2003/2005 als pdf-Datei - Landkreistag Baden-Württemberg
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GESCHÄFTSBERICHT<br />
<strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Schriftenreihe des<br />
<strong>Landkreistag</strong>es <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
Band 27
3<br />
GESCHÄFTSBERICHT<br />
<strong>2003</strong>/<strong>2005</strong>
INHALT:<br />
Einleitung 7<br />
Intensive Kontakte 9<br />
Organe und Fachausschüsse 9<br />
Verwaltungsreform<br />
Herkulische Herausforderungen:<br />
11<br />
Entbürokratisierung, Aufgabenkritik 17<br />
Finanzsituation der Landkreise<br />
Neuregelung des Gebührenrechts des<br />
18<br />
Landes – eine Chance für die Landkreise<br />
Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe<br />
19<br />
und Sozialhilfe 20<br />
Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände 21<br />
Behindertenhilfe 22<br />
Jugendhilfe 23<br />
Krankenhilfe<br />
Kostenerstattung für die Aufnahme<br />
24<br />
und Versorgung von Flüchtlingen 24<br />
Bürgerschaftliches Engagement 25<br />
Landespflegegesetz<br />
Einordnung des bisherigen BSHG<br />
25<br />
in das neue SGB XII<br />
Das neue Vergütungssystem für die<br />
26<br />
Krankenhäuser – jetzt geht es richtig los<br />
„Teilprivatisierung der Abfallentsorgung“<br />
27<br />
oder Irrweg zu Lasten der Bürgerschaft? 28<br />
Abfalldeponien: Das Ende ist nah<br />
Das Aktionsbündnis:„Flächen gewinnen<br />
31<br />
in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>“ 32<br />
Kürzungen im ÖPNV 33<br />
Neue Verbundförderkonzeption 33<br />
5<br />
Kunstausstellung „Dreidimensional“ 34<br />
Vergleichsarbeit der Landkreise 34<br />
Weiterentwicklung des kommunalen<br />
DV-Verbunds, Informations- und<br />
Kommunikationstechnik und Multimedia 34<br />
IuK-Ausstattung der Geschäftsstelle 35<br />
Öffentlichkeitsarbeit 35<br />
Anhang:<br />
Übersicht Präsident, Vizepräsidenten,<br />
Präsidium, Vorsitzende der<br />
Fachausschüsse, Sprengelvorsitzende 36<br />
Geschäftsverteilungsplan der<br />
Geschäftsstelle 37
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
EINLEITUNG<br />
Der vorliegende Geschäftsbericht umfasst<br />
den Zeitraum vom 1. September <strong>2003</strong> bis<br />
31. Januar <strong>2005</strong> und knüpft an die vorangegangene<br />
Landkreisversammlung in Göppingen<br />
an, die am 6. Oktober <strong>2003</strong> stattfand.<br />
Der Berichtszeitraum war durch drei die<br />
Landkreise sehr stark betreffende Themen<br />
geprägt:<br />
– Verwaltungsreform in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
– Arbeitsmarktreform und Zusammenführung<br />
von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe<br />
– Dramatische Verschlechterung der Haushaltssituation<br />
der Landkreise.<br />
Die Arbeit der Geschäftsstelle konzentrierte<br />
sich auf die Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens<br />
für das Verwaltungsstruktur-<br />
Reformgesetz (VRG). Alle personellen und organisatorischen<br />
Ressourcen wurden genutzt,<br />
um die von Herrn Ministerpräsident Teufel<br />
Ende März <strong>2003</strong> vorgestellte Verwaltungsreform<br />
zu einem auch für die Landkreise<br />
guten Abschluss zu bringen. Zu Beginn der<br />
Aufstellung des Gesetzentwurfs musste der<br />
<strong>Landkreistag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> sehr schnell<br />
zur Kenntnis nehmen, dass neben einigen<br />
Fachressorts auch viele „Fachbruderschaften“<br />
wenig Interesse zeigten, konstruktiv und<br />
zügig den Gesetzgebungsprozess zu begleiten.<br />
Es bedurfte mehrerer Interventionen<br />
beim Ministerpräsidenten und bei Innenminister<br />
Dr. Schäuble, der <strong>als</strong> Vorsitzender<br />
des von der Landesregierung eingesetzten<br />
7<br />
Lenkungsausschusses „Verwaltungsreform“<br />
maßgeblichen Anteil daran hatte, dass auch<br />
anfangs unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten<br />
mit einzelnen Ressorts und dem<br />
<strong>Landkreistag</strong> letztlich dennoch aufgehoben<br />
werden konnten.<br />
Aus der Rückschau über den Verlauf der<br />
Beratungen zur Erarbeitung des Gesetzentwurfs<br />
des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes<br />
kann festgestellt werden, dass sowohl<br />
das Innenministerium <strong>als</strong> auch das<br />
Finanzministerium von Beginn an bereit<br />
waren, dem <strong>Landkreistag</strong> alle notwendigen<br />
Daten und Fakten für dieses große Reformwerk<br />
zukommen zu lassen. Bei den übrigen<br />
beteiligten Fachressorts hat sich diese Bereitschaft<br />
zu einem offenen Informationsaustausch<br />
teilweise eher sehr zögerlich eingestellt.<br />
Nachdem der Landesgesetzgeber am 30. Juni<br />
2004 das Verwaltungsstruktur-Reformgesetz<br />
beschlossen hat, richtet der <strong>Landkreistag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
den Blick nach vorn. Was<br />
letztlich zählt, ist das Ergebnis. Dieses kann<br />
sich sowohl für das Land <strong>als</strong> auch für die<br />
Landkreise sehen lassen. In keinem anderen<br />
großen Bundesland in der Bundesrepublik<br />
Deutschland ist es bisher gelungen, eine so<br />
umfassende Verwaltungsreform bei der Landesverwaltung<br />
auf der unteren und mittleren<br />
Ebene durchzuführen. Der <strong>Landkreistag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
ist davon überzeugt, dass<br />
diese Verwaltungsreform erhebliche Synergien<br />
freisetzen wird, die auch die Landkreise<br />
in die Lage versetzen, die gesetzlich vorgegebene<br />
Effizienzrendite von 20 % in 7 Jahren zu<br />
erreichen.
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Der <strong>Landkreistag</strong> hat aber bereits in den Beratungen<br />
zur Umsetzung der Verwaltungsreform<br />
das Land mehrfach aufgefordert, parallel<br />
zur Verwaltungsreform gleichzeitig einen<br />
Standard- und Aufgabenabbau einzuleiten.<br />
Nur wenn beides – nämlich Verwaltungsreform<br />
und Aufgabenabbau – parallel nebeneinander<br />
einhergehen, können die angestrebten<br />
Einsparungen erreicht werden. Der<br />
<strong>Landkreistag</strong> hat gegenüber dem Land einen<br />
breiten Katalog zum Aufgabenabbau vorgelegt.<br />
Das Land hat deshalb die Aufgabe, mit<br />
den kommunalen Landesverbänden zeitnah<br />
über entsprechende Vorschläge zum Aufgabenabbau<br />
zu entscheiden.<br />
Weitere Details zur Verwaltungsreform sind<br />
im Geschäftsbericht nachfolgend dargestellt.<br />
Ein weiteres Hauptthema im Berichtszeitraum<br />
war für die Landkreise und den <strong>Landkreistag</strong><br />
die vom Bundestag beschlossene Zusammenführung<br />
von Arbeitslosenhilfe und<br />
Sozialhilfe. Hierzu haben sowohl mit den<br />
Landkreisen <strong>als</strong> auch mit dem Sozialministerium<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> und der Regionaldirektion<br />
der Bundesagentur für Arbeit in<br />
Stuttgart vielfältige Gesprächsrunden stattgefunden.<br />
Leider hat der Bundesgesetzgeber<br />
die von den Landkreisen favorisierte Lösung,<br />
die Zuständigkeit für die Aufgabenwahrnehmung<br />
für diese neue Sozialleistung (Arbeitslosengeld<br />
II) den Stadt- und Landkreisen zu<br />
übertragen, nur in Form einer Option für 69<br />
Stadt- und Landkreise in der Bundesrepublik<br />
Deutschland entsprochen. In <strong>Baden</strong>-Würt-<br />
temberg haben 5 Landkreise von dieser Optionsmöglichkeit<br />
Gebrauch gemacht. Die übrigen<br />
Landkreise haben zusammen mit den<br />
Agenturen für Arbeit sogenannte Arbeitsgemeinschaften<br />
vereinbart oder haben sich<br />
dafür entschieden, nur lose Kooperationen in<br />
diesem Aufgabenfeld mit den Agenturen für<br />
Arbeit zu suchen. Der <strong>Landkreistag</strong> <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> wird die 5 Optionslandkreise<br />
<strong>als</strong> auch die übrigen Landkreise bei der Evaluierung,<br />
die durch das SGB II gesetzlich vorgeschrieben<br />
ist, unterstützen.<br />
Schließlich muss angemerkt werden, dass<br />
sich die Finanzsituation der Landkreise im Berichtszeitraum<br />
erneut drastisch verschlechtert<br />
hat. Für das Haushaltsjahr 2004 musste<br />
bei einem Landkreis die Rechtsaufsicht tätig<br />
werden, um die Kreisumlage und damit den<br />
Kreishaushalt festzusetzen, nachdem sich<br />
der Kreistag geweigert hatte, wegen der Belastungen<br />
der kreisangehörigen Gemeinden<br />
durch die Kreisumlage einen Kreishaushalt<br />
zu beschließen.<br />
Es muss befürchtet werden, dass sich die<br />
Situation der Gemeinde- und Kreishaushalte<br />
in absehbarer Zeit nicht wesentlich verbessern<br />
wird. Land und Bund sind deshalb aufgefordert,<br />
von gesetzgeberischen Maßnahmen<br />
abzusehen, die eine weitere finanzielle Belastung<br />
der Kommunen zur Folge haben. Ferner<br />
muss das Land dringend aufgefordert werden,<br />
von Eingriffen in den kommunalen Finanzausgleich<br />
zugunsten des Landes Abstand<br />
zu nehmen.<br />
8
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
INTENSIVE KONTAKTE<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> hat im<br />
Berichtszeitraum intensive Kontakte zu Landtag,<br />
Landesregierung und allen Behörden<br />
und Institutionen, deren Arbeit Auswirkungen<br />
auf die Landkreise hat, gepflegt. Zusammen<br />
mit dem Städtetag <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
und Gemeindetag <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
wurde auch mehrfach ein Meinungsaustausch<br />
mit den Landesgruppen <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
der im Deutschen Bundestag vertretenen<br />
Parteien geführt.<br />
Erfreulicherweise ist für den Berichtszeitraum<br />
festzustellen, dass die Gespräche und Kontakte<br />
zum Ministerpräsidenten, bei denen es<br />
neben der Verwaltungsreform um die Frage<br />
der Finanzbeziehungen Land-Kommunen ging,<br />
in großer gegenseitiger Offenheit geführt<br />
werden konnten. Daneben hat die Verbandsspitze<br />
des <strong>Landkreistag</strong>s mit den Ministerinnen<br />
und Ministern der einzelnen Ressorts,<br />
deren Aufgabenbereich unmittelbar die Zuständigkeit<br />
der Landkreise berührt,eingehende<br />
Gespräche geführt. Teilweise standen Mitglieder<br />
der Landesregierung auch den Gremien des<br />
<strong>Landkreistag</strong>s für Gespräche zur Verfügung.<br />
ORGANE UND<br />
FACHAUSSCHÜSSE<br />
Die Arbeit des <strong>Landkreistag</strong>s wird von seinem<br />
satzungsmäßigen Organen getragen. Diese<br />
hatten im Berichtszeitraum eine erhebliche<br />
Arbeitslast zu bewältigen. Es tagte:<br />
9<br />
das Präsidium 8-mal<br />
der Rechts und Verfassungsausschuss 5-mal<br />
der Ausschuss für Umweltschutz, Wirtschaft<br />
und Verkehr 3-mal<br />
der Finanzausschuss 1-mal<br />
der Gesundheitsausschuss 3-mal<br />
der Sozialausschuss 6-mal<br />
der Kulturausschuss 2-mal.<br />
Im Berichtszeitraum fanden ferner eine Landrätekonferenz<br />
und ein Landräteseminar statt.<br />
Beide Veranstaltungen befassten sich schwerpunktmäßig<br />
zum einen mit der Stellungnahme<br />
des <strong>Landkreistag</strong>s zum Verwaltungsstruktur-Reformgesetz<br />
(VRG) und zum<br />
anderen mit der organisatorischen und personellen<br />
Umsetzung der Verwaltungsreform<br />
in den Landratsämtern.<br />
Für nahezu alle Aufgabenbereiche der Landratsämter<br />
sind beim <strong>Landkreistag</strong> Arbeitsgemeinschaften<br />
gebildet, die insbesondere der<br />
Information über aktuelle Entwicklungen<br />
und dem Erfahrungsaustausch dienen. Sie<br />
stellen ein wichtiges Bindeglied zwischen der<br />
kommunalen Praxis und dem <strong>Landkreistag</strong><br />
dar. Im Hinblick auf die neuen Aufgabenbereiche,<br />
die die Landratsämter auf Grund der<br />
Verwaltungsreform seit dem 1. Januar <strong>2005</strong><br />
wahrzunehmen haben, hat das Präsidium beschlossen,<br />
für die Bereiche Landwirtschaft,<br />
Forst, Schulen, Vermessung und Flurneuordnung,<br />
Straßenbau, Umwelt- und Arbeitsschutz<br />
sowie Lebensmittelüberwachung und<br />
Veterinärwesen neue Arbeitsgemeinschaften<br />
einzurichten.<br />
Ich möchte an dieser Stelle dem Präsidenten,<br />
Herrn Landrat Dr. Edgar Wais, den Vizepräsidenten<br />
und allen Landräten ganz herzlich
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
dafür danken, dass sie in vielen Sitzungen, Beratungen<br />
und Gesprächen die Anliegen des<br />
<strong>Landkreistag</strong>s nachdrücklich vertreten haben.<br />
Herr Landrat Dr. Wais hat sich mit großem<br />
zeitlichen Einsatz für die Belange der Landkreise<br />
eingesetzt. Ohne seine jederzeit vorhandene<br />
Bereitschaft, Gespräche mit Mitgliedern<br />
der Landesregierung, den Fraktionen des<br />
Landtags sowie Verbänden und Interessengruppen<br />
zu führen, wären manche Entscheidungen<br />
bei der Ausgestaltung der Verwaltungsreform<br />
nicht zugunsten der Landkreise<br />
entschieden worden. Hierfür gebührt Herrn<br />
Landrat Dr. Wais, der mit Ablauf des Monats<br />
März <strong>2005</strong> wegen des Erreichens der Altersgrenze<br />
in den Ruhestand tritt und damit auch<br />
sein Amt <strong>als</strong> Präsident des <strong>Landkreistag</strong>s aufgibt,<br />
gerade auch der Dank der Geschäfts-<br />
stelle des <strong>Landkreistag</strong>s. Er hat die Geschäftsführung<br />
und die gesamte Geschäftsstelle<br />
stets konstruktiv und nachdrücklich unterstützt<br />
und in vielen Gesprächen wertvolle<br />
Hinweise wie auch kritische Begleitung gegeben.<br />
Eine Übersicht über die Gremien des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
und die Gliederung der Geschäftsstelle<br />
ist im Anhang zu diesem Geschäftsbericht<br />
abgedruckt.<br />
Stuttgart, 31. Januar <strong>2005</strong><br />
Eberhard Trumpp<br />
Hauptgeschäftsführer<br />
10
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
VERWALTUNGSREFORM<br />
EIN GLÜCKSFALL<br />
FÜR DIE LANDKREISE<br />
Durch den Gesetzesbeschluss des Landtags<br />
von <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> am 30. Juni 2004<br />
hat ein Reformgedanke Gesetzeskraft erlangt,<br />
wie er vor wenigen Jahren von vielen<br />
Insidern der Landespolitik nicht für möglich<br />
gehalten worden wäre. Die Landratsämter<br />
sind seit 1. Januar <strong>2005</strong> zentrale Behörden<br />
und Anlaufstelle für die Bürgerinnen und<br />
Bürger auf der unteren Verwaltungsebene.<br />
Damit wurde eine Forderung des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
und der Landkreise umgesetzt, die diese<br />
schon seit mehr <strong>als</strong> zwanzig Jahren erhoben<br />
haben. Die Einheit der Verwaltung auf der<br />
Kreisebene ist damit Wirklichkeit geworden.<br />
Bis es zu diesem von beiden Regierungsfraktionen<br />
unterstützten Verwaltungsstruktur-<br />
Reformgesetz (VRG) kam, hatte die Geschäftsstelle<br />
in einer bis dahin kaum<br />
gekannten Arbeitsbelastung nahezu tagtäglich<br />
Gespräche und Besprechungen mit den<br />
Ministerien über unzählige Details des Gesetzes<br />
zu führen und schriftliche Stellungnahmen<br />
abzugeben. Glücklicherweise haben die<br />
Landratsämter, die Obleute der Arbeitsgemeinschaften,<br />
aber auch die Mitglieder der<br />
beim <strong>Landkreistag</strong> eingerichteten Projektteams<br />
ihre jeweilige Sachkunde mit eingebracht,<br />
so dass die Geschäftsstelle dem Spezialistenwissen<br />
der einzelnen Fachressorts<br />
nicht gänzlich ausgeliefert war. Aus heutiger<br />
Sicht hat sich der Einsatz aller, die an der Ausgestaltung<br />
der Verwaltungsreform beteiligt<br />
waren, gelohnt.<br />
11<br />
Bei einem solchen Gesetzesvorhaben ist es<br />
nahezu selbstverständlich, dass einige Fragestellungen<br />
nur sehr schwer zu lösen waren<br />
oder bis heute noch nicht abschließend geklärt<br />
sind. Es würde aber auch den Umfang<br />
dieses Geschäftsberichts sprengen, wenn<br />
über alle Details ein umfassender Bericht abgegeben<br />
werden sollte. Deshalb erfolgt nachfolgend<br />
nur eine Darstellung der wesentlichen<br />
Fragen, die sich insbesondere auch auf<br />
die finanzielle Kostenabgeltung durch das<br />
Land für die Landkreise auswirken:<br />
BEAMTENVERSORGUNG UND<br />
ZUSATZVERSORGUNG<br />
Eine schwierige Klippe bei den Verhandlungen<br />
über die Abgeltung der Verwaltungsreform<br />
waren die Aufwendungen für die Beamtenversorgung<br />
und für die Zusatzversorgung<br />
der zu übernehmenden Arbeitnehmer des<br />
Landes.<br />
Bei der Beamtenversorgung gehen die Kommunen<br />
und das Land völlig unterschiedliche<br />
Wege. Die Kommunen sind Mitglieder des<br />
Kommunalen Versorgungsverbandes <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> (KVBW). Sie bilden eine Umlagegemeinschaft,<br />
welche die Aufwendungen<br />
für die Beamtenversorgung trägt. Jeder Beamte,<br />
der von einer Kommune eingestellt<br />
wird, ist Angehöriger des KVBW. Der kommunale<br />
Dienstherr zahlt während der gesamten<br />
aktiven Dienstzeit des Beamten Umlagen auf<br />
die Dienstbezüge. Diese Umlagezahlungen<br />
sind auch später auf die Versorgungsbezüge<br />
zu leisten. Beim Land wird die Beamtenversorgung<br />
dagegen erst dann zum Thema,<br />
wenn der Beamte in den Ruhestand tritt.
