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Österreichische Notariatszeitung 12/2011 - Über die Notare

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ÖSTERREICHISCHE<br />

NOTARIATS<br />

ZEITUNG<br />

143.<br />

Aus dem Inhalt:<br />

<strong>12</strong> JAHRGANG<br />

<strong>2011</strong><br />

MONATSSCHRIFT FÜR NOTARIAT UND FREIWILLIGE GERICHTSBARKEIT<br />

Univ.-Prof. Dr. Bernhard Eccher<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich Seite 353<br />

UNTER STÄNDIGER WISSENSCHAFTLICHER MITARBEIT VON: NOTAR UNIV.-DOZ. MAG. DDR. LUDWIG BITTNER,<br />

HOLLABRUNN | EM.O. UNIV.-PROF. DR. DR.H.C. HANS HOYER, WIEN | O. UNIV.-PROF. DDR. WALDEMAR JUD, GRAZ |<br />

O.UNIV.-PROF. DDR. HANS GEORG RUPPE, GRAZ | EM.O. UNIV.-PROF. DR. DR.H.C. RUDOLF WELSER, WIEN | A.UNIV.-PROF.<br />

DR.WOLFGANGZANKL,WIEN<br />

NOTAR.AT


Inhalt<br />

Aufsatz<br />

Von Univ.-Prof. Dr. Bernhard Eccher:<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353<br />

Rechtsprechung<br />

Anbringen an den Gerichtskommissär per E-Mail –<br />

OGH 31. 5. <strong>2011</strong>, 10 Ob 28/11 g: §§ 10, 144 AußStrG; § 74 ZPO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363<br />

Frist des § 95 EheG gilt nur für <strong>die</strong> Zuweisung von Vermögensgegenständen, nicht für das Bemessen<br />

der Ausgleichszahlung; Kostenersatz im Außerstreitverfahren schließt Kostenteilung nach<br />

der „Quotenkompensation“ ein –<br />

OGH 31. 3. <strong>2011</strong>, 1 Ob 57/11 f: §§ 81 ff EheG; § 78 Abs 2 AußStrG; § 43 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365<br />

Mietshaus als Unternehmen? Keine Aufteilung nicht erzielter Erträge; kein unbegründetes Abweichen<br />

vom Bewahrungsgrundsatz –<br />

OGH 26. 5. <strong>2011</strong>, 5 Ob 211/10 a: §§ 81 ff EheG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368<br />

Einstweilige Sicherung des Wohnungserhaltungsanspruchs –<br />

OGH 28. 4. <strong>2011</strong>, 1 Ob 67/11 a: § 382 Abs 1 lit c, § 382 h EO; § 92 ABGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372<br />

Voraussetzungen der Umwidmung von Wohnungseigentumsobjekten –<br />

OGH 26. 5. 2001, 5 Ob 83/11 h: § 16 Abs 2 WEG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375<br />

Stimmabgabe durch Rechtsanwälte, <strong>die</strong> sich nur auf <strong>die</strong> erteilte Vollmacht berufen,<br />

in der Eigentümerversammlung wirkungslos –<br />

OGH 26. 5. <strong>2011</strong>, 5 Ob 5/11 p: § 30 Abs 2 ZPO; § 8 Abs 1 RAO; § 24 Abs 2 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377<br />

Einheitliche Streitgenossenschaft sämtlicher Miteigentümer bei Antrag auf Erhaltungsarbeiten<br />

an allgemeinen Teilen der Liegenschaft –<br />

OGH 29. 3. <strong>2011</strong>, 5 Ob 200/10 p: §§ 3, 6, 18 MRG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378<br />

Konkurseröffnung führt zur relativen Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des Gemeinschuldners –<br />

OGH 7. 4. <strong>2011</strong>, 2 Ob 160/10 h: § 3 KO (vor IRÄG 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380<br />

Automationsunterstützt geführte Entscheidungssammlung in Grundbuchssachen .................... 381<br />

Anmerkungen zur Entscheidungssammlung in Grundbuchssachen ................................ 383<br />

Standesnachrichten und Mitteilungen ....................................................... 383<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384<br />

Redakteur Dr. Markus Kaspar, redaktioneller Mitarbeiter Mag. Alexander Winkler.<br />

Herausgegeben von der ÖGIZIN GmbH.


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong> Bernhard Eccher,<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

NZ <strong>2011</strong>/118<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

Von Univ.-Prof. Dr. Bernhard Eccher, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck<br />

Bei Auflösung einer Ehe durch den Tod eines Ehegatten steht <strong>die</strong>sem (bzw seinem Nachlass) nicht – wie bei Ehescheidung<br />

– ein güterrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Die vorliegende Arbeit kommt unter Einbeziehung eines Rechtsvergleichs<br />

mit den Nachbarstaaten Österreichs und statistischer Daten über <strong>die</strong> Verteilung des in der Ehe erworbenen<br />

Vermögens zum Ergebnis, dass insofern tatsächlich eine Regelungslücke vorliegt, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Beratungen über <strong>die</strong> anstehende<br />

Erbrechtsreform einbezogen werden sollte. Vorgeschlagen wird <strong>die</strong> Einführung eines Aufteilungsverfahrens<br />

vor Erbrecht in der Weise, dass <strong>die</strong> – teilweise zu adaptierenden – Aufteilungsvorschriften der §§ 81 ff EheG in das Verlassenschaftsverfahren<br />

übernommen werden. Eine übermäßige Erhöhung des Verfahrensaufwands wird in Summe<br />

nicht befürchtet.<br />

Inhaltsübersicht:<br />

A. Problemstellung<br />

B. Fallbeispiele<br />

C. Argumentationsstand<br />

1. Pro-Stimmen<br />

2. Contra-Stimmen<br />

D. Rechtsvergleich<br />

1. Allgemein<br />

2. Deutschland<br />

3. Schweiz<br />

4. Liechtenstein<br />

5. Italien<br />

6. Slowenien<br />

7. Ungarn<br />

8. Slowakei<br />

9. Tschechien<br />

10. Resümee<br />

E. Rechtstatsächliche Aussagen<br />

1. Erwerbssituation<br />

2. Anzahl der zu erwartenden Ausgleichsverfahren<br />

F. Regelung für das ehegüterrechtliche Ausgleichsverfahren<br />

im Todesfall<br />

G. Konsequenzen der Einführung eines güterrechtlichen<br />

Ausgleichsanspruchs im Todesfall für das allgemeine<br />

Erbrecht<br />

H. Ergebnis<br />

A. Problemstellung<br />

Bei Auflösung einer Ehe 1 stehen dem Ehegatten in vermögensrechtlicher<br />

Sicht – abgesehen von Unterhaltsansprüchen<br />

– völlig unterschiedliche Ansprüche zu, je nachdem<br />

ob <strong>die</strong> Ehe durch den Tod eines Ehegatten oder aus<br />

einem anderen Grund, insb wegen Scheidung aufgelöst<br />

wird. Bei Ehescheidung (ebenso bei Aufhebung oder<br />

Nichtigerklärung der Ehe) steht den Ehegatten bekanntlich<br />

ein güterrechtlicher Anspruch auf Aufteilung des<br />

1 Dasselbe gilt sinngemäß für eine eingetragene Partnerschaft; vgl<br />

das EPG BGBl I 2009/135 (ab 1. 1. 2010).<br />

ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse<br />

gemäß den Bestimmungen der §§ 81 ff EheG<br />

zu. Bei Auflösung der Ehe durch Tod stehen dem überlebenden<br />

Ehegatten hingegen keine güterrechtlichen Ansprüche,<br />

sondern ausschließlich erbrechtliche Ansprüche<br />

zu (vgl §§ 757 ff, 762 ff 2 ). 3 Dies kann, wie <strong>die</strong> unten (B.)<br />

angeführten Fallbeispiele zeigen, vergleichsweise zu<br />

sehr verschiedenen Ergebnissen führen, vor allem können<br />

<strong>die</strong> erbrechtlichen Ansprüche durchaus hinter den<br />

güterrechtlichen Ausgleichsansprüchen zurückbleiben.<br />

Die einschlägigen Regelungen gehen in ihren Grundlinien<br />

auf <strong>die</strong> – in Teilschritten verwirklichte 4 – große Familienrechtsreform<br />

des 20. Jahrhunderts, insb auf das BG<br />

vom 15. 6. 1978 über Änderungen des Ehegattenerbrechts,<br />

des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts<br />

5 zurück.<br />

Diese – im Vergleich zu benachbarten Rechtsordnungen<br />

fast gänzlich singuläre (vgl D.) – österreichische Regelung<br />

ist schon während der Gesetzwerdung, aber auch in der<br />

Folge ausführlich und überwiegend kritisch kommentiert<br />

worden. Sie neuerlich zu hinterfragen muss bei einer anstehenden<br />

großen oder größeren Erbrechtsreform gerechtfertigt<br />

sein, umso mehr, als kritische Stimmen nicht<br />

verstummen, welche <strong>die</strong> zwischenzeitlichen gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen der aufgezeigten Diskrepanzen<br />

eher verstärken und eben rechtsvergleichende Beobachtungen<br />

eher in eine andere Richtung deuten. Zu Recht<br />

hat daher Rudolf Welser in seinem Gutachten für den<br />

17. ÖJT 2009 zur Reform des österreichischen Erbrechts<br />

<strong>die</strong> Frage angesprochen, er nimmt allerdings in seiner Argumentation<br />

(siehe C.1) einen zurückhaltenden Standpunkt<br />

ein. Am <strong>Österreichische</strong>n Juristentag 2009 selbst<br />

hat sich hingegen Susanne Ferrari in ihrem Vortrag<br />

grundsätzlich für <strong>die</strong> Einführung eines dem Erbrecht vorgelagerten<br />

güterrechtlichen Ausgleichs ausgesprochen. 6<br />

2 §§-Angaben ohne Hinweis beziehen sich auf das ABGB.<br />

3 Vgl aus der Rsp OGH 1 Ob 59/82 SZ 55/70.<br />

4 Vgl <strong>die</strong> <strong>Über</strong>sicht in RV 136 BlgNR 14. GP 6 ff.<br />

5 BGBl 1978/280.<br />

6 17. ÖJT 2009 Bd II/2 (2010) 70 ff.<br />

NOTAR.AT<br />

353


NOTAR.AT<br />

B. Fallbeispiele<br />

Auch wenn natürlich <strong>die</strong> konkreten Vermögensverhältnisse<br />

von Ehegatten individuell immer unterschiedlich<br />

sind, so können mE <strong>die</strong> angesprochenen unterschiedlichen<br />

vermögensrechtlichen Folgen von Erbrecht und<br />

Scheidungsrecht (A.) doch auch schematisch klar nachgewiesen<br />

werden. 7 Für <strong>die</strong> folgende Tabelle werden folgende<br />

Annahmen getroffen: Die Ehegatten A und B besitzen<br />

insg ein Vermögen von 900, davon je 300 als „eigenes“<br />

Vermögen, das auch im Fall einer Ehescheidung<br />

iSd § 82 EheG keiner Aufteilung unterliegen würde,<br />

und von 300 in Form ehelichen Gebrauchsvermögens<br />

und ehelicher Ersparnisse, das iSd §§ 81 ff EheG aufzuteilen<br />

wäre. Angenommen wird, dass beide Ehegatten<br />

gleichgewichtig zum Erwerb <strong>die</strong>ses Vermögens beigetragen<br />

haben und dass es auch unter Billigkeitserwägungen<br />

7 Vgl auch das Zahlenbeispiel von Ferrari, Die vermögensrechtliche<br />

Situation von Ehegatten, in Henrich/Schwab (Hrsg), Eheliche Gemeinschaft,<br />

Partnerschaft und Vermögen im europäischen Vergleich<br />

(1999) 191 ff, sowie im Vortrag („Die Reform des österreichischen<br />

Erbrechts“) 17. ÖJT 2009 Bd II/2 (2010) 72 ff.<br />

Tabelle 9<br />

je zur Hälfte aufzuteilen ist (§ 83 EheG), 8 dass <strong>die</strong>ses Vermögen<br />

aber auf Grund der alleinigen Erwerbstätigkeit<br />

des A während aufrechter Ehe im Alleineigentum des A<br />

stand.<br />

Angenommen wird weiters, dass der Ehegatte in der Erbfolge<br />

nach dem anderen jeweils mit zwei gemeinsamen<br />

oder auch nicht gemeinsamen Kindern des Verstorbenen<br />

zusammentrifft. Dabei bleibt der Fall erbvertraglicher<br />

oder testamentarischer Einsetzung des Ehegatten wegen<br />

der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten unberücksichtigt,<br />

sodass im Vergleich nur <strong>die</strong> gesetzliche Erbfolge<br />

und das Pflichtteilsrecht des überlebenden Ehegatten<br />

sowie auch der Fall des Ausfalls des Pflichtteilsanspruchs<br />

betrachtet werden.<br />

In einer Variante soll – bei im Übrigen gleichbleibenden<br />

Prämissen – angenommen werden, dass das eheliche<br />

Gebrauchsvermögen und <strong>die</strong> ehelichen Ersparnisse eigentumsmäßig<br />

mit einem Ausmaß von 180 dem A und<br />

von <strong>12</strong>0 der B zugeordnet wurden.<br />

GesErbf nach A: B erhält 200 + V (GesamtV B 500 + V; restl N A 400 – V)<br />

GesErbf nach B: A erhält 100 + V (GesamtV A 700 + V; restl N B 200 – V)<br />

PflT nach A: B erhält 100 inkl V (GesamtV B 400; N A abzgl PflT B 500)<br />

PflT nach B: A erhält 50 inkl V (GesamtV A 650; N B abzgl PflT A 250)<br />

AusfPflT von B: B erhält 0 (GesamtV B 300; N A 600)<br />

AusfPflT von A: A erhält 0 (GesamtV A 600; N B 300)<br />

Scheidung: A und B je 150 (GesamtV A und B je 450)<br />

Tabelle Variante<br />

Bernhard Eccher, NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

GesErbf nach A: B erhält 160 + V (GesamtV B 580 + V; restl N A 320 – V)<br />

GesErbf nach B: A erhält 140 + V (GesamtV A 620 + V; restl N B 280 – V)<br />

PflT nach A: B erhält 80 inkl V (GesamtV B 500; N A abzgl PflT B 400)<br />

PflT nach B: A erhält 70 inkl V (GesamtV A 550; N B abzgl PflT A 350)<br />

AusfPflT von B: B erhält 0 (GesamtV B 420; N A 480)<br />

AusfPflT von A: A erhält 0 (GesamtV A 480; N B 420)<br />

Scheidung: A und B je 150 (GesamtV A und B je 450)<br />

8 Dies ist auch der Regelfall in der Praxis, vgl Holzner, Ehevermögen<br />

bei Scheidung und bei Tod (1998) 98 FN 310.<br />

9 Für <strong>die</strong> Tabelle werden folgende Abkürzungen verwendet: GesErbf = Gesetzliche Erbfolge; PflT = Pflichtteil; N = Nachlass; V = Vermögen;<br />

AusfPflT = Ausfall des Pflichtteils (zB auf Grund von Erbunwürdigkeit, rechtmäßiger Enterbung, Verzicht usw); restl = restlich; abzgl = abzüglich;<br />

inkl = inklusive.<br />

354


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong> Bernhard Eccher,<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

Kommentar<br />

Die Tabelle zeigt, dass der überlebende Ehegatte, der zum ehelichen<br />

Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen beigetragen<br />

hat, ohne formell Allein- oder Miteigentümer geworden<br />

zu sein, in allen erbrechtlichen Varianten deutlich gegenüber<br />

dem anderen Ehegatten (genauer: gegenüber dessen<br />

Nachlass) benachteiligt ist. Dasselbe gilt für den Nachlass des<br />

verstorbenen beitragenden, aber eigentumslosen Ehegatten<br />

gegenüber dem überlebenden Ehegatten. In dem hier gewählten<br />

Zahlenbeispiel ist es sogar so, dass der B bzw dem Nachlass<br />

nach B in allen erbrechtlichen Varianten mit Ausnahme des Falls<br />

des gesetzlichen Erbrechts der B weniger als der scheidungsrechtliche<br />

Ausgleichsanspruch verbleibt. Die Besserstellung im<br />

Fall des gesetzlichen Erbrechts erscheint aber insofern unbefriedigend,<br />

weil sich in Wahrheit nur ein sehr geringer Mehrbetrag<br />

gegenüber dem Ausgleichsanspruch und somit nur eine geringe<br />

Partizipation in das materiell „eigene“ Vermögen des Erblassers<br />

ergibt.<br />

Die Erhöhung der Erbquote und <strong>die</strong> Schaffung eines<br />

Pflichtteilsrechts zugunsten des überlebenden Ehegatten<br />

durch das Reformgesetz des Jahres 1978, <strong>die</strong> vom<br />

Gesetzgeber zwar nicht ausdrücklich, aber doch billigend<br />

auch als Kompensierung des fehlenden güterrechtlichen<br />

Ausgleichs im Erbfall verstanden wurden 10 (siehe<br />

auch C.1), mindern zwar zugegebenermaßen den Nachteil<br />

des bloß beitragenden überlebenden Ehegatten gegenüber<br />

dem vorher geltenden Erbrecht ab, verbessern<br />

aber umgekehrt auch <strong>die</strong> vermögensrechtliche Position<br />

des Ehegatten bzw des Nachlasses jenes Ehegatten, dessen<br />

Beitrag zum ehelichen Gebrauchsvermögen und den<br />

ehelichen Ersparnissen sich eigentumsmäßig bereits<br />

überproportional niedergeschlagen hat.<br />

Variiert man das Fallbeispiel in der Richtung, dass B doch<br />

auch, wenn auch in geringerem Umfang, Eigentum am<br />

ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen<br />

erworben hat, so verringert sich konsequenterweise<br />

<strong>die</strong> Ungleichheitslage. Bei einem gleich hohen<br />

Eigentumsanteil der Ehegatten sind dann <strong>die</strong> vermögensrechtlichen<br />

Ergebnisse auch im Erbfall für A und B<br />

<strong>die</strong>selben.<br />

Die beschriebenen Umstände fallen umso mehr ins Gewicht,<br />

wenn man annimmt, dass mit dem überlebenden<br />

Ehegatten Nachkommen (bzw sonstige gesetzliche Erben)<br />

des verstorbenen Ehegatten konkurrieren, <strong>die</strong> nicht<br />

auch seine eigenen Nachkommen (bzw sonstige gesetzliche<br />

Erben) sind: Solche Nachkommen des bloß beitragenden<br />

Ehegatten finden einen relativ geringen Nachlass<br />

vor, wobei sie später am relativ größeren Nachlass<br />

des anderen – abgesehen von einer im Regelfall nur theoretisch<br />

denkbaren testamentarischen Erbeinsetzung –<br />

ausgeschlossen sind und insofern keinen Ausgleich erwarten<br />

können. Umgekehrt partizipieren <strong>die</strong> Nachkommen<br />

des überproportional formellen Eigentümers der<br />

10 Zum entstehungsgeschichtlichen Zusammenhang vgl Holzner,<br />

Ehevermögen 146 f bei FN 498 und 156 f; einen solchen jedenfalls<br />

annehmend Ofner, Ehegüterrechtlicher Ausgleich bei Tod eines<br />

Ehegatten, in Fischer-Czermak/Hopf/Kathrein/Schauer (Hrsg),<br />

Festschrift 200 Jahre ABGB (<strong>2011</strong>) 513.<br />

NOTAR.AT<br />

Aufteilungsmasse an <strong>die</strong>ser, ohne dass dem ein Nachteil<br />

beim Erbfall des anderen Ehegatten gegenübersteht.<br />

Es ist somit jenen Kritikern des Reformgesetzes 1978<br />

Recht zu geben, <strong>die</strong> eine sachliche Tragfähigkeit der Verbesserung<br />

der erbrechtlichen Stellung des überlebenden<br />

Ehegatten durch <strong>die</strong> Erbrechtsreform des Jahres 1978 als<br />

Ausgleich für den fehlenden güterrechtlichen Ausgleich<br />

im Erbfall verneinen (siehe C.2).<br />

Bezieht man in den Vermögensvergleich bei Erbfolge einerseits<br />

und Scheidung andererseits auch <strong>die</strong> Frage eines<br />

allfälligen schuldhaften Verhaltens eines Ehegatten<br />

gegenüber dem anderen ein, so zeigt sich, dass solche<br />

Verhaltensweisen im Erbrecht durch Verwirklichung der<br />

Tatbestände der Erbunwürdigkeit (§§ 540 ff) und der<br />

rechtmäßigen Enterbung (§§ 768 ff) – wenn auch nur<br />

bei schwerwiegenden Gründen – durchaus relevant sein<br />

und zum Entfall von Erb- und Pflichtteilsansprüchen führen<br />

können. Demgegenüber kommt dem Verschulden an<br />

der Scheidung im Rahmen der Aufteilung des ehelichen<br />

Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse<br />

nach §§ 81 EheG nur eine untergeordnete Bedeutung<br />

zu. Dies gilt, weil es in erster Linie auf einen Beitrag der<br />

Ehegatten zur Vermögensbildung ankommt, 11 vor allem<br />

in jenen Fällen, in denen sich das schuldhafte Verhalten<br />

unmittelbar negativ auf <strong>die</strong> Vermögensentwicklung ausgewirkt<br />

hat (zB bei Verschwendungssucht) <strong>12</strong> und eben<br />

in dem fehlenden oder geringeren Beitrag <strong>die</strong>ses Ehegatten<br />

zur Vermögensbildung seine eigenständige gesetzliche<br />

Grundlage findet. Es zeigt sich also, dass auch<br />

unter <strong>die</strong>sem Aspekt das Erbrecht den güterrechtlichen<br />

Ausgleich nicht ersetzen kann und ganz im Gegenteil einen<br />

Vermögensübergang dort mitunter verhindert, wo<br />

im Fall einer Ehescheidung noch ein Ausgleichsanspruch<br />

bestehen würde.<br />

Hingewiesen sei in <strong>die</strong>sem Zusammenhang noch auf den<br />

Sonderfall des § 759 Abs 2 EheG: Danach verliert bekanntlich<br />

der überlebende Ehegatte seine erbrechtlichen<br />

Ansprüche auch dann, wenn er vom Erblasser-Ehegatten<br />

zur Zeit seines Todes auf Scheidung (oder Aufhebung)<br />

geklagt worden ist und im Fall der Scheidung als schuldig<br />

anzusehen gewesen wäre. Da ein Ausgleichsanspruch<br />

nach §§ 81 ff EheG jedoch eine formelle Scheidung<br />

(bzw Aufhebung oder Nichtigerklärung) der Ehe voraussetzt<br />

(§ 81 Abs 1 EheG), <strong>die</strong> nach dem Tod eines Ehegatten,<br />

der schon <strong>die</strong> Auflösung der Ehe bewirkt, 13 nicht<br />

mehr möglich ist, verliert der überlebende, hypothetisch<br />

an der Scheidung schuldige Ehegatte auch seinen Aufteilungsanspruch.<br />

Dies hat zum Vorschlag einer analogen<br />

Anwendung der §§ 81 ff EheG in <strong>die</strong>sen Fällen geführt. 14<br />

11 Vgl etwa Holzner, Ehevermögen 96 ff.<br />

<strong>12</strong> Vgl Bernat in Schwimann, ABGB 3 § 83 EheG Rz 83.<br />

13 Vgl etwa Schwind, Familienrecht 3 (1984) 33; s auch § 460 Z 8 ZPO.<br />

14 Siehe insb Holzner, Ehevermögen (1998) 15 ff, 167 ff; folgend<br />

Welser in Rummel, ABGB 3 § 759 Rz 3 a; Apathy in KBB 3 § 759<br />

Rz 3; Scheuba in Kletečka/Schauer, ABGB ON § 759 Rz 3.<br />

355


NOTAR.AT<br />

Dabei haben gerade <strong>die</strong> aufgezeigten Unterschiede zwischen<br />

den erb- und scheidungsrechtlichen Vermögensfolgen<br />

der Eheauflösung zu einer durchaus nachvollziehbaren<br />

Modifikation der analogen Anwendung der<br />

§§ 81 ff EheG geführt, nämlich den Aufteilungsanspruch<br />

der Höhe nach mit den hypothetischen erbrechtlichen<br />

Ansprüchen zu begrenzen. 15<br />

C. Argumentationsstand<br />

1. Pro-Stimmen<br />

Die für <strong>die</strong> bestehende Lösung ins Treffen geführten Argumente<br />

beruhen noch immer fast ausschließlich auf den<br />

Ausführungen zur Regierungsvorlage des Reformgesetzes<br />

1978: 16 Der Gesetzgeber betont <strong>die</strong> Verschiedenheit<br />

der Sachverhalte, <strong>die</strong> sich bei Auflösung der Ehe durch<br />

den Tod einerseits und durch Scheidung andererseits ergeben.<br />

Im ersten Fall könne man von der Annahme ausgehen,<br />

dass das Verhältnis der Ehegatten zueinander unbelastet<br />

gewesen sei, sodass eine eingehende Untersuchung<br />

der Entwicklung der Vermögensverhältnisse vernachlässigt<br />

werden könne. In <strong>die</strong>sem Fall überwiege<br />

der Vorteil der einfachen und klaren Lösung des gesetzlichen<br />

Erbrechts und des Pflichtteilsanspruchs den Nachteil,<br />

dass sie den tatsächlichen Verhältnissen hinsichtlich<br />

der Vermögensentwicklung nicht immer angepasst ist.<br />

Bei einer selbst gewollten Auflösung der Ehe sei es hingegen<br />

ein Gebot der Gerechtigkeit, dass <strong>die</strong> näheren<br />

Umstände, insb der konkrete Beitrag der Ehegatten zur<br />

Vermögensentwicklung, beachtet werden. Dazu komme<br />

noch, dass <strong>die</strong> Ermittlung der Vermögensentwicklung<br />

dann leichter möglich sei, wenn <strong>die</strong> Ehegatten, wie bei<br />

der Scheidung, noch am Leben sind, während der Tod eines<br />

Ehegatten <strong>die</strong>s erschwere.<br />

Diese Argumente finden durchaus auch ihre Anhänger 17<br />

und werden mit zusätzlichen Erwägungen ergänzt, zB mit<br />

der angeblichen Bedeutung des scheidungsrechtlichen<br />

Güterausgleichs für das Wohlbestehenkönnen des benachteiligten<br />

Ehegatten nach der Scheidung, was im Erbfall<br />

so nicht der Fall sei. 18 Hervorgehoben wurde noch,<br />

dass ein dem Erbrecht vorgelagerter Güteraustausch<br />

uU dem überlebenden Ehegatten <strong>die</strong> Existenzgrundlage,<br />

etwa das in der Ehe geschaffene Wohnhaus, entziehen<br />

könnte. 19<br />

15 Siehe insb Holzner, Ehevermögen 167 ff.<br />

16 RV 136 BlgNR 14. GP 13.<br />

17 Vgl etwa <strong>die</strong> Wortmeldungen von Hopf und Umlauft in der Diskussion<br />

am 17. ÖJT 2009, abgedruckt in Bd II/2, 92 f.<br />

18 Hopf in der Diskussion am 17. ÖJT 2009, abgedruckt in Bd II/2,<br />

93.<br />

19 Umlauft in der Diskussion am 17. ÖJT 2009, abgedruckt in Bd II/2,<br />

93; vgl dagegen <strong>die</strong> Replik von Ferrari in der Diskussion am<br />

17. ÖJT 2009, abgedruckt in Bd II/2, 97, <strong>die</strong> hier eine Problemlösung<br />

durch Schaffung eines Wohnrechts bzw von Stundungsmöglichkeiten<br />

vorschlägt.<br />

356<br />

Bernhard Eccher, NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

Wie schon angesprochen (A.), hat Welser in seinem Gutachten<br />

20 zum 17. ÖJT 2009 das Thema aufgegriffen und<br />

in seiner Argumentation, vor allem gegenüber B. Jud, 21<br />

<strong>die</strong> Ansicht vertreten, dass das scheidungsrechtliche Aufteilungsverfahren<br />

einerseits und <strong>die</strong> Erbfolge andererseits<br />

zwei ganz verschiedene Aufteilungsordnungen<br />

sind, <strong>die</strong> sich nicht miteinander harmonisieren lassen.<br />

Insb sei <strong>die</strong> Erbfolgeordnung viel umfassender und<br />

schließe eine Vielzahl anderer Rechte ein – zB absolute<br />

Erbrechte, Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse, Bedingungen,<br />

Auflagen usw –, <strong>die</strong> insg das Wesen des Erbrechts<br />

ausmachen. Der Vorschlag der Einführung eines<br />

dem Erbrecht vorgelagerten Güterausgleichs sei daher<br />

noch gründlich zu überlegen.<br />

Rebhahn 22 findet <strong>die</strong> Regelung nur dann problematisch,<br />

wenn der Erblasser-Ehegatte ohne eigene Kinder verstirbt<br />

und seinen Nachlass weitgehend familienfremden<br />

Personen hinterlässt, während er <strong>die</strong> Regelung bei Konkurrenz<br />

des überlebenden Ehegatten mit Kindern billigt.<br />

2. Contra-Stimmen<br />

Qualitativ und quantitativ überwiegen aber von Anfang<br />

an <strong>die</strong> kritischen Äußerungen gegenüber der aktuellen<br />

österreichischen Regelung: So hat F. Bydlinski, der <strong>die</strong><br />

pauschale erbrechtliche Lösung des deutschen Zugewinnausgleichs<br />

(siehe D.2) scharf kritisiert hatte, 23 <strong>die</strong><br />

österreichische Lösung zwar insofern für weniger bedenklich<br />

befunden, als sie gar nicht ausdrücklich den Anspruch<br />

erhebt, den Güterausgleich bei Tod eines Ehegatten<br />

durch das Erbrecht zu verwirklichen, aber doch für<br />

schwer begreiflich gefunden, dass dem Ehegatten im<br />

Erbfall im Hinblick auf seinen Beitrag oder als Lastenausgleich<br />

keine Beteiligung am geschaffenen Vermögen zukommen<br />

soll. Er schlägt daher auch vor, dass zumindest<br />

dem überlebenden Ehegatten, wenn schon nicht den Erben<br />

des Verstorbenen, das Recht eingeräumt werden<br />

sollte, <strong>die</strong> güterrechtliche Aufteilung wie bei Scheidung<br />

zu verlangen. 24 Steininger führt noch zu den Entwürfen<br />

der Familienrechtsreform (siehe A. bei FN 4) aus, dass<br />

gerade in einer funktionierenden Ehe, also einer Ehe,<br />

<strong>die</strong> durch den Tod eines Partners aufgelöst wird, dem<br />

<strong>Über</strong>lebenden zumindest eben so viel zustehen sollte<br />

wie im Fall der Scheidung, und bedauert, dass der österreichische<br />

Gesetzgeber mit dem Reformgesetz 1978 genau<br />

<strong>die</strong>s nicht berücksichtigt hat. 25<br />

20 Die Reform des österreichischen Erbrechts, Bd II/1 (2009) 58 f.<br />

21 Vgl D.2.<br />

22 Familie und Gleichheitssatz, in Harrer/Zitta (Hrsg), Familie und<br />

Recht (1992) 153 f.<br />

23 Gutachten 1. ÖJT 1961 (1962) Bd II/1, <strong>12</strong>0 ff.<br />

24 Zur Neuordnung des Ehegüterrechts, in Strasser/Schwimann/<br />

Hoyer (Hrsg), Rechtsgeschichte – Rechtsvergleichung – Rechtspolitik,<br />

FS Schwind zum 65. Geburtstag (1978) 53 ff.<br />

25 Verfassungswidrigkeiten im Bereich der Familienreform, in Reformen<br />

des Rechts: FS zur 200-Jahr-Feier der Rechtswissenschaftlichen<br />

Fakultät der Universität Graz (1979) 466 f; vgl auch dens, Österreichs<br />

Familienrechtsreform unter besonderer Berücksichti-


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong> Bernhard Eccher,<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

