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T ho m a ne r Jo u rn a l - des Förderkreises Thomanerchor Leipzig eV

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14 InterVIew InterVIew 15<br />

Wir feie<strong>rn</strong> jetzt hier bergfest<br />

Interview mit Roland Weise und T<strong>ho</strong>ralf Schulze<br />

Es ist Mittwochnachmittag. Auf der Wiese vor dem Alumnat spielen einige T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r Fußball. Einige Jungs kommen<br />

mir entgegen und gehen zur Probe, als ich das Interim <strong>des</strong> Alumnats betrete. Normales Alltagsgeschäft.<br />

Nichts lässt an die Strapazen und Höhepunkte der eben vergange<strong>ne</strong>n Festwoche 800 Jahre T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r<br />

denken. Wie die T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r die Festwoche bewältigt haben und welche Veränderungen in Zukunft das völlig<br />

umgebaute Alumnat mit sich bringt, darüber sprach ich mit Roland Weise, dem pädagogischen Leiter, und mit<br />

T<strong>ho</strong>ralf Schulze, dem Alumnatsleiter <strong>des</strong> T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>res.<br />

Die Festwoche 800 Jahre T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r ist gerade vorüber.<br />

Wie ist Ihre persönliche Einschätzung der Veranstaltungen?<br />

t<strong>ho</strong>ralf Schulze: Es war ei<strong>ne</strong> großartige Woche. Vom<br />

Montag, der Eröffnung der Ausstellung »Cantate!« im Stadtgeschichtlichen<br />

Museum, bis zum Sonntag, der Verabschiedung<br />

der anderen Knabenchöre, war es ei<strong>ne</strong> rauschende<br />

Woche. Der Höhepunkt war sicherlich der Festakt am<br />

Dienstag mit Bun<strong>des</strong>präsident <strong>Jo</strong>achim Gauck. Es gab aber<br />

auch viele andere schö<strong>ne</strong> Dinge. Die Eröffnung <strong>des</strong> Forum<br />

T<strong>ho</strong>manum gleich nach dem Festakt, das Ständchen der<br />

<strong>Leipzig</strong>er Schüler zum Bachgeburtstag auf dem T<strong>ho</strong>maskirch<strong>ho</strong>f,<br />

das sensatio<strong>ne</strong>ll gut besuchte Bürgerfest am<br />

Mittwochabend. Für mich persönlich das Schönste war der<br />

Besuch der anderen Knabenchöre. Erstens ist es immer<br />

wieder schön, diese zu Gast zu haben, sich mit ih<strong>ne</strong>n auszutauschen<br />

und mit ih<strong>ne</strong>n gemeinsam zu musizieren. Zweitens<br />

ist es natürlich auch bewegend, dass wir dabei ganz viel<br />

Lob und A<strong>ne</strong>rkennung bekamen.<br />

rolanD weISe: Ich bin froh, dass die Festwoche offenbar<br />

dazu geführt hat, dass die <strong>Leipzig</strong>er den T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r<br />

noch mehr in ihr Herz geschlossen haben. Der riesige<br />

Zuspruch beim Bürgerfest und beim Festumzug hat mich<br />

besonders gefreut. Dass die Leute sich mit<strong>ne</strong>hmen und mitreißen<br />

lassen von dem, was die T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r eigentlich jede<br />

Woche ganz normal an musikalischer Arbeit leisten. Mein<br />

Eindruck in den letzten Jahren war, dass die T<strong>ho</strong>maskirche<br />

zwar immer gut gefüllt ist, aber im Wesentlichen durch<br />

Städte­ und Kulturreisende. Es wäre schön, wenn die<br />

T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r auch wieder ein C<strong>ho</strong>r sind, der für den normalen<br />

<strong>Leipzig</strong>er ei<strong>ne</strong> wichtige Rolle spielt.<br />

Mir ist in der Festwoche deutlich geworden, wie groß die<br />

Rolle <strong>des