Der Faktor Geschwindigkeit im motorisierten Strassenverkehr - BfU
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Persönlichkeitsmerkmale (TVP) von Spicher und<br />
Hänsgen entwickelt [24].<br />
Ein weiteres Modell, das in der Verkehrssicherheitsarbeit<br />
<strong>im</strong>mer wieder diskutiert wird, ist das<br />
Sensation Seeking. Die Theorie stammt von Zuckerman.<br />
Er geht davon aus, dass es genetisch<br />
bedingte Unterschiede bei den Menschen hinsichtlich<br />
ihres Bedürfnisses nach neuen und/oder intensiven<br />
Reizen gibt. Die von ihm entwickelte Sensation<br />
Seeking Scale lässt sich in vier D<strong>im</strong>ensionen<br />
aufteilen [25]:<br />
1. «Thrill and adventure seeking»: Körperlich riskante<br />
Aktivitäten (beispielsweise Klettern, Fallschirmsprung)<br />
2. «Experience seeking»: Abwechslung durch<br />
unkonventionellen Lebensstil (Reisen, Musik,<br />
Drogen)<br />
3. «Disinhibition (dt.: «Enthemmung») seeking»:<br />
Abwechslung durch soziale St<strong>im</strong>ulation (Party,<br />
Promiskuität, soziales Trinken)<br />
4. «Boredom susceptibility» (dt.: «Anfälligkeit für<br />
Langeweile»): Abneigung gegenüber Langeweile<br />
und Neigung zur Unruhe, wenn die Umwelt<br />
keine Abwechslung mehr bietet.<br />
Insbesondere die D<strong>im</strong>ensionen 1 und 4 sowie allenfalls<br />
auch noch 2 und 3 (wegen der psychoaktiven<br />
Substanzen) könnten negative Einflüsse auf das<br />
<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten haben. Erfreulich hingegen<br />
ist, dass, wie Tay et al. aufzeigten, ein negativer<br />
Zusammenhang zwischen Alter und Sensation<br />
Seeking besteht, d. h. dass mit zunehmendem<br />
Alter diese spezifische Form der Unangepasstheit<br />
nachlässt, genauso wie wir es auch für das <strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten<br />
finden [26].<br />
6. Fazit<br />
Insgesamt handelt es sich bei der Fahrgeschwindigkeit<br />
um ein komplexes Thema bei dem verschiedene<br />
Disziplinen involviert sind. Die Verkehrstechnik<br />
bietet wichtige Möglichkeiten zur Anpassung<br />
der Strassen an die gewünschten Fahrgeschwindigkeiten,<br />
das Rechtssystem gibt den gesetzlichen<br />
Handlungsrahmen vor und kann allfällige<br />
Verstösse ahnden (Kap. VII.4.2, S. 72). Die Psychologie<br />
schliesslich zeigt auf der Grundlage von<br />
verschiedenen Modellen und Theorien auf, wie das<br />
<strong>Geschwindigkeit</strong>sverhalten der Motorfahrzeuglenkenden<br />
beeinflusst wird und verändert werden<br />
kann. Eine abschliessende Bewertung darüber,<br />
welche psychologische Theorie am «besten» ist, ist<br />
nicht möglich. Aber es ist offensichtlich, dass Theorien,<br />
die Interventionsmöglichkeiten aufzeigen für<br />
die Prävention geeigneter sind als andere, die ein<br />
Menschenbild mit wenig Veränderungspotenzial<br />
beinhalten.<br />
Für eine erfolgreiche Verkehrssicherheitsarbeit <strong>im</strong><br />
Bereich <strong>Geschwindigkeit</strong> ist eine Verknüpfung der<br />
verschiedenen Interventionsmöglichkeiten nötig.<br />
50 <strong>Geschwindigkeit</strong> aus unterschiedlicher Sicht bfu-Sicherheitsdossier Nr. 06