Sehr kritisch äußert sich Rummler: 26 Er argumentiert vor<br />

allem mit der Feststellung, dass <strong>die</strong> Tatsache des rechtlichen<br />

Bestehens einer Ehe sehr wenig über ihren harmonischen<br />

Verlauf aussage und dass selbst bei harmonischem<br />

Verlauf eine Diskrepanz zwischen Leistung und Vermögensentwicklung<br />

nicht allgemein ausgeschlossen werden<br />

könne. Gerade im Hinblick auf den ehelichen Frieden<br />

könne es vorkommen, dass über formale Rechtslagen<br />

hinweggesehen werde. Rummler mutet es auch sonderbar<br />

an, wenn der überlebende Ehegatte mitansehen<br />

muss, wie womöglich ein familienfremder Dritter einen<br />

großen Teil des gemeinsam geschaffenen Vermögens<br />

auf erbrechtlichem Weg erhält. Es sei zwar zuzugeben,<br />

dass <strong>die</strong> Berücksichtigung des Vermögensbeitrags auch<br />

im Fall der Auflösung der Ehe durch Tod das Verfahren<br />

schwieriger gestaltet, doch dürfe <strong>die</strong>ser Gesichtspunkt<br />

nicht über Gerechtigkeitserwägungen gestellt werden.<br />

Auch Holzner, 27 der sich am ausführlichsten mit der Problematik<br />

beschäftigt hat, leugnet vehement den Schluss<br />

von der funktionierenden Ehe auf eine beitragskonforme<br />

Vermögensentwicklung. Auch <strong>die</strong>ser Autor betont, dass<br />

gerade in einer harmonischen Beziehung – besonders<br />

auch unter dem Gesichtspunkt der Mitbenutzungsrechte<br />

des Nichteigentümer-Ehegatten – <strong>die</strong> Eigentumsfrage<br />

oft als nebensächlich hingestellt wird. Dem entscheidenden<br />

Argument der Gesetzesmaterialien, nämlich der Einfachheit<br />

und geringere Gerichtsbelastung widmet Holzner<br />

breiten Raum und gelangt schlussendlich zur Aussage,<br />

dass eine geringen Gerichtsbelastung, an sich keinen<br />

Wert für eine bestimmte Lösung haben dürfe. Bei<br />

der Beobachtung, dass <strong>die</strong> Gerichtbelastung durch scheidungsrechtliche<br />

Aufteilungsverfahren im Hinblick auf den<br />

hohen Prozentsatz einverständlicher Ehescheidungen<br />

noch einmal deutlich vermindert wird, übersieht Holzner<br />

zu Recht nicht darauf hinzuweisen, dass <strong>die</strong> Streitanfälligkeit<br />

im Erbrecht häufig nur durch das geschickte Agieren<br />

der <strong>Notare</strong> in den Verlassenschaftsverfahren verhindert<br />

wird. 28 Aus den Ausführungen von Holzner geht nämlich<br />

auch hervor, dass <strong>die</strong> Prämisse „erbrechtliche Lösung =<br />

einfach; güterrechtlicher Ausgleich = schwierig” in <strong>die</strong>ser<br />

Absolutheit gar nicht stimmt und durchaus auch im Erbrecht<br />

Unsicherheiten und damit Rechtsstreitigkeiten auftreten<br />

können. Holzner erinnert zB daran, dass im Erbfall<br />

nicht immer ganz sicher ist, wo <strong>die</strong> Vermögensgrenze zwischen<br />

dem Verstorbenen und dem <strong>Über</strong>lebenden verläuft,<br />

was vor allem bei Wertanlagen Bedeutung hat. 29<br />

gung der vermögensrechtlichen Konsequenzen, in Ruppe (Hrsg),<br />

Handbuch der Familienverträge 2 (185) 27.<br />

26 Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen<br />

Ersparnisse (Diss Köln 1982) 38 ff.<br />

27 Ehevermögen, insb 149 ff.<br />

28 Ehevermögen 155 bei FN 525.<br />

29 Bei Liegenschaften ist wegen der Grundbuchseintragungen und<br />

bei körperlichen beweglichen Sachen wegen des Vorausvermächtnisses<br />

zugunsten des überlebenden Ehegatten (§ 758) <strong>die</strong><br />

Rechtslage tatsächlich entweder klar oder weniger praktisch relevant;<br />

vgl Holzner, Ehevermögen 159.<br />

Auch bereicherungsrechtliche Ansprüche wegen zweckverfehlender<br />

Leistungen während aufrechter Ehe sind<br />

seitens des überlebenden Ehegatten gegen den Nachlass<br />

des verstorbenen Ehegatten oder umgekehrt von<br />

den Erben des verstorbenen Ehegatten gegen den überlebenden<br />

nicht auszuschließen, während im Fall der<br />

Scheidung solche Ansprüche im Hinblick auf <strong>die</strong> Aufteilungsregeln<br />

regelmäßig überflüssig sind. 30 Im Übrigen<br />

führt Holzner zu Recht aus, dass auch nach einer Scheidung<br />

der ASt oder der Gegner im Ausgleichsverfahren<br />

schon verstorben sein könne (vgl § 96 EheG), wodurch<br />

genau <strong>die</strong> gleichen Beweisschwierigkeiten auftreten,<br />

wie sie stets beim Erbfall auftreten, wo das Aufteilungsverfahren<br />

notwendigerweise immer ein einseitiges sein<br />

muss.<br />

Kritisch äußerten sich auch Fenyves 31 , Hinteregger 32 ,<br />

Bernat 33 , Apathy 34 , Schauer 35 , B. Jud 36 und Ferrari 37 ,<br />

Letztere gerade im Hinblick auf <strong>die</strong> nunmehr anstehende<br />

Erbrechtsreform, und ganz zuletzt Ofner 38 .<br />

D. Rechtsvergleich<br />

1. Allgemein<br />

NOTAR.AT<br />

Wirft man einen Blick auf <strong>die</strong> Nachbarstaaten Österreichs,<br />

so kann man feststellen, dass für den Fall des Todes<br />

eines Ehegatten in jedem <strong>die</strong>ser Länder – mit Ausnahme<br />

Liechtensteins – neben den erbrechtlichen Regelungen<br />

auch ein güterrechtlicher Ausgleich vorgesehen<br />

ist. 39 Eine gewisse Ähnlichkeit mit der österreichischen<br />

Lösung weist lediglich <strong>die</strong> deutsche Regelung des<br />

§ 1371 BGB auf, uzw insofern, als anstelle eines konkret<br />

berechneten güterrechtlichen Ausgleichs im Fall der Auflösung<br />

des Güterstands durch den Tod eines der Ehegatten<br />

eine pauschale Erhöhung der Erbquote des <strong>Über</strong>lebenden<br />

vorgesehen ist (siehe D.2). Im Einzelnen ist <strong>die</strong> jeweilige<br />

Ausgestaltung des Güterausgleichs freilich unterschiedlich<br />

und hängt vor allem von der Entscheidung des<br />

Gesetzgebers für den gesetzlichen ehelichen Güterstands<br />

ab.<br />

30 Vgl Holzner, Ehevermögen 131 f.<br />

31 Ehegüterrechtliche Vereinbarungen aus zivilrechtlicher Sicht, in<br />

Ruppe (Hrsg), Handbuch der Familienverträge2 (1985) 753.<br />

32 Zuletzt in Familienrecht4 (2009) 85.<br />

33 In Schwimann, ABGB3 § 81 EheG Rz 6.<br />

34 In KBB3 § 757 Rz 1.<br />

35 Ist das Pflichtteilsrecht noch zeitgemäß? NZ 2001, 79.<br />

36 Reformbedarf im Erbrecht, in Fischer-Czermak/Hopf/Kathrein/<br />

Schauer (Hrsg), ABGB <strong>2011</strong> – Chancen und Möglichkeiten einer<br />

Zivilrechtsreform (2008) 257.<br />

37 Ferrari, Die vermögensrechtliche Situation von Ehegatten 191 ff,<br />

sowie sowie <strong>die</strong>s, Vortrag 17. ÖJT 2009 Bd II/2 (2010) 72 ff.<br />

38 Ehegüterrechtlicher Ausgleich. Diese Arbeit ist erst während der<br />

Drucklegung erschienen, stimmt jedoch mit den hier getroffenen<br />

Aussagen im Wesentlichen überein.<br />

39 So auch der Befund von Ferrari, Vortrag 17. ÖJT 2009 Bd II/2<br />

(2010) 77.<br />

357


NOTAR.AT<br />

2. Deutschland<br />

Das deutsche Recht sieht als gesetzlichen ehelichen Güterstand<br />

Gütertrennung während aufrechter Ehe (§ 1363<br />

BGB) und einen Ausgleich des Zugewinns 40 im Todesfall<br />

(§ 1371 BGB) und in anderen Fällen der Eheauflösung<br />

wie zB auch bei Ehescheidung vor (§§ 1372 ff BGB). Während<br />

im letzteren Fall der Zugewinn konkret berechnet<br />

wird, erhält der überlebende Ehegatte im Erbfall pauschal,<br />

also ohne dass es darauf ankommt, ob bzw in welcher<br />

Höhe <strong>die</strong> Ehegatten konkret einen Zugewinn erzielt<br />

haben, einen um ein Viertel der Erbschaft erhöhten gesetzlichen<br />

Erbteil (§ 1371 Abs 1, § 1931 BGB). Wird der<br />

Ehegatte nicht Erbe (auch in Folge von Erbausschlagung)<br />

oder (nur) Vermächtnisnehmer, kann er den Ausgleich<br />

wie bei Scheidung und den sog kleinen, dh den nach<br />

dem nicht erhöhten Erbteil berechneten, Pflichtteil verlangen.<br />

Der erhöhte Erbteil ist im Übrigen für den allfälligen<br />

Bedarf von solchen Abkömmlingen zweckgebunden,<br />

<strong>die</strong> nicht aus der Ehe des verstorbenen mit dem<br />

begünstigten Ehegatten stammen (§ 1371 Abs 2 bis 4<br />

BGB).<br />

Diese „erbrechtliche“ Lösung des Zugewinnausgleichs<br />

stößt auf vielfältige Kritik. 41 Sehr verbreitet ist <strong>die</strong> Forderung,<br />

dass <strong>die</strong> heutige güterrechtlich motivierte Erbteilserhöhung<br />

in eine echte vom Güterrecht völlig unabhängige<br />

Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten<br />

(also ½ neben Kindern, ¾ neben Verwandten der zweiten<br />

Ordnung und neben Großeltern; vgl § 1931 BGB) umgewandelt<br />

wird. 42 Umstritten ist aber <strong>die</strong> Frage, ob es bei<br />

<strong>die</strong>ser Entflechtung von Güterrecht und Erbrecht verbleiben<br />

soll, was dann im Grundsatz der österreichischen Lösung<br />

entspricht, oder ob zusätzlich zum Erbrecht ein vorgelagerter<br />

und konkret zu berechnender Zugewinnausgleich<br />

vorgesehen werden soll. Die Befürworter berufen<br />

sich vor allem auf <strong>die</strong> güterrechtliche Teilhabegerechtigkeit,<br />

43 während <strong>die</strong> Gegner vor allem auf Praktikabilitätserwägungen<br />

und vermindertes Konfliktpotential verwei-<br />

40 Zur Terminologie: Die Zugewinn- oder Errungenschaftsgemeinschaft<br />

stellt eine im Wesentlichen auf das in der Ehe erworbene<br />

Vermögen beschränkte Gütergemeinschaft, also ein Mittelding<br />

zwischen Gütertrennung und allgemeiner Gütergemeinschaft<br />

dar. Sie kann sofort dinglich – durch schlichtes Miteigentum oder<br />

Gesamthandeigentum – wirksam werden oder erst bei Auflösung<br />

der Ehe <strong>die</strong> Teilungspflicht auslösen.<br />

41 Vgl etwa Diederichsen, Teilhabegerechtigkeit in der Ehe, FamRZ<br />

1992, 1 ff; Leipold, Wandlungen in den Grundlagen des Erbrechts?<br />

AcP 180 (1980), 176 ff; s auch Koch in MünchKommBGB 5<br />

(2010) § 1371 Rz 1 ff.<br />

42 Vgl etwa Röthel, Ist unser Erbrecht noch zeitgemäß? Verhandlungen<br />

des 68. Deutschen Juristentages Berlin 2010 Bd I Gutachten<br />

Teil A (2010) A 52 ff; Krug, § 1371 I BGB – Ist <strong>die</strong> erbrechtliche<br />

Pauschallösung gerecht und zeitgemäß? – Ein Diskussionsbeitrag,<br />

FRP 2007, 164; Lange, Bedarf es einer Reform des gesetzlichen<br />

Erbrechts des Ehegatten und des eingetragenen Lebenspartners?<br />

DNotZ 2010, 749; aus Österreich zuletzt Ofner, Ehegüterrechtlicher<br />

Ausgleich 524 f.<br />

43 So Röthel, Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages Berlin<br />

2010 Bd I Gutachten Teil A (2010) A 54.<br />

358<br />

Bernhard Eccher, NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

sen. 44 Hingewiesen sei auf <strong>die</strong> Meinung von Lange 45 ,<br />

der dem überlebenden Ehegatten ausnahmsweise dann<br />

einen Zugewinnausgleich zubilligen will, wenn ihm der<br />

Erbteil entzogen wurde (§ 1938 BGB; Enterbung) oder<br />

wenn er den Erbteil ausschlägt.<br />

Im gegebenen Zusammenhang sollte noch auf das Abkommen<br />

vom 4. 2. 2010 über einen neuen deutsch-französischen<br />

Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft<br />

verwiesen werden, der nach Inkrafttreten des Abkommens<br />

in einem Ehevertrag von Ehegatten gewählt werden<br />

kann, deren Güterrecht sich nach dem deutschen,<br />

französischen oder dem Sachrecht eines weiteren künftigen<br />

Vertragsstaats richtet. 46 Auch wenn <strong>die</strong>ser Wahlgüterstand<br />

grundsätzlich dem gesetzlichen deutschen Güterstand<br />

der Zugewinngemeinschaft nahesteht, ist doch<br />

der hier interessante Unterschied festzuhalten, dass auch<br />

im Erbfall der Ausgleich konkret durchzuführen ist.<br />

3. Schweiz<br />

Das Schweizerische Ehe- und Erbrecht 47 sieht ganz klar<br />

einen dem Erbrecht vorgelagerten güterrechtlichen<br />

Ausgleich vor. Konkret unterscheidet das schwZGB<br />

(Art 196 ff ZGB) im Rahmen des gesetzlichen Güterstands<br />

der sog Errungenschaftsbeteiligung – bei Gütertrennung<br />

während der Ehe – zwischen dem Eigengut<br />

(im Wesentlichen voreheliches Vermögen, unentgeltlich<br />

erworbenes Vermögen, persönliche Gegenstände, Schadenersatzansprüche;<br />

Art 198 ZGB) und der Errungenschaft<br />

(im Wesentlichen Arbeitseinkommen, Sozialleistungen,<br />

Erträgnisse des Eigenguts, Ersatzanschaffungen;<br />

Art 197 ZGB) eines jeden Ehegatten. Nach Auflösung<br />

der Ehe, <strong>die</strong> auch durch den Tod eines Ehegatten eintritt<br />

(vgl Art 204, 215 ZGB), erhält zunächst jeder Ehegatte –<br />

bei besonderen Regeln für das Miteigentum – <strong>die</strong> in<br />

seinem Eigentum stehenden Gegenstände in seinen Besitz<br />

zurück und werden <strong>die</strong> gegenseitigen Schulden geregelt.<br />

Der Vorschlag jedes Ehegatten, das ist gem Art 210<br />

ZGB <strong>die</strong> Errungenschaft vermehrt um bestimmte Vermögenswerte<br />

sowie Ersatzforderungen und vermindert um<br />

<strong>die</strong> auf ihr lastenden Schulden (vgl Art 210 ZGB), steht<br />

sodann je zur Hälfte dem jeweils anderen Ehegatten<br />

bzw ihren Erben zu und wird allenfalls gegenseitig verrechnet<br />

(Art 215 ZGB). Das schwZGB schreibt somit ausdrücklich<br />

eine konkrete Berechnung der güterrechtlichen<br />

44 ZB Krug, FRP 2007, 169; Lange, DNotZ 2010, 758; Dieckmann<br />

49. DJT.<br />

45 Lange, DNotZ 2010, 759, unter Berufung auf Buchholz, MDR<br />

1990, 375, 378; Bühler, DNotZ 1975, 5, 13.<br />

46 Vgl dazu Jäger, Der neue deutsch-französiche Güterstand der<br />

Wahl-Zugewinngemeinschaft – Inhalt und seine ersten Folgen<br />

für <strong>die</strong> Gesetzgebung und Beratungspraxis, DNotZ 2010, 804.<br />

47 Vgl Hausheer (Hrsg), Vom alten zum neuen Eherecht (1986); Wolf/<br />

Seiner, Schweiz, in Süß/Ring (Hrsg), Eherecht in Europa (2006)<br />

1<strong>12</strong>5 ff, 1154 ff; Wolf/Genna , Zwanzig Jahre neues Ehegüterrecht<br />

– wo stehen wir? in Rumo-Jungo/Pichonaz (Hrsg), Scheidungsrecht<br />

– aktuelle Probleme und Reformbedarf (2008) 103 ff; aus Österreich<br />

zuletzt Ofner, Ehegüterrechtlicher Ausgleich 525 ff.


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong> Bernhard Eccher,<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

Ausgleichsforderung (Vorschlagsteilungsforderung) auch<br />

im Todesfall vor. Erst das dem verstorbenen Ehegatten<br />

nach güterrechtlicher Aufteilung zufallende Vermögen<br />

fällt in dessen Nachlass, woran der überlebende Ehegatte<br />

nach den einschlägigen Bestimmungen dann auch<br />

erbrechtlich beteiligt ist. Ein grundsätzlicher Reformbedarf<br />

– etwa wegen zu großer Aufwändigkeit einer<br />

quasi buchhalterischen Ausgleichsberechnung – wird ca<br />

20 Jahre nach dem Inkrafttreten des neuen Güterrechts<br />

nicht gesehen, vielmehr wird <strong>die</strong> Reform als insg gelungen<br />

angesehen, aber auch darauf verwiesen, dass <strong>die</strong> Regelung<br />

genügend Spielraum für praxistaugliche und<br />

durchsetzbare Lösungen lässt. 48<br />

4. Liechtenstein<br />

Die traditionelle Anlehnung Liechtensteins an das österreichische<br />

Privatrecht gilt auch für das Ehegüterrecht<br />

und das Erbrecht des Ehegatten: Durchaus vergleichbar<br />

mit §§ 81 ff ABGB ist der während der Ehe erzielte Vermögenszuwachs<br />

nur im Fall der Ehescheidung (und auch<br />

der Ungültigerklärung oder Trennung der Ehe) unter<br />

Ausklammerung des jeweiligen Eigenguts der Ehegatten<br />

49 aufzuteilen (Art 73 ff ltEheG). Bei Tod eines Ehegatten<br />

verbleibt es bei §§ 757 ff lt ABGB.<br />

5. Italien<br />

Das itZGB sieht als gesetzlichen ehelichen Güterstand<br />

<strong>die</strong> Gütergemeinschaft vor, <strong>die</strong> zum Teil eine unmittelbar<br />

dinglich wirkende Gemeinschaft darstellt (vgl Art 177<br />

lit a und d itZGB: Anschaffungen während der Ehe, gemeinsam<br />

geführte und nach der Eheschließung gegründete<br />

Unternehmen), zum Teil erst bei Auflösung der<br />

Ehe wirksam wird (vgl Art 177 lit b und c itZGB: Erträgnisse<br />

und Arbeitseinkommen; siehe auch Art 178 itZGB).<br />

Ausgenommen sind <strong>die</strong> persönlichen Sachen (Art 179<br />

itZGB: insb voreheliche Güter, Erbschaften und Schenkungen,<br />

Sachen des persönlichen Gebrauchs und der Berufsausübung,<br />

Schadenersatzansprüche). Nach Auflösung<br />

der Gütergemeinschaft, <strong>die</strong> auch durch den Tod eines<br />

der Ehegatten erfolgt, 50 sind <strong>die</strong> Aktiven und Passiven<br />

der Gütergemeinschaft grundsätzlich zu gleichen<br />

Teilen aufzuteilen (Art 194 itZGB). 51 Die Erbfolge in das<br />

ausschließlich dem verstorbenen Ehegatten zustehende<br />

48 So Wolf/Genna, Zwanzig Jahre neues Ehegüterrecht – wo stehen<br />

wir? 144 f.<br />

49 Die Regelung des Art 75 ltEheG entspricht im Wesentlichen § 82<br />

öEheG, wobei allerdings Unternehmen und Unternehmensanteile<br />

nur bei entsprechenden vertraglichen Regelungen zum Eigengut<br />

zählen (§ 89 a Abs 2 Z 1 b ltEheG).<br />

50 Dieser Fall ist zwar in der Aufzählung der Auflösungsgründe in<br />

Art 191 itZGB nicht ausdrücklich erwähnt, ist aber klarerweise zu<br />

den Fällen der Verschollenheitserklärung und der Todeserklärung<br />

hinzuzulesen; vgl auch übernächste FN.<br />

51 Vgl Christandl in Eccher/Schurr/Christandl, Handbuch Italienisches<br />

Zivilrecht (2009) Rz 5/111 ff.<br />

NOTAR.AT<br />

Vermögen setzt <strong>die</strong> vorherige Teilung der Gütergemeinschaft<br />

voraus. 52<br />

6. Slowenien<br />

Nach Art 51 ff slowenisches EheFamG 53 entsteht an<br />

dem Vermögen, das <strong>die</strong> Ehegatten durch Arbeit während<br />

der Ehe erwerben, gemeinschaftliches Vermögen.<br />

Wird <strong>die</strong> Ehe beendet, wozu auch der Fall des Todes<br />

zählt, wird das gemeinsame Vermögen aufgeteilt, wobei<br />

angenommen wird, dass <strong>die</strong> Anteile der Ehegatten<br />

gleich groß sind. Die Gegenstände, <strong>die</strong> dem Ehegatten<br />

zur Erzielung seines persönlichen Einkommens und zum<br />

persönlichen Gebrauch <strong>die</strong>nen, sind ihm auf Antrag unter<br />

Anrechnung auf seinen Auseinandersetzungsanteil<br />

zuzuweisen.<br />

7. Ungarn<br />

In Ungarn (§§ 27 ff FamG) 54 entsteht mit der Eheschließung<br />

auf <strong>die</strong> Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft<br />

eine eheliche Gütergemeinschaft an allen Gegenständen,<br />

<strong>die</strong> nicht zum Sondergut eines der Ehegatten gehören<br />

(insb bisheriges Vermögen, Erbschaften und Schenkungen,<br />

persönlich genutzte Gegenstände usw). Mit Beendigung<br />

der Ehe, <strong>die</strong> auch durch den Tod eines Ehegatten<br />

eintritt, endet <strong>die</strong> Gütergemeinschaft und jeder<br />

Ehegatte kann <strong>die</strong> Teilung verlangen, wobei keiner der<br />

Ehegatten zu einem billigen Vermögensvorteil gelangen<br />

soll.<br />

8. Slowakei<br />

Das slowakische Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 143 ff) 55<br />

sieht <strong>die</strong> Entstehung von Gesamthandeigentum an dem<br />

während der Ehe von einem oder beiden Ehegatten erworbenen<br />

Vermögen mit bestimmten Ausnahmen (insb<br />

Erbschaften, Schenkungen, Sachen des persönlichen Gebrauchs<br />

oder der Berufsausübung) vor. Dabei kann vertraglich<br />

<strong>die</strong> Entstehung des Gesamthandeigentums auch<br />

auf den Zeitpunkt der Beendigung der Ehe, wozu auch<br />

der Tod eines Ehegatten zählt, aufgeschoben werden.<br />

Daran schließt sich <strong>die</strong> Auseinandersetzung des Gesamthandeigentums<br />

durch Einigung der Parteien oder (auf<br />

Antrag) durch das Gericht, wobei davon ausgegangen<br />

wird, dass <strong>die</strong> Anteile gleich groß sind. Kommt es innerhalb<br />

dreier Jahre zu keiner Auseinandersetzung, ist bei<br />

beweglichen Sachen, soweit sie von einem Ehegatten<br />

ausschließlich genutzt werden, der faktische Zustand<br />

52 So Mastropaolo/Pitter in Cian/Oppo/Trabucchi (Hrsg), Commentario<br />

al diritto italiano della famiglia Bd III (1992) 297.<br />

53 Abgedruckt bei Zupančič/Novak in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales<br />

Ehe- und Kindschaftsrecht (2009) Slowenien 79 ff.<br />

54 Abgedruckt bei Jessel in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales<br />

Ehe- und Kindschaftsrecht (2004) Ungarn 46 ff.<br />

55 Abgedruckt bei Bohata in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales<br />

Ehe- und Kindschaftsrecht (2006) Slowakei 67 ff; vgl dazu<br />

Hrabovský, Slowakische Republik, in Süß/Ring (Hrsg), Eherecht<br />

in Europa (2006) 1184 f.<br />

359


NOTAR.AT<br />

maßgeblich, im Übrigen bleibt das Gesamthandeigentum<br />

bestehen. Das Erbrecht schließt an den sich jeweils<br />

daraus ergebenden Vermögenszustand an.<br />

9. Tschechien<br />

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Tschechischen<br />

Republik (§§ 143 ff) 56 bildet das von einem oder beiden<br />

Ehegatten während der Ehe erworbene Vermögen mit<br />

bestimmten Ausnahmen (insb Erbschaften, Schenkungen,<br />

Sachen des persönlichen Gebrauchs oder der Berufsausübung,<br />

dazugehörige oder unverhältnismäßige<br />

Verbindlichkeiten) ein gemeinsames Vermögen der Ehegatten<br />

(System einer Errungenschaftsgemeinschaft). Dieses<br />

gemeinsame Vermögen erlischt mit der Beendigung<br />

der Ehe, wobei es nicht darauf ankommt, ob <strong>die</strong> Ehe<br />

etwa durch Scheidung oder Tod beendet wird. Das vorher<br />

gemeinsame Vermögen ist nach den im Gesetz festgelegten<br />

Kriterien zu teilen, wobei davon ausgegangen<br />

wird, dass <strong>die</strong> Anteile der beiden Ehegatten gleich groß<br />

sind.<br />

10. Resümee<br />

Wenn wie aufgezeigt <strong>die</strong> meisten Nachbarstaaten Österreichs<br />

auch im Fall der Auflösung der Ehe durch den Tod<br />

eines Partners einen güterrechtlichen Ausgleich vorsehen,<br />

so liegt darin jedenfalls ein starkes Indiz für eine Aufforderung<br />

zur Hinterfragung der eigenen Regelung in<br />

den Ländern wie Österreich, wo ein solcher güterrechtlicher<br />

Ausgleich nicht vorgesehen wird. Die Ergebnisse<br />

des Rechtsvergleichs relativieren gleichzeitig das für <strong>die</strong><br />

österreichische Regelung angeführte Hauptargument,<br />

nämlich <strong>die</strong> Schwierigkeit und Komplexität der konkreten<br />

Berechnung des Ausgleichs im Todesfall.<br />

E. Rechtstatsächliche Aussagen<br />

Rechtstatsächliche Zustände und Entwicklungen können<br />

für rechtspolitische <strong>Über</strong>legungen auch in der hier untersuchten<br />

Frage Wesentliches beitragen. Vor allem zwei<br />

Zusammenhänge leuchten unmittelbar ein: Zeigte sich,<br />

dass in einem Großteil aller Fälle das für eine güterrechtliche<br />

Aufteilung infrage kommende Vermögen mehr<br />

oder weniger gleichteilig beiden Ehepartnern eigentumsmäßig<br />

zugehört, erscheint <strong>die</strong> Einführung eines<br />

Ausgleichsverfahrens vor Erbrecht überflüssig. Die oben<br />

(B.) angeführten Tabellen zeigen nämlich, dass <strong>die</strong> erbrechtlichen<br />

Vermögens- und Nachlassergebnisse sich immer<br />

mehr einander annähern, je ausgewogener der Eigentumsanteil<br />

am Ausgleichsvermögen ist. Je mehr <strong>die</strong><br />

Eigentumsbeteiligung an <strong>die</strong>sem Vermögen auseinan-<br />

56 Abgedruckt bei Bohata in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales<br />

Ehe- und Kindschaftsrecht (2009) Tschechische Republik 57 ff;<br />

vgl dazu Hrabovský, Tschechische Republik, in Süß/Ring (Hrsg),<br />

Eherecht in Europa (2006) <strong>12</strong>68 f.<br />

360<br />

Bernhard Eccher, NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

derklafft, umso dringender erscheint ein vorgelagertes<br />

Ausgleichverfahren. Ein zweiter rechtspolitischer Ansatzpunkt<br />

liegt in der hypothetisch zu erwartenden Anzahl<br />

von – neuen – erbrechtlichen Ausgleichsverfahren.<br />

Zeigte sich, dass ohnehin nur eine geringe Anzahl von<br />

Fällen zu erwarten ist, bei denen zur Ermittlung des erbrechtlich<br />

relevanten Vermögens vorher güterrechtlich<br />

auszugleichen wäre, so spricht <strong>die</strong>s va unter dem Aspekt<br />

der behaupteten Verkomplizierung der Verlassenschaftsverfahren<br />

für <strong>die</strong> Einführung eines solchen Ausgleichsverfahrens,<br />

weil der dann ohnehin in Summe relativ geringe<br />

Mehraufwand gegenüber dem Gerechtigkeitsargument<br />

jedenfalls zurückzutreten hätte.<br />

1. Erwerbssituation<br />

Anzunehmen ist, dass das für eine Ausgleichung infrage<br />

kommende Vermögen regelmäßig dann gleichmäßig<br />

auf beide Partner verteilt sein wird, wenn beide über<br />

<strong>die</strong> gesamte Dauer der Ehe ein vergleichbar hohes Erwerbseinkommen<br />

erzielt haben. Da traditionell <strong>die</strong> Ehefrau<br />

erwerbsmäßig hinter dem Ehemann zurückbleibt,<br />

ist festzustellen, wie sich <strong>die</strong> Erwerbsquote, <strong>die</strong> Erwerbsdauer<br />

und <strong>die</strong> Erwerbshöhe der Frau im Verhältnis zum<br />

Ehemann in Österreich darstellt bzw entwickelt. Wie sich<br />

aus dem Frauenbericht 2010 57 ergibt und wie auch nicht<br />

anders zu erwarten ist, sinkt <strong>die</strong> Einbindung von Frauen<br />

ins Erwerbsleben vor allem bei Vorhandensein von Kindern,<br />

und zwar besonders dann, wenn sie in aufrechter<br />

Ehe oder Partnerschaft leben. Während statistisch <strong>die</strong><br />

Erwerbsquote von Frauen mit einem Kind noch leicht<br />

ansteigt, sinkt sie dann deutlich bei Vorhandensein von<br />

zwei Kindern und besonders stark bei Vorhandensein<br />

von mehreren Kindern. Dies ist auch neben dem früheren<br />

Eintritt in den Ruhestand einer der maßgeblichen<br />

Gründe dafür, dass <strong>die</strong> Erwerbsquote der Frauen trotz<br />

einer Aufwärtsbewegung in den letzten Jahren nach<br />

wie vor deutlich geringer als jene der Männer ist. So<br />

lag <strong>die</strong>se für das Jahr 2010 bei den weiblichen Erwerbspersonen<br />

zwischen 15 und 64 Jahren bei 69,3%, während<br />

jene der Männer in derselben Altersklasse 80,9%<br />

betrug. 58<br />

Darüber hinaus sind bekanntlich gerade in Österreich <strong>die</strong><br />

Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen<br />

nach wie vor sehr deutlich. So war das durchschnittliche<br />

Bruttojahreseinkommen unselbständiger Frauen im Jahr<br />

2009 um insg 40% geringer als jenes der Männer, und immer<br />

noch um 19% geringer, wenn man <strong>die</strong> Zahl um Teilzeitbeschäftigungen<br />

oder bloß saisonale Beschäftigungen<br />

bereinigt, wobei es für <strong>die</strong> vorliegende Problematik<br />

ja gar nicht entscheidend ist, dass sich <strong>die</strong>ses Gefälle<br />

57 Bericht betreffend <strong>die</strong> Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum<br />

1998 bis 2008 (III-174 BlgNR 24. GP) Teil II 469 ff.<br />

58 Statistik Austria – Bevölkerung nach Erwerbsstatus (Labor-Force-<br />

Konzept) seit 2000.