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Dann wird der Versorgungsaufwand aus dem<br />
laufenden Haushalt finanziert.<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> hatte selbstverständlich zu<br />
fordern, dass das Land die Beträge abgilt, welche<br />
die Landkreise <strong>als</strong> Umlagelast zusätzlich<br />
zu erwarten hatten. Die Forderung des <strong>Landkreistag</strong>s,<br />
gestützt auf Berechnungen des<br />
KVBW und auf ein versicherungsmathematisches<br />
Gutachten lagen weit über dem, was<br />
das Land zu leisten bereit war. Dass es zum<br />
Dissens kam, war nicht verwunderlich. Das<br />
Land hat die Verwaltungsreform nicht zuletzt<br />
deshalb ins Werk gesetzt, weil es sich finanziell<br />
entlasten will. Ein hoher Versorgungsaufschlag<br />
auf die Aktivbezüge der Beamten<br />
hätte aber dieses Ziel konterkariert. In dieser<br />
Situation hat der <strong>Landkreistag</strong> gefordert, dass<br />
das Land Versorgungsaufwendungen für die<br />
zu übernehmenden Beamten auch künftig<br />
im Wege der Spitzabrechnung trägt. Nach anfänglichem<br />
Zögern ging das Land auf diesen<br />
Vorschlag ein. Allerdings machte es zur Bedingung,<br />
dass Regelungen getroffen werden,<br />
die verhindern, dass übermäßige Versorgungslasten<br />
erzeugt werden. Deshalb wurde<br />
nach intensiven Verhandlungen mit dem Finanzministerium,<br />
dem KVBW und den kommunalen<br />
Landesverbänden Einvernehmen<br />
über eine Vereinbarung erzielt, in der die<br />
näheren Modalitäten der Spitzabrechnung<br />
festgelegt werden.<br />
Die zu den Kreisen übertretenden Beamten<br />
werden Angehörige des KVBW. Der für sie<br />
entstehende Versorgungsaufwand wird dem<br />
KVBW vom Land ersetzt. Die Vereinbarung regelt<br />
insbesondere, wie im Falle des Ausscheidens<br />
eines Beamten eine Nachbenennung<br />
erfolgen darf. Ferner sind detaillierte Regelungen<br />
über Sonderfälle der Versorgung, wie<br />
Nachversicherungen, der Ehegattenversorgungsausgleich<br />
und die Verteilung der Versorgungslasten<br />
nach § 107 b des Beamtenversorgungsgesetzes<br />
getroffen. Es ist erfreulich,<br />
dass diese Lösung, die die Interessen beider<br />
Seiten berücksichtigt, gefunden werden<br />
konnte.<br />
Auch die Regelung der Zusatzversorgung für<br />
die vom Land zu den Kreisen übertretenden<br />
Arbeitnehmer bereitete Probleme. Bei der<br />
Eingliederung unterer Sonderbehörden in<br />
die Landratsämter zum 1. Juli 1995 hat die<br />
Zusatzversorgungskasse des Kommunalen<br />
Versorgungsverbands <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
(ZVK) aufgrund eines zwischen den Zusatzversorgungseinrichtungen<br />
abgeschlossenen<br />
Überleitungsabkommens die bisher bei der<br />
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder<br />
(VBL) versicherten Arbeitnehmer mit<br />
ihren bereits dort erworbenen Ansprüchen in<br />
den eigenen Bestand übernommen. Über die<br />
Frage, ob dieses Überleitungsabkommen<br />
nach der Umstellung der Zusatzversorgung<br />
auf Kapitaldeckung noch besteht, gab es unterschiedliche<br />
Auffassungen zwischen der<br />
ZVK und der VBL.<br />
Nach längeren Verhandlungen wurde eine<br />
Lösung in der Weise gefunden, dass die Arbeitnehmer<br />
des Landes auch nach ihrem<br />
Übertritt zu den Kreisen bei der VBL versichert<br />
bleiben. Die nach dem Ausscheiden eines<br />
ehemaligen Landesbediensteten in den<br />
Dienst der Kreise tretenden Arbeitnehmers<br />
werden dann aber bei der ZVK versichert. Die<br />
VBL erhält von der ZVK einen finanziellen<br />
12
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Ausgleich dafür, dass ihr Versichertenbestand<br />
allmählich schrumpft, obgleich weiter Renten<br />
an frühere Mitarbeiter der unteren Sonderbehörden<br />
zu zahlen sind.<br />
NACHWEIS DER<br />
EFFIZIENZRENDITE<br />
Nach Artikel 179 VRG haben die Landkreise<br />
dem Innenministerium zum 30. Juni 2007<br />
über die durch die Verwaltungsstrukturreform<br />
erreichten Einsparungen zu berichten.<br />
Auch zahlreiche Kreistage haben den Kreisverwaltungen<br />
aufgegeben, jährlich darzustellen,<br />
ob die Zuweisungen des Landes und<br />
die Gebühreneinnahmen die für die eingegliederten<br />
Behörden entstehenden Kosten<br />
decken. Dem Vergleichsring „Kommunales<br />
Rechnungswesen“, dem alle baden-württembergischen<br />
Landkreise angehören, wurde<br />
durch eine Projektvereinbarung die Aufgabe<br />
übertragen, ein Berichtswesen zur Ermittlung<br />
der Effizienzrendite zu erarbeiten. Der<br />
Vergleichsring hat seine Arbeit abgeschlossen<br />
und einen Leitfaden vorgelegt, durch den<br />
sichergestellt wird, dass die den Landkreisen<br />
durch die Verwaltungsreform zusätzlich entstehenden<br />
Kosten zuverlässig und nach einheitlichen<br />
Grundsätzen ermittelt werden<br />
können. Die kostenmäßige Darstellung wird<br />
durch eine Dokumentation über die Personalentwicklung<br />
vervollständigt, die vom Vergleichsring<br />
„Personalwesen“ entwickelt wurde.<br />
ÜBERNAHME BEURLAUBTER<br />
LANDESBEDIENSTETER<br />
Hinsichtlich der Übernahme von beurlaubten<br />
Landesbediensteten haben sich die Auffas-<br />
13<br />
sungen des Landes im Verlauf der Verhandlungen<br />
ständig zu Lasten der Kreise geändert.<br />
Ursprünglich wurde erklärt, dass alle beurlaubten<br />
Bediensteten im Landesdienst bleiben.<br />
Dies wurde später dahingehend relativiert,<br />
dass die beim SoBEG getroffene<br />
Regelung angewandt wird. Diese sah vor,<br />
dass die Landkreise solche beurlaubten Bediensteten<br />
übernehmen, deren Stellen mit<br />
befristet eingestellten Ersatzkräften besetzt<br />
sind. In der Auswertung der Stellungnahmen<br />
vom VRG war dann überraschenderweise zu<br />
lesen, dass die Kreise alle beurlaubten Landesbediensteten<br />
in den unteren Sonderbehörden<br />
zu übernehmen haben. Der <strong>Landkreistag</strong><br />
hat einwenden müssen, dass die<br />
Obergrenze für die Übernahmeverpflichtung<br />
in jedem Fall das der finanziellen Abgeltung<br />
zugrunde liegende Personaltableau sein<br />
muss. Andernfalls trete die Situation ein, dass<br />
die Stadt- und Landkreise Personal übernehmen<br />
müssen, für das sie keine Abgeltung erhalten<br />
haben. Dieses Problem besteht konkret<br />
in der Vermessungsverwaltung, wo bei<br />
Beurlaubungen nicht befristet, sondern dauernd<br />
eingestellt wurde. Für diese Fälle muss<br />
im Einzelfall eine Lösung gefunden werden.<br />
STICHTAG FÜR DEN<br />
PERSONALÜBERTRITT<br />
Im VRG ist bestimmt, dass die Beamten und<br />
Angestellten des Landes einen Anspruch auf<br />
Übernahme in den Dienst der Kreise zum 1.<br />
Januar <strong>2005</strong> hatten. Verschiedene Ministerien,Gewerkschaften<br />
und Berufsverbände haben<br />
die Auffassung vertreten, dass die Landesbediensteten<br />
ihren Übernahmeanspruch<br />
auch noch nach dem 1. Januar <strong>2005</strong> geltend
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
machen können. Dieser Auffassung musste<br />
der <strong>Landkreistag</strong> nachdrücklich widersprechen.<br />
Er hielt es für erforderlich, dass zum<br />
1. Januar <strong>2005</strong> klare personelle Verhältnisse<br />
geschaffen werden.Mit dieser Auffassung hat<br />
sich der <strong>Landkreistag</strong> durchgesetzt. Ausnahmen<br />
vom Stichtagsprinzip wurden nur zugelassen,<br />
wenn über die Personalverteilung<br />
keine Klarheit bestand oder wenn eine besondere<br />
persönliche Härte vorlag. Die Erfahrung<br />
mit einigen der von der Verwaltungsreform<br />
betroffenen Bereiche, bei denen die notwendigen<br />
Personalentscheidungen unverständlicherweise<br />
erst sehr spät getroffen wurden,<br />
bestätigt,dass der <strong>Landkreistag</strong> seine Position<br />
zu Recht vertreten hat.<br />
INFORMATIONS- UND<br />
KOMMUNIKATIONSTECHNIK<br />
Einen wichtigen Schwerpunkt bei der Vorbereitung<br />
der Verwaltungsreform bildete das<br />
Querschnittsthema Informations- und Kommunikationstechnik<br />
(IuK).<br />
Die Geschäftsstelle des <strong>Landkreistag</strong>s hat in<br />
allen betroffenen Ressorts an entsprechenden<br />
Lenkungsgremien mitgewirkt und die Interessen<br />
der Landkreise vertreten. Dabei<br />
wurde der enge Schulterschluss mit dem<br />
Kommunalen DV-Verbund (Datenzentrale<br />
und Regionale Rechenzentren) gesucht. Zahlreiche<br />
Landkreisvertreter und Mitwirkende<br />
des DV-Verbunds waren in IuK-Facharbeitsgruppen<br />
der Ministerien vertreten.<br />
Neben technischen Fragen der Integration<br />
waren auch organisatorische, rechtliche und<br />
finanzielle Problemkreise zu bearbeiten.<br />
Einseitige normative Vorgaben des Landes für<br />
die IuK (z. B. nach § 25 a LVG) waren und sind<br />
bis heute Streitpunkte zwischen den Landkreisen<br />
und Land. Im Rahmen des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes<br />
(VRG) wurde<br />
das Land im Rahmen des Landesverwaltungsgesetzes<br />
sowie durch spezialgesetzliche Regelungen<br />
ermächtigt, durch Rechtsverordnungen<br />
den Einsatz landesweit einheitlicher<br />
IuK-Verfahren zu regeln. Der <strong>Landkreistag</strong><br />
hatte sich – leider ohne Gehör beim Gesetzgeber<br />
zu finden – gegen diese Verordnungsermächtigungen<br />
ausgesprochen.<br />
Einige Ressorts (MLR;WM; UVM) planten deshalb<br />
umfängliche Rechtsverordnungen für<br />
den IuK-Bereich. Das lehnte der <strong>Landkreistag</strong><br />
grundsätzlich ab denn solche Rechtverordnungen<br />
schränken die Organisationshoheit<br />
der Landkreise umfänglich ein und hätten<br />
das Potenzial zur Erwirtschaftung der Effizienzrendite<br />
in erheblichem Maße reduziert.<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> setzte deshalb auf freiwillige<br />
Kooperationen mit dem Land und im<br />
Interesse eines möglichst reibungslosen<br />
Übergangs der IuK-Strukturen auch auf die<br />
grundsätzliche Weiternutzung der bisherigen<br />
IuK-Fachverfahren durch die Landratsämter<br />
zumindest für einen Übergangszeitraum<br />
bis 2007/2008.<br />
Um eine einseitige Regelung des IuK-Einsatzes<br />
ohne Einflussmöglichkeiten für die Landkreise<br />
zu verhindern, hat der <strong>Landkreistag</strong> bei<br />
allen Ressorts für den Abschluss von öffentlich-rechtlichen<br />
Vereinbarungen geworben,<br />
wonach der <strong>Landkreistag</strong> gemeinsam mit<br />
dem Städtetag durch Ermächtigungen der<br />
Kreise Vereinbarungen mit dem Land, vertreten<br />
durch die betroffenen Ressorts, ab-<br />
14
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
schließen. Ähnliche Vereinbarungen existieren<br />
u. a. schon in den Bereichen Umweltschutz,<br />
Veterinärwesen und dem Vermessungsbereich.<br />
Vorteil dieser Vereinbarungen sind ausgewogene<br />
Regelungen über die Kostentragung<br />
für (Weiter-)Entwicklung und Betrieb bzw.<br />
Support der Fachverfahren (in der Regel<br />
beim Land) und für die entsprechenden<br />
Maßnahmen auf Kreisseite (Hard- und Software,<br />
Netze), ein Mitwirkungsrecht bei Entscheidungen<br />
(Gremien) und ein Kündigungsrecht<br />
nach Ablauf einer Mindestlaufzeit.<br />
Nur für den Bereich der anlastungsrisikobehafteten<br />
EU-Förderverfahren hat das Ministerium<br />
Ländlicher Raum eine Verordnung erlassen,<br />
zu der der <strong>Landkreistag</strong> ebenfalls<br />
angehört wurde. Dabei ist es gelungen, in<br />
Teilbereichen Verbesserungen innerhalb der<br />
Verordnung zu erreichen.<br />
Auch das technisches Konzept zur Umstellung<br />
der IuK (Migrationskonzept) konnte bis<br />
zuletzt nicht in allen Bereichen einvernehmlich<br />
vorgelegt werden. Der <strong>Landkreistag</strong> hat<br />
schon frühzeitig nachdrücklich vom Land<br />
eine Konzeption zur IuK-Migration gefordert.<br />
Das Konzept des Innenministeriums („Eckpunkte<br />
Migration IuK“) ließ viele Fragen offen<br />
und hätte letztlich zu einer Verlagerung der<br />
Verantwortlichkeiten für den Erfolg oder<br />
Misserfolg der IuK-Migration vom Land auf<br />
die Landratsämter geführt.<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> konnte erreichen, dass das<br />
federführende Innenministerium statt immer<br />
neuer unverbindlicher Papiere konkrete<br />
15<br />
Umsetzungskonzepte samt verbindlicher Terminpläne<br />
für die Vorbereitung, Umstellung<br />
und Übertragung der IuK durch die Ministerien<br />
erstellen ließ.<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> hat am 27. und 28. Juli 2004<br />
in Zusammenarbeit mit dem Städtetag <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
