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Österreichische Notariatszeitung 12/2011 - Über die Notare

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NOTAR.AT<br />

maßgeblich, im Übrigen bleibt das Gesamthandeigentum<br />

bestehen. Das Erbrecht schließt an den sich jeweils<br />

daraus ergebenden Vermögenszustand an.<br />

9. Tschechien<br />

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Tschechischen<br />

Republik (§§ 143 ff) 56 bildet das von einem oder beiden<br />

Ehegatten während der Ehe erworbene Vermögen mit<br />

bestimmten Ausnahmen (insb Erbschaften, Schenkungen,<br />

Sachen des persönlichen Gebrauchs oder der Berufsausübung,<br />

dazugehörige oder unverhältnismäßige<br />

Verbindlichkeiten) ein gemeinsames Vermögen der Ehegatten<br />

(System einer Errungenschaftsgemeinschaft). Dieses<br />

gemeinsame Vermögen erlischt mit der Beendigung<br />

der Ehe, wobei es nicht darauf ankommt, ob <strong>die</strong> Ehe<br />

etwa durch Scheidung oder Tod beendet wird. Das vorher<br />

gemeinsame Vermögen ist nach den im Gesetz festgelegten<br />

Kriterien zu teilen, wobei davon ausgegangen<br />

wird, dass <strong>die</strong> Anteile der beiden Ehegatten gleich groß<br />

sind.<br />

10. Resümee<br />

Wenn wie aufgezeigt <strong>die</strong> meisten Nachbarstaaten Österreichs<br />

auch im Fall der Auflösung der Ehe durch den Tod<br />

eines Partners einen güterrechtlichen Ausgleich vorsehen,<br />

so liegt darin jedenfalls ein starkes Indiz für eine Aufforderung<br />

zur Hinterfragung der eigenen Regelung in<br />

den Ländern wie Österreich, wo ein solcher güterrechtlicher<br />

Ausgleich nicht vorgesehen wird. Die Ergebnisse<br />

des Rechtsvergleichs relativieren gleichzeitig das für <strong>die</strong><br />

österreichische Regelung angeführte Hauptargument,<br />

nämlich <strong>die</strong> Schwierigkeit und Komplexität der konkreten<br />

Berechnung des Ausgleichs im Todesfall.<br />

E. Rechtstatsächliche Aussagen<br />

Rechtstatsächliche Zustände und Entwicklungen können<br />

für rechtspolitische <strong>Über</strong>legungen auch in der hier untersuchten<br />

Frage Wesentliches beitragen. Vor allem zwei<br />

Zusammenhänge leuchten unmittelbar ein: Zeigte sich,<br />

dass in einem Großteil aller Fälle das für eine güterrechtliche<br />

Aufteilung infrage kommende Vermögen mehr<br />

oder weniger gleichteilig beiden Ehepartnern eigentumsmäßig<br />

zugehört, erscheint <strong>die</strong> Einführung eines<br />

Ausgleichsverfahrens vor Erbrecht überflüssig. Die oben<br />

(B.) angeführten Tabellen zeigen nämlich, dass <strong>die</strong> erbrechtlichen<br />