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong> Bernhard Eccher,<br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

teilweise aus Unterschieden im Beschäftigungsausmaß<br />

erklärt. 59<br />

Es zeigt sich somit ganz klar, dass <strong>die</strong> durchschnittliche<br />

Lebensver<strong>die</strong>nstsumme von Frauen deutlich hinter jener<br />

von Männern zurückbleibt. Schon aus <strong>die</strong>ser Sichtweise<br />

könnte man rechtspolitisch einem Verzicht auf einen güterrechtlichen<br />

Ausgleich vor Erbrecht nicht das Wort reden.<br />

Dazu kommt ja noch, dass im individuellen Fall <strong>die</strong><br />

unterschiedliche Erwerbssituation der Ehepartner noch<br />

viel weiter reicht, weil <strong>die</strong> konkrete Ehe ja nicht zwischen<br />

Personen mit einer statistisch durchschnittlichen Erwerbssituation<br />

geschlossen wird und natürlich beispielweise<br />

gut ver<strong>die</strong>nende Männer mit schlechter ver<strong>die</strong>nenden<br />

Frauen und umgekehrt verheiratet sein können. Da<br />

sich <strong>die</strong> Frage eines güterrechtlichen Ausgleichs immer<br />

in Bezug auf eine konkrete Ehe stellt, verstärkt sich durch<br />

<strong>die</strong> individuellen Besonderheiten also noch <strong>die</strong> Forderung<br />

nach einem solchen Vermögensausgleich.<br />

2. Anzahl der zu erwartenden<br />

Ausgleichsverfahren<br />

In Bezug auf <strong>die</strong> hypothetisch zu erwartende Anzahl von<br />

Ausgleichsverfahren im Todesfall geht man am besten<br />

von der Zahl der Verlassenschaftsverfahren überhaupt<br />

aus. Die Statistik 60 weist hier ziemlich konstant ungefähr<br />

80.000 Verfahren pro Jahr aus. Davon endeten im Jahr<br />

2009 nach Ausklammerung der Fälle, in denen es zu keinem<br />

Hauptverfahren kam (Unterbleiben mangels ausreichendem<br />

Vermögen, <strong>Über</strong>lassung an Zahlungs statt,<br />

sonstige Erledigungen), nur ungefähr 36.000 mit einer<br />

Einantwortung. Da anzunehmen ist, dass Ausgleichsverfahren<br />

praktisch nur dann in Frage kommen, wenn auch<br />

ein für ein Verlassenschaftsverfahren ausreichendes Vermögen<br />

vorhanden ist, kann man davon ausgehen, dass<br />

nur ca 45% der in Frage kommenden Todesfälle relevant<br />

wären. Davon sind wiederum nur <strong>die</strong> Todesfälle bei verheirateten<br />

Personen 61 zu berechnen. Hier stehen nun<br />

im Jahr 2005 75.986 Todesfällen 62 insg 28.109 Todesfälle<br />

verheirateter Personen (also in etwa 35%) gegenüber.<br />

Sowohl <strong>die</strong> absolute Zahl der Todesfälle verheirateter<br />

Personen als auch der Prozentsatz gegenüber den<br />

Todesfällen unverheirateter Personen ist auf Grund verschiedener<br />

Faktoren (höhere Lebenserwartung, geringere<br />

Anzahl der Eheschließungen, höhere Scheidungsrate)<br />

im Sinken begriffen. 63<br />

Wenn man also von ca 36.000 Verlassenschaftsverfahren<br />

mit einem ausreichenden Vermögen ausgeht und davon<br />

59 Statistik Austria – Einkommen, Entwicklung der mittleren Bruttojahreseinkommen<br />

nach Geschlecht 1999 bis 2009.<br />

60 Bürgerservice Justizministerium.<br />

61 Siehe FN 1.<br />

62 Demografisches Jahrbuch, Hrsg Statistik Austria, 2010, 213.<br />

63 Vgl Demografisches Jahrbuch, Hrsg Statistik Austria, 2010, 213:<br />

Todesfälle von Männern und Frauen im Jahr 1975 noch insg<br />

96.041, davon von verheirateten Personen 39.522, das sind mehr<br />

als 40%.<br />

NOTAR.AT<br />

35% für Todesfälle verheirateter Erblasser herausrechnet,<br />

ergibt <strong>die</strong>s eine Gesamtzahl von ca <strong>12</strong>.600 Fällen. Auf jedes<br />

der ca 500 Notariate in Österreich 64 fielen somit<br />

durchschnittlich etwa 25 solcher Verfahren pro Jahr. Wenn<br />

man berücksichtigt, dass nach dem hier gemachten Vorschlag<br />

solche Verfahren nur auf Antrag des überlebenden<br />

Ehegatten oder der Erben des verstorbenen Ehegatten<br />

durchgeführt werden sollen und weiters, dass wohl in vielen<br />

Fällen der gewünschte Ausgleich einvernehmlich erfolgen<br />

kann (siehe F.), so ist <strong>die</strong> Mehrbelastung mE nicht<br />

übermäßig, jedenfalls nicht so exorbitant, dass man eine<br />

für gerecht erkannte Regelung mit dem Argument der<br />

Unpraktikabilität in der Praxis verweigern könnte.<br />

F. Regelung für das ehegüterrechtliche<br />

Ausgleichverfahren im Todesfall<br />

Der güterrechtliche Ausgleich im Todesfall wäre dem<br />

Erbrecht vorgelagert, dh, zur Bildung des Verlassenschaftsvermögens<br />

müsste das Vermögen des Erblassers/der<br />

Erblasserin in einem ersten Schritt um einen allfälligen<br />

Ausgleichsanspruch des verstorbenen Ehegatten<br />

vermehrt oder um eine allfällige Ausgleichsschuld gegenüber<br />

dem überlebenden Ehegatten vermindert werden.<br />

Für alle erbrechtlichen Ansprüche, aber auch alle<br />

sonstigen Rechtsverhältnisse, <strong>die</strong> sich auf das Verlassenschaftsvermögen<br />

beziehen (zB Nachlasspflichtteil, Kürzung<br />

der Vermächtnisse usw 65 ), wäre <strong>die</strong>ses so gebildete<br />

Vermögen maßgeblich.<br />

Was <strong>die</strong> Regelung des Ausgleichsverfahrens betrifft, so<br />

liegt es zunächst auf der Hand, dass bei der gewünschten<br />

Einführung eines ehegüterrechtlichen Ausgleichsanspruchs<br />

auch im Todesfall eines Ehegatten möglichst<br />

vom bereits vorhandenen Regelungsbestand in Österreich<br />

auszugehen ist, dh also, dass <strong>die</strong> Regelungen der<br />

§§ 81 ff EheG grundsätzlich auch für den Todesfall eines<br />

Ehegatten anwendbar gemacht werden müssten. Ehegüterrechtlicher<br />

Ausgleich im Todesfall sollte daher ebenso<br />

Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der<br />

ehelichen Ersparnisse bedeuten. Gleichzeitig wäre damit<br />

der für das österreichische Aufteilungsverfahren typische<br />

64 Exakt sind es derzeit 492, wie sich aus den Zahlen der Homepages<br />

der einzelnen Notariatskammern Österreichs ergibt.<br />

65 Was <strong>die</strong> – etwa durch eine bedingte Erbantrittserklärung herbeigeführte<br />

(§ 802) – beschränkte Schuldenhaftung betrifft, so ist natürlich<br />

einzuräumen, dass <strong>die</strong> Ergebnisse eines Aufteilungsverfahrens<br />

zu einer Veränderung des Haftungsfonds für <strong>die</strong> Gläubiger<br />

allgemein (zu Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern<br />

im Besonderen s unten G.) führen können, doch läge <strong>die</strong>s mE<br />

ebenso wie das bereits bestehende scheidungsrechtliche Aufteilungsverfahren<br />

im einzukalkulierenden Risiko der Gläubiger, <strong>die</strong><br />

sich daher wohl verstärkt für eine Mithaftung des anderen Ehegatten<br />

bemühen würden. Weiters ergäbe sich aus den grundsätzlich<br />

auch für das erbrechtliche Aufteilungsverfahren beizubehaltenden<br />

§ 81 Abs 1 und § 83 Abs 1 EheG tw auch eine Aufteilung<br />

der Schulden selbst; vgl auch hiezu bereits Holzner, Ehevermögen<br />

195 ff.<br />

361


NOTAR.AT<br />

primäre Grundsatz der Aufteilung nach Billigkeit (§ 83<br />

EheG) verankert, was allerdings in der Praxis eine regelmäßige<br />

Hälfteaufteilung nicht hindert. 66 , 67<br />

Da es in Österreich bereits ein zwingendes Verlassenschaftsverfahren<br />

gibt (§§ 143 ff AußStrG), bietet sich natürlich<br />

weiters an, auch das güterrechtliche Ausgleichverfahren<br />

im Todesfall in <strong>die</strong>ses Verfahren einzubauen. Damit<br />

sind mit Blick auf <strong>die</strong> Häufigkeit einvernehmlicher Ausgleichsregelungen<br />

im Zuge einvernehmlicher Scheidungen<br />

nach § 55 a EheG auch beim Ausgleich im Todesfall<br />

einvernehmliche Lösungen gerade durch <strong>die</strong> Mitwirkung<br />

des Notars (vgl § 160 AußStrG) wünschenswert und auch<br />

zu erwarten, wie <strong>die</strong> tatsächliche Häufigkeit des Erbübereinkommens<br />

innerhalb des Verlassenschaftsverfahrens<br />

zeigt. Insofern besteht ein Gleichklang mit den formlos<br />

möglichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit einem<br />

Scheidungs-, Aufhebungs- oder Nichtigkeitsverfahren<br />

bzw den allerdings zumindest schriftlich zu treffenden<br />

Vereinbarungen nach § 55 a EheG. In eine einvernehmliche<br />

Aufteilungsregelung müssten nach der richtigen Ansicht<br />

Holzners 68 aber jedenfalls auch <strong>die</strong> Pflichtteilsberechtigten<br />

einbezogen werden, weil von der konkreten<br />

Aufteilung <strong>die</strong> Höhe des Nachlasswerts und damit auch<br />

<strong>die</strong> Berechnungsgrundlage der Pflichtteile abhängt. Es<br />

kann tatsächlich nicht angehen, dass etwa durch eine<br />

überhöhte Vermögenszuweisung an den überlebenden<br />

Ehegatten <strong>die</strong> Pflichtteilsberechtigten nach dem verstorbenen<br />

Ehegatten geschmälert werden. 69<br />

Im Übrigen wird man ein güterrechtliches Ausgleichsverfahren<br />

– allenfalls nach entsprechender Aufklärungspflicht<br />

– auch nur auf Antrag und nicht auch von Amts wegen<br />

vorsehen, um jene Fälle, in denen <strong>die</strong> Betroffenen<br />

selbst eine Ausgleichung für nicht erforderlich halten,<br />

von vorneherein auszuklammern. 70<br />

Was den ohne Zweifel notwendigen Bedarf der Anpassung<br />

der Bestimmungen der §§ 81 ff EheG auf das Ausgleichverfahren<br />

im Todesfall betrifft, so sei auf <strong>die</strong> sehr<br />

eingehenden <strong>Über</strong>legungen Holzners 71 verwiesen. Seine<br />

wichtigsten Ergebnisse seien hier nur kurz wiederholt:<br />

Einbeziehung auch der persönlichen Güter gem § 82<br />

66 Siehe oben bei FN 8.<br />

67 Zum konkreten Anpassungsbedarf bei Einzelbestimmungen siehe<br />

gleich unten.<br />

68 Ehevermögen 191 ff.<br />

69 Die von Holzner, Ehevermögen 191 ff, geforderte Einbeziehung<br />

auch der Vermächtnisnehmer scheint ebenfalls überlegenswert:<br />

Zwar wären nach §§ 724 f selbst bei einer einvernehmlichen Aufteilungsregelung<br />

Vermächtnisse nicht als widerrufen anzusehen<br />

und ihr Wert zu vergüten, weil es mE auf eine entsprechende Willensrichtung<br />

des Erblassers selbst ankommt. Bei Vermächtnissen<br />

von Gattungssachen bleibt das Vermächtnis ebenfalls grundsätzlich<br />

aufrecht, vgl §§ 656 ff. Andererseits kann aber das Kürzungsrecht<br />

des (beschränkt haftenden) Erben, das sich am Nachlasswert<br />

orientiert (§§ 690 ff; vgl auch § 783), durch eine Aufteilungsvereinbarung<br />

schlagend werden.<br />

70 Zur Frage der Vererblichkeit des Anspruchs siehe gleich unten.<br />

71 Ehevermögen 177 ff.<br />

362<br />

Bernhard Eccher, NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

Abs 2 Z 2 EheG in den Ausgleich; grundsätzlicher Ausgleich<br />

auch der Sachen, <strong>die</strong> zu einem Unternehmen gehören<br />

(§ 82 Abs 1 Z 3), und der Unternehmensanteile<br />

(§ 82 Abs 2 Z 4 EheG), wobei der Ausgleich in Geld<br />

und unter Bedachtnahme auch auf das Weiterbestehen<br />

des Unternehmens erfolgen müsse; Nichtübernahme<br />

des scheidungsspezifischen Grundsatzes, wonach sich<br />

nach dem Ausgleich <strong>die</strong> Lebensbereiche der Betroffenen<br />

(§ 84 EheG), also hier des überlebenden Ehegatten und<br />

der Erben, möglichst wenig berühren sollen; Ersetzung<br />

der Zuweisung des Bestandrechts an einer Dienstwohnung<br />

an den Nicht<strong>die</strong>nstnehmer-Ehegatten durch angemessene<br />

Räumungsregelungen (§ 88 EheG).<br />

Mit Blick auf <strong>die</strong> sich bereits konkret abzeichnenden Vorschläge<br />

der angedachten Erbrechtsreform 72 sollte man<br />

insb überlegen, auch beim neuen Ausgleichsanspruch<br />

so wie beim Pflichtteilsanspruch eine Stundungsmöglichkeit<br />

vorzusehen. Dies erscheint vor allem auf <strong>die</strong> oben<br />

befürwortete grundsätzliche Einbeziehung auch der Unternehmen<br />

und Unternehmensanteile in <strong>die</strong> Aufteilung<br />

notwendig und sachgerecht. Eine bewilligte Stundung<br />

würde dann auch <strong>die</strong> Beurteilung der Berücksichtigung<br />

des Unternehmensschutzes unmittelbar beeinflussen.<br />

Ausführlich hat sich Holzner 73 mit der Frage der Vererblichkeit<br />

des Ausgleichsanspruchs beschäftigt. In erster Linie<br />

kommt er zum überzeugenden Ergebnis, dass <strong>die</strong> Statuierung<br />

der Unvererblichkeit des bestehenden Aufteilungsanspruchs<br />

nach Ehescheidung in Ermangelung einer<br />

Anerkennung oder gerichtlichen Geltendmachung (§ 96<br />

EheG) nicht sachgerecht erscheint. Daran anschließend<br />

tritt er auch – vor allem unter Betonung der Beitragsleistung<br />

des Ehegatten – für volle Vererblichkeit eines für<br />

den Todesfall neu einzuführenden Ausgleichsanspruchs<br />

ein. 74 Unter <strong>die</strong>sem Blickwinkel erschiene es tatsächlich<br />

widersprüchlich, wenn zB der überlebende haushaltführende<br />

Ehegatte den Anspruch geltend machen könnte,<br />

nicht mehr aber seine Erben und auch nicht <strong>die</strong> Erben<br />

des vorverstorbenen haushaltführenden Ehegatten.<br />

G. Konsequenzen der Einführung<br />

eines güterrechtlichen Ausgleichsanspruchs<br />

im Todesfall für das<br />

allgemeine Erbrecht<br />

Führte man einen ehegüterrechtlichen Ausgleich auch<br />

bei Tod eines Ehegatten ein, hätte man Zweifel, <strong>die</strong><br />

72 Vgl Welser, Die Reform des österreichischen Erbrechts II/1 (2009)<br />

115 ff.<br />

73 Ehevermögen 117 ff, 185 ff; offensichtlich der Kritik folgend<br />

Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 96 EheG Rz 1; für Unvererblichkeit<br />

des Anspruchs seinerzeit F. Bydlinski, Zur Neuordnung<br />

des Ehegüterrechts, in FS Schwind 53 ff (dazu schon oben D.II).<br />

74 Vertretbar hält er (Ehevermögen 186 f) allerdings auch eine Vererblichkeit<br />

bloß unter der Bedingung, dass der Erblasser über<br />

den Anspruch letztwillig verfügt hat.


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Frage zu stellen, ob <strong>die</strong>s Änderungen im Erbrecht allgemein<br />

nach sich ziehen müsste. In <strong>Über</strong>einstimmung mit<br />

Holzner 75 ist aber eine Veränderung (Reduzierung) der<br />

Erbquote des Ehegatten sowie seines Pflichtteilsanspruchs<br />

jedenfalls aus dem Entstehungszusammenhang<br />

nicht geboten. 76 Es würde auch nicht der allgemeinen<br />

Tendenz der kontinuierlichen Stärkung der erbrechtlichen<br />

Stellung des Ehegatten entsprechen. Hingewiesen<br />

sei in <strong>die</strong>sem Zusammenhang auch auf <strong>die</strong> durchaus vergleichbaren,<br />

mitunter, wie etwa in der Schweiz 77 oder<br />

Italien 78 , sogar höheren Erb- und Pflichtteilsquoten des<br />

Ehegatten trotz des dort vorgesehenen vorgeschalteten<br />

Güterausgleichs. Aus der deutschen Reformdiskussion<br />

erscheint <strong>die</strong>sbezüglich interessant, dass nicht wenige<br />

Stimmen rechtspolitisch dafür eintreten, den erhöhten<br />

Erbteil des Ehegatten nach § 1371 Abs 1 BGB als Regelfall<br />

unabhängig von einem güterrechtlichen Ausgleich zu<br />

verankern. 79<br />

Zutr hat aber Holzner 80 einen Anpassungsbedarf für das<br />

gesetzliche Vorausvermächtnis des § 758 ABGB geortet<br />

und eine Anrechnung des Vorausvermächtnisses auf<br />

den Aufteilungsanspruch vorgeschlagen, wenn <strong>die</strong> Gegenstände<br />

des Voraus, insb <strong>die</strong> Ehewohnung dem über-<br />

75 Ehevermögen 188 ff.<br />

76 Siehe dazu oben bei FN 10.<br />

77 1 Vgl Art 462 schwZGB: /2 Erbquote bei Zusammentreffen mit Kindern;<br />

für den Pflichtteil s Art 471 schwZGB.<br />

78 1 Vgl Art 581 itZGB: /2 Erbquote bei Zusammentreffen mit einem<br />

Kind, 2 / 3 Erbquote bei Zusammentreffen mit zwei oder mehreren<br />

Kindern; für den Pflichtteil s Art 542 itZGB.<br />

79 Siehe oben bei FN 40.<br />

80 Ehevermögen 188 ff.<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>2011</strong>/119<br />

§§ 10, 144 AußStrG; § 74 ZPO – Anbringen an den<br />

Gerichtskommissär per E-Mail<br />

Schriftsätze in Verlassenschaftsverfahren können auch<br />

im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) eingebracht<br />

werden. Ein E-Mail oder der PDF-Anhang eines<br />

E-Mails stellt keine zulässige Form des elektronischen<br />

Rechtsverkehrs dar. Dennoch sind E-Mails nicht<br />

zwingend unbeachtlich: Wird der Schriftsatz im Original<br />

mit der Unterschrift des Einschreitervertreters<br />

nachgereicht, stellt <strong>die</strong>s <strong>die</strong> notwendige, und gegebenenfalls<br />

fristwahrende, Verbesserung dar.<br />

OGH 31. 5. <strong>2011</strong>, 10 Ob 28/11 g (LG Linz 16. 2. <strong>2011</strong>, 15 R 37/11 h;<br />

BG Traun 10. <strong>12</strong>. 2010, 14 A 55/10 z)<br />

A H verstarb am 29. 3. 2010 unter Hinterlassung des<br />

Testaments v 20. 3. 2008. Der in <strong>die</strong>sem zum Alleinerben<br />

eingesetzte Sohn der Erblasserin gab mit Schriftsatz<br />

v 19. 10. 2010 aufgrund <strong>die</strong>ses Testaments <strong>die</strong> bedingte<br />

Erbantrittserklärung ab. Im November 2010 übermittelte<br />

der Gerichtskommissär den Legataren, darunter<br />

Rechtsprechung<br />

lebenden Ehegatten auch aus der Aufteilung zugefallen<br />

wären. ME wäre bei einer Anpassung der Bestimmungen<br />

der §§ 81 ff EheG grundsätzlich vorzusehen, dass der<br />

überlebende Ehegatte <strong>die</strong> bisherige Ehewohnung, soweit<br />

sie zum Gebrauchsvermögen zählt, immer zugewiesen<br />

erhält. In <strong>die</strong>sem Fall ist der Voraus des Wohnrechts<br />

auf <strong>die</strong>sen Anspruch anzurechnen, weil das Wohnrecht<br />

des § 758 nach einhelliger Auffassung nur subsidiären,<br />

lückenfüllenden Charakter hat. 81 Zählt <strong>die</strong> Ehewohnung<br />

hingegen nicht zum Gebrauchsvermögen, sondern<br />

wurde sie etwa dem Verstorbenen geschenkt oder von<br />

<strong>die</strong>sem von Todes wegen erworben, sollte der Regelungsgedanke<br />

des § 82 Abs 2 EG für den Fall des Todes<br />

insofern reduziert werden, als bei der Aufteilung nur auf<br />

<strong>die</strong> Bedürfnisse gemeinsamer Kinder Rücksicht zu nehmen<br />

ist. Im Übrigen wäre <strong>die</strong> Ehewohnung nicht in <strong>die</strong><br />

Aufteilung einzubeziehen und § 758 ABGB würde seine<br />

bisherige Bedeutung behalten.<br />

H. Ergebnis<br />

NOTAR.AT<br />

Die vorstehenden <strong>Über</strong>legungen zeigen deutlich, dass<br />

<strong>die</strong> Frage der Schaffung eines güterrechtlichen Ausgleichsverfahrens<br />

auch im Todesfall durchaus in <strong>die</strong><br />

<strong>Über</strong>legungen der bevorstehenden Erbrechtsreform einbezogen<br />

werden sollte.<br />

81 Vgl bloß Eccher in Schwimann, ABGB 3 § 758 Rz 10; Welser in<br />

Rummel, ABGB 3 § 758 Rz 7; Apathy in KBB 3 § 758 Rz 4.<br />

dem RevRekWerber, eine Kopie des Testaments mit<br />

der Information, dass sie ihre Vermächtnisansprüche gegen<br />

den bedingt erbserklärten Erben geltend machen<br />

könnten.<br />

Am 24. 11. 2010 fand beim Gerichtskommissär eine Tagsatzung<br />

zur Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung<br />

statt, an der <strong>die</strong> rechtsanwaltliche Vertreterin des Erben<br />

und der Gerichtskommissär teilnahmen. Es wurden<br />

<strong>die</strong> bisherigen Verfahrensergebnisse wiederholt und<br />

das Inventar errichtet. Der Erbe stellte den Antrag, ihm<br />

<strong>die</strong> Verlassenschaft einzuantworten und den Einantwortungsbeschluss<br />

zu erlassen. Er beantragte ferner <strong>die</strong><br />

<strong>Über</strong>mittlung des rechtskräftigen Einantwortungsbeschlusses<br />

und verzichtete für den Fall der antragsgemäßen<br />

Erledigung auf ein Rechtsmittel gegen den Einantwortungsbeschluss<br />

und darüber hinaus auf Beschlusszustellung.<br />

Auch der Gerichtskommissär verzichtete auf<br />

ein Rechtsmittel gegen einen aufrechten Erledigungsbeschluss<br />

und auf Beschlusszustellung.<br />

363


NOTAR.AT<br />

Mit E-Mail v 26. 11. 2010 erbat der Rechtsanwalt des<br />

RevRekWerbers vom Gerichtskommissär Unterlagen,<br />

insb <strong>die</strong> Erbantrittserklärung des Erben, und meinte, es<br />

erscheine ihm angesichts der erhobenen, nicht nachvollziehbaren<br />

Forderungen gegen den Nachlass erforderlich,<br />

einen unbefangenen Verlassenschaftskurator einzusetzen,<br />

der <strong>die</strong> Interessen des Nachlasses wahrnehme. In einem<br />

weiteren Brief v 3. <strong>12</strong>. 2010 forderte der Rechtsanwalt<br />

vom Gerichtskommissär erneut Unterlagen an und<br />

schrieb „mit der Bitte um Kenntnisnahme“, abschließend<br />

dürfe er „den soeben bei Gericht überreichten Antrag“<br />

auf Absonderung der Verlassenschaft und Bestellung eines<br />

Kurators übermitteln und den Gerichtskommissär<br />

um entsprechende Veranlassung ersuchen, um <strong>die</strong> Sicherstellung<br />

der Legatare zu gewährleisten. Erst am<br />

9. <strong>12</strong>. 2010 um 18.23 Uhr sandte der Rechtsanwalt dem<br />

Gerichtskommissär <strong>die</strong>sen Brief und den genannten Absonderungsantrag<br />

als PDF-Anhänge per E-Mail.<br />

Am 7. <strong>12</strong>. 2010 übermittelte der Gerichtskommissär den<br />

Verlassenschaftsakt dem ErstG.<br />

Die Erstrichterin erließ am 10. <strong>12</strong>. 2010 den Einantwortungsbeschluss,<br />

mit dem <strong>die</strong> Verlassenschaft dem Erben<br />

antragsgemäß eingeantwortet wurde. Am selben Tag<br />

wurde <strong>die</strong> Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses<br />

bestätigt.<br />

Ebenfalls am 10. <strong>12</strong>. 2010 langte im Postweg beim ErstG<br />

der Antrag des RevRekWerbers auf Absonderung der<br />

Verlassenschaft vom Vermögen des Erben ein.<br />

Mit Eingabe v 22. <strong>12</strong>. 2010 erhob der RevRekWerber Rekurs<br />

gegen den Einantwortungsbeschluss und beantragte,<br />

vier Sparbücher gerichtlich zu sperren, und zur Sicherung<br />

seines Legatsanspruchs <strong>die</strong> Erlassung einer<br />

einstweiligen Verfügung, mit der dem Erben jede Verfügung<br />

über eine zur Verlassenschaft gehörende Liegenschaft<br />

verboten werden sollte.<br />

Die Erstrichterin wies mit B v 22. <strong>12</strong>. 2010 den Antrag auf<br />

Nachlassseparation als verspätet zurück und den Antrag<br />

auf Aufhebung der Rechtskraftbestätigung des Einantwortungsbeschlusses<br />

und den Antrag auf gerichtliche<br />

Sperre der Sparbücher ab.<br />

Nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens wies<br />

<strong>die</strong> Erstrichterin mit B v 29. <strong>12</strong>. 2010 den vom Antragsteller<br />

erweiterten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen<br />

Verfügung (nun) zur Sicherung seines Absonderungsanspruchs<br />

als unzulässig zurück, weil <strong>die</strong> beantragte<br />

Sicherung im Verlassenschaftsverfahren nicht<br />

vorgesehen sei. Sein Separationsantrag sei verspätet gewesen<br />

und bereits zurückgewiesen worden.<br />

Das RekG wies den Rekurs gegen den Einantwortungsbeschluss<br />

zurück und gab den übrigen Rekursen nicht<br />

Folge.<br />

Der vom Erben beantwortete RevRek des Legatars und<br />

Nachlassabsonderungswerbers ist zulässig und berechtigt.<br />

364<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Im Verlassenschaftsverfahren sind Rechtsmittel, Rechtsmittelbeantwortungen<br />

und sonstige Anbringen, <strong>die</strong> auf<br />

eine Entscheidung durch das Gericht abzielen, an das<br />

Verlassenschaftsgericht zu richten. Solches Anbringen<br />

gilt auch dann als rechtzeitig, wenn es innerhalb der Frist<br />

statt an das Gericht an den Gerichtskommissär gerichtet<br />

worden ist (§ 144 Abs 2 AußStrG). Die Partei, <strong>die</strong> eine an<br />

das Gericht und nicht an den Gerichtskommissär gerichtete<br />

Eingabe dem Gerichtskommissär übermittelt, soll<br />

daraus keine Nachteile erleiden (RV 224 BlgNR 22. GP<br />

94). Entgegen der Auffassung des RekG fällt <strong>die</strong> <strong>Über</strong>sendung<br />

eines an das Verlassenschaftsgericht gerichteten<br />

Separationsantrags an den Gerichtskommissär <strong>die</strong>sem<br />

Normzweck entsprechend, der nicht nur irrtümliche<br />

<strong>Über</strong>mittlungen erfasst, unter § 144 Abs 2 AußStrG. Der<br />

Antrag konnte wirksam auch als PDF-Anhang einer E-<br />

Mail eingebracht werden:<br />

Anbringen, das sind Anträge, Erklärungen und Mitteilungen,<br />

können in der Form eines Schriftsatzes beim Gericht<br />

erster Instanz eingebracht oder zu Protokoll erklärt werden<br />

(§ 10 Abs 1 AußStrG). Auch im Außerstreitverfahren<br />

gelten für Schriftsätze §§ 89 ff GOG und §§ 58 ff Geo<br />

(Rechberger in Rechberger, AußStrG § 10 Rz 4; Fucik/<br />

Kloiber, AußStrG § 10 Rz 2). Sie können daher in telegrafischer<br />

Form (§ 89 Abs 3 GOG) oder im elektronischen<br />

Rechtsverkehr (§§ 89 a ff GOG; ERV 2006) und nach herrschender<br />

Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0006955) in analoger<br />

Anwendung des § 89 Abs 3 GOG – wenn fristgebunden,<br />

auch fristwahrend – auch mittels Telefax (vgl<br />

Konecny in Fasching/Konecny 2 § 74 ZPO Rz 28 ff) eingebracht<br />

werden, wobei das Telefax durch Nachbringung<br />

der Unterschrift verbessert werden muss (RIS-Justiz<br />

RS01<strong>12</strong>018). Liegt der Originalschriftsatz nicht vor und<br />

wurde <strong>die</strong> Unterschrift auch nicht auf der Telefaxeingabe<br />

original nachgetragen – es macht keinen Unterschied, ob<br />

<strong>die</strong> Verbesserung aus eigenem Antrieb der Partei oder<br />

aufgrund eines gerichtlichen Auftrags erfolgte (1 Ob<br />

153/02 k SZ 2003/27) –, ist zur Behebung des Formmangels<br />

ein Verbesserungsverfahren einzuleiten (§ 10 Abs 4<br />

AußStrG; vgl Gitschthaler in Rechberger 3 ZPO § 74<br />

Rz 9 mwN). Fristen (verfahrensrechtliche und materiellrechtliche)<br />

sind gewahrt, wenn <strong>die</strong> Telefaxeingabe vor<br />

24 Uhr des letzten Tages der Frist am Empfangsgerät<br />

des Gerichts einlangt, ohne dass eine <strong>Über</strong>nahme durch<br />

<strong>die</strong> Einlaufstelle notwendig ist (7 Ob 94/04 f ua; Konecny<br />

in Fasching/Konecny 2 § 74 ZPO Rz 37). Da der Notar bei<br />

seiner Tätigkeit als Gerichtskommissär <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Gerichte<br />

geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden<br />

hat (§ 9 Abs 5 GKG), gilt all <strong>die</strong>s auch für Eingaben an<br />

den Notar als Gerichtskommissär.<br />

Dass eine E-Mail keine zulässige Form des elektronischen<br />

Rechtsverkehrs iSd ERV 2006 ist (§ 5 Abs 1 a ERV 2006),<br />

bedeutet, dass Schriftsätze, <strong>die</strong> per E-Mail oder als PDF-<br />

Anhang einer E-Mail übermittelt werden, nicht einer im<br />

ERV übermittelten Eingabe gleichzustellen sind (vgl<br />

Konecny in Fasching/Konecny 2 § 74 ZPO Rz 57), nicht


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

aber, dass sie unbeachtlich sind. Auf sie sind vielmehr<br />

in Analogie <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Telefax-Eingabe geltenden<br />

