Österreichische Notariatszeitung 12/2011 - Über die Notare
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NOTAR.AT<br />
primäre Grundsatz der Aufteilung nach Billigkeit (§ 83<br />
EheG) verankert, was allerdings in der Praxis eine regelmäßige<br />
Hälfteaufteilung nicht hindert. 66 , 67<br />
Da es in Österreich bereits ein zwingendes Verlassenschaftsverfahren<br />
gibt (§§ 143 ff AußStrG), bietet sich natürlich<br />
weiters an, auch das güterrechtliche Ausgleichverfahren<br />
im Todesfall in <strong>die</strong>ses Verfahren einzubauen. Damit<br />
sind mit Blick auf <strong>die</strong> Häufigkeit einvernehmlicher Ausgleichsregelungen<br />
im Zuge einvernehmlicher Scheidungen<br />
nach § 55 a EheG auch beim Ausgleich im Todesfall<br />
einvernehmliche Lösungen gerade durch <strong>die</strong> Mitwirkung<br />
des Notars (vgl § 160 AußStrG) wünschenswert und auch<br />
zu erwarten, wie <strong>die</strong> tatsächliche Häufigkeit des Erbübereinkommens<br />
innerhalb des Verlassenschaftsverfahrens<br />
zeigt. Insofern besteht ein Gleichklang mit den formlos<br />
möglichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit einem<br />
Scheidungs-, Aufhebungs- oder Nichtigkeitsverfahren<br />
bzw den allerdings zumindest schriftlich zu treffenden<br />
Vereinbarungen nach § 55 a EheG. In eine einvernehmliche<br />
Aufteilungsregelung müssten nach der richtigen Ansicht<br />
Holzners 68 aber jedenfalls auch <strong>die</strong> Pflichtteilsberechtigten<br />
einbezogen werden, weil von der konkreten<br />
Aufteilung <strong>die</strong> Höhe des Nachlasswerts und damit auch<br />
<strong>die</strong> Berechnungsgrundlage der Pflichtteile abhängt. Es<br />
kann tatsächlich nicht angehen, dass etwa durch eine<br />
überhöhte Vermögenszuweisung an den überlebenden<br />
Ehegatten <strong>die</strong> Pflichtteilsberechtigten nach dem verstorbenen<br />
Ehegatten geschmälert werden. 69<br />
Im Übrigen wird man ein güterrechtliches Ausgleichsverfahren<br />
– allenfalls nach entsprechender Aufklärungspflicht<br />
– auch nur auf Antrag und nicht auch von Amts wegen<br />
vorsehen, um jene Fälle, in denen <strong>die</strong> Betroffenen<br />
selbst eine Ausgleichung für nicht erforderlich halten,<br />
von vorneherein auszuklammern. 70<br />
Was den ohne Zweifel notwendigen Bedarf der Anpassung<br />
der Bestimmungen der §§ 81 ff EheG auf das Ausgleichverfahren<br />
im Todesfall betrifft, so sei auf <strong>die</strong> sehr<br />
eingehenden <strong>Über</strong>legungen Holzners 71 verwiesen. Seine<br />
wichtigsten Ergebnisse seien hier nur kurz wiederholt:<br />
Einbeziehung auch der persönlichen Güter gem § 82<br />
66 Siehe oben bei FN 8.<br />
67 Zum konkreten Anpassungsbedarf bei Einzelbestimmungen siehe<br />
gleich unten.<br />
68 Ehevermögen 191 ff.<br />
69 Die von Holzner, Ehevermögen 191 ff, geforderte Einbeziehung<br />
auch der Vermächtnisnehmer scheint ebenfalls überlegenswert:<br />
Zwar wären nach §§ 724 f selbst bei einer einvernehmlichen Aufteilungsregelung<br />
Vermächtnisse nicht als widerrufen anzusehen<br />
und ihr Wert zu vergüten, weil es mE auf eine entsprechende Willensrichtung<br />
des Erblassers selbst ankommt. Bei Vermächtnissen<br />
von Gattungssachen bleibt das Vermächtnis ebenfalls grundsätzlich<br />
aufrecht, vgl §§ 656 ff. Andererseits kann aber das Kürzungsrecht<br />
des (beschränkt haftenden) Erben, das sich am Nachlasswert<br />
orientiert (§§ 690 ff; vgl auch § 783), durch eine Aufteilungsvereinbarung<br />
