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ZEN oder die Kunst der Präsentation

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Analoge Planung<br />

3<br />

Während <strong>der</strong> Planungsphase einer <strong>Präsentation</strong> ist es von elementarer Bedeutung,<br />

sich von seinem Computer fernzuhalten. Einer <strong>der</strong> größten Fehler,<br />

den viele Personen begehen, ist, dass sie vor ihrem Monitor sitzen und sich<br />

Gedanken machen, wie sie ein Thema präsentieren möchten. Bevor man aber<br />

mit dem Design einer <strong>Präsentation</strong> beginnt, sollte man sich das große Ganze<br />

vorstellen und sich <strong>die</strong> Kernaussage(n) überlegen. Und es ist nicht einfach,<br />

<strong>die</strong>sen Gedankengängen zu folgen, während man vor seinem Rechner sitzt und<br />

sich mit Slideware auseinan<strong>der</strong>setzt.<br />

Ein Großteil aller Personen plant <strong>Präsentation</strong>en mithilfe einer bestimmten<br />

Software. Und obwohl <strong>die</strong> Software-Hersteller <strong>die</strong>se Herangehensweise als<br />

optimal darstellen, rate ich davon ab. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass<br />

es oftmals besser ist, seine Ideen und Gedanken mittels Bleistift und Papier<br />

festzuhalten und erst später in digitale Form zu übertragen. Ich bezeichne <strong>die</strong>se<br />

Vorgehensweise als „analoge Planung“. Demgegenüber steht <strong>die</strong> „digitale<br />

Vorbereitung“, also <strong>die</strong> Übertragung Ihrer skizzierten Ideen in das Slideware-<br />

Format Ihrer Wahl.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

45


Fahrrad <strong>o<strong>der</strong></strong> Auto?<br />

Die Software-Hersteller haben es wirklich übertrieben. Kaum ein Programm<br />

verzichtet auf Assistenten, <strong>die</strong> den Nutzer Schritt für Schritt zum Ziel führen.<br />

Das Problem: Das Ziel wird von <strong>der</strong> Software bestimmt, nicht vom Anwen<strong>der</strong>.<br />

Das Ergebnis bestätigt Edward Tuftes Aussage, dass <strong>die</strong> PowerPoint-Be<strong>die</strong>nerführung<br />

zu einer extremen Vereinfachung <strong>der</strong> Inhalte und zu einer starken<br />

Verwässerung unserer Kernaussagen führt. Slideware-Programme wie Power-<br />

Point und Keynote sind perfekt geeignet, um unseren Vortrag unterstützende<br />

Multimedia-Elemente wie<strong>der</strong>zugeben. Wer aber nicht aufpasst und sich voll<br />

und ganz in <strong>die</strong> Hände <strong>der</strong> Software begibt, wird in eine Richtung getrieben,<br />

<strong>die</strong> er niemals freiwillig eingeschlagen hätte.<br />

Vor mehr als 20 Jahren diskutierten Steve Jobs und an<strong>der</strong>e im Silicon Valley<br />

über das große Potenzial von Personalcomputern. Auch machten sie sich<br />

Gedanken, wie <strong>die</strong>se Geräte designt und genutzt werden sollen, um das in uns<br />

allen innewohnende Potenzial ausschöpfen zu können. Der Dokumentarfi lm<br />

Memory and Imagination hat Steve Jobs Worte für <strong>die</strong> Nachwelt festgehalten:<br />

“ Für mich ist <strong>der</strong> Computer das bemerkenswerteste Werkzeug, das wir je<br />

erfunden haben. Ich sehe den PC als Fahrrad für meinen Geist an.”<br />

46 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong><br />

— Steve Jobs<br />

Menschen sind in Sachen Fortbewegungsmöglichkeit bei weitem nicht so<br />

effektiv wie Tiere. Doch ein Mensch, <strong>der</strong> auf einem Fahrrad unterwegs ist, ist<br />

das effi zienteste Lebewesen unseres Planeten: Das Fahrrad verstärkt unsere<br />

„Eingaben“ auf eine unvergleichlich produktive Art und Weise. Kann man<br />

<strong>die</strong>s nicht auch von einem PC, immerhin dem größten Hilfsmittel, das uns zur<br />

Verfügung steht, erwarten?<br />

Gehen Sie in sich und denken Sie nach, ob Ihr PC während <strong>der</strong> Planungsphase<br />

Ihr „Fahrrad für den Geist“ ist und – entsprechend <strong>die</strong>ser Defi nition –


Ihre „Eingaben“, Fähigkeiten und Ideen verstärkt. O<strong>der</strong> ob Sie lieber in das<br />

„Auto für den Geist“ einsteigen und sich mit Assistentenunterstützung in Rekordzeit<br />

durch <strong>die</strong> komplette Planungsphase klicken? Ihr Geist profi tiert davon,<br />

wenn Sie den PC als eine Art Fahrrad verwenden. Setzen Sie den Computer<br />

hingegen wie ein Auto ein, hat das den gegenteiligen Effekt. Es ist wesentlich<br />

wichtiger, sich <strong>die</strong> Grundlagen <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>sgestaltung anzueignen, anstatt<br />

Slideware perfekt be<strong>die</strong>nen zu können.<br />

Herausragende Programme zeichnet aus, dass sie den Nutzer nicht an <strong>die</strong><br />

Hand nehmen und zum Ziel ziehen, son<strong>der</strong>n ihm <strong>die</strong> Freiheiten lassen, um<br />

seine eigenen Ideen einzubringen. Wollen Sie während <strong>der</strong> Planungsphase<br />

sicherstellen, dass Ihnen Ihr Computer nicht in <strong>die</strong> Quere kommt, sollten Sie<br />

ihn einfach ausschalten.<br />

Ist Ihr Computer das<br />

Fahrrad Ihres Geistes?<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

47


Papier, Weißwandtafel<br />

<strong>o<strong>der</strong></strong> ein Stock im Sand<br />

Meine wichtigsten Helfer, auf <strong>die</strong> ich bei <strong>der</strong> Planung einer <strong>Präsentation</strong><br />

vertraue, sind ein Schreibblock, verschiedenfarbige Stifte und ein in Le<strong>der</strong><br />

gebundenes Notizbuch, respektive eine große Weißwandtafel, <strong>die</strong> mir im Büro<br />

zur Verfügung steht. So wun<strong>der</strong>voll <strong>die</strong> Digitaltechnik auch ist – nichts hat<br />

sich in <strong>der</strong> Praxis so bewährt wie <strong>die</strong> Nutzung von Papier und Bleistift.<br />

Ein Großteil aller Fachkräfte und sogar Studenten erledigen <strong>die</strong> komplette<br />

Vorbereitung einer <strong>Präsentation</strong> mithilfe von Slideware. Dabei könnten <strong>die</strong>se<br />

Personen viel von Designern lernen. Nahezu alle Berufsdesigner, selbst junge<br />

Media-Designer, <strong>die</strong> mit dem PC aufgewachsen sind, greifen in <strong>der</strong> Planungsphase<br />

zu Papier und Bleistift, um ihre Ideen zu skizzieren.<br />

Klar wurde mir das während meiner Zeit bei Apple. Ich stattete dem Senior<br />

Director eines <strong>der</strong> Kreativ-Teams einen Besuch ab, um seine Meinung zu<br />

einem Projekt, an dem wir gerade arbeiteten, zu erfahren. Er erklärte mir, dass<br />

er bereits eine Menge Ideen skizziert habe und sie mir zeigen wolle. Ich erwartete<br />

aufwändig gestaltete Folien, ein kleines Video <strong>o<strong>der</strong></strong> zumindest Farbausdrucke<br />

von Illustrator- und Photoshop-Dateien. Als ich aber sein Büro betrat,<br />

fi el mir sofort auf, dass sein Mac ausgeschaltet war – später erfuhr ich, dass er<br />

den Mac teilweise tagelang nicht einschaltete. Stattdessen zeigte er auf eine<br />

rund fünf Meter breite Papierbahn, auf <strong>der</strong> er alle seine Ideen skizziert hatte.<br />