Grundsätze anzuwenden (Kodek/Mayr, Zivilprozessrecht<br />

Rz 276; Konecny in Fasching/Konecny2 § 74 ZPO Rz 21,<br />

56 f). Da das Postlaufprivileg des § 89 Abs 1 GOG mangels<br />

einer Aufgabe bei der Post für Eingaben per E-Mail<br />

nicht gilt, kommt es für <strong>die</strong> Rechtzeitigkeit der Eingabe<br />

auf das Einlangen bei Gericht an. Dies ist bei einer<br />

E-Mail-Sendung dann der Fall, wenn sie von einem Server,<br />

den das Gericht für <strong>die</strong> Empfangnahme von an <strong>die</strong>ses gerichteten<br />

E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen<br />

wurde und sich damit im „elektronischen Verfügungsbereich”<br />

des Gerichts befindet (vgl VwGH 2008/10/0251;<br />

2008/04/0089); das ist dann der Fall, sobald <strong>die</strong> E-Mail-<br />

Sendung in einem Empfänger-Postfach (E-Mailbox) zum<br />

Abruf durch das Gericht bereit liegt (vgl 2 Ob 108/07 g;<br />

Bacher, Eingang von E-Mail-Sendungen bei Gericht,<br />

MDR 2002, 669 [671]), mag <strong>die</strong>s auch außerhalb der Amtsstunden<br />

sein. Eine Bestätigung über <strong>die</strong> Absendung einer<br />

E-Mail-Nachricht ist für sich allein nicht zum Nachweis des<br />

tatsächlichen Einlangens der Sendung bei Gericht geeignet,<br />

weil <strong>die</strong> Bestätigung <strong>die</strong>sen Schluss nicht ermöglicht<br />

(vgl 2 Ob 108/07 g; VwGH 2008/10/0251). Im zu entscheidenden<br />

Fall gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass <strong>die</strong><br />

tatsächlich beim Gerichtskommissär eingelangte E-Mail-<br />

Sendung mit dem Separationsantrag von <strong>die</strong>sem nicht<br />

bereits am 9. <strong>12</strong>. 2010 abgerufen werden konnte. Da<br />

der Schriftsatz im Original mit der Unterschrift des den<br />

Einschreiter vertretenden Rechtsanwalts an das VerlassenschaftsG<br />

nachgereicht wurde, erfolgte auch <strong>die</strong> notwendige<br />

Verbesserung. Somit ist der Separationsantrag<br />

rechtzeitig „vor der Einantwortung” gestellt worden.<br />

Da das VerlassenschaftsG den Einantwortungsbeschluss<br />

erst erlassen darf, wenn es über den rechtzeitig gestellten<br />

Separationsantrag schon entschieden und <strong>die</strong> Separation<br />

– bei deren Bewilligung – durchgeführt hat (RIS-Justiz<br />

RS0106502), im Anlassfall <strong>die</strong> Erstrichterin aber <strong>die</strong> Einantwortung<br />

trotz des rechtzeitigen Absonderungsantrags<br />

des RevRekWerbers verfügte, sind in Stattgebung des<br />

RevRek des rechtsmittellegitimierten ASt, soweit er zulässig<br />

ist, der Einantwortungsbeschluss sowie – mangels<br />

rechtskräftiger Beendigung des Nachlassverfahrens –<br />

der den Separationsantrag zurückweisende B aufzuheben<br />

und der den Antrag auf Aufhebung der Rechtskraftbestätigung<br />

des Einantwortungsbeschlusses abweisende B im<br />

antragsstattgebenden Sinn abzuändern.<br />

NZ <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>0<br />

§§ 81 ff EheG; § 78 Abs 2 AußStrG; § 43 ZPO – Frist<br />

des § 95 EheG gilt nur für <strong>die</strong> Zuweisung von<br />

Vermögensgegenständen, nicht für das Bemessen der<br />

Ausgleichszahlung; Kostenersatz im Außerstreitverfahren<br />

schließt Kostenteilung nach der „Quotenkompensation“<br />

ein<br />

1. Der Ablauf der Frist des § 95 EheG steht einer Aufteilungsentscheidung<br />

nur insoweit entgegen, als es<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

um <strong>die</strong> Zuweisung von Vermögensgegenständen geht,<br />

<strong>die</strong> nicht innerhalb der Jahresfrist zum Gegenstand eines<br />

darauf abzielenden Antrags gemacht wurden.<br />

2. Soweit es lediglich um <strong>die</strong> Ausgleichszahlung geht,<br />

ist es hingegen nicht zu rechtfertigen, einem Ehegatten<br />

bestimmte, an sich der Aufteilung unterliegende<br />

Gegenstände aus dem Ehevermögen zu belassen und<br />

ihn gleichzeitig beim Bemessen der ihm zustehenden<br />

Ausgleichszahlung so zu behandeln, als hätten <strong>die</strong>se<br />

Vermögenswerte nicht existiert.<br />

3. Bei der im Falle von Außerstreitverfahren, in denen<br />

<strong>die</strong> Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgt haben,<br />

nach § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG zu fällenden Kostenentscheidung<br />

findet ein Kostenersatz, der demjenigen<br />

des Zivilprozesses weitgehend entspricht, statt.<br />

4. Der Kostenersatzanspruch richtet sich nach den Erfolgsverhältnissen,<br />

also der Obsiegensquote, was zur<br />

Quotenkompensation bei Teilerfolg führt.<br />

OGH 31. 3. <strong>2011</strong>, 1 Ob 57/11 f (LG St. Pölten 9. 6. 2010, 23 R 188/<br />

10 k; BG Neulengbach 1. 4. 2010, 1 C 23/09 h)<br />

Vorauszuschicken ist, dass sich der RevRek ausschließlich<br />

mit vier Einzelpositionen des ehelichen Vermögens befasst,<br />

sodass sich <strong>die</strong> folgenden Ausführungen auf <strong>die</strong>se<br />

beschränken können.<br />

Die ASt begehrte eine Ausgleichszahlung von mehr als<br />

E 68.000,–, wobei sie auch jene Einnahmen berücksichtigte,<br />

<strong>die</strong> der Antragsgegner nach Auflösung der ehelichen<br />

Gemeinschaft aus einer im gleichteiligen ME der<br />

Ehegatten befindlichen – später verkauften – Liegenschaft<br />

in Deutschland bezogen hat. Die Vorinst stellten<br />

dazu fest, dass der Antragsgegner insoweit Mieteinnahmen<br />

von E 5.600,– und Förderungszahlungen von<br />

E 4.090,– erhalten hat.<br />

Erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG beantragte<br />

der Antragsgegner seinerseits eine Ausgleichszahlung<br />

(von E 4.000,–), bestritt das Begehren der ASt<br />

und brachte idZ vor, es sei auch zu berücksichtigen, dass<br />

<strong>die</strong> ASt über <strong>die</strong> von ihr angegebenen Gegenstände hinaus<br />

aus dem ehelichen Vermögen einen Pkw (im Wert<br />

von E 10.395,–) und ein Kontoguthaben bei einer Sparkasse<br />

iHv E 4.300,– behalten habe. Dies ist auf Tatsachenebene<br />

nicht strittig.<br />

Das ErstG erkannte den Antragsgegner schuldig, der ASt<br />

eine Ausgleichszahlung von E 11.021,69 sA zu leisten,<br />

und wies das Mehrbegehren von weiteren E 57.192,32<br />

sA ab. Die der ASt in Form des Pkw und des Kontoguthabens<br />

zugekommenen Bestandteile des ehelichen Vermögens<br />

seien bei der Bemessung der Ausgleichszahlung zu<br />

berücksichtigen. Dass der Antragsgegner erst nach Ablauf<br />

der Frist des § 95 EheG auf <strong>die</strong>se Vermögenswerte hingewiesen<br />

habe, stehe einer Berücksichtigung nicht entgegen,<br />

weil es insoweit lediglich um <strong>die</strong> Bemessung der Ausgleichszahlung<br />

und nicht etwa um <strong>die</strong> Zuweisung der<br />

betreffenden Vermögensgegenstände gehe. Die vom Antragsgegner<br />

nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft<br />

bezogenen Zahlungen für <strong>die</strong> gemeinschaftlichen Liegen-<br />

365


NOTAR.AT<br />

schaft seien als Erträgnisse ebenfalls zu berücksichtigen.<br />

Sie unterlägen der Aufteilung, weil sie „ohne übermäßige<br />

Anstrengung“ bloß eines Ehegatten angefallen seien.<br />

Das RekG änderte <strong>die</strong>se E dahin ab, dass es <strong>die</strong> Ausgleichszahlung<br />

mit E 18.369,18,– festsetzte. Die Auffassung,<br />

wonach sowohl <strong>die</strong> Mieteinnahmen als auch <strong>die</strong><br />

Förderungszahlungen für <strong>die</strong> gemeinsame Liegenschaft<br />

Erträgnisse seien, <strong>die</strong> dem Antragsgegner ohne übermäßige<br />

Anstrengung zugeflossen seien, werde geteilt, sodass<br />

<strong>die</strong>se bei der Aufteilung zutr berücksichtigt worden<br />

seien. Nicht zu berücksichtigen seien hingegen das Kontoguthaben<br />

von E 4.300,– und der Pkw im Wert von<br />

E 10.395,–. Auch wenn der OGH ausgesprochen habe,<br />

dass grundsätzlich das gesamte der Aufteilung unterliegende<br />

Vermögen zu erfassen sei und alle im konkreten<br />

Fall für <strong>die</strong> Billigkeitserwägung bestimmenden Umstände<br />

zu erheben und zu berücksichtigen seien, werde<br />

der Gegenstand des AufteilungsVerf durch den Antrag<br />

der vormaligen Ehegatten bindend begrenzt. Vermögenswerte,<br />

deren Aufteilung nicht binnen Jahresfrist beantragt<br />

wird, hätten daher unberücksichtigt zu bleiben.<br />

Der Antrag des Antragsgegners, mit dem er <strong>die</strong> Aufteilung<br />

der genannten Vermögensgegenstände begehrt<br />

habe, sei damit zu spät erfolgt. Der oRevRek sei zulässig,<br />

weil das RekG von der E zu 1 Ob 158/08 d abgehe, darin<br />

jedoch ein gewisser Widerspruch zum Zweck des § 95<br />

EheG erblickt werde, wonach nämlich <strong>die</strong>se Frist vom<br />

Gesetzgeber mit Rücksicht auf das Interesse an der ehesten<br />

Klärung der Vermögensverhältnisse der vormaligen<br />

Ehegatten festgesetzt worden sei und auch eine zeitliche<br />

Beschränkung der Geltendmachung von Ansprüchen bei<br />

Schwierigkeiten vermieden werden solle.<br />

Der dagegen erhobene RevRek des Antragsgegners ist<br />

zulässig und teilweise berechtigt.<br />

Keine Berechtigung kommt ihm allerdings insoweit zu,<br />

als der RevRekWerber <strong>die</strong> Auffassung vertritt, <strong>die</strong> von<br />

ihm nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft bezogenen<br />

Erträgnisse aus der im gemeinschaftlichen Eigentum<br />

stehenden Liegenschaft stünden ihm allein zu und<br />

fielen nicht in <strong>die</strong> Aufteilungsmasse. Für <strong>die</strong> Bemessung<br />

einer Ausgleichszahlung sind in der Regel <strong>die</strong> Wertverhältnisse<br />

im Zeitpunkt der Aufteilung maßgebend (vgl<br />

RIS-Justiz RS0057818; 7 Ob 662/82 SZ 55/192 ua).<br />

Ebenso wie Wertsteigerungen zwischen dem Zeitpunkt<br />

der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft und der AufteilungsE<br />

nicht unberücksichtigt bleiben dürfen und beiden<br />

vormaligen Ehegatten gleichermaßen zugutekommen,<br />

sofern sie ohne weiteres Zutun eines der StrTeile<br />

– etwa durch bloße Steigerungen der Grundstückspreise<br />

– eingetreten sind (SZ 55/192; 4 Ob 1618/94<br />

ua), muss <strong>die</strong>s gleichermaßen für solche Erträgnisse gelten,<br />

<strong>die</strong> ohne nennenswerte Mühe aus der gemeinschaftlichen<br />

Sache von einem Ehegatten bezogen werden.<br />

Dagegen führt der RevRekWerber auch keine<br />

schlagkräftigen Argumente ins Treffen. Er führt insb<br />

selbst aus, dass (nur) jenes Vermögen einer nacheheli-<br />

366<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

chen Aufteilung unterliegt, das während aufrechter<br />

Ehe geschaffen wurde. Dazu gehören nun aber auch<br />

<strong>die</strong> Früchte (Erträgnisse) einer während aufrechter ehelicher<br />

Lebensgemeinschaft erworbenen Liegenschaft.<br />

Die Auffassung des RevRekWerbers würde dazu führen,<br />

dass es vom Zufall abhinge, ob derartige „Einkünfte“<br />

dem einen oder dem anderen Ehegatten verblieben,<br />

je nachdem, auf wessen Bankkonto sie überwiesen wurden.<br />

Warum ein derartiges Ergebnis dem Billigkeitsgrundsatz<br />

des Aufteilungsrechts entsprechen sollte, vermag<br />

der Antragsgegner nicht zu erklären.<br />

Mit Recht wendet er sich hingegen gegen <strong>die</strong> Auffassung<br />

des RekG, bestimmte im Vermögen der ASt verbliebene<br />

Vermögenswerte hätten bei der Bemessung der ihr gebührenden<br />

Ausgleichszahlung deshalb außer Betracht<br />

zu bleiben, weil <strong>die</strong>se erst nach Ablauf der Jahresfrist<br />

des § 95 EheG erstmals – vom Antragsgegner – ins Verf<br />

eingebracht wurden. Wie der erk Sen bereits wiederholt<br />

ausgesprochen hat (1 Ob 158/08 d; jüngst 1 Ob 26/11 x),<br />

steht der Ablauf der genannten Frist einer AufteilungsE<br />

nur insoweit entgegen, als es um <strong>die</strong> Zuweisung von Vermögensgegenständen<br />

geht, <strong>die</strong> nicht innerhalb der<br />

Jahresfrist zum Gegenstand eines darauf abzielenden<br />

Antrags gemacht wurden. Soweit es lediglich um <strong>die</strong><br />

Ausgleichszahlung geht, ist es hingegen nicht zu rechtfertigen,<br />

einem Ehegatten bestimmte, an sich der Aufteilung<br />

unterliegende Gegenstände aus dem Ehevermögen<br />

zu belassen und ihn gleichzeitig bei der Bemessung der<br />

ihm zustehenden Ausgleichszahlung so zu behandeln,<br />

als hätten <strong>die</strong>se Vermögenswerte nicht existiert. Vielmehr<br />

ist grundsätzlich das gesamte nach §§ 81 f EheG<br />

der Aufteilung unterliegende Vermögen zu erfassen<br />

und es sind alle im konkreten Fall für <strong>die</strong> Billigkeitserwägungen<br />

bestimmenden Umstände zu erheben und zu berücksichtigen<br />

(RIS-Justiz RS0008525). Der Einwand, der<br />

ASt stehe nur eine geringere als <strong>die</strong> begehrte Ausgleichszahlung<br />

zu, weil sie bereits bestimmte Wertgegenstände<br />

des ehel Vermögens (endgültig) erhalten<br />

hat, ist dem Antragsgegner daher auch nach Ablauf der<br />

Jahresfrist nicht abgeschnitten.<br />

Damit ist der B des ErstG, der der dargelegten Rsp des<br />

nunmehrigen Fachsenats für AufteilungsVerf Rechnung<br />

trägt, in der Hauptsache wiederherzustellen.<br />

Die KostenE beruht auf § 78 Abs 2 AußStrG. Wie sich aus<br />

den Erwägungen der Vorinst ergibt, wird <strong>die</strong> Frage der<br />

praktischen Anwendung <strong>die</strong>ser Norm bei bloß teilweisem<br />

Obsiegen in der Rsp der G II. Inst unterschiedlich gehandhabt<br />

(s dazu nur Obermaier, Kostenhandbuch 2<br />

Rz 723 ff; Fucik, ÖJZ 2007, 669 [672]). Eine RspLinie<br />

schließt sich dabei der in der Lehre überwiegend vertretenen<br />

Auffassung an, <strong>die</strong> dahin zusammenzufassen ist,<br />

dass bei einem bloßen Teilerfolg der überwiegend Obsiegende<br />

Anspruch auf Ersatz jener Kosten habe, <strong>die</strong><br />

bei Geltendmachung des Zugesprochenen entstanden<br />

wären (so etwa Fucik/Kloiber, AußStrG § 78 Rz 15 ff;<br />

Klicka in Rechberger, AußStrG § 78 Rz 4; Feil, AußStrG


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

§ 78 Rz 6). Der gegenteilige Ansatz besteht iW darin, <strong>die</strong><br />

für das streitige Verf in der Rsp zu § 43 Abs 1 ZPO entwickelte<br />

sogenannte Quotenkompensation auch für <strong>die</strong><br />

KostenE im AußStrVerf bei beiderseitigem Teilerfolg<br />

heranzuziehen. Den dafür insb von Obermaier (aaO<br />

Rz 725 ff) ausgeführten Argumenten schließt sich der<br />

erk Sen – jedenfalls für Fälle wie den vorliegenden (dazu<br />

Obermaier, aaO Rz 775) – an.<br />

Nach § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG sind <strong>die</strong> zur zweckentsprechenden<br />

Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung<br />

notwendigen Kosten einer – also jeder! – Partei zu ersetzen,<br />

soweit sie mit ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung<br />

gegenüber anderen Parteien, <strong>die</strong> entgegengesetzte<br />

Interessen verfolgt haben, Erfolg hatte. Davon ist<br />

nach Satz 2 aus Billigkeitserwägungen nur unter bestimmten<br />

Umständen abzuweichen, nicht aber bei einem durchschnittlichen<br />

bzw regulären VerfVerlauf. Auch wenn § 78<br />

Abs 2 Satz 1 AußStrG – anders als § 43 Abs 1 ZPO – weder<br />

von einer verhältnismäßigen Kostenteilung spricht,<br />

noch ausdrücklich <strong>die</strong> Möglichkeit einer Kostenaufhebung<br />

anspricht, ist doch nicht zu erkennen, warum <strong>die</strong><br />

KostenE in außstr Verf, in denen Parteien, <strong>die</strong> entgegengesetzte<br />

Interessen verfolgen, aufeinandertreffen, nach<br />

wesentlich anderen Grundsätzen erfolgen sollte als im Zivilprozess,<br />

für den <strong>die</strong> Rsp sich stets bemüht hat, <strong>die</strong> vagen<br />

ges Vorgaben zu konkretisieren, um sowohl zu inhaltlich<br />

ausgewogenen als auch praktikablen Lösungen zu gelangen.<br />

Zu betonen ist auch, dass § 78 Abs 2 AußStrG nur<br />

für <strong>die</strong> sogenannten „streitigen Außerstreitverfahren“<br />

gilt, in denen einander Parteien mit entgegengesetzten<br />

Interessen gegenüberstehen. Berücksichtigt man weiter,<br />

dass erst durch <strong>die</strong> konkrete E des Gesetzgebers vorgegeben<br />

wird, ob eine bestimmte Materie im streitigen oder<br />

im außstr Verf zu behandeln ist, so spricht auch <strong>die</strong>s keineswegs<br />

für eine grundsätzliche Differenzierung in der<br />

Frage des Kostenersatzes. Mit der Neuregelung des Kostenersatzrechts<br />

im AußStrVerf durch § 78 AußStrG hat der<br />

Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass auch<br />

in den streitähnlichen AußStrVerf ein Kostenersatz stattfinden<br />

soll, der demjenigen des Zivilprozesses weitgehend<br />

entspricht.<br />

Aber auch der Wortlaut des § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG ergibt<br />

– entgegen den abweichenden Auffassungen in Lit<br />

und Rsp – keine ausreichende Basis für eine KostenE<br />

„auf Basis des Ersiegten“, <strong>die</strong> im eigentlichen Zivilprozess<br />

zu einem der Ausnahmefälle des § 43 Abs 2 ZPO judiziert<br />

wird (vgl dazu nur Fucik in Rechberger 3 § 43 Rz 13 f).<br />

Wenn angeordnet wird, dass <strong>die</strong> (zur zweckentsprechenden<br />

Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen)<br />

Kosten einer Partei zu ersetzen sind, soweit sie gegenüber<br />

der anderen Partei Erfolg hatte, wird einerseits<br />

auf <strong>die</strong> der jeweiligen Partei tatsächlich erwachsenen Verf-<br />

Kosten abgestellt, <strong>die</strong> regelmäßig auf Basis der tatsächlichen<br />

Bemessungsgrundlage (StrWert) zu berechnen sind;<br />

andererseits soll sich der Kostenersatzanspruch nach<br />

den Erfolgsverhältnissen richten, sodass also jede Partei<br />

Rechtsprechung<br />

entsprechend ihrer Obsiegensquote („soweit“) Anspruch<br />

auf Kostenersatz hat (idS auch LGZ Wien EFSlg <strong>12</strong>2.201).<br />

Bei wörtlicher Auslegung der untersuchten Vorschrift<br />

käme man also in erster Linie zu einer Berechnung wechselseitiger<br />

Kostenansprüche unter Berücksichtigung der<br />

der einzelnen Partei tatsächlich erwachsenen VerfKosten,<br />

<strong>die</strong> entsprechend ihrer Erfolgsquote zu ersetzen wären.<br />

Eine solche Lösung ergäbe sich im Übrigen durchaus auch<br />

für den (wechselseitigen) Kostenersatz nach § 43 Abs 1<br />

ZPO (vgl dazu nur M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozess<br />

209 ff), wobei in der KostenE nur mehr <strong>die</strong> Differenz<br />

der ermittelten Kostenersatzansprüche der Parteien zur<br />

Zahlung aufzuerlegen wäre. Die überwiegende Rsp lehnt<br />

eine solche Kostenkompensation gegenüber der Quotenkompensation<br />

(vgl dazu nur Obermaier, aaO Rz 725<br />

aE), aber vor allem aus Vereinfachungsgründen ab; für<br />

Kosten, <strong>die</strong> typischerweise nur eine Partei aufgewendet<br />

hat, sieht § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO – auch für den überwiegend<br />

Unterlegenen – Kostenersatz im Ausmaß seiner<br />

Obsiegensquote (ohne Abzug der Obsiegensquote des<br />

Gegners) vor. Dass <strong>die</strong>se Grundsätze auch für <strong>die</strong> nach<br />

§ 78 AußStrG zu fällende KostenE in einem Aufteilungs-<br />

Verf gelten sollen, insb wenn es ausschließlich um <strong>die</strong><br />

Frage der Höhe einer Ausgleichszahlung geht, hat der<br />

erk Sen bereits in seiner Vorjudikatur (1 Ob 36/09 i) angenommen,<br />

auch wenn <strong>die</strong>s bisher nicht eingehend begründet<br />

wurde.<br />

Die Anwendung der „Quotenkompensation“ bedeutet<br />

für den vorliegenden Fall Folgendes:<br />

Angesichts der im Verf I. Inst gestellten Anträge auf Ausgleichszahlungen<br />

von E 68.240,01 bzw E 4.000,– obsiegte<br />

<strong>die</strong> ASt mit rund 15%, der Antragsgegner mit rund<br />

85%, sodass der Antragsgegner Anspruch auf Ersatz von<br />

70% seiner im erstinst Verf angefallenen Kosten hat, <strong>die</strong><br />

ASt von 15% der von ihr entrichteten Pauschalgebühr.<br />

Mit ihren Rek blieben beide Parteien letztlich erfolglos,<br />

was <strong>die</strong> jeweilige Pflicht zum Ersatz der Kosten der<br />

RekBeantw begründet. Im RevRekVerf, in dem der Antragsgegner<br />

eine Herabsetzung der vom RekG mit<br />

E 18.369,80 festgesetzten Ausgleichszahlung auf einen<br />

Betrag von E 6.176,79 anstrebte, obsiegte er mit rund<br />

60%, <strong>die</strong> RevRekGegnerin mit rund 40%, sodass ihm der<br />

Ersatz von 60% der Pauschalgebühr nach TP <strong>12</strong> a GGG<br />

und von 20% der Schriftsatzkosten gebührt; für den Verbesserungsschriftsatz<br />

steht kein Kostenersatz zu. Die Sal<strong>die</strong>rung<br />

der so berechneten Ersatzansprüche ergibt zugunsten<br />

des Antragsgegners den aus dem Spruch ersichtlichen<br />

Betrag. Die gesonderte Urkundenvorlage ON 7<br />

war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung<br />

notwendig.<br />

Anmerkung:<br />

NOTAR.AT<br />

Die Leitsätze 1 und 2 der E verfestigen <strong>die</strong> Rsp des nunmehrigen<br />

Fachsenats für nacheheliche Vermögensaufteilung<br />

dahin, dass <strong>die</strong> Jahresfrist des § 95 EheG nur auf das<br />

Begehren um „körperliche“ Zuweisung von Vermögens-<br />

367


NOTAR.AT<br />

teilen, nicht aber für das Begehren um Ausgleichszahlung<br />

gilt. Die <strong>die</strong>sbezüglichen Gründe sind mit Rücksicht<br />

auf vorliegende Vorjudikatur nur knapp, aber überzeugend<br />

dargetan. Diese Rechtsfrage sollte nun endgültig<br />

geklärt sein.<br />

Weit ausführlicher und im Auseinandersetzen mit vorhandener<br />

L und Rsp aber ebenso überzeugend begründet<br />

<strong>die</strong> E den Kostenausspruch:<br />

Die nicht gerade vorbildhafte Gesetzestechnik des § 78<br />

Abs 2 AußStrG lässt tatsächlich nur den Schluss zu, der<br />

Gesetzgeber habe für das AußStrVerf über widerstreitende<br />

Parteiinteressen jene Lösungen vorausgesetzt,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Rsp in jahrzehntelangem Bemühen den zutr als<br />

„vage“ bezeichneten ges Vorgaben in den Kostenbestimmungen<br />

der ZPO abgerungen und konkretisiert<br />

hat. In <strong>die</strong>sem Zusammenhang stellt es alles andere als<br />

einen Nachteil dar, dass dem erk Sen mit Michael Bydlinski<br />

ein Kostenfachmann ersten Rangs angehört.<br />

Aus der E folgt aber auch, dass der Verweis des § 75 Abs 2<br />

GBG auf <strong>die</strong> das Grundbuchsgesetz ergänzenden Vorschriften<br />

des AußStrG – soweit er sich auch auf § 78<br />

Abs 2 AußStrG bezieht, was das Gesetz nirgends ausschließt<br />

– unter der Voraussetzung des Verfolgens widerstreitender<br />

Parteiinteressen Kostenersatzpflicht allenfalls<br />

bei Teilerfolgen nach Quotenkompensation zur Folge haben<br />

muss. Ein Interessenwiderstreit kann sich auch in einem<br />

einseitigen Verf mit nur einseitigem RMVerf ergeben.<br />

Da in der Frage des Kostenersatzes im GrundbuchsVerf<br />

<strong>die</strong> Senate 1 und 5 des HöchstG gegensinnig judizieren,<br />

muss man demnächst <strong>die</strong> E eines verst Sen erwarten.<br />

Die Gesetzeskonformität der Quotenkompensation bei<br />

Teilerfolgen im Verf begründet <strong>die</strong> E sauber und umsichtig.<br />

Für <strong>die</strong> ausführlichen Gründe muss man dankbar sein,<br />

kommt das HöchstG doch selten in <strong>die</strong> Lage, streitige<br />

Fragen um den Kostenersatz zu klären.<br />

Die Praxis wird an der E nicht vorübergehen können.<br />

Hans Hoyer<br />

NZ <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>1<br />

§§ 81 ff EheG – Mietshaus als Unternehmen? Keine<br />

Aufteilung nicht erzielter Erträge; kein unbegründetes<br />

Abweichen vom Bewahrungsgrundsatz<br />

1. Zur Unternehmenseigenschaft eines Zinshauses.<br />

2. Ein von einem Verkaufserlös verbliebener, noch abgrenzbar<br />

im Vermögen einer der Parteien vorhandener<br />

Betrag ist in <strong>die</strong> (nacheheliche) Aufteilungsmasse<br />

einzubeziehen.<br />

3. Ein bloß möglicher, also tatsächlich nicht erzielter,<br />

Ertrag zählt nicht zu den ehelichen Ersparnissen und<br />

ist daher in <strong>die</strong> Aufteilung nicht einzubeziehen.<br />

4. Nach § 90 Abs 1 EheG darf <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung des Eigentums<br />

an unbeweglichen Sachen oder <strong>die</strong> Begründung<br />

dinglicher Rechte daran nur angeordnet werden,<br />

wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt<br />

werden kann.<br />

368<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

5. Es ist nicht vertretbar, ein unbegründetes Abweichen<br />

vom Bewahrungsgrundsatz des § 90 Abs 1 EheG<br />

durch eine gegenüber dem (unstrittigen) Aufteilungsschlüssel<br />

von 1 : 1 deutlich geringere Ausgleichszahlung<br />

rechtfertigen zu wollen.<br />

OGH 26. 5. <strong>2011</strong>, 5 Ob 211/10 a (LG Klagenfurt 13. 10. 2010, 4 R<br />

232/10 z; BG Klagenfurt 31. 5. 2010, 2 C 80/07 m)<br />

Die Parteien waren seit 21. 7. 1966 verheiratet. Das<br />

ErstG schied deren Ehe mit U vom 27. <strong>12</strong>. 2006 aus<br />

dem Alleinverschulden des Antragsgegners. Die ehel<br />

Gemeinschaft der Parteien ist seit 8. 10. 2005 infolge<br />

Auszugs der ASt aus der Ehewohnung aufgehoben.<br />

Der Antragsgegner hatte ein Unternehmen (Autohandel,<br />

Werkstätte und Tankstelle) betrieben, das den Parteien<br />

und den gemeinsamen vier Kindern als Existenzgrundlage<br />

<strong>die</strong>nte. Die ASt arbeitete neben der Führung des<br />

ehel Haushalts und der Kinderbetreuung im Unternehmen<br />

des Antragsgegners mit. Ihr Entgelt wurde teilweise<br />

für <strong>die</strong> Haushaltsführung, teilweise zur Rückzahlung von<br />

Verbindlichkeiten verwendet. Im April 1990 legte der Antragsgegner<br />

das Unternehmen still.<br />

Während aufrechter Ehe hat der Antragsgegner seither in<br />

seinem grundbücherl AlleinE stehende Liegenschaften<br />

erworben, nämlich <strong>die</strong> Liegenschaft EZ 422 GB X. mit<br />

dem Haus X., Z-straße 56 (frühere Ehewohnung; maßgeblicher<br />

Schätzwert E 234.770,– mit pfandrechtl sichergestelltem<br />

CHF-Kredit von [umgerechnet] E 108.521,53),<br />

und 9835/100.000-Anteile an der EZ 497 GB Y. (B-LNR 3<br />

verbunden mit WE an W 10; S, F. 34; Ferienwohnung;<br />

maßgeblicher Schätzwert E 39.580,–).<br />

1984 erwarb der Antragsgegner <strong>die</strong> Doppelliegenschaft<br />

EZ 2229 GB X. mit dem darauf befindlichen<br />

Objekt D-Straße 4/G-Straße 10, um S 1.380.000,–<br />

(E 100.288,51). Es handelt sich um eine Eckliegenschaft<br />

mit zwei Zinshäusern (Altbauwohnungen), in welchen<br />

der Antragsgegner eine Reihe von Investitionen vornehmen<br />

ließ. Die Finanzierung des Kaufpreises erfolgte mit<br />

Kredit. Die Anschaffung der Liegenschaft sollte als Pensionsvorsorge<br />

<strong>die</strong>nen. Ein Objekt sollte nach durchgeführter<br />

Renovierung verkauft werden und den Parteien zur<br />

Hebung des Lebensstandards <strong>die</strong>nen. Das zweite Haus<br />

sollte entweder vermietet oder allenfalls auch verkauft<br />

werden. Mit Kaufvertrag vom 17. 2. 2000 verkaufte der<br />

Antragsgegner dann tatsächlich <strong>die</strong> inzwischen eine eigene<br />

EZ (305 GB X.) bildende Liegenschaft mit dem Haus<br />

G-Straße 10 um S 11.500.000,– (E 853.737,59). Aus dem<br />

Verkaufserlös wurden S 700.000,– (E 50.870,–) zur Abdeckung<br />

von Unternehmensverbindlichkeiten des Antragsgegners<br />

verwendet. Die genauere Verwendung<br />

des Verkaufserlöses steht nicht fest; ein Betrag von zumindest<br />

E 800.000,– ist im Vermögen des Antragsgegners<br />

noch vorhanden. Daraus folgt bei 2,5% jährlichem<br />

Zinsgewinn von März 2002 (Kaufvertragsabschluss) bis<br />

Oktober 2005 (Beginn der Unterhaltszahlungen des Antragsgegners<br />

an <strong>die</strong> ASt) ein kapitalisierter Zinsertrag<br />

von E <strong>12</strong>3.543,81.