und dem Kommunalen<br />
DV-Verbund eine Klausurtagung mit über 120<br />
Teilnehmern aus den Stadt- und Landkreisen<br />
zur IuK-Migration auf Landes- und kommunaler<br />
Seite durchgeführt. Die betroffenen<br />
Ressorts haben dabei den aktuellen Stand der<br />
Vorbereitungen präsentiert. Die wichtigsten<br />
Forderungen der Stadt- und Landkreise wurden<br />
in internen Workshops am zweiten Tag<br />
der Tagung unter Federführung des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
in einer an das Land gerichteten Resolution<br />
zusammengefasst.<br />
Die finanziellen Abgeltungsregelungen im<br />
Bereich der IuK sind bis heute nicht einvernehmlich<br />
gelöst. Der <strong>Landkreistag</strong> hatte bereits<br />
im Rahmen der Anhörung zum VRG<br />
eine ausreichende Abgeltung für die so<br />
genannten IuK-Einmalkosten der Migration<br />
(Umstellungs- und Integrationsaufwand) gefordert.<br />
Das Land hatte im Rahmen der Landrätekonferenz<br />
am 10. Februar 2004 und zur Dienstbesprechung<br />
des Ministerpräsidenten mit den<br />
Herren Landräten am 11. Februar 2004 auf die<br />
nachdrückliche Forderung des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
zugesagt, die Einmalkosten für die Migration<br />
der IuK zu tragen. In diesem Zusammenhang<br />
hat allerdings kurz darauf das Innenministerium<br />
gemeinsam mit dem Finanzministerium<br />
die „Grundsätze für die Kostenüber-
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
nahme“ aus Sicht des Landes bekannt gegeben,<br />
welche die Landkreise erheblich benachteiligen<br />
und die „anerkennungswürdigen“<br />
Kosten auf ca. 10 % der vom <strong>Landkreistag</strong> bei<br />
den Landkreisen erhobenen Kosten reduzieren<br />
würden Der <strong>Landkreistag</strong> hat diese einseitig<br />
formulierten „Grundsätze“ deshalb<br />
nicht akzeptiert.<br />
Durch den <strong>Landkreistag</strong> wurden bei den<br />
Landkreisen die zu erwartenden Einmalkosten<br />
der IuK-Migration erhoben. Diese Erhebung<br />
hat Gesamtkosten in Höhe von letztlich<br />
landesweit ca. 26 Mio. Euro ergeben.<br />
Da auf Arbeitsebene kein Konsens über die<br />
Kostentragung zu erzielen war, ging der <strong>Landkreistag</strong><br />
davon aus, dass die Problematik der<br />
Einmalkosten einer politischen Entscheidung<br />
bedarf und hat sich deshalb vielfach an die<br />
Ressortminister und den Ministerpräsidenten<br />
gewandt und an sie die Problematik der<br />
IuK-Einmalkosten mit der entsprechende Forderung<br />
zur Kostenübernahme herangetragen.<br />
Bei einem Spitzengespräch im Staatsministerium<br />
am 21. April 2004 unter Beteiligung der<br />
Präsidenten der Kommunalen Landesverbände<br />
hat das Land zwar eine Erhöhung der<br />
ursprünglich angebotenen Kostenabgeltung<br />
von 5 auf 7 Mio. Euro in Aussicht gestellt, was<br />
aber immer noch weit unter der erforderlichen<br />
Summe liegt, die die Landkreise für notwendig<br />
halten. Da die Verhandlungen mit<br />
dem Land in dieser Frage noch nicht abgeschlossen<br />
sind – auch nach einer Dienstbesprechung<br />
der Herrn Landräte beim Herrn<br />
Ministerpräsidenten – hat der <strong>Landkreistag</strong><br />
die Landkreise aufgefordert, die tatsächlich<br />
entstanden Einmalkosten im IuK-Bereich zu<br />
erheben, damit diese tatsächlichen Kosten<br />
gegenüber dem Land geltend gemacht werden<br />
können.<br />
ORGANISATION DER LAND-<br />
RATSÄMTER<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> hat im Herbst <strong>2003</strong> ein Gutachten<br />
„Zielorganisation Landratsamt <strong>2005</strong> –<br />
Handreichung zur Umsetzung der Verwaltungsreform“<br />
bei der Beratungsgesellschaft<br />
mummert-consulting, Hamburg, in Auftrag<br />
gegeben, das im März 2004 vorgelegt wurde.<br />
Die Erstellung des Gutachtens erfolgte mit<br />
intensiver Beteiligung der Landkreise.<br />
Die Ergebnisse und Datenzusammenstellungen<br />
der einzelnen Projektgruppensitzungen<br />
und Workshops wurden durch mummertconsulting<br />
fortlaufend in einer Datenbank<br />
zusammengefasst. Diese Datenbank wurde<br />
den Landratsämter im Intranet des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
verfügbar gemacht.<br />
Das Gutachten wurde <strong>als</strong> Handreichung für<br />
die Landkreise angelegt und stellt kein starres<br />
Korsett dar, an das sich die Landratsämter<br />
anpassen „müssen“. Die Ergebnisse des Gutachtens<br />
dienten dazu, die Bewertung einzelner<br />
Fragestellungen in den Landratsämtern<br />
zu erleichtern bzw. die Entscheidungsfindung<br />
zur Organisation in einzelnen Bereichen zu<br />
unterstützen.<br />
Der Gutachter gab in erster Linie Empfehlungen<br />
für Aufgaben-Zuordnungen anhand der<br />
Fragestellung ab, welche alten und neuen<br />
Aufgaben im Sinne der Aufgabenbündelung<br />
aus Kundensicht oder zur Erzielung von<br />
16
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Synergieeffekten zusammengeführt werden<br />
sollten – unabhängig davon, wo die Aufgabe<br />
gegenwärtig organisatorisch angesiedelt ist.<br />
Die Übersichts-Darstellungen der Organisationsgliederung<br />
wurden vom Gutachter in einer<br />
längerfristigen und in einer kurzfristigen<br />
Perspektive vorgelegt, wobei er auch mögliche<br />
Varianten, die in kurzfristigen Zeiträumen<br />
sinnvoll lokal vorhanden sein können, dargestellt<br />
hat.<br />
HERKULISCHE<br />
HERAUSFORDERUNGEN:<br />
ENTBÜROKRATISIERUNG,<br />
AUFGABENKRITIK<br />
Land und <strong>Landkreistag</strong> sind sich darin einig,<br />
dass Entbürokratisierung und Aufgabenkritik<br />
nicht nur im Rahmen der Verwaltungsreform<br />
eine Rolle spielen dürfen.Vielmehr handelt es<br />
sich um Daueraufgaben.Die Frage,die uns beschäftigt,<br />
lautet: „Was kann der Staat (noch)<br />
leisten?“ Aber wie in kaum einem zweiten Bereich<br />
fällt es schwer, den Bekundungen Taten<br />
folgen zu lassen.Warum ist das so?<br />
Dem Aufruf des Ministerpräsidenten folgend<br />
haben die Landratsämter mehrere hundert<br />
Vorschläge eingereicht. Allein im Bereich Umwelt<br />
und Gesundheit sind es rund 150 Vorschläge<br />
gewesen. Bei näherem Hinsehen hat<br />
sich Folgendes gezeigt:<br />
Etwa 70 % der Vorschläge zielen letztendlich<br />
auf eine Änderung von Europarecht, schwerpunktmäßig<br />
EG-Richtlinien. Dabei kommt es<br />
nicht darauf an, ob der Bund oder das Land<br />
17<br />
für die Umsetzung zuständig sind. Man muss<br />
hinter das Bundes- oder das Landesgesetz<br />
schauen. Stellt sich nämlich heraus, dass innerstaatlich<br />
nur umgesetzt worden ist, was<br />
dem Willen des europäischen Gesetzgebers<br />
entspricht, dann heißt es: Stopp! Eine Änderung<br />
von Bundes- oder Landesrecht würde in<br />
diesem Fall unweigerlich zu einem Vertragsverletzungsverfahren<br />
führen, d. h., die Europäische<br />
Kommission würde die Bundesrepublik<br />
Deutschland vor dem Europäischen<br />
Gerichtshof verklagen. Es bleibt <strong>als</strong>o nichts<br />
anderes übrig, <strong>als</strong> auf eine Änderung auf europäischer<br />
Ebene hinzuwirken. Das ist ausgesprochen<br />
mühsam. Die Bundesregierung<br />
muss davon überzeugt werden, in Brüssel aktiv<br />
zu werden. Das ist der erste Schritt. Scheitert<br />
der Vorstoß nicht bereits in diesem Stadium,<br />
geht es in Brüssel weiter: Kommission,<br />
Rat, Europäisches Parlament. Ein Hürdenlauf<br />
mit ungewissem Ausgang.<br />
Für weitere 20 % bedarf es einer Änderung des<br />
Bundesrechts. Der Weg dorthin ist weniger<br />
mühsam, deswegen aber nicht etwa einfach.<br />
Eine Bundesratsinitiative des Landes muss<br />
zunächst in der „zweiten Kammer“ eine Mehrheit<br />
finden und auch der Bundestag muss<br />
mitspielen. Bei Verordnungen geht nichts gegen<br />
den Willen der Bundesregierung.<br />
Schließlich der Rest: Lediglich 10 % der Vorschläge<br />
fallen in die Kompetenz des Landes.<br />
Das ist das Ergebnis einer rein quantitativen<br />
Betrachtung. Gewichtet man die einzelnen<br />
Vorschläge, so springt die Dominanz der europäischen<br />
Ebene erst recht ins Auge. Ein<br />
Grund, die Flinte ins Korn zu werfen? Ja und
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
nein. Beschränkt man sich auf Gesetze und<br />
Verordnungen, dann bringen Änderungen im<br />
Landesbereich wirklich nicht viel, weil die<br />
meisten Vorschläge ein nur geringfügiges<br />
Einsparpotenzial aufweisen. Allerdings gibt<br />
es da noch die Förderprogramme. Sie müssen<br />
dringend evaluiert werden. Im Vordergrund<br />
stehen folgende Fragen:<br />
– Sind die Förderziele noch zeitgemäß? Und<br />
das heißt auch: Passen sie zur derzeitigen<br />
Finanzlage? Können wir uns das alles noch<br />
leisten? Müssen neue Schwerpunkte gesetzt<br />
werden?<br />
– Werden die gesteckten Ziele mit dem Förderprogramm<br />
wirklich erreicht?<br />
– Ist der Verwaltungsaufwand vertretbar?<br />
Keine Frage, das geht ans Eingemachte. Aber<br />
wir haben gar keine andere Wahl. Der Blick in<br />
die Abgründe der Landeskasse beweist es.<br />
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit und<br />
völlig zu Recht hat Ministerpräsident Erwin<br />
Teufel die Aufgabenkritik <strong>als</strong> eines der wichtigsten<br />
Reformvorhaben herausgehoben. Bereits<br />
in seiner Regierungserklärung vom 7.Mai<br />
<strong>2003</strong> hat er ausgeführt, dass die begonnene<br />
Initiative zum Abbau von Bürokratie weiter<br />
fortgesetzt wird. Das Land werde dort, wo es<br />
handeln kann, auch die Initiative ergreifen.<br />
Alle Strukturen und Instrumente müssten auf<br />
den Prüfstand.Anlässlich der Präsentation der<br />
so genannten 110er-Liste (Liste von 110 Entbürokratisierungsmaßnahmen,Tranche<br />
1) hat<br />
er gefordert, alle Förderprogramme auf den<br />
Prüfstand zu stellen.<br />
Wenn man den Medien glauben darf, dann<br />
wird das praktisch von allen vorbehaltlos un-<br />
terschrieben. Doch wie sieht die Praxis aus?<br />
Nach wie vor ist es mit dem dringend notwendigen<br />
Mentalitätswandel nicht weit her.<br />
Sonst hätte ein seit eineinhalb Jahren auf<br />
dem Tisch liegender Vorschlag des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
mehr Beachtung gefunden. Es ist halt<br />
immer wieder dasselbe. Wenn es konkret<br />
wird, dann ist alles anders.Wortreich erklären<br />
dann dieselben, die beklagen, es geschehe zu<br />
wenig, zu zaghaft oder zu spät, warum Bürokratiekritik<br />
zwar weiterhin unentbehrlich ist,<br />
im vorliegenden Fall aber – leider – alles beim<br />
Alten bleiben muss.<br />
Letztlich geht es wieder einmal um die Glaubwürdigkeit<br />
der Politik. Wenn die Prämisse<br />
stimmt, dann hat sie auch hier keine Wahl.<br />
Denn wer glaubwürdig bleiben will, der tut<br />
was er sagt.<br />
FINANZSITUATION DER<br />
LANDKREISE<br />
Der Verfall der Finanzkraft der Landkreise<br />
setzte sich im Berichtszeitraum fort. Die Steuerkraftsummen<br />
der kreisangehörigen Gemeinden<br />
<strong>als</strong> Bemessungsgrundlage für die<br />
wichtigste Kreiseinnahme, die Kreisumlage,<br />
sanken kontinuierlich ab. Nach 7,2 Mrd. Euro<br />
im Jahr 2002 betrug sie <strong>2003</strong> 7,0 Mrd. Euro,<br />
2004 6,7 Mrd. Euro und <strong>2005</strong> nur noch 6,5<br />
Mrd. Euro. Schon dieser Rückgang löste den<br />
Zwang zur Erhöhung der Kreisumlagehebesätze<br />
aus. Weitere Erhöhungsnotwendigkeiten<br />
ergaben sich zusätzlich aus dem unbegrenzten<br />
Anwachsen der Ausgaben für die<br />
Sozial- und Jugendhilfe. Der soziale Zuschussbedarf<br />
stieg von 2,1 Mrd. Euro im Jahr 2002<br />
18
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
auf 2,4 Mrd. Euro im Jahr 2004. Die Landkreise<br />
mussten 2004 87 % ihrer allgemeinen<br />
Deckungsmittel für Sozial- und Jugendhilfeaufwendungen<br />
ausgeben. Die Ausgaben<br />
für die Sozial- und Jugendhilfe sind 2004 bereits<br />
um 7 % höher <strong>als</strong> die Einnahmen aus der<br />
Kreisumlage gewesen.<br />
Der kommunale Finanzausgleich deckt die<br />
Ausgaben für die Sozial- und Jugendhilfe gerade<br />
noch zu 35 % (1990 53 %, 2000 48 %). Die<br />
hohen Ausgaben für die Sozial- und Jugendhilfe<br />
spiegeln die Problemlagen wieder, für<br />
deren Bewältigung die Landkreise zuständig<br />
sind, nämlich die Folgen der hohen Dauerarbeitslosigkeit,<br />
die Überalterung der Bevölkerung<br />
und Veränderungen in der Gesellschaft,<br />
die zu einem hohen Wachstum bei den Ausgaben<br />
der Jugendhilfe führen. Der landesdurchschnittliche<br />
gewogene Kreisumlagehebesatz,<br />
der <strong>2003</strong> 30,60 % und 2004 33,62 %<br />
