Book of Abstracts. - Sound und Performance
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Viktoria Tkaczyk<br />
Freitag, 05.10.2012, 13.30-14.30<br />
H 24 (RW I)<br />
Akustisches Gedächtnis<br />
<strong>und</strong> Theater um 1900<br />
Bis ins 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde das menschliche Gedächtnis vor<br />
allem als ein Speicher von Bildern <strong>und</strong> visuellen Eindrücken<br />
verstanden – zurück geht dies unter anderem auf die europäische<br />
Rhetorikgeschichte <strong>und</strong> ihre lange Tradition der visuellen<br />
Gedächtniskunst (ars memorativa). In den 1880er Jahren entdeckte<br />
der französische Neurologe Jean-Martin Charcot jedoch<br />
das von ihm so genannte „akustische Gedächtnis“: Er stellte<br />
fest, dass Menschen auch akustische Informationen im Gedächtnis<br />
behalten, neu ordnen <strong>und</strong> wieder abrufen können <strong>und</strong><br />
untersuchte die Auswirkungen dieses Vermögens auf den Spracherwerb<br />
<strong>und</strong> -gebrauch. Von Charcots Studien beeinflusst,<br />
zirkulierte der Begriff des „akustischen Gedächtnisses“ in den<br />
folgenden Dekaden in physiologischen, psychologischen <strong>und</strong><br />
künstlerischen Diskursen – während medientechnologische<br />
Neuerfindungen wie Phonograph <strong>und</strong> Grammophon zeitgleich<br />
erstmals die Aufzeichnung <strong>und</strong> Reproduktion von Schallereignissen<br />
ermöglichten. Diese historische Koinzidenz gilt es im<br />
Vortrag genauer in den Blick zu nehmen. Gezeigt werden soll,<br />
wie sich Formen eines „akustischen Gedächtnisses“ auch verschiedentlich<br />
in die europäische Theatergeschichte <strong>und</strong> Theaterwissenschaft<br />
um 1900 eingeschrieben haben.<br />
Viktoria Tkaczyk ist Assistant Pr<strong>of</strong>essor <strong>of</strong> Arts and New Media<br />
an der University <strong>of</strong> Amsterdam <strong>und</strong> Dilthey Fellow am Max-<br />
Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Sie lehrt<br />
<strong>und</strong> forscht zu Themen am Schnittpunkt von Theater-, Medien<strong>und</strong><br />
Wissenschaftsgeschichte. Gegenwärtig ist sie mit dem Projekt<br />
„Akustisches Theater, 1750-1930“ befasst. Sie studierte<br />
Theaterwissenschaft, Neuere deutsche Literatur <strong>und</strong> Soziologie<br />
in München, Madrid <strong>und</strong> Berlin <strong>und</strong> promovierte 2007 im Rahmen<br />
des Graduiertenkollegs „Körper-Inszenierungen“ (FU Berlin).<br />
Von 2008 bis 2010 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
im Sonderforschungsbereich „Kulturen des Performativen“<br />
(Teilprojekt „Theatrum Scientiarum“, FU Berlin). Anschließend<br />
folgte ein Forschungsaufenthalt als Feodor Lynen Fellow am<br />
Atelier de Recherche sur l’Intermédialité et les Arts du Spectacle<br />
(CNRS, Paris). Ihre Dissertationsschrift Himmels-Falten.<br />
Zur Theatralität des Fliegens in der Frühen Neuzeit wurde 2008<br />
mit dem Ernst Reuter Preis <strong>und</strong> 2012 mit dem <strong>Book</strong> Award der<br />
Amsterdam School <strong>of</strong> Cultural Analysis ausgezeichnet.<br />
Veröffentlichungen (Auswahl): Resonanz. Potentiale einer akustischen<br />
Figur. Hrsg. mit Rebecca Wolf u. Karsten Lichau. München:<br />
Fink 2009; Himmels-Falten. Zur Theatralität des Fliegens<br />
in der frühen Neuzeit. München: Fink 2011; Von Vogelmenschen,<br />
Piloten <strong>und</strong> Schamanen. Kulturgeschichte <strong>und</strong> Technologien des<br />
Fliegens (mit Thomas Hauschild, Britta Heinrich u. Jörg Potthast),<br />
Dresden: Azur 2011; Theaterhistoriografie. Eine Einführung<br />
(mit Jan Lazardzig u. Matthias Warstat), Tübingen: Narr,<br />
Francke, Attempto 2012.<br />
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