Steuerung sozialer Systeme - Konstantin Bähr
Steuerung sozialer Systeme - Konstantin Bähr
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1 Einleitung<br />
Die vorliegende Arbeit möchte einen Beitrag zu einer Theorieentwicklung<br />
leisten, die Konzepte sowohl aus der Systemtheorie als auch aus der Akteurtheorie<br />
bezieht. Diese übergreifende Theoriebildung soll am Thema <strong>Steuerung</strong><br />
vorgeführt werden.<br />
Drei Kombinationen, System- und Akteurtheorie aufeinander zu be-<br />
ziehen, sind denkbar:<br />
– Ausgehend von den Konzepten der Akteurtheorie könnte system- bzw.<br />
differenzierungstheoretisch ausgebaut werden (vgl. dazu die Arbeiten<br />
von SCHIMANK; SCHARPF; MAYNTZ; BRAUN).<br />
– Ausgehend von den Konzepten der Systemtheorie könnte akteurtheoretisch<br />
ausgebaut werden (vgl. dazu insbesondere WILLKE bzw. mit theoretischer<br />
Präzision: ULRICH; LANGE; BRÜSEMEISTER).<br />
– Es ist auch denkbar, gleichzeitig auf beiden Strängen zu fahren: eine<br />
solche Arbeit würde von der Tendenz her auf einen Theorievergleich hinauslaufen<br />
bzw. Lehrbuchcharakter annehmen (wie GÖRLITZ/ BURTH<br />
1998).<br />
Wir werden den zweiten Weg wählen und über weite Strecken den <strong>Steuerung</strong>smedien<br />
<strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong> nachgehen. Zunächst werden wir ein Modell<br />
der (Selbst-)<strong>Steuerung</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong> skizzieren. Die Akteur- und Handlungstheorie<br />
wird dort ins Spiel kommen, wo es darum geht, den Erfolg von<br />
<strong>Steuerung</strong> zwischen (!) sozialen <strong>Systeme</strong>n zu theoretisieren, also das, was<br />
SCHARPF (1989) als „zielstrebige <strong>Steuerung</strong>“ bezeichnet. Wir werden hier<br />
auf Akteurmodelle und konstellationstheoretische Ansätze (SCHIMANK) sowie<br />
auf die Theorie der rationalen Wahl (ESSER) zurückgreifen.<br />
Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir werden nicht einfach soziale<br />
<strong>Systeme</strong> als soziale Akteure vorführen. Grundformen <strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong> sind<br />
Funktionssysteme, Organisationen und Interaktionssysteme. Wir werden<br />
aufzeigen, dass die Theorie <strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong> den Organisationen quasi einen<br />
Akteurstatus zuerkennt. Wir werden auch zeigen, dass der Theorieentscheid<br />
WILLKES, gesellschaftliche Funktionssysteme als Akteure zu behandeln,<br />
zumindest aus der Theorie <strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong> nicht gestützt werden<br />
kann: „Funktionssysteme (können) nicht selbst kommunikativ agieren“<br />
(LUHMANN 2000b: 401). Es macht keinen Sinn, selbst nicht handlungsfähige<br />
<strong>Systeme</strong> als selbst handlungsfähige Akteure auftreten zu lassen.<br />
Die Arbeit wird auf eine Darstellung der <strong>Steuerung</strong>sdebatte der letzten<br />
Jahre verzichten, diese ist bei BEYME (1995a; 1995b) bzw. BRAUN (1999b)<br />
umfassend dargestellt. Eine genaue Begriffsgeschichte zu <strong>Steuerung</strong> und<br />
seinen englischen Synoymen (wie control) findet sich bei MAYNTZ (1997c<br />
[1987]), eine Bestimmung im Kontext einer mathematischen Systemtheorie<br />
bei KNOBLOCH (1992) bzw. SCHWENGLER/ROTH (1992).<br />
DRUWE (1989) bereitet den <strong>Steuerung</strong>sbegriff der Systemtheorie für die<br />
Politikwissenschaft auf, ohne ihn akteurtheoretisch zu ergänzen. GÖRLTIZ<br />
rezipiert systemtheoretisches Gedankengut; für ihn bestehen soziale Syste-<br />
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