Reizstrom â den Muskel stimulieren
Reizstrom â den Muskel stimulieren
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Apparatekunde<br />
<strong>Reizstrom</strong> –<br />
<strong>den</strong> <strong>Muskel</strong> <strong>stimulieren</strong><br />
Gewebestraffung & Entschlackung<br />
Zur <strong>Muskel</strong>stimulation kann man<br />
in der apparativen Kosmetik<br />
zum einen <strong>Reizstrom</strong>geräte<br />
und zum anderen Geräte zur<br />
Biomechanischen <strong>Muskel</strong>stimulation<br />
(BMS) bzw. neuromuskulären Stimulation<br />
(NST) einsetzen. In dieser Ausgabe<br />
gehen wir auf <strong>den</strong> ersteren Aspekt<br />
näher ein.<br />
Das Ziel vieler Frauen ist es, so lange wie möglich ein jugendliches<br />
Aussehen und eine glatte, straffe Haut zu behalten oder<br />
diese wiederzuerlangen. Ein Weg dahin ist die Stimulation von<br />
<strong>Muskel</strong>n. Hierdurch wird die Muskulatur gestrafft, der Lymphfluss<br />
angeregt, die Durchblutung gefördert. Zudem verbrennt<br />
die <strong>Muskel</strong>arbeit Fette – die Fettpölsterchen „schmelzen“.<br />
Zur Behandlung mit <strong>Reizstrom</strong> sind<br />
heutzutage in Medizin und Kosmetik eine<br />
Vielzahl von Stromformen im Angebot.<br />
Sortiert man die genutzten Stromformen<br />
nach der Frequenz, so ergibt<br />
sich die folgende Einteilung:<br />
Gleichstrom (DC) – 0 Hz<br />
Niederfrequente Ströme (NF)<br />
0–1.000 Hz<br />
Mittelfrequente Ströme (MF)<br />
1.000–300.000 Hz<br />
Hochfrequente Ströme (HF)<br />
> 300.000 Hz<br />
(Symbol „>“ bedeutet „größer“)<br />
Ströme und Frequenzen<br />
Niederfrequente und mittelfrequente<br />
Ströme fasst man auch als <strong>Reizstrom</strong> zusammen.<br />
Der Begriff der Mittelfrequenz<br />
wurde von Martin Gildemeister (1944)<br />
definiert. Mittelfrequenter Strom wird<br />
in der Kosmetik vielfach bei der Behandlung<br />
von Problemzonen angewendet,<br />
sowohl im Gesicht als auch am Körper.<br />
Er ist weitgehend nebenwirkungsfrei<br />
und einfach zu handhaben. Richtig<br />
angewendet, lassen sich innerhalb von<br />
kurzer Zeit sichtbare Erfolge erreichen.<br />
Der mittelfrequente Strom hat sich für<br />
<strong>den</strong> Einsatz in der Kosmetik als besonders<br />
geeignet erwiesen, da im Gegensatz<br />
zum niederfrequenten Strom Muskulatur<br />
und Nerven schmerzfrei zu<br />
reizen sind. Der Grund hierfür ist: Im<br />
mittelfrequenten Bereich sind die verschie<strong>den</strong>en<br />
Erregungsschwellen (Empfindungs-,<br />
motorische, Kontraktionsschmerz-<br />
und Schmerzschwelle) weit<br />
voneinander entfernt.<br />
28 Kosmetische Praxis Februar 2002
Bipolare Technik: geeignet für<br />
direkte <strong>Muskel</strong>stimulation<br />
Aus dem Aufbau der Haut ergibt sich<br />
ferner eine weitere Besonderheit: Die<br />
Hornhaut und die darunter liegen<strong>den</strong><br />
Hautschichten stellen eine Barriere für<br />
<strong>den</strong> elektrischen Strom dar – in Form<br />
des Übergangswiderstandes. Dieser<br />
Widerstand nimmt mit zunehmender<br />
Stimulationsfrequenz ab. Beim mittelfrequenten<br />
Strom ist er sehr klein, so<br />
dass der Strom die Grenzschichten der<br />
Haut relativ verlustlos durchdringt und<br />
bis in tiefere Gewebeschichten gelangt.<br />
Hieraus ergibt sich eine gute Verträglichkeit<br />
des mittelfrequenten Stroms.<br />
Somit ist die Gefahr von Verbrennungen<br />
