Österreichische Notariatszeitung 12/2011 - Über die Notare
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NOTAR.AT<br />
det § 382 e (jetzt: § 382 h) Abs 2 EO, insoweit abweichend<br />
von der Normalregelung und überschießend,<br />
(auch) von der Behauptung der Gefahr. Im sonstigen<br />
(überblickbaren) Schrifttum wird <strong>die</strong>se Frage nicht eigens<br />
behandelt.<br />
7. § 389 Abs 1 EO verpflichtet den ASt grundsätzlich, <strong>die</strong><br />
den Antrag begründenden Tatsachen im Einzelnen wahrheitsgemäß<br />
darzulegen. Dazu gehören auch jene Umstände,<br />
<strong>die</strong> eine Gefährdung begründen, soweit <strong>die</strong>se –<br />
wie im Regelfall – eine Voraussetzung für <strong>die</strong> Erlassung<br />
der EV bildet (Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner<br />
§ 389 EO Rz 5 mwN). Die drohende Gefahr ist Sachvoraussetzung<br />
für das Vorliegen des Sicherungsanspruchs.<br />
Der Sicherungsantrag ist daher abzuweisen, wenn <strong>die</strong> Bescheinigung<br />
der Gefahr nicht gelingt (Konecny, Der Anwendungsbereich<br />
der einstweiligen Verfügung 203 f).<br />
Der ASt muss <strong>die</strong> in § 381 EO geforderte (konkrete)<br />
Gefährdung behaupten und bescheinigen (RIS-Justiz<br />
RS0005175 [T 9]. Der allg Hinweis auf eine abstrakt mögliche<br />
Gefährdung reicht nicht (RIS-Justiz RS0005295). Die<br />
(vor Einf des § 382 e EO durch das EheRÄG 1999 BGBl I<br />
1999/<strong>12</strong>5 ergangene) Rsp nahm eine konkrete Gefährdung<br />
der Verletzung des Unterlassungsgebots nach<br />
§ 97 ABGB in der Regel dann an, wenn ein Ehegatte einen<br />
RangordnungsB erwirkte, Kaufinteressenten suchte, Verkaufsbesprechungen<br />
aufnahm oder auf ähnliche Weise<br />
seine konkreten Verkaufsabsichten bekundete (RIS-Justiz<br />
RS0005175 [T 1]).<br />
8. § 382 h Abs 2 EO verfügt ausdrücklich, dass in Form<br />
eines anhängigen EheVerf eine EV auch ohne das Vorliegen<br />
der Voraussetzungen des § 381 EO erlassen werden<br />
kann. Das bedeutet zwar nicht, dass <strong>die</strong> Erlassung einer<br />
EV idF grundsätzl keine Gefährdung des Anspruchs erfordert.<br />
§ 382 h Abs 2 EO begründet aber eine Rechtsvermutung<br />
zugunsten der Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs<br />
(s dazu oben 3.), <strong>die</strong> nach dem Gesetzestext<br />
bereits durch <strong>die</strong> Tatsache eines anhängigen Ehe-<br />
Verf ausgelöst wird. Bei einer Rechtsvermutung schließt<br />
das G aus dem Vorliegen einer – höchstens – tatbestandsnahen<br />
– Tatsache unmittelbar auf den Bestand eines<br />
Rechtsverhältnisses, welche zumindest allein aus <strong>die</strong>ser<br />
Tatsache noch nicht abgeleitet werden könnte (Rechberger<br />
in Fasching/Konecny 2 III § 270 ZPO Rz 3 mwN).<br />
Zu behaupten und zu beweisen ist ausschließlich <strong>die</strong> Vermutungsbasis;<br />
nur sie ist Beweisthema (Rechberger, aaO<br />
Rz 4). Vermutungsbasis nach § 382 h Abs 2 EO ist idS,<br />
dass ein EheVerf anhängig ist. Dies hat <strong>die</strong> ASt behauptet<br />
und bescheinigt. Die Rechtsvermutung des § 382 h<br />
Abs 2 EO befreit sie daher von der Notwendigkeit, konkrete<br />
Gefährdungshandlungen des verfügungsberechtigten<br />
Ehegatten zu behaupten.<br />
9. Dass § 382 h Abs 2 EO eine Sonderregelung für das SicherungsVerf<br />
ist, lässt das RekG in seinen Argumenten zur<br />
Anspruchsgebundenheit der EV nach § 382 h EO, insb zu<br />
der seiner Auffassung nach sinnlosen Fristsetzung zur Einbringung<br />
einer offensichtlich aussichtslosen Rechtferti-<br />
374<br />
Rechtsprechung<br />
NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />
gungskl, außer Acht. Für das HauptVerf über den Wohnungserhaltungsanspruch<br />
nach § 97 ABGB besteht eben<br />
keine Sonderregelung zur Behauptungs- und Beweislast<br />
des klagenden Ehegatten. Begehrt er im HauptVerf <strong>die</strong><br />
(vorbeugende) Unterlassung von Verfügungen des anderen<br />
Ehegatten, wie Verkauf, Belastung oder Vermietung<br />
der Ehewohnung, <strong>die</strong> durch das Sicherungsmittel des<br />
§ 382 Z 6 EO gesichert werden soll, so hat er <strong>die</strong> Ersteingriffsgefahr,<br />
<strong>die</strong> eine materielle Klagsvoraussetzung darstellt<br />
(RIS-Justiz RS0010553 [T 1]; ähnl 6 Ob 226/05 m),<br />
zu behaupten und zu beweisen. Er ist daher verpflichtet,<br />
im HauptVerf <strong>die</strong> (drohenden) Verfügungshandlungen<br />
des anderen Ehegatten darzulegen.<br />
10. Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass <strong>die</strong> ASt über<br />
<strong>die</strong> Tatsache des eingeleiteten ScheidungsVerf hinaus<br />
kein zusätzlich Tatsachenvorbringen zur Gefährdung ihres<br />
Anspruchs erstatten musste.<br />
11. Sind Behauptungen zur konkreten Gefährdung nicht<br />
notwendig, bleibt <strong>die</strong> Frage zu überprüfen, ob einem Antragsgegner<br />
<strong>die</strong> Möglichkeit der Gegenbescheinigung<br />
offensteht. Sailer (aaO Rz 8) und Zechner (aaO) bejahen<br />
<strong>die</strong>s im Gegensatz zu König (aaO). Zechner schließt <strong>die</strong><br />
Annahme einer unwiderleglichen Rechtsvermutung aus,<br />
weil sich <strong>die</strong> EV sonst als rechtl institutionalisiertes Schikaneinstrument<br />
missbrauchen ließe. Nach Sailer müsse<br />
ja nach dem nicht zu vernachlässigenden Wortlaut des<br />
§ 382 a Abs 2 EO <strong>die</strong> EV bei fehlender Bescheinigung<br />
nicht erlassen werden, was gerade dann der Fall sein<br />
werde, wenn ausnahmsweise der Gegner gehört worden<br />
sei und das Fehlen einer konkreten Gefährdung glaubhaft<br />
gemacht habe. König argumentiert ebenfalls mit<br />
dem Wortlaut, aber mit konträrem Ergebnis.<br />
<strong>12</strong>. Nach Auffassung des erk Sen ist es gerade aufgrund<br />
der Entbehrlichkeit von Tatsachenbehauptungen zur Gefährdung<br />
nur konsequent, dem Antragsgegner <strong>die</strong> Widerlegung<br />
der Rechtsvermutung zu ermöglichen, sei es<br />
nun bei seiner Anhörung im SicherungsVerf selbst<br />
(§ 382 h Abs 3 EO) oder in Form des einseitigen SicherungsVerf<br />
im WiderspruchsVerf. Ansonsten bestünde<br />
<strong>die</strong> von Zechner gesehene Gefahr eines missbräuchlichen<br />
Einsatzes <strong>die</strong>ser EV. Für <strong>die</strong> Widerlegbarkeit der Rechtsvermutung<br />
spricht <strong>die</strong> durch § 382 h Abs 3 EO nicht ausgeschlossene<br />
Möglichkeit zur Äußerung, <strong>die</strong> das G nicht<br />
auf <strong>die</strong> Bestreitung der Anspruchsvoraussetzungen beschränkt<br />
(vgl 4 Ob 1514/96). Von <strong>die</strong>ser Anhörung ist abzusehen,<br />
wenn zu besorgen ist, dass dadurch der Zweck<br />
der EV vereitelt würde. Die bereits zit, bei Deixler-Hübner,<br />
Das neue Eherecht 99 f, wiedergegebenen Mat betonen,<br />
dass von einer Anhörung des Antragsgegners in bes<br />
Maße eine Gefahr für das Sicherungsbedürfnis des ASt<br />
ausgehen kann und nur in Ausnahmefällen mit einer Zustellung<br />
des Antrags an den Gegner vorzugehen sein<br />
wird (s jetzt aber 2 Ob 140/10 t iFamZ <strong>2011</strong>/80 [Deixler-<br />
Hübner]). Wird der Antragsgegner (ausnahmsweise) aber<br />
ohnehin im SicherungsVerf gehört, wird <strong>die</strong>ser Besorgnis<br />
im jeweiligen Fall keine entscheidende Bedeutung zuge-