />
6 Unsicher<br />
geworden,<br />
weil man ein<br />
um mehrere Hundert<br />
Euro günstigeres<br />
Angebot hat?<br />
Dann besser bei<br />
anderem Zahnarzt<br />
behandeln lassen.<br />
Behandlung<br />
Internet-Auktion<br />
Zahnersatz<br />
per Mausklick<br />
Viele Krankenkassen arbeiten<br />
mit Internet-Portalen wie<br />
www.medikompass.de und<br />
www.zahngebot.de<br />
(0 81 51) 44 49 70 oder<br />
www.2te-zahnarztmeinung.de<br />
(02 11)2 39 29 80 zusammen.<br />
Hier kann sich jeder kostenlos<br />
anmelden, den HuK-Plan<br />
einstellen, faxen oder per Post<br />
schicken und auf Angebote von<br />
Zahnärzten warten.<br />
Normalerweise geben mehrere<br />
Zahnärzte ihre Angebote ab,<br />
z. B. für Backenzahnkrone mit<br />
Metall-Legierung<br />
(Preis ca. 590 Euro).<br />
Nach etwa 5 Werktagen enden<br />
Auktionen meistens. Gespart<br />
werden laut Stiftung Warentest<br />
zwischen 20 und 50 Prozent.<br />
Dann Kontakt zum Zahnarzt<br />
aufnehmen, ggfs. Behandlungstermin<br />
vereinbaren.<br />
Tipp: Wer lieber beim eigenen<br />
Zahnarzt bleiben möchte,<br />
sollte ihm das günstigere Angebot<br />
zeigen.<br />
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++<br />
9 / 2011 89
Einkaufen & Sparen<br />
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++<br />
Können Sie<br />
ab Mai<br />
noch fernsehen?<br />
700 000 Haushalte sehen<br />
ab 30. April 2012 nichts<br />
mehr. Denn dann wird<br />
das analoge Satelliten-<br />
Fernsehen abgestellt. Was<br />
tun? Braucht man<br />
etwa ein neues TV-Gerät?<br />
Wer ist vom Ende des<br />
analogen TV betroffen?<br />
Alle Haushalte, die TV über<br />
analoge Satelliten-Anlagen<br />
empfangen – das sind bundesweit<br />
etwa 700 000.<br />
Aber: Für alle, die Kabel-TV<br />
oder eine digitale Satelliten-<br />
Schüssel haben oder übers<br />
Internet TV gucken, ändert<br />
sich gar nichts.<br />
Wie erkennt man, ob man<br />
noch analog oder<br />
schon digital fernsieht?<br />
Ganz einfach: TV einschalten<br />
und auf die Bildschirmtext-Seite<br />
198 (ARD oder<br />
ZDF) gehen. Dort steht „Sie<br />
empfangen bereits digital“<br />
oder „Sie empfangen analog,<br />
am 1. Mai 2012 wird<br />
das Signal abgeschaltet“.<br />
Und wenn man analog TV<br />
schaut, was ist zu tun?<br />
Zwei Dinge beachten:<br />
• Da alte analoge Satelliten-Schüsseln<br />
auf Dach<br />
oder Balkon keine digitalen<br />
Signale empfangen können,<br />
diese mit neuem, sogenanntem<br />
Signalumsetzer (LNB)<br />
DAS SOLLTE IHR NEUES TV-GERÄT KÖNNEN<br />
Mind. eine Form des DVB-Empfangs**, meist verfügen<br />
neue Geräte über mehrere Möglichkeiten.<br />
Gute<br />
Fernseher<br />
CI+-Schnittstelle Für Smart-Karte (um private<br />
und<br />
Bezahlsender empfangen zu können).<br />
Sat-<br />
HDMI Ideal sind mehrere HDMI-Eingänge für<br />
Receiver<br />
DVD- und Blu-Ray-Spieler, Camcorder, Spielekonsolen<br />
wie Sony Playstation oder Nintendo Wii.<br />
90 9 / 2011<br />
nachrüsten lassen – am<br />
besten vom Fachmann.<br />
• Außerdem benötigen Sie<br />
ein digitales Extra-Empfangsgerät<br />
(Sat-Receiver).<br />
Können auch noch ältere<br />
Röhren-Fernseher digitale<br />
Signale empfangen?<br />
Ja und nein. Ein älterer<br />
Fernseher kann Signale<br />
empfangen, aber nicht die<br />
bessere Bildqualität des<br />
Digitalfernsehens darstellen.<br />
Wie teuer ist Umrüsten?<br />
Gute Receiver (siehe unten)<br />
kosten ca. 80 Euro, LNB ca.<br />
50 Euro, Montage und Anschluss<br />
ca. 100 Euro, alles in<br />
allem also ca. 230 Euro.<br />
Gibt es auch Fernseher<br />
mit einem integrierten<br />
Sat-Receiver?<br />
Fast alle neuen TV-Geräte<br />
haben eingebaute Receiver.<br />
Gibt es Alternativen zu<br />
Sat-TV und Sat-Receiver?<br />
Ja. Entweder das – abgesehen<br />
von GEZ-Gebühren –<br />
kostenlose digitale terrestrische<br />
Fernsehen (DVB-T)<br />
oder Fernsehen via Internet.<br />
Welche Geräte benötigt<br />
man für DVB-T?<br />
• Alle TV-Geräte, auch alte,<br />
sind DVB-T-fähig.<br />
• Sie benötigen nur einen<br />
externen DVB-T-Receiver (ab<br />
40 Euro) und eine Zimmerantenne<br />
(ab 15 Euro).<br />
• Ist Ihr TV-Gerät jünger als<br />
drei Jahre, dann dürfte ein<br />
DVB-T-Empfänger bereits<br />
eingebaut sein; dies ist seit<br />
etwa 2008 die Regel.<br />
Und für Internet-TV?<br />
Datenflat, passende Software<br />
und Extra-Empfangsbox<br />
kosten zusammen ab<br />
ca. 100 Euro. Aber: Oft sind<br />
Leitungen zu langsam.<br />
GUTE<br />
RECEIVER*<br />
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Dreambox DM 800,<br />
530 Euro<br />
Kathrein UFS 940sw,<br />
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+++ Toshiba 40VL748, 102 cm, 600 Euro<br />
+++ Sony KDL-46HX805, 117 cm, 1.000 Euro<br />