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Der Antragsgegner ist weiterhin AlleinE der Liegenschaft<br />

EZ 2229 GB X. (D-Straße 4; maßgeblicher Schätzwert<br />

E 600.100,– mit pfandrechtl sichergestelltem CHF-<br />

Kredit von [umgerechnet] E 294.101,38). Mit Mieterlösen<br />

aus <strong>die</strong>ser Liegenschaft wurden Investitionen in nicht<br />

feststellbarer Höhe in <strong>die</strong> Liegenschaft in M (frühere Ehewohnung)<br />

finanziert.<br />

Die ASt bezieht derzeit eine österr Pension von monatlich<br />

E 362,– (14-mal) und eine Pension aus Deutschland<br />

von E 39,– (<strong>12</strong>-mal) sowie Unterhaltszahlungen des Antragsgegners<br />

von monatlich E 650,–. Die ASt bewohnt<br />

derzeit eine Mietwohnung und hat dafür eine monatl<br />

Miete von E 420,– zu bezahlen. Die ASt ist auf <strong>die</strong> Benützung<br />

des Hauses in M (frühere Ehewohnung) insofern angewiesen,<br />

als <strong>die</strong> Erhaltung <strong>die</strong>ses Hauses (Bezahlung<br />

der Betriebskosten) für sie leichter leistbar ist.<br />

Der Antragsgegner bezieht eine Pension aus Deutschland<br />

von monatlich E 114,– (<strong>12</strong>-mal) sowie Einnahmen<br />

aus der Vermietung von Wohnungen der Liegenschaft<br />

EZ 2229 GB X. (D-Straße 4).<br />

Die ASt begehrte <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung des AlleinE an den<br />

Liegenschaften EZ 422 GB X. (frühere Ehewohnung)<br />

und an der Eigentumswohnung S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung)<br />

auf sie, <strong>die</strong> Belassung des Eigentums an der<br />

Liegenschaft EZ 2229 GB X. (D-Straße 4; Zinshaus) beim<br />

Antragsgegner und dessen Verpflichtung zur Zahlung einer<br />

in mehreren Varianten errechneten Ausgleichszahlung<br />

unter Berücksichtigung des halben Verkaufserlöses<br />

für das Haus V, G-Straße 10.<br />

Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Aufteilungsantrags<br />

der ASt, Beibehaltung der bisherigen Eigentumsverhältnisse<br />

bei Ehe- sowie Ferienwohnung<br />

und Zuerkennung einer angemessenen Ausgleichszahlung<br />

an <strong>die</strong> ASt. Der Erlös aus dem Verkauf des Hauses<br />

V., G-Straße 10, sei nicht mehr vorhanden, sondern zur<br />

Abdeckung von Verbindlichkeiten verwendet worden.<br />

Das verbliebene Haus in V., D-Straße 4 (Zinshaus), unterliege<br />

als Unternehmen nicht der Aufteilung.<br />

Das ErstG nahm – im zweiten Rechtsgang – <strong>die</strong> nachehel<br />

Aufteilung so vor, dass es das Eigentum an der Liegenschaft<br />

EZ 422 GB X. (frühere Ehewohnung) und an der<br />

Eigentumswohnung S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung) an<br />

<strong>die</strong> ASt übertrug, <strong>die</strong> alleinige Haftung des Antragsgegners<br />

für <strong>die</strong> ob der Liegenschaft EZ 422 GB X.<br />

(frühere Ehewohnung) sichergestellte Kreditforderung<br />

(E 108.521,53) anordnete und den Antragsgegner zur<br />

Leistung einer Ausgleichszahlung von E 424.770,– binnen<br />

zwei Monaten, zur Räumung der Liegenschaft<br />

EZ 422 GB X. (frühere Ehewohnung) binnen drei Monaten<br />

und zur Leistung von Kostenersatz an <strong>die</strong> ASt in der<br />

Höhe von E 30.000,– verpflichtete. In <strong>die</strong> Aufteilung<br />

seien alle genannten Liegenschaften sowie der beim Antragsgegner<br />

noch vorhandene Teil des Erlöses aus dem<br />

Verkauf des Hauses V., G.straße 10, samt Zinsertrag einzubeziehen,<br />

weil <strong>die</strong> Doppelliegenschaft mit dem Zins-<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

haus nicht als Unternehmen zu qualifizieren sei. Da <strong>die</strong><br />

Ehe aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden<br />

worden sei, stehe der ASt bei der nachehel Aufteilung<br />

ein Wahlrecht zu. Der Wahl der ASt folgend sei<br />

<strong>die</strong>ser das AlleinE an der Liegenschaft EZ 422 GB X. (frühere<br />

Ehewohnung) und an der Eigentumswohnung S.,<br />

F. 34 W 10 (Ferienwohnung) zuzuweisen gewesen. Die<br />

ASt sei zwar wohnversorgt, doch habe sie für ihre Wohnung<br />

höhere Kosten zu bezahlen als iFd Wiederbenützung<br />

der Ehewohnung. Insgesamt seien folgende Aktiva<br />

und Passiva zu berücksichtigen:<br />

Aktiva:<br />

Liegenschaft M. (frühere Ehewohnung): E 234.770,–<br />

Eigentumswohnung an W 10; S., F. 34: E 39.580,–<br />

Liegenschaft V., D-Straße 4: E 600.100,–<br />

Verkaufserlös V., G-Straße 10: E 853.737,59<br />

Zinsertrag aus Verkaufserlös: E <strong>12</strong>3.543,–<br />

Aktiva Gesamt: E 1.851.730,–<br />

Passiva:<br />

Kredit V., D-Straße 4: E 294.101,38<br />

Kredit Ehewohnung: E 108.521,53<br />

aus Verkaufserlös zurückbezahlte Unternehmensschulden:<br />

E 50.870,–<br />

Passiva Gesamt: E 453.492,51<br />

Die Nettoaufteilungsmasse betrage E 1.398.237,50. Bei<br />

einer Teilung im Verhältnis 1 : 1 stehe der ASt nach Zuweisung<br />

der Liegenschaft EZ 422 GB X. (frühere Ehewohnung)<br />

und der Eigentumswohnung S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung)<br />

noch eine Ausgleichszahlung von (gerundet)<br />

E 424.700,– zu.<br />

Das RekG gab dem gegen <strong>die</strong>se E erh Rek des Antragsgegners<br />

teilweise, und zwar (nur) insoweit Folge, als es<br />

<strong>die</strong> von <strong>die</strong>sem zu leistende Ausgleichszahlung (von<br />

E 424.700,–) auf E 300.000,– reduzierte. Das Zinshaus<br />

sei nicht als Unternehmen zu werten, weshalb <strong>die</strong>ses<br />

und der aus anderen Liegenschaften erzielte Verkaufserlös<br />

und <strong>die</strong> Aufteilung einzubeziehen seien. Der schuldlos<br />

geschiedenen ASt stehe der Vorrang bei der Wahl<br />

der Vermögensgegenstände zu, weshalb <strong>die</strong> vom ErstG<br />

vorgenommene Zuweisung des Liegenschaftsvermögens<br />

nicht zu beanstanden sei. Die Höhe der Ausgleichszahlung<br />

sei allerdings korrekturbedürftig; zunächst sei<br />

das der Aufteilung unterliegende Vermögen nicht streng<br />

rechnerisch zu teilen und außerdem sei zu berücksichtigen,<br />

dass einerseits <strong>die</strong> Liegenschaftszuweisungen an<br />

<strong>die</strong> ASt entgegen dem Bewahrungsgrundsatz (§ 90<br />

Abs 1 EheG) erfolgt seien und andererseits der Beitrag<br />

des Antragsgegners zum Erwerb, zur Renovierung und<br />

zum Verkauf des (einen) Zinshauses aus unternehmerischer<br />

Sicht wohl höher einzuschätzen sei als jener der<br />

ASt. Die vom Antragsgegner zu leistende Ausgleichszahlung<br />

sei daher auf E 300.000,– zu reduzieren.<br />

369


NOTAR.AT<br />

Das RekG sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands<br />

insgesamt E 30.000,– übersteigt und der<br />

oRevRek nicht zulässig sei, weil sich das RekG an zit hg<br />

Rsp gehalten habe und Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1<br />

AußStrG nicht zu lösen gewesen seien.<br />

Gegen <strong>die</strong> E des RekG richten sich <strong>die</strong> RevRek beider<br />

Parteien.<br />

Die ASt bekämpft den B des RekG insoweit, als damit <strong>die</strong><br />

ihr zu leistende Ausgleichszahlung reduziert wurde, wegen<br />

unrichtiger rechtl Beurteilung mit dem Antrag auf<br />

Abänderung iS der Bestätigung des erstg B. Hilfsweise<br />

stellt <strong>die</strong> ASt auch einen Aufhebungsantrag.<br />

Der Antragsgegner bekämpft den B des RekG in seinem<br />

gesamten Umfang wegen unrichtiger rechtl Beurteilung<br />

mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass <strong>die</strong> Liegenschaft<br />

EZ 2229 GB X. (D-Straße 4) sowie der Erlös aus<br />

dem Verkauf des Hauses V., G.straße 10, aus dem aufzuteilenden<br />

Vermögen ausgeschieden, ihm das Eigentum<br />

an der Liegenschaft EZ 422 GB X. (frühere Ehewohnung)<br />

sowie an der Eigentumswohnung S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung)<br />

belassen bleibe und der ASt eine entsprechende,<br />

in Raten zu leistende Ausgleichszahlung zuerkannt<br />

werde. Hilfsweise stellt auch der Antragsgegner einen<br />

Aufhebungsantrag.<br />

Nur <strong>die</strong> ASt machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit<br />

der Erstattung einer RevRekBeantw Gebrauch und<br />

beantragte in <strong>die</strong>ser, dem RevRek des Antragsgegners<br />

nicht Folge zu geben, in eventu <strong>die</strong>sen zurückzuweisen.<br />

Beide RevRek sind zulässig, weil <strong>die</strong> Vorinst Grundsätze<br />

der nachehel Aufteilung verkannt haben; beide RevRek<br />

sind in ihren Aufhebungsanträgen auch berechtigt.<br />

Die RevRekBeantw der ASt ist verspätet.<br />

1. Zum Umfang der Aufteilungsmasse:<br />

Betr den Umfang der Aufteilungsmasse ist zwischen den<br />

Parteien (nur mehr) strittig, ob <strong>die</strong> Liegenschaft EZ 2229<br />

GB X. (D-Straße 4) mit dem als Zinshaus bezeichneten<br />

Objekt und der Erlös aus dem Verkauf des Objekts V.,<br />

G.straße 10, samt dem daraus möglich gewesenen Zinsertrag<br />

in <strong>die</strong> Aufteilung einzubeziehen sind. Die Vorinst<br />

haben insoweit eine Unternehmenseigenschaft verneint<br />

und deshalb <strong>die</strong> Zugehörigkeit zur Aufteilungsmasse bejaht.<br />

Der Antragsgegner sieht demgegenüber in den<br />

Zinshäusern den Unternehmenszweck im Vordergrund<br />

und will sie gestützt auf § 82 Abs 1 Z 3 EheG aus der Verteilungsmasse<br />

ausgeschieden haben.<br />

1.1 Der OGH hat sich bereits mit der Frage befasst, ob –<br />

im Lichte der nachehel Aufteilung – bei einem Zinshaus<br />

der Unternehmenszweck im Vordergrund steht oder ob<br />

insoweit eine Wertanlage vorliegt. In der E 9 Ob 42/<br />

99 p (24. 2. 1999) hat der OGH ausgeführt, dass Zinshäuser<br />

für den Bereich des AufteilungsVerf nicht grundsätzlich<br />

vom Unternehmensbegriff ausgenommen werden<br />

könnten. Zunächst könne in Zusammenhang mit der Vermietung<br />

von Wohnungen ein Unternehmen durchaus<br />

370<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

dann vorliegen, wenn eine größere Zahl von Mietverträgen<br />

abgeschlossen und deshalb eine auf Dauer angelegte<br />

Organisation erforderlich sei. Diese Rechtsansicht wiederholte<br />

der OGH in seiner E 1 Ob 89/01 x. Allerdings<br />

wird in 9 Ob 42/99 p für <strong>die</strong> Unterscheidung, ob eine<br />

bloße Wertanlage bezweckt oder aber ein Unternehmenszweck<br />

verfolgt wird, auch betont, dass es dabei wesentlich<br />

auf <strong>die</strong> Widmung ankomme (vgl auch RIS-Justiz<br />

RS0057521).<br />

1.2 Das ErstG hat festgestellt, dass den Parteien <strong>die</strong> Doppelliegenschaft<br />

(Zins[eck]haus) als Pensionsvorsorge <strong>die</strong>nen<br />

sollte. Ein Objekt sollte nach dessen Renovierung<br />

verkauft werden und zur Hebung des Lebensstandards<br />

<strong>die</strong>nen. Tatsächlich wurde <strong>die</strong>ser Verkauf idF auch durchgeführt.<br />

Das zweite Haus sollte entweder vermietet oder<br />

allenfalls auch verkauft werden. Bei <strong>die</strong>ser Sachlage<br />

imponiert(e) der Zweck der Doppelliegenschaft V.,<br />

D-Straße 4/G.straße 10, als (tw bereits realisierte) Wertanlage,<br />

weshalb <strong>die</strong> noch im AlleinE des Antragsgegners<br />

stehende Liegenschaft EZ 2229 GB X. (D-Straße 4) nicht<br />

als Unternehmen(sbestandteil) nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG<br />

aus der Verteilungsmasse auszuscheiden, sondern in<br />

<strong>die</strong>se einzubeziehen ist. Gleiches gilt dann auch – wie<br />

in den E der Vorinst geschehen – für <strong>die</strong> damit in Zusammenhang<br />

stehende Kreditverbindlichkeit.<br />

1.3 Zum (restl) Verkaufserlös aus dem Objekt V.,<br />

G-Straße 10, hat das ErstG festgestellt, dass (nach Abzug<br />

der Zahlung auf Unternehmensverbindlichkeiten) ein Betrag<br />

von zumindest E 800.000,– noch – gemeint offenbar:<br />

abgrenzbar – im Vermögen des Antragsgegners vorhanden<br />

ist, weshalb auch <strong>die</strong>ser Betrag rechtsrichtig in <strong>die</strong><br />

Aufteilung einbezogen wurde. Der dagegen erhobene<br />

Einwand des Antragsgegners, es liege betreffend das Vorhandensein<br />

des Verkaufserlöses eine bloße Vermutung<br />

des ErstG vor, erweist sich als eine im RevRekVerf unzulässige<br />

Beweisrüge (vgl RIS-Justiz RS0006737, RS0043414).<br />

Die Einbeziehung der Liegenschaft EZ 2229 GB X.<br />

(D-Straße 4) sowie des (restlichen) Erlöses aus dem Verkauf<br />

des Objekts V., G-Straße 10, in <strong>die</strong> Aufteilungsmasse<br />

ist daher zu Recht erfolgt und <strong>die</strong>se Frage ist nunmehr für<br />

das weitere Verf abschließend beurteilt.<br />

1.4 Mit Recht wendet sich der Antragsgegner jedoch gegen<br />

<strong>die</strong> Veranschlagung eines (fiktiven) Veranlagungserlöses<br />

im Form eines kapitalisierten Zinsertrags für den Erlös<br />

aus dem Verkauf der Liegenschaft V., G-Straße 10. In<br />

<strong>die</strong> Aufteilung ist nur einzubeziehen, was <strong>die</strong> Ehegatten<br />

während und bis zur Auflösung der ehel Lebensgemeinschaft<br />

tatsächlich erworben haben (§ 81 EheG; RIS-Justiz<br />

RS0057331; Koch in KBB3 § 81 EheG Rz 3 und 7). Ein bloß<br />

möglich, also ein tatsächlich nicht erzielter Ertrag gehört<br />

nicht zu den ehel Ersparnissen. Allerdings könnten <strong>die</strong><br />

Feststellungen des ErstG zu <strong>die</strong>ser Tatfrage allenfalls auch<br />

so zu verstehen sein, dass <strong>die</strong>ses einen vom Antragsgegner<br />

tatsächlich erzielten Zinsertrag zugrunde legen wollte<br />

und nur dessen Höhe – etwa iSd § 34 AußStrG – mangels<br />

anderer Anhaltspunkte mit dem angenommenen Zinser-


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

trag ausmitteln wollte. Dies wird das ErstG bei seiner neuerl<br />

E in tatsächlicher Hinsicht klarzustellen haben.<br />

2. Zur Aufteilung des Liegenschaftsvermögens:<br />

2.1 Das weiter dem Antragsgegner verbleibende Eigentum<br />

an der Liegenschaft EZ 2229 GB X. (D-Straße 4) ist –<br />

ihre Einbeziehung in <strong>die</strong> Aufteilungsmasse vorausgesetzt<br />

(s 1.2) – unzweifelhaft.<br />

2.2 Strittig ist dagegen <strong>die</strong> Zuteilung der Liegenschaft EZ<br />

422 GB X. (frühere Ehewohnung) sowie der Eigentumswohnung<br />

S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung). Bei der Beurteilung<br />

<strong>die</strong>ser Streitfrage haben <strong>die</strong> Vorinst – wie vom<br />

Antragsgegner im Ansatz richtig geltend gemacht –<br />

den Bewahrungsgrundsatz (§ 90 Abs 1 EheG) nicht ausreichend<br />

berücksichtigt:<br />

2.3 Nach § 90 Abs 1 EheG darf <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung des Eigentums<br />

an unbeweglichen Sachen oder <strong>die</strong> Begründung<br />

von dinglichen Rechten daran nur angeordnet werden,<br />

wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht<br />

erzielt werden kann. Nach vorliegender Rsp wird <strong>die</strong><br />

<strong>Über</strong>tragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen<br />

tendenziell an strenge Voraussetzungen geknüpft und<br />

deshalb auch als „ultima ratio“ bezeichnet (vgl RIS-Justiz<br />

RS0057905). Nun mag § 90 Abs 1 EheG in <strong>die</strong> Ehewohnung<br />

betr Fällen etwas weitherziger gehandhabt werden<br />

(vgl 3 Ob 551/83 EFSlg 41.411; 7 Ob 750/80 EFSlg<br />

36.465; allg zur Beachtlichkeit des Wohnbedürfnisses<br />

unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit vgl RIS-Justiz<br />

RS0057733, RS0057952; s auch Stabentheiner in Rummel<br />

3 § 90 EheG Rz 1; Bernat in Schwimann 3 § 90 EheG<br />

Rz 1; Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth §90<br />

EheG Rz 1; <strong>die</strong>s in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 90<br />

EheG Rz 1). Es mag auch Fälle geben, in denen zwar<br />

nur ein Ehegatte im GB als Eigentümer eingetragen ist,<br />

das Haus während der Ehe errichtet (angeschafft) wurde,<br />

<strong>die</strong> früheren Ehegatten hiezu etwa zu gleichen Teilen<br />

beigetragen haben und sie im Innenverhältnis übereinstimmend<br />

der Auffassung waren, dass das Haus ihnen<br />

beiden „gehört“, sie also beide übereinstimmend der<br />

Meinung waren, materiell ME zu sein, <strong>die</strong> Verbücherung<br />

beider früheren Ehegatten aber allenfalls nur aus Bequemlichkeit<br />

oder wegen fehlenden Problembewusstseins<br />

unterblieben ist (vgl etwa 3 Ob 2224/96 x EFSlg<br />

84.698). Unter derartigen Umständen wird dem Bewahrungsgrundsatz<br />

nur geringere Bedeutung zukommen,<br />

doch kann vom Vorliegen eines solchen Falls auf der<br />

Grundlage der gegebenen Feststellungen nicht ausgegangen<br />

werden.<br />

Die ASt ist im Jahr 2005 aus der früheren Ehewohnung<br />

ausgezogen und ist wohnversorgt. Die einzigen Argumente<br />

der Vorinst für <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung des Eigentums<br />

an der Liegenschaft mit der früheren Ehewohnung auf<br />

<strong>die</strong> ASt sind das Alleinverschulden des Antragsgegners<br />

an der Ehescheidung und dass „<strong>die</strong> Erhaltung <strong>die</strong>ses<br />

Hauses (Bezahlung der Betriebskosten) für sie leichter<br />

leistbar ist“.<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

Ein Rechtsprechungsgrundsatz dahin, dass das von den<br />

Vorinst betonte – im Gesetz ohnehin nicht positivierte –<br />

Optionsrecht des schuldlos geschiedenen Ehegatten<br />

(vgl dazu RIS-Justiz RS0057387; RS0057523) den Bewahrungsgrundsatz<br />

allein und gänzlich entkräftet, existiert<br />

aber nicht (5 Ob 136/10 a) und es ist auch nicht Aufgabe<br />

der nachehel Aufteilung, den allein an der Scheidung<br />

schuldigen Ehegatten zu „bestrafen“. Schließlich ist zur<br />

finanziellen Situation der ASt <strong>die</strong> Feststellung des ErstG<br />

unklar, ob sich <strong>die</strong> vermeintlich „leichtere“ Leistbarkeit<br />

nur auf den Vergleich zwischen dem von der ASt derzeit<br />

zu leistenden Mietzins und den Betriebskosten des Hauses<br />

in M. bezieht und ob sich nicht unter Mitberücksichtigung<br />

des Erhaltungsaufwands für <strong>die</strong> Liegenschaft ein<br />

ganz anderes Bild ergibt.<br />

2.4 Für <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung der Eigentumswohnung S., F. 34<br />

W 10 (Ferienwohnung) an <strong>die</strong> ASt sind – abgesehen vom<br />

von den Vorinst offenbar auch insoweit herangezogenen<br />

Alleinverschulden des Antragsgegners an der Scheidung<br />

– überhaupt keine naheliegenden Gründe erkennbar.<br />

Das ErstG wird daher im fortgesetzten Verf insb mit der<br />

ASt zu erörtern haben, welche – im Lichte des § 90<br />

Abs 1 EheG vermeintlich tragfähigen – Argumente für<br />

eine <strong>Über</strong>tragung des Eigentums an der Liegenschaft EZ<br />

422 GB X. (frühere Ehewohnung) sowie der Eigentumswohnung<br />

S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung) sprechen könnten;<br />

dazu werden dann in der neuerlichen E des ErstG<br />

klare und aussagekräftige Feststellungen zu treffen sein.<br />

3. Ausgleichszahlung:<br />

Es ist dem RekG durchaus dahin beizupflichten, dass eine<br />

Ausgleichszahlung nicht mit (scheinbar) mathematischer<br />

Genauigkeit festzusetzen ist (vgl RIS-Justiz RS0113732).<br />

Es ist allerdings nicht vertretbar, ein unbegründetes Abweichen<br />

vom Bewahrungsgrundsatz des § 90 Abs 1<br />

EheG durch eine gegenüber dem (unstrittigen) Aufteilungsschlüssel<br />

von 1 : 1 deutlich geringere Ausgleichszahlung<br />

rechtfertigen zu wollen. Damit würde zum Nachteil<br />

beider Parteien von einer den ges Grundsätzen entsprechenden<br />

Aufteilung abgewichen. Das weitere Argument<br />

des RekG, der Antragsgegner habe sich bei den<br />

Renovierungs- und Umbauarbeiten am Zinshaus mehr<br />

engagiert als <strong>die</strong> ASt, findet in den Feststellungen des<br />

ErstG keine Deckung. Es ist daher auch dem RevRek<br />

der ASt insoweit zu folgen, als nach der derzeit vorliegenden<br />

Sachverhaltsgrundlage eine Ausgleichszahlung,<br />

<strong>die</strong> deutlich vom Aufteilungsschlüssel 1 : 1 abweicht,<br />

nicht zu rechtfertigen ist.<br />

4. Zusammenfassung:<br />

Die Liegenschaft EZ 2229 GB X. (V., D-Straße 4) ist iHa<br />

deren Qualität als Wertanlage genauso in <strong>die</strong> Aufteilung<br />

einzubeziehen wie der (restliche) Erlös aus dem Verkauf<br />

des Hauses V., G-Straße 10. Ob der Antragsgegner aus<br />

Letzterem tatsächlich einen Zinsertrag erzielt hat, wird<br />

das ErstG durch entsprechende Feststellungen klarzustellen<br />

haben. Die ASt wird konkrete Umstände vorzutra-<br />

371


NOTAR.AT<br />

gen haben, <strong>die</strong> unter Berücksichtigung des Bewahrungsgrundsatzes<br />

allenfalls <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung von Liegenschaftseigentum<br />

an sie zu rechtfertigen vermögen. Nach<br />

derzeit gegebener Sachlage wird sich <strong>die</strong> festzusetzende<br />

Ausgleichszahlung am Aufteilungsschlüssel 1 : 1 zu orientieren<br />

haben.<br />

Anmerkung:<br />

Es ist bedenklich, dass das Höchstgericht Feststellungen<br />

der Tatsacheninstanzen, <strong>die</strong> nicht eindeutig sind, auslegt,<br />

wie hier zum 2. Leitsatz „gemeint offenbar: [. . .]“.<br />

Hier liegt eine sekundäre Mangelhaftigkeit vor, deren Relevieren<br />

nicht mit dem Argument der unzulässigen Beweisrüge<br />

erledigt werden darf. Was <strong>die</strong> Tatsacheninstanzen<br />

an Sachverhalt feststellen, muss eindeutig und darf<br />

nicht auslegungsbedürftig sein.<br />

Hans Hoyer<br />

NZ <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>2<br />

§ 382 Abs 1 lit c, § 382 h EO; § 92 ABGB – Einstweilige<br />

Sicherung des Wohnungserhaltungsanspruchs<br />

1. Aus § 97 EheG stehen dem gefährdeten Ehegatten<br />

Unterlassungs- und Leistungsansprüche gegen den anderen<br />

Ehegatten zu.<br />

2. Nach § 382 k Abs 2 EO ist im Fall eines zwischen<br />

den Parteien anhängigen Eheverfahrens das Bescheinigen<br />

einer konkreten Gefährdung des Anspruchs<br />

nicht notwendig.<br />

3. § 382 k Abs 2 EO begründet eine Rechtsvermutung<br />

zugunsten der Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs,<br />

<strong>die</strong> bereits durch <strong>die</strong> Tatsache eines anhängigen<br />

Eheverfahrens ausgelöst wird.<br />

4. Aufgrund der Entbehrlichkeit von Tatsachenbehauptungen<br />

zur Gefährdung ist es konsequent, dem<br />

Antragsgegner das Widerlegen der Rechtsvermutung<br />

zu ermöglichen, sei es bei seiner Anhörung im Sicherungsverfahren<br />

selbst (§ 382 Abs 3 EO) oder im einseitigen<br />

Sicherungsverfahren im Widerspruchsverfahren.<br />

OGH 28. 4. <strong>2011</strong>, 1 Ob 67/11 a (LGZ Graz 8. 2. <strong>2011</strong>, 2 R 2/11 w; BG<br />

