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Österreichische Notariatszeitung 12/2011 - Über die Notare

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NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

trag ausmitteln wollte. Dies wird das ErstG bei seiner neuerl<br />

E in tatsächlicher Hinsicht klarzustellen haben.<br />

2. Zur Aufteilung des Liegenschaftsvermögens:<br />

2.1 Das weiter dem Antragsgegner verbleibende Eigentum<br />

an der Liegenschaft EZ 2229 GB X. (D-Straße 4) ist –<br />

ihre Einbeziehung in <strong>die</strong> Aufteilungsmasse vorausgesetzt<br />

(s 1.2) – unzweifelhaft.<br />

2.2 Strittig ist dagegen <strong>die</strong> Zuteilung der Liegenschaft EZ<br />

422 GB X. (frühere Ehewohnung) sowie der Eigentumswohnung<br />

S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung). Bei der Beurteilung<br />

<strong>die</strong>ser Streitfrage haben <strong>die</strong> Vorinst – wie vom<br />

Antragsgegner im Ansatz richtig geltend gemacht –<br />

den Bewahrungsgrundsatz (§ 90 Abs 1 EheG) nicht ausreichend<br />

berücksichtigt:<br />

2.3 Nach § 90 Abs 1 EheG darf <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung des Eigentums<br />

an unbeweglichen Sachen oder <strong>die</strong> Begründung<br />

von dinglichen Rechten daran nur angeordnet werden,<br />

wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht<br />

erzielt werden kann. Nach vorliegender Rsp wird <strong>die</strong><br />

<strong>Über</strong>tragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen<br />

tendenziell an strenge Voraussetzungen geknüpft und<br />

deshalb auch als „ultima ratio“ bezeichnet (vgl RIS-Justiz<br />

RS0057905). Nun mag § 90 Abs 1 EheG in <strong>die</strong> Ehewohnung<br />

betr Fällen etwas weitherziger gehandhabt werden<br />

(vgl 3 Ob 551/83 EFSlg 41.411; 7 Ob 750/80 EFSlg<br />

36.465; allg zur Beachtlichkeit des Wohnbedürfnisses<br />

unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit vgl RIS-Justiz<br />

RS0057733, RS0057952; s auch Stabentheiner in Rummel<br />

3 § 90 EheG Rz 1; Bernat in Schwimann 3 § 90 EheG<br />

Rz 1; Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth §90<br />

EheG Rz 1; <strong>die</strong>s in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 90<br />

EheG Rz 1). Es mag auch Fälle geben, in denen zwar<br />

nur ein Ehegatte im GB als Eigentümer eingetragen ist,<br />

das Haus während der Ehe errichtet (angeschafft) wurde,<br />

<strong>die</strong> früheren Ehegatten hiezu etwa zu gleichen Teilen<br />

beigetragen haben und sie im Innenverhältnis übereinstimmend<br />

der Auffassung waren, dass das Haus ihnen<br />

beiden „gehört“, sie also beide übereinstimmend der<br />

Meinung waren, materiell ME zu sein, <strong>die</strong> Verbücherung<br />

beider früheren Ehegatten aber allenfalls nur aus Bequemlichkeit<br />

oder wegen fehlenden Problembewusstseins<br />

unterblieben ist (vgl etwa 3 Ob 2224/96 x EFSlg<br />

84.698). Unter derartigen Umständen wird dem Bewahrungsgrundsatz<br />

nur geringere Bedeutung zukommen,<br />

doch kann vom Vorliegen eines solchen Falls auf der<br />

Grundlage der gegebenen Feststellungen nicht ausgegangen<br />

werden.<br />

Die ASt ist im Jahr 2005 aus der früheren Ehewohnung<br />

ausgezogen und ist wohnversorgt. Die einzigen Argumente<br />

der Vorinst für <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung des Eigentums<br />

an der Liegenschaft mit der früheren Ehewohnung auf<br />

<strong>die</strong> ASt sind das Alleinverschulden des Antragsgegners<br />

an der Ehescheidung und dass „<strong>die</strong> Erhaltung <strong>die</strong>ses<br />

