Produktivität dank effizienter Workflows und Information - Haufe.de

acquisa: Welche Unterschiede bestehen
zwischen B2B- und B2C-Zielgruppen?
Reins: Während Letztere meist gefühls-
oder wertorientiert sind, ist der B2B-Rezipient
in der Regel ergebnisorientiert
– er will »Value for money«, konkrete Informationen,
kein Geschwafel. Für die
Kreation bedeutet das: Kürzere Texte,
Bulletpoints, Schnelligkeit.
acquisa: Emotionalität hat dort also
nichts zu suchen?
Reins: Doch, natürlich. Auch faktenorientierte
Aussagen kann man sehr gut
emotional verpacken – das wird auch
immer besser verstanden. Früher hätte
man ein Produkt vielleicht wie folgt umschrieben:
»Technik auf dem neuesten
Stand. Die Premiere der 640-Bit-Generation.«
Heute sagt man: »Warum Papi nun
früher nach Hause kommt« und zeigt
ihn, wie er vom Wohnzimmer aus per
Computer eine Abfüllanlage in Shanghai
repariert. So wird der konkrete Nutzen
eines Produkts emotional vermittelt.
acquisa: Wie schlägt sich diese Arbeitsweise
in Ihrer mit diversen Kreationspreisen
ausgezeichneten Kampagne
für die Buchhaltungs-Software von
Lexware nieder?
Reins: Wir wollten erst einmal dem
Thema Buchhaltung seine Freudlosigkeit
nehmen. Daher haben wir uns für
einen humorvollen Ansatz entschieden.
Dann haben wir den Kernnutzen der
Software für den Kunden herausgearbeitet.
Letztendlich hat Lexware eine ganz
klare Aufgabe: Ordnung schaffen. Dieses
Prinzip setzen wir nun in immer neuen,
originellen Zusammenhängen um. Wir
haben uns sehr gefreut, dass der Kunde
bereit war, die Anzeigenkampagne sehr
breit zu schalten, sodass wir über die
Fachzeitschriften hinaus auch in Publikumstiteln
wie »Spiegel« zu sehen sind.
acquisa: Haben auch Ihre Kollegen in
anderen Agenturen verstanden, dass
man bei B2B umdenken muss?
Reins: Einige noch nicht. Nach wir vor
sieht man Werbung, die aus der »Wir«-
Sicht formuliert ist. Man muss aber zur
»Sie«-Kommunikation finden. Früher
Die Lexware-Kampagne wurde unter anderem mit dem Best-of-Business-Award 2008 und dem
GWA Profi ausgezeichnet.
herrschte USP, also die »unique selling
proposition«. Heute sollte die UBP, die
»unique buying proposition«, stärker
betont werden. Was bringt es mir, wenn
ich dieses Produkt kaufe? Viele machen
es sich noch immer leicht, bilden das
Produkt ab und erzählen, wie toll es ist.
Natürlich ist es nicht einfach, bei komplexen
Produkten oder Dienstleistungen
diesen konkreten Nutzen herauszuarbeiten.
Das ist ein knüppelharter Weg – aber
wir müssen ihn gehen. Ein weiterer Fehler,
der immer noch gemacht wird, ist
die Überfrachtung mit Informationen.
acquisa: Welche Branchen sind aus Ihrer
Sicht besonders progressiv?
Reins: Die Werbungtreibenden sind
heute eigentlich quer durch die Bank
aufgeweckter als noch vor fünf Jahren.
Besonders weit vorn sind die Software-
Unternehmen, neuerdings auch die Privatbanken
– hier zeigt unter anderem die
Quirin Bank sehr interessante Werbung.
Sehr kreative Geschäftsberichte veröffentlichen
neuerdings die Energieversorger
und auch die Reedereien. Nachholbedarf
hat dagegen der Maschinenbau.
acquisa: Die Anforderungen an die
Komplexität der Werbung durch neue
Kanäle werden größer. Wie reagieren
Sie auf die Herausforderungen einer
360-Grad-Kommunikation?
Reins: Wir verstehen uns stärker als früher
als Unternehmensberater in Sachen
Kommunikation. Natürlich beschäfti-
gen wir uns eingehend mit Online-Themen
und haben auch einen Spezialisten
für dieses Thema an Bord. Wir gehen davon
aus, dass vor allem die Verzahnung
von Dialog und Online in Zukunft eines
der Schlüsselthemen sein wird.
acquisa: Gehen damit starke Veränderungen
im Mediamix einher? Wird
Print die Lead-Funktion in der B2B-
Werbung verlieren?
Reins: Durch das Netz wird sich viel verändern,
was den Werbungtreibenden unter
anderem auch Kosten sparen wird. Ich
glaube allerdings nicht, dass Print, insbesondere
Fachzeitschriften, ihre wichtige
Rolle verlieren werden. Noch ist es über
keinen anderen Kanal so einfach, sein
Zielpublikum punktgenau zu erreichen.
Das mag in anderen Ländern nicht so sein
– Deutschland aber besitzt eine einzigartige
Landschaft von Fachzeitschriften.
acquisa: Wie verändert die Wirtschaftskrise
die Ansprache?
Reins: Es gibt eine stärkere Abverkaufsorientierung.
B2B-Werbung ist ja im
Kern immer taktische Werbung, während
Endkonsumentenwerbung eher
strategisch funktioniert. Durch die
knapperen Budgets formulieren wir
nun noch konkretere Versprechen und
heben den Nutzen der Produkte deutlicher
hervor. Die Arbeit am Image ist
bei vielen Unternehmen erst einmal
aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.
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