+++ Philips 37PFL8605K, 94 cm, 780 Euro<br />
+++ Samsung LE 40D579, 101 cm, 750 Euro<br />
Alle Fernsehgeräte mit eingebautem Empfänger<br />
für DVB-C, DVB-T und DVB-S<br />
* Quelle: Stiftung Warentest. **DVB-S = digitales Satellitenfernsehen. DVB-C = digitales Kabelfernsehen. DVB-T = digitales terrestrisches Fernsehen.<br />
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++<br />
Foto: DDP (1), Ullstein (1), InterTopics (1), Plainpicture (1), Süddeutsche Zeitung (1), Hipp Foto (2), PR (7)
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Vor Druck<br />
anschauen<br />
Sie möchten eine<br />
Seite ausdrucken<br />
und vorher sehen,<br />
wie sie gedruckt<br />
aussieht? Wenn<br />
Sie gleichzeitig<br />
„Strg“ + „alt“ + „i“<br />
drücken, können<br />
Sie eine Druckansicht<br />
aufrufen.<br />
Schöneres Schriftbild<br />
mit Word: So geht’s!<br />
Sie möchten in Ihrem Word-Dokument einige Worte hervorheben, die<br />
Art der Schrift oder die Größe ändern? So gelingt es ganz leicht!<br />
1<br />
Einen Text anlegen<br />
Zuerst öffnen Sie ein<br />
neues Word-Dokument.<br />
Dazu in der Befehlsleiste<br />
„Datei“ und „Neu“<br />
wählen. Sie haben nun<br />
zwei Möglichkeiten:<br />
• Sie können Ihren Text<br />
zuerst eingeben und das<br />
Schriftbild später durch<br />
Markieren der Worte oder<br />
Sätze ändern.<br />
• Oder Sie legen das Schriftbild<br />
schon vor dem Schreiben<br />
fest. Wichtig ist, dass<br />
Sie den Text zwischendurch<br />
sichern.<br />
Das Werkzeug, um Texte zu<br />
bearbeiten und zu formatieren<br />
finden Sie bei Word<br />
oben in der Symbolleiste.<br />
Klicken Sie auf „Start“ und<br />
Sie erhalten alle Symbole,<br />
die Sie benötigen.<br />
2Schriftgröße wählen<br />
Wenn eine Schrift die<br />
Schriftgröße 10 pt („pt“ =<br />
Maßeinheit „Punkt“) hat,<br />
ist eine Zeile auf dem Papier<br />
etwa 3,5 mm hoch.<br />
Klicken Sie auf den Pfeil<br />
rechts neben der Zahl und<br />
„scrollen“, also rollen Sie<br />
mit der Maus auf die gewünschte<br />
Punktgröße. Für<br />
einen längeren Text sind<br />
Schriftgrößen von 10 oder<br />
12 pt am besten. Überschriften<br />
sollten nicht größer<br />
als 28 pt sein.<br />
Art der Schrift<br />
3 Links neben dem Feld<br />
für die Punktgröße sehen<br />
Sie ein Feld, das die verfügbaren<br />
Schriften zeigt. Wählen<br />
Sie über den Pfeil rechts<br />
daneben die passende<br />
Schrift aus. Hier einige<br />
Beispiele für dieselbe<br />
Schriftgröße, aber verschiedene<br />
Schriftarten:<br />
• Arial 9 pt<br />
• Arial Black 9 pt<br />
• Chalkboard 9 pt<br />
• Times New Roman 9 pt<br />
1. Wenn Sie<br />
auf „Start“<br />
klicken, öffnet<br />
sich die Symbolleiste.<br />
4<br />
Etwas hervorheben<br />
Manchmal möchte man<br />
einzelne Wörter oder einen<br />
Satz im Text betonen. Dazu<br />
gibt es diese Möglichkeiten:<br />
• Fett<br />
• Kursiv<br />
• Unterstrichen<br />
Tipp: Heben Sie nicht zu<br />
viele Worte hervor, sonst<br />
wirkt es nicht mehr, der<br />
Text wird unübersichtlich.<br />
5Absätze gestalten<br />
Mit einer weiteren Funktion<br />
können Sie ganze Absätze<br />
gestalten, entscheiden, ob ein<br />
Text links- oder rechtsbündig<br />
geschrieben werden soll.<br />
2. Klicken Sie auf<br />
den Pfeil.<br />
Wählen Sie aus<br />
Schriftart und<br />
-größe eine aus.<br />
3. Über diese<br />
Symbole gestalten<br />
Sie Absätze<br />
z. B. links- oder<br />
rechtsbündig.<br />
Illustration: Dieter Braun<br />
UNSERE EXPERTIN BRIGITTE KAFKA VOM SENIOREN-INTERNET-CAFÉ INTERN@TTO IN GLADBECK<br />
92 9 / 2011
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Wir nutzen nur Ihre anlässlich von Bestellungen anfallenden<br />
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widersprechen. Geschenk, solange Vorrat reicht.<br />
Straße, Hausnummer<br />
PLZ<br />
Ort<br />
Telefonnummer (für Rückfragen und bes. Angebote)<br />
E-Mail (für Rückfragen und bes. Angebote)<br />
Ja, ich möchte von weiteren Vorteilen profitieren. Deshalb bin ich<br />
einverstanden, dass Bayard Media mich zukünftig per Telefon und/<br />
oder E-Mail über interessante Angebote und Aktionen informiert.<br />
Bankleitzahl<br />
Geldinstitut<br />
Ich zahle per Rechnung<br />
Datum<br />
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Bitte einsenden an: Aboservice, <strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong>, Heuriedweg 19, 88131 Lindau<br />
Vertragspartner: Bayard Media GmbH & Co. KG, Böheimstraße 8, 86153 Augsburg, HRA 15029 Augsburg, Geschäftsführung: Horst Ohligschläger.<br />
8160
RÄTSEL<br />
Sudoku<br />
In jeder Zeile, Spalte und jedem 9er-Block aus 3 × 3 Käst chen<br />
müssen alle Zahlen von 1 bis 9 stehen! Beim leichten<br />
Su doku oben links sind die Vieren ein guter Ansatz, beim mittleren<br />
