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48 10/2003 epd-Dokumentation<br />

auch die Medien entdeckten Israel - wenn auch<br />

vielleicht etwas spät. Als ich 1968 - ein Jahr nach<br />

dem Sechstagekrieg - als Korrespondent nach<br />

Israel kam, da waren dort <strong>für</strong> die deutschen Medien<br />

fast ausschließlich ältere Israelis deutscher<br />

Abstammung tätig, die so etwa alle vierzehn<br />

Tage ihre »Geschichten aus dem Heiligen Land«<br />

schickten. Mit dem Sechstagekrieg hatte die Situation<br />

sich aber drastisch verän<strong>der</strong>t, denn mit<br />

diesem Krieg spätestens entdeckten die deutschen<br />

Medien Israel auch als dauerhaften Krisenherd<br />

und als wichtiges Berichtsgebiet, in das man dann<br />

bereit war Korrespondenten zu entsenden.<br />

Die Auseinan<strong>der</strong>setzung o<strong>der</strong> Beschäftigung mit<br />

Israel hatte sich aber nicht nur <strong>für</strong> die Medien mit<br />

dem Sechstagekrieg geän<strong>der</strong>t. Sie hatte sich auch<br />

in <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Bevölkerung geän<strong>der</strong>t.<br />

Israel hatte die ersten Jahrzehnte seiner Existenz<br />

als das Land <strong>der</strong> Opfer und als bedrohter Staat<br />

gegolten, mit dem man sich solidarisch fühlte und<br />

sich solidarisch erklärte. Als Israel dann aber<br />

1967 siegte, da löste das merkwürdige Reaktionen<br />

aus:<br />

Oft fängt das aber schon bei <strong>der</strong><br />

Wortwahl an: (...) So habe auch ich<br />

lange den Ausdruck »jüdische Siedler« benützt.<br />

Ohne daran zu denken, dass die Assoziation<br />

des allgemein als negativ empfundenen<br />

Begriffs <strong>der</strong> »Siedler« mit »jüdisch«<br />

zu einem Problem werden könnte. Wo die<br />

Siedler natürlich Juden sind, es sich aber<br />

korrekterweise um »israelische Siedler«<br />

handelt<br />

Ich war damals noch junger Redakteur bei einer<br />

Zeitung in Mannheim und da kam <strong>der</strong> Mann unserer<br />

Putzfrau in die Redaktion, um aufzuräumen.<br />

»Die Israelis - das sind Kerle. So wie wir<br />

damals...«, tönte er hemdsärmlig. Ich dachte mir:<br />

Wenn die Israelis das wüssten... Aber auch in<br />

Israel blieb natürlich nicht verborgen, dass man<br />

plötzlich ungewöhnliche »Freunde« gewonnen<br />

hatte und Applaus von diesen bekam.<br />

Da gab es Schlagzeilen <strong>der</strong> Bild-Zeitung, in denen<br />

vom »Wüstenfuchs Dayan« die Rede war und<br />

auch noch an<strong>der</strong>en, ähnlichen Assoziationen. So<br />

nach dem Motto: Was wir in Nordafrika nicht<br />

geschafft haben, das schaffen die Israelis jetzt.<br />

Dies war eine merkwürdige Verlagerung <strong>der</strong><br />

Sympathien <strong>für</strong> Israel. Denn mit einem Mal waren<br />

es die Rechten, die dieses Land plötzlich bewun<strong>der</strong>ten<br />

- nachdem sie zuvor nur mit halber Sache<br />

und eher aus ‚political correctness‘ dabei gewesen<br />

waren. Und die Linken, die vorher voll und ganz<br />

hinter Israel zu stehen schienen, die distanzierten<br />

sich nun plötzlich. Anscheinend aus dem Gefühl<br />

heraus, dass man sich mit Opfern identifizieren<br />

will, nicht aber mit Siegern. Und man suchte sich<br />

die Opfer dieses Krieges von 1967 - die Verlierer -<br />

und das waren die Palästinenser. Und denen<br />

wandten sich dann Mitgefühl und Solidarität <strong>der</strong><br />

Linken zu.<br />

So, als könne man sich einmal mit <strong>der</strong> einen,<br />

dann aber mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des Nahostkonflikts<br />

solidarisieren. Statt mit beiden Seiten <strong>für</strong><br />

eine friedliche Zukunft zu arbeiten und auf beide<br />

Seiten in diesem Sinne einzuwirken. Jedenfalls<br />

fand mit dem Sechstagekrieg dieser deutlich<br />

spürbare Frontenwechsel <strong>der</strong> Linken und vieler<br />

Intellektueller statt und dies hält bis heute an:<br />

Natürlich weiß man von den auch heute noch<br />

bestehenden Gefahren <strong>für</strong> Israel und man weiß<br />

von <strong>der</strong> eigenen historischen Verantwortung,<br />

aber dennoch wird dies heute bei vielen in den<br />

Hintergrund gedrängt zu Gunsten einer fast vorbehaltlosen<br />

Solidarität mit den Palästinensern.<br />

Was angesichts <strong>der</strong> vielen Opfer und Leiden gerade<br />

während <strong>der</strong> letzten zwei Jahre vielen ja<br />

auch völlig logisch und selbstverständlich erscheint.<br />

Nicht zu sprechen von jenen, die diesen<br />

Trend natürlich gerne zum Anlass nehmen, ihre<br />

immer schon gehüteten Ressentiments gegenüber<br />

Israel - und dann meist auch gleich gegenüber<br />

den Juden - nun offen vorzutragen.<br />

Und dies betrifft auch die Medien - den Spiegel<br />

unserer Gesellschaft. Zeitungen, Rundfunk und<br />

Fernsehen werden zwar - wenn es um Politik,<br />

und auch noch beson<strong>der</strong>s Außenpolitik geht -<br />

nicht so sehr nach dem Geschmack des Publikums<br />

gemacht wie die Brötchen beim Bäcker.<br />

Aber dennoch: Was die Gesellschaft »empfindet«,<br />

macht natürlich auch nicht Halt vor den Journalisten<br />

und Medienmachern.<br />

Hinzu kommt, dass es so manchem, <strong>der</strong> sich<br />

heute in den Medien zum Thema äußert, auch an<br />

ausreichendem Fachwissen mangelt. Auch die<br />

Unart, komplexe Themen in immer kürzerer<br />

Form kurz, prägnant und »knackig« darstellen zu<br />

wollen, trägt dazu bei, dass wirkliche Zusammenhänge<br />

und Hintergründe oft gar nicht erst<br />

»rüberkommen«. Und ein weiteres Problem ist<br />

auch, dass in einer immer enger zusammenwachsenden<br />

Welt immer mehr Berichte von immer<br />

mehr Orten und Konflikten gedruckt und gesendet<br />

werden, obwohl die Zeitungsseiten und die<br />

Programmminuten nicht zahlreicher geworden<br />

sind. Natürlich ebenso, dass Mo<strong>der</strong>atoren, Kor-

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