Graz-Ost 26. 11. 2010, 249 C 87/10 x)<br />

Die Ehe der StrTeile ist aufrecht. Ein ScheidungsVerf ist<br />

seit 2010 anhängig. Der Antragsgegner ist AlleinE einer<br />

Liegenschaft, auf der sich <strong>die</strong> von beiden Ehegatten<br />

mit den gemeinsamen Kindern bewohnte Ehewohnung<br />

befindet.<br />

Die ASt beantragte zur einstw Sicherung des Anspruchs<br />

der Wohnungserhaltung, dem Antragsgegner zu verbieten,<br />

<strong>die</strong> Liegenschaft ohne ihre Zustimmung zu veräußern,<br />

zu belasten oder zu vermieten, und ein Belastungsund<br />

Veräußerungsverbot im GB einzutragen. Soweit für<br />

das RevRekVerf (in dem <strong>die</strong> Berechtigung des Sicherungsantrags<br />

nach § 382 Z 8 lit c EO kein Thema ist) relevant,<br />

brachte sie vor, sie sei mangels anderweitiger<br />

Wohnversorgung zur Befriedigung ihres dringenden<br />

Wohnbedürfnisses auf <strong>die</strong> Ehewohnung angewiesen.<br />

Sie habe einen Anspruch darauf, <strong>die</strong> Ehewohnung wei-<br />

372<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

terhin gesichert zur Wohnversorgung zur Verfügung zu<br />

haben.<br />

In seiner Äußerung zum Sicherungsantrag wendete der<br />

Antragsgegner ein, der Antrag ziele nicht, wie in<br />

§ 382 h EO vorgesehen, darauf ab, das dringende Wohnbedürfnis<br />

der ASt zu sichern, sondern solle ihr allenfalls<br />

sogar Eigentum verschaffen. Er habe der ASt <strong>die</strong> Benutzung<br />

der Ehewohnung nie verwehrt. Ausdrücklich erklärte<br />

er, dass <strong>die</strong> ASt wie bisher <strong>die</strong> gemeinsame Ehewohnung<br />

bewohnen und benützen könne. Er beabsichtige<br />

nicht, <strong>die</strong> Liegenschaft zu veräußern, zu belasten<br />

oder zu vermieten. Die ASt sei aufgrund ihrer Einkommen<br />

in der Lage, sich eine eigene Wohnung zu verschaffen.<br />

Das ErstG wies den Sicherungsantrag ab.<br />

Zusätzl zu den eingangs wiedergegebenen unstrittigen<br />

Tatsachen nahm es noch folgenden (relevanten) Sachverhalt<br />

als bescheinigt an:<br />

Es kann weder festgestellt werden, dass der Antragsgegner<br />

<strong>die</strong> Antragsgegnerin daran hindert, ihr Wohnbedürfnis<br />

an der Ehewohnung zu befriedigen, noch dass er beabsichtigt,<br />

<strong>die</strong>se zu vermieten, zu verwerten, zu belasten<br />

oder gar zu verkaufen. Er setzte keine Handlungen, <strong>die</strong><br />

der Antragsgegnerin das Wohnen in der Ehewohnung<br />

unmöglich machen oder <strong>die</strong> Befriedigung von nicht in<br />

Geld zu bewertenden Ansprüchen im Scheidungs- oder<br />

AufteilungsVerf vereiteln oder erheblich erschweren. Er<br />

erklärt sich vielmehr ausdrücklich damit einverstanden,<br />

dass <strong>die</strong> ASt ihren Wünschen entsprechend in der Ehewohnung<br />

lebt bzw, falls sie nicht mehr mit ihm zusammenleben<br />

möchte, mit seiner Zustimmung ausziehen<br />

kann, ohne dass er einen allfälligen Auszug als Scheidungsgrund<br />

geltend machen wird.<br />

In seiner rechtl Beurteilung führte das ErstG aus, eine EV<br />

nach § 382 h EO könne analog zu § 382 Z 8 lit c EO nur<br />

erlassen werden, wenn eine konkrete Gefährdung behauptet<br />

und bescheinigt werde. Ein konkreter Anhaltspunkt<br />

für eine aktuelle Gefährdung des Anspruchs auf Sicherung<br />

des eigenen Wohnbedürfnisses der ASt werde<br />

aber nicht behauptet.<br />

Das RekG bestätigte <strong>die</strong>sen B. Zu Recht weise <strong>die</strong> ASt<br />

darauf hin, dass <strong>die</strong> EV nach § 382 h EO gemäß dessen<br />

Abs 2 auch ohne Gefährdungsbescheinigung erlassen<br />

werden könne, wenn – wie hier – zwischen den Parteien<br />

ein Verf auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung<br />

der Ehe anhängig sei. Die EV zur Sicherung des<br />

Wohnungserhaltungsanspruchs sei nach § 97 ABGB anspruchsgebunden.<br />

Eine solche Sicherungsmaßnahme<br />

sei daher nach § 391 Abs 2 EO mit einer Fristsetzung<br />

zur Einbringung einer Rechtfertigungsklage zu verknüpfen.<br />

Trotz der Befreiung eines ASt von einer Gefahrenbescheinigung<br />

stelle sich daher <strong>die</strong> Frage, ob <strong>die</strong> Erlassung<br />

der EV zulässig sei, wenn schon nach der Behauptungslage<br />

jeder Hinweis darauf fehle, dass <strong>die</strong> zu sichernden<br />

Rechte nach § 97 ABGB vom Antragsgegner eingeschränkt,<br />

bestritten oder auch nur bezweifelt werden


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

könnten. Unter Bedachtnahme auf <strong>die</strong> Anspruchsgebundenheit<br />

der EV nach § 382 h EO sei jenen Lehrmeinungen<br />

zu folgen, welche eine Gegenbescheinigung als zulässig<br />

ansähen. Erstatte <strong>die</strong> gefährdete P keinerlei Vorbringen,<br />

auf das sich <strong>die</strong> Einbringung einer Rechtfertigungsklage<br />

nach § 97 ABGB stützen könnte, sei <strong>die</strong><br />

Erlassung der anspruchsgebundenen EV nach § 382 h<br />

EO unzulässig, wenn ein Anspruch, der mittels EV gesichert<br />

werden könnte, nicht einmal behauptet werde.<br />

Die Fristsetzung zur Einbringung einer offensichtlich aussichtslosen<br />

Rechtfertigungskl würde sich idF als sinnloser<br />

Formalismus darstellen. Daran ändere dHa Ersatzansprüche<br />

nach § 394 EO nichts, zumal auch dem Gesetzgeber<br />

nicht unterstellt werden könne, vermeidbaren, von vornherein<br />

zwecklosen Prozessaufwand zu billigen.<br />

Das RekG ließ den oRevRek mangels hg Rsp zu der erörterten<br />

Frage der Notwendigkeit konkreter Behauptungen<br />

in einem Sicherungsantrag nach § 382 h EO zu.<br />

Der RevRek ist zulässig und berechtigt.<br />

1. Ist ein Ehegatte über <strong>die</strong> Wohnung, <strong>die</strong> der Befriedigung<br />

des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen<br />

Ehegatten <strong>die</strong>nt, verfügungsberechtigt, so hat <strong>die</strong>ser<br />

nach § 97 Satz 1 ABGB Anspruch darauf, dass der verfügungsberechtigte<br />

Ehegatte alles unterlasse und vorkehre,<br />

damit der auf <strong>die</strong> Wohnung angewiesene Ehegatte<br />

<strong>die</strong>se nicht verliere. Dies gilt nach Satz 2 nicht,<br />

wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten<br />

Ehegatten durch <strong>die</strong> Umstände erzwungen<br />

wird. Der Zweck <strong>die</strong>ser Bestimmung wird in stRsp darin<br />

gesehen, dem betroffenen Ehegatten jene Wohnmöglichkeit<br />

zu erhalten, <strong>die</strong> ihm bisher zur Deckung des<br />

den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen<br />

Bedürfnisses ge<strong>die</strong>nt hat und <strong>die</strong> er weiterhin benötigt<br />

(RIS-Justiz RS0009570). Er soll insofern vor Willkürakten<br />

des anderen Ehegatten geschützt werden (RIS-Justiz<br />

RS0009580). Es stehen ihm Unterlassungs- und Leistungsansprüche<br />

gegen den anderen Ehegatten zu<br />

(RIS-Justiz RS0005961; 9 Ob 226/02 d SZ 2002/179;<br />

Schwimann/Ferrari in Schwimann, ABGB 3 I § 97 Rz 8).<br />

2. Der Anspruch eines Ehegatten auf Befriedigung seines<br />

dringenden Wohnbedürfnisses sowie <strong>die</strong> ihm aufgrund<br />

einer Verletzung <strong>die</strong>ses Anspruchs zustehenden,<br />

nicht in Geld bestehenden Forderungen können nach<br />

§ 382 h EO (vor Inkrafttreten des 2. GeSchG BGBl I<br />

2009/40, mit 1. 6. 2009 § 382 e EO), insb durch <strong>die</strong> Sicherungsmittel<br />

nach § 382 Abs 1 Z 4 bis 7 EO, gesichert<br />

werden. Ist zwischen den Parteien ein Verf auf Scheidung,<br />

Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig,<br />

so kann <strong>die</strong> EV erlassen werden, auch wenn <strong>die</strong> in<br />

§ 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen<br />

(§ 382 h Abs 2 EO).<br />

3. Nach einh Meinung in Rsp und L ist eine EV nach (jetzt)<br />

§ 382 h EO zur Sicherung des Wohnungserhaltungsanspruchs<br />

nach § 97 ABGB anspruchsgebunden. Eine solche<br />

Sicherungsmaßnahme ist daher nach § 391 Abs 2<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

EO mit einer Fristsetzung zur Einbringung einer Rechtfertigungskl<br />

zu verknüpfen (RIS-Justiz RS0115045; Sailer<br />

in Burgstaller/Deixler-Hübner § 382 e EO Rz 7 mwN).<br />

Ebenso steht außer Diskussion, dass nach § 382 h<br />

Abs 2 EO <strong>die</strong> Bescheinigung einer konkreten Gefährdung<br />

des Anspruchs in Form eines zwischen den Parteien<br />

bereits anhängigen EheVerf (hier: wegen Scheidung)<br />

nicht notwendig ist (3 Ob 21/01 m SZ 74/51; RIS-Justiz<br />

RS0115045 [T 3]; Sailer, aaO Rz 8; Kodek in Angst, EO2 § 382 e Rz 3; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren3<br />

Rz 4/61; Stabentheiner in Rummel3 §97<br />

Rz 4 a; Hopf/Kathrein, Eherecht2 § 382 EO Anm 4 ua).<br />

Der Gesetzgeber unterstellt idF <strong>die</strong> Gefährdung, weshalb<br />

es berechtigt erscheint, auf eine individuelle Gefährdungsbescheinigung<br />

zu verzichten (ErläutRV 1653 BlgNR<br />

20. GP 34). Es handelt sich dabei um eine Rechtsvermutung<br />

(7 Ob 86/03 b SZ 2003/62; 2 Ob 140/10 t), deren<br />

Widerlegbarkeit in der L allerdings umstritten ist (s<br />

Punkt 11).<br />

4. § 382 h EO enthält keine Sonderregelung zur Bescheinigung<br />

des zu sichernden Anspruchs. Deshalb muss der<br />

ASt sein am Sicherungsobjekt bestehendes Wohnbedürfnis<br />

und <strong>die</strong> Verfügungsberechtigung des anderen<br />

Ehegatten nach allgemeinen Bestimmungen behaupten<br />

und bescheinigen (Zechner, Sicherungsexekution und<br />

Einstweilige Verfügung § 382 e EO Rz 4; Sailer, aaO<br />

Rz 7; Battlogg, Wertungswidersprüche und Judikaturdivergenzen<br />

im liegenschaftsbezogenen Provisorialverfahren,<br />

NZ 2001, 461 [469]).<br />

5. Zum Bestand ihres Anspruchs berief sich <strong>die</strong> ASt auf ihr<br />

dringendes Wohnbedürfnis und <strong>die</strong> (feststehende) alleinige<br />

Verfügungsbefugnis ihres Ehegatten. Dieser bestritt<br />

ihren Wohnbedarf ausschließlich mit der Behauptung, sie<br />

könne sich bei ihrem Einkommen anderweitig Wohnraum<br />

verschaffen. Für das Vorliegen eines dringenden Wohnbedürfnisses<br />

ist aber nur entscheidend, ob dem wohnungsbedürftigen<br />

Ehegatten eine ausreichende und<br />

gleichwertige Unterkunft zur Verfügung steht (2 Ob<br />

173/09 v mwN). Das Wohnrecht kann ihm nicht bloß deshalb<br />

entzogen werden, weil er genügend Geld hat, sich<br />

eine ausreichende Ersatzwohnung zu verschaffen (Schwimann/Ferrari,<br />

aaO Rz 3), weshalb <strong>die</strong>ses Argument dem<br />

Antragsgegner nichts nützen kann. Damit hat <strong>die</strong> ASt ihr<br />

dringendes Wohnbedürfnis ausreichend bescheinigt. Die<br />

erstmals in der RevRekBeantw aufgestellte Behauptung<br />

des Antragsgegners, seine Ehegattin sei bereits aus der<br />

Ehewohnung ausgezogen, ist eine unzulässige Neuerung.<br />

6. Die hier strittige Frage, ob ein ASt bei einem bereits<br />

anhängigen EheVerf im SicherungsVerf nach § 382 h<br />

EO <strong>die</strong> tatsächlich Voraussetzungen für <strong>die</strong> Gefährdung<br />

seines Anspruchs durch ein konkretes (drohendes) Verhalten<br />

des verfügungsberechtigten Ehegatten behaupten<br />

muss, wurde noch nicht (eindeutig) beantwortet:<br />

Zechner (aaO) hält schlüssige Antragsbehauptungen zur<br />

Gefährdung für unentbehrlich. Nach König (aaO) entbin-<br />

373


NOTAR.AT<br />

det § 382 e (jetzt: § 382 h) Abs 2 EO, insoweit abweichend<br />

von der Normalregelung und überschießend,<br />

(auch) von der Behauptung der Gefahr. Im sonstigen<br />

(überblickbaren) Schrifttum wird <strong>die</strong>se Frage nicht eigens<br />

behandelt.<br />

7. § 389 Abs 1 EO verpflichtet den ASt grundsätzlich, <strong>die</strong><br />

den Antrag begründenden Tatsachen im Einzelnen wahrheitsgemäß<br />

darzulegen. Dazu gehören auch jene Umstände,<br />

<strong>die</strong> eine Gefährdung begründen, soweit <strong>die</strong>se –<br />

wie im Regelfall – eine Voraussetzung für <strong>die</strong> Erlassung<br />

der EV bildet (Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner<br />

§ 389 EO Rz 5 mwN). Die drohende Gefahr ist Sachvoraussetzung<br />

für das Vorliegen des Sicherungsanspruchs.<br />

Der Sicherungsantrag ist daher abzuweisen, wenn <strong>die</strong> Bescheinigung<br />

der Gefahr nicht gelingt (Konecny, Der Anwendungsbereich<br />

der einstweiligen Verfügung 203 f).<br />

Der ASt muss <strong>die</strong> in § 381 EO geforderte (konkrete)<br />

Gefährdung behaupten und bescheinigen (RIS-Justiz<br />

RS0005175 [T 9]. Der allg Hinweis auf eine abstrakt mögliche<br />

Gefährdung reicht nicht (RIS-Justiz RS0005295). Die<br />

(vor Einf des § 382 e EO durch das EheRÄG 1999 BGBl I<br />

1999/<strong>12</strong>5 ergangene) Rsp nahm eine konkrete Gefährdung<br />

der Verletzung des Unterlassungsgebots nach<br />

§ 97 ABGB in der Regel dann an, wenn ein Ehegatte einen<br />

RangordnungsB erwirkte, Kaufinteressenten suchte, Verkaufsbesprechungen<br />

aufnahm oder auf ähnliche Weise<br />

seine konkreten Verkaufsabsichten bekundete (RIS-Justiz<br />

RS0005175 [T 1]).<br />

8. § 382 h Abs 2 EO verfügt ausdrücklich, dass in Form<br />

eines anhängigen EheVerf eine EV auch ohne das Vorliegen<br />

der Voraussetzungen des § 381 EO erlassen werden<br />

kann. Das bedeutet zwar nicht, dass <strong>die</strong> Erlassung einer<br />

EV idF grundsätzl keine Gefährdung des Anspruchs erfordert.<br />

§ 382 h Abs 2 EO begründet aber eine Rechtsvermutung<br />

zugunsten der Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs<br />

(s dazu oben 3.), <strong>die</strong> nach dem Gesetzestext<br />

bereits durch <strong>die</strong> Tatsache eines anhängigen Ehe-<br />

Verf ausgelöst wird. Bei einer Rechtsvermutung schließt<br />

das G aus dem Vorliegen einer – höchstens – tatbestandsnahen<br />

– Tatsache unmittelbar auf den Bestand eines<br />

Rechtsverhältnisses, welche zumindest allein aus <strong>die</strong>ser<br />

Tatsache noch nicht abgeleitet werden könnte (Rechberger<br />

in Fasching/Konecny 2 III § 270 ZPO Rz 3 mwN).<br />

Zu behaupten und zu beweisen ist ausschließlich <strong>die</strong> Vermutungsbasis;<br />

nur sie ist Beweisthema (Rechberger, aaO<br />

Rz 4). Vermutungsbasis nach § 382 h Abs 2 EO ist idS,<br />

dass ein EheVerf anhängig ist. Dies hat <strong>die</strong> ASt behauptet<br />

und bescheinigt. Die Rechtsvermutung des § 382 h<br />

Abs 2 EO befreit sie daher von der Notwendigkeit, konkrete<br />

Gefährdungshandlungen des verfügungsberechtigten<br />

Ehegatten zu behaupten.<br />

9. Dass § 382 h Abs 2 EO eine Sonderregelung für das SicherungsVerf<br />

ist, lässt das RekG in seinen Argumenten zur<br />

Anspruchsgebundenheit der EV nach § 382 h EO, insb zu<br />

der seiner Auffassung nach sinnlosen Fristsetzung zur Einbringung<br />

einer offensichtlich aussichtslosen Rechtferti-<br />

374<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

gungskl, außer Acht. Für das HauptVerf über den Wohnungserhaltungsanspruch<br />

nach § 97 ABGB besteht eben<br />

keine Sonderregelung zur Behauptungs- und Beweislast<br />

des klagenden Ehegatten. Begehrt er im HauptVerf <strong>die</strong><br />

(vorbeugende) Unterlassung von Verfügungen des anderen<br />

Ehegatten, wie Verkauf, Belastung oder Vermietung<br />

der Ehewohnung, <strong>die</strong> durch das Sicherungsmittel des<br />

§ 382 Z 6 EO gesichert werden soll, so hat er <strong>die</strong> Ersteingriffsgefahr,<br />

<strong>die</strong> eine materielle Klagsvoraussetzung darstellt<br />

(RIS-Justiz RS0010553 [T 1]; ähnl 6 Ob 226/05 m),<br />

zu behaupten und zu beweisen. Er ist daher verpflichtet,<br />

im HauptVerf <strong>die</strong> (drohenden) Verfügungshandlungen<br />

des anderen Ehegatten darzulegen.<br />

10. Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass <strong>die</strong> ASt über<br />

<strong>die</strong> Tatsache des eingeleiteten ScheidungsVerf hinaus<br />

kein zusätzlich Tatsachenvorbringen zur Gefährdung ihres<br />

Anspruchs erstatten musste.<br />

11. Sind Behauptungen zur konkreten Gefährdung nicht<br />

notwendig, bleibt <strong>die</strong> Frage zu überprüfen, ob einem Antragsgegner<br />

<strong>die</strong> Möglichkeit der Gegenbescheinigung<br />

offensteht. Sailer (aaO Rz 8) und Zechner (aaO) bejahen<br />

<strong>die</strong>s im Gegensatz zu König (aaO). Zechner schließt <strong>die</strong><br />

Annahme einer unwiderleglichen Rechtsvermutung aus,<br />

weil sich <strong>die</strong> EV sonst als rechtl institutionalisiertes Schikaneinstrument<br />

missbrauchen ließe. Nach Sailer müsse<br />

ja nach dem nicht zu vernachlässigenden Wortlaut des<br />

§ 382 a Abs 2 EO <strong>die</strong> EV bei fehlender Bescheinigung<br />

nicht erlassen werden, was gerade dann der Fall sein<br />

werde, wenn ausnahmsweise der Gegner gehört worden<br />

sei und das Fehlen einer konkreten Gefährdung glaubhaft<br />

gemacht habe. König argumentiert ebenfalls mit<br />

dem Wortlaut, aber mit konträrem Ergebnis.<br />

<strong>12</strong>. Nach Auffassung des erk Sen ist es gerade aufgrund<br />

der Entbehrlichkeit von Tatsachenbehauptungen zur Gefährdung<br />

nur konsequent, dem Antragsgegner <strong>die</strong> Widerlegung<br />

der Rechtsvermutung zu ermöglichen, sei es<br />

nun bei seiner Anhörung im SicherungsVerf selbst<br />

(§ 382 h Abs 3 EO) oder in Form des einseitigen SicherungsVerf<br />

im WiderspruchsVerf. Ansonsten bestünde<br />

<strong>die</strong> von Zechner gesehene Gefahr eines missbräuchlichen<br />

Einsatzes <strong>die</strong>ser EV. Für <strong>die</strong> Widerlegbarkeit der Rechtsvermutung<br />

spricht <strong>die</strong> durch § 382 h Abs 3 EO nicht ausgeschlossene<br />

Möglichkeit zur Äußerung, <strong>die</strong> das G nicht<br />

auf <strong>die</strong> Bestreitung der Anspruchsvoraussetzungen beschränkt<br />

(vgl 4 Ob 1514/96). Von <strong>die</strong>ser Anhörung ist abzusehen,<br />

wenn zu besorgen ist, dass dadurch der Zweck<br />

der EV vereitelt würde. Die bereits zit, bei Deixler-Hübner,<br />

Das neue Eherecht 99 f, wiedergegebenen Mat betonen,<br />

dass von einer Anhörung des Antragsgegners in bes<br />

Maße eine Gefahr für das Sicherungsbedürfnis des ASt<br />

ausgehen kann und nur in Ausnahmefällen mit einer Zustellung<br />

des Antrags an den Gegner vorzugehen sein<br />

wird (s jetzt aber 2 Ob 140/10 t iFamZ <strong>2011</strong>/80 [Deixler-<br />

Hübner]). Wird der Antragsgegner (ausnahmsweise) aber<br />

ohnehin im SicherungsVerf gehört, wird <strong>die</strong>ser Besorgnis<br />

im jeweiligen Fall keine entscheidende Bedeutung zuge-


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

messen. Dann sollte er sich auch gegen <strong>die</strong> vermutete<br />

Gefährdung zur Wehr setzen können. Wurde <strong>die</strong> EV ohne<br />

Anhörung erlassen, gilt <strong>die</strong>s umso mehr, weil eine Vereitelungsgefahr<br />

in der Regel nicht mehr besteht.<br />

13. Im Fall einer widerlegbaren Rechtsvermutung muss<br />

der Gegner des Begünstigten den Beweis des Gegenteils<br />

erbringen, dass trotz Vorliegens der Vermutungsbasis<br />

der vermutete Rechtzustand nicht eingetreten ist<br />

(Rechberger in Rechberger, ZPO3 § 270 Rz 2 mwN). Im<br />

konkreten Fall nahm das ErstG ein erklärtes Einverständnis<br />

des Antragsgegners an, dass <strong>die</strong> ASt „ihren Wünschen<br />

entsprechend“ weiter in der Ehewohnung lebe.<br />

Es konnte weder feststellen, dass er sie daran hindere,<br />

ihr Wohnbedürfnis zu befriedigen, noch dass er beabsichtigte,<br />

<strong>die</strong> Ehewohnung zu vermieten, zu verwerten,<br />

zu belasten oder gar zu verkaufen. Diese negative Feststellung<br />

zur fehlenden Absicht, zum Nachteil der ASt<br />

über <strong>die</strong> Ehewohnung zu verfügen, reicht auch in Zusammenhang<br />

mit der festgestellten Einverständniserklärung<br />

für den Gegenbeweis gegen das vermutete Vorliegen einer<br />

Gefährdung nicht aus. Die Voraussetzungen für <strong>die</strong><br />

Erlassung der beantragten EV liegen daher vor, weshalb<br />

<strong>die</strong> E der Vorinst iSe Stattgebung des Sicherungsantrags<br />

abzuändern sind.<br />

NZ <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>3<br />

§ 16 Abs 2 WEG – Voraussetzungen der Umwidmung<br />

von Wohnungseigentumsobjekten<br />

1. Eine angestrebte Widmungsänderung kann nur abgewehrt<br />

werden, wenn sie mit wesentlichen Interessen<br />

anderer Wohnungseigentümer kolli<strong>die</strong>rt.<br />

2. Auf wichtige Interessen des <strong>die</strong> Änderung anstrebenden<br />

Wohnungseigentümers kommt es nur an,<br />

wenn allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch<br />

genommen werden.<br />

3. Eine Änderung der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts<br />

ist nur nach Maßgabe des § 16<br />

Abs 2 WEG möglich.<br />

4. Mit der Entscheidung muss eine Abgrenzung der Eigentümerbefugnisse<br />

des Antragstellers und des Antragsgegners<br />

am Unterbleiben der Änderung nicht<br />

nur wesentlich, sondern auch so schutzwürdig sein,<br />

dass das Verfügungsrecht des Antragstellers auf Änderungen<br />

an seinem Objekt zurückzustehen hat.<br />

OGH 26. 5. 2001, 5 Ob 83/11 h (LG Feldkirch 21. <strong>12</strong>. 2010, 2 R<br />

375/19 b; BG Dornbirn 15. 9. 2010, 3 Msch 2/10 i)<br />

Auf der Liegenschaft EZ Y. GB D. befindet sich ein im WE<br />

stehendes Büro- und Geschäftshaus mit 13 Objekten, <strong>die</strong><br />

sämtlich nach der gemeinschaftlichen Widmung ausschließlich<br />

als Büro- und Geschäftsräume gewidmet sind.<br />

Der ASt ist WE von insgesamt vier Objekten, <strong>die</strong> alle mit<br />

der Widmung Büro- bzw Geschäftsräumlichkeit versehen<br />

sind. Bisher wurden <strong>die</strong> Büros B8 und B10 (B-LNR 9 und<br />

B-LNR 10) als Büro- und Geschäftsräume verwendet.<br />

Weil er <strong>die</strong>se beiden WEEinheiten nicht mehr als Büro-<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

räumlichkeiten benötigt, strebt er <strong>die</strong> Umwidmung <strong>die</strong>ser<br />

Objekte in Wohnungen an. Mit Ausnahme des Antragsgegners<br />

haben alle übrigen WE der Widmungsänderung<br />

zugestimmt.<br />

Der Antragsgegner ist WE eines im Erdgeschoss liegenden<br />

Geschäftslokals Top GR 2, worin er zwischen<br />

17.00 Uhr und ca 2.00 Uhr früh ein Nachtcafé betreibt.<br />

An den Wochenenden (Freitag und Samstag) wird dort<br />

auch musikalische Unterhaltung geboten, was nicht ausschließen<br />

lässt, dass künftige Bewohner der Wohnung<br />

des ASt durch Lärmemission gestört würden.<br />

Bisher kann der Antragsgegner sein Lokal ohne Probleme<br />

mit WE (wegen der Art des Lokalbetriebs) führen.<br />

Der Antragsgegner hat sein Geschäftslokal deshalb erworben,<br />

weil es in einem reinen Büro- und Geschäftshaus<br />

gelegen ist und daher Anrainerbeschwerden nicht zu befürchten<br />

waren.<br />

Auch andere WE der Liegenschaft sind an Widmungsänderungen<br />

von Büroräumlichkeiten in Wohnungen hinsichtlich<br />

ihrer MEAnteile interessiert.<br />

Zwischen dem Objekt des Antragsgegners und den Objekten<br />

des ASt B8 und B10 befinden sich im ersten Obergeschoss<br />

Büroräumlichkeiten einer Versicherung.<br />

Der ASt, der <strong>die</strong> Zustimmung sämtlicher übriger WE zur<br />

begehrten Widmungsänderung hat, begehrt mit dem<br />

vorliegenden Antrag, gem § 16 Abs 2 WEG <strong>die</strong> fehlende<br />

Zustimmung des Antragsgegners zur Widmungsänderung<br />

von Büro in Wohnung hinsichtlich der beiden bezeichneten<br />

Büroräumlichkeiten zu ersetzen. Die begehrte<br />

Widmungsänderung würde zu keinen wesentlichen<br />

Beeinträchtigungen der Interessen des Antragsgegners<br />

führen. Er benötige <strong>die</strong> Büroräumlichkeiten<br />

nicht mehr und strebe daher deren Widmungsänderung<br />

in Wohnungen an.<br />

Der Antragsgegner begehrte <strong>die</strong> Abweisung des Antrags,<br />

er sei in seinen Interessen erheblich beeinträchtigt.<br />

Er könne sein Nachtcafé in einem reinen Geschäftshaus<br />

mit weit weniger Widerständen betreiben als dann, wenn<br />

im Haus auch Wohnungen vorhanden seien, deren Benützer<br />

in ihrem Schlafbedürfnis gestört würden. Der Betrieb<br />

eines Nachtcafés würde automatisch zu Lärm und<br />

sonstigen Emissionen im und vor dem Haus führen. In<br />

Folge der Umwidmung der Objekte des ASt werde er daher<br />

bei Führung seines Unternehmens erheblich beeinträchtigt.<br />

Das stehe der Genehmigung der Umwidmung<br />

entgegen.<br />

Ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt<br />

wies das ErstG das Begehren, <strong>die</strong> fehlende Zustimmung<br />

des Antragsgegners zur Umwidmung zu ersetzen,<br />

ab. Die Widmung eines WEObjekts und das Festhalten<br />

an der dadurch definierten Nutzung gehöre zu den absolut<br />

geschützten Rechten eines jeden WE. Auch wenn ein<br />

Interesse des ASt an der Umwidmung der nicht mehr benötigten<br />

Büroräumlichkeiten in Wohnungen in der Innen-<br />

375


NOTAR.AT<br />

stadtlage infolge der besseren Verwertbarkeit zu bejahen<br />

sei, habe doch eine Interessenabwägung zu unterbleiben.<br />

Maßgeblich sei, ob <strong>die</strong> beabsichtigte Änderung<br />

zu einer wesentlichen Beeinträchtigung schutzwürdiger<br />

Interessen der <strong>die</strong> Zustimmung verweigernden WE führe.<br />

Sei <strong>die</strong>s zu bejahen, habe das Verfügungsrecht des WE<br />

hinsichtlich der Änderungen der in seinem Objekt stehenden<br />

Räumlichkeiten zurückzustehen.<br />

Ein solches wichtiges Interesse des Antragsgegners an<br />

der Unterlassung der Widmungsänderung sah das ErstG<br />

darin, dass nach allg Erfahrung typischerweise mit dem<br />

Betrieb eines Unternehmens wie jenem des Antragsgegners<br />

Beeinträchtigungen der Bewohner eines Hauses<br />

einhergingen. Die Interessenlage sei insofern gegenläufig,<br />

als Bewohner eines Hauses im Allgemeinen während<br />

der Nachtzeit das Bedürfnis nach Ruhe hätten, was durch<br />

den im Interesse des Antragsgegners gelegenen Betrieb<br />

eines Nachtlokals wegen der damit verbundenen Lärmentwicklungen<br />

gerade nicht gewährleistet sei. In <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenhang sei auch noch maßgeblich, dass sich der<br />