Sudoku daneben die letzte Spalte. Die Hürde beim<br />
kniffligen Sudoku: Die vier Zahlen der zweiten Spalte, die auch in<br />
der neunten stehen, legen die Verteilung in der ersten Zeile fest.<br />
Lösungswort aus Heft 7/2011<br />
Gewonnen hat<br />
Der Gewinn:<br />
Lösung aus<br />
Heft 8/11:<br />
Rosmarin<br />
Auflösungen<br />
Amazonas<br />
Renate Lösch, Winsen<br />
Ein Wertgutschein (800 Euro) für<br />
das luxuriöse Dorint Strandresort<br />
& Spa auf Sylt/Westerland<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!<br />
94 9 / 2011
DAS KENNEN SIE AUCH!<br />
Angelika Euler hat vier Kinder und sechs Enkel und erzählt<br />
jeden Monat aus ihrem alltäglich turbulenten Leben.<br />
Fotos: Franklin Berger (1), Shutterstock (1)<br />
Da rennt er mir<br />
entgegen, der blonde Junge.<br />
„Mein“ Tobi. Und fast<br />
bin ich versucht, die Arme<br />
auszubreiten. So wie damals,<br />
im Kindergarten, als<br />
er mich immer fast umwarf<br />
vor Freude. Gott sei Dank<br />
habe ich mich gerade noch<br />
besonnen, schließlich sähe<br />
das komisch aus – bei einem<br />
Zehnjährigen. Außerdem<br />
fliegt er <strong>ohne</strong>hin an mir<br />
vorbei, seinem Kumpel Paul<br />
entgegen. Dem muss er<br />
„ganz schnell“ noch etwas<br />
„gaaaanz Wichtiges“ erzählen.<br />
Klar doch, Tobi, versteh<br />
ich. Und trotzdem ist er<br />
wieder da. Dieser schmerzvolle<br />
Stich, den ich in letzter<br />
Zeit häufig spüre. Es ist das<br />
Wissen um das „Vorbei“,<br />
das „Nie-mehr-wieder“.<br />
Früher, da war der Montag<br />
für uns ein „magischer<br />
Tag“ (da holte ich ihn immer<br />
vom Kindergarten ab).<br />
Unser Tag, an dem ich mir<br />
immer etwas Besonderes<br />
ausgedacht habe. Zum<br />
Flüsschen gehen und barfuß<br />
über die Baumstämme<br />
balancieren. Die Spitze des<br />
Leopoldsberges erklimmen.<br />
Zusammengekuschelt auf<br />
dem Sofa Geschichten vorlesen.<br />
Früher wusste ich<br />
genau, wie ich seine Kinder-<br />
Augen zum Leuchten<br />
bringe. Und heute? Sitzt<br />
mir die Unsicherheit ständig<br />
im Nacken: „Will Tobi wirklich<br />
den Nachmittag mit<br />
seiner alten Omi verbringen<br />
oder doch lieber mit seinen<br />
Kumpels spielen? Warum ist<br />
Mein<br />
großer<br />
kleiner<br />
Tobi<br />
!<br />
test du denn? Es ist doch<br />
völlig normal, dass Tobi<br />
sich abnabelt. Er ist ein<br />
großer Junge, wird erwachsen.<br />
Das muss so<br />
sein …“, sagt mein Kopf.<br />
Aber ich will ihn nicht ganz<br />
verlieren …“, sagt mein<br />
Herz. – Dass das aber auch<br />
nie aufhört. Diese Sehnsucht,<br />
dass irgendetwas<br />
einmal „bleiben“ möge.<br />
Schon bei Tobis Mutter<br />
fing es an. Sie war mein<br />
erstes Kind, und auch sie<br />
verließ mich (natürlich)<br />
eines Tages, ging ihre eigeer<br />
so still? Früher ist doch<br />
alles nur so aus ihm herausgesprudelt.<br />
Nerve ich ihn<br />
etwa oder ist er nur ruhiger<br />
geworden? Ich weiß es<br />
nicht. Und traue mich auch<br />
nicht zu fragen. Könnte er ja<br />
doof finden. So entrückt er<br />
mir. Von Mal zu Mal ein<br />
bisschen mehr. Als hätte sich<br />
eine unsichtbare Glasscheibe<br />
zwischen uns geschoben.<br />
„Dumme alte Gans“,<br />
schelte ich mich dann,<br />
wenn es mal wieder so<br />
richtig pikst. „Was erwar-<br />
nen Wege. Genauso wie<br />
meine anderen drei Kinder.<br />
Und jedes Mal blutete<br />
mein Herz, wie jetzt ...<br />
Und dann – ganz plötzlich<br />
– sind sie wieder da. Diese<br />
magischen Momente, in<br />
denen Tobi mir wieder ganz<br />
vertraut ist. So wie heute:<br />
Wir waren in der Oper, die<br />
er so liebt, seit er ein ganz<br />
kleiner Kerl ist. Genauso<br />
wie ich. Und jetzt, nachdem<br />
wir noch in der Küche<br />
geplaudert haben, schlüpft<br />
er in den Pyjama, der ihm<br />
schon viel zu kurz ist, und<br />
ins frisch überzogene Bett<br />
– „sein“ Bett. „Gute Nacht,<br />
Tobi“, sage ich, unsicher. Ob<br />
er wohl noch einen Gute-<br />
Nacht-Kuss von mir will?<br />
Er nimmt schon fast die<br />
ganze Länge des Bettes ein.<br />
Ein enttäuschter Ausdruck<br />
huscht über sein liebes<br />
Jungengesicht. „Was? Du<br />
gehst schon?“ (Es ist 11!)<br />
„Leg dich doch noch mal<br />
zu mir. Bitte, bitte.“ – Ganz<br />
verwirrt vor Glück schlüpfe<br />
ich zu ihm und er schmiegt<br />
sich zutraulich an mich.<br />
„Ach Omi!“, flötet er. „Bei dir<br />
ist’s immer so gemütlich!“<br />
Und so bleibe ich bei ihm,<br />
bis sein tiefer, regelmäßiger<br />
Atem mir zeigt, dass er<br />
schläft. Mit leisem Schmerz<br />
betrachte ich ihn: die<br />
langen Wimpern, die<br />
zarten Wangen, den leicht<br />
geöffneten kindlichen<br />
Mund. Wie lange noch?<br />
Aber dann sage ich mir:<br />
„Carpe diem!“, und gehe<br />
dankbar in mein Bett.
