Download PDF - Pastoral für Menschen mit Behinderung
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42 _ <strong>Behinderung</strong> & <strong>Pastoral</strong> / Aus Kirche und Gesellschaft<br />
„Der Aktionsplan soll vor allem ein Umdenken in Gang<br />
bringen“<br />
… oder was ich von Empowerment, der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
(Inklusion) und vom Reich Gottes <strong>für</strong> die Vision einer inklusiven Kirche lerne …<br />
Interview: Judit Nothdurft*<br />
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin <strong>für</strong> Arbeit<br />
und Soziales, hat die gehörlosen Teilnehmer auf einer<br />
Pressekonferenz Mitte letzten Jahres <strong>mit</strong> ihrer gebärdensprachlichen<br />
Begrüßung überrascht. Wie es dazu<br />
kam und was der nationale Aktionsplan <strong>für</strong> Gehörlose<br />
beinhaltet, erklärte sie im Interview.<br />
Frau Ministerin, Sie haben sich bei der Pressekonferenz<br />
am 15.06.11 sehr viel Mühe gegeben und die ersten<br />
Sätze perfekt gebärdet. Haben Sie schon vorher <strong>mit</strong> der<br />
Gebärdensprache zu tun gehabt oder war es ihr Debüt?<br />
Haben Sie lange geübt?<br />
Das war ein Sprung ins kalte Wasser, wenn auch <strong>mit</strong><br />
Vorbereitung. Und ohne die tolle Gebärdendolmetscherin<br />
hätte das auch sicher nicht so gut geklappt. Sie hat mir<br />
eine Woche vorher das erste Mal das gezeigt, was ich gebärden<br />
wollte. Und dann habe ich fleißig geübt.<br />
Sie haben den Startschuss zur Umsetzung des<br />
Aktionsplans der Behindertenrechtskonvention gegeben.<br />
Dieser Plan ist aber nur eine Empfehlung und keine<br />
Absichtserklärung. Ich habe selbst z.B. von Hotelbetreibern<br />
gehört, dass sie, solange es nicht gesetzlich vorgeschrieben<br />
wird, <strong>für</strong> Hörgeschädigte keine zusätzlichen<br />
Geräte (Wecker, Feuermelder <strong>mit</strong> Blitzlicht) anschaffen<br />
werden. Besteht hier nicht die Gefahr, dass von diesem<br />
Plan vieles weiterhin nicht umgesetzt wird?<br />
Der Aktionsplan soll vor allem ein Umdenken in<br />
Gang bringen. Das geht nicht von heute auf morgen und<br />
eine große Idee wie Inklusion kann man auch nicht per<br />
Gesetz verordnen. Die Gesellschaft muss <strong>mit</strong>ziehen.<br />
Öffentlicher Druck hilft dabei, dass auch Verbände,<br />
Institutionen und Unternehmen erst nachdenken und<br />
dann auch konkrete Initiativen ergreifen. Auch der Hotelund<br />
Gaststättenbereich ist gefragt.<br />
Der Aktionsplan beinhaltet 214 Maßnahmenpunkte.<br />
Welche davon bringen konkret <strong>für</strong> die Hörgeschädigten /<br />
Gehörlosen Erleichterungen?<br />
Wir haben im Aktionsplan bewusst nicht nach<br />
<strong>Behinderung</strong>en unterschieden. Es geht um Inklusion insgesamt.<br />
Maßnahmen, die sich auf hörgeschädigte und<br />
gehörlose <strong>Menschen</strong> richten, sind zum Beispiel neue<br />
Regeln <strong>für</strong> bessere Gebärdensprachangebote im Internet<br />
des Bundes; die Förderung von Kompetenzzentren <strong>für</strong><br />
Gehörlose im Alter; mehr untertitelte Sendungen im<br />
Fernsehen. Dazu gehört aber auch die Unterstützung des<br />
Deutschen Gehörlosenverbandes bei der Ausrichtung<br />
des Weltkongresses 2015; die Begleitung und Förderung<br />
der Avatarforschung <strong>mit</strong> einer Studie dazu, wie wir die automatische<br />
Schriftsprache in Gebärden übersetzen können.<br />
Sie sehen, da ist ein ganzes Bündel dabei.<br />
Der Besuch von weiterführenden Schulen, Universitäten<br />
oder die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen scheitert<br />
oft <strong>für</strong> Gehörlose. Die Gründe sind, dass nicht genügend<br />
Dolmetscher vorhanden sind und/oder niemand<br />
diese Kosten übernehmen will. Ist dies auch ein Thema<br />
<strong>für</strong> den Aktionsplan und welche bürokratischen Vereinfachungen<br />
sind vorgesehen?<br />
Leitbild des Artikels 24 der UN-Konvention ist das<br />
gemeinsame Lernen von Kindern und Jugendlichen <strong>mit</strong><br />
und ohne <strong>Behinderung</strong>en. Das bedeutet letztendlich<br />
deutlich weniger Förderschulen. Es bedeutet aber besonders,<br />
dass Schulen und Hochschulen barrierefrei sind<br />
und besonders geschulte Lehrkräfte, Betreuer und geeignete<br />
Lernmaterialien haben. Bereits jetzt können junge<br />
<strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>en über die Eingliederungshilfe<br />
beim Besuch einer Schule oder Hochschule<br />
unterstützt werden. Zum Beispiel durch Schulhelfer,<br />
Gebärdensprachdolmetscher oder technische Hilfen. Ziel<br />
muss es sein, <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>en eine umfassende<br />
Schul- und Hochschulbildung zu ermöglichen.<br />
Das ist eine Verpflichtung, die wir <strong>mit</strong> den Ländern und<br />
den Schulen und Hochschulen selber teilen. Dazu werden<br />
wir <strong>für</strong> 2013 zu einer Bildungskonferenz einladen.<br />
Hörgeschädigte und gehörlose <strong>Menschen</strong> finden<br />
nach wie vor viel zu wenig Fernsehsendungen, die untertitelt<br />
sind. Ein Kinobesuch ist absolut nicht möglich, da