Verkehrs- und Tarifverbund im Raum Ulm/Neu-Ulm - Landkreistag ...
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Landkreisnachrichten 38. Jahrgang<br />
<strong>Verkehrs</strong>- <strong>und</strong> Tarifverb<strong>und</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Ulm</strong>/<strong>Neu</strong>-<strong>Ulm</strong> –<br />
ein erster Erfahrungsbericht<br />
nach 20 Monaten –<br />
Von Landrat Dr. Wolfgang Schürle , <strong>Ulm</strong> <strong>und</strong> Dipl.-Geograf Florian Weixler<br />
140<br />
Einleitung<br />
Seit nunmehr 20 Monaten besteht <strong>im</strong><br />
Stadtkreis <strong>Ulm</strong> <strong>und</strong> den Landkreisen <strong>Neu</strong>-<br />
<strong>Ulm</strong> <strong>und</strong> Alb-Donau-Kreis, also „in <strong>Ulm</strong><br />
<strong>und</strong> um <strong>Ulm</strong> herum“ der Donau-Iller-<br />
Nahverkehrsverb<strong>und</strong>, kurz DING (nach<br />
Donau- Iller- Nahverkehrsverb<strong>und</strong>gesellschaft<br />
mbH). Jetzt bietet sich eine erste<br />
Gelegenheit, ein Fazit über dessen Erfolg<br />
aus Sicht des Landkreises zu ziehen.<br />
Ausgangslage<br />
Die drei kommunalen Aufgabenträger<br />
Alb-Donau-Kreis, Landkreis <strong>Neu</strong>-<strong>Ulm</strong><br />
<strong>und</strong> Stadtkreis <strong>Ulm</strong> liegen beiderseits<br />
der baden-württembergisch-bayerischen<br />
Landesgrenze.<br />
Im Verb<strong>und</strong>raum wohnen auf r<strong>und</strong><br />
2000 qkm Fläche etwa 460 000 Einwohner.<br />
Die Siedlungsstruktur reicht vom<br />
verdichteten Oberzentrum <strong>Ulm</strong>/<strong>Neu</strong>-<br />
<strong>Ulm</strong> mit zusammen r<strong>und</strong> 170 000 Einwohnern<br />
<strong>und</strong> starkem überregionalen<br />
Einpendlerüberschuß (v. a. Nutzfahrzeugbau,<br />
Pharmazeutische Industrie,<br />
Universität) bis hin zu landwirtschaftlich<br />
geprägten Dörfern <strong>und</strong> Weilern auf der<br />
Schwäbischen Alb <strong>und</strong> dem Oberschwäbischen<br />
Hügelland.<br />
Sternförmig zum <strong>Verkehrs</strong>knoten <strong>Ulm</strong><br />
verlaufen die Entwicklungsachsen vor<br />
allem entlang der sechs Schienenstrecken.<br />
Im Stadtgebiet <strong>Ulm</strong>/<strong>Neu</strong>-<strong>Ulm</strong><br />
dominieren – neben der einzig noch verbliebenen<br />
Straßenbahnstrecke zwischen<br />
Söflingen <strong>und</strong> <strong>Ulm</strong>/Donauhalle – auf<br />
hohem Bedienungsstandard vertaktete<br />
Buslinienverkehre bis in die Stadtteile,<br />
während mit wachsender Distanz zum<br />
Oberzentrum zunehmend der Schülerverkehr<br />
zur tragenden Säule des Öffentlichen<br />
Personennahverkehrs (ÖPNV) wird<br />
<strong>und</strong> die <strong>Verkehrs</strong>angebote an schulfreien<br />
Tagen deutlich vermindert sind.<br />
Genauso uneinheitlich wie die <strong>Verkehrs</strong>angebote<br />
ist die Struktur der <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
<strong>im</strong> Verb<strong>und</strong>raum. Von den<br />
insgesamt 25 konzessionierten <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
erbringen die drei großen<br />
zusammen fast 75 % der <strong>Verkehrs</strong>leistung<br />
<strong>und</strong> erwirtschaften dabei fast<br />
80 % der Einnahmen.<br />
Die <strong>Verkehrs</strong>unternehmen <strong>im</strong> Verb<strong>und</strong>raum<br />
insgesamt (einschließlich der<br />
Eisenbahnunternehmen) beförderten<br />