Antragsgegner bei Erwerb seines Objekts bewusst für<br />

ein „reines Geschäftshaus“ entschieden habe, um dort<br />

möglichst ungestört ein Nachtcafé betreiben zu können<br />

und nicht dauernd Streitigkeiten mit angrenzenden Bewohnern<br />

befürchten zu müssen. Dem Antragsgegner<br />

sei zuzubilligen, dass er auch in Hinkunft ungestört seiner<br />

Tätigkeit als Betreiber eines Nachtlokals nachgehen<br />

könne. Einen wirksamen vertragl Schutz des Antragsgegners<br />

vor Beschwerden der Wohnungsbewohner gebe es<br />

nicht. Auch fürchte der Antragsgegner zu Recht <strong>die</strong> Beispielswirkung<br />

der gegenständlichen Umwidmung, weil<br />

dann noch weitere WE ihre Büroobjekte in Wohnungen<br />

umwidmen würden, was zu einer weiteren Verschärfung<br />

der Lage führe.<br />

Dem dagegen vom ASt erh Rek gab das G II. Inst Folge<br />

und änderte den erstinst B iSe Genehmigung der Widmungsänderung<br />

ab.<br />

Das Änderungsbegehren des ASt sei ausschließlich an<br />

den Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 1 WEG zu messen.<br />

Darauf, dass in Hinkunft andere WE ähnliche Änderungen<br />

beabsichtigten, komme es nicht an.<br />

Der Antragsgegner mache keinen vom G demonstrativ<br />

aufgezählten oder von der Rsp entwickelten Verweigerungsgrund<br />

geltend. Durch <strong>die</strong> begehrte Widmungsänderung<br />

würde nämlich für sich allein kein störender Einfluss<br />

auf das Unternehmen des Bekl bewirkt und würden<br />

insofern seine schutzwürdigen Interessen nicht beeinträchtigt.<br />

Die Befürchtungen negativer Auswirkungen<br />

des Antragsgegners beträfen ausschließlich den zu erwartenden<br />

Widerstand gegen Lärmemissionen. Dem<br />

sei entgegenzuhalten, dass der Antragsgegner ohne<strong>die</strong>s<br />

seinen Gastronomiebetrieb nur innerhalb der behördlichen<br />

Auflagen und gesetzl Rahmenbedingungen führen<br />

dürfe. Mit Emissionen in <strong>die</strong>sem Umfang hätten sich<br />

neu hinzukommende Nachbarn ohne<strong>die</strong>s abzufinden<br />

(RIS-Justiz RS01<strong>12</strong>502). Das gelte auch für WE bzw deren<br />

376<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Mieter, <strong>die</strong> eine Wohnung in Kenntnis der Tatsache erwürben<br />

oder nutzten, dass im betr Haus ein Gastronomiebetrieb<br />

(Nachtlokal) geführt werde. Eine verkehrsübliche<br />

Nutzung des Nachbarobjekts und <strong>die</strong> davon ausgehenden<br />

Emissionen müsse jeder Mit- und WE dulden<br />

(5 Ob 257/01 g). Darauf könne sich der Antragsgegner<br />

iFd befürchteten Auseinandersetzungen mit Benützern<br />

der umgewidmeten Objekte berufen.<br />

Zusammengefasst seien also schutzwürdige Interessen<br />

des Antragsgegners am Unterbleiben der Widmungsänderung<br />

nicht zu bejahen.<br />

Das RekG sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands<br />

E 10.000,– übersteigt. Weiters erklärte es<br />

den oRevRek für zulässig, weil der speziellen Fallkonstellation<br />

über den Einzelfall hinaus Bedeutung iSd § 62<br />

Abs 1 AußStrG zukomme.<br />

Gegen <strong>die</strong>sen SachB richtet sich der RevRek des Antragsgegners<br />

mit dem Antrag auf Abänderung iSe Wiederherstellung<br />

des erstinst SachB. Hilfsweise wird ein<br />

Aufhebungsantrag gestellt.<br />

Der ASt beantragte, dem RM des Antragsgegners nicht<br />

Folge zu geben.<br />

Der RevRek des Antragsgegners ist zulässig, weil <strong>die</strong><br />

vorliegende Fallkonstellation <strong>die</strong> Klärung erheblicher<br />

Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG erfordert.<br />

Der RevRek ist jedoch nicht berechtigt.<br />

Der im vorliegenden Fall angestrebten Widmungsänderung<br />

von Büroräumlichkeiten in Wohnungen in einem reinen<br />

Büro- und Geschäftshaus steht der Einwand des Antragsgegners<br />

der erheblichen Beeinträchtigung seiner<br />

schutzwürdigen Interessen als Betreiber eines Nachtlokals<br />

in seinem eigenen WEObjekt entgegen. Durch eine Änderung<br />

der Benützung bisheriger Büroräumlichkeiten als<br />

Wohnungen werde es notwendigerweise wegen Nachtruhestörungen<br />

zu Auseinandersetzungen zwischen ihm und<br />

den Benutzern der Wohnungen kommen. Er werde dadurch<br />

im Betrieb seines Unternehmens eingeschränkt.<br />

Soweit im RevRek idZ auf eine sich in Form eines Umwidmung<br />

ergebende Verkehrswertverminderung des Objekts<br />

des Antragsgegners Bezug genommen wird, ist darauf<br />

hinzuweisen, dass entsprechende Vorbringen und<br />

Beweisanbot im Verf unterblieb. Der WE, der sich Änderungen,<br />

auch Widmungsänderungen eines anderen WE<br />

widersetzt, ist für das Vorliegen der von ihm erhobenen<br />

Einwände behauptungs- und beweispflichtig (MietSlg<br />

40.638/16; wobl 1990/27; MietSlg 46.525). Dass Störungen<br />

von Bewohnern des Hauses nur durch eine Einschränkung<br />

des Betriebs des Antragsgegners begegnet<br />

werden könnte und insofern wirtschaftl Nachteile, <strong>die</strong><br />

eine erhebliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen<br />

des Antragsgegners darstellen könnten, zu befürchten<br />

seien, wurde ebenfalls nicht behauptet.<br />

Für <strong>die</strong> hier angestrebte Widmungsänderung gilt wie allgemein,<br />

dass sie nur abgewehrt werden kann, wenn sie


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

mit wesentlichen Interessen anderer WE kolli<strong>die</strong>rt (RIS-<br />

Justiz RS0101801). Auf wichtige Interessen des <strong>die</strong> Änderung<br />

anstrebenden WE kommt es nur an, wenn allg<br />

Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen würden<br />

(vgl RIS-Justiz RS0083378 ua), was hier nicht der Fall ist.<br />

Der vom Antragsgegner erhobene Einwand zielt zwar auf<br />

Interessen ab, <strong>die</strong> spezifisch mit seiner Stellung als WE<br />

zusammenhängen (vgl 5 Ob 106/88 wobl 1989/86), weil<br />

er mit Recht darauf hinweist, sein Geschäftslokal bewusst<br />

in einem reinen Büro- und Geschäftshaus erworben zu<br />

haben, um seinen Gaststättenbetrieb ohne Befürchtung<br />

von Anrainerbeschwerden führen zu können. Eine Widmungsänderung<br />

ohne Zustimmung sämtlicher übriger<br />

WE durch den AußStrRichter stellt einen Eingriff in <strong>die</strong><br />

Rechtssphäre der widersprechenden ME dar. Es trifft<br />

zu, dass <strong>die</strong> Widmung eines WEObjekts zu einer bestimmten<br />

Nutzung und das Festhalten an der dadurch<br />

definierten Nutzung zu den absolut geschützten Rechten<br />

jedes WE gehört. Eine Änderung <strong>die</strong>ses Rechtszustands<br />

ist daher nur nach Maßgabe des § 16 Abs 2 WEG möglich.<br />

Andererseits normiert § 16 Abs 2 WEG Einleitungssatz<br />

im Rahmen des Verfügungsrechts eines WE auch<br />

sein Recht auf Änderungen einschließlich Widmungsänderungen.<br />

Mit der gegenständlichen E muss also eine<br />

Abgrenzung der Eigentümerbefugnisse einerseits des<br />

ASt und andererseits des Antragsgegners vorgenommen<br />

werden, in welchem Rahmen zu prüfen ist, ob das Interesse<br />

des Antragsgegners am Unterbleiben der Änderung<br />

nicht nur wesentlich, sondern auch so schutzwürdig<br />

ist, dass das Verfügungsrecht des WE, Änderungen an<br />

seinen Objekten vorzunehmen, zurückzustehen hat (vgl<br />

RIS-Justiz RS0083236, RS0119528 [T 1]).<br />

Schon das RekG hat zutr darauf hingewiesen, dass dem<br />

Antragsgegner kein schutzwürdiges Interesse an der<br />

Aufrechterhaltung eines Zustands zuzubilligen wäre,<br />

der verwaltungsbehördl erlaubte Grenzen der Lärmentwicklung<br />

überschreitet. Hält sich der Antragsgegner aber<br />

andererseits an <strong>die</strong>se Regeln, können Beschwerden von<br />

Bewohnern des Hauses bei VerwaltungsBeh iE nicht zu<br />

einem Nachteil des Antragsgegners führen. Die normalerweise<br />

mit dem Betrieb eines (wohnungseigentumsrechtl)<br />

genehmigten, auch in den Nachtstunden geöffneten<br />

Gastwirtschaftslokals verbundenen Beeinträchtigungen<br />

müssen WE oder deren Mieter ohne<strong>die</strong>s<br />

dulden. Damit reduziert sich <strong>die</strong> Beeinträchtigung des<br />

Antragsgegners darauf, behördliche Bestimmungen beachten<br />

zu müssen und fallweise Querelen und Beschwerden<br />

der Benützer des Hauses ausgesetzt zu sein. Das<br />

stellt aber keine derart wesentliche Beeinträchtigung<br />

dar, dass es gerechtfertigt wäre, das Verfügungsrecht<br />

des ASt über seine Objekte auf Dauer zu beschränken.<br />

Es trifft zu, dass nach Ansicht des OGH bei Umwidmungen<br />

in gastwirtschaftl Betriebe idR von einer wesentlichen<br />

Beeinträchtigung der Interessen der anderen ME<br />

am Unterbleiben der Änderungen ausgegangen wurde<br />

und daher entspr Umwidmungsansuchen abgelehnt wur-<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

den (vgl 5 Ob 114/85 MietSlg 38.626; 5 Ob 81/08 k;<br />

Markl, Das Änderungsrecht des WE gem § 13 Abs 2<br />

Z 1 bis 3 WEG, wobl 1994, 95 [100 f]). Die Argumentation<br />

des RevRek, das lasse sich umgekehrt auf den gegenständlichen<br />

Fall übertragen, übersieht allerdings, dass<br />

durch <strong>die</strong> begehrte Umwidmung eben keine derartige<br />

Beeinträchtigung bewirkt wird, sondern <strong>die</strong> WE, <strong>die</strong> ansonsten<br />

widersprechen könnten, <strong>die</strong> bereits vorhandene<br />

widmungsgemäße Verwendung des Gastwirtschaftslokals<br />

des Antragsgegners zu dulden haben.<br />

Dem RevRek war daher der Erfolg zu versagen.<br />

NZ <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>4<br />

§ 30 Abs 2 ZPO; § 8 Abs 1 RAO; § 24 Abs 2 WEG –<br />

Stimmabgabe durch Rechtsanwälte, <strong>die</strong> sich nur auf<br />

<strong>die</strong> erteilte Vollmacht berufen, in der Eigentümerversammlung<br />

wirkungslos<br />

1. § 24 Abs 2 WEG normiert schon nach seinem Wortlaut<br />

eindeutig, dass auch Rechtsanwälte und <strong>Notare</strong><br />

als Parteienvertreter einer schriftlichen Vollmacht oder<br />

der nachträglichen, fristgebundenen schriftlichen Genehmigung<br />

bedürfen.<br />

2. § 30 Abs 2 ZPO und § 8 Abs 1 RAO haben verfahrensrechtlichen<br />

Charakter und <strong>die</strong>nen spezifisch nur<br />

dem erleichterten Einschreiten von beruflichen Parteienvertretern<br />

vor Gerichten und Behörden.<br />

OGH 26. 5. <strong>2011</strong>, 5 Ob 5/11 p (LGZ Wien 9. 11. 2010, 41 R 90/09 b)<br />

Das ErstG hat mit seinem SachB den Antrag, einen näher<br />

bezeichneten (aus zwei Teilen bestehenden) B der Eigentümergemeinschaft<br />

für unwirksam zu erklären, abgewiesen<br />

(zum Sachverhalt vgl <strong>die</strong> in <strong>die</strong>ser außstr Wohnrechtssache<br />

ergangene VorE 5 Ob 164/07 i wobl 2008/72 [zust<br />

Call] = MietSlg LIX/24 = immolex 2008/81).<br />

Das RekG hat mit dem nunmehr angef SachB (ua) ausgesprochen,<br />

dass der zweite TeilB (<strong>Über</strong>tragung der Verwaltung)<br />

unwirksam sei. Dabei erachtete das RekG <strong>die</strong><br />

Stimmen zweier WEPartner für unwirksam, <strong>die</strong> sich<br />

bei der schriftlichen Stimmabgabe durch einen RA hatten<br />

vertreten lassen, der sich dabei seinerseits (nur) auf<br />

<strong>die</strong> erteilte Vollmacht berufen hatte. Das RekG sprach<br />

aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands<br />

E 10.000,– übersteigt und der oRevRek nicht zulässig<br />

sei, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung<br />

nicht zu lösen gewesen sei.<br />

Gegen den bezeichneten Teil des zweitinst SachB richtet<br />

sich der aoRevRek des 7. und 31. Antragsgegners wegen<br />

unrichtiger rechtl Beurteilung mit dem sinngem Begehren<br />

auf Wiederherstellung des erstinst SachB.<br />

Die RMWerber machen als erhebliche, vom OGH bislang<br />

nicht beantwortete und nach ihrer Ansicht zu bejahende<br />

Rechtsfrage geltend, ob im Rahmen der Willensbildung<br />

der Eigentümergemeinschaft <strong>die</strong> Berufung eines RA auf<br />

<strong>die</strong> ihm erteilte Vollmacht gem § 8 RAO zur Stimmrechtsausübung<br />

ausreicht. Die RMWerber führen dazu aus,<br />

377


NOTAR.AT<br />

dass sich § 24 Abs 2 WEG 2002 weitgehend an § 13 b<br />

WEG 1975 orientiere und der OGH bereits in 5 Ob<br />

214/02 k ausgesprochen habe, <strong>die</strong> Vertretungsmacht in<br />

der Eigentümerversammlung sei analog zu § 114 Abs 3<br />

und 4 AktG (gemeint offenbar: idF BGBl I 2005/<strong>12</strong>0) geregelt.<br />

Entspr dazu vorliegender Rsp und L müsse daher<br />

auch § 24 Abs 2 WEG 2002 teleologisch dahin reduziert<br />

werden, dass bei einem Einschreiten von RA oder <strong>Notare</strong>n<br />

als Bevollmächtigte <strong>die</strong> Berufung auf <strong>die</strong> erteilte Vollmacht<br />

deren urkundl Nachweis ersetze. Schließlich habe<br />

der Gesetzgeber <strong>die</strong> Einschränkung der Formfreiheit für<br />

<strong>die</strong> Vollmacht in verschiedenen Bereichen, nämlich im<br />

GesellschaftsR (§§ 16, 114 Abs 3 AktG [gemeint offenbar:<br />

idF BGBl I 2005/<strong>12</strong>0]) und im VerfahrensR (§§ 30,<br />

557 Abs 2 ZPO; §§ 78, 180 Abs 2 EO; §§ 31, 77 GBG;<br />

§ 10 AVG; § 83 BAO) wieder durchbrochen, was auch<br />

hier für den Anwendungsbereich des § 24 Abs 2 WEG<br />

2002 gelten müsse (Schiemer in Schiemer/Jabornegg/<br />

Strasser 3 § 114 AktG Rz 15).<br />

Mit <strong>die</strong>sen Ausführungen zeigen <strong>die</strong> RMWerber keine erhebliche<br />

Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:<br />

1. § 24 Abs 2 WEG 2002 in der zum Zeitpunkt des verfgegenständlichen<br />

UmlaufB maßgeblichen Fassung (vor<br />

der WRN 2009 BGBl I 2009/25) hat folgenden Wortlaut:<br />

„Die Wohnungseigentümer können ihr Äußerungs- und<br />

Stimmrecht entweder persönlich oder durch einen Vertreter<br />

ausüben. Weist der für den Wohnungseigentümer<br />

Einschreitende seine Vertretungsbefugnis nicht durch<br />

eine darauf gerichtete, höchstens drei Jahre alte, schriftliche<br />

Vollmacht nach, so ist sein Handeln nur wirksam,<br />

wenn es vom Wohnungseigentümer nachträglich binnen<br />

14 Tagen schriftlich genehmigt wird.“<br />

Schon der Wortlaut <strong>die</strong>ser Regelung ist insoweit völlig<br />

eindeutig, als darin das von den RMWerbern gewünschte<br />

Ergebnis einer wirksamen Berufung von RA oder <strong>Notare</strong>n<br />

bloß auf eine erteilte Vollmacht (ohne schriftliche Vollmachtsnachweis)<br />

in keiner Weise angelegt ist. Wiewohl<br />

<strong>die</strong> von den RMWerbern im vorl Zusammenhang in Anspruch<br />

genommenen Bestimmungen der § 30 Abs 2<br />

ZPO, § 8 Abs 1 RAO schon lange dem geltenden Rechtsbestand<br />

angehören und § 24 Abs 2 WEG 2002 auch<br />

jüngst mit der WRN 2009 novelliert wurde, hat der Gesetzgeber<br />

bislang offenbar keinen Anlass gesehen, <strong>die</strong><br />

Möglichkeit der Berufung auf eine erteilte Vollmacht<br />

durch RA oder <strong>Notare</strong> im Rahmen des § 24 Abs 2 WEG<br />

2002 ges (ausdrücklich) vorzusehen. Besteht eine solcherart<br />

eindeutige Gesetzeslage, dann liegt auch dann keine<br />

erhebliche Rechtsfrage vor, wenn dazu noch keine E des<br />

OGH vorhanden ist (RIS-Justiz RS0042656).<br />

2. Die von den RMWerbern reklamierte teleologische Reduktion<br />

stellt bei zu weit geratenen ges Tatbeständen<br />

das Gegenstück zur Analogie dar. Sie verschafft der ratio<br />

legis gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut<br />

Durchsetzung, indem sich <strong>die</strong> (letztlich den Gesetzeswortlaut<br />

korrigierende) Auslegung am Gesetzeszweck<br />

378<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

orientiert (RIS-Justiz RS0008979 [T 10], RS0106113). Dies<br />

setzt den Nachweis voraus, dass eine umschreibbare Fallgruppe<br />

von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes<br />

entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen<br />

wird und dass sie sich von den „eigentlich gemeinten“<br />

Fallgruppen so weit unterscheidet, dass <strong>die</strong> Gleichbehandlung<br />

sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre<br />

(vgl RIS-Justiz RS0008979 [T 13]). Diese Voraussetzungen<br />

liegen hier aber nicht vor:<br />

§ 30 Abs 2 ZPO, § 8 Abs 1 RAO haben verfrechtl Charakter<br />

(vgl Tades/Hoffmann8 § 8 RAO Anm 3 a) und <strong>die</strong>nen<br />

spezifisch nur dem erleichterten Einschreiten von beruflichen<br />

Parteienvertretern vor Gerichten und Behörden<br />

(vgl RIS-Justiz RS0<strong>12</strong>3209; Zib in Fasching/Konecny2 §30<br />

ZPO Rz 1 ff). Genau <strong>die</strong>ser Normzweck gebietet <strong>die</strong> Unterscheidung<br />

zwischen verfrechtl Einschreiten und materiellrechtl<br />

Verfügungen, wie <strong>die</strong>s auch im GBVerf bei der<br />

Differenzierung zwischen § 77 GBG und § 31 Abs 6 GBG<br />

typisch ist (vgl RIS-Justiz RS0035804). Es besteht unter<br />

<strong>die</strong>sem Gesichtspunkt keine Grundlage dafür, § 24<br />

Abs 2 WEG 2002 teleologisch zu reduzieren, um § 30<br />

Abs 2 ZPO, § 8 Abs 1 RAO unbegründet extensiv über<br />

ihren verfrechtl Anwendungsbereich hinaus einzusetzen.<br />

Dies gilt im vorl Kontext umso mehr, als § 24 Abs 2 WEG<br />

2002 für <strong>die</strong> Vertretungsbefugnis des Einschreitenden einerseits<br />

eine spezifische Qualität der (schriftlichen) Vollmacht<br />

verlangt (höchstens drei Jahre alte Gattungsvollmacht)<br />

und andererseits ausdrücklich eine nachträgliche<br />

Sanierungsmöglichkeit regelt (vgl dazu auch Illedits/<br />

Illedits-Lohr, Wohnungseigentum4 Rz 540).<br />

3. Die Ansicht der RMWerber, dass bei Anwendung der<br />

Vollmachtsregelungen des – vermeintlich analogiefähigen<br />

– § 114 AktG <strong>die</strong> Berufung eines RA auf <strong>die</strong> ihm erteilte<br />

Vollmacht genüge, ist mit dem insoweit eindeutigen<br />

Wortlaut <strong>die</strong>ser – erst kürzlich novellierten (AktRÄG<br />

2009, BGBl I 2009/71) – ges Regelung nicht vereinbar.<br />

Rsp, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Ansicht der RMWerber sprechen könnte,<br />

vermögen <strong>die</strong>se nicht nachzuweisen und auch in der aktuellen<br />

KommentarLit finden sich keine <strong>die</strong> Rechtsansicht<br />

der RMWerber stützenden Hinweise (vgl S. Bydlinski/<br />

Potyka in Jabornegg/Strasser, AktG II5 § 114 Rz 1 ff;<br />

Schmidt in Doralt/Nowotny/Kalss § 114 AktG Rz 36 ff;<br />

Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, <strong>Österreichische</strong>s Gesellschaftsrecht<br />

[2008] Rz 3/628 ff).<br />

Mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG<br />

ist der RevRek unzulässig und daher zurückzuweisen.<br />

NZ <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>5<br />

§§ 3, 6, 18 MRG – Einheitliche Streitgenossenschaft<br />

sämtlicher Miteigentümer bei Antrag auf Erhaltungsarbeiten<br />

an allgemeinen Teilen der Liegenschaft<br />

1. Der zum Alleingebrauch bestimmter Räumlichkeiten<br />

der gemeinschaftlichen Liegenschaft berechtigte Miteigentümer<br />

ist zum Abschluss eines Bestandvertrags<br />

alleinlegitimiert, begründet jedoch ein Mietverhältnis


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

mit allen Miteigentümern, obwohl er <strong>die</strong> Mieterträgnisse<br />

allein vereinnahmen darf.<br />

2. Es ergibt sich aus dem materiellen Recht, ob Dispositionen<br />

über den Verfahrensgegenstand der Einstimmigkeit<br />

der Parteien bedürfen oder ob eine Partei allein<br />

tätig werden darf.<br />

3. Die Durchsetzung seiner mietvertraglichen Rechte<br />

steht dem Mieter gegenüber allen Mit-(und Wohnungs-)Eigentümern<br />

an der Liegenschaft zu.<br />

4. Das Erbringen der Leistung aus der Erhaltungspflicht<br />

kann bloß von allen Miteigentümern gemeinsam<br />

erfolgen.<br />

OGH 29. 3. <strong>2011</strong>, 5 Ob 200/10 p (LG Salzburg 23. 7. 2010, 54 R 53/<br />

10 y)<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Aus der Liegenschaft EZ 108 der KG A. mit der Liegenschaftsadresse<br />

X besteht Stockwerkseigentum. Die 1.<br />

bis 7. Antragsgegner sind schlichte ME des materiellen<br />

Anteils B, wozu auch <strong>die</strong> Wohnung der Antragstellerin<br />

gehört, wobei der 1. Antragsgegnerin an der von der<br />

Antragstellerin gemieteten Wohnung das ausschließliche<br />

Benützungsrecht zusteht. Die 8. bis 16. Antragsgegner<br />

sind WE des materiellen Anteils A <strong>die</strong>ser Liegenschaft.<br />

Mietzins wird von der Antragstellerin ausschließlich an<br />

<strong>die</strong> 1. Antragsgegnerin entrichtet.<br />

Die Außenfenster der Wohnung der Antragstellerin sind<br />

infolge vorhandener Schäden erneuerungsbedürftig.<br />

Mit ihrem verfeinleitenden Antrag auf Durchführung von<br />

Erhaltungsarbeiten iSd §§ 3, 6 MRG begehrte <strong>die</strong> Antragstellerin,<br />

sämtliche 17 Antragsgegner zur Durchführung<br />

der Arbeiten, nämlich zur Erneuerung der Fenster<br />

ihrer Wohnung, zu verpflichten.<br />

Das ErstG gab dem Begehren lediglich hinsichtlich der<br />

1. Antragsgegnerin als „eigentlicher Vermieterin“ Folge<br />

und wies das Begehren hinsichtlich sämtlicher übriger<br />

Antragsgegner ab. Die Antragstellerin ließ <strong>die</strong>se Abweisung<br />

unbekämpft.<br />

<strong>Über</strong> Rek der Erstantragsgegnerin änderte das Gericht<br />

II. Instanz <strong>die</strong> Entscheidung dahin ab, dass es das Begehren<br />

hinsichtlich sämtlicher Antragsgegner abwies. Der<br />

von der 1. Antragsgegnerin (aufgrund der <strong>die</strong>ser aus einer<br />

Benützungsregelung zukommenden Rechtsstellung)<br />

abgeschlossene Hauptmietvertrag sei mit sämtlichen<br />

ME zustande gekommen. Diese bildeten im Verf nach<br />

§ 3 Abs 2, § 6 Abs 1 MRG, jedenfalls soweit davon Erhaltungsarbeiten<br />

an allgemeinen Teilen der Liegenschaft<br />

betroffen seien, eine einheitliche Streitpartei, sodass<br />

eine Antragsstattgebung nur hinsichtlich der 1. Antragsgegnerin<br />

nicht in Betracht komme.<br />

Mit ihrem aoRevRek strebt <strong>die</strong> Antragstellerin eine Abänderung<br />

der rekursgerichtlichen Entscheidung iS einer<br />

Wiederherstellung des erstinst SachB an.<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

Zentrales Argument des RevRek ist das angebliche Fehlen<br />

hg Rsp zur notwendigen Streitgenossenschaft sämtlicher<br />

ME. Insb wenn der Mietzins vertragl nur einem ME<br />

geschuldet werde, sei nur <strong>die</strong>ser zur Bildung einer Rücklage<br />

für Erhaltungsarbeiten und zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten<br />

verpflichtet. 2. bis 17. Antragsgegner<br />

hätten hingegen keine Verpflichtung, Arbeiten zu finanzieren.<br />

Der aoRevRek erweist sich als nicht zulässig, weil <strong>die</strong> aufgeworfenen<br />

Rechtsfragen durch hg Rsp geklärt sind:<br />

1. Der zum Alleingebrauch bestimmter Räumlichkeiten<br />

der gemeinschaftlichen Liegenschaft berechtigte ME ist<br />

zum Abschluss eines Bestandvertrags alleinlegitimiert,<br />

begründet jedoch durch Vermietung des ihm zugewiesenen<br />

Objekts ein Mietverhältnis mit allen E (vgl RIS-Justiz<br />

RS0107642; RS0013607; RS0013398; RS0107643). Die<br />

Erträgnisse daraus darf der ME dennoch allein vereinnahmen<br />

(RIS-Justiz RS0042537 [T 2; T 4]).<br />

2. Auch im Verfahren AußStrSachen ergibt sich aus der<br />

Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs, also<br />

aus dem materiellen Recht, ob Dispositionen über den<br />

Verfahrensgegenstand der Einstimmigkeit der Parteien<br />

bedürfen oder ob eine Partei allein tätig werden darf<br />

und was bei widersprechenden Erklärungen gilt (5 Ob<br />

103/09 x; RIS-Justiz RS0<strong>12</strong>5593).<br />

3. Die Durchsetzung seiner mietvertragl Rechte steht einem<br />

Mieter gegenüber allen ME zu. Sämtliche Mit- und<br />

WE einer Liegenschaft sind an einen Auftrag zur Durchführung<br />

von Erhaltungsarbeiten als vollstreckbaren<br />

ExTitel nach § 6 Abs 2 MRG gebunden (RIS-Justiz<br />

RS0021160). Dem Mieter stehen <strong>die</strong>sfalls alle ME als Träger<br />

der ihm gegenüber zu erfüllenden Pflichten gegenüber.<br />

Er muss sich deshalb auch an alle ME halten (vgl<br />

RIS-Justiz RS0106931; RS0113763; RS002<strong>12</strong>01; 5 Ob 3/<br />

05 k SZ 2005/24 = wobl 2005/82).<br />

4. Die aus einem Mietverhältnis erfließenden Rechte und<br />

Pflichten können grundsätzlich nur einheitlich zum Gegenstand<br />

eines Leistungsbefehls gemacht werden (vgl<br />

RIS-Justiz RS0105977), was im Besonderen für <strong>die</strong> das<br />

gesamte Mietverhältnis erfassende rechtsgestaltende<br />

Wirkung eines Auftrags nach §§ 3, 6 MRG gilt. Vom Antragsrecht<br />

eines Mieters auf Durchführung von Erhaltungs-<br />

und Verbesserungsarbeiten betreffend allgemeine<br />

Teile der Liegenschaft ist das gesamte Gebäude<br />

betroffen, was sich schon aus der Verschränkung der Bestimmungen<br />

des § 6 MRG mit § 18 MRG ergibt (5 Ob<br />

96/93 EvBl 1994/93).<br />

4.1 Im Besonderen gilt das für <strong>die</strong> Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten<br />

an allg Teilen des Hauses. Solche können<br />

schon begrifflich nicht gegen einzelne ME durchgesetzt<br />

werden, weil insofern eine mangelnde Verfügungsund<br />

Entscheidungsfähigkeit des einzelnen ME zu beachten<br />

ist (vgl 5 Ob 243/05 d).<br />

4.2 Weil <strong>die</strong> aus einem Mietverhältnis erfließenden<br />

Rechte und Pflichten immer nur einheitlich gegenüber al-<br />

379


NOTAR.AT<br />

len Vertragsparteien festgestellt bzw zum Gegenstand<br />

eines Leistungsbefehls gemacht werden können, bilden<br />

<strong>die</strong> Vermieter eine einheitliche Streitpartei (vgl RIS-Justiz<br />

RS0105977). Weil ein einzelner ME ohne Zustimmung<br />

der übrigen Erhaltungspflichten an allgemeinen Teilen<br />

der Liegenschaft nichts bewirken kann (vgl 5 Ob 243/<br />

05 d), kann ohne Zusammenwirken aller Mit- und WE<br />

<strong>die</strong> geschuldete Leistung nicht erbracht werden, weshalb<br />

<strong>die</strong> Leistungserbringung auch bloß von allen gemeinsam<br />

verlangt werden kann (5 Ob 163/08 v JBl 2009, 306 =<br />

wobl 2009/43).<br />

5. Es wurde auch schon ausgesprochen, dass <strong>die</strong> Frage,<br />

wem Mietzinserträgnisse zufließen, für <strong>die</strong> Erhaltungspflicht<br />

des Vermieters nach dem MRG rechtl bedeutungslos<br />

ist (5 Ob 111/92).<br />

6. Weil <strong>die</strong> Antragstellerin in ihrem RevRek <strong>die</strong> Durchsetzung<br />

ihres Anspruchs nur mehr gegen <strong>die</strong> 1. Antragsgegnerin<br />

anstrebt, erübrigt es sich, darauf einzugehen, dass<br />

schon das ErstG hinsichtlich der gesamten einheitlichen<br />

Streitpartei der Teilhaber des materiellen Anteils B<br />

einheitlich entscheiden hätte müssen (vgl RIS-Justiz<br />

RS0035701 [T 5]; 4 Ob 548/93; 5 Ob 2309/96 m). Auch<br />

darauf, dass 1. bis 7. Antragsgegner nicht allein, sondern<br />

nur mit den WE des Anteils A zusammen über ideelles Eigentum<br />

an allgemeinen Liegenschaftsteilen verfügen (vgl<br />

5 Ob 236/07 b wobl 208/70; RIS-Justiz RS0009864 [T 2];<br />

RS00134<strong>12</strong>; RS0015574 [T 1]) und daher zur Durchsetzung<br />

des Erhaltungsanspruchs ein Tätigwerden auch der<br />

8. bis 16. Antragsgegner vorausgesetzt ist (vgl 5 Ob<br />

243/05 d; 5 Ob 161/92), muss in Anbetracht der oben dargestellten<br />

Umstände nicht mehr eingegangen werden.<br />

7. Die Frage, ob <strong>die</strong> Antragstellerin allein <strong>die</strong> 1. Antragsgegnerin<br />

zur Durchsetzung von Erhaltungspflichten an<br />

allgemeinen Teilen der Liegenschaft in Anspruch nehmen<br />

kann, begründet in Anbetracht der dargestellten<br />

Rsp keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1<br />

AußStrG.<br />

Das hatte zur Zurückweisung des aoRevRek zu führen.<br />

NZ <strong>2011</strong>/<strong>12</strong>6<br />

§ 3 KO (vor IRÄG 2010) – Konkurseröffnung führt zur<br />

relativen Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des<br />

Gemeinschuldners<br />

1. Die Konkurseröffnung führt nicht zu einer allgemeinen<br />

Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Gemeinschuldners.<br />

2. Nur <strong>die</strong> <strong>die</strong> Konkursmasse betreffenden Rechtshandlungen<br />

des Gemeinschuldners sind den Konkursgläubigern<br />

gegenüber unwirksam.<br />

3. Von der Konkursaufhebung an sind alle vom Gemeinschuldner<br />

vorgenommenen Rechtshandlungen,<br />

<strong>die</strong> nach § 3 KO relativ unwirksam waren, (voll) wirksam.<br />

OGH 7. 4. <strong>2011</strong>, 2 Ob 160/10 h (LGZ Graz 21. 1. 2010, 17 R 191/<br />

09 x; BG Graz-West 29. 11. 2009, 5 C 143/09 s)<br />

380<br />

Rechtsprechung<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

<strong>Über</strong> das Vermögen des Kl wurde am 30. 10. 2006 der<br />

Konkurs eröffnet. Am 21. 8. 2007 wurde das KonkursVerf<br />

wieder aufgehoben.<br />

Der Kl behauptet, dass sich der Bekl ihm gegenüber zur<br />

ratenweisen Zahlung von rund E 50.000,– für – nicht konkret<br />

bezeichnete – Leistungen in Zusammenhang mit einer<br />

Betriebsübernahme verpflichtet hätte, und macht <strong>die</strong><br />

fälligen Raten geltend.<br />

Der Bekl bestreitet den Abschluss jeglicher Zahlungsvereinbarung.<br />

Selbst wenn man davon ausginge, so wäre<br />

<strong>die</strong> begehrte Zahlung bei Weitem überhöht (laesio enormis).<br />

Würde der Bekl zur Zahlung verpflichtet werden, so<br />

müsste das NachtragsverteilungsVerf gem § 138 KO eingeleitet<br />

werden.<br />

Das ErstG wies <strong>die</strong> Kl ab. Der Kl habe nach Eröffnung des<br />

KonkursVerf eine Vereinbarung getroffen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Konkursmasse<br />

betroffen habe. Das Geschäft sei vom MV<br />

nicht genehmigt worden. Die zwischen den StrTeilen<br />

getr Vereinbarung sei daher nicht rechtswirksam zustandegekommen.<br />

Das BerG bestätigte <strong>die</strong>se E und ließ <strong>die</strong> Rev nachträglich<br />

zu. Die Anfang November 2006 getr mündliche Vereinbarung<br />

sei wegen des Konkurses über das Vermögen<br />

des Kl absolut nichtig.<br />

Dagegen richtet sich <strong>die</strong> Rev des Kl mit dem Antrag auf<br />

Klagsstattgebung, in eventu Aufhebung der angef E.<br />

Nach der Rsp des OGH begründe <strong>die</strong> Eröffnung des KonkursVerf<br />

nur <strong>die</strong> relative Nichtigkeit der danach gesetzten<br />

Rechtshandlungen des GS, und zwar gegenüber<br />

den Konkursgläubigern, nicht aber gegenüber dem Vertragspartner.<br />

Die Rev des Kl ist zulässig und iS des Aufhebungsantrags<br />

auch berechtigt.<br />

1. Nach der stRsp des OGH zu § 3 KO – das IRÄG 2010 ist<br />

auf den vorl Fall noch nicht anzuwenden – führt <strong>die</strong> Konkurseröffnung<br />

nur zur relativen Unwirksamkeit von<br />

Rechtshandlungen des GS. Sie führt nicht zu einer allg<br />

Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit. Der GS bleibt<br />

vielmehr vollkommen verpflichtungsfähig. Allerdings<br />

sind <strong>die</strong> <strong>die</strong> Masse betr Rechtshandlungen des GS den<br />

Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Der GS ist jedoch<br />

ebenso wie sein Vertragspartner gebunden (RIS-<br />

Justiz RS0063784; RS0063835). Eine nach Konkurseröffnung<br />

vom GS vorgenommene Rechtshandlung hat iVz<br />

ihm und dem beteiligten Dritten ihre volle Wirkung<br />

(8 Ob 143/01 i). Dem Dritten gegenüber ist <strong>die</strong> Wirksamkeit<br />

der Rechtshandlungen des GS so zu beurteilen, als<br />

wäre der Konkurs gar nicht anhängig (1 Ob 530/93).<br />

Von der Konkursaufhebung an sind alle vorher vom GS<br />

vorgenommenen Rechtshandlungen, <strong>die</strong> nach § 3 KO relativ<br />

unwirksam waren, wirksam. Die Unwirksamkeit solcher<br />

Rechtshandlungen dauert nicht über den Konkurs<br />

hinaus (RIS-Justiz RS0063803).