Das Ganze war eine Mischung aus Zeichnungen und Texten, so dass ich sofort<br />

an einen Comicstrip denken musste. Er begann seine <strong>Präsentation</strong> an einem<br />

Ende <strong>der</strong> Papierbahn und führte mich an das an<strong>der</strong>e Ende. Während er erzählte,<br />

erweiterte er seine <strong>Präsentation</strong> um zusätzliche Schlagwörter und Grafi kelemente.<br />

Nach dem Meeting rollte er <strong>die</strong> Papierbahn zusammen und gab sie mir<br />

mit. Viele seiner Ideen habe ich in <strong>die</strong> interne <strong>Präsentation</strong>, mit <strong>der</strong> ich unser<br />

gemeinsames Projekt vorgestellt habe, integriert.<br />

48 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


„Haben Sie <strong>die</strong> Ideen, sind Sie nicht<br />

zwangsläufi g auf Maschinen angewiesen.<br />

Denn sobald Sie <strong>die</strong> Ideen haben, lassen<br />

Sie <strong>die</strong> Maschinen für sich arbeiten …<br />

Fast alle Ideen kann man mittels<br />

eines Stocks in den Sand zeichnen.”<br />

— Alan Kay<br />

(Interview aus Electronic Learning, April 1994)<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

49


50<br />

Bleistift und Papier<br />

Ich habe viel Zeit außerhalb meines Büros verbracht<br />

und in Cafés, Parks und Zügen wie dem japanischen<br />

Schnellzug Shinkansen, in den ich bei Reisen nach<br />

Tokio einsteige, gearbeitet. Und obwohl ich nahezu<br />

immer mein MacBook Pro <strong>o<strong>der</strong></strong> einen PC dabei habe,<br />

nutze ich beim Anfertigen von Listen, dem Skizzieren<br />

von Ideen und dem Festhalten von Gedanken Bleistift<br />

und Papier. Natürlich lassen sich <strong>die</strong>se Tätigkeiten<br />

auch mit dem Computer erledigen. Doch ich bin<br />

– wie viele an<strong>der</strong>e Personen – <strong>der</strong> Meinung, dass allein<br />

schon das Halten des Bleistifts eine Verbindung<br />

zwischen Hand und rechter Gehirnhälfte herstellt, so<br />

dass es mir leichter fällt, meinen Gedanken zu folgen<br />

und sie zu Papier zu bringen. Demgegenüber stellt<br />

das Sitzen vor <strong>der</strong> Tastatur und das Starren auf den<br />

Monitor eine unnatürliche Beschäftigung dar.<br />

Weißwandtafeln<br />

Im Büro nutze ich oft meine große Weißwandtafel,<br />

um Ideen zu skizzieren. Das Arbeiten an <strong>der</strong> Tafel<br />

gibt mir ein Gefühl von Freiheit, da mir sehr viel<br />

Platz zur Verfügung steht und ich meine Ideen großfl<br />

ächig skizzieren kann. Auch kann ich einige Schritte<br />

zurücktreten, einen Blick auf das Ganze werfen<br />

und überprüfen, ob und wie sich <strong>die</strong> Gedankengänge<br />

in Folienform präsentieren lassen. Die Vorteile von<br />

Weißwand- und Schiefertafeln liegen auf <strong>der</strong> Hand:<br />

Konzepte und Strategien lassen sich von mehreren<br />

Personen ausarbeiten. Während ich <strong>die</strong> wichtigsten<br />

Punkte notiere und versuche, sie zu strukturieren<br />

und in eine Form zu bringen, kann ich Gedanken, <strong>die</strong><br />

mir währenddessen durch den Kopf gehen, notieren.<br />

Auch zeichne ich einfache Bil<strong>der</strong>, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong><br />

durch Elemente wie Diagramme, Fotos und<br />

Ähnliches ersetzt werden.<br />

<strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Der eine <strong>o<strong>der</strong></strong> an<strong>der</strong>e wird nun denken, dass <strong>die</strong>s reine Zeitverschwendung ist:<br />

Warum Bil<strong>der</strong> erst skizzieren und dann in PowerPoint nachbauen? Die Antwort<br />

ist einfach. Würde ich versuchen, das Grundkonzept mit PowerPoint zu realisieren,<br />

müsste ich mehr Zeit investieren, da ich gezwungen wäre, permanent zwischen<br />

Folien- und Glie<strong>der</strong>ungsansicht umzuschalten, um das Ganze zu sehen.<br />

Mein analoger Ansatz erlaubt es mir hingegen, meine Ideen zu skizzieren, eine<br />

grobe Glie<strong>der</strong>ung zu defi nieren und gleichzeitig darüber nachzudenken, was<br />

ich eigentlich erreichen will, sprich, welche Aussage ich transportieren will.<br />

Die Umsetzung <strong>die</strong>ses Entwurfs mit PowerPoint <strong>o<strong>der</strong></strong> Keynote ist einfach. Oft<br />

muss ich dabei gar nicht mehr auf meine Notizen blicken, da ich mir – dank<br />

<strong>der</strong> analogen Planung, bei <strong>der</strong> ich mitdenken muss – den kompletten Ablauf<br />

eingeprägt und <strong>die</strong> Inhalte plastisch vor Augen habe. Lediglich wenn es an <strong>die</strong><br />

Auswahl <strong>der</strong> Fotos geht und ich bei iStockphoto.com <strong>o<strong>der</strong></strong> in meiner eigenen<br />

Sammlung nach Motiven suche, greife ich auf meine Notizen zurück.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

51


Post-its<br />

Papier und Marker werden heutzutage zwar als hoffnungslos „old school“ angesehen,<br />

nichtsdestotrotz sind sie prima geeignet, um Ideen zu skizzieren <strong>o<strong>der</strong></strong><br />

<strong>die</strong> Gedanken an<strong>der</strong>er zu notieren. Als ich noch bei Apple angestellt war, setzte<br />

ich bei Brainstormings auf <strong>die</strong> Kraft <strong>der</strong> Post-it-Klebenotizen. Ich schrieb<br />

<strong>die</strong> Ideen auf <strong>o<strong>der</strong></strong> meine Kollegen gingen nach vorne, um ihre Ideen zu skizzieren<br />

und <strong>die</strong> Gedankengänge an<strong>der</strong>er zu ergänzen. Es war chaotisch, doch<br />

das Chaos hat sich gelohnt. Am Ende des Brainstormings war <strong>die</strong> ganze Wand<br />

voller Post-its, <strong>die</strong> ich abnahm und an <strong>die</strong> Wand meines Büros klebte. Als ich<br />

zusammen mit an<strong>der</strong>en Strukturen und Aussehen zukünftiger <strong>Präsentation</strong>en<br />

entwickelte, bezogen wir uns immer wie<strong>der</strong> auf <strong>die</strong> Klebezettel, <strong>die</strong> teilweise<br />

tage- und wochenlang an den Wänden hingen. Allein schon <strong>die</strong> Tatsache, dass<br />

<strong>die</strong> Zettel an <strong>der</strong> Wand klebten, erleichterte es uns, das ganze Bild zu sehen.<br />