1997 r<strong>und</strong> 34,2 Mio. Fahrgäste <strong>und</strong> erbrachten<br />
dafür eine Fahrleistung von<br />
r<strong>und</strong> 16 Mio. km pro Jahr, davon knapp<br />
10 % auf der Schiene. Dabei erwirtschafteten<br />
sie 1997 Tarifeinnahmen <strong>und</strong> Ausgleichsleistungen<br />
in Höhe von zusammen<br />
r<strong>und</strong> 67,5 Mio. DM (brutto).<br />
Derzeit werden auf 6 Schienenstrecken<br />
32 Bahnhöfe <strong>und</strong> auf 105 Buslinien r<strong>und</strong><br />
1200 Bushaltestellen bedient.<br />
Entstehung des Verb<strong>und</strong>es DING<br />
Bereits Ende der 80er Jahre begannen<br />
Überlegungen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> <strong>Ulm</strong>/<strong>Neu</strong>-<strong>Ulm</strong><br />
einen <strong>Verkehrs</strong>verb<strong>und</strong> nach dem Muster<br />
der großen Verbünde zu gründen.<br />
Mitte 1992 wurde dann auf Initiative<br />
der 2 Landkreise <strong>und</strong> des Stadtkreises<br />
<strong>Ulm</strong> die Donau-Iller-Nahverkehrsplanungsgesellschaft<br />
(D. I.N.G.) gegründet.<br />
Ihr gehörten nahezu alle <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
mit Liniengenehmigungen <strong>im</strong><br />
Verb<strong>und</strong>raum als Gesellschafter an. Das<br />
von ihnen abgeordnete Personal sollte<br />
mit seinem Know-how helfen, einen<br />
<strong>Verkehrs</strong>- <strong>und</strong> Tarifverb<strong>und</strong> aufzubauen.<br />
Die laufenden Kosten hierzu trugen die<br />
kommunalen Gebietskörperschaften zu<br />
90 %. Mit dieser Vorläufer-GmbH waren<br />
bereits die Weichen zu einem „Mischverb<strong>und</strong>“<br />
aus <strong>Verkehrs</strong>unternehmen <strong>und</strong><br />
kommunalen Aufgabenträgern gestellt.<br />
Dennoch sollte es noch 5 Jahre dauern,<br />
bis der Verb<strong>und</strong> gegründet wurde. In dieser<br />
langen Zeitspanne wurde um die Verb<strong>und</strong>verträge<br />
sowie die Vorstellungen<br />
<strong>und</strong> Auswirkungen zum Verb<strong>und</strong>tarif gerungen.<br />
Dabei waren auch Vorbehalte<br />
des Freistaats Bayern gegen die Form<br />
eines Mischverb<strong>und</strong>es zu entkräften.<br />
Weitere Reibungsflächen bestanden in<br />
der Rechtsstellung der Unternehmen einerseits<br />
<strong>und</strong> den Ausgestaltungsbefugnissen<br />
der Gebietskörperschaften andererseits.<br />
Gleichzeitig führte die <strong>Neu</strong>fassung<br />
des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) als Folge der EG-VO 1893/91,<br />
die eine Ausschreibung gemeinwirtschaftlicher<br />
Verkehre vorsieht, zu einer<br />
starken Verunsicherung der <strong>Verkehrs</strong>unternehmer.<br />
Ein Verhandlungserfolg wurde erst möglich,<br />
als die unternehmerischen Rechte<br />
der verkehrlichen Ausgestaltung <strong>und</strong><br />
Tarifbildung <strong>im</strong> wesentlichen garantiert<br />
blieben <strong>und</strong> Eingriffsrechte der kommunalen<br />
Aufgabenträger mit dem Ausgleich<br />
wirtschaftlicher Nachteile gekoppelt<br />
wurden. Basis der Einigung war<br />
letztendlich die Unantastbarkeit eigenwirtschaftlicher<br />
Liniengenehmigungen.<br />
Die Annäherung kam allerdings erst auf<br />
Vermittlung eines <strong>Verkehrs</strong>wirtschaftlers<br />
mit langjähriger praktischer Erfahrung<br />
zustande. Die feierliche Unterzeichnung<br />
der Verb<strong>und</strong>verträge <strong>im</strong> Sitzungssaal<br />