und Verätzungen im Vergleich zum<br />
Gleichstrom und zum niederfrequenten<br />
Strom gering.<br />
Aber nicht nur diese lokale, sondern<br />
auch die systemische Verträglichkeit –<br />
die vor allem durch das Herzkammerflimmern<br />
bestimmt wird – ist gegenüber<br />
<strong>den</strong> letzteren Strömen verbessert.<br />
Die Intensität des Stromes zur Auslösung<br />
von Herzkammerflimmern liegt<br />
beim mittelfrequenten Strom weit<br />
außerhalb der für die Behandlung eingesetzten<br />
Stromintensitäten.<br />
Eine effektive Behandlung mit elektrischem<br />
Strom setzt voraus, dass Nerven<br />
und <strong>Muskel</strong>n erregt wer<strong>den</strong>. Dies geschieht<br />
beim niederfrequenten Strom<br />
durch die Wahl der Frequenz, der die erregbaren<br />
Strukturen synchron folgen<br />
können. Auf mittelfrequenten Strom<br />
reagieren Nerven und <strong>Muskel</strong>n zwar<br />
auch noch mit Erregungen, sie sind je-<br />
Tetrapolare Technik: geeignet für die<br />
Stimulation ganzer <strong>Muskel</strong>gruppen<br />
doch nicht mehr in der Lage, im Rhythmus<br />
der Reizfrequenz zu antworten. Um<br />
trotzdem eine Wirkung zu erreichen,<br />
muss man <strong>den</strong> mittelfrequenten Strom<br />
in seiner Intensität niederfrequent verändern<br />
– man spricht auch von Amplitu<strong>den</strong>modulation.<br />
Diese lässt sich geräteintern<br />
und/oder durch Schwebungen<br />
im durchströmten Gewebe erzeugen.<br />
Bei der ersteren Variante wird der<br />
Strom in der Regel über zwei Elektro<strong>den</strong><br />
ins Gewebe eingebracht (bipolare<br />
Anlagetechnik).<br />
Infrarot und Pflegepräparate<br />
verstärken<br />
die Wirkung des<br />
<strong>Reizstrom</strong>s<br />
Bei der Interferenz, einer anderen Art<br />
der Amplitu<strong>den</strong>modulation, führt man<br />
dem Körper über zwei Elektro<strong>den</strong>paare<br />
(tetrapolar) zwei unabhängige, in der<br />
Frequenz leicht unterschiedliche mittelfrequente<br />
Ströme zu. Diese überlagern<br />
sich im Behandlungsgebiet. Durch die<br />
entsprechende Wahl der Ausgangsströme<br />
entstehen im Gewebe niederfrequente<br />
periodische Intensitätsveränderungen,<br />
so genannte Schwebungen (s. Kasten)<br />
Eine Besonderheit des mittelfrequenten<br />
Stroms ist, dass sowohl eine Durchströmung<br />
entlang der Nerven- und <strong>Muskel</strong>fasern<br />
als auch eine Querdurchströmung<br />
durchgeführt wer<strong>den</strong> kann. Diese Längsund<br />
Querdurchströmung hat für die Praxis<br />
eine große Bedeutung. Die Reizung<br />
erfolgt weitgehend unabhängig von der<br />
Verlaufsrichtung des Nerven oder <strong>Muskel</strong>s.<br />
Die Kosmetikerin benötigt somit<br />
keine exakten anatomischen Kenntnisse,<br />
sondern es reicht aus, wenn sie <strong>den</strong><br />
ungefähren Verlauf der zu <strong>stimulieren</strong><strong>den</strong><br />
<strong>Muskel</strong>fasern kennt und dementsprechend<br />
die Elektro<strong>den</strong> platziert.<br />
Folgende Wirkungen lassen sich anhand<br />
des mittelfrequenten Stromes erzielen:<br />
Aufbau des <strong>Muskel</strong>volumens und damit<br />
Faltenreduzierung durch Unterpolsterung<br />
schlaffer Hautpartien,<br />
Durchblutungsförderung,<br />
Verbesserung des Lymphtransports,<br />
Beeinflussung von Regenerationsprozessen<br />
und damit<br />
Verbesserung des Hautbildes,<br />