UNSER LEBEN<br />
Darf ich bitten?<br />
Auch wer allein<br />
kommt, findet in<br />
der „Strandbar<br />
Mitte“ schnell<br />
jemanden zum<br />
Tanzen – mit Blick<br />
auf die Spree.<br />
96 9 / 2011
Lass<br />
uns<br />
TEXT<br />
FOTOS<br />
Christina Bylow<br />
Sabine Braun<br />
Walzer, Foxtrott, einfach so unter freiem Himmel. Jeden Abend treffen sich in<br />
Berlin Alt und Jung, um zu tanzen – für ein paar Minuten oder die halbe Nacht.<br />
Sie ist allein gekommen, die elegante Frau<br />
um die 50. Das kastanienbraune Haar fällt<br />
ihr in großen Locken über die Schultern. Das türkisfarbene<br />
Kleid leuchtet wie ein Signal, als sie<br />
an die Tanzfläche herantritt. Sie lässt den Blick<br />
wandern, lächelt jemandem zu. Und beginnt<br />
sich ganz sacht im Takt der Musik hin- und herzuwiegen.<br />
„Mamama Mama Maria“, schallt es<br />
aus den Lautsprechern, ein Schlager von Ricchi<br />
& Poveri, aus den frühen Achtzigern. Ein junger<br />
Mann tritt an ihre Seite, kariertes Hemd,<br />
9 / 2011<br />
97
UNSER LEBEN<br />
Sie suchen<br />
gute Tanzmusik?<br />
Die<br />
Doppel-CDs<br />
der Reihe<br />
„Ballroom<br />
Nights“<br />
bieten<br />
die ganze<br />
Palette von<br />
Standard und<br />
Latein. Ab<br />
25 Euro, im<br />
Fachhandel.<br />
entschlossen, ihr zu gefallen. Sie nickt,<br />
und schon zieht er die Dame in Türkis<br />
zu sich heran. Gemeinsam schweben<br />
sie übers knarrende Holz-Parkett.<br />
Die Strandbar Mitte in Berlin ist Jahrmarkt,<br />
Bühne und Spielfeld zugleich,<br />
ein Platz, an dem sich jeden Abend<br />
Menschen treffen: Ältere und Jüngere,<br />
Frauen und Männer, Paare und Alleinstehende.<br />
Wer Zeit und Lust hat, kommt<br />
und bleibt. Für ein paar Minuten, für<br />
eine Stunde, für die halbe Nacht. Jeder<br />
tanzt mit jedem. Einfach so. Weil<br />
es Spaß macht, weil es das Schönste ist<br />
in einer lauen Sommernacht.<br />
Gegenüber ragt das neobarocke Bodemuseum<br />
wie ein gewaltiger Schiffsrumpf<br />
aus der Spree. Nur ein Uferweg<br />
trennt Tanzfläche und Fluss. Ausflugsschiffe<br />
tuckern unter der grazilen Monbijoubrücke<br />
hindurch, aus dem Tunnel<br />
hallen Schiffshupen. Oben verhallen die<br />
letzten Kinderstimmen vom Abenteuer-Spielplatz.<br />
In der Ferne rollen die<br />
rot-gelben Waggons der S-Bahn durch<br />
den blassen Abendhimmel. Die Stadt<br />
drosselt nur ganz langsam ihr Tempo,<br />
während immer mehr Menschen stehen<br />
bleiben, sich an der halbrunden, selbst<br />
gezimmerten Theke etwas zu trinken<br />
holen, um von oben dem gemächlichen<br />
Treiben zuzuschauen.<br />
Die Tanzfläche füllt sich. Doch die<br />
Dame in Türkis tanzt durch alle hindurch.<br />
Sie ist schon wieder vergeben.<br />
Den langsamen Walzer bekommt der<br />
Herr mit Anzughose, Brille und weißem<br />
Hemd. Sie schließen die Augen und sind<br />
bald eins mit dem Takt, gleiten dahin zu<br />
Curtis Stigers „I Wonder Why“.<br />
Nur Augen für sie<br />
Die Holztreppe, die zur Tanzfläche<br />
führt, wird zur Zuschauertribüne. Junge<br />
Mädchen sitzen und plaudern, Studenten,<br />
eine Gruppe Anwälte, Berliner<br />
und Touristen, ein Paar um die 60. Prosecco,<br />
Bier und Orangina trinkend tauschen<br />
sie aus, wo man auch in anderen<br />
Städten hingehen kann, wenn man einfach<br />
nur tanzen will. In die „Bar Nando“<br />
in Hamburg zum Beispiel oder in<br />
den Nightclub im Münchner Hotel Bayerischer<br />
Hof (siehe unten). Doch nirgends,<br />
da sind sich alle einig, sei die<br />
Atmosphäre so berauschend wie hier<br />
in der Strandbar.<br />
Die Musik geht sofort in die Beine.<br />
„Nur der Boden ist ziemlich stumpf“,<br />
sagt Marlies mit dem grauen Bob zu<br />
ihrer Freundin. „Da musst du halt die<br />
Füße hochheben“, antwortet die und<br />
lacht. Dann tanzen sie zusammen zu<br />
Hildegard Knefs „Für mich soll’s rote<br />
Rosen regnen“. Wieder ein Walzer!<br />
Die Holztreppe leert sich im Handumdrehen.<br />
Die Anwälte fordern drei<br />
der Mädchen auf, die in ihren fließenden<br />
Cocktail-Kleidern aussehen<br />
wie beim Abschlussball. Dabei lachen<br />
sie und zwinkern sich zu, während so<br />
mancher der Männer noch etwas verkrampft<br />
auf seine Füße schaut, um<br />
der Tanzpartnerin nicht auf die zarten<br />
Ballerinas zu treten.<br />
Der etwa 60-jährige, kräftige Mann<br />
in Jeans und lässigem T-Shirt hat dagegen<br />