des historischen Rathauses in <strong>Ulm</strong><br />
erfolgte dann am 26. Juni 1997.<br />
Verb<strong>und</strong>struktur DING<br />
Der DING ist ein Mischverb<strong>und</strong>, bei dem<br />
kommunale Gebietskörperschaften <strong>und</strong>
<strong>Verkehrs</strong>- <strong>und</strong> Tarifverb<strong>und</strong><br />
<strong>Verkehrs</strong>unternehmen je 50 % der Gesellschaftsanteile<br />
halten. Die Leistungen<br />
<strong>im</strong> Schienenpersonennahverkehr (SPNV)<br />
wurden über einen Kooperationsvertrag<br />
mit den Betreibern in den Verb<strong>und</strong> eingeb<strong>und</strong>en.<br />
Gesellschaftsanteile DING<br />
Die Geschäftspolitik des Verb<strong>und</strong>es wird<br />
<strong>im</strong> Aufsichtsrat beschlossen, dessen<br />
St<strong>im</strong>mrechte analog zu den Gesellschaftsanteilen<br />
verteilt sind. Darin sind<br />
die beiden B<strong>und</strong>esländer als Aufgabenträger<br />
für den SPNV vertreten, zur neutralen<br />
Beratung in Sachfragen wurde<br />
der <strong>Verkehrs</strong>wirtschaftler berufen, der<br />
schon in den Vertragsverhandlungen vermittelt<br />
hatte. Die Entscheidungen des<br />
Aufsichtsrats werden von drei Arbeitsgemeinschaften<br />
zu den Themen Tarif,<br />
Fahrgastinformation <strong>und</strong> Leistungsangebot<br />
vorbereitet, in denen Vertreter der<br />
„Arbeitsebene“ aller Gesellschafter vertreten<br />
sind.<br />
Die laufenden Geschäfte werden von<br />
einer Geschäftsstelle in <strong>Ulm</strong> mit 7 Mitar-<br />
Konsortium<br />
württemb. Verk.unternehmer<br />
6,25 %<br />
Stadtwerke<br />
<strong>Ulm</strong>/<strong>Neu</strong>-<strong>Ulm</strong><br />
16,66 %<br />
Regionalbus<br />
Augsburg<br />
6,25 %<br />
Abb. 1<br />
ZugBus RAB<br />
16,66 %<br />
beitern bewältigt. Die Geschäftsführung<br />
wurde Herrn Diplom-Ökonom Thomas<br />
Mügge übertragen, das Team wird ergänzt<br />
durch zwei <strong>Verkehrs</strong>planer, zwei<br />
Fachmänner für Marketing <strong>und</strong> Wirtschaftsfragen<br />
sowie einen Tarifspezialisten.<br />
Neben den klassischen Verb<strong>und</strong>aufgaben<br />
● Entwicklung <strong>und</strong> Fortschreibung des<br />
Verb<strong>und</strong>tarifs<br />
● Durchführung der Einnahmeaufteilung<br />
● Fahrgastinformation, Marketing <strong>und</strong><br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
wurde der Verb<strong>und</strong>gesellschaft die Zuständigkeit<br />
für die Rahmenplanung der<br />
Verb<strong>und</strong>verkehre (ohne Schienenverkehre)<br />
zugewiesen.<br />
Der „Drahtseilakt“ zwischen unternehmerischer<br />
Eigenständigkeit <strong>und</strong> Eingriffsrechten<br />
der Gebietskörperschaften<br />
wurde mit einem in anderen Verbünden<br />
nicht bekannten Ansatz gelöst. Dabei<br />
erstreckt sich die Besitzstandsgarantie<br />
durch die Gebietskörperschaften für das<br />
erste Verb<strong>und</strong>jahr 1998 auf die um 3 %<br />
erhöhten Alteinnahmen des Basisjahrs<br />
Konsortium bayer.<br />
Verk.-unternehmer<br />
4,17 %<br />
Alb-Donau-Kreis<br />
16,66 %<br />
Stadt <strong>Ulm</strong><br />
16,66 %<br />
Landkreis-<br />
<strong>Neu</strong>-<strong>Ulm</strong><br />
16,66 %<br />
THEMEN<br />
1997 (Tarifeinnahmen <strong>und</strong> gesetzliche<br />
Ausgleichsleistungen). Für die Folgejahre<br />
ab 1999 wird dieser Besitzstand nicht<br />
dynamisiert, sondern bei unverändertem<br />
Leistungsangebot auf dem nominalen<br />