Hauses (Bezahlung der Betriebskosten) für sie leichter<br />

leistbar ist“.<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

Ein Rechtsprechungsgrundsatz dahin, dass das von den<br />

Vorinst betonte – im Gesetz ohnehin nicht positivierte –<br />

Optionsrecht des schuldlos geschiedenen Ehegatten<br />

(vgl dazu RIS-Justiz RS0057387; RS0057523) den Bewahrungsgrundsatz<br />

allein und gänzlich entkräftet, existiert<br />

aber nicht (5 Ob 136/10 a) und es ist auch nicht Aufgabe<br />

der nachehel Aufteilung, den allein an der Scheidung<br />

schuldigen Ehegatten zu „bestrafen“. Schließlich ist zur<br />

finanziellen Situation der ASt <strong>die</strong> Feststellung des ErstG<br />

unklar, ob sich <strong>die</strong> vermeintlich „leichtere“ Leistbarkeit<br />

nur auf den Vergleich zwischen dem von der ASt derzeit<br />

zu leistenden Mietzins und den Betriebskosten des Hauses<br />

in M. bezieht und ob sich nicht unter Mitberücksichtigung<br />

des Erhaltungsaufwands für <strong>die</strong> Liegenschaft ein<br />

ganz anderes Bild ergibt.<br />

2.4 Für <strong>die</strong> <strong>Über</strong>tragung der Eigentumswohnung S., F. 34<br />

W 10 (Ferienwohnung) an <strong>die</strong> ASt sind – abgesehen vom<br />

von den Vorinst offenbar auch insoweit herangezogenen<br />

Alleinverschulden des Antragsgegners an der Scheidung<br />

– überhaupt keine naheliegenden Gründe erkennbar.<br />

Das ErstG wird daher im fortgesetzten Verf insb mit der<br />

ASt zu erörtern haben, welche – im Lichte des § 90<br />

Abs 1 EheG vermeintlich tragfähigen – Argumente für<br />

eine <strong>Über</strong>tragung des Eigentums an der Liegenschaft EZ<br />

422 GB X. (frühere Ehewohnung) sowie der Eigentumswohnung<br />

S., F. 34 W 10 (Ferienwohnung) sprechen könnten;<br />

dazu werden dann in der neuerlichen E des ErstG<br />

klare und aussagekräftige Feststellungen zu treffen sein.<br />

3. Ausgleichszahlung:<br />

Es ist dem RekG durchaus dahin beizupflichten, dass eine<br />

Ausgleichszahlung nicht mit (scheinbar) mathematischer<br />

Genauigkeit festzusetzen ist (vgl RIS-Justiz RS0113732).<br />

Es ist allerdings nicht vertretbar, ein unbegründetes Abweichen<br />

vom Bewahrungsgrundsatz des § 90 Abs 1<br />

EheG durch eine gegenüber dem (unstrittigen) Aufteilungsschlüssel<br />

von 1 : 1 deutlich geringere Ausgleichszahlung<br />

rechtfertigen zu wollen. Damit würde zum Nachteil<br />

beider Parteien von einer den ges Grundsätzen entsprechenden<br />

Aufteilung abgewichen. Das weitere Argument<br />

des RekG, der Antragsgegner habe sich bei den<br />

Renovierungs- und Umbauarbeiten am Zinshaus mehr<br />

engagiert als <strong>die</strong> ASt, findet in den Feststellungen des<br />

ErstG keine Deckung. Es ist daher auch dem RevRek<br />

der ASt insoweit zu folgen, als nach der derzeit vorliegenden<br />

Sachverhaltsgrundlage eine Ausgleichszahlung,<br />

<strong>die</strong> deutlich vom Aufteilungsschlüssel 1 : 1 abweicht,<br />

nicht zu rechtfertigen ist.<br />

4. Zusammenfassung:<br />

Die Liegenschaft EZ 2229 GB X. (V., D-Straße 4) ist iHa<br />

deren Qualität als Wertanlage genauso in <strong>die</strong> Aufteilung<br />

einzubeziehen wie der (restliche) Erlös aus dem Verkauf<br />

des Hauses V., G-Straße 10. Ob der Antragsgegner aus<br />

Letzterem tatsächlich einen Zinsertrag erzielt hat, wird<br />

das ErstG durch entsprechende Feststellungen klarzustellen<br />

haben. Die ASt wird konkrete Umstände vorzutra-<br />

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