nur Augen für die Frau in Türkis.<br />
Ob beim Walzer oder danach bei<br />
der Rumba – unentwegt blickt er sie<br />
an, dreht sie mit Leichtigkeit wie eine<br />
Feder im Rhythmus der Musik über<br />
die Tanzfläche.<br />
Die Frau, mit der er gekommen ist,<br />
hat sich unterdessen einen der Anwälte<br />
geschnappt. Er habe lange keine Rumba<br />
mehr getanzt, entschuldigt der sich,<br />
doch sie lacht seine holprigen Schritte<br />
einfach weg. Was hier zählt, ist Spaß.<br />
TANZEN GEHEN – DIE BESTEN ADRESSEN BERLIN Strandbar Mitte, Monbijoustr. 3. Täglich außer sonntags, von Tango bis Swing. www.strandbar-mitte.de |<br />
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Jive oder<br />
Foxtrott,<br />
Rumba oder<br />
langsamer<br />
Walzer: In<br />
der „Strandbar<br />
Mitte“<br />
wird kein<br />
Tanz aus–<br />
gelassen.<br />
Oft bis in<br />
die frühen<br />
Morgenstunden.<br />
98 9 / 2011
„Tanz ist mein Leben“<br />
Aber auch Leidenschaft und Hingabe,<br />
so wie sie die ältere Dame im korallenroten<br />
Kleid geradezu zelebriert.<br />
Das silberne Haar zu einem eleganten<br />
Dutt hochgesteckt, setzt sie jeden Schritt<br />
wie eine Ballerina, aufrecht, grazil, elegant.<br />
Die Lippen rot geschminkt, am<br />
Ringfinger glitzert eine Kugel aus Strass.<br />
Ihr Begleiter im dunklen Hemd hat behutsam<br />
die Hand um ihre mädchenhaft<br />
schmale Taille gelegt. Und sie lächelt<br />
versonnen. In welche Zeit ihres Lebens<br />
sie sich wohl gerade zurücktanzt? Und<br />
warum hat sie Tränen in den Augen, als<br />
Schostakowitschs „Valse Triste“ erklingt?<br />
Später, als sie eine kleine Pause macht,<br />
wird sie erzählen: Lona Jakob heiße sie,<br />
sie sei bereits 89 und, ja, früher Ballett-<br />
Tänzerin gewesen. „Tanz ist mein Leben“,<br />
sagt sie. Und Tanzen weckt Erinnerungen,<br />
an ihren verstorbenen Mann<br />
und auch an das Mädchen, das noch immer<br />
in ihr steckt. In ihrem Alter sei Tanzen<br />
außerdem gut für die Organe. Vor<br />
allem fürs Herz. Fast jede Woche komme<br />
sie deshalb hierher, mit dem Herrn Martineck,<br />
ihrem Nachbarn und Tanzpartner.<br />
Aber sonst sei da nichts ...<br />
Und noch ein anderes Paar zieht<br />
die Blicke auf sich: Uta Dornig, Mitte<br />
40, sehr attraktiv, gut trainierte Beine,<br />
Dir gehört der<br />
nächste<br />
Kommst du bald wieder?<br />
schwarzes Neckholder-Kleid, Riemchen-<br />
Pumps. Als Jugendliche, da war sie Turniertänzerin.<br />
Doch das ist 30 Jahre her.<br />
Viele Jahre hat sie nicht getanzt, bis die<br />
Leidenschaft sich wieder Bahn brach.<br />
Sie hat keinen Tanz vergessen, kennt<br />
alle Schrittfolgen genau. Tanzen ist wie<br />
Radfahren. Das verlernt man nicht.<br />
In der Strandbar, auf der Tanzfläche<br />
unter freiem Himmel, fühlt sie sich<br />
wohl. Meistens kommt sie allein, denn<br />
hier findet sie immer jemanden zum<br />
Tanzen. Nur heute hat sie sich sicherheitshalber<br />
verabredet – mit Christoph<br />
Schinkel, 29, Schauspielstudent, früher<br />
Turniertänzer, so wie sie. Die beiden<br />
harmonieren perfekt. Beim Jive fliegt<br />
ihr Kleid meterhoch, die Schrittfolgen<br />
sind virtuos, fast akrobatisch, eine Augenweide<br />
für das Publikum.<br />
Die drei jungen Spanierinnen, die zusammengezwängt<br />
in einem der Strandkörbe<br />
sitzen, klatschen begeistert. Und<br />
auch Lona Jakob und ihr Begleiter nicken<br />
anerkennend. Selbst ein Jogger,<br />
der am Uferweg vorbeihasten wollte,<br />
bleibt eine Weile stehen und betrachtet<br />
fasziniert, was<br />
sich auf der Tanzfläche<br />
abspielt. „Findet das hier jeden<br />
Abend statt?“, will er wissen. Und staunt,<br />
als er hört: „Ja, jeden Abend.“ Das muss<br />
er seiner Frau erzählen, lacht und läuft<br />
weiter, froh, heute die neue Laufrunde<br />
an der Spree getestet zu haben.<br />
Inzwischen ist die Sonne untergegangen,<br />
der Himmel wölbt sich wie dunkelblaue<br />
Seide über die Stadt. Scheinwerfer<br />
reflektieren die kleinen Wellen<br />
der Spree auf die stolze Sandsteinfassade<br />
des Bode-Museums und auf die<br />
Tanzfläche. Bunte Lichterketten und die<br />
silberne Discokugel erinnern an Tanzpartys<br />
aus früheren Zeiten. Aus den<br />
Lautsprechern klingt „Moon River“.<br />
Frank Sinatra singt für Verliebte. Ein<br />
inniges Stück, fast zu langsam zum Tanzen.<br />
Pärchen setzen sich an die Tische,<br />