Betrag für 1998 „eingefroren“. Erwartete<br />
Kostensteigerungen auf seiten der <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
sind deshalb durch<br />
erhöhte Zuweisungen aus dem Einnahmepool<br />
der Verb<strong>und</strong>gesellschaft DING<br />
zu erwirtschaften. Dafür wurde den <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
das Recht auf angemessene<br />
Tarifanpassungen eingeräumt,<br />
Abweichungen auf Wunsch der Gebietskörperschaften<br />
können nur zu deren finanziellen<br />
Lasten erfolgen. Diese Regelung<br />
bietet den kommunalen Aufgabenträgern<br />
<strong>im</strong> Gegenzug ein Instrument,<br />
mit Tarifanpassungen über den Vorschlag<br />
der <strong>Verkehrs</strong>unternehmer hinaus<br />
ihren Beitrag zur Alteinnahmegarantie<br />
zu senken oder Mehreinnahmen zur<br />
Finanzierung von Mehrverkehren zu initiieren.<br />
Verb<strong>und</strong>tarif DING<br />
Bei der Schaffung des Verb<strong>und</strong>tarifs galt<br />
es, 23 verschiedene Haustarife auf einem<br />
für den Fahrgast attraktiven Niveau zu<br />
vereinheitlichen. Gleichzeitig sollte dabei<br />
die dauerhafte Finanzierbarkeit sichergestellt<br />
werden.<br />
Bei den bisher vorhandenen großen<br />
Preisunterschieden war ein generelles<br />
Absenken auf das Preisniveau des günstigsten<br />
<strong>Verkehrs</strong>unternehmens mit zu<br />
hohen Folgekosten verb<strong>und</strong>en. Der gef<strong>und</strong>ene<br />
Kompromiß erbrachte jedoch<br />
für 77 % der Fahrgäste eine Verbilligung<br />
<strong>und</strong> für nur 13 % der Fahrgäste eine zumeist<br />
moderate Verteuerung ihres Fahrpreises.<br />
Die Fahrpreise für Monatskarten<br />
141
Landkreisnachrichten 38. Jahrgang<br />
Abb. 2: Verb<strong>und</strong>raum DING <strong>und</strong> <strong>Verkehrs</strong>infrastruktur<br />
(Schüler <strong>und</strong> Jedermann) konnten auf<br />
den zwanzig nachfragestärksten Verbindungen<br />
sogar ausnahmslos gehalten<br />
oder verbilligt werden. Darin kommt die<br />
Preisstrategie des Verb<strong>und</strong>es, Dauernutzer<br />
mit Zeitkarten stärker zu bevorzugen,<br />
deutlich zum Ausdruck.<br />
Anstelle der Mehrfahrtenkarten wurde<br />
eine wiederaufladbare Chipkarte eingeführt,<br />
die „DING-Card“. Sie kostet einmalig<br />
2,– DM <strong>und</strong> muß mit mindestens<br />
20,– DM aufgeladen werden. Damit<br />
können um 10 % rabattierte Einzelfahrscheine<br />
erworben werden. Im Gegenzug<br />
wird die Bahn-Card innerhalb des DING-<br />
Verb<strong>und</strong>es nicht anerkannt, da die Deutsche<br />
Bahn AG bisher nur ein unzureichendes<br />
Angebot vorgelegt hatte (Rabattierung<br />
nur 25 %, kein Ausgleich für<br />
Einnahmeverluste <strong>im</strong> Zeitkartenbereich<br />
u. a.).<br />
Aufgr<strong>und</strong> der monozentralen Siedlungsstruktur<br />
bot sich ein Ringzonentarif als<br />
geeignetes Tarifmodell an. Die Einteilung<br />
der Tarifzonen erfolgte mit dem<br />
Ziel der Tarifgerechtigkeit, wobei bestehende<br />
Fahrpreise, Gemeindegrenzen<br />
<strong>und</strong> Linienführungen mit berücksichtigt<br />
wurden.<br />
142<br />
Verbesserung des <strong>Verkehrs</strong>angebots<br />
<strong>im</strong> Verb<strong>und</strong>raum<br />
Bereits zum Verb<strong>und</strong>start wurden alle<br />
Bedienungsverbote aufgehoben. Damit<br />
haben bereits spürbare Angebotsverbesserungen<br />
ohne Leistungsausweitung<br />
stattgef<strong>und</strong>en.<br />