Lockerung der Muskulatur,<br />
Anregung des Fettstoffwechsels,<br />
Verminderung von Cellulite.<br />
Es lassen sich dabei die folgen<strong>den</strong> für<br />
die Kosmetik wichtigen Anwendungen<br />
im Gesicht und am Körper beschreiben.<br />
Stimulation im Gesicht<br />
Die Stimulation im Gesicht erfolgt,<br />
um <strong>den</strong> <strong>Muskel</strong> aufzubauen – die<br />
Haut wird gestrafft, schlaffe Hautpartien<br />
unterpolstert und Falten re-<br />
Elektro<strong>den</strong> richtig angelegt<br />
Es gibt verschie<strong>den</strong>e Möglichkeiten,<br />
die Elektro<strong>den</strong> anzulegen:<br />
• Will man einen <strong>Muskel</strong> direkt<br />
<strong>stimulieren</strong>, so legt man die<br />
Elektro<strong>den</strong> darüber bipolar an.<br />
• Will man in der Tiefe des Körpers in<br />
einem bestimmten Bereich eine ganze<br />
<strong>Muskel</strong>gruppe erfassen, so wer<strong>den</strong><br />
jeweils zwei zu einem Stromkreis<br />
gehörende Elektro<strong>den</strong> „über<br />
Kreuz“ angelegt (tetrapolar). Die<br />
auf diese Weise durch die Ströme<br />
im Gewebe erzeugten Felder überlagern<br />
sich in der Mitte.<br />
Kosmetische Praxis Februar 2002 29
Apparatekunde<br />
Kontraindikationen<br />
Neben <strong>den</strong> Anwendungen des mittelfrequenten Stroms gibt es jedoch auch<br />
Kontraindikationen. So sollte der Strom in folgen<strong>den</strong> Bereichen und bei folgen<strong>den</strong><br />
Fällen nicht angewendet wer<strong>den</strong>:<br />
• Herzschrittmacher<br />
• Herzkrankheiten<br />
• akute lokale Entzündungsprozesse<br />
• posttraumatische und rheumatische<br />
Entzündungen<br />
• fieberhafte Erkrankungen<br />
• Schwangerschaft<br />
• im Carotis-Sinus-Bereich<br />
duziert, sprich geliftet ohne Skalpell,<br />
um die Gesichtsmuskulatur zu<br />
lockern – so wird Mimikfalten entgegengewirkt<br />
und Verspannungen im<br />
Bereich des Kaumuskels (Musculus<br />
masseter) wer<strong>den</strong> gelöst,<br />
um das Hautbild zu verbessern –<br />
über <strong>Muskel</strong>kontraktionen wird sauerstoffreiches<br />
Blut unter die Haut gepumpt,<br />
der Lymphfluss und der Stoffwechsel<br />
wer<strong>den</strong> angeregt, die Haut<br />
wird rosiger.<br />
• zerebrale Anfallslei<strong>den</strong><br />
• Erkrankungen des Nervensystems,<br />
z.B. Parkinson,<br />
epileptische Anfälle<br />
• Thrombosen<br />
• Verletzungen, wie Frakturen,<br />
<strong>Muskel</strong>risse, Sehnenverletzungen<br />
• Tumoren<br />
Stimulation am Körper<br />
Die Stimulation am Körper erfolgt vorwiegend<br />
aus folgen<strong>den</strong> Grün<strong>den</strong>:<br />
Um das Bindegewebe zu festigen und<br />
die Muskulatur zu kräftigen – dadurch<br />
wird die Haut gestrafft und die<br />
Körperkonturen verbessert,<br />
um <strong>den</strong> Lymphfluss zu aktivieren<br />
(apparative Lymphmassage) und<br />
um beispielsweise bei Cellulite-Behandlungen<br />
durch die Anregung des<br />
Körperbehandlungen wer<strong>den</strong> zur Festigung, Straffung und<br />
Entschlackung angewandt<br />
Fettstoffwechsels und Lymphtransports<br />
aktiv gegen die Orangenhaut zu<br />
wirken,<br />
um <strong>den</strong> Fettabbau in <strong>den</strong> Problemzonen<br />
gezielt zu unterstützen.<br />
Es ist zu empfehlen, <strong>Reizstrom</strong>behandlungen<br />
in <strong>den</strong> Behandlungsablauf im<br />
