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Literatur - Universalie und Kulturenspezifikum - Oapen

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b. Der Hof – Mittelpunkt des politischen <strong>und</strong> kulturellen Lebens<br />

Hebatallah Fathy (Kairo/Gießen)<br />

Im Anschluss an den Westfälischen Frieden 1648 setzt sich der Absolutismus als<br />

Regierungsform an den deutschen Höfen durch, geleitet von einem aus dem Krieg<br />

resultierenden Willen zur politisch-gesellschaftlichen Neuordnung <strong>und</strong> ihrer symbolischen<br />

Präsentation. Das mittelalterliche Ordoprinzip ist wieder aktuell <strong>und</strong><br />

setzt sich in allen Lebensbereichen durch. Gehorsam der Untertanen als oberstes<br />

Gebot gegenüber dem Herrscher als Vertreter Gottes auf Erden <strong>und</strong> als Garant<br />

für Ordnung <strong>und</strong> Recht ist auch in literarischer Form als Appell anzutreffen:<br />

Sey der Obrigkeit unterthan:<br />

Ein Christe sol ohn alles wiederstreben<br />

Gehorsam seyn der lieben Obrigkeit/<br />

Und alles thun was Gott durch sie gebeut/<br />

Auch ohn zwang/ was ihr gebüret geben.<br />

Der Obrigkeit sol man mit leib <strong>und</strong> seelen<br />

Mit gut <strong>und</strong> bluth’ im nothfall seyn bereit/<br />

Doch weiter nicht. Die seel’ ist allezeit<br />

Des der sie gab/ <strong>und</strong> keinem mehr daneben.<br />

Drumb rath’ ich dir/ daß du zuwiederstreben<br />

Nur unterlässt: es kostet dich dein leben/<br />

Sie führt das schwert <strong>und</strong> ist an Gottes statt:<br />

Gib ehr’ <strong>und</strong> forcht/ wem ehr’ <strong>und</strong> forcht gebüret/<br />

Doch sey die forcht mit lieb’ <strong>und</strong> gonst gezieret/<br />

Auß dessen forcht/ der sie geordnet hat.<br />

(Johannes Plavius, in Maché/Meid 1980:56)<br />

Der Hof wird nicht nur Mittelpunkt des politischen, sondern auch des kulturellen<br />

Lebens. Die im absolutistischen System verankerte prachtvolle Repräsentation der<br />

fürstlichen Macht hat erhebliche Konsequenzen für die zeitgenössische Auffassung<br />

der verschiedenen Künste. Martin Warnke stellt für die Kunstepoche zwischen<br />

1520 <strong>und</strong> 1750 fest, dass sie seismographisch genau auf die religiösen <strong>und</strong> politischen<br />

Katastrophen der beiden Jahrh<strong>und</strong>erte antworte (Warnke 1999:250). Für<br />

Baustil, Architektur <strong>und</strong> Innenausstattung von Regierungsresidenzen stellte sich<br />

dadurch die zentrale Aufgabe, Pracht <strong>und</strong> Prunk nach außen hin zu präsentieren.<br />

Im Streben nach Reichtum <strong>und</strong> Bewegtheit im Ausdruck zeigt sich eine Auflösung<br />

der klar gliedernden Kunst der Renaissance <strong>und</strong> eine Vorliebe zu schwingenden,<br />

konkaven <strong>und</strong> konvexen Formen, Kuppeln, Säulen <strong>und</strong> Fensterbekrönungen mit<br />

reichem ornamentalem Schmuck. 12 Geschwungene Formen <strong>und</strong> die Betonung von<br />

Bewegung, Kraft <strong>und</strong> Spannung sind typisch für die barocke Architektur. Wände<br />

<strong>und</strong> Decken sind mit Rocaille, mit aufwendiger <strong>und</strong> verzierter Stuckdekoration<br />

überzogen.<br />

12 Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Barock (Zugang 16.07.2009)

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