Bei Leistungsreduzierungen der <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
über 3 % vermindert<br />
sich deren Erlösanteil am Einnahmepool.<br />
Bei Leistungsmehrungen steht den <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
nur der festzustellende<br />
Einnahmezuwachs durch diese<br />
Maßnahme zu. Bei Leistungsausweitungen<br />
ohne entsprechende Einnahmesteigerungen<br />
– <strong>und</strong> das wird der Normalfall<br />
sein – wird demnach das Unternehmen<br />
den „Verursacher“ zur Kasse bitten.<br />
Der Alb-Donau-Kreis will <strong>und</strong> wird die<br />
<strong>Verkehrs</strong>unternehmer nicht aus ihrer<br />
Pflicht zum Angebot einer „ausreichenden<br />
<strong>Verkehrs</strong>bedienung“ entlassen. Der<br />
Nahverkehrsplan bildet dazu ein eher<br />
„stumpfes Schwert“; zudem ist auch die<br />
Genehmigungszuständigkeit mit Verb<strong>und</strong>gründung<br />
auf das Regierungspräsidium<br />
in Tübingen übergegangen. Angebotsverbesserungen<br />
sind demgemäß<br />
vordringlich über direkte Verhandlungen<br />
zu erreichen.<br />
Ein wesentlicher Ansatzpunkt zur kostenneutralen<br />
<strong>Verkehrs</strong>opt<strong>im</strong>ierung bildet<br />
dabei die Verpflichtung der <strong>Verkehrs</strong>unternehmer,<br />
parallele <strong>Verkehrs</strong>leistungen<br />
„auf Wunsch von DING (…) zu reduzieren,<br />
wenn es dafür auf seinen anderen<br />
in den Verb<strong>und</strong> einbezogenen Linien<br />
bzw. Linienabschnitten entsprechende<br />
Mehrleistungen kostenneutral erbringen<br />
kann“ (Zusammenarbeitsvertrag § 2<br />
(3)). Nachdem zum Fahrplanwechsel<br />
1998 <strong>und</strong> 1999 wesentliche Verbesserungen<br />
auf den Schienenstrecken Langenau<br />
– <strong>Ulm</strong>, M<strong>und</strong>erkingen – <strong>Ulm</strong> <strong>und</strong><br />
Biberach – <strong>Ulm</strong> auch durch erhebliche<br />
finanzielle Beiträge des Alb-Donau-Kreises<br />
erreicht werden konnten, erwartet<br />
der Landkreis nunmehr von DING <strong>und</strong><br />
den <strong>Verkehrs</strong>unternehmen, „echte“<br />
Schienenparallelverkehre vorrangig abzubauen<br />
<strong>und</strong> die so entstehende freiwerdende<br />
Fahrleistung an anderer Stelle des<br />
Verb<strong>und</strong>raumes zu erbringen. Dazu wurden<br />
<strong>und</strong> werden Projektgruppen zu den<br />
betroffenen Teilräumen bei DING gebildet,<br />
an denen auch kommunale Vertreter<br />
beteiligt sind.<br />
Finanzielle Folgen des DING für<br />
den Alb-Donau-Kreis<br />
Mit Abschluß der Verb<strong>und</strong>verträge hat<br />
sich der Alb-Donau-Kreis wie die anderen<br />
kommunalen Partner auch zum Ausgleich<br />
der verb<strong>und</strong>bedingten Belastungen<br />
verpflichtet. Dazu gehören<br />
● der Ausgleich der laufenden Tarifverluste<br />
durch Anwendung des Verb<strong>und</strong>tarifs<br />
(Harmonisierungs- <strong>und</strong> Durchtarifierungsverluste),<br />
● die Kosten der Verb<strong>und</strong>gesellschaft<br />
(Eigenaufwand),<br />
● die Kosten für vertraglich vereinbarte<br />
<strong>Verkehrs</strong>erhebungen auf der Schiene,<br />
● Kosten für verb<strong>und</strong>bedingte Erstinvestitionen<br />
bei den <strong>Verkehrs</strong>unternehmen,<br />
die durch Zuschüsse des Landes<br />
nicht ausgeglichen werden (Elektronische<br />
Fahrscheindrucker in den Bussen,
<strong>Verkehrs</strong>- <strong>und</strong> Tarifverb<strong>und</strong><br />