Ebenfalls einfacher war es, Überfl üssiges zu eliminieren und uns voll und ganz<br />

auf <strong>die</strong> Kernaussage zu beschränken.<br />

Und obwohl Sie Computer und Software, also digitale Helfer, einsetzen, um<br />

Ihre Ideen während einer <strong>Präsentation</strong> zu visualisieren, sollten Sie niemals vergessen,<br />

dass das Vortragen und <strong>die</strong> Kontaktaufnahme mit den Zuhörern – das<br />

Überzeugen, Verkaufen und Informieren – in höchstem Maße analoge Tätigkeiten<br />

sind. Es liegt also nahe, bei <strong>der</strong> Vorbereitung einer <strong>Präsentation</strong> ebenfalls<br />

auf analoge Techniken zu vertrauen, um Inhalt, Sinn und Ziel <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong><br />

zu verdeutlichen.<br />

52 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Kapitel 3 Analoge Planung<br />

53


54 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Entspannen und das Ganze sehen<br />

Entspannung ist nicht nur im Zusammenhang mit einem gesün<strong>der</strong>en und ausgefüllteren<br />

Leben wichtig. Auch bei <strong>der</strong> Vorbereitung von <strong>Präsentation</strong>en ist<br />

Innehalten angesagt, da es Ihnen hilft, klarer zu denken. Ihre Instinkte schlagen<br />

nun Alarm und melden, dass das Business nur mit Höchstgeschwindigkeit<br />

funktioniert. Schnell von <strong>der</strong> Idee zur Marktreife. Erster und Schnellster.<br />

Worauf ich hier jedoch anspiele, ist <strong>die</strong> Gemütsverfassung. Sie haben viel<br />

um <strong>die</strong> Ohren, keine Frage. Sie sind sehr beschäftigt. Doch das „Beschäftigtsein“<br />

allein ist nicht das Problem. Natürlich hat es den Anschein, dass <strong>der</strong><br />

Tag viel zu kurz ist, um alle Dinge so zu erledigen, wie sie Ihrer Meinung nach<br />

erledigt werden müssen. Wir alle haben damit zu kämpfen. Doch wie bereits<br />

erwähnt, kann <strong>die</strong>se Einschränkung gleichzeitig eine große Motivation sein, da<br />

sie für positiven Druck sorgt, <strong>der</strong> das kreative Denken anregen und zu neuen<br />

Lösungsansätzen führen kann. Somit ist nicht das „Beschäftigtsein“ das Problem.<br />

Es ist <strong>die</strong> „Geschäftigkeit“.<br />

Die Geschäftigkeit ist das unangenehme Gefühl, das Sie haben, wenn Sie<br />

gedrängt, abgelenkt, unkonzentriert und mit Ihren Gedanken woan<strong>der</strong>s sind.<br />

Auch in <strong>die</strong>sem Zustand erledigen Sie Ihre Arbeit. Sie wünschten aber, Sie<br />

wären effektiver. Und Sie wissen, dass Sie das können. Dennoch gelingt es<br />

Ihnen nicht, Ihren Geist so auszurichten, dass Sie sich voll und ganz auf eine<br />

Aufgabe konzentrieren und agieren, anstatt zu reagieren. Sie versuchen es. Sie<br />

holen tief Luft. Sie denken an <strong>die</strong> nächste Woche anstehende, extrem wichtige<br />

<strong>Präsentation</strong>. Sie starten ein Slideware-Programm und machen sich an <strong>die</strong><br />

Arbeit. Das Telefon klingelt, doch Sie gehen nicht ran, da gleichzeitig Ihr Boss<br />

auf dem Handy anruft und Ihnen mitteilt, dass er „<strong>die</strong> Machbarkeitsstu<strong>die</strong><br />

SOFORT benötigt!“ Und während Sie sich noch überlegen, wie viele Ausrufezeichen<br />

Ihr Boss ausgesprochen hat, landen neue E-Mails im Posteingang.<br />

Darunter eine Nachricht Ihres wichtigsten Kunden mit dem Betreff „Wichtig!<br />

Machbarkeitsstu<strong>die</strong> benötigt!!!“. Zu allem Überfl uss steckt auch noch <strong>der</strong><br />

nervige Kollege den Kopf in Ihr Büro und erkundigt sich, ob „auch Sie mitbekommen<br />

haben, dass <strong>die</strong> Machbarkeitsstu<strong>die</strong> nicht aufzufi nden ist?“ Ein ganz<br />

normaler Arbeitstag, <strong>der</strong> zeigt, dass Entspannen unmöglich ist.<br />

Geschäftigkeit unterdrückt Kreativität. Geschäftigkeit führt dazu, dass<br />

lieblose PowerPoint-<strong>Präsentation</strong>en fruchtbare Diskussionen, Meetings und<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

55


Seminare ersetzen. Die Menschen fühlen sich gedrängt, ja sogar unter Druck<br />

gesetzt. Aus <strong>die</strong>sem Grund klatschen sie ein paar Folien aus alten <strong>Präsentation</strong>en<br />

zusammen und machen sich auf den Weg zur Bühne. Kommunikation<br />

und Auditorium leiden. So ist das eben, wenn wir alle so furchtbar beschäftigt<br />

sind. An<strong>der</strong>erseits: Wenn wir alle so beschäftigt sind, warum langweilen wir unser<br />

Publikum dann mit niveaulosen <strong>Präsentation</strong>en? Wer etwas besser machen<br />

will, muss seine Rastlosigkeit in den Griff bekommen und sich Zeit nehmen.<br />

Die wirklich kreativen Köpfe sehen Dinge aus einem an<strong>der</strong>en Blickwinkel,<br />

sie haben ihre eigenen Ansichten und Meinungen und sie stellen an<strong>der</strong>e<br />

Fragen. Doch <strong>die</strong>se speziellen Eigenschaften – und auch das gute alte Bauchgefühl<br />

– können wir meist nur dann abrufen, wenn wir Innehalten und alle<br />

Aspekte einer bestimmten Situation analysieren. Ganz gleich, ob Sie Ingenieur,<br />

Mediziner <strong>o<strong>der</strong></strong> Marketing Manager sind – während <strong>der</strong> Vorbereitung einer<br />

<strong>Präsentation</strong> sind Sie ein „Kreativer“. Und in <strong>die</strong>ser Eigenschaft müssen Sie<br />

sich von Computern, digitalen Denkweisen und Folien lösen und sich – falls<br />

möglich – eine Auszeit nehmen, während <strong>der</strong> Sie allein sind.<br />

Ein Grund dafür, dass so viele <strong>Präsentation</strong>en ineffektiv sind, ist, dass sich<br />

<strong>die</strong> Menschen keine Zeit nehmen – <strong>o<strong>der</strong></strong> keine Zeit haben –, um einen Schritt<br />

zurückzutreten und durch einen Blick auf das Ganze zu erkennen, was eigentlich<br />

wichtig ist. Sie schaffen es nicht, <strong>die</strong> <strong>Präsentation</strong> um einzigartige, kreative<br />

<strong>o<strong>der</strong></strong> neue Elemente zu erweitern. Und zwar nicht, weil sie uninspiriert sind,<br />

son<strong>der</strong>n weil ihnen einfach keine Zeit zum Innehalten und Refl ektieren des<br />

Problems bleibt. Dabei ist es bekannt, dass das Erkennen <strong>der</strong> Problematik und<br />

<strong>die</strong> Suche nach <strong>der</strong> Kernaus sage Zeit kostet. Zeit, <strong>die</strong> man nicht zwangsläufi g<br />

allein verbringen muss. Entscheidend ist, dass man selbst zur Ruhe kommt<br />

und seine Gedanken auf <strong>die</strong> Aufgabe fokussieren kann.<br />

Ich behaupte nicht, dass Sie mit ein wenig Entspannung Lösungen für alle<br />

Probleme fi nden <strong>o<strong>der</strong></strong> dass Sie kreativer werden. Allerdings werden Sie positiv<br />