Vermögens- und Nachlassergebnisse sich immer<br />

mehr einander annähern, je ausgewogener der Eigentumsanteil<br />

am Ausgleichsvermögen ist. Je mehr <strong>die</strong><br />

Eigentumsbeteiligung an <strong>die</strong>sem Vermögen auseinan-<br />

56 Abgedruckt bei Bohata in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales<br />

Ehe- und Kindschaftsrecht (2009) Tschechische Republik 57 ff;<br />

vgl dazu Hrabovský, Tschechische Republik, in Süß/Ring (Hrsg),<br />

Eherecht in Europa (2006) <strong>12</strong>68 f.<br />

360<br />

Bernhard Eccher, NZ <strong>12</strong>/<strong>2011</strong><br />

Ehegattenerbrecht und Güterausgleich<br />

derklafft, umso dringender erscheint ein vorgelagertes<br />

Ausgleichverfahren. Ein zweiter rechtspolitischer Ansatzpunkt<br />

liegt in der hypothetisch zu erwartenden Anzahl<br />

von – neuen – erbrechtlichen Ausgleichsverfahren.<br />

Zeigte sich, dass ohnehin nur eine geringe Anzahl von<br />

Fällen zu erwarten ist, bei denen zur Ermittlung des erbrechtlich<br />

relevanten Vermögens vorher güterrechtlich<br />

auszugleichen wäre, so spricht <strong>die</strong>s va unter dem Aspekt<br />

der behaupteten Verkomplizierung der Verlassenschaftsverfahren<br />

für <strong>die</strong> Einführung eines solchen Ausgleichsverfahrens,<br />

weil der dann ohnehin in Summe relativ geringe<br />

Mehraufwand gegenüber dem Gerechtigkeitsargument<br />

jedenfalls zurückzutreten hätte.<br />

1. Erwerbssituation<br />

Anzunehmen ist, dass das für eine Ausgleichung infrage<br />

kommende Vermögen regelmäßig dann gleichmäßig<br />

auf beide Partner verteilt sein wird, wenn beide über<br />

<strong>die</strong> gesamte Dauer der Ehe ein vergleichbar hohes Erwerbseinkommen<br />

erzielt haben. Da traditionell <strong>die</strong> Ehefrau<br />

erwerbsmäßig hinter dem Ehemann zurückbleibt,<br />

ist festzustellen, wie sich <strong>die</strong> Erwerbsquote, <strong>die</strong> Erwerbsdauer<br />

und <strong>die</strong> Erwerbshöhe der Frau im Verhältnis zum<br />

Ehemann in Österreich darstellt bzw entwickelt. Wie sich<br />

aus dem Frauenbericht 2010 57 ergibt und wie auch nicht<br />

anders zu erwarten ist, sinkt <strong>die</strong> Einbindung von Frauen<br />

ins Erwerbsleben vor allem bei Vorhandensein von Kindern,<br />

und zwar besonders dann, wenn sie in aufrechter<br />

Ehe oder Partnerschaft leben. Während statistisch <strong>die</strong><br />

Erwerbsquote von Frauen mit einem Kind noch leicht<br />

ansteigt, sinkt sie dann deutlich bei Vorhandensein von<br />

zwei Kindern und besonders stark bei Vorhandensein<br />

von mehreren Kindern. Dies ist auch neben dem früheren<br />

Eintritt in den Ruhestand einer der maßgeblichen<br />

Gründe dafür, dass <strong>die</strong> Erwerbsquote der Frauen trotz<br />

einer Aufwärtsbewegung in den letzten Jahren nach<br />

wie vor deutlich geringer als jene der Männer ist. So<br />

lag <strong>die</strong>se für das Jahr 2010 bei den weiblichen Erwerbspersonen<br />

zwischen 15 und 64 Jahren bei 69,3%, während<br />

jene der Männer in derselben Altersklasse 80,9%<br />

betrug. 58<br />

Darüber hinaus sind bekanntlich gerade in Österreich <strong>die</strong><br />

Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen<br />

nach wie vor sehr deutlich. So war das durchschnittliche<br />

Bruttojahreseinkommen unselbständiger Frauen im Jahr<br />

2009 um insg 40% geringer als jenes der Männer, und immer<br />

noch um 19% geringer, wenn man <strong>die</strong> Zahl um Teilzeitbeschäftigungen<br />

oder bloß saisonale Beschäftigungen<br />

bereinigt, wobei es für <strong>die</strong> vorliegende Problematik<br />

ja gar nicht entscheidend ist, dass sich <strong>die</strong>ses Gefälle<br />

57 Bericht betreffend <strong>die</strong> Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum<br />

1998 bis 2008 (III-174 BlgNR 24. GP) Teil II 469 ff.<br />

58 Statistik Austria – Bevölkerung nach Erwerbsstatus (Labor-Force-<br />

Konzept) seit 2000.

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