Fahrausweisautomaten an den Bahnhöfen,<br />
Informationsvitrinen, Mobile<br />
Terminals für das Prüfpersonal, Softwareanpassungen,<br />
Auslesestationen<br />
u. ä.).<br />
Gr<strong>und</strong>lage der Kostenaufteilung zwischen<br />
den Gebietskörperschaften bildet<br />
weitgehend das Standortprinzip, wonach<br />
ortsfeste Investitionen nach Gemarkungszugehörigkeit,<br />
Investitionen in<br />
den Bussen nach schwerpunktmäßigen<br />
<strong>Verkehrs</strong>gebiet des Unternehmers <strong>und</strong><br />
Tarifverluste zu je 50 % nach Quelle bzw.<br />
Ziel der verursachenden <strong>Verkehrs</strong>ströme<br />
zugeordnet wurden.<br />
Im ersten Verb<strong>und</strong>jahr 1998 stiegen die<br />
Fahrgastzahlen um + 1,3 % auf 34,7 Mio.<br />
an. Dieser Zuwachs übertrifft die Nachfrageerwartungen<br />
vor Verb<strong>und</strong>beginn<br />
(+ 1,0 %) <strong>und</strong> ist angesichts der verhaltenen<br />
Wirtschaftslage <strong>und</strong> der stagnierenden<br />
bis rückläufigen Fahrgastzahlen anderer<br />
Verbünde als großer Erfolg zu werten.<br />
Dabei ergaben sich die erwarteten<br />
Nachfrageveränderungen „weg vom Einzelfahrschein<br />
– hin zu den (günstigeren)<br />
Zeitkarten“.<br />
Der Fahrgastzuwachs, das niedrige Tarifniveau,<br />
der Wegfall des „zweiten Fahrscheins“<br />
<strong>und</strong> die Verlagerungen in der<br />
Fahrausweisnachfrage haben per Saldo<br />
zu (erwarteten) Harmonisierungs- <strong>und</strong><br />
Durchtarifierungsverlusten in Höhe von<br />
5,08 Mio. DM <strong>im</strong> Jahr 1998 geführt.<br />
Davon entfällt ein Anteil von 1,989 Mio.<br />
DM auf den Alb-Donau-Kreis.<br />
Zu diesen Tarifverlusten erhält der Landkreis<br />
Zuschüsse des Landes Baden-Württemberg<br />
in Höhe von 828 000,– DM.<br />
Diese werden jedoch – wie landesweit<br />
üblich – nur für die ersten drei Verb<strong>und</strong>jahre<br />
garantiert <strong>und</strong> <strong>im</strong> 4. bis 6. Verb<strong>und</strong>jahr<br />
stufenweise abgebaut. Darauf hat<br />
sich der Landkreis einzustellen.<br />
Für verb<strong>und</strong>bedingte Erstinvestitionen<br />
(z.B. Fahrscheindrucker in den Bussen,<br />
Fahrausweisautomaten an den Bahnhöfen)<br />
sind (nach Abzug der Landeszuschüsse)<br />
Zuschüsse des Landkreises in<br />
einer Gesamthöhe von zusammen r<strong>und</strong><br />
650 000,– DM in den Jahren 1998 <strong>und</strong><br />
1999 erforderlich. Der Geschäftsaufwand<br />
der DING belastet den Alb-Donau-Kreis<br />
mit weiteren 175 000,– DM jährlich.<br />
Die Einnahmeansprüche der Betreiber<br />
des SPNV sind – abweichend von denen<br />
der Verb<strong>und</strong>-<strong>Verkehrs</strong>unternehmer –<br />
an die Preisentwicklung des Bahntarifs<br />
(DPT) gekoppelt <strong>und</strong> damit dynamisiert.<br />
Bei einer Preisentwicklung des DPT über<br />
der des Verb<strong>und</strong>tarifs DING könnten<br />
somit weitere nicht kalkulierbare Zusatzkosten<br />
für den Alb-Donau-Kreis entstehen.<br />
Zusammenfassend beträgt die Verb<strong>und</strong>belastung<br />
(ohne Mehrverkehre) des Alb-<br />
Donau-Kreises in den Jahren 1998 <strong>und</strong><br />
1999 jeweils r<strong>und</strong> 1,7 Mio. DM, das entspricht<br />
Kosten von 9,30 DM je Kreiseinwohner.<br />
Gleichzeitig treten noch nicht<br />
quantifizierte Entlastungen <strong>im</strong> Bereich<br />
der Schülerbeförderung durch die Einführung<br />
preiswerter Schülermonatskarten<br />