betrug, wird <strong>2005</strong> auf voraussichtlich mehr<br />
<strong>als</strong> 37 % steigen. Trotzdem liegt bei der Mehrzahl<br />
der Landkreise die Zuführung zum Vermögenshaushalt<br />
(bereinigt um Zuführungen<br />
zur Sonderrücklage Abfallwirtschaft) unter<br />
den Ausgaben für die ordentliche Tilgung von<br />
Krediten.<br />
Trotz der dramatisch schlechten Finanzlage<br />
der Landkreise und auch vieler Gemeinden<br />
setzte das Land seine Eingriffe in den kommunalen<br />
Finanzausgleich fort. Das Haushaltsstrukturgesetz<br />
2004 legte den Kommunen<br />
einen Konsolidierungsbeitrag zugunsten<br />
des Landes in Höhe von 80 Mio. Euro jährlich<br />
auf. In den Jahren <strong>2005</strong> und 2006 erfolgt<br />
durch das Haushaltsstrukturgesetz <strong>2005</strong> zusätzlich<br />
ein weiterer Entzug in Höhe von je<br />
19<br />
350 Mio. Euro. In den Beratungen der Finanzverteilungskommission<br />
prallten die unterschiedlichen<br />
Auffassungen von Land und<br />
Kommunen über die Rechtfertigung dieser<br />
Eingriffe hart aufeinander. Ein Konsens war<br />
nicht zu finden. Lediglich die Spitzabrechnung<br />
des Länderfinanzausgleichs <strong>2003</strong> mit<br />
einem Finanzvolumen von 46 Mio. Euro war<br />
unstrittig. Die aufgrund der Rechtsprechung<br />
des Staatsgerichtshof eingerichtete und paritätisch<br />
von Land und Kommunen besetzte<br />
Finanzverteilungskommission erweist sich<br />
lediglich <strong>als</strong> formaler Fortschritt. Der <strong>Landkreistag</strong><br />
wird sich auch weiterhin jeglichen<br />
Eingriffen in die kommunale Finanzausstattung<br />
zugunsten des Landes widersetzen. Die<br />
Schwierigkeiten der öffentlichen Haushalte<br />
auf allen Ebenen sind nicht mehr über die<br />
Einnahmeseite, schon gar nicht durch den<br />
Griff in die Taschen anderer öffentlicher Aufgabenträger,<br />
sondern nur durch eine mutige<br />
Rückführung des Ausgabenvolumens an die<br />
finanzielle Leistungskraft zu lösen.<br />
NEUREGELUNG DES<br />
GEBÜHRENRECHTS DES<br />
LANDES – EINE CHANCE<br />
FÜR DIE LANDKREISE<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> hat es nachdrücklich begrüßt,<br />
dass mit dem Gesetz zur Neuregelung<br />
des Gebührenrechts für den staatlichen Bereich<br />
betriebswirtschaftliche Grundsätze eingeführt<br />
werden und das Kostenbewusstsein<br />
gestärkt wird. Mit der Dezentralisierung der<br />
Gebührenfestsetzung wird ein vom <strong>Landkreistag</strong><br />
seit Jahren verfolgtes Ziel erreicht.<br />
Künftig setzen die Landratsämter für ihren
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Bereich, soweit sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde<br />
oder Aufgaben der unteren<br />
Baurechtsbehörde wahrnehmen, die gebührenpflichtigen<br />
Tatbestände und die Höhe<br />
der Gebühren selbst durch Rechtsverordnung<br />
fest. Damit wird erreicht, dass die Landratsämter<br />
kostenechte Gebühren kalkulieren<br />
und festsetzen können.<br />
Der Vergleichsring „Kommunales Rechnungswesen“;<br />
der bereits einheitliche Grundlagen<br />
zur Kostenermittlung im Bereich der internen<br />
Verrechnungen und der standardisierten Einführung<br />
der Kosten- und Leistungsrechnungen<br />
in den einzelnen Fachbereichen erarbeitet<br />
hatte, wurde beauftragt, für die<br />
Landratsämter eine Arbeitshilfe zur Kalkulation<br />
und Festsetzung der Gebühren der unteren<br />
Verwaltungsbehörde zu erarbeiten. Der<br />
Vergleichsring hat inzwischen einen Leitfaden<br />
erarbeitet, der Grundlagen und Empfehlungen<br />
zur konkreten Gebührenkalkulation<br />
enthält. Ferner wurden die für die Landratsämter<br />
relevanten Gebührentatbestände<br />
in einem Gebührenverzeichnis erfasst, das<br />
auch bereits die in den Aufgabenbereichen<br />
der zum 1. Januar <strong>2005</strong> eingegliederten ehemaligen<br />
unteren Sonderbehörden zu erhebenden<br />
Gebühren erfasst.<br />
Nach der Neuregelung des Gebührenrechts<br />
sind die Landratsämter nun auch zuständig<br />
für die Festsetzung von Gebühren auf den Gebieten<br />
der Fleischhygiene und der Geflügelfleischhygiene.<br />
Auch für diesen Bereich hat<br />
der Vergleichsring „Kommunales Rechnungswesen“<br />
Kalkulationsschemen für die ambulante<br />
Fleischuntersuchung und für die Untersuchungen<br />
in Schlachthöfen erarbeitet. Ein<br />
Arbeitskreis aus Vertretern von Veterinärämtern<br />
sowie der Vergleichsring „Kommunales<br />
Rechnungswesen“ haben weiter Vorschläge<br />
für eine Musterrechtsverordnung zur Regelung<br />
der Gebühren für Amtshandlungen nach<br />
dem Fleisch- und Geflügelfleischhygienegesetz<br />
vorgelegt. Damit sind für die Landratsämter<br />
Arbeitsgrundlagen geschaffen, die<br />
es ihnen ermöglichen, zügig von ihrer Gebührenfestsetzungsbefugnis<br />
Gebrauch zu<br />
machen.Es ist zu hoffen,dass die bisher in vielen<br />
Kreisen hohen Defizite in diesen Aufgabenbereichen<br />
der Vergangenheit angehören.<br />
Bedauerlich ist, dass der Gesetzgeber die Anregung<br />
des <strong>Landkreistag</strong>s, die persönlichen<br />
Gebührenbefreiungen abzuschaffen und die<br />
sachlichen Gebührenbefreiungen stark einzuschränken,<br />
nur in sehr eingeschränkter<br />
Weise aufgegriffen hat:<br />
ZUSAMMENFÜHRUNG<br />
VON ARBEITSLOSEN-<br />
HILFE UND SOZIALHILFE<br />
Wie kaum ein anderes Thema prägte die Diskussion<br />
um die Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe<br />
und Sozialhilfe sowohl die<br />
Bundes- wie auch die Landesebene. Die unterschiedlichen<br />
Vorstellungen, wo die Trägerschaft<br />
für das neue Leistungsrecht für Erwerbsfähige<br />
angesiedelt werden soll,<br />
konnten vor Weihnachten <strong>2003</strong> schlussendlich<br />
im Vermittlungsausschuss gelöst werden.<br />
Die Auseinandersetzung über das Ergebnis<br />
haben das gesamte Jahr 2004 geprägt<br />
und konnten in vielen Bereichen zu keinen<br />
befriedigenden Lösungen geführt werden. So<br />
20
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
konnte zwar für 69 Landkreise mit der<br />
Rechtsform der Option die alleinige Trägerschaft<br />
für die Betreuung des Personenkreises<br />
erreicht werden, die im SGB II aber gleichfalls<br />
– quasi <strong>als</strong> Konkurrenz- und Wettbewerbsmodell<br />
– vorgesehene Form der Zusammenarbeit<br />
in einer Arbeitsgemeinschaft<br />
erwies sich <strong>als</strong> äußerst problematisch.<br />
Angefangen von der nach wie vor ungeklärten<br />
Frage der Rechtsform bis hin zu der Ausgestaltung<br />
einer effizienten Aufbau- und<br />
Ablauforganisation zeigten sich in den Verhandlungen<br />
mit der Regionaldirektion der<br />
Bundesagentur für Arbeit für teilweise unüberbrückbare<br />
Hindernisse. Dabei wurde<br />
deutlich, dass die zentralistische Ausrichtung<br />
der Bundesagentur für Arbeit eine sozialpolitische<br />
Gestaltung und Ausschöpfung der Ressourcen<br />
auf Kreisebene erheblich erschwert<br />
bis nahezu unmöglich macht. Während die<br />
Landkreise gewohnt sind, Problemlagen vor<br />
Ort zeitnah und differenziert zu lösen, sind<br />
die Agenturen nur durch ständige Rückkopplung<br />
mit ihrer Zentrale in der Lage, überhaupt<br />
Entscheidungen zu treffen, die den Problemlagen<br />
vor Ort weder zeitnah noch inhaltlich<br />
gerecht werden.<br />
Begleitet wurde die gesamte inhaltliche Diskussion<br />
während der ganzen Zeit durch die<br />
Unsicherheit der finanziellen Auskömmlichkeit<br />
der durch den Bund vorgesehenen Transferleistungen.<br />
Zusätzlich spielte hierbei die<br />
Diskussion der ungekürzten Weitergabe der<br />
Wohngeldentlastungen des Landes an die<br />
Kommunen eine bestimmende Rolle. Aus der<br />
Erfahrung der Vergangenheit kann zum jetzigen<br />
Zeitpunkt noch nicht abschließend beur-<br />
21<br />
teilt werden, ob die ungeklärten Finanzierungsfragen<br />
durch die vom Gesetzgeber vorgesehene<br />
Revision einer für die kommunalen<br />
Seite befriedigenden Lösung zugeführt werden<br />
können.<br />
Die sich nach Inkrafttreten des SGB II abzeichnenden<br />
Mängel im Gesetzeswerk, die<br />
geschilderten Umsetzungsprobleme sowie<br />
die bisher nicht anspringende Konjunktur lassen<br />
erwarten, dass die Thematik weiterhin intensiv<br />
und streitig diskutiert werden wird.<br />
AUFLÖSUNG DER<br />
LANDESWOHLFAHRTS-<br />
VERBÄNDE<br />
Zentrales Thema war auch im Berichtszeitraum<br />
die mit der Verwaltungsstrukturreform<br />
verbundene Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände<br />
<strong>Baden</strong> und <strong>Württemberg</strong>-Hohenzollern,<br />
die Verlagerung der wesentlichen<br />
Aufgaben auf die Land- und Stadtkreise und<br />
die Schaffung des Kommunalverbandes für<br />
Jugend und Soziales <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>.<br />
Das bis Mitte des Jahres <strong>2003</strong> entwickelte<br />
Konsensmodell wurde Grundlage für die gesetzlichen<br />
Bestimmungen der strukturellen,<br />
rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen.<br />
In zahlreichen Abstimmungen mit<br />
den Fachressorts wurden Lösungen gefunden,<br />
die weitgehend auf den Forderungen<br />
des <strong>Landkreistag</strong>es beruhen. Wesentlicher Inhalt<br />
ist die Verlagerung der sachlichen Zuständigkeit<br />
für die Eingliederungshilfe für<br />
behinderte Menschen, für Personen mit besonderen<br />
sozialen Schwierigkeiten, für die
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Hilfe zur Pflege für unter 65-Jährige, die Blindenhilfe,<br />
die Landesblindenhilfe und wesentliche<br />
Teile der Kriegsopferfürsorge von den<br />
überörtlichen auf die örtlichen Sozialhilfeträger.<br />
Restaufgaben, die nicht auf die örtliche<br />
Ebene verlagert werden können, werden zusammen<br />
mit den von den Kreisen gewünschten<br />
Dienstleistungsfunktionen dem neuen<br />
Kommunalverband für Jugend und Soziales<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> übertragen.<br />
Zum Ausgleich der unterschiedlichen Belastungen<br />
der Kreise wird ein neuer Soziallastenausgleich<br />
für die Behindertenhilfe geschaffen,<br />
der mit einer Revisionsklausel<br />
verbunden wird. Die im Finanzausgleichsgesetz<br />
festgelegte Erwartung, das sogenannte<br />
Herkunftsprinzip im Vereinbarungswege umzusetzen,<br />
wurde von <strong>Landkreistag</strong> und Städtetag<br />
aufgegriffen und in eine Vereinbarung<br />
umgesetzt, der alle Land- und Stadtkreise beigetreten<br />
sind – ein Zeichen für die Solidarität<br />
der Kreise untereinander auch in finanziell<br />
schwierigen Zeiten.<br />
Auch nach Verabschiedung des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes<br />
am 30. Juni 2004<br />
gingen die Vorarbeiten zur Umsetzung mit<br />
Nachdruck weiter. Die Struktur des Kommunalverbandes<br />
für Jugend und Soziales wurde<br />
maßgebend in den Gremien des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
festgelegt. Dazu gehört auch die Personalverteilung<br />
der Landeswohlfahrtsverbände<br />
auf die Land- und Stadtkreise und den Kommunalverband.<br />
Das dafür unter Federführung<br />
des <strong>Landkreistag</strong>s erarbeitete Personalkonzept<br />
wurde weitgehend realisiert.<br />
Den Landkreisen wurden detaillierte Empfeh-<br />
lungen und Hinweise zur Übernahme der<br />
neuen Aufgabenfelder gegeben. Dazu gehört<br />
die Empfehlung über die vorübergehende<br />
Anwendung der Richtlinien der Landeswohlfahrtsverbände<br />
bis längstens 31. Dezember<br />
<strong>2005</strong>. Die neue Verantwortung der Kreise für<br />
die Entgeltvereinbarung und die Beratung<br />
und Unterstützung durch den Kommunalverband<br />
für Jugend und Soziales, wurde in einer<br />
kommunalen Vereinbarung niedergelegt, der<br />
erfreulicherweise alle Land- und Stadtkreise<br />
beigetreten sind. Der Kommunalverband hat<br />
seine Arbeit am 1. Januar <strong>2005</strong> aufgenommen<br />
und neben seinem Hauptsitz in Stuttgart<br />
eine Zweigstelle in Karlsruhe eingerichtet.<br />
Während in Stuttgart schwerpunktmäßig Jugend-<br />
und Sozialhilfeaufgaben wahrgenommen<br />
werden, ist in Karlsruhe das Integrationsamt<br />
nach dem SGB IX angesiedelt.<br />
BEHINDERTENHILFE<br />
Die Fallzahlen in der Eingliederungshilfe für<br />
behinderte Menschen weisen weiterhin steigende<br />
Tendenz auf. Ein großes Thema ist die<br />
Finanzierung der dafür entstehenden Sozialhilfelasten.<br />
Die Forderung nach Einschränkungen<br />
des Leistungsrechtes, insbesondere<br />
zur Wiederherstellung des Nachrangprinzips<br />
der Sozialhilfe verhallen seither ungehört.<br />