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

2. Die Vorinst sind demgegenüber zu Unrecht davon ausgegangen,<br />

dass <strong>die</strong> Rechtshandlung des Kl (Vertragsabschluss<br />

mit dem Bekl) absolut nichtig sei. Ihre E sind daher<br />

aufzuheben und <strong>die</strong> Rechtssache ist an das ErstG zur neuerlichen<br />

E nach VerfErg zurückzuverweisen. Das ErstG<br />

wird im zweiten Rechtsgang zunächst den Kl aufzufordern<br />

haben, zu konkretisieren, für welche Leistungen er <strong>die</strong><br />

Zahlung beansprucht, zumal nach österr Recht abstrakte<br />

Verpflichtungsgeschäfte unwirksam sind (Wiebe in<br />

Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 859 Rz 27 mwN). Sodann<br />

wird es sich mit den Einwendungen des Bekl zur<br />

Höhe des Anspruchs auseinanderzusetzen haben.<br />

Sollte sich mit Abschluss des Verf eine Zahlungspflicht<br />

des Bekl ergeben, wäre das KonkursG iSv § 138 KO<br />

(IO) zu verständigen.<br />

3. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2<br />

ZPO.<br />

Automationsunterstützt geführte Entscheidungssammlung<br />

in Grundbuchssachen<br />

Bearbeitet von LtdStA iR Dr. Günter Auer<br />

AGS 779<br />

§ 20 lit a GBG; § 38 Abs 2 TFLG 1996<br />

Die Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“<br />

iSd § 38 Abs 2 TFLG 1996<br />

ist eine Anmerkung bestimmter persönlicher Verhältnisse<br />

nach § 20 a GBG, <strong>die</strong> nichts über <strong>die</strong> rechtliche<br />

Qualität einzelner Bestandteile des Grundbuchskörpers<br />

aussagt. Voraussetzung ist daher nur, dass <strong>die</strong> Agrargemeinschaft<br />

(auch) auf Gemeindegut iSd § 33<br />

Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 besteht, auch wenn der betreffende<br />

Grundbuchskörper keine oder nur einzelne<br />

derartige Grundstücke enthält.<br />

OGH 29. 3. <strong>2011</strong>, 5 Ob 229/10 b (LG Innsbruck 23. 9. 2010, 54 R<br />

106/10 z; BG Innsbruck 13. 8. 2010, TZ 8843/10)<br />

[. . .]<br />

2. Grundlage für <strong>die</strong> von der Einschreiterin begehrte Ersichtlichmachung<br />

sind <strong>die</strong> rk Bescheide der Agrarbehörden<br />

I. und II. Inst, mit denen ausgesprochen wurde, dass<br />

<strong>die</strong> dort näher bezeichneten Grundstücke Gemeindegut<br />

iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind. Diese Entscheidung<br />

fällt gem § 73 lit a bis d TFLG 1996 in <strong>die</strong> Zuständigkeit<br />

der Agrarbehörden (vgl auch VfGH 10. <strong>12</strong>.<br />

2010, B 639/10). Die Gerichte sind daher an <strong>die</strong>se gebunden<br />

und haben deren inhaltliche Richtigkeit nicht zu<br />

überprüfen (vgl RIS-Justiz RS0036880; RS0037078;<br />

RS0036981; RS0036975).<br />

3. Die in Richtung der Art 5 und 7 StGG 1867 vorgetragenen<br />

Einwände der Agrargemeinschaft hat schon das<br />

RekG mit Recht verneint. Anmerkungen <strong>die</strong>nen zur Ersichtlichmachung<br />

bestimmter persönlicher Verhältnisse<br />

(§ 20 lit a GBG) bzw zur Begründung bestimmter gesetzlich<br />

vorgesehener Rechtswirkungen (§ 20 lit b<br />

GBG), haben aber selbst keine dingliche Wirkung im<br />

Sinn der Begründung, Umänderung oder Aufhebung<br />

bücherl Rechte (vgl Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht<br />

§ 20 GBG Rz 1). Die von der Agrarbehörde angestrebte<br />

Ersichtlichmachung, <strong>die</strong> – worauf noch zurückzukommen<br />

sein wird – einen § 20 lit a GBG entsprechenden<br />

Entscheidungssammlung in Grundbuchssachen 779 – 780<br />

NOTAR.AT<br />

Fall darstellt, kann daher keinen Eigentumseingriff bewirken.<br />

4. Dem RekG ist dahin beizupflichten, dass <strong>die</strong> eingangs<br />

genannten Bescheide der Agrarbehörden betreffend <strong>die</strong><br />

Liegenschaften EZ 14, 15 und 17 nur hinsichtlich einzelner<br />

Liegenschaften feststellen, dass <strong>die</strong>se Gemeindegut<br />

iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind; <strong>die</strong>s rechtfertigt<br />

aber betreffend <strong>die</strong>se Liegenschaften nicht <strong>die</strong> Ablehnung<br />

der von der einschreitenden Agrarbehörde begehrten<br />

Ersichtlichmachung:<br />

Nach § 38 Abs 2 TFLG 1996 (idF LGBl 2010/7) ist (ua)<br />

bei Agrargemeinschaften, <strong>die</strong> iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2<br />

TFLG 1996 auf Gemeindegut bestehen, im Eigentumsblatt<br />

<strong>die</strong> Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“<br />

ersichtlich zu machen. Dass <strong>die</strong> hier beteiligte<br />

Agrargemeinschaft jedenfalls auch auf Gemeindegut<br />

besteht, steht nach den vorgelegten Bescheiden der<br />

Agrarbehörden bindend fest. Daraus folgt deren Bezeichnung<br />

als „Gemeindegutsagrargemeinschaft“, und<br />

zwar als Hinweis auf eine bestimmte Besonderheit in<br />

den „persönlichen Verhältnissen“ (§ 20 lit a GBG) der<br />

Eigentümerin (zu deren Besonderheiten vgl insb § 33<br />

Abs 5, § 34 Abs 1 letzter HS, § 35 Abs 7 und 8, § 36<br />

Abs 2, § 37 Abs 6 bis 8, § 40 Abs 1 bis 4 TFLG 1996)<br />

und nicht – wovon offenbar das RekG ausgeht – als Angabe<br />

über bestimmte Eigenschaften der Grundstücke<br />

des betreffenden Grundbuchskörpers. Damit harmoniert<br />

gerade <strong>die</strong> in § 38 Abs 2 TFLG 1996 angeordnete<br />

Eintragung im Eigentumsblatt der Liegenschaft und daraus<br />

folgt aber auch, dass aus <strong>die</strong>ser Ersichtlichmachung<br />

keinerlei Rückschlüsse über <strong>die</strong> (rechtl Qualität<br />

einzelner) Bestandteile des Grundbuchskörpers (vgl<br />

§ 7 AllgGAG; Kodek, aaO § 7 AllgGAG Rz 1) ableitbar<br />

sind, insb keine Aussage darüber verbunden ist, ob<br />

einzelne Grundstücke des betreffenden Grundbuchskörpers<br />

Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG<br />

1996 sind.<br />

381


NOTAR.AT<br />

6. Zusammengefasst folgt also:<br />

Die Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“<br />

iSd § 38 Abs 2 TFLG 1996 entspricht<br />

qualitativ einer Anmerkung gem § 20 lit a GBG, <strong>die</strong> lediglich<br />

erfordert, dass <strong>die</strong> betreffende Agrargemeinschaft<br />

(auch) auf Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG<br />

1996 besteht. Da mit <strong>die</strong>ser Ersichtlichmachung (nur) „persönliche<br />

Verhältnisse“ der Eigentümerin ausgewiesen werden,<br />

ist <strong>die</strong>se auch dann zulässig, wenn der betreffende<br />

Grundbuchskörper keine oder nur einzelne Grundstücke<br />

enthält, <strong>die</strong> Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG<br />

1996 sind. Aus der Ersichtlichmachung der Bezeichnung<br />

„Gemeindegutsagrargemeinschaft“ folgen keine Angaben<br />

über bestimmte rechtliche Verhältnisse einzelner Bestandteile<br />

des Grundbuchskörpers, insb über deren Eigenschaft<br />

als Gemeindegut nach § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG<br />

1996 (ebenso 5 Ob 226/10 m und 5 Ob 228/10 f).<br />

AGS 780<br />

§ 85 GBG; § 10 Abs 3 und 4 WEG<br />

1. Die Voraussetzungen des § 10 Abs 3 und 4 letzter<br />

Satz WEG für <strong>die</strong> Verbücherung von Anteilsänderungen<br />

in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG gelten<br />

auch dann, wenn alle betroffenen Miteigentumsanteile<br />

im Eigentum einer einzigen Person stehen.<br />

2. Ein Berichtigungsantrag nach § 10 Abs 4 letzter<br />

Satz WEG entspricht nur dann dem Bestimmtheitsgebot<br />

des § 85 GBG, wenn er neben den einzelnen<br />

Liegenschaftsanteilen mit den ihnen zugeordneten<br />

Wohneinheiten auch <strong>die</strong> Herkunft sämtlicher Beiträge<br />

zu 10% überschreitenden Anteilsänderungen angibt.<br />

OGH 24. 1. <strong>2011</strong>, 5 Ob 190/10 t (LG Klagenfurt 29. 7. 2010, 2 R<br />

139/10 h; BG Villach 19. 5. 2010, TZ 4026/10)<br />

1. Bei der Beurteilung, ob <strong>die</strong> Bagatellgrenze des § 10<br />

Abs 3 erster Satz WEG überschritten wird, kommt es<br />

auf das Ausmaß der Anteilsveränderung jedes einzelnen<br />

Anteils iSd § 2 Abs 9 WEG und nicht auf das Ausmaß der<br />

Veränderungen im Verhältnis zur Gesamtliegenschaft an<br />

(5 Ob 245/08 b NZ 2009, 386 [Hoyer] = wobl 2010/4<br />

[Hausmann]).<br />

Weil es hinsichtlich keines Miteigentumsanteils zu einer<br />

Verschiebung von mehr als 10% kommen darf, was bei<br />

der Teilung eines Miteigentumsanteils denknotwendigerweise<br />

<strong>die</strong> Folge ist, kann eine Teilung eines bestehenden<br />

WEObjekts keinesfalls durch bloße Berichtigung<br />

durchgeführt werden. Dass dabei alle Miteigentumsanteile<br />

beim selben Eigentümer verbleiben, ist für <strong>die</strong> allein<br />

ausschlaggebende Größe der Anteilsverschiebung ohne<br />

Bedeutung (5 Ob 86/10 y wobl 2010/115 [Hausmann]).<br />

Eine Berichtigung der Anteile nach § 10 Abs 3 WEG<br />

kommt daher nicht in Betracht.<br />

2. § 10 Abs 4 letzter Satz WEG lässt eine Berichtigung<br />

von Anteilsverschiebungen unter 10% zu, allerdings unter<br />

der Voraussetzung, dass solche (zu berichtigenden)<br />

Anteile nicht zu einer über 10% liegenden Veränderung<br />

382<br />

Entscheidungssammlung in Grundbuchssachen 779 – 780<br />

NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

eines anderen Miteigentumsanteils beigetragen haben<br />

(vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Wohnrecht 2007 Anm 2<br />

lit d zu § 10 WEG).<br />

Daraus ergibt sich, dass derjenige ASt im Grundbuchsverfahren,<br />

der unter <strong>die</strong>sen Voraussetzungen eine Berichtigung<br />

anstrebt, <strong>die</strong>se zu behaupten und in urkundlicher<br />

Form nachzuweisen hat und auch sein Antragsbegehren<br />

dahingehend formulieren muss, dass ohne weitere<br />

Schlussfolgerungen oder komplizierte Rechenoperationen<br />

(RIS-Justiz RS0108861 [T 3]; RS0060878 [T 4]; 5 Ob<br />

15/10 g) vom Grundbuchsgericht <strong>die</strong> Voraussetzungen<br />

der Bewilligungsfähigkeit beurteilt werden können. Der<br />

in § 98 GBG angeführte wesentliche Inhalt eines Grundbuchsbeschlusses<br />

ist auch für <strong>die</strong> Frage des Inhalts eines<br />

Grundbuchsgesuchs (§ 85 GBG) maßgebend (RIS-Justiz<br />

RS0061013).<br />

Damit dem Bestimmtheitsgebot des § 85 GBG im Fall eines<br />

auf § 10 Abs 4 WEG gegründeten Berichtigungsantrags<br />

entsprochen wird, müssen also nicht nur <strong>die</strong> einzelnen<br />

Liegenschaftsanteile mit den ihnen zugeordneten<br />

Wohnungseinheiten benannt werden, wie sie Gegenstand<br />

der berichtigten Eintragung sein sollen, sondern<br />

auch <strong>die</strong> Herkunft sämtlicher Beiträge zu 10% überschreitenden<br />

Anteilsveränderungen. IS der dargestellten Rsp<br />

ist es nicht Sache des Grundbuchsgerichts, aus Urkunden<br />

<strong>die</strong> Herkunft der Anteile zu erforschen oder Rechenoperationen<br />

anzustellen, um das Begehren in eine bewilligungsfähige<br />

Form umgestalten zu können.<br />

Zu Recht haben daher <strong>die</strong> Vorinstanzen auch einen Verstoß<br />

gegen das Bestimmtheitsgebot als Abweisungsgrund<br />

herangezogen.<br />

3. Dass es sich bei den beschriebenen Voraussetzungen<br />

um Inhaltserfordernisse handelt, ergibt sich daraus, dass<br />

<strong>die</strong> in § 10 Abs 4 letzter Satz WEG beschriebenen Umstände<br />

materiell-rechtliche und grundbuchsrechtliche<br />

Voraussetzungen einer Berichtigung sind.<br />

4. Soweit <strong>die</strong> RevRekWerberin meint, der Anwendbarkeit<br />

des § 10 Abs 4 letzter Satz WEG stehe iSd E 5 Ob 245/<br />

08 b nur entgegen, dass alle ME zu einer <strong>die</strong> Bagatellgrenze<br />

überschreitenden Anteilsänderung beitragen, ist<br />

auf den Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung zu verweisen.<br />

Dass im zit Fall eine Berichtigung schon deshalb<br />

nicht in Frage kam, weil sämtliche ME zu entsprechenden<br />

Anteilsverschiebungen beitrugen, will in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

nur ausdrücken, dass <strong>die</strong> dortigen ASt (wie alle<br />

übrigen Miteigentümer) zu einer 10% übersteigenden<br />

Anteilsverschiebung beigetragen hatten.<br />

5. Die in dem dem Grundbuchsantrag beigefügten Gutachten<br />

des SV K vorgenommene „Bestätigung“, dass es<br />

bei keinem der angeführten Miteigentumsanteile zu einer<br />

Änderung von mehr als 10% kommt, orientiert sich<br />

nicht am notwendigen und verwertbaren Gutachtensinhalt,<br />

wie von § 6 Abs 1 Z 2 WEG normiert, und stellt insofern<br />

nur eine für <strong>die</strong> Gerichte nicht bindende und –<br />

wie ausgeführt – zudem nicht zutr Rechtsansicht dar.


NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong> Standesnachrichten und Mitteilungen<br />

6. Die Anwendung des § 136 GBG für <strong>die</strong> begehrte Berichtigung<br />

von Miteigentumsanteilen über <strong>die</strong> in § 10<br />

Abs 3 und 4 WEG normierten Fälle hinaus scheitert daran,<br />

dass grundsätzlich nur außerbücherliche Rechtsänderungen<br />

oder offenkundige Unrichtigkeiten einer<br />

Berichtigung nach § 136 GBG zugänglich sind. Bestandänderungen,<br />

<strong>die</strong> zu einer Verschiebung von Miteigentumsanteilen<br />

führen, bewirken aber ebensowenig<br />

Rechtsänderungen wie ein Nutzwertfestsetzungsverfahren<br />

(vgl RIS-Justiz RS0106054; insb 5 Ob 29/08 p mit<br />

Darstellung der Rechtslage und RspHinweisen). Wohnungseigentum<br />

wird gem § 5 Abs 3 WEG durch <strong>die</strong> Ein-<br />

Anmerkungen zur Entscheidungssammlung<br />

in Grundbuchssachen<br />

Von em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Hoyer<br />

Zu Entscheidung 779:<br />

Die E trifft voll zu. Es geht dem Gesetzgeber des TFLG<br />

1996 in der Sache darum, <strong>die</strong> „persönliche“ Eigenschaft<br />

der Agrargemeinschaft, <strong>die</strong> auch Gemeindegut umfasst,<br />

durch <strong>die</strong> ins Eigentumsblatt einzutragende Bezeichnung<br />

„Gemeindegutsagrargemeinschaft“ zu kennzeichnen. Es<br />

trifft zu, dass damit keine wie immer gearteten dinglichen<br />

Wirkungen verbunden sind und schon deshalb eine Eigentumsbeeinträchtigung<br />

durch <strong>die</strong> im Gesetz als „Ersichtlichmachung“<br />

bezeichnete Anmerkung iSd § 20 lit a<br />

GBG nicht bewirkt werden kann.<br />

Es ist also nicht zu sehen, in welchen rechtlichen Interessen<br />

<strong>die</strong> Agrargemeinschaft als Rechtsmittelwerberin verletzt<br />

sein könnte.<br />

Standesnachrichten und Mitteilungen<br />

<strong>Österreichische</strong> Notariatskammer<br />

Bekanntmachung<br />

Der Delegiertentag der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

hat in seiner Sitzung am 20. 10. <strong>2011</strong> <strong>die</strong> folgenden<br />

am 11. 11. <strong>2011</strong> auf der Website der <strong>Österreichische</strong>n<br />

Notariatskammer kundgemachten Beschlüsse gefasst:<br />

I.<br />

Die „Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

vom 21. 10. 1999 für das <strong>Österreichische</strong> Zentrale Testamentsregister<br />

idF 22. 04. 2010 (ZTR 2000)“ werden gemäß<br />

§§ 140 a Abs 2 Z. 8 und 140 b Abs 5 NO wie folgt<br />

geändert:<br />

1. Der Titel lautet:<br />

„Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

vom 21. 10. 1999 für das <strong>Österreichische</strong> Zentrale<br />

Testamentsregister idF 20. 10. <strong>2011</strong> (ZTR 2000)“<br />

verleibung in das Grundbuch erworben. Daher bedarf<br />

auch jede Änderung von Anteilen (§ 2 Abs 9 WEG) zur<br />

wohnungseigentumsrechtlichen Wirksamkeit der grundbücherlichen<br />

Durchführung. § 10 Abs 3 und 4 WEG<br />

normieren unter bestimmten restriktiven Bedingungen<br />

<strong>die</strong> Möglichkeit, geringfügige Anteilsverschiebungen<br />

„in sinngemäßer Anwendung“ des § 136 Abs 1 GBG<br />

vorzunehmen. Eine Regelungslücke (vgl RIS-Justiz<br />

RS0098756) oder eine „unechte“ Lücke (RIS-Justiz<br />

RS0008839) ist im vorliegenden Fall einer <strong>Über</strong>schreitung<br />

der ausdrücklich festgelegten Bagatellgrenze gerade<br />

nicht gegeben.<br />

Zu Entscheidung 780:<br />

Die stRsp legt § 10 Abs 3 Satz 1 WEG dahin aus, dass<br />

sich <strong>die</strong> Bagatellgrenze der Anteilsveräußerungen auf<br />

das Ausmaß je des Einzelnen bezieht. Abweichendes<br />

lässt sich dem Gesetz auch nicht entnehmen.<br />

<strong>Über</strong>raschend ist der Bericht über <strong>die</strong> von einem SV in<br />

seinem Gutachten vorgenommene „Bestätigung“, <strong>die</strong><br />

eine unzutreffende und damit nicht bindende Rechtsansicht<br />

wiedergibt. Keine der drei Gerichtsinstanzen ließ<br />

sich dadurch irreführen.<br />

2. In Punkt 16.3.2. wird nach dem Wort „Vertretungsurkunde“<br />

der Klammerausdruck „(auch des gerichtlichen<br />

Bestellungsbeschlusses)“ eingefügt.<br />

3. Punkt 20. wird folgender Punkt 20.6. angefügt:<br />

„Die Änderungen <strong>die</strong>ser Richtlinien gemäß dem Beschluss<br />

des Delegiertentages vom 20. 10. <strong>2011</strong> werden<br />

auf der Website der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

kundgemacht, zusätzlich in der <strong>Österreichische</strong>n Notariats-Zeitung<br />

bekanntgemacht und treten mit Ablauf des<br />

Tages ihrer Kundmachung in Kraft.“<br />

II.<br />

NOTAR.AT<br />

Die „Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

vom 04. 06. 2007 für das Urkundenarchiv des österreichischen<br />

Notariats idF 22. 10. 2010 (Urkundenarchivrichtlinien,<br />

UAR 2007)“ werden gemäß §§ 140 a Abs 2 Z. 8,<br />

140 b Abs 5, 140 e Abs 3 NO und § 91 c Abs 4 GOG<br />

wie folgt geändert:<br />

383


NOTAR.AT<br />

1. Der Titel lautet:<br />

„Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

vom 04. 06. 2007 für das Urkundenarchiv des österreichischen<br />

Notariats idF 20. 10. <strong>2011</strong> (Urkundenarchivrichtlinien,<br />

UAR 2007)“<br />

2. Punkt 6.2 lautet:<br />

„Sonstige Urkunden sind entsprechend dem Auftrag der<br />

Partei auf <strong>die</strong> Dauer von sieben oder 30 Jahren archiviert<br />

zu halten.“<br />

3. In Punkt 15 wird folgender Punkt 15.8 angefügt:<br />

„Die Änderungen <strong>die</strong>ser Richtlinien gemäß dem Beschluss<br />

des Delegiertentages vom 20. 10. <strong>2011</strong> treten<br />

mit 1. 1. 20<strong>12</strong> in Kraft. Punkt 6.2 (idF 20. 10. <strong>2011</strong>) ist<br />

auf sonstige Urkunden anzuwenden, <strong>die</strong> nach dem<br />

31. <strong>12</strong>. <strong>2011</strong> archiviert werden.“<br />

III.<br />

Die „Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

vom 04. 06. 2007 für das <strong>Österreichische</strong> Zentrale Vertretungsverzeichnis<br />

idF 22. 10. 2010 (ÖZVV-RL 2007)“<br />

werden gemäß §§ 140 a Abs 2 Z. 8 und 140 b Abs 5<br />

NO wie folgt geändert:<br />

1. Der Titel lautet:<br />

„Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

vom 04. 06. 2007 für das <strong>Österreichische</strong> Zentrale Vertretungsverzeichnis<br />

idF 20. 10. <strong>2011</strong> (ÖZVV-RL 2007)“<br />

2. Punkt 17.8.2. lautet:<br />

„Eine Abfrage- bzw Einsichtnahmegebühr wird derzeit<br />

nicht eingehoben. Eine in Hinkunft für Abfragen<br />

bzw. Einsichtnahmen geltende Gebühr wird gemäß<br />

Pkt. 17.4. gesondert festgesetzt.“<br />

3. Punkt 19. wird folgender Punkt 19.8. angefügt:<br />

„Die Änderungen <strong>die</strong>ser Richtlinien gemäß dem Beschluss<br />

des Delegiertentages vom 20. Oktober <strong>2011</strong><br />

werden auf der Website der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

kundgemacht, zusätzlich in der <strong>Österreichische</strong>n<br />

Notariats-Zeitung bekanntgemacht und treten mit Ablauf<br />

des Tages ihrer Kundmachung in Kraft.“<br />

Der Delegiertentag der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

hat in seiner Sitzung am 21. 10. <strong>2011</strong> <strong>die</strong> folgenden<br />

am 11. 11. <strong>2011</strong> auf der Website der <strong>Österreichische</strong>n<br />

Notariatskammer kundgemachten Beschlüsse gefasst:<br />

I.<br />

Die „Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

über <strong>die</strong> Vertragsbedingungen der Haftpflichtversicherung<br />

(VHR 1999) vom 8. Juni 1999 (idF DT-Beschluss<br />

23. 10. 2009)“ werden gemäß §§ 109 a Abs 6 und<br />

140 a Abs 2 Z. 8 NO wie folgt geändert:<br />

1. Der Titel lautet:<br />

„Richtlinien der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

vom 8. 6. 1999 über <strong>die</strong> Vertragsbedingungen der<br />

Haftpflichtversicherung idF 21. 10. <strong>2011</strong> (VHR 1999)“<br />

2. Punkt 6.1.2. lautet:<br />

„ein gemäß § 109 a Abs 5 NO von der <strong>Österreichische</strong>n<br />

Notariatskammer anerkanntes Kreditinstitut auf höchstens<br />

EURO 7,500.000,– pro Treuhandauftrag, wobei jedoch<br />

bei Kohärenztreuhandschaften <strong>die</strong> Serienschadenklausel<br />

gemäß Art 5 Z. 2 ABVN nach Maßgabe der von<br />

der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer mit dem Versicherer<br />

abgeschlossenen Rahmenvereinbarung entfallen<br />

muss,“<br />

3. Wird folgender Punkt 14. angefügt:<br />

„Die Änderungen <strong>die</strong>ser Richtlinien gemäß dem Beschluss<br />

des Delegiertentages vom 21. 10. <strong>2011</strong> werden<br />

auf der Website der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

kundgemacht, zusätzlich in der <strong>Österreichische</strong>n Notariats-Zeitung<br />

bekanntgemacht und treten mit Ablauf des<br />

Tages ihrer Kundmachung in Kraft.“<br />

II.<br />

Die „Beitragsordnung gemäß § 141 e Abs 2 a Notariatsordnung<br />

(NO) vom 22. 04. 2010“ wird gemäß § 141 e<br />

Abs 2 a NO wie folgt geändert:<br />

1. Der Titel lautet:<br />

„Beitragsordnung gemäß § 141 e Abs 2 a Notariatsordnung<br />

(NO) vom 22. 04. <strong>2011</strong> idF 21. 10. <strong>2011</strong>“<br />

2. Punkt 6.2.3.2. lautet:<br />

„mindestens jedoch ein Beitrag (Jahresbeitrag) in der<br />

Höhe von EUR 40,00, sollte eine Bemessung gemäß<br />

Pkt. 6.2.3.1. mangels Vorliegens einzelner Parameter<br />

zur Ermittlung der Beitragsgrundlage nicht möglich<br />

sein (Mindestbeitrag). Der genannte Mindestbeitrag<br />

wird in der Folge jeweils ab 1. Jänner eines jeden Jahres<br />

entsprechend dem Anpassungsfaktor der 1. Stufe des<br />

NVG 1972 angepasst.“<br />

3. Folgender Punkt 10.5. wird angefügt:<br />

„Die jährliche Anpassung des Mindestbeitrages mit dem<br />

Anpassungsfaktor nach NVG 1972 gemäß Pkt. 6.2.3.2. in<br />

der Fassung des Beschlusses des Delegiertentages vom<br />

21. 10. <strong>2011</strong> ist erstmals ab 01. 01. 2013 anzuwenden.“<br />

4. Folgender Punkt 10.6. wird angefügt:<br />

„Die Änderungen <strong>die</strong>ser Beitragsordnung gemäß dem<br />

Beschluss des Delegiertentages vom 21. 10. <strong>2011</strong> werden<br />

auf der Website der <strong>Österreichische</strong>n Notariatskammer<br />

kundgemacht, zusätzlich in der <strong>Österreichische</strong>n Notariats-Zeitung<br />

bekanntgemacht und treten mit Ablauf<br />

des Tages ihrer Kundmachung in Kraft.“<br />

<strong>Österreichische</strong> Notariatskammer<br />

Der Präsident:<br />

Univ.-Doz. Mag. DDr. Ludwig Bittner<br />

Impressum: Me<strong>die</strong>ninhaber (Verleger): MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH; FN <strong>12</strong>4 181 w, HG Wien. Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und<br />

Zeitschriften.– Grundlegende Richtung: Veröffentlichung von Abhandlungen und Entscheidungen, Buchbesprechungen sowie Informationen für das Notariat und freiwillige Gerichtsbarkeit.<br />

– Sitz: A-1014 Wien, Kohlmarkt 16. – Verlagsadresse: A-1015 Wien, Johannesgasse 23. – Geschäftsführung: Mag. Susanne Stein (Geschäftsführerin) sowie Prokurist<br />

Dr. Wolfgang Pichler (Verlagsleitung). – Herausgeber: ÖGIZIN GmbH, A-1010 Wien, Landesgerichtsstraße 20. – Redaktion: Notar Dr. Markus Kaspar, A-<strong>12</strong>20 Wien, unter Mitwirkung<br />

von Notar Mag. Alexander Winkler, A-3204 Kirchberg/Pielach. – Druck: Friedrich VDV, 4020 Linz – Verlags- und Herstellungsort: Wien.<br />

384<br />

Standesnachrichten und Mitteilungen NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong>

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