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Foto: © Heike Krannich<br />
derFahrgast<br />
<strong>Die</strong> Zukunft der DB Netz AG<br />
Stuttgart 21 und<br />
<strong>da</strong>s Geschäftsmodell Infrastruktur<br />
Von Rainer Engel<br />
Eine „Information für die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter“ mit dem Logo<br />
von „DB Netze“, <strong>da</strong>tiert vom 21. November<br />
2012, berichtet, Kefer sei, nachdem er<br />
sechs Gründe genannt habe, zu dem Ergebnis<br />
gekommen: „All <strong>da</strong>s zusammen<br />
führt zu einer Abwärtsspirale. So ist <strong>da</strong>s<br />
gegenwärtige Geschäftsmodell der Infrastruktur<br />
nicht zukunftsfähig.“<br />
Wer nur in die bisherigen Geschäftsberichte<br />
und Wirtschafts<strong>da</strong>ten des Unternehmens<br />
geschaut hat, den musste diese<br />
Feststellung überraschen. <strong>Die</strong> DBInfrastrukturgesellschaften<br />
machen seit 2006<br />
Gewinne. Im Jahr 2011 konnten 462 Mio.<br />
EUR an die Holding abgeführt werden.<br />
<strong>Die</strong> mittelfristige Finanzplanung sieht<br />
weitere erhebliche Steigerungen der Gewinne<br />
vor, die durch Anhebung der Trassen<br />
und Stationsentgelte erzielt werden.<br />
<strong>Die</strong> „Kunden“ von DB Netze können den<br />
ständig steigenden Preiserhöhungen<br />
(2013: 2,5 Prozent für Trassen, sieben Prozent<br />
für Stationen) keinen Konsumverzicht<br />
entgegensetzen, denn die DB AG hat<br />
bei Trassen und Stationen ein Monopol.<br />
<strong>Die</strong> Väter der deutschen Bahnreform würden<br />
sich freuen, denn sie träumten von ei<br />
nem Schienennetz, <strong>da</strong>s durch Privatisierung<br />
profitabel würde.<br />
Wer allerdings mit den Verhältnissen<br />
der Infrastruktur vertraut ist, den hat<br />
die Aussage von Kefer nicht in Erstaunen<br />
versetzt. Kefer nannte als Gründe unter<br />
anderem: <strong>Die</strong> Infrastruktur sei kapitalintensiv<br />
und erfordere weitere überproportionale<br />
Investitionen, <strong>da</strong>s Bestandsnetz<br />
sei unterfinanziert, die verspätete<br />
Fertigstellung von Großprojekten und die<br />
mangelnde Kostenstabilität der Projekte<br />
erzeugen große Risiken.<br />
Kurz <strong>da</strong>nach: die Offenbarung<br />
Kefer muss zu diesem Zeitpunkt schon gewusst<br />
haben, was er wenige Wochen später,<br />
am 12. Dezember 2012, dem Aufsichtsrat<br />
der DB AG und <strong>da</strong>mit der<br />
Öffentlichkeit offenbaren musste: <strong>da</strong>ss<br />
„Stuttgart 21“ den Kostenrahmen<br />
sprengt.<br />
Während die Beteiligten für <strong>da</strong>s Tunnelbahnhofprojekt<br />
einen Höchstbetrag<br />
der Baukosten von 4,5 Mrd. EUR vereinbart<br />
hatten, ergab eine Nachkalkulation<br />
der DB AG, <strong>da</strong>ss diese Kosten um 1,1 Mrd.<br />
EUR höher ausfallen würden und aufgrund<br />
von politisch bedingten Verzögerungen,<br />
Protesten, Schlichtung und der<br />
Forderung von Nachbesserungen weitere<br />
Kosten in Höhe bis zu weiteren 1,2 Mrd.<br />
EUR entstehen können.<br />
Kefer bot an, <strong>da</strong>ss die DB AG die Mehrkosten<br />
von 1,1 Mrd. EUR selbst übernimmt.<br />
Hatte Kefer <strong>da</strong>mit gerechnet, <strong>da</strong>ss<br />
der Aufsichtsrat, der die Interessen des<br />
Unternehmenseigentümers vertreten soll,<br />
zustimmt? Oder wollte er, indem er <strong>da</strong>s<br />
Geschäftsmodell der DBInfrastruktur infrage<br />
stellte, diese Zustimmung verhindern?<br />
Antworten <strong>sind</strong> nicht bekannt. Nur<br />
so viel: Der Aufsichtsrat stimmte zunächst<br />
nicht zu und vertagte sich auf Januar.<br />
Mittlerweile ist auch diese Sitzung wieder<br />
vertagt. Grund könnte ein Rechtsgutachten<br />
sein, nach dem die Aufsichtsratsmitglieder<br />
persönlich haftbar gemacht werden<br />
können, wenn sich nachträglich<br />
herausstellt, <strong>da</strong>ss der Ausstieg für die<br />
DB AG wirtschaftlicher gewesen wäre als<br />
der Weiterbau und der Aufsichtsrat <strong>jetzt</strong><br />
nicht sorgfältig geprüft hat. <strong>Und</strong> auch<br />
Kefer hätte persönliche Haftung übernehmen<br />
müssen, hätte er <strong>jetzt</strong> nicht über die<br />
Kostenrisiken aufgeklärt.<br />
Das Geschäftsmodell wackelt<br />
Titelthema<br />
Während mit Spannung erwartet wird, wie es mit „Stuttgart 21“ weitergeht, ist eine viel grundsätzlichere<br />
Frage wieder aus der öffentlichen Diskussion verschwunden: Wie geht es weiter mit dem Geschäftsmodell<br />
Infrastruktur der Deutschen Bahn AG? Dr. Volker Kefer, der im Vorstand der DBHolding<br />
für die Infrastruktur zuständig ist, hat diese Frage Ende November 2012 aufgeworfen. Eine Antwort<br />
wäre auch die Antwort auf die Frage, wie es mit „Stuttgart 21“ weitergeht.<br />
Das Bundeskanzleramt<br />
in Berlin. An<br />
einer echten<br />
Bahnbilanz<br />
ist man hier<br />
bislang nicht<br />
interessiert.<br />
Bisher hatte die DB AG Mehrkosten politisch<br />
in Mehrforderungen gegen den<br />
Bund umwandeln können. Auch bei<br />
„Stuttgart 21“ dürfte die DBFührung <strong>da</strong>von<br />
ausgegangen sein, <strong>da</strong>ss die öffentliche<br />
Hand diese übernehmen werde, <strong>da</strong><br />
<strong>da</strong>s politische Schicksal der Landes und<br />
Stadtregierung mit der „erfolgreichen“<br />
Fertigstellung des Projekts verbunden<br />
schien. Erstmals ging die Rechnung nicht<br />
auf, denn <strong>da</strong>s politische Schicksal des bisherigen<br />
Ministerpräsidenten und des<br />
bisherigen Oberbürgermeisters ist schon<br />
entschieden, sie <strong>sind</strong> abgewählt. Ihre<br />
24 derFahrgast 1/2013