überrascht sein, wie gut <strong>die</strong>se Form <strong>der</strong> Einsamkeit tun kann. Für meinen Teil<br />

kann ich nur bestätigen, dass mir das Innehalten hilft, klarer und strukturierter<br />

zu denken und das große Ganze zu erkennen. Und Klarheit sowie das große<br />

Ganze sind Elemente, <strong>die</strong> man in vielen <strong>Präsentation</strong>en vergeblich sucht.<br />

Auch will ich <strong>die</strong> Einsamkeit nicht überbetonen. Wir alle wissen, dass Einsamkeit<br />

auch negative Effekte haben kann. Allerdings dürfte kaum jemand,<br />

<strong>der</strong> voll in seinem Beruf aufgeht, über zu viel Einsamkeit klagen. Das Gegenteil<br />

dürfte wohl eher <strong>der</strong> Realität entsprechen.<br />

56 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Das Bedürfnis nach Einsamkeit<br />

Viele glauben, dass <strong>die</strong> Einsamkeit zu den menschlichen Grundbedürfnissen zählt und<br />

dass ein Mangel Körper und Geist negativ beeinfl ussen kann. Dr. Ester Buchholz, eine<br />

Psychoanalytikerin und Psychologin, <strong>die</strong> 2004 im Alter von 71 Jahren verstorben ist,<br />

hat einige Untersuchungen zum Thema Einsamkeit, <strong>die</strong> sie übrigens als „Alleinzeit“<br />

bezeichnet hat, durchgeführt. Dr. Buchholz war <strong>der</strong> Ansicht, dass <strong>die</strong> Gesellschaft<br />

Einsamkeit und allein verbrachte Zeit unterschätzt und <strong>der</strong> Gemeinsamkeit einen zu<br />

hohen Stellenwert einräumt. Sie vertrat <strong>die</strong> Auffassung, dass Zeiten <strong>der</strong> Einsamkeit<br />

wichtig sind, um unser kreatives Potenzial auszuschöpfen. „Kreative Lösungen erfor<strong>der</strong>n<br />

Alleinzeit“, so Dr. Buchholz. „Das Unterbewusstsein nutzt temporäre Einsamkeit,<br />

um Probleme zu analysieren und Lösungen zu fi nden.“ Den zweiten Teil von<br />

Dr. Buchholz’ Zitat lesen Sie in <strong>der</strong> unten abgebildeten Folie, <strong>die</strong> ich bei meinen<br />

Ausführungen zum Thema Kreativität verwendet habe.<br />

“<br />

An<strong>der</strong>e inspirieren uns, Informationen lehren uns,<br />

Übung verbessert uns. Doch wir benötigen Zeit,<br />

um zu refl ektieren, <strong>die</strong> neuen Informationen ” zu<br />

verarbeiten und <strong>die</strong> richtigen Antworten zu fi nden.<br />

— Ester Buchholz<br />

”<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

57


Um sich <strong>der</strong> Kreativität zu öffnen,<br />

muss man in <strong>der</strong> Lage sein, <strong>die</strong><br />

Einsamkeit konstruktiv nutzen zu<br />

können. Man muss <strong>die</strong> Angst vor dem<br />

Alleinsein überwinden.<br />

—Rollo May


Die richtigen Fragen stellen<br />

Es heißt, Buddha hätte den Zustand <strong>der</strong> Menschheit mit einem Mann verglichen,<br />

<strong>der</strong> von einem Pfeil getroffen wurde. Die Situation ist dringlich und<br />

schmerzhaft. Lassen Sie uns annehmen, <strong>der</strong> Mann würde nicht nach sofortiger<br />

medizinischer Hilfe rufen. Er würde sich mehr für den Bogen interessieren,<br />

mit dem <strong>der</strong> Pfeil abgeschossen wurde. Er würde sich nach dem Hersteller des<br />

Bogens erkundigen. Fragen, woher <strong>die</strong> Personen, <strong>die</strong> Pfeil und Bogen angefertigt<br />

haben, kommen und welche Kriterien <strong>der</strong> Farbauswahl zugrunde lagen. Er<br />

stellt belanglose Fragen und vergisst darüber das dringendste Problem.<br />

In unserem Leben geht es oft so zu und wir sehen <strong>die</strong> Realität vor unseren<br />

Augen nicht, weil wir zu sehr Nebensächlichkeiten wie mehr Geld hinterherhecheln.<br />

Der Buddhist würde sagen, dass das Leben voller „Duhkha“ steckt,<br />

dass also Leiden und Unglück allgegenwärtig sind. Wir müssen nur <strong>die</strong> Augen<br />

öffnen, um das zu realisieren. Auf das Thema <strong>Präsentation</strong>en gemünzt, bedeutet<br />

<strong>die</strong>s: Ein Großteil aller <strong>Präsentation</strong>en ist mit Leiden verbunden. Dieses<br />

materialisiert sich in Form von Ineffektivität, verlorener Zeit und Unzufriedenheit,<br />

<strong>die</strong> sowohl den Präsentierenden als auch sein Publikum umfasst.<br />

Heutzutage diskutieren viele Berufstätige darüber, wie sich <strong>Präsentation</strong>en<br />

und <strong>Präsentation</strong>sstil verbessern lassen. Die Situation ist auf gewisse Weise<br />

gleichzeitig dringlich und schmerzhaft. Es ist wichtig. Dennoch dreht sich ein<br />

Großteil <strong>der</strong> Diskussionen um <strong>die</strong> Wahl <strong>der</strong> Slideware und <strong>die</strong> besseren Techniken.<br />

Welches Programm soll ich nutzen? Mac <strong>o<strong>der</strong></strong> PC? Welche Animationen<br />

und Überblendungen sind cool? Was ist <strong>die</strong> beste Fernbe<strong>die</strong>nung? Fragen wie<br />

<strong>die</strong>se sind zwar nicht gänzlich unerheblich, Diskussionen zum Thema „effektiver<br />

Präsentieren“ sollten sie aber nicht dominieren. Denn wenn wir den Fokus<br />

auf <strong>die</strong> Software und <strong>die</strong> Technik legen, lassen wir uns von dem ablenken,<br />

was wichtig ist. Viele Personen vergeuden während <strong>der</strong> Vorbereitung Zeit mit<br />

Überlegungen zu idealen Bulletformen, anstatt sich um <strong>die</strong> Entwicklung einer<br />

Geschichte zu kümmern, <strong>die</strong> perfekt auf <strong>die</strong> Zielgruppe zugeschnitten ist.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

59


Die falschen Fragen<br />

Dadurch, dass wir uns so sehr um Techniken, Tricks und Effekte kümmern,<br />

gleichen wir dem Mann, <strong>der</strong> von einem Pfeil getroffen wurde. Unsere Situation<br />

ist dringlich und schmerzhaft, doch wir stellen <strong>die</strong> falschen Fragen und fokussieren<br />

auf das relativ Unwichtige.<br />

Zwei <strong>der</strong> relativ unwichtigen Fragen, <strong>die</strong> ich erhalte – und ich erhalte wirklich<br />

viele – sind: „Wie viele Aufzählungszeichen soll ich pro Folie verwenden?“<br />

und „Wie viele Folien soll ich in meine <strong>Präsentation</strong> einbauen?“ Meine Antwort?<br />