halten Händchen, nippen an Cocktails.<br />
Und von der Dame im türkisfarbenen<br />
Kleid ist plötzlich nichts mehr zu sehen.<br />
Auch einer ihrer Tanzpartner, der<br />
Mann im gestreiften Hemd, scheint verschwunden<br />
zu sein. Vielleicht treffen<br />
sie sich hier einmal wieder. Vielleicht<br />
schon morgen?<br />
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9 / 2011 99
Danke für Ihre Post<br />
Ihre Reaktionen zu den letzten Ausgaben<br />
Föhrs Kapitänshäuser 7/2011<br />
Bei uns auf Föhr<br />
Moin, liebe Redaktion! :-) In Dresden<br />
geboren, w<strong>ohne</strong> ich seit 11 Jahren<br />
auf Föhr. Nicht genug Zeit, um alles<br />
zu kennen. Das schöne kleine, verwunschene<br />
Haus mit dem Spruch<br />
über der Tür bestaune ich des Öfteren,<br />
es steht in der Mühlenstraße in<br />
Wyk. Und geräucherte Makrelen sind<br />
Es sind die kleinen Details, die eine Insel<br />
wie Föhr so liebenswert machen.<br />
wirklich eine Spezialität. Bei uns im<br />
Garten steht ein kleiner Räucherofen<br />
und die Makrelen sind natürlich auch<br />
selbst gefangen. Auf dem Foto sind<br />
gerade Forellen geräuchert worden.<br />
Lecker! Die Gäste auf Föhr werden in<br />
der Zwischenzeit immer zahlreicher,<br />
das spricht für sich. Also „Danke“ an<br />
euch für den Beitrag.<br />
Regina Badics, Wyk auf Föhr<br />
Reise zum Südpol, 7/2011<br />
Sehr gelungen<br />
Kompliment! Der Antarktis-Artikel<br />
ist sehr gut gelungen. Ich kann und<br />
darf das sagen, da ich der erwähnte<br />
Icemaster Kapitän Heinz Aye bin.<br />
Heinz Aye, per E-Mail<br />
Gesunde Leber 3/2011<br />
Löwenzahn-Kur<br />
Ich mache jedes Frühjahr eine Kur,<br />
um die Organe zu stärken. Mein Tipp:<br />
Löwenzahn-Extrakt, um Leber, Galle,<br />
Bauchspeicheldrüse usw. zu heilen.<br />
Man nehme: etwa 30 frische Löwenzahn-Blüten<br />
mit wenigen Zentimetern<br />
Stängel, waschen, danach noch zweimal<br />
nachspülen und ablaufen lassen.<br />
Blüten in einem großen Topf mit einem<br />
Liter Wasser zum Kochen bringen<br />
und 15 Minuten köcheln lassen. Vom<br />
Herd nehmen und ein paar Stunden<br />
stehen lassen. Alles durch ein Sieb drücken,<br />
Flüssigkeit mit einem Kilo Zucker<br />
und drei ausgepressten Zitronen<br />
aufkochen und 5 Minuten ziehen lassen.<br />
Dann in Flaschen mit Schraubverschluss<br />
füllen und nach dem Erkalten<br />
in den Kühlschrank stellen. Morgens,<br />
vor dem Frühstück, 1–2 Schnapsgläser<br />
voll trinken. Viel Erfolg!<br />
Maria Krebs, Lingen<br />
Mein Busen 6/2011<br />
Auch optische Dinge<br />
Hiermit möchte ich mich für den tollen<br />
Beitrag „Mein Busen“ im Heft 6/2011<br />
Der Busen verändert sich im Laufe des<br />
Lebens. Doch was ist normal?<br />
bedanken. Da stand wirklich mal alles<br />
Wissenswerte drin. Vor allem fand ich<br />
gut, dass auch optische Dinge angesprochen<br />
wurden. Dass z. B. Haare um<br />
den Busen wachsen können. Ich selbst<br />
ging mit 19 Jahren deshalb zum Frauenarzt,<br />
dieser riss mir auf unsensible Art<br />
einfach ein Haar heraus und meinte,<br />
die haben keine Wurzel. Der Arzt hatte<br />
keine Ahnung! Vor allem war ich total<br />
schockiert und es tat natürlich weh!!!<br />
Hoffe, durch Ihre Aufklärung passiert<br />
das anderen Frauen nicht mehr!<br />
Regina Igerst, per E-Mail<br />
So will ich im Alter leben 1/2011<br />
Wir suchen Anregungen<br />
W<strong>ohne</strong>n im Alter, vor allem alternative<br />
Wohnformen sind ein wichtiges<br />
Thema. Wir sind eine Gruppe<br />
von bis jetzt 5 Personen im Alter<br />
zwischen 46 und 57 und planen,<br />
uns ein Wohnprojekt zu errichten.<br />
Dabei stellen wir uns vor, mit mehreren<br />
Menschen zusammen in einer<br />
Hausgemeinschaft zu leben. Jeder<br />
sollte eine eigene seniorengerechte<br />
Wohnung haben (Eigentum oder<br />
Miete), es sollten aber auch Gemeinschaftsräume<br />
vorhanden sein. Gerne<br />
würden wir mit Menschen Kontakt<br />
aufnehmen, die solche Projekte<br />
ebenfalls planen oder schon Erfahrungen<br />
damit gesammelt haben.<br />
Deshalb sind wir für jede Anregung<br />
dankbar. In Ihrer Januar-Ausgabe<br />
haben Sie das Thema angeschnitten.<br />
Vielleicht wäre es ja möglich,<br />
so etwas wie eine Ideenbörse zu<br />
schaffen. Denn viele befinden sich in<br />
der Phase, in der sie sich Gedanken<br />
übers W<strong>ohne</strong>n im Alter machen.<br />