Kosmetikstudio zu integrieren. So verstärken<br />
sich beispielsweise die Effekte<br />
des <strong>Reizstrom</strong>s durch <strong>den</strong> Einsatz von<br />
Infrarot, welches vorbereitend oder<br />
gleichzeitig mit dem <strong>Reizstrom</strong> appliziert<br />
wer<strong>den</strong> kann. Im Anschluss an die<br />
Körperbehandlung mit mittelfrequentem<br />
Strom können pflegende Präparate<br />
auf die Haut aufgetragen wer<strong>den</strong>.<br />
Auch diese können die Wirkung des<br />
<strong>Reizstrom</strong>s verstärken.<br />
Dr. Holger Meyer-Waar<strong>den</strong><br />
In unserer nächsten Ausgabe informieren<br />
wir Sie über die Biomechanische<br />
<strong>Muskel</strong>stimulation bzw. die<br />
neuromuskuläre Stimulation<br />
Die Stimulation im Gesicht bewirkt, dass sich Fältchen<br />
und Falten glätten<br />
30 Kosmetische Praxis Februar 2002
Entschlacken und straffen – Cellulitebehandlung mit Körperwickeln<br />
Zahlreiche Faktoren, wie z.B. eine<br />
falsche Ernährungsweise, Alkohol- und<br />
Nikotinkonsum, die Einnahme von<br />
Hormonen, Durchblutungsstörungen<br />
und mangelnde körperliche Aktivität,<br />
fördern die Cellulite. Doch ebenso zahlreich,<br />
wie die Einflussfaktoren auf das<br />
Dellen-Phänomen sind, sind auch die<br />
Ansätze zu seiner Behandlung.<br />
Bei der Anwendung von Körperwickeln<br />
steht die Entschlackung des<br />
belasteten Gewebes im Mittelpunkt:<br />
Im Bindegewebe abgelagerte Stoffwechselprodukte<br />
sollen gelöst und<br />
nach dem Prinzip der Osmose abtransportiert<br />
wer<strong>den</strong>. Auch die Ausscheidung<br />
von gestauter Lymphflüssigkeit<br />
und Gewebswasser wird gefördert.<br />
Unter Osmose versteht man die gerich-<br />
tete Bewegung von Teilchen; sie tritt immer<br />
dann auf, wenn zwei Lösungen unterschiedlicher<br />
Konzentration durch eine<br />
halbdurchlässige Membran getrennt<br />
sind. Da nur die kleinen Teilchen des Lösungsmittels<br />
(meist Wasser) durch die<br />
Membran gelangen können, nicht aber<br />
die größeren Moleküle der gelösten Stoffe,<br />
wird so lange Wasser in die „konzentrierte“<br />
Lösung herübergezogen, bis ein<br />
Gleichgewicht entsteht.<br />
Bei der entschlacken<strong>den</strong> Wickelbehandlung<br />
wer<strong>den</strong> Körperteile bzw. wird der<br />
gesamte Körper zirkulär in Tücher oder<br />
spezielle Bandagen gehüllt, die mit einer<br />
Lösung verschie<strong>den</strong>er Wirkstoffe getränkt<br />
sind. Die Außentücher sind meist<br />
aus Naturmaterialien wie beispielsweise<br />
Wolle oder Molton. Zur Vorbereitung bie-<br />
ten sich stoffwechselanregende Körperbehandlungen<br />
an wie Meersalzpeelings<br />
oder Algenpackungen.<br />
Wichtig ist, die Wickel immer am warmen<br />
Körper durchzuführen. Sowohl kalte<br />
als auch warme Wickel erhöhen die<br />
Reaktionsbereitschaft des Körpers.<br />
Dabei hängt es von der Temperatur<br />
des Wickels ab, wie intensiv der Reiz<br />
und damit die nachfolgende Reaktion<br />
ausfällt.<br />
Um die Stoffwechselprozesse zu unterstützen<br />
und die Entschlackung zu fördern,<br />
sollte die Kundin im Anschluss an<br />
die Behandlung viel trinken. Das Behandlungsergebnis<br />
kann die Kundin<br />
durch gezielte Heimanwendungen in<br />
Form von basischen Bädern, Algenpackungen<br />
etc. unterstützen.<br />
Kosmetische Praxis Februar 2002 31