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Direkte Demokratie und völkerrechtliche Verpflichtungen im Konflikt ...

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1016 Reich<br />

d e n haben, wenn sie der B<strong>und</strong>esverfassung widersprechen. Angesichts der partiellen<br />

Verfassungsgerichtsbarkeit vermögen sich direkt-demokratisch erstrittene Anliegen<br />

in solchen Konstellationen daher nur durch deren b<strong>und</strong>esgesetzliche Konkretisierung<br />

durchzusetzen. 123<br />

C. Anwendung des verfassungsrechtlichen Modells<br />

1. Volksinitiative “für die Ausschaffung kr<strong>im</strong>ineller Ausländer”<br />

Die Anwendung des vorstehend dogmatisch ausgearbeiteten verfassungsrechtlichen<br />

Modells funktionellrechtlich differenzierter Herstellung praktischer Konkordanz<br />

zur Bewältigung von <strong>Konflikt</strong>en zwischen der Beachtung des Völkerrechts<br />

<strong>und</strong> konfligierenden Volksinitiativen lässt sich am Beispiel der zu Beginn dieses<br />

Beitrags erwähnten, am 7. März 2008 zu Stande gekommenen V o l k s i n i t i a t i v e<br />

“für die Ausschaffung kr<strong>im</strong>ineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)”<br />

124 praktisch erläutern. Die “Ausschaffungsinitiative” zielt auf die<br />

Ergänzung der Kompetenznorm des B<strong>und</strong>es betreffend das Ausländer- <strong>und</strong> Asylrecht<br />

(Art. 121 BV) durch drei Absätze <strong>und</strong> eine intertemporale Regelung. Mit<br />

dem Begehren soll eine Vorschrift in der B<strong>und</strong>esverfassung verankert werden, wonach<br />

ausländische Staatsangehörige “unabhängig von ihrem ausländerrechtlichen<br />

Status ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der<br />

Schweiz” verlieren, sollten sie aufgr<strong>und</strong> eines der in Art. 121 Abs. 3 al. 1 E-BV<br />

umschriebenen Gewalt-, Sexual- oder Betäubungsmitteldelikte rechtskräftig verurteilt<br />

worden sein oder “missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder<br />

der Sozialhilfe bezogen haben” (Art. 121 Abs. 3 al. 2 E-BV). Gemäss dem Initiativ-<br />

505-511, 507-510, ergänzt verfügbar unter (zuletzt aufgerufen am<br />

25. Februar 2009).<br />

123 Im Verhältnis zwischen einer jüngeren, direkt anwendbaren Best<strong>im</strong>mung der BV <strong>und</strong> einem älteren,<br />

widersprechenden B<strong>und</strong>esgesetz wird Art. 190 BV demgegenüber überwiegend als für nicht anwendbar<br />

erklärt; vgl. Botschaft BV (Anm. 11), 429; B<strong>und</strong>esamt für Justiz, Gutachten vom 10. April<br />

1992, VPB 58 (1994) Nr. 2, 50-57, 54 f.; B i a g g i n i (Anm. 8), Art. 190 BV, N 14; H a l l e r (Anm. 53),<br />

N 219 m.w.H.; Yvo H a n g a r t n e r , Gr<strong>und</strong>züge des schweizerischen Staatsrechts. Bd. I, Zürich 1980,<br />

198; d e r s ., Art. 190 BV, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender (Anm. 43), N 13 m.w.H.;<br />

N o b s (Anm. 105), 370; mit anderer Begründung gl. A. A u e r (Anm. 53), N 167; ohne klare Festlegung<br />

demgegenüber Botschaft über die Volksinitiative “Gleiche Rechte für Mann <strong>und</strong> Frau” vom 14.<br />

November 1979, BBl. 1980 I, 69-149, 129 f. Auch wenn der G e l t u n g s vorrang der BV unbestritten<br />

ist, lässt sich die h.M. mit Blick auf den Wortlaut von Art. 190 BV (A n w e n d u n g s vorrang) nicht<br />

leichthin begründen. Einer unbesehenen Übertragung auf das Verhältnis zwischen Völkerrecht <strong>und</strong><br />

B<strong>und</strong>esverfassung steht neben Art. 5 Abs. 4 BV auch der Umstand entgegen, dass die B<strong>und</strong>esverfassung<br />

in Art. 190 BV bewusst nicht aufgeführt wird; vgl. Botschaft BV (Anm. 11), 429. Ferner lässt sich<br />

das vom B<strong>und</strong>esamt für Justiz (Anm. 123), 54 f. angeführte Argument des Geltungsvorrangs der BV<br />

<strong>im</strong> differenziert zu lösenden Verhältnis zwischen Völker- <strong>und</strong> Verfassungsrecht nicht gleichförmig<br />

verwerten.<br />

124<br />

Vgl. Anm. 1 sowie den Initiativtext <strong>im</strong> Wortlaut, BBl. 2007, 4971 sowie auf der Webseite der<br />

Schweizerischen B<strong>und</strong>eskanzlei unter (zuletzt aufgerufen<br />

am 25. Februar 2009).<br />

ZaöRV 68 (2008)<br />

http://www.zaoerv.de/<br />

© 2008, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht <strong>und</strong> Völkerrecht

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