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Direkte Demokratie und völkerrechtliche Verpflichtungen im Konflikt ...

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<strong>Direkte</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>und</strong> <strong>völkerrechtliche</strong> <strong>Verpflichtungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Konflikt</strong> 985<br />

t i e f e u n m i t t e l b a r e E r f o l g s q u o t e von 9,5 % täuscht jedoch leicht über den<br />

signifikanten Einfluss hinweg, den Volksinitiativen indirekt auf die Rechtsetzung<br />

ausüben (vgl. II., C., 1.).<br />

B. Verfassungsrechtliche Grenzen der Volksinitiative<br />

Volksinitiativen haben die “Einheit der Form” <strong>und</strong> die “Einheit der Materie” zu<br />

wahren (Art. 139 Abs. 2, Art. 194 Abs. 2 <strong>und</strong> 3 BV). Diese Erfordernisse werden<br />

gemeinhin als “f o r m e l l e S c h r a n k e n ” der Volksinitiative bezeichnet. Die Einheit<br />

der Materie schützt die freie Willensbildung der St<strong>im</strong>mberechtigten, indem sie<br />

einen die Zielsetzungen des Begehrens verbindenden sachlichen Zusammenhang<br />

verlangt (Art. 75 Abs. 2 BPR). 13 Die Einheit der Form verpflichtet die Initianten,<br />

sich entweder für die formulierte Initiative oder die allgemeine Anregung zu entscheiden<br />

(Art. 75 Abs. 3 BPR).<br />

Nach Art. 139 Abs. 2 <strong>und</strong> Art. 194 Abs. 2 BV ist der zulässige I n h a l t von<br />

Volksbegehren durch “zwingende Best<strong>im</strong>mungen des Völkerrechts” begrenzt. Anerkannt<br />

ist ferner, dass t a t s ä c h l i c h unmögliche oder f a k t i s c h offensichtlich<br />

<strong>und</strong>urchführbare Begehren ungültig sind. 14<br />

Gültig sind demgegenüber sowohl zeit-<br />

ber 2005; Art. 197 Ziff. 2 ÜbBest BV); (14.) “Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem<br />

gefährliche Sexual- <strong>und</strong> Gewaltstraftäter” (BBl. 2004, 2201; 8. Februar 2004; Art. 123a BV); (13.) “Für<br />

den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO)” (BBl. 2002, 3692; 3. März<br />

2002; Art. 197 Ziff. 1 ÜbBest BV); (12.) “Für einen arbeitsfreien B<strong>und</strong>esfeiertag (1. August-Initiative)”<br />

(BBl. 1993 IV, 266; 1. Juli 1994; Art. 110 Abs. 3 BV); (11.) “Zum Schutze des Alpengebietes vor dem<br />

Transitverkehr” (BBl. 1994 II, 701; 20. April 1994; Art. 84 BV, Art. 196 Ziff. 1 ÜbBest BV); (10.)<br />

“Stopp dem Atomkraftwerkbau (Moratorium)” (BBl. 1991 I, 309; 23. September 1990; Art. 196 Ziff. 4<br />

ÜbBest BV); (9.) “Zum Schutz der Moore – Rothenthurm-Initiative” (BBl. 1988 I, 572; 6. Dezember<br />

1987; Art. 78 Abs. 5 BV); (8.) “Zur Verhinderung missbräuchlicher Preise” (BBl. 1983 I, 928; 28. November<br />

1982; nachgeführt in Art. 96 BV); (7.) “Rückkehr zur direkten <strong>Demokratie</strong>” (BBl. 1949 II, 582;<br />

28. Oktober 1949; nachgeführt in Art. 165, Art. 141 Abs. 1 lit. b, Art. 140 Abs. 1 lit. c BV); (6.)<br />

“Kursaalspiele (Spielbanken)” (BBl. 1929 I, 94; 14. März 1929; revidiert, siehe Art. 106 BV); (5.) “Für<br />

die Unterstellung von unbefristeten oder für eine Dauer von mehr als 15 Jahren abgeschlossenen<br />

Staatsverträgen unter das Referendum (Staatsvertragsreferendum)” (BBl. 1921 I, 424; 16. April 1921;<br />

revidiert, siehe Art. 140 Abs. 1 lit. c, Art. 141 Abs. 1 lit. d BV); (4.) “Für ein Verbot der Errichtung von<br />

Spielbanken” (BBl. 1921 II, 302 f.; 16. April 1921; aufgehoben, siehe Art. 106 BV); (3.) “Proporzwahl<br />

des Nationalrates” (BBl. 1918 V, 100; 11. Dezember 1918; Art. 149 Abs. 2 Satz 1 BV); (2.) “Für ein<br />

Absinthverbot” (BBl. 1908 IV, 572; 7. Oktober 1908; per 1. März 2005 aufgehoben, AS 2005, 971 f.);<br />

(1.) “Für ein Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung” (BBl. 1893 IV, 401, 405 f.; 22. Dezember<br />

1893; Art. 25 bis aBV, dazu BGE 33 I 723 E 3, 731-733), aufgr<strong>und</strong> der Abst<strong>im</strong>mung vom 2. Dezember<br />

1973 auf b<strong>und</strong>esgesetzliche Ebene (Art. 20 Tierschutzgesetz, SR 455) zurückgestuft (BBl. 1974<br />

I, 312).<br />

13<br />

BGE 1P.668/2003 E 2.4, 128 I 190 E 3.2., 196 f.; 125 I 227 E 3b, 196 f.; 123 I 63 E 4b, 71; Pierre<br />

T s c h a n n e n , Schutz der politischen Rechte, in: Detlef Merten/Hans-Jürgen Papier (Hrsg.), Handbuch<br />

der Gr<strong>und</strong>rechte in Deutschland <strong>und</strong> Europa. Bd. VII/2. Gr<strong>und</strong>rechte in der Schweiz <strong>und</strong> Liechtenstein,<br />

Heidelberg/Zürich/St. Gallen 2007, § 220, N 48 f. Vgl. die ungültig erklärte Volksinitiative<br />

“für weniger Militärausgaben <strong>und</strong> mehr Friedenspolitik” auf “Curia Vista” (Anm. 8; Nr. 94.062).<br />

14 Vgl. Botschaft BV (Anm. 11), 445; B i a g g i n i (Anm. 8), Art. 139 BV, N 14; K e l l e r /<br />

L a n t e r / F i s c h e r (Anm. 2), 137; Pierre T s c h a n n e n , St<strong>im</strong>mrecht <strong>und</strong> politische Verständigung,<br />

Basel/Frankfurt am Main 1995, 79 f.; Luzius W i l d h a b e r , Art. 118 aBV, in: Jean-François Au-<br />

http://www.zaoerv.de/<br />

© 2008, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht <strong>und</strong> Völkerrecht<br />

ZaöRV 68 (2008)

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