Auch gegenüber dem Land hat der <strong>Landkreistag</strong><br />
einen spürbaren Finanzierungsbeitrag<br />
gefordert, bis bundeseinheitlich eine andere<br />
Finanzierungsgrundlage geschaffen ist.<br />
Das Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist bisher zu einem<br />
eigenen Finanzierungsbeitrag nicht bereit.<br />
Es hat aber die Forderung der kommunalen<br />
Landesverbände aufgenommen und eine<br />
Konzeption zur Zukunft der Eingliederungs-<br />
22
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
hilfe für behinderte Menschen erstellt, die<br />
eine länderübergreifende Bundesratsinitiative<br />
münden sollte. Eine einheitliche Positionierung<br />
der Bundesländer konnte allerdings<br />
nicht erreicht werden. Auf Bundesebene wird<br />
seit längerem die Einführung eines Bundesteilhabegeldes<br />
diskutiert, das aus dem Wegfall<br />
des Kindergeldes für volljährige behinderte<br />
Menschen und freiwerdenden Mitteln<br />
der Kriegsopferversorgung finanziert werden<br />
könnte. Es bleibt zu hoffen, dass wenigstens<br />
dieser Weg in absehbarer Zeit realisiert wird.<br />
Die Absicht der Landesregierung, ein Landesbehinderten-Gleichstellungsgesetz<br />
auf den<br />
Weg zu bringen, zielt dagegen in eine ganz<br />
andere Richtung. Der <strong>Landkreistag</strong> lehnt dieses<br />
wegen seiner finanziellen Folgen und seines<br />
überreglementierenden Charakters ab.<br />
Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist<br />
es nicht verantwortbar, Erwartungen der behinderten<br />
Menschen zu wecken, die nicht<br />
erfüllbar sind.<br />
JUGENDHILFE<br />
Nicht nur die Behindertenhilfe sondern auch<br />
die Jugendhilfe sieht sich Kostensteigerungen<br />
ausgesetzt,die nicht mehr verkraftet werden<br />
können. Daher wird auch hier von kommunaler<br />
Seite seit Jahren eine Einschränkung<br />
der Leistungsstandards gefordert. Der <strong>Landkreistag</strong><br />
setzt sich insbesondere für den Ausschluss<br />
von Jugendhilfeleistungen für den<br />
Schulbesuch und die Ausbildung, eine stärkere<br />
Kostenverpflichtung der Krankenkassen<br />
für Therapien, eine Bedarfsprüfung <strong>als</strong> Voraussetzung<br />
für eine Förderung bzw. den Abschluss<br />
einer Entgeltvereinbarung und die<br />
23<br />
Abschaffung der Schiedsstelle nach dem SGB<br />
VIII ein. In eine ähnliche Richtung zielen Gesetzesinitiativen<br />
des Freistaates Bayern, die<br />
jedoch bisher nicht zu einem Erfolg geführt<br />
haben.<br />
Trotz massiver Einwände der kommunalen<br />
Seite und Einspruchs des Bundesrates hat<br />
nunmehr der Bundestag kurz vor Jahresende<br />
2004 ein Tagesbetreuungsausbaugesetz beschlossen,<br />
das für die Kleinkind- und Schulkinderbetreuung<br />
eine Verpflichtung des<br />
Jugendhilfeträgers zur Vorhaltung eines<br />
bedarfsgerechten Angebotes an Plätzen in<br />
Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege<br />
vorsieht. Den Jugendhilfeträgern wird<br />
eine Übergangsfrist bis 1. Oktober 2010 eingeräumt,<br />
allerdings verbunden mit der Verpflichtung,<br />
jährliche Ausbaustufen zur Schaffung<br />
eines bedarfgerechten Angebotes zu<br />
beschließen. Vorrang bei der Vergabe der neu<br />
geschaffenen Plätze haben insbesondere Leistungsempfänger<br />
nach dem SGB II. Die Bundesregierung<br />
ist dabei trotz Bestreitens<br />
durch die kommunale Seite der Auffassung,<br />
dass die zusätzlichen Finanzmittel aus Entlastungen<br />
der kommunalen Träger wegen<br />
„Hartz IV“ aufgebracht werden können.<br />
Das Tagesbetreuungsausbaugesetz wandelt<br />
den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz<br />
für Kinder ab 3 Jahren in einen Rechtsanspruch<br />
auf den Besuch einer Tageseinrichtung<br />
um. Auch die Kindergärten stellen sich<br />
vermehrt dem Thema flexible Öffnungszeiten<br />
und Altersmischung. Das Kindergartengesetz,<br />
das die Finanzierung der Kindergärten<br />
ab 1. Januar 2004 neu regelt, ist in großen<br />
Teilen problemlos umgesetzt worden. Ledig-
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
lich bei den Kindergärten mit gemeindeübergreifendem<br />
Einzugsgebiet bzw. besonderer<br />
pädagogischer Ausrichtung fehlen mancherorts<br />
noch adäquate Lösungswege. Die Landkreise<br />
sind in ihrer Moderatorenfunktion <strong>als</strong><br />
Jugendhilfeträger besonders gefragt. Ohne<br />
eine kommunale Solidarität lässt sich auch<br />
diese Aufgabe nicht bewältigen.<br />
Sowohl bei der Kindertagesbetreuung <strong>als</strong><br />
auch im Bildungsbereich liegen Verantwortlichkeiten<br />
beim Land, die bisher noch nicht in<br />
notwendigem Maße wahrgenommen werden.<br />
So ist die Finanzierung der Sonderschulen<br />
für Erziehungshilfe am Heim immer noch<br />
nicht befriedigend gelöst. Die Defizite der<br />
Sonderschulen müssen daher aus kommunalen<br />
Mitteln der Jugendhilfe finanziert werden.<br />
Die kommunalen Landesverbände haben<br />
daher den Rahmenvertrag für die<br />
Jugendhilfe im Hinblick auf die Sonderschulen<br />
für Erziehungshilfe am Heim zum 31. Dezember<br />
<strong>2003</strong> und für den gesamten Bereich<br />
zum 31. Dezember 2004 gekündigt. Der Rahmenvertrag<br />
wird nach Abstimmung mit den<br />
Leistungserbringern noch bis längstens 31.<br />
Dezember <strong>2005</strong> angewandt. Bis dahin muss<br />
feststehen, ob ein neuer Rahmenvertrag abgeschlossen<br />
wird.<br />
Die Konsolidierungsmaßnahmen im Landeshaushalt<br />
haben sich auch im Berichtszeitraum<br />
fortgesetzt. So wurde in etlichen sozialen<br />
bzw. jugendpolitischen Aufgabenfeldern<br />
Einschnitte vorgenommen. Oft handelt es<br />
sich dabei um eine Lastenverlagerung auf die<br />
kommunale Seite. Exemplarisch sei auf die<br />
seit 1. April 2004 geltende Drittelbeteiligung<br />
für die Land- und Stadtkreise nach dem<br />
Unterhaltsvorschussgesetz verwiesen. Als<br />
nächstes ist die Streichung der Zuschüsse<br />
für die Jugendsozialarbeit an Schulen und<br />
das Programm „Mutter und Kind“ geplant.<br />
KRANKENHILFE<br />
Der jahrelangen Forderung der Sozialhilfeträger<br />
nach Einbeziehung der Sozialhilfeempfänger<br />
in die gesetzliche Krankenversicherung<br />
wurde zwar nicht entsprochen, aber<br />
über das Gesundheitsmodernisierungsgesetz<br />
eine Reglung eingeführt, wonach die<br />
Krankenbehandlung über die Krankenkassen<br />
gegen Kostenersatz durch die Sozialhilfeträger<br />
erfolgt. Die Umsetzung dieser Regelung<br />
hat einen intensiven Abstimmungsbedarf<br />
mit den Krankenkassen und allen anderen<br />
beteiligten Partnern zur Folge gehabt. Ab 1.<br />
Januar <strong>2005</strong> bleibt allerdings nur ein kleiner<br />
Personenkreis im Sozialhilfebezug, da die<br />
Mehrzahl der bisherigen Sozialhilfeempfänger<br />
unter den Personenkreis des SGB II fällt.<br />
KOSTENERSTATTUNG<br />
FÜR DIE AUFNAHME<br />
UND VERSORGUNG VON<br />
FLÜCHTLINGEN<br />
Nach langwierigen Diskussionen und zähen<br />
Verhandlungen mit dem Land konnte zum<br />
1. 4. 2004 das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz<br />
in Kraft treten. Ausgehend von den ursprünglichen<br />
Absichten des Landes, konnten<br />
die kommunalen Landesverbände durchgängig<br />
Verbesserungen im System der nunmehr<br />
geltenden Pauschalierung und der Finanzierung<br />
durch das Land erreichen. Letztendlich<br />
konnte die Absicherung des Kostenrisikos des<br />
24
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
kommunalen Bereichs nur durch eine Revisionsklausel<br />
vorgenommen werden, die eine<br />
Überprüfung der Pauschalierung der Kostenerstattung<br />
zulässt. Nicht befriedigen kann<br />
hierbei, dass durch die Pauschalierung zwar<br />
einerseits eine effizientere und bei weitem<br />
weniger bürokratische Lösung gefunden<br />
wurde, jedoch andererseits durch die nicht im<br />
vollen Umfang auskömmliche Finanzierung<br />
des Landes nun eine aufwendige Datenerhebung<br />
für die Revision vorgenommen werden<br />
muss. In der Gesamtbetrachtung ergeben<br />
sich damit nur sehr eingeschränkt Effizienzgewinne.<br />
Die unbefriedigende bauliche Situation in<br />
den vom Land den Kommunen übergebenen<br />
Flüchtlingsunterkünfte wird zusätzlich die<br />
Diskussion um die weiterhin bestehende Verantwortung<br />
des Landes für diesen Bereich<br />
bestimmen.<br />
BÜRGERSCHAFTLICHES<br />
ENGAGEMENT<br />
In über 20 Landkreisen ist inzwischen das<br />
Bürgerschaftliche Engagement fester Bestandteil<br />
der Arbeit in den Fachebenen. Dabei<br />
hat sich die Zusammenarbeit mit dem Land<br />
sowie den Partnern auf örtlicher und auf<br />
Landesebene bewährt und mit dazu beigetragen,<br />
dass in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> das bürgerschaftliche/ehrenamtliche<br />
Engagement<br />
bundesweit einmalig ist.<br />
Die <strong>2003</strong> erstm<strong>als</strong> stattfindenden „Reichenauer<br />
Tage“, die Fachtagung der im Landkreisnetzwerk<br />
verbundenen Landkreise, hatte<br />
2004 bei „ihrer“ 2. Veranstaltung die sich aus<br />
25<br />
der Verwaltungsreform für das Bürgerschaftliche<br />
Engagement ergebenden Chancen und<br />
Möglichkeiten zum Inhalt.Ministerialdirektor<br />
Munding und der bundesweit bekannte Publizist<br />
Warnfried Dettling skizzierten vor den<br />
in großer Anzahl erschienenen „neuen“ Mitarbeitern<br />
der Landratsämter die Herausforderungen<br />
für das Bürgerschaftliche Engagement,<br />
die sich aus der Verwaltungsreform ergeben.<br />
Regen Zuspruch fanden auch die gemeinsam<br />
mit dem Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> durchgeführten<br />
Veranstaltungen zu den örtlichen Anlaufstellen,<br />
deren Bedeutung bei der Auftaktveranstaltung<br />
in Stuttgart durch eine von Ministerpräsident<br />
Teufel und den Präsidenten<br />
der kommunalen Landesverbänden unterzeichnenden<br />
Erklärung unterstrichen wurde.<br />
Die gesellschaftlichen Veränderungen und<br />
die sich weiter verschärfende finanzielle Lage<br />
der Kommunen wird in Zukunft weitere Anstrengungen<br />
notwendig machen, um den<br />
Bürger Beteiligungs- und Mitwirkungsformen<br />
an seinem Staat zu eröffnen. Die Landkreise<br />
sind dabei unverzichtbarer Ideengeber<br />
und Antriebsrad für eine nachhaltige Entwicklung<br />
und Unterstützung des Bürgerschaftlichen<br />
Engagements.<br />
LANDESPFLEGEGESETZ<br />
Weiterhin nahezu ungebremst stiegen die<br />
Aufwendungen in den stationären Altenhilfeeinrichtungen<br />
und dadurch die Belastung<br />
der Sozialhilfe. Die bereits seit längerem diskutierte<br />
Reform der Pflegeversicherung ist<br />
deshalb durch die zu erwartende Verschär-
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
fung aufgrund der demographischen Entwicklung<br />
unbedingt notwendig.<br />
Intensiv war weiterhin der Dialog über die<br />
künftige Ausrichtung der Pflegeheimförderung.<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> konnte sich mit seiner<br />
Forderung für eine Abschaffung der Pflegeheimförderung<br />
nicht durchsetzen. Mit der<br />
vom Landtag beschlossenen Änderung des<br />
Landespflegegesetzes soll dem hohen Förderstau<br />
und dem weiter wachsenden Fördermittelbedarf<br />
begegnet werden. Da eine Erhöhung<br />
der Mittel aus dem KIF nicht möglich<br />
ist, soll durch eine Absenkung der Förderquote,<br />
Einschränkung von Fördertatbeständen<br />
sowie die Einführung eines Eigenmittelanteiles<br />
für die einzelnen Projekte ausreichend<br />
Mittel zur Verfügung gestellt werde.<br />
Im Zuge der Diskussion über die sich verschärfende<br />
Finanzlage beim Land und den<br />
Kommunen ist bereits ein halbes Jahr nach<br />
der Reform die Diskussion um die Fortführung<br />
der Pflegeheimförderung wieder<br />
entbrannt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist bereits<br />
eine Absenkung des zur Verfügung stehenden<br />
Mittelrahmens von 60 Mill. Euro auf 44<br />
Mill. Euro beabsichtigt. Gegenwärtig kann<br />
nicht abgeschätzt werden, wie am Ende des<br />
jetzigen Diskussionsprozesses die Pflegeheimförderung<br />
ausgestaltet sein wird.<br />
EINORDNUNG DES BIS-<br />
HERIGEN BSHG IN DAS<br />
NEUE SGB XII<br />
Nicht nur die Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe<br />
und Sozialhilfe zu einem neuen<br />
Leistungsrecht im SGB II erfolgte im Vermittlungsausschuss,<br />
sondern auch die Überführung<br />
des seit 1963 geltenden BSHG in das<br />
Sozialgesetzbuch – das neue SGB XII. Die<br />
vom Bundesgesetzgeber richtigerweise gesehene<br />
Verknüpfung des Sozialhilferechts mit<br />
dem neuen SGB II hat insgesamt nicht die<br />
