Kontakt- und Beratungsstelle - Datt is irre

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

„Und es kam eine Zeit der Stille“, denn Stille und Ruhe sind sehr wichtig für mich, wenn es mir „schlecht“ geht. Meine Augen vibrieren, wenn ich versuche, sie zu schließen. Der Blick senkt sich. Ich kann dann niemandem in die Augen sehen, nicht mal mir selbst im Spiegel. So schließe ich das Fenster im Schlafzimmer, wenn es laut ist draußen. Wenn es mir sehr schlecht geht, stört mich sogar Vogelgezwitscher. Ich lege mich dann auf den Rücken, lege die Hände auf den Bauch, so dass möglichst wenig Spannung entsteht. Je länger ich es dann schaffe, meine Augen geschlossen zu halten, geht es mir auch bald besser. Ganz gravierend ist es, dass ich mich dann sehr beobachtet fühle. Dann habe ich „unsinnige“ Gedanken. Ich weiß es nicht genau, aber es könnten auch zum Teil „Zwangsgedanken“ sein. Eine Frau sagte mir mal: „Das sind keine Angstzustände“. Ich nenne das Problem so. Das Kind muss doch einen Namen haben. Ich weiß nicht, woher das kommt oder welchen Sinn es hat. Vielleicht schon in den Genen vererbt oder einfach erlernt. Ich weiß nicht, ob die Angst meiner Kindheit damit zu tun hat. Es gibt für mich nichts Schlimmeres, als diese Angstzustände. Nichts ist schwerer zu ertragen, vor allem, wenn ich unterwegs bin. Dann trage ich meine Seele aussen. Für alle sichtbar durch meine Augen. Ich will einfach nicht, dass man sehen kann, dass ich psychisch krank bin. Wenn es mir gut geht, sieht man das nicht. Es ist immer ein innerer Kampf, den ich austrage, wenn ich z.B. im Bus sitze mit den Angstzuständen. Ich versuche dann, nicht aufzufallen; niemandem in die Augen zu sehen. Es soll niemand meinen Angstblick sehen. Doch ist es noch nie passiert, dass mich jemand darauf angesprochen hätte. Doch ich weiß auch: Das geht vorüber. Es wird wieder besser. Das ist kein Dauerzustand. Das erleichtert mir die Sache. Ungefähr alle drei Tage habe ich die Angstzustände 18 DATT IS IRRE! Meine Angstzustände Norbert Schulz für so ca. 1 - 3 Stunden. Einmal hatte ich sie 10 Stunden. 10 Stunden die Hölle. Wenn ich nur die Psychose hätte, könnte ich durchaus ganz normal arbeiten gehen. Ich habe die Psychose das letzte Mal 1996 gehabt, also vor 14 Jahren. Doch die Angstzustände machen mich zum Frührentner. Ich bin dann wie ein „ganz fein gestimmtes Instrument“. Bei jedem Geräusch, vor allem bei lauten Geräuschen, vibrieren meine Augen. Ein Knall etwa explodiert in meinem Kopf. Übrigens weiß ich auch nicht, wovor ich Angst habe. Es ist eine „unbestimmte Angst“. Jetzt kommt etwas Licht ins Dunkel. Ich denke, ich habe etwas herausgefunden. Meine Mutter sagte früher oft: „Geh‘ jedem Streit aus dem Weg“ oder ganz entscheidend, wenn mich jemand angreift oder der „Chef“ mich rügt: „Mach‘ ne Faust in der Tasche und lächle oder lächle ihn an“. Das kann aber niemand. Außerdem sind da große Gegensätze in mir. Mein Vater: grob, hart, gewaltbereit, laut und oft böse. Meine Mutter: weich, gütig, unterlegen, leise und nur gut. Es sind auch viele Gegensätze, die in den Angstzuständen gegeneinander kämpfen - in mir. Zu mir und meinem Charakter: Ich bin erst einmal „gutmütig“, weich; kann aber auch sehr aggressiv und laut werden. Wenn ich dann rumschreie, bereue ich das später - das kommt nicht