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Steuerung sozialer Systeme - Konstantin Bähr

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können oder dies nicht zu tun. Das Stattfinden dieser Wahl wird (c) allein<br />

von den Anwesenden, die das Interaktionssystem bilden, abhängen.<br />

Die Codes der gesellschaftlichen Funktionsbereiche definieren also nicht die Autopoiesis<br />

der Interaktion. Ihr System schliesst sich nicht durch Wahl eines Codes, sondern durch<br />

Kommunikation unter Anwesenden. Sie kann daher Codes nicht nur wählen, sondern auch<br />

wechseln. Sie kann einschalten, sie kann ausschalten. (...) Es gibt keine unsichtbare Hand,<br />

die Interaktionen rigoros auf bestimmte Funktionssysteme verteilt und sie bei Strafe des<br />

Identitätsverlustes an deren Systemreferenz bindet. Die Interaktion ist im Schema der gesellschaftlichen<br />

Differenzierung nicht fest, sondern selbstbeweglich placiert. (...) Interaktionen<br />

können benutzt werden, um die gesellschaftlich undifferenzierte Alltagskommunikation<br />

in den Einzugsbereich bestimmt er Funktionssysteme zu bringen. Und sie können auch<br />

benutzt werden, um aus der Enge einer codierten in die Weite einer decodierten Kommunikation<br />

zurückzukehren. Die Frage, ob und wann dies geschieht, wird innerhalb der Interaktion<br />

selbst entschieden. (KIESERLING 1999: 80)<br />

Diese Bestimmung erlaubt jetzt, die weiter oben erfolgte Problematisierung<br />

des Bezahlens an der Kasse theoretisch zu beantworten. Zahlungen an der<br />

Kasse können nicht auf die Selbstbeweglichkeit von Interaktionssystemen<br />

abstellen, m.a.W. sie werden in Bezug auf Zahlungen nicht zulassen, dass<br />

die Kassiererin eine Interaktion mit dem Kunden aufnimmt, deren Ergebnis<br />

offen, d.h. von der Interaktion zwischen beiden abhängig ist. Somit können<br />

wir nun Ereignisse wie Zahlungen als medien- und organisationsgestützten<br />

Durchgriff eines Funktionssystems, als Vollzug der funktionsförmigen<br />

Kommunikation bestimmen. Dies wird weiter unten von Bedeutung sein.<br />

Die These in Bezug auf <strong>Steuerung</strong> könnte sein, dass in bestimmten Bereichen<br />

Funktionssysteme bzw. Organisationen danach bestrebt sein werden,<br />

das Entstehen von Interaktionssystemen zu verhindern, so wie sie in anderen<br />

Bereichen gerade darauf angewiesen sind.<br />

Für unser <strong>Steuerung</strong>smodell haben wir das interaktionsförmige Prozessieren<br />

der Funktionslogik (n) entlang des Begriffs der Selbstbeweglichkeit analysiert.<br />

Es ist davon auszugehen, dass Interaktionen die Funktionslogik aufnehmen<br />

können, dass sie dies aber nur tun, wenn sich die Anwesenden dazu<br />

entschliessen. 64 Oder entlang dem Kontingenz-Theorem formuliert: Es ist<br />

unwahrscheinlich, dass sie dies tun, aber nicht unmöglich.<br />

... Interaktion (kann) auch nur innerhalb der Grenzen eines anderen Sozialsystems operieren,<br />

wenn diese Grenze mit ihren beiden Seiten in den Operationsraum der Kommunikation<br />

unter Anwesenden fällt, also innerhalb der Kommunikation auch transzendiert werden<br />

kann. (KIESERLING 1999: 81)<br />

Halten wir kurz den steuerungstheoretischen Ertrag fest: Es kann aus der<br />

Sicht der Theorie <strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong> nicht davon ausgegangen werden, dass<br />

64 Dies allerdings nicht im Sinne einer entscheidungsförmigen Kommunikation, sondern<br />

eher im Sinne eines simultanen Vollzugs.<br />

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