notwendige systematische Fortentwicklung<br />
gebracht und wird in keinster Weise den Anforderungen<br />
der kommunalen Praxis und insbesondere<br />
einer Begrenzung der weiterhin<br />
steigenden Sozialhilfeausgaben gerecht. So<br />
wurde die ursprünglich vorgesehene angemessene<br />
Berücksichtigung der Finanzkraft<br />
der öffentlichen Haushalte beim Abschluss<br />
der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen<br />
wieder gestrichen, die Einkommensanrechnung<br />
für behinderte Menschen hat im<br />
oberen Einkommensbereich Abstriche zugunsten<br />
der Behinderten erbracht und in Angelegenheiten<br />
der Sozialhilfe ist die Zuständigkeit<br />
von den Verwaltungsgerichten auf die<br />
Sozialgerichte verlagert worden.<br />
Die Integration des erst zum 1. 1. <strong>2003</strong> in<br />
Kraft getretenen Grundsicherungsgesetz in<br />
das neue SGB XII entspricht zwar einer kommunalen<br />
Forderung, ist aber durch die Beibehaltung<br />
des überwiegenden Wegfalls des<br />
Unterhaltsrückgriffs nicht geeignet, kostendämpfend<br />
zu wirken. Das mit Zustimmung<br />
der Bundesländer zustande gekommene Gesetz<br />
trägt in nicht dazu bei, die prekäre Finanzsituation<br />
der Kommunen zu verbessern<br />
und insbesondere der ganz erheblichen Kostenentwicklung<br />
bei der Eingliederungshilfe<br />
für behinderte Menschen Rechnung zu tragen.<br />
Mit den vorgesehenen Maßnahmen ist<br />
vielmehr zu befürchten, dass das Bedürftig-<br />
26
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
keitsprinzip des bisherigen BSHG im neuen<br />
SGB XII weiter ausgehöhlt wird und weitere<br />
Anspruchsberechtigte Leistungen erhalten,<br />
mit der Folge einer weiteren Dynamisierung<br />
der Fallzahlen und einem damit verbundenen<br />
Kostenanstieg.<br />
DAS NEUE VER-<br />
GÜTUNGSSYSTEM FÜR<br />
DIE KRANKENHÄUSER –<br />
JETZT GEHT ES RICHTIG<br />
LOS<br />
Die Gesundheitsreform 2000 hat die Weichen<br />
gestellt für das DRG-System, einem auf Fallpauschalen<br />
basierenden Vergütungssystem<br />
für die Krankenhäuser. Dieses neue Finanzierungssystem<br />
hat am 1. Januar <strong>2003</strong> das bisherige<br />
Pflegesatzsystem abgelöst, zunächst allerdings<br />
noch budgetneutral. Denn die Finanzierung<br />
der Krankenhausleistungen in den<br />
Jahren <strong>2003</strong> und 2004 erfolgte noch mit einem<br />
auf der Grundlage des alten Rechts ermittelten<br />
Gesamtbudget. Jetzt aber wird es<br />
ernst. Die „Übungsphase“ ist vorbei. Seit 1. Januar<br />
<strong>2005</strong> wird nach DRG-Fallpauschalen abgerechnet.<br />
Die „heiße Phase“ hat begonnen.<br />
Wie immer im Gesundheitsbereich ging das<br />
nicht ohne Holpern vonstatten. Zuvor mussten<br />
noch einige wichtige Details geregelt<br />
bzw. geändert werden. Gegenstand des Zweiten<br />
Fallpauschalen-Änderungsgesetzes vom<br />
15. Dezember 2004 sind vor allem folgende<br />
Punkte:<br />
– Auf vielfachen Wunsch wurde die so genannte<br />
Konvergenzphase auf fünf Jahre<br />
27<br />
verlängert (fünf Konvergenzschritte). Das<br />
bedeutet, dass das neue Vergütungssystem<br />
erst 2009 in vollem Umfang greifen<br />
wird. In der Zwischenzeit tastet man sich<br />
heran, und zwar in einem ersten Schritt<br />
(Konvergenzquote) mit 15 %. In den Jahren<br />
2006 bis 2008 beträgt die Konvergenzquote<br />
jeweils 20 %, bis dann am 1. Januar<br />
2009 die letzten 25 % dazu kommen und<br />
das Ziel erreicht ist.<br />
– Für Kliniken, deren Erlösbudget sich vermindert,<br />
wurde eine auf die Laufzeit der<br />
Konvergenzphase befristete Kappungsregelung<br />
eingeführt. Konvergenzbedingte<br />
Budgetminderungen werden nur bis zu einer<br />
im Krankenhausentgeltgesetz definierten<br />
Obergrenze realisiert. Diese Obergrenze<br />
liegt <strong>2005</strong> bei 1 %. Sie verläuft dann<br />
progressiv (2006: 1,5 %, 2007: 2,0 %, 2008:<br />
2,5 %) und erreicht 2009 den Wert von 3 %.<br />
Die Gegenfinanzierung erfolgt über die<br />
Absenkung des Landesbasisfallwerts.<br />
Diese Regelung geht zu Lasten der kleineren<br />
Kliniken. Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung<br />
konnten sich zuvor Budgetzuwächse<br />
in nennenswertem Umfang erhoffen.<br />
Diese Erwartung ist jetzt gedämpft worden,<br />
zu Gunsten der Kliniken der höheren<br />
Versorgungsstufe. Die Gesetz gewordene Regelung<br />
ist das Ergebnis eines hart umkämpfte<br />
Kompromisses, von dessen Richtigkeit<br />
bis heute nicht alle Beteiligten überzeugt<br />
sind. Ihm sind sowohl in der Deutschen<br />
Krankenhausgesellschaft <strong>als</strong> auch in der<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>ischen Krankenhausgesellschaft<br />
bisher nicht gekannte Auseinandersetzungen<br />
vorausgegangen.
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Wesentliche Voraussetzung für den Start in<br />
die Konvergenzphase, aber auch für den Abschluss<br />
von Budgetvereinbarungen für <strong>2005</strong>,<br />
ist die außerdem die Festlegung eines landesweiten<br />
Basisfallwerts. Die Verhandlungen<br />
darüber sind noch nicht abgeschlossen.<br />
Schon lange vor Beginn der „heißen Phase“<br />
hat sich die Krankenhauslandschaft unübersehbar<br />
gewandelt. Nicht selten begleitet von<br />
Protesten der Bevölkerung hatten die Landkreise<br />
begonnen, die notwendigen Anpassungen<br />
einzuleiten. Daran führt auch in Zukunft<br />
kein Weg vorbei, wenn es gelingen soll,<br />
die Krankenhäuser finanziell in der Balance<br />
zu halten. Dieses Bewusstsein muss weiter<br />
wachsen.<br />
Dass sich das Land in dieser Umbruchsituation<br />
dazu entschließt, das Volumen der<br />
Krankenhausförderung erheblich zu kürzen,<br />
ist unverständlich und kann auch vor dem<br />
Hintergrund klammer Staatsfinanzen nur <strong>als</strong><br />
Fehlentscheidung bezeichnet werden. Im<br />
Gegenteil wäre eine Aufstockung der Investitionsmittel<br />
notwendig gewesen, um die unumgänglichen<br />
Anpassungsmaßnahmen finanzieren<br />
zu können. Mehrfache Vorstöße<br />
der <strong>Baden</strong>-württembergischen Krankenhausgesellschaft,<br />
Städtetag und <strong>Landkreistag</strong><br />
blieben leider erfolglos. Der Verweis auf die<br />
kommenden Jahre hilft den kommunalen<br />
Krankenhäusern nicht weiter. Denn die Weichen<br />
werden jetzt gestellt. Heute gilt es, die<br />
Krankenhäuser für den Wettbewerb fit zu<br />
machen. In ein paar Jahren ist es wahrscheinlich<br />
schon zu spät. Leidtragende wären dann<br />
nicht nur die Landkreise, sondern auch die<br />
Gemeinden, die das Defizit der Kreiskranken-<br />
häuser über steigende Kreisumlagen zu<br />
spüren bekämen. Aber auch die Bevölkerung<br />
wäre betroffen, wenn das Leistungsangebot<br />
reduziert werden müsste oder unter dem<br />
Zwang der Verhältnisse Klinikstandorte ganz<br />
aufgegeben werden würden.Wie die aktuelle<br />
Entwicklung beweist, ist das keine Schwarzmalerei.<br />
Es ist die Wirklichkeit.<br />
„TEILPRIVATISIERUNG<br />
DER ABFALLENTSOR-<br />
GUNG“ ODER IRRWEG<br />
ZU LASTEN DER<br />
BÜRGERSCHAFT?<br />
Schon seit geraumer Zeit werden <strong>Landkreistag</strong><br />
und Städtetag vom Ministerium für Umwelt<br />
und Verkehr (UVM) bedrängt, einer Neuordnung<br />
der Entsorgungszuständigkeiten in<br />
der Abfallwirtschaft zuzustimmen.„Teilprivatisierung“<br />
heißt die Devise. Die wesentlichen<br />
Merkmale des UVM-Modells:<br />
– Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen<br />
<strong>als</strong> Haushaltungen („Gewerbeabfälle“ und<br />
„Baustellenabfälle“) sollen künftig von<br />
den privaten Entsorgungsunternehmen<br />
entsorgt werden, und zwar ohne Rücksicht<br />
darauf, ob es sich um Abfälle zur Beseitigung<br />
oder Abfälle zur Verwertung handelt.<br />
Die kommunale Entsorgungspflicht nach<br />
§ 15 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes<br />
(KrW-/AbfG) entfiele insoweit.<br />
– Hinsichtlich der Privathaushaltungen soll<br />
alles beim Alten bleiben.<br />
– Der Abfall von Kleinerzeugern/Geschäfts-<br />
28
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
müll soll weiterhin kommunal entsorgt<br />
werden.<br />
Die Bezeichnung „Teilprivatisierung der<br />
Abfallentsorgung“ erweckt den Anschein,<br />
die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger<br />
(Land- und Stadtkreise) hätten einen Nachholbedarf<br />
in Sachen Privatisierung. Dieser<br />
Eindruck ist irreführend. Die Landkreise halten<br />
sich aus dem operativen Geschäft weitgehend<br />
heraus. Aufträge für die Müllabfuhr<br />
und die Entsorgung (Verbrennung oder<br />
Beseitigung in mechanisch-biologischen<br />
Anlagen) werden ausgeschrieben. Einige<br />
Landkreise haben gemischtwirtschaftliche<br />
Gesellschaften gegründet (PPP-Modelle).<br />
Das Ministerium sieht den größten Vorteil seines<br />
Modells in einer klaren Abgrenzung der<br />
Entsorgungszuständigkeiten. Jedoch zeigt<br />
sich bei genauerem Hinsehen, dass die Abgrenzungsprobleme<br />
mit der vorgeschlagenen<br />
Neuregelung keineswegs gelöst wären. Zwar<br />
wäre dann die Schnittstelle Abfälle zur Verwertung<br />
/zur Beseitigung nicht mehr relevant.Weiterhin<br />
umstritten bliebe jedoch die<br />
Abgrenzung zwischen Abfällen aus Privathaushalten<br />
und solchen aus anderen Herkunftsbereichen,<br />
insbesondere gewerblichen<br />
Abfällen. Stichworte: Wohnanlagen, Heime,<br />
Feriendörfer, Campingplätze u. dgl. mehr.<br />
Da nach den Vorstellungen des UVM der Abfall<br />
von Kleinerzeugern weiterhin kommunal<br />
entsorgt werden soll, gäbe es eine neue<br />
Schnittstelle. In der Sache geht es im Wesentlichen<br />
um Abfälle aus Handwerksbetrieben,<br />
aus Büros, Praxen und Kanzleien (Freiberufler).<br />
Eine praktikable Abgrenzung ist bis<br />
heute nicht gefunden worden. Kriterien wie<br />
z. B. die Beschäftigtenzahl taugen dafür nicht.<br />
29<br />
Aus Sicht des <strong>Landkreistag</strong>s wird der finanzielle<br />
Aspekt völlig unterbewertet. Zur Erinnerung:<br />
Die kommunalen Entsorgungsanlagen sind<br />
ursprünglich einmal für beide Abfallarten gebaut<br />
worden, für den Hausmüll und für den<br />
Gewerbeabfall. Anfang der neunziger Jahre<br />
des letzten Jahrhunderts war die Relation<br />
etwa 50 : 50. Heute haben die Landkreise im<br />
Landesdurchschnitt wesentlich andere Verhältnisse:<br />
rd. 80 % Hausmüll und 20 % Gewerbeabfall,<br />
wobei die Bandbreite von 8 %<br />
bis 45 % Gewerbeabfall reicht. Das bedeutet<br />
auch: Die Betroffenheit ist durchaus unterschiedlich.<br />
Soweit die Landkreise die für die<br />
Deponienachsorge erforderlichen Rückstellungen<br />
bereits angesammelt haben, hält sich<br />
ihre Betroffenheit in Grenzen. In vielen Fällen<br />
sieht es jedoch anders aus. Eine Umfrage hat<br />
ergeben, dass landesweit noch zwischen 250<br />
– 400 Mio. Euro an Rückstellungen zu bilden<br />
sind (die Unschärfe in der Größenordnung ergibt<br />
sich aus den von den Landkreisen genannten<br />
Spannen). Nimmt man einen Mittelwert<br />
von 300 Mio. Euro, dann bezahlen davon<br />
die Privathaushalte 240 Mio. Euro (= 80 %)<br />
und das Gewerbe 60 Mio. Euro (= 20 %). Zu<br />
der bereits eingetretenen Lastenverschiebung<br />
kämen <strong>als</strong>o landesweit weitere 60 Mio.<br />
Euro zu Ungunsten der Bürgerinnen und Bürger<br />
hinzu. Entgegen den Erwartungen des<br />
Ministeriums ist die private Entsorgungswirtschaft<br />
definitiv nicht bereit, einen finanziellen<br />
Ausgleich zu leisten.<br />
Die Landkreise betreiben entweder eigene<br />
Entsorgungsanlagen, sind über Zweckverbände<br />
daran beteiligt oder haben Entsor-
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
gungsverträge abgeschlossen. Es stellt sich<br />
somit die Frage, wie sich die nach dem UVM-<br />
Modell zurück gehenden Abfallmengen auf<br />
die Anlagenauslastung bzw. die Erfüllbarkeit<br />
der bestehenden Lieferpflichten auswirken<br />
würden. Das lässt sich nicht generell sagen.<br />
Die Landkreise haben nämlich unterschiedlich<br />
auf die Entwicklung reagiert. Klar ist jedoch,<br />
dass für die reservierten Entsorgungsmengen<br />
in jedem Fall zu bezahlen ist. Sie sind<br />
und bleiben Grundlage der Gebührenkalkulation.<br />
Geht nun die Abfallmenge zurück, dann<br />
ändert sich daran wenig. Denn die Fixkosten<br />
bewegen sich zwischen 80 und 90 %.<br />
Schließlich wird argumentiert, die Andienungspflichten<br />
nach § 13 KrW-/AbfG könnten<br />
aus europarechtlicher Sicht auf Dauer keinen<br />
Bestand haben, und zwar generell, d. h. auch<br />