„Das hängt von vielen Faktoren ab … wie wäre es mit null?“ Mit <strong>die</strong>ser<br />

unpopulären Antwort gewinne ich sofort <strong>die</strong> Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Leute. Auf<br />

Aufzählungszeichen gehe ich im Abschnitt Foliendesign (Kapitel 6) ein. Und<br />

<strong>die</strong> Frage nach <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Folien darf sich gar nicht stellen. Ich habe<br />

langweilige <strong>Präsentation</strong>en erlebt, bei denen gerade fünf Folien zum Einsatz<br />

kamen. Und ich habe unterhaltsame Vorträge gesehen, bei denen weit über<br />

200 Folien genutzt wurden. Die Anzahl spielt keine Rolle. Denn wenn <strong>die</strong><br />

<strong>Präsentation</strong> gelungen ist, wird sich hinterher kein Mensch daran erinnern<br />

können, wie viele Folien verwendet wurden. Gut ist eben gut.<br />

60 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Fragen, <strong>die</strong> Sie unbedingt stellen müssen<br />

Sie sind allein? Gut. Sie haben Bleistift und Papier? Noch besser. Sie sind<br />

entspannt und Ihr Geist ist klar? Hervorragend! Stellen Sie sich nun vor, welche<br />

<strong>Präsentation</strong> Sie nächsten Monat, kommende Woche <strong>o<strong>der</strong></strong> gar morgen abhalten<br />

möchten (möchten, nicht müssen!). Beantworten Sie dann folgende Fragen:<br />

■ Wie viel Zeit steht mir zur Verfügung?<br />

■ In welcher Umgebung präsentiere ich?<br />

■ Zu welcher Tageszeit fi ndet <strong>die</strong> <strong>Präsentation</strong> statt?<br />

■ Wie ist <strong>die</strong> Zusammensetzung des Publikums?<br />

■ Welchen Background bringt das Publikum mit?<br />

■ Was erwartet das Publikum von mir (uns)?<br />

■ Warum wurde ich als Präsentieren<strong>der</strong> ausgewählt?<br />

■ Wovon möchte ich mein Publikum überzeugen?<br />

■ Welches visuelle Medium ist unter den gegebenen<br />

Umständen am besten geeignet?<br />

■ Was ist <strong>der</strong> grundlegende Sinn meiner <strong>Präsentation</strong>?<br />

■ Und worauf kommt es an?<br />

■ Das ist <strong>die</strong> mit Abstand wichtigste Frage, <strong>die</strong> bei <strong>der</strong> kompletten<br />

Vorbereitung im Mittelpunkt stehen sollte:<br />

Was ist meine wichtigste Aussage?<br />

O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s ausgedrückt: Könnte sich das Publikum nur an ein einziges Detail<br />

Ihrer <strong>Präsentation</strong> erinnern, welches müsste es sein?<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

61


Zwei Fragen: Worum geht’s?<br />

Und warum ist es wichtig?<br />

Die meisten <strong>Präsentation</strong>en, <strong>die</strong> ich besuche, laufen unter folgenden Bedingungen<br />

ab: Ein Spezialist auf seinem Gebiet erklärt – meist mit Unterstützung<br />

durch Power Point – einem Business-Publikum, das mit dem Fachgebiet nicht<br />

so vertraut ist, etwas Bestimmtes. Beispielsweise könnte ein Experte in Sachen<br />

Biokraftstoff den Mitglie<strong>der</strong>n einer Handelskammer <strong>die</strong> grundlegenden<br />

Informationen näherbringen und ihnen erklären, wo <strong>die</strong> Vorteile liegen. Kürzlich<br />

war ich exakt bei so einer <strong>Präsentation</strong> als Gast anwesend. Nachdem <strong>die</strong><br />

Stunde vorüber war, erkannte ich, dass ich soeben Zeuge eines Wun<strong>der</strong>s geworden<br />

war. Ich hatte es bis zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt nicht für möglich gehalten,<br />

dass ich eine Stunde lang einem in meiner Muttersprache gehaltenen Vortrag<br />

lauschen könnte, ohne auch nur ein einziges Wort zu verstehen.<br />

Zu „verdanken“ war <strong>die</strong>ser Umstand aber nicht PowerPoint <strong>o<strong>der</strong></strong> schlecht<br />

gemachten Folien. Nein, schuld war <strong>der</strong> Präsentierende, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Zuschauer mit<br />

seinem Fachchinesisch an den Rand <strong>der</strong> Verzweifl ung trieb. Er hatte vergessen,<br />

sich zu fragen: Was ist mein Standpunkt? Und warum ist es wichtig?<br />

Keine Frage, für den Präsentierenden ist es nicht einfach, <strong>die</strong> Kernaussage<br />

so zu formulieren, dass alle Zuhörer verstehen, was wichtig ist. Warum das<br />

so wichtig ist? Hier geraten viele ins Stocken. Denn da <strong>der</strong> Präsentierende so<br />

sehr mit <strong>der</strong> Thematik vertraut ist, erscheint ihm <strong>die</strong> Frage nach <strong>der</strong> Wichtigkeit<br />

trivial. Ein Großteil seines Publikums wartet hingegen darauf, endlich zu<br />

erfahren, warum es sich mit dem Thema ernsthaft beschäftigen soll.<br />

Der Präsentierende muss überzeugend wirken, emotional sein, Einfühlungsvermögen<br />

an den Tag legen und schlüssig argumentieren. Einfühlungsvermögen<br />

bezieht sich in <strong>die</strong>sem Fall auf <strong>die</strong> Fähigkeit, zu erkennen, dass ein Teil<br />

des Publikums das – in seinen Augen so Offensichtliche – nicht erkennt und<br />

sich ein an<strong>der</strong>er Teil <strong>der</strong> grundlegenden Problematik zwar bewusst ist, jedoch<br />

keinen Anlass fi ndet, sich damit ernsthaft auseinan<strong>der</strong>zusetzen. Erfahrene<br />

62 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Präsentatoren versuchen, sich während <strong>der</strong> Vorbereitungsphase in <strong>die</strong> Rolle<br />

ihrer Zuhörer zu versetzen.<br />

Doch zurück zur langweiligsten Stunde <strong>der</strong> letzten Jahre. Der unheimlich<br />

intelligente, auf seinem Fachgebiet herausragende Präsentierende hat <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />

des Publikums bereits vor dem ersten Satz verloren: Die Folien<br />

sahen aus, als wären sie bereits bei einer fi rmeninternen <strong>Präsentation</strong> zum<br />

Einsatz gekommen, bei <strong>der</strong> das Publikum aus Personen bestand, <strong>die</strong> detailliert<br />

mit <strong>der</strong> Thematik vertraut sind. Damit hat er <strong>die</strong> entscheidende Frage: „Warum<br />

ist es wichtig?“ ignoriert. Auch hat er während <strong>der</strong> Vorbereitung vergessen,<br />

sich Gedanken über seine Zuhörer zu machen. Zwei unverzeihliche Fehler.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

63


Dakara Nani? (Na und?)<br />

Ich stelle mir oft <strong>die</strong> Fragen „dakara nani?“ und „sore de …“; frei übersetzt:<br />

„Na und?“ und „Sie wollen auf … hinaus?“. Meist stelle ich <strong>die</strong>se Fragen während<br />

<strong>der</strong> Vorbereitung einer <strong>Präsentation</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> wenn ich an<strong>der</strong>en Personen bei<br />

ihren Vorarbeiten helfe. Auch Sie sollten sich während <strong>der</strong> Vorbereitungsphase<br />

in <strong>die</strong> Rolle des Publikums versetzen und sich fragen: „Na und?“ Seien Sie<br />

hart und stellen Sie sich während <strong>der</strong> Planung <strong>die</strong> richtigen Fragen. Überlegen<br />