in sechsstelliger Höhe ein.<br />
Ein <strong>Verkehrs</strong>- <strong>und</strong> Tarifverb<strong>und</strong> muß also<br />
nicht zwangsläufig teuer sein.<br />
Weiterentwicklung des Verb<strong>und</strong>es<br />
Die Weiterentwicklung des Verb<strong>und</strong>es<br />
erfolgt zunächst für bestehende Verb<strong>und</strong>verkehre.<br />
Wesentliche Ziele sind<br />
dabei die<br />
● nachfrageorientierte Angebotsverbesserung<br />
für Bereiche, in denen die<br />
Fahrgastpotentiale noch nicht ausgeschöpft<br />
sind,<br />
● Abst<strong>im</strong>mung der <strong>Verkehrs</strong>angebote<br />
untereinander, v. a. zwischen Bus <strong>und</strong><br />
Zug,<br />
● nutzerfre<strong>und</strong>liche Tariffortschreibung<br />
für verständliche <strong>und</strong> „gerechte“ Fahrpreise,<br />
● Verbesserung der Beförderungsqua-<br />
lität (z. B. Fahrzeugstandards),<br />
● umfassende Fahrgastinformation<br />
(kostenlose Abgabe von Fahrplanbüchern<br />
<strong>und</strong> Taschenfahrplänen, zentrale<br />
Fahrplanauskunft durch DING,<br />
einheitliche Aushangfahrpläne an den<br />
Haltestellen, Internetseiten etc.)<br />
Der Verb<strong>und</strong> steht aber auch einer Ent-<br />
wicklung nach außen offen, wie dies der<br />
Gesellschaftsvertrag festschreibt. Deshalb<br />
wurden bereits mit den zwei badenwürttembergischen<br />
Nachbarlandkreisen<br />
Heidenhe<strong>im</strong> <strong>und</strong> Biberach sowie dem<br />
bayrischen Landkreis Günzburg Gespräche<br />
über eine weitreichende tarifliche<br />
Kooperation geführt.<br />
Der Landkreis Biberach wird zum 1. Januar<br />
2000 einen kreisweiten Tarifverb<strong>und</strong><br />
starten, der die Organisations-<br />
<strong>und</strong> Tarifstruktur des DING-Verb<strong>und</strong>es<br />
nahezu unverändert übern<strong>im</strong>mt. Der<br />
Landkreis Biberach <strong>und</strong> die <strong>Verkehrs</strong>unternehmen<br />
dieses Biberacher Nahverkehrsverb<strong>und</strong>es<br />
BNV wollen nach einer<br />
Übergangsphase von ca. 2 Jahren dem<br />
DING als gleichwertige Mitglieder beitreten.<br />
Zusammenfassung <strong>und</strong> Fazit<br />
Die gemeinsame Verb<strong>und</strong>gründung mit<br />
<strong>Ulm</strong> <strong>und</strong> <strong>Neu</strong>-<strong>Ulm</strong> war richtig <strong>und</strong> zwingend.<br />
Die Schaffung von Verb<strong>und</strong>strukturen<br />
erleichterte die Weiterentwicklung<br />
des <strong>Verkehrs</strong>angebots aus einer Hand,<br />
das damit für den Fahrgast überschaubarer<br />
<strong>und</strong> durch den durchgängigen<br />
Verb<strong>und</strong>tarif auch attraktiver wird.<br />
Die Kosten für den Landkreis halten sich<br />
in einem angemessenen Rahmen <strong>und</strong><br />
können durch die spezielle Gestaltung<br />
der Verb<strong>und</strong>verträge auch korrigiert werden.<br />
Ziel aller Akteure – der kommunalen Aufgabenträger<br />
<strong>und</strong> der <strong>Verkehrs</strong>unternehmer<br />
– ist jetzt die nachfragegerechte<br />
Ausgestaltung der Verb<strong>und</strong>verkehre <strong>und</strong><br />
hierbei bildet der Verb<strong>und</strong> mit seinen Organen<br />
<strong>und</strong> Strukturen eine kooperative<br />
Basis.<br />
Dipl.-Geograf Florian Weixler ist <strong>Verkehrs</strong>planer<br />
be<strong>im</strong> Landratsamt Alb-Donau-Kreis<br />
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