auf den Hausmüll bezogen. Nun ist dem UVM<br />
zwar zuzugeben, dass Andienungspflichten<br />
von der Kommission unter wettbewerbsrechtlichen<br />
Gesichtspunkten kritisch gesehen<br />
werden. Die Landkreise halten es jedoch<br />
nicht für eine vernünftige Strategie, in vorauseilendem<br />
Gehorsam und zu Lasten der Bürgerschaft<br />
auf die Linie der Kommission einzuschwenken,<br />
zumal nicht davon ausgegangen<br />
werden kann, dass der Europäische Gerichtshof<br />
sich dieser Auffassung undifferenziert<br />
anschließen wird. So jedenfalls kann man die<br />
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs,<br />
vor allem das sog. Luxemburg-Urteil<br />
vom 13. Februar <strong>2003</strong>, verstehen.<br />
Droht damit auch ein „Einstieg in den Ausstieg“?<br />
Die Gefahr ist nicht von der Hand zu<br />
weisen. Schon in ihrem Sondergutachten<br />
„Wettbewerbsfragen der Kreislauf- und Ab-<br />
fallwirtschaft“ von <strong>2003</strong> hat die Monopolkommission<br />
eine schrittweise Öffnung der<br />
kommunalen Abfallwirtschaft bis hin zu einer<br />
vollständigen Liberalisierung bzw. Privatisierung<br />
gefordert. Andere Organisationen<br />
wie z. B. der Bundesverband der Deutschen<br />
Entsorgungswirtschaft (BDE) und der Deutsche<br />
Industrie- und Handelskammertag<br />
(DIHKT) plädieren ebenfalls dafür. Es besteht<br />
folglich eine Gefahr für die gesamte kommunale<br />
Abfallwirtschaft. Die öffentlich-rechtlichen<br />
Entsorgungsträger könnten sich schnell<br />
in dieser Situation wiederfinden: die private<br />
Entsorgungswirtschaft pickt sich die Rosinen<br />
heraus und für die Landkreise bleiben nur<br />
noch die wirtschaftlich unattraktiven Abfallbesitzer<br />
übrig. Das sind nicht etwa Horrorvisionen<br />
des <strong>Landkreistag</strong>s, sondern, wie die aktuelle<br />
Entwicklung in Berlin beweist, reale<br />
Gefahren. Auf der Strecke blieben dann auch<br />
die mittelständischen Entsorger, die derzeit<br />
das operative Geschäft für die Landkreise besorgen.<br />
In einer Studie des Bayer. Instituts für<br />
Angewandte Umweltforschung und -technik<br />
GmbH (BIfA) wird nämlich festgestellt, dass<br />
in diesem Fall starke Konzentrationstendenzen<br />
zu erwarten sind (BIfA, Liberalisierung in<br />
der Abfallwirtschaft, Empiriebericht, angefertigt<br />
im Auftrag des Bayer. Staatsministeriums<br />
für Landesentwicklung und Umweltfragen,<br />
Oktober <strong>2003</strong>, S. 73). Es kommt dann genau zu<br />
dem, was die Monopolkommission eigentlich<br />
nicht wollen kann: zur Bildung eines Oligopols.<br />
Mit allen Konsequenzen, wie wir sie gegenwärtig<br />
z. B. auf dem Stromsektor besichtigen<br />
können.<br />
Fazit: Das Diskussionsmodell des Ministeriums<br />
für Umwelt und Verkehr <strong>Baden</strong>-Würt-<br />
30
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
temberg kann nicht überzeugen, weil die erhofften<br />
Vorteile nicht eintreten werden und<br />
die kommunale Abfallwirtschaft, und damit<br />
letztlich die Bürgerschaft, nur Nachteile zu erwarten<br />
hätte.<br />
ABFALLDEPONIEN:<br />
DAS ENDE IST NAH<br />
Der Countdown läuft. Das Ende des Deponiezeitalters<br />
naht mit Riesenschritten.Am Dienstag,<br />
31. Mai <strong>2005</strong> darf zum letzten Mal unbehandelter<br />
biologisch abbaubarer Müll auf Deponien<br />
abgelagert werden. Dann ist Schluss.<br />
Immer wieder wird die Befürchtung geäußert,<br />
dass es mangels ausreichender Behandlungskapazitäten<br />
zu Engpässen kommen<br />
wird. Wie sieht es tatsächlich aus?<br />
Die Landkreise sind den gesetzlichen Verpflichtungen<br />
nachgekommen. Sie haben mit<br />
erheblichen finanziellen Aufwendungen Behandlungsanlagen<br />
errichtet, sind Kooperationen<br />
mit anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern<br />
eingegangen oder haben<br />
sich vertraglich Entsorgungsmengen gesichert.<br />
Für das Jahr <strong>2005</strong> rechnet das Ministerium<br />
für Umwelt und Verkehr (UVM) mit<br />
einer zu entsorgenden Restabfallmenge<br />
zwischen 1,7 und 2,1 Mio. Tonnen. Die zur Verfügung<br />
stehende Behandlungskapazität<br />
beläuft sich rechnerisch auf rund 2,1 Mio.Tonnen.<br />
Unterstellt man, dass die mechanischbiologischen<br />
Behandlungskapazitäten rechtzeitig<br />
zur Verfügung stehen, könnte der 1. Juni<br />
<strong>2005</strong> kommen. Trotzdem wird man nicht umhin<br />
können, befristet Abweichungen vom so<br />
31<br />
genannten Autarkieprinzip, <strong>als</strong>o der Verpflichtung<br />
im Land oder knapp jenseits der<br />
Grenzen zuzulassen. Das hängt vor allem<br />
mit den bei der Müllverbrennungsanlage<br />
Stuttgart eingetretenen Verzögerungen zusammen;<br />
die Baumaßnahmen werden erst<br />
2007 abgeschlossen sein. Ein weiteres Loch<br />
tat sich unvorhergesehen durch die Stilllegung<br />
der Thermoselectanlage in Karlsruhe<br />
auf. Hier ist bereits Ersatz gefunden<br />
worden.<br />
Ist damit alles in Butter? In der Abfallwirtschaft<br />
weiß man’s nie so genau. Das ist eine<br />
alte Erfahrung. Zu den ungeklärten Fragen<br />
muss man die Entsorgung der nicht überlassungspflichtigen<br />
Gewerbeabfälle zählen. Da<br />
muss man unterscheiden. Ein Teil dieser Kunden<br />
hat den Landkreisen über die Jahre hinweg<br />
die Treue gehalten. Da dieser Abfall in die<br />
kommunale Mengenkalkulation eingegangen<br />
ist, sind insoweit keine Probleme zu erwarten.<br />
Wie aber steht es mit den übrigen<br />
Abfällen, die momentan von privaten Unternehmen<br />
entsorgt werden? Das sind Abfälle,<br />
denen in der Vergangenheit häufig verschiedene<br />
Etiketten aufgeklebt worden sind. Einmal<br />
waren es Beseitigungsabfälle, dann Verwertungsabfälle<br />
und jetzt sind es vielleicht<br />
doch wieder Beseitigungsabfälle, für die ja<br />
die Land- und Stadtkreise entsorgungspflichtig<br />
wären. Kommt da ein Teil zurück? Oder suchen<br />
sich diese Abfälle vielleicht andere<br />
Wege, z. B. in die neuen EU-Länder? Sind sie<br />
dort gar schon angekommen? Wenn nicht,<br />
wie viele Tonnen stehen am 1. Juni <strong>2005</strong> vor<br />
den Toren der kommunalen Abfallwirtschaft?<br />
Und wie groß sind dann die zu erwartenden<br />
Entsorgungsengpässe?
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Das sind überaus spannende Fragen, die derzeit<br />
keiner der Fachleute mit der notwendigen<br />
Gewissheit beantworten kann. Es hilft<br />
nichts, wir müssen abwarten. Im Sinne einer<br />
geordneten Abfallwirtschaft wäre zu wünschen,<br />
dass die fragliche Menge möglichst<br />
gegen Null tendierte. Denn die Landkreise<br />
hatten keine Veranlassung, diese Abfälle einzuplanen.<br />
DAS AKTIONSBÜNDNIS:<br />
„FLÄCHEN GEWINNEN<br />
IN BADEN-<br />
WÜRTTEMBERG“<br />
Boden ist nicht vermehrbar. Das ist eigentlich<br />
eine Selbstverständlichkeit. Aber was folgt<br />
daraus?<br />
In den letzten 50 Jahren haben sich die<br />
Flächen für Siedlung und Verkehr in <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> verdoppelt. Nach Angaben des<br />
Statistischen Landesamts beziffert sich die<br />
Siedlungs- und Verkehrsfläche in <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> zum Jahreswechsel <strong>2003</strong>/2004<br />
auf 484 000 ha. Wie das Statistische Landesamt<br />
auf der Grundlage des amtlichen Liegenschaftskatasters<br />
weiter feststellt, entspricht<br />
dies einem Anteil von 13,5 % an der gesamten<br />
Landesfläche. Davon entfallen 192 000 ha<br />
(40 %) auf Verkehrsflächen. Bei 258 000 ha<br />
(53,3 %) handelt es sich um Gebäude- und<br />
Freifläche. Die Erholungsfläche umfasst<br />
26 400 ha.<br />
In den Jahren 2001 bis <strong>2003</strong> hat sich die tägliche<br />
Flächeninanspruchnahme etwas abgeschwächt:<br />
Jahr Tägliche Flächeninanspruchnahme<br />
2001 11,8 ha<br />
2002 10,6 ha<br />
<strong>2003</strong> 10,3 ha<br />
Das ist jedoch kein Grund sich auszuruhen.<br />
Ein Bewusstseinswandel für den haushälterischen<br />
Umgang mit der knappen Ressource<br />
Boden ist unzweifelhaft notwendig. Allerdings<br />
gibt es keine Patentrezepte. Denn, und<br />
auch das ist eine bare Selbstverständlichkeit,<br />
nicht jede Flächeninanspruchnahme ist vom<br />
Übel. Ziel muss es zunächst sein, einen schonenden<br />
Ausgleich der konfligierenden Interessen<br />
vor Ort herbeizuführen.<br />
Angesprochen ist jedoch auch das Verhältnis<br />
von Ballungszentren und ländlichen Räumen.<br />
Im Hinblick darauf hat Rat für Nachhaltige<br />
Entwicklung in seinen Empfehlungen vom 15.<br />
Juni 2004 ein Leitbild entwickelt, dessen Umsetzung<br />
zu einer nicht hinnehmbaren Benachteiligung<br />
des ländlichen Raums führen<br />
würde. Die Bedeutung des ländlichen Raums<br />
auf die Landwirtschaft und damit verbundene<br />
Bereiche zu reduzieren, zeugt von einem<br />
bemerkenswerten Unverständnis.<br />
Ziele des vom Ministerium für Umwelt und<br />
Verkehr zusammen mit den kommunalen<br />
Landesverbänden sowie den Naturschutz-,<br />
Wirtschafts- und Planungsverbänden ins Leben<br />
gerufenen Aktionsbündnisses „Flächen<br />
gewinnen in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>“ sind u. a.<br />
– eine effiziente Flächennutzung,<br />
– die bedarfsbezogene Bereitstellung von<br />
Bauland,<br />
– der Vorrang der Innenentwicklung,<br />
– die Revitalisierung der Ortskerne, ein-<br />
32
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
schließlich der Förderung von familiengerechten<br />
Wohnungen und Wohnumfeldern,<br />
– die Wiedernutzung von Gewerbe- und Industriebrachen<br />
sowie von ehemaligen<br />
Bahn-, Militär- und Postflächen, sowie<br />
– eine Intensivierung der interkommunalen<br />
und regionalen Zusammenarbeit.<br />
Wie der Umweltminister zu Recht hervorgehoben<br />
hat, geht es dabei nicht um den Verzicht<br />
auf kommunale Entwicklungsmöglichkeiten.<br />
KÜRZUNGEN IM ÖPNV<br />
Mit Verabschiedung des Haushaltsbegleitgesetzes<br />
2004 des Bundes hatte der ÖPNV massive<br />
Kürzungen zu verkraften. Die aufgrund<br />
des sogenannten „Koch-Steinbrück-Papiers“<br />
beschlossene Absenkung der Ausgleichsmittel<br />
im Ausbildungsverkehr gemäß § 45 a<br />
PBefG für die Jahre 2004 bis 2006 um 4 %,<br />
8 % und 12 % führten bei den Unternehmen<br />
zu erheblichen Mindereinnahmen. Die daraus<br />
resultierenden Fahrpreiserhöhungen belasteten<br />
auch die Haushalte der Landkreise<br />
<strong>als</strong> Aufgabenträger (§§ 5, 6 ÖPNVG). Im Zusammenhang<br />
mit der seit Jahren fehlenden<br />
Dynamisierung der Zuweisungen für die<br />
Schülerbeförderungskostenerstattung nach<br />
§ 18 FAG konnte eine Erhöhungen der Eigenteile<br />
teilweise nicht ausbleiben.<br />
Die nach wie vor in der Diskussion stehende<br />
Änderung der PBefAusglV mit einer Beschränkung<br />
der Ausgleichsleistungen auf<br />
ausbildungsnotwendige Tage hätte weitere<br />
gravierende Auswirkungen auf die Finanzie-<br />
33<br />
rung und Gestaltung des ÖPNV in <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong>. Eine Entscheidung hierüber ist<br />
noch nicht absehbar. Der <strong>Landkreistag</strong> hat gegenüber<br />
dem Land unmissverständlich aufgezeigt,<br />
dass auf Grund der Haushaltssituation<br />
der Landkreise jede weitere Kürzung der<br />
ÖPNV-Mittel unzweifelhaft zu erheblichen<br />
Einschränkungen im ÖPNV-Angebot führen<br />
wird.<br />
NEUE VERBUNDFÖRDER-<br />
KONZEPTION<br />
Das Land beabsichtigt, mit Wirkung zum 01.<br />
Januar <strong>2005</strong> die Verbundförderung neuen<br />
Kriterien zu unterwerfen. Die Landesförderung<br />
soll künftig hälftig in eine Basis- und<br />
eine Anreizkomponente aufgeteilt werden,<br />
wobei eine Absenkung der bislang gewährten<br />
Fördermittel je Verbund in Höhe von 2 %<br />
im ersten Jahr, 8 % im zweiten, 12 % im dritten,<br />
16 % im vierten und 20 % im fünften Jahr<br />
vorgesehen ist.<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> sowie die Verbünde haben<br />
sich in ihren Stellungnahmen an das Ministerium<br />
für Umwelt und Verkehr <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
ausdrücklich gegen diese massiven<br />
Kürzungen ausgesprochen und eine umfassende<br />
Überarbeitung der Neukonzeption gefordert.<br />
Eine entsprechende Anpassung der<br />
derzeit noch bestehenden Verträge mit den<br />
Verbünden konnte seitens des Ministerium<br />
für Umwelt und Verkehr zum 1. Januar <strong>2005</strong><br />
noch nicht umgesetzt werden. Inwieweit jedoch<br />
das Land von der Absenkung der Fördermittel<br />
Abstand nehmen wird, kann derzeit<br />
noch nicht beurteilt werden.