Sie, ob Ihre Argumente relevant sind. Sind Ihre Aussagen von allgemeingültiger<br />

Bedeutung <strong>o<strong>der</strong></strong> sind sie nur für Sie – und eine Handvoll an<strong>der</strong>er Personen –<br />

von Interesse? Mit Sicherheit waren Sie selbst schon einmal unter den Zuhörern<br />

und haben sich gefragt, warum <strong>der</strong> Präsentierende von Dingen spricht, <strong>die</strong><br />

in keinem Zusammenhang mit <strong>der</strong> Thematik stehen. Können Sie Ihre eigene<br />

Frage nicht beantworten, sollten Sie <strong>die</strong>ses Argument schleunigst verwerfen.<br />

Bestehen Sie den „Fahrstuhltest?“<br />

Kommen Sie mit „dakara nani“ nicht zum Erfolg, sollten Sie <strong>die</strong> Deutlichkeit<br />

Ihrer Kernaussage mit dem Fahrstuhltest prüfen. Diese Übung erfor<strong>der</strong>t es,<br />

dass Sie Ihre Kernaussage in 30 bis 45 Sekunden „an den Mann bringen“.<br />

Stellen Sie sich <strong>die</strong>se Situation vor: Sie müssen eine neue Idee dem Marketingvorstand<br />

Ihrer Firma, einem weltweit führenden Technologieunternehmen,<br />

präsentieren. Die Zeit drängt, das Budget ist nicht groß. Dennoch haben<br />

Sie <strong>die</strong> große Chance, den Vorstand von Ihrer Idee zu überzeugen. Kaum im<br />

Vorstandssekretariat angekommen, kommt <strong>der</strong> Marketingvorstand aus seinem<br />

Büro und sagt, dass er einen dringenden Termin habe und ob es Ihnen etwas<br />

ausmache, ihm <strong>die</strong> Idee auf dem Weg in <strong>die</strong> Tiefgarage zu „präsentieren“.<br />

Wären Sie in <strong>der</strong> Lage, Ihre Idee während <strong>der</strong> 30 Sekunden langen Fahrt im<br />

Aufzug zu verkaufen? Klar, <strong>die</strong>se Situation ist fi ktiv. Undenkbar ist sie aber<br />

nicht. Auch ist es möglich, dass Sie kurz vor Beginn Ihrer <strong>Präsentation</strong> darauf<br />

hingewiesen werden, dass <strong>die</strong> zur Verfügung stehende Zeit halbiert wurde.<br />

Würden Sie das hinkriegen? Probieren Sie es einfach aus, da <strong>die</strong>se Übung<br />

Ihnen hilft, Ihre Aussagen zu präzisieren und Ihre <strong>Präsentation</strong> zu schärfen.<br />

64 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Bestehen Sie den Fahrstuhltest?<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

65


Handzettel verschaffen Freiraum<br />

Haben Sie vor, nach <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong> Handzettel an das Publikum auszugeben,<br />

könnte Sie während <strong>der</strong> Planungsphase das Gefühl beschleichen, dass<br />

Sie nicht verpfl ichtet sind, alle Aspekte des Themas im Rahmen Ihres Vortrags<br />

zu behandeln. Die Gestaltung eines optimalen Dokuments – in dem so viele<br />

Detailinformationen stecken, wie Ihrer Meinung nach wichtig sind – ermöglicht<br />

es Ihnen, sich ganz genau zu überlegen, welche Informationen für <strong>die</strong> Zuhörer<br />

von größtem Interesse sind. Auch führt das Verfassen eines einwandfreien Dokuments<br />

dazu, dass Sie sich keine Gedanken über das Weglassen von Tabellen,<br />

Diagrammen und ähnlichen Elementen machen müssen. Niemand kann alle<br />

Aspekte in seinem Vortrag abhandeln. Dennoch stopfen viele Personen <strong>die</strong><br />

Folien voll, bloß um zu zeigen, dass sie mit dem Thema bestens vertraut sind.<br />

Auch hat es sich eingebürgert, <strong>die</strong> vollgeschriebenen Folien auszudrucken und<br />

als Handzettel zu verteilen. Ein sehr großer Fehler, wie <strong>die</strong> Beispiele in <strong>die</strong>sem<br />

Buch zeigen. Sinnvoller ist es, ein stringentes Dokument zu gestalten, es<br />

dem Publikum nach dem Vortrag zu überreichen und <strong>die</strong> <strong>Präsentation</strong> bewusst<br />

einfach zu halten. Tun Sie mir einen Gefallen und verteilen Sie niemals <strong>die</strong><br />

ausgedruckten Folien als Handzettel. Warum? David Rose, ein Experte auf dem<br />

Gebiet <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>en kennt <strong>die</strong> Antwort:<br />

“Geben Sie niemals Kopien Ihrer Folien an das Publikum aus. We<strong>der</strong><br />

nach – und schon gar nicht vor <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>! Dies würde das<br />

Ende bedeuten. Der Defi nition zufolge stellen Folien nichts weiter als<br />

Hilfsmittel dar, <strong>die</strong> den mündlichen Vortrag begleitend unterstützen.<br />

Und wer hält den Vortrag? SIE! Ohne Ihre mündlichen Erläuterungen<br />

ist <strong>der</strong> Informationsgehalt gering. Zudem werden <strong>die</strong> Zuhörer in Versuchung<br />

geführt, durch <strong>die</strong> Handzettel zu blättern, was ebenfalls ein KO-<br />

Kriterium ist. Stellen Sie sich folgende Frage: Sind Ihre Folien so gut,<br />

dass sie das Thema perfekt vermitteln? Ja? Schön für Sie, doch warum<br />

stehen Sie dann immer noch vorne herum?<br />

66 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong><br />

—David Rose


Der <strong>Präsentation</strong>sdreisatz<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> Prämisse, dass eine <strong>Präsentation</strong><br />

aus drei Komponenten besteht – Folien,<br />

Notizen und Handzettel – liegt <strong>der</strong> Gedanke<br />

nahe, dass <strong>die</strong> Folien nicht zu viele Informationen<br />

enthalten sollten. Stattdessen lagern Sie<br />

<strong>die</strong> „nicht ganz so wichtigen“ Informationen<br />

in Ihre Notizen aus <strong>o<strong>der</strong></strong> integrieren Sie in <strong>die</strong><br />

Handzettel. Und obwohl <strong>die</strong>se Regel we<strong>der</strong> neu<br />

noch weltbewegend ist, wird sie von unzähligen<br />

Präsentatoren ignoriert. Sie füllen jede Folie bis<br />

zum Bersten, drucken <strong>die</strong> Folien aus und verteilen<br />

sie als Handzettel. Diese vier Folien habe ich<br />

übrigens während einer <strong>Präsentation</strong> zu <strong>die</strong>sem<br />

Thema verwendet, um <strong>die</strong>se Problematik zu<br />

visualisieren.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

67


Sie gestalten ein Dokument, keine Dokument<br />

gewordene Folienpräsentation<br />

Folien sind Folien. Dokumente sind Dokumente.<br />

Versuche, beide Elemente zu kombinieren,<br />

resultieren in einem Mischmasch, den<br />

ich scherzhaft als „Folienument“ bezeichne.<br />

Der Grund dafür, dass solche „Folienumente“<br />

oft anzutreffen sind, ist <strong>die</strong> Zeit. Wer<br />

Stunden in <strong>die</strong> Vorbereitung einer <strong>Präsentation</strong><br />

investiert, hat meist keine Zeit mehr,<br />

um auch noch ein ansehnliches Dokument<br />

zu verfassen. Um also zwei Fliegen mit einer<br />

Klappe zu schlagen – <strong>o<strong>der</strong></strong> wie wir in Japan<br />

zu sagen pfl egen: iiseki ni cho – wird aus Folien<br />

per Copy&Paste ein Dokument. Die Intention ist zwar ehrenwert, das Ergebnis<br />

in höchstem Maße ernüchternd.<br />

Folien, <strong>die</strong> bei <strong>Präsentation</strong> zum Einsatz kommen, müssen Ihre mündlich vorgetragenen<br />