so häufi g vor, dass ich schreie. Ich bin aber auch sehr glücklich. Bin gläubig - das gibt mir sehr viel (auch Halt). Ich pfl ege meine Freundschaften, die mir sehr wichtig sind. Habe drei gute Freunde. Ich liebe meine Frau Andrea und bin ihr sehr dankbar. Ich bin meistens freundlich. Jemand sagte mal: „Du bist ein Strahlemann, ein Sonnenschein“. Ich lache viel, habe einen trockenen Humor - kann, wenn es mir gut geht, einen ganzen Saal unterhalten. Bin sehr humorvoll. Wenn es mir aber plötzlich schlechter geht, dann gehe ich in mich. Werde ganz ruhig, ruhig im Sinne von leise. Innerlich bin ich
dann ein Nervenbündel. Bin total unter Strom. Ich verkrampfe dann total. Dann wird alles bedrohlich. Ein Thema ist auch sehr schlimm für mich. Ich hatte gestern abend die Angstzustände und fuhr im Bus nach Hause. Da war eine Gruppe junger Leute, die sich gegenseitig attackierten. Einer sagte zum anderen: „Du bist ja schwul“. Ich bin nicht schwul, habe aber Angst, dass andere mich für schwul halten könnten. Ich habe dann nur noch aus dem Fenster des Busses gesehen - ging wie immer gut. Ich glaube an Gott und vor allem auch an „Schutzengel“. Meiner macht einen guten Job. Ich liebe das Leben. Bin sehr zufrieden mit meinem „Dasein“. Trotz der schweren Angstzustände möchte ich mit niemandem tauschen. Heute ist übrigens der 15.08.10. Die Zeit: 2.30 Uhr in der Nacht. Die Gedanken sprudeln nur so. Ich bin einfach nur am schreiben. Nach den Angstzuständen gestern Abend bin ich jetzt schon wieder fast zu gut drauf - fast „ma- Marcel Düvier nisch“. So muss sich jemand fühlen, der Kokain genommen hat. Doch ich brauche keine Drogen. Das ist ein absolutes „Hochgefühl“. Es geht mir oft so. Ich kann alles schaffen, alles erreichen. Das absolute Gegenteil sind die Angstzustände. Heute Nacht ist wieder so eine Nacht. Man könnte übertrieben sagen: Ich bin der König der Welt. Wer weiß schon, was morgen ist?. Ach übrigens: Wenn ich die Angstzustände habe und sich irgendwann ein Gefühl von „Müdigkeit“ einstellt, dann bin ich auf dem Weg der Besserung. So, es ist jetzt 2.50 Uhr. Ich gehe jetzt noch ein bisschen ins Bett. Ich muss wieder „runterkommen“. Noch etwas wäre zu erwähnen: Wenn man ein körperliches Leiden hat, tritt die Psychose etwas in den Hintergrund, wie mir ein Psychiater mal sagte. Als ich mal ein Bein gebrochen hatte, hatte ich sechs Wochen keine Angstzustände. Und als ich das erste Jahr mit meiner Frau zusammen war, hatte ich, so wie ich mich erinnern kann, ein Jahr keine Angstzustände. DATT IS IRRE! 19
Seite 1 und 2: Ausgabe 56 09/2012 DATT IS IRRE ! Z
Seite 3 und 4: Inhaltsverzeichnis Aus der Redaktio
Seite 5 und 6: Mehr Freude im Leben Guten Tag, ich
Seite 7 und 8: Hilfsschwester Anne... ...kam ins Z
Seite 9 und 10: Schakal-Chakralakabum etwas ausruhe
Seite 11 und 12: Todessehnsucht Und wieder gehe ich
Seite 13 und 14: Manchmal jage ich für Stunden taus
Seite 15 und 16: Gespräche mit ihm waren leichter z
Seite 17: Gestrandet in der Nacht... Nachts h
Seite 21 und 22: dagegen wendet sich das Böse. In e
Seite 23 und 24: Gespräche über das Kind Irgendetw
Seite 25 und 26: � Eure Meinung ist uns wichtig! -
Seite 27 und 28: Mein Beitrag: Förderabo DATT IS IR

Kontakt- und Beratungsstelle - Datt is irre

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?