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
KUNSTAUSSTELLUNG<br />
„DREIDIMENSIONAL“<br />
Von Juli 2004 bis Mai <strong>2005</strong> zeigt der <strong>Landkreistag</strong><br />
in einer Wanderausstellung an sieben<br />
Orten in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> eine Auswahl<br />
von 90 Werken von 72 Künstlern.<br />
Interessante Plastiken und Skulpturen aus<br />
den Sammlungen der Landkreise werden<br />
durch dieses Ausstellungsprojekt der Öffentlichkeit<br />
zugänglich gemacht. Die Auswahl der<br />
Kunstwerke gibt einen breiten Überblick über<br />
die bildhauerischen Tendenzen seit 1960 und<br />
zeigt ein reiches und vielseitiges Bild künstlerischen<br />
Schaffens in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>.<br />
Alle Strömungen der Bildhauerkunst der<br />
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind mit<br />
charakteristischen Werken vertreten. Die<br />
künstlerische Konzeption der Ausstellung sowie<br />
die Erstellung des Ausstellungskatalogs<br />
lag in den bewährten Händen von Herrn Prof.<br />
Dr. Manfred Fath, dem ehemaligen Leiter der<br />
Kunsthalle Mannheim.<br />
Stationen der Ausstellung waren bzw. sind<br />
Oberndorf am Neckar (Landkreis Rottweil),<br />
Schloss Achberg (Landkreis Ravensburg),<br />
Calw, Karlsruhe, Mühlheim an der Donau<br />
(Landkreis Tuttlingen), Sigmaringen und<br />
Esslingen. Seit der erstmaligen Präsentation<br />
im Juli 2004 in Oberndorf am Neckar fand<br />
die Ausstellung beim kunstinteressierten<br />
Publikum jeweils großen Anklang, was auch<br />
für die verbleibenden Stationen zu hoffen<br />
ist.<br />
VERGLEICHSARBEIT DER<br />
LANDKREISE<br />
Die Vergleichsringarbeit der Landkreise in<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> besteht nunmehr ununterbrochen<br />
seit 7 Jahren. Sie ist für die teilnehmenden<br />
Landkreise ein wichtiges Instrument<br />
für die Steuerung der Verwaltung. Im<br />
Rahmen des Gesamtprojekts bestehen Anfang<br />
<strong>2005</strong> 10 Vergleichsringe für die Bereiche<br />
Amtsärztlicher Dienst, Führerscheinwesen,<br />
Gebäudewirtschaft, Kommunales Rechnungswesen,<br />
Jugendhilfe, Kfz-Zulassung,<br />
Personalwesen, Schulverwaltung, Sozialhilfe<br />
und Vollstreckung. Dem Vergleichsring „Kommunales<br />
Rechnungswesen“ gehören alle 35<br />
baden-württem-bergischen Landkreise an.<br />
Damit besteht eine Struktur, die es ermöglicht,<br />
neuen Herausforderungen rasch gerecht<br />
zu werden. Über die Aktivitäten dieses<br />
Vergleichsrings auf dem Gebiet der Gebührenkalkulation<br />
und des Nachweises der<br />
Effizienzrendite wird an anderer Stelle des<br />
Geschäftsberichts berichtet.<br />
WEITERENTWICKLUNG<br />
DES KOMMUNALEN<br />
DV-VERBUNDS, INFOR-<br />
MATIONS- UND KOM-<br />
MUNIKATIONSTECHNIK<br />
UND MULTIMEDIA<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> nimmt in den Gremien der<br />
Datenzentrale (Verwaltungsrat, Projektausschuss)<br />
die Interessen der Landkreise bei der<br />
Neu- und Weiterentwicklung moderner IuK-<br />
Verfahren wahr.<br />
34
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Im Kommunalen DV-Verbund (Regionale Rechenzentren<br />
und Datenzentrale <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>)<br />
standen in diesem Zeitraum vor allem<br />
Erwägungen zur Verbesserung der<br />
Wirtschaftlichkeit der Angebote im Vordergrund.<br />
Aber auch die elektronischen Bürgerdienste<br />
und das Landesportal <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
und die Entwicklung neuer<br />
landeseinheitlichen Verfahren spielten eine<br />
wichtige Rolle.<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> vertritt bei der Zusammenarbeit<br />
mit dem Land auf den anderen Gebieten<br />
der Information und Kommunikation die<br />
Interessen der Landkreise in unterschiedlichen<br />
Gremien und Arbeitsgruppen insbesondere<br />
in der Arbeitsgruppe „Abstimmung IuK<br />
zwischen Land und Kommunen“ beim Innenministerium.<br />
IUK-AUSSTATTUNG<br />
DER GESCHÄFTSSTELLE<br />
Die IuK-Ausstattung des <strong>Landkreistag</strong>s ermöglicht<br />
eine zeitnahe Information der<br />
Landkreise zu Rundschreiben und sonstigen<br />
Informationen des <strong>Landkreistag</strong>s über elektronische<br />
Medien (Intranet). Über einen<br />
Newsletter werden die Landratsämter tagesaktuell<br />
über alle neuen Informationen des<br />
<strong>Landkreistag</strong>s informiert.<br />
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT<br />
Die Verwaltungsreform, Hartz IV sowie die<br />
sich dramatisch verschlechternde finanzielle<br />
Situation der Landkreise waren die wichtig-<br />
35<br />
sten Themen bei den Kontakten zur Öffentlichkeit<br />
und zu den Medien. Pressekonferenzen,<br />
Pressemitteilungen, Hintergrundgespräche<br />
und Einzelkontakte mit Presse, Rundfunk<br />
und Fernsehen standen dabei im<br />
Vordergrund. Das Faltblatt „<strong>Landkreistag</strong><br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – Aufgaben, Geschäftsstelle,<br />
Gremien“ wurde regelmäßig aktualisiert<br />
und an alle Interessenten verteilt.<br />
Die Pflege und der Ausbau der Internet-Angebote<br />
mit allen öffentlichkeitsrelevanten Informationen<br />
des <strong>Landkreistag</strong>es und zu den<br />
Landkreisen (www.landkreistag-bw.de) wurden<br />
fortgeführt. Ebenso die Online-Version<br />
der Landkreisnachrichten <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
(www.landkreisnachrichten.de) sowie<br />
die Internet-Version der Broschüre „Unserer<br />
Landkreise – Menschen im Mittelpunkt<br />
(www.landkreise-bw.de).<br />
Die Internet-Angebote erfreuen sich weiterhin<br />
stetig steigender Nachfrage. Für die Internetadresse<br />
www.landkreistag-bw.de können<br />
monatlich ca. 6 500 Besuche, für die Internetadresse<br />
www.landkreise-bw.de ca. 1 500 Besuche<br />
monatlich registriert werden.<br />
Die vom <strong>Landkreistag</strong> herausgegebene Verbandszeitschrift<br />
„Landkreisnachrichten <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>“<br />
finden bei den Adressaten<br />
großen Anklang. Die Landkreisnachrichten<br />
dienen der Information der Kreisrätinnen<br />
und Kreisräte sowie anderer am kommunalpolitischen<br />
Geschehen interessierten Persönlichkeiten<br />
und erscheinen vierteljährlich in<br />
einer Auflage von über 4000 Exemplaren.
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
ANHANG<br />
PRÄSIDENT, VIZEPRÄSI-<br />
DENTEN, PRÄSIDIUM,<br />
VORSITZENDE DER<br />
FACHAUSSCHÜSSE,<br />
SPRENGELVORSITZENDE<br />
(STAND 1. FEBRUAR <strong>2005</strong>)<br />
Präsident:<br />
Landrat Dr. Edgar Wais, Reutlingen<br />
Vizepräsidenten:<br />
Landrat Dr. Jürgen Schütz, Rhein-Neckar-Kreis<br />
Landrat Helmut M. Jahn, Künzelsau<br />
Präsidium:<br />
Landrat Georg Denzer, Main-Tauber-Kreis<br />
Landrat Dr. Rainer Haas, Ludwigsburg<br />
Landrat Franz Weber, Göppingen<br />
Landrat Claus Kretz, Karlsruhe<br />
Landrat Dr. Werner Hudelmaier, Rastatt<br />
Landrat Hans-Werner Köblitz, Calw<br />
Landrat Karl Heim, Schwarzwald-Baar-Kreis<br />
Landrat Jochen Glaeser,<br />
Breisgau-Hochschwarzwald<br />
Landrat Dr. Bernhard Wütz, Waldshut<br />
Landrat Willi Fischer Balingen<br />
Landrat Dr. Wolfgang Schürle,<br />
Alb-Donau-Kreis<br />
Landrat Siegfried Tann, Bodenseekreis<br />
Hauptgeschäftsführer Eberhard Trumpp<br />
Vorsitzende der Fachausschüsse:<br />
Rechts und Verfassungsausschuss:<br />
Landrat Dr. Bernhard Wütz, Waldshut<br />
Finanzausschuss:<br />
Landrat Dr. Jürgen Schütz, Rhein-Neckar-Kreis<br />
Sozialausschuss:<br />
Landrat Jochen Glaeser,<br />
Breisgau-Hochschwarzwald<br />
Gesundheitsausschuss:<br />
Landrat Franz Weber, Göppingen<br />
Kulturausschuss:<br />
Landrat Dr. Wolfgang Schürle,<br />
Alb-Donau-Kreis<br />
Ausschuss für Umweltschutz,<br />
Wirtschaft und Verkehr:<br />
Landrat Helmut M. Jahn, Hohenlohekreis<br />
Sprengelvorsitzende:<br />
Regierungsbezirk Stuttgart:<br />
Landrat Georg Denzer, Main-Tauber-Kreis<br />
Regierungsbezirk Karlsruhe:<br />
Landrat Dr. Jürgen Schütz,<br />
Rhein-Neckar-Kreis<br />
Regierungsbezirk Freiburg:<br />
Landrat Jochen Glaeser,<br />
Breisgau-Hochschwarzwald<br />
Regierungsbezirk Tübingen:<br />
Landrat Siegfried Tann, Bodenseekreis<br />
36
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
GESCHÄFTS-<br />
VERTEILUNGSPLAN<br />
der Geschäftsstelle des <strong>Landkreistag</strong>s <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong>,<br />
Panoramastraße 37, 70174 Stuttgart<br />
Telefon (07 11) 22 46 20<br />
Telefax (07 11) 2 24 62-23<br />
Hauptgeschäftsführer:<br />
Eberhard Trumpp<br />
Dezernat 1:<br />
Hauptgeschäftsführer Eberhard Trumpp<br />
Grundsatzangelegenheiten der Landkreise<br />
Landräte<br />
Kommunale Verbände<br />
Bundes- und Landesangelegenheiten<br />
Grundzüge der europäischen<br />
Zusammenarbeit<br />
Verwaltungsreform<br />
Kommunalverfassungsrecht<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Geld- und Kreditwesen<br />
Politische Betätigung des Staatsbürgers<br />
Dezernat 2:<br />
Stv. Hauptgeschäftsführer Karlheinz Kibele<br />
Krankenhauswesen<br />
Gesundheitswesen<br />
Entbürokratisierung<br />
Umweltschutz<br />
Abfallrecht, Abfallwirtschaft<br />
Wasserrecht, Wasserwirtschaft<br />
Abwasserabgabe, Wasserentnahmeentgelt,<br />
Gebühren<br />
Immissionsschutz<br />
Gewerbeaufsicht<br />
Naturschutz<br />
37<br />
Bodenschutz, Altlasten<br />
Jagd-/Fischereiwesen<br />
Dezernat 3:<br />
Regierungsassessorin Nathalie Münz<br />
Allgemeine Rechtsangelegenheiten<br />
Öffentlicher Personennahverkehr,<br />
Schülerbeförderung<br />
Sport<br />
Kultur, Archive<br />
Europaangelegenheiten<br />
Lebensmittelüberwachung, Fleischhygiene<br />
Wirtschaftskontrolldienst<br />
Veterinärwesen, Tierschutz<br />
Tierkörperbeseitigung<br />
Öffentliche Sicherheit und Ordnung<br />
Katastrophenschutz, Rettungsdienst<br />
Baurecht<br />
Forstwirtschaft<br />
Landwirtschaft<br />
Schulträgerschaft<br />
Schulverwaltung<br />
Dezernat 4:<br />
Ltd. Verwaltungsdirektor Rainer Pokrop<br />
Finanzen, Steuern und Abgaben<br />
Kommunalrecht<br />
Personalwesen, Ausbildung<br />
Wahlen<br />
Staatsaufsicht und Rechnungsprüfung<br />
Wirtschaftliche Betätigung<br />
Energieversorgung<br />
Straßen<br />
Verbandsangelegenheiten<br />
Dezernat 5:<br />
Ltd. Verwaltungsdirektor Dietmar Herdes<br />
Sozialhilfe (SGB XII)<br />
Altenhilfe
Geschäftsbericht <strong>2003</strong>/<strong>2005</strong><br />
Pflegeversicherung<br />
Bürgerschaftliches Engagement<br />
Aussiedler, Asylbewerber,<br />
Bürgerkriegsflüchtlinge<br />
Wohngeld<br />
Sozialdatenschutz<br />
Arbeitsförderung (SGB II)<br />
Arbeitsverwaltung<br />
Dezernat 6:<br />
Ltd. Verwaltungsdirektorin Christa Heilemann<br />
Jugendhilfe, Kindertagesbetreuung<br />
Familie<br />
Frauen, Gleichstellungsbeauftragte<br />
Hilfe für Behinderte, psychisch Kranke,<br />
Suchtkranke<br />
Krankenhilfe<br />
Gefährdetenhilfe<br />
Ausbildungsförderung<br />
Kriegsopferfürsorge<br />
Versorgungsverwaltung<br />
Kommunalverband für Jugend und Soziales<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
Geschäftsstelle der Spruchstelle für<br />
Fürsorgestreitigkeiten für das Land<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
Dezernat 7:<br />
Verwaltungsdirektor Jan-Ole Langemack<br />
Öffentlichkeitsarbeit, Redaktion der<br />
Landkreisnachrichten<br />
Multimedia, Internet<br />
Informations- und Kommunikationstechnik,<br />
Bürokommunikation<br />
Telekommunikation, Postdienste<br />
Vermessung, Flurneuordnung<br />
Raumordnung<br />
Wohnungswesen<br />
Wirtschaftsförderung, Tourismus<br />
Statistik<br />
Datenschutz<br />
Innere IuK-Organisation<br />
38