Beate Osthues, per E-Mail<br />
Foto: K.E. Haun (2), Shutterstock (1), iStockphoto (1), Privat (2)<br />
<strong>plus</strong> <strong>Magazin</strong>, Chefredaktion, Lindenstraße 20, 50674 Köln, <strong>plus</strong>magazin@bayard-media.de, ✆ (02 21) 2 77 57-0, Fax (02 21) 2 77 57-10. Für<br />
100 9 / 2011
Ein Pferd stricken 6/2011<br />
Strick-Ideen<br />
Verzweifelt suchte Marina te Gempt eine Strick-<br />
Idee für ein Kuschelpferd für ihre Enkelin.<br />
Gut, dass es andere <strong>plus</strong>-Leserinnen gibt!<br />
Ich habe für<br />
Marina te Gempt<br />
eine Strickanleitung<br />
gefunden. Dieses<br />
Pferd ist zwar<br />
braun, das dürfte<br />
aber kein Problem<br />
sein: www.strickenstrickmuster.de/<br />
strickanleitung.html<br />
Monika Pfeiffer,<br />
per E-Mail<br />
WIR SUCHEN<br />
Mein „Tipp“ für<br />
ein Steckenpferd:<br />
einen Wollstrumpf<br />
über einen ausgedienten<br />
Gehstock<br />
mit rundem Griff<br />
ziehen, Strumpf<br />
mit Füllwatte ausstopfen,<br />
dann mit<br />
Mähne, Augen, Maul<br />
versehen. Fertig!<br />
Angela König,<br />
per E-Mail<br />
Ich suche Lehrlinge aus „Marggraffshof“, mit<br />
denen ich 1952–1954 zusammen im Wohnheim lebte:<br />
Ingelore Werstedt, die damals in Potsdam<br />
in der Hegel-Allee wohnte. Klaus Kretschmar kam aus<br />
Klausdorf bei Luckenwalde, Erna Vogel aus<br />
Berlin-Weißensee, Jürgen Raab wohnte in Berlin auf der<br />
Schönhauser Allee, Eberhard Arndt war aus Teltow.<br />
Christa Bär (geb. Hoffmann), Berlin<br />
erscheint in der Bayard Media GmbH & Co. KG.<br />
ISSN 1619-6023<br />
Lindenstraße 20, 50674 Köln, Tel.: (02 21) 2 77 57-0,<br />
Fax: (02 21) 2 77 57-10, E-Mail: <strong>plus</strong>magazin@bayard-media.de<br />
chefredaktion: Jürgen Sinn<br />
stellvertretende chefredakteurin: Alexandra Schlump<br />
creativ-direktion: Klaus Springer (lorenzspringer medien, München)<br />
redaktion: Bernd Bücheler, Elke Kressin, Susanne Mittenhuber (frei),<br />
Tessa Randau, Heiko Schlierenkamp<br />
layout: Corinne Desponds, Anita Kolb, Sabine von Riewel<br />
bildredaktion: Birgit Cramer (verantw.)<br />
sekretariat: Gisela Kroll, Elke Peterson<br />
schlussredaktion: Bernd Kuschmann<br />
ständige autoren: Steuerberaterin Gabriele Prasser, Ökotrophologin Birgitta Tummel,<br />
Rechtsanwalt Rainer Steppan, Elisabethstraße 3, 40217 Düsseldorf<br />
verlag: Bayard Media GmbH & Co. KG, Böheimstraße 8, 86153 Augsburg,<br />
Tel.: (08 21) 45 54 81-0, Fax: (08 21) 45 54 81-10<br />
geschäftsführung: Horst Ohligschläger<br />
verlagsleitung / gesamtanzeigenleitung: Armin Baier (verantw.)<br />
anzeigenverkauf inland:<br />
Nielsen I Kontor M Medienvermarktung GbR, Fuhlsbüttler Straße 145, 22305 Hamburg.<br />
Tel.: (0 40) 6 39 08 40, Fax: (0 40) 63 90 84 44, E-Mail: info@kontorm.de<br />
Nielsen II MPK Media Promotion Kraus KG, Graf-Adolf-Straße 110, 42119 Wuppertal,<br />
Tel.: (02 02) 2 81 57 70, Fax: (02 02) 28 15 77 24, E-Mail: info@mpk-kraus.de<br />
Nielsen IIIa Verlagsbüro Leo Krimmer GmbH, c/o QM QuadroMedia GmbH,<br />
Am Lindenbaum 24, 60433 Frankfurt/Main,<br />
Tel.: (0 69) 5 30 90 80, Fax: (0 69) 53 09 08 50, E-Mail: frankfurt@quadromedia.eu<br />
Nielsen IIIb Verlagsbüro Leo Krimmer GmbH, Steingaustraße 14, 73230 Kirchheim/Teck,<br />
Tel.: (0 70 21) 4 20 62, Fax: (0 70 21) 7 17 33, E-Mail: stuttgart@krimmer.com<br />
Nielsen IV Medienbüro Macari, Parkstraße 27 / Fasanenpark, 82008 Unterhaching,<br />
Tel.: (0 89) 58 22 11, Fax: (0 89) 52 09 02 97, E-Mail: medienbuero.macari@t-online.de<br />
Nielsen V/VI/VII Verlagsbüro Leo Krimmer GmbH, Bülowstraße 66, 10783 Berlin,<br />
Tel.: (0 30) 8 93 82 70, Fax: (0 30) 89 38 27 33, E-Mail: berlin@krimmer.com<br />
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in Lese zirkeln nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Das gilt auch für die Aufnahme in<br />
elektronische Datenbanken sowie für Vervielfältigungen auf CD-ROM. Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte und Fotos haften Redaktion und Verlag nicht.<br />
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102 9 / 2011
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9/2011<br />
103
Dafür engagiere ich mich …<br />
... weil auch Arme gesunde Zähne brauchen<br />
Viele Menschen in Afrika können sich keinen Zahnarzt leisten. Trotz Schmerzen.<br />
Dr. Kristin Kunze hilft ihnen in ihrem Urlaub – und bekommt als Dank ein Lächeln.<br />
