LIA-Bote 2/2010 - Erster Wiener Ruderclub LIA
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Aufgestöbert in historischer Literatur von Raimund Haberl.<br />
Solche historische Dokumente sind höchst interessant zu lesen,<br />
spiegeln sie doch ein Abbild der jeweiligen Zeit wider. Die<br />
damaligen Ansichten sind durchaus zum einen Teil auch heute<br />
Historisches<br />
Historisches<br />
noch gültig, zum anderen können sie aber auch überholt sein. Ob<br />
das eine oder andere mehr oder weniger zutrifft, obliegt sicher<br />
objektiven Beurteilungen genauso wie subjektiven<br />
Einschätzungen.<br />
Aus:<br />
Rudersport (Skullen und Training) von B.v.Gaza, Miniaturr-Bibliothek für Sport und Spiel,<br />
Band 17, Verlag Grethlein & Co. (1909)<br />
Kapitel „Skullen“<br />
Es tritt an viele Ruderer wohl mal der Wunsch heran, den Riemen mit den Skulls zu vertauschen und den<br />
schwierigeren Teil der Ruderkunst, das Skullen im Rennboote zu erlernen. Wer selbst einmal im Renneiner<br />
gerudert hat, weiß, dass das Rudern im Skullboote der höchste Genuss ist, den der Rudersport seinen Anhängern<br />
zu bieten hat.<br />
Ein Vergleich zwischen Riemenrudern und Skullen fällt stets zugunsten des letzteren aus. Der Skuller ist eigener<br />
Herr in seinem Boote; er kann tun und lassen, was er will, hat sich nicht den Wünschen anderer zu fügen, wie es<br />
im Riemenboote nötig ist.<br />
Dazu kommt noch eins, was dem Skullen einen Vorzug, wenn auch keinen bedeutenden gibt. Der Riemenruderer ist<br />
bei seiner Arbeit einseitig, wenn auch nicht in dem landläufigen Sinne des Wortes; aber jeder hat wenigstens<br />
eine Vorliebe für diese oder jene Seite, auf der er vielleicht zuerst eingeübt wurde. Keineswegs handelt es sich<br />
dabei um eine einseitige Körperausbildung, aber da Ruderer gewöhnlich immer wieder und wieder einer Seite den<br />
Vorzug geben, so liegt es auf der Hand,…….daß im Laufe der Zeit eine einseitige Körperausbildung mehr oder<br />
weniger hieraus resultieren kann………<br />
Wer soll sich nun in ein Ruderboot setzen? Nur der, der es ernst nimmt und der weiß, dass an ihn Anforderungen<br />
gestellt werden, die in ernster Arbeit und jahrelangem Üben bestehen.<br />
Wenn es auch ein herrliches Vergnügen ist, in dem leichten Boote schnell über den Wasserspiegel dahinschießen<br />
zu können, und die schwere Beherrschung des Bootes mit den papierdünnen Wänden an sich schon ein Genuß ist,<br />
zum Vergnügen allein ist das Rennboot nicht da.<br />
Im Vordergrunde des Interesses hat stets das rein sportliche Ziel, der Wettkampf, zu stehen, und alle Arbeit<br />
hat nur diesem einen Zwecke zu dienen. Skullen ist Talent! Während es ein minder talentierter Ruderer ohne<br />
große Mühe bis zu einem Sitze in einem erstklassigen Riemenboote bringen kann, ist ein Skuller ohne jegliches<br />
Talent kaum denkbar. Abgesehen davon, dass besonders gute körperliche Veranlagung mehr denn im Riemenboote<br />
erforderlich ist, muß ein Rennskuller in seiner Person alles das vereinigen, was im Riemenboote Sache des<br />
Steuermannes ist; er muß sich häufig umsehen, um das Fahrwasser zu überblicken, er muß selbst auf Steuerung<br />
achten und in kritischen unvorhergesehenen Fällen zu schnellem Entschlusse befähigt sein. Das alles erfordert<br />
von dem einzelnen weit mehr als beim Riemenrudern erforderlich ist. Schon manches Rennen ist durch wildes,<br />
unüberlegtes Drauflosfahren verloren worden, manches Rennen in der Aufregung und wilder Hast versteuert<br />
worden.<br />
Daher muß ein Skuller, um etwas leisten zu können, sich in seinem schmalen Boote zunächst so sicher fühlen wie<br />
in einem breiten Tourenboote. Er muß mit der Sicherheit einer Maschine seine Arbeit verrichten können und in<br />
der Lage sein, die ganze Aufmerksamkeit einzig und allein dem Rennen zuwenden zu können. Nur dann erst wird<br />
er sich auf dem Höhepunkt seines Könnens befinden. Ruhe und Überlegung, Zutrauen zur eigenen<br />
Leistungsfähigkeit und ein energischer Wille sind Faktoren, die für das Rennen im Skullboote erforderlich und<br />
wünschenswert sind.<br />
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