Argumente auf visuelle Art und Weise unterstützen und Ihre Aussagen<br />

verstärken. Die stärkste Waffe in <strong>der</strong> Argumentationskette ist das gesprochene<br />

Wort. Die von Ihnen angefertigten Handzettel folgen an<strong>der</strong>en Regeln. Denn da <strong>der</strong><br />

Leser <strong>die</strong> im Handzettel zu Papier gebrachten Argumente ohne weitere Ausführungen<br />

und Erklärungen verstehen und akzeptieren muss, ist ein gänzlich an<strong>der</strong>er<br />

Ansatz zu verfolgen als bei <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>. Oftmals ist es sogar nötig, bei den im<br />

Handzettel aufgeführten Informationen sehr ins Detail zu gehen. Menschen können<br />

schließlich wesentlich schneller lesen als zuhören. Oftmals basieren <strong>Präsentation</strong>en<br />

auf einem vom Präsentierenden verfassten Buch <strong>o<strong>der</strong></strong> Artikel. In solchen Fällen ist<br />

klar, dass als „Handzettel“ das Buch bzw. Kopien des Artikels verteilt werden, so<br />

dass sich alle Interessierten tiefer in <strong>die</strong> Thematik einlesen können.<br />

För<strong>der</strong>n Tagungen <strong>die</strong> Verbreitung von Folienumenten?<br />

Wie schon an an<strong>der</strong>er Stelle erwähnt, zeigen Tagungen, wie sehr <strong>die</strong> Welt von<br />

PowerPoint dominiert wird: <strong>Präsentation</strong>en müssen einem Muster folgen und weit<br />

vor Tagungsbeginn dem Organisator vorgelegt werden. Diese <strong>Präsentation</strong>en werden<br />

ausgedruckt und gebunden – <strong>o<strong>der</strong></strong> auf eine DVD gebrannt – und den Teilnehmern<br />

ausgehändigt. Die Organisatoren scheinen also wirklich <strong>der</strong> Meinung zu sein,<br />

dass sich <strong>die</strong> Foliensammlungen sowohl zur Unterstützung des Präsentierenden als<br />

auch als Handzettel eignen. Wie wir alle wissen, ein Irrglaube, <strong>der</strong> dazu führt, dass<br />

sich Vortragende <strong>die</strong> Frage stellen müssen, ob sie <strong>die</strong> Folien so designen, wie es<br />

68 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


sich für eine <strong>Präsentation</strong> gehört <strong>o<strong>der</strong></strong> ob sie bereits beim Foliendesign auf <strong>die</strong> Verwendung<br />

als Handzettel achten. Der goldene Mittelweg führt hier in <strong>die</strong> Irre. Die<br />

Folge: mittelmäßige <strong>Präsentation</strong>en, da <strong>die</strong> Folien bewusst schlicht gehalten sind.<br />

Und mittelprächtige Dokumentation, da <strong>die</strong> Seiten nicht son<strong>der</strong>lich gut gelayoutet<br />

sind. Kurz: ein typisches Beispiel für ein „Folienument“.<br />

„Folienumente“ sind ineffektiv, kontraproduktiv und hässlich. Dazu passt <strong>der</strong><br />

bekannte Spruch „Everybo<strong>die</strong>s Darling is Everybo<strong>die</strong>s Depp“. Und das ist schade,<br />

da <strong>der</strong> Präsentierende es gut gemeint hat. Allerdings hat er vergessen, dass <strong>die</strong><br />

<strong>Präsentation</strong>sprogramme PowerPoint und Keynote nicht zum Gestalten aufwändiger<br />

Dokumente geeignet sind. Solche Tätigkeiten erledigt man idealerweise mit<br />

einer Textverarbeitung. Als ob Sie das nicht wüssten ...<br />

Ein Geheimnis ist, warum <strong>die</strong> Organisatoren nicht verlangen, dass <strong>die</strong> Redner<br />

ein Dokument einsenden, in dem <strong>die</strong> wichtigsten<br />

Punkte ihres Vortrags detailliert dargelegt sind.<br />

Eine klar strukturierte, ansehnlich gelayoutete<br />

und um ein Quellen- <strong>o<strong>der</strong></strong> Literaturverzeichnis<br />

erweiterte Word- <strong>o<strong>der</strong></strong> PDF-Datei wäre um ein<br />

Vielfaches sinnvoller. Glauben <strong>die</strong> Organisatoren<br />

allen Ernstes, dass ich seitenlange PowerPoint-<br />

<strong>Präsentation</strong>en „lesen“ will? O<strong>der</strong> dass ich Lust<br />

habe, mehrere Monate alte Ausdrucke von<br />

PowerPoint-<strong>Präsentation</strong> hervorzukramen und<br />

zu versuchen, einen Sinn in den Diagrammen zu<br />

erkennen? Demgegenüber macht es immer Spaß,<br />

sich in gut geschriebene Texte zu vertiefen, um sein Wissen aufzufrischen.<br />

Um sich von <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> Präsentierenden abzuheben und bleibenden Eindruck<br />

zu hinterlassen, sollten Sie so vorgehen: Gestalten Sie eine einfache, von<br />

passenden Multimedia-Elementen unterstützte <strong>Präsentation</strong>. Verfassen Sie ein<br />

gut geschriebenes, perfekt ausformuliertes und ins Detail gehendes Dokument als<br />

Handzettel. Mit <strong>die</strong>ser Kombination machen Sie auf sich aufmerksam. Zwar müssen<br />

Sie deutlich mehr Zeit aufwenden, doch <strong>der</strong> Erfolg wird Ihnen Recht geben.<br />

Und schlussendlich kommt es nur darauf an.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

69


Folienumenten vorbeugen<br />

Die links unten abgebildete Folie zeigt <strong>die</strong> Häufi gkeit von Fettleibigkeit in 30 Län<strong>der</strong>n.<br />

Dabei kommen zwei <strong>Präsentation</strong>sformen zum Einsatz: Tabelle und Diagramm.<br />

Beide Elemente wurden mit Excel gestaltet und in PowerPoint importiert.<br />

Diese Vorgehensweise ist völlig normal; nahezu alle Personen übernehmen mit<br />

Word <strong>o<strong>der</strong></strong> Excel erstellte Elemente in ihre PowerPoint-<strong>Präsentation</strong>en.<br />

Dabei ist es für eine <strong>Präsentation</strong> nicht zwingend nötig alle Datensätze zu übernehmen.<br />

Sind alle Daten wichtig, etwa um Trends und Zusammenhänge zu visualisieren,<br />

sollten Sie <strong>die</strong>se Details in <strong>die</strong> Handzettel auslagern und sie den Zuhörern<br />

bereitstellen. Die Darstellung solcher Zahlenkolonnen per Folie ist problematisch,<br />

da nur wenig Platz zur Verfügung steht.<br />

Besser ist es, so wie in <strong>der</strong> rechten Folie gezeigt, <strong>die</strong> wichtigsten Datensätze zu<br />

präsentieren, sodass das Publikum auf einem Blick erkennt, worauf Sie hinauswollen,<br />

und ansonsten auf <strong>die</strong> Handzettel zu verweisen. So ist sichergestellt, dass Sie<br />