Ein Bretterverschlag in<br />
einem Dorf im Kongo,<br />
eine alte Akazie im<br />
Tschad oder ein winziges<br />
Zimmer in den Slums von<br />
Nairobi: Das sind meine „Behandlungszimmer“.<br />
Hier ziehe ich Zähne,<br />
behandle Entzündungen, bohre<br />
Löcher. Meine Patienten sitzen auf<br />
Hockern, eine batteriebetriebene<br />
Stirnlampe spendet Licht. Um mich<br />
herum Dutzende Zuschauer, Erwachsene<br />
und Kinder, die mir staunend<br />
über die Schulter blicken.<br />
Alle ein bis zwei Jahre fahre ich in die<br />
ärmsten Länder der Welt, um zu helfen. In<br />
den Tschad, den Kongo, nach Kenia, Sierra<br />
Leone, Haiti oder China. Meist für drei<br />
bis vier Wochen. Und das seit 18 Jahren.<br />
Damals, mit 53, habe ich meine eigene<br />
Zahnarzt-Praxis in Deutschland aufgegeben.<br />
Weil ich nicht akzeptieren wollte, dass<br />
mich der Wust an Verwaltung von dem<br />
abhält, was ich eigentlich will: für Menschen<br />
da sein, ihnen helfen, ihre Schmerzen<br />
lindern. Dieses erfüllende Gefühl gaben<br />
mir erst meine Urlaubseinsätze für<br />
„Ärzte <strong>ohne</strong> Grenzen“, „Cap Anamur“ oder<br />
„Ärzte für die Dritte Welt“ zurück. Ein Gefühl,<br />
das ich schon bei meinem allerersten<br />
Auslandseinsatz als junge Ärztin erfahren<br />
habe. Damals, mit 27, arbeitete ich ein Jahr<br />
lang im berühmten Lambarene Hospital<br />
von Albert Schweitzer in Gabun.<br />
IM URLAUB ALS ÄRZTIN UNTERWEGS<br />
Dr. Kristin Kunze (70), verheiratet, lebt in Engelskirchen.<br />
Neben ihrem Engagement als Zahnärztin tritt sie in<br />
Deutschland als Clownin auf und gibt Humor-Seminare.<br />
Natürlich muss man sich als Zahnärztin<br />
in Entwicklungsländern auf ganz andere<br />
Gegebenheiten einstellen als in Deutschland.<br />
Nur ein paar Instrumente, das Desinfektionspulver,<br />
mit dem ich alles sterilisiere,<br />
Handschuhe, die mich vor Viren – vor<br />
allem dem HI-Virus – schützen. Mehr habe<br />
ich als Zahnärztin in Afrika, Asien oder<br />
in der Karibik nicht zur Verfügung. Gerade<br />
so viel wie in meinen Arztkoffer passt.<br />
Damit kann man nie das Optimale, immer<br />
nur das Nötigste behandeln. Aber immerhin<br />
kann ich die Menschen von ihren<br />
Schmerzen erlösen, unter denen sie oft<br />
schon Wochen, Monate leiden.<br />
Allerdings: Füllungen, Kronen oder Brücken<br />
– das alles gibt es nicht. Kaputte Zähne<br />
müssen gezogen werden. Dabei haben<br />
Afrikaner viel stabilere Zähne und Kiefer<br />
als wir Europäer! Um einen Zahn aus diesen<br />
robusten Zahnreihen zu lösen,<br />
muss ich ihn meist herausbrechen.<br />
Wie gut, dass ich kräftige Handgelenke<br />
und Unterarme habe!<br />
Und Strom, fließend Wasser, moderne<br />
OP-Ausstattung? Findet man,<br />
wenn überhaupt, nur in den größeren<br />
Städten. Aber dort kostet die<br />
Behandlung Geld, das keiner hat.<br />
Also reise ich von Dorf zu Dorf, begleitet<br />
von einheimischen Sozialarbeitern<br />
oder Krankenschwestern.<br />
Das alles wird von den Hilfsverbänden<br />
organisiert, genau wie meine<br />
Anreise. Vor Ort w<strong>ohne</strong> ich meist in<br />
einfachen Hütten oder in einem kleinen<br />
Zimmer in einer Missionsstation. Der Humor<br />
der Menschen, die ich dort kennenlerne,<br />
ihre Offenheit und Gastfreundschaft<br />
beeindrucken mich immer wieder.<br />
Aber ich erlebe auch herzzerreißende<br />
Momente. Wenn Mütter mir ihre Babys<br />
entgegenhalten und rufen: „Nimm es mit!“<br />
Wie muss ihnen zumute sein, wenn sie ihr<br />
Baby lieber in fremde Hände geben, als es<br />
im Elend aufwachsen zu sehen? In solchen<br />
Momenten fühle ich mich hilflos und spüre<br />
zugleich, dass ich weitermachen muss mit<br />
meiner Arbeit, um den Menschen wenigstens<br />
ein bisschen Hoffnung zu geben.<br />
Jetzt sitze ich wieder auf gepackten<br />
Koffern, fahre nach Tansania und Sansibar.<br />
Solange ich fit bin, mache ich weiter.<br />
Die Beschenkte bin eigentlich ich.<br />
AUCH SIE KÖNNEN HELFEN<br />
Viele Hilfswerke suchen für Kurz-Einsätze medizinisches<br />
Personal. Eine Übersicht hat die Bundesärztekammer<br />
(Auslandsdienst) in Berlin, ✆ (0 30) 4 00 45 63 60.<br />
Fotos: mauritius images (1), Shutterstock (1), privat (1)<br />
104 9 / 2011
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Jürgen Sinn<br />
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