schlagend werden.<br />
70 Zur Frage der Vererblichkeit des Anspruchs siehe gleich unten.<br />
71 Ehevermögen 177 ff.<br />
362<br />
Bernhard Eccher, NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />
Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />
Abs 2 Z 2 EheG in den Ausgleich; grundsätzlicher Ausgleich<br />
auch der Sachen, <strong>die</strong> zu einem Unternehmen gehören<br />
(§ 82 Abs 1 Z 3), und der Unternehmensanteile<br />
(§ 82 Abs 2 Z 4 EheG), wobei der Ausgleich in Geld<br />
und unter Bedachtnahme auch auf das Weiterbestehen<br />
des Unternehmens erfolgen müsse; Nichtübernahme<br />
des scheidungsspezifischen Grundsatzes, wonach sich<br />
nach dem Ausgleich <strong>die</strong> Lebensbereiche der Betroffenen<br />
(§ 84 EheG), also hier des überlebenden Ehegatten und<br />
der Erben, möglichst wenig berühren sollen; Ersetzung<br />
der Zuweisung des Bestandrechts an einer Dienstwohnung<br />
an den Nicht<strong>die</strong>nstnehmer-Ehegatten durch angemessene<br />
Räumungsregelungen (§ 88 EheG).<br />
Mit Blick auf <strong>die</strong> sich bereits konkret abzeichnenden Vorschläge<br />
der angedachten Erbrechtsreform 72 sollte man<br />
insb überlegen, auch beim neuen Ausgleichsanspruch<br />
so wie beim Pflichtteilsanspruch eine Stundungsmöglichkeit<br />
vorzusehen. Dies erscheint vor allem auf <strong>die</strong> oben<br />
befürwortete grundsätzliche Einbeziehung auch der Unternehmen<br />
und Unternehmensanteile in <strong>die</strong> Aufteilung<br />
notwendig und sachgerecht. Eine bewilligte Stundung<br />
würde dann auch <strong>die</strong> Beurteilung der Berücksichtigung<br />
des Unternehmensschutzes unmittelbar beeinflussen.<br />
Ausführlich hat sich Holzner 73 mit der Frage der Vererblichkeit<br />
des Ausgleichsanspruchs beschäftigt. In erster Linie<br />
kommt er zum überzeugenden Ergebnis, dass <strong>die</strong> Statuierung<br />
der Unvererblichkeit des bestehenden Aufteilungsanspruchs<br />
nach Ehescheidung in Ermangelung einer<br />
Anerkennung oder gerichtlichen Geltendmachung (§ 96<br />
EheG) nicht sachgerecht erscheint. Daran anschließend<br />
tritt er auch – vor allem unter Betonung der Beitragsleistung<br />
des Ehegatten – für volle Vererblichkeit eines für<br />
den Todesfall neu einzuführenden Ausgleichsanspruchs<br />
ein. 74 Unter <strong>die</strong>sem Blickwinkel erschiene es tatsächlich<br />
widersprüchlich, wenn zB der überlebende haushaltführende<br />
Ehegatte den Anspruch geltend machen könnte,<br />
nicht mehr aber seine Erben und auch nicht <strong>die</strong> Erben<br />
des vorverstorbenen haushaltführenden Ehegatten.<br />
G. Konsequenzen der Einführung<br />
eines güterrechtlichen Ausgleichsanspruchs<br />
im Todesfall für das<br />
allgemeine Erbrecht<br />
Führte man einen ehegüterrechtlichen Ausgleich auch<br />
bei Tod eines Ehegatten ein, hätte man Zweifel, <strong>die</strong><br />
72 Vgl Welser, Die Reform des österreichischen Erbrechts II/1 (2009)<br />
115 ff.<br />
73 Ehevermögen 117 ff, 185 ff; offensichtlich der Kritik folgend<br />
Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 96 EheG Rz 1; für Unvererblichkeit<br />
des Anspruchs seinerzeit F. Bydlinski, Zur Neuordnung<br />
des Ehegüterrechts, in FS Schwind 53 ff (dazu schon oben D.II).<br />
74 Vertretbar hält er (Ehevermögen 186 f) allerdings auch eine Vererblichkeit<br />
bloß unter der Bedingung, dass der Erblasser über<br />
den Anspruch letztwillig verfügt hat.