<strong>die</strong> ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums besitzen und Sie <strong>die</strong> Zuhörer gleichzeitig<br />

mit allen Details versorgt haben.<br />

Anstatt Ihre Zuhörer mit Detailinformationen<br />

zu bombar<strong>die</strong>ren, sollten Sie alle nicht zwingend<br />

nötigen Details aus Ihren Folien verbannen. Im<br />

Handzettel können Sie dann Ihrer Leidenschaft<br />

für Tabellen, Diagramme und Statistiken frönen.<br />

So schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe:<br />

Die <strong>Präsentation</strong> geht auf den Punkt; weiterführende<br />

Informationen fi nden alle Interessierten<br />

im Handzettel.<br />

70 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Der Vorteil guter Planung<br />

Sind Sie gut vorbereitet und in <strong>der</strong> Lage, Ihre Aussagen zu schärfen – und den<br />

Fahrstuhltest zu bestehen –, können Sie <strong>die</strong> Kernaussage unter allen Rahmenbedingungen<br />

kommunizieren. Jim, einer meiner Bekannten aus Singapur,<br />

schickte mir <strong>die</strong>se E-Mail, in <strong>der</strong> er beschreibt, wie wertvoll gute Planung ist.<br />

Lieber Garr … wir haben einen neuen Interessenten und versuchten<br />

schon lange, einen Termin zu erhalten. Endlich hatte <strong>der</strong> Typ Zeit.<br />

Ich weiß, dass seine Aufmerksamkeitsspanne kurz ist. Deswegen<br />

habe ich einen simplen Ansatz gewählt und mich durch Inhalte,<br />

Kernaussage und Grafi ken gequält. In seinem Büro angekommen,<br />

unterhielten wir uns ganz locker, so wie das vor Meetings üblich ist.<br />

Allerdings bewegte sich unser Gespräch immer mehr in Richtung<br />

des eigentlichen Themas, das wir sukzessive vertieften. Dann blickte<br />

er auf <strong>die</strong> Uhr und bedankte sich für den Besuch. Als wir das Büro<br />

verließen, meinte mein Begleiter, dass wir unsere Notebooks nicht<br />

eingeschaltet und den Interessenten dennoch überzeugt hätten.<br />

Zunächst fragte ich mich, warum ich so viel Zeit in eine <strong>Präsentation</strong><br />

investiert hatte, <strong>die</strong> er nicht zu Gesicht bekommen hat? Doch schon<br />

bald ging mir ein Licht auf. In <strong>der</strong> Vorbereitungsphase geht’s in erster<br />

Linie um das Ordnen <strong>der</strong> Gedanken und <strong>die</strong> Entwicklung einer Geschichte,<br />

<strong>die</strong> das zu präsentierende Thema transportiert. Und da ich<br />

mich im Vorfeld recht tief in <strong>die</strong> Thematik eingearbeitet hatte, fi el es<br />

mir sehr leicht, meine Argumente mündlich vorzutragen. Selbst <strong>die</strong><br />

Grafi ken, <strong>die</strong> ebenfalls auf dem Notebook schlummerten und <strong>der</strong>en<br />

Gestaltung auch viel Zeit gekostet hatte, halfen mir beim Gespräch<br />

mit dem Interessenten.<br />

Jims Gedankengang ist sehr interessant. Bereitet man sich gut vor, stellt <strong>die</strong><br />

Vorbereitungsphase eine große Hilfe dar, um sich noch besser mit einem<br />

Thema vertraut zu machen. Auch führt eine optimale Vorbereitung dazu, dass<br />

man auf alle Eventualitäten reagieren kann. Geht <strong>der</strong> Projektor fünf Minuten<br />

vor Ihrer <strong>Präsentation</strong> kaputt? Kein Problem, Sie tragen aus dem Stegreif vor.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

71


Fällt Ihrem Kunden ein, dass er keine Lust auf PowerPoint-Folien hat, setzen<br />

Sie sich an den Tisch und legen ihm Ihre Ideen mündlich dar.<br />

In <strong>der</strong> Planungsphase kommt es darauf an, dass Ihr Geist klar ist, Sie sich<br />

auf das Thema fokussieren und sich nicht ablenken lassen. Ich stehe sehr auf<br />

Technologie und bin auch <strong>der</strong> Meinung, dass Slideware in vielen Situationen<br />

eine große Hilfe darstellt. Doch in <strong>der</strong> Planungsphase vertraue ich auf „analoge<br />

Techniken“: Papier und Bleistift, Weißwandtafel, ein Notizbuch, in dem<br />

ich während <strong>der</strong> Fahrt ins Büro meine Ideen skizziere. Erlaubt ist, was für Sie<br />

funktioniert. Peter Drucker bringt es auf den Punkt: „Der Computer ist ein<br />

Idiot.“ Nur Sie, Ihre Ideen und Ihr Publikum zählen. Ignorieren Sie den PC in<br />

<strong>der</strong> frühen Planungsphase, also genau dann, wenn Kreativität gefragt ist. Ich<br />

für meinen Teil weiß, dass ich dann <strong>die</strong> besten Ideen habe und am klarsten<br />

denken kann, wenn meine Computer nicht in <strong>der</strong> Nähe sind.<br />

Der Sinn, <strong>der</strong> dahintersteckt, ist klar: Entspannung, Ruhe und <strong>die</strong> Nutzung<br />

„analoger Techniken“ helfen, <strong>die</strong> Kernaussage während <strong>der</strong> Vorbereitungsphase<br />

zu identifi zieren, zu präzisieren und zu transportieren. Mit <strong>der</strong> Kernaussage<br />

steht und fällt jede <strong>Präsentation</strong>. Wie schon erwähnt, sollten Sie sich Folgendes<br />

überlegen: Wenn sich Ihre Zuhörer nur ein Detail merken könnten. Welche<br />

Aussage sollte das sein? Und warum?<br />

Je besser Sie Ihre Ideen und <strong>die</strong> Kernaussage in Gedanken ausformulieren<br />

und sie dann auf Papier festhalten, desto einfacher wird es Ihnen fallen,<br />

Folien und Multimedia-Elemente, <strong>die</strong> Sie bei <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong> Ihrer Ideen<br />

unterstützen sollen, zu designen und zu organisieren.<br />

72 <strong>ZEN</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> <strong>Präsentation</strong>


Auf einen Blick<br />

■ Bremsen Sie sich. Gönnen Sie Ihrem Geist Ruhe, um Probleme und Ziele<br />

klarer vor Augen zu haben.<br />

■ Verbringen Sie ein wenig Zeit allein, um das große Ganze zu sehen.<br />

■ Fahren Sie den Rechner herunter, um Ihre Sinne für das Wesentliche zu<br />

schärfen.<br />

■ Skizzieren Sie Ihre Ideen mittels Papier und Bleistift – <strong>o<strong>der</strong></strong> auf eine Tafel.<br />

■ Die zwei wichtigsten Fragen, <strong>die</strong> Sie sich immer wie<strong>der</strong> stellen müssen:<br />

Was ist <strong>die</strong> Kernaussage? Warum ist etwas wichtig?<br />

■ Könnte sich Ihr Publikum nur an ein einziges Detail erinnern, für was würden<br />

Sie sich entscheiden?<br />

■ Die Gestaltung aufwändiger Handzettel sorgt dafür, dass Sie nicht jedes<br />

kleine Detail in <strong>die</strong> Folien quetschen müssen.<br />

Kapitel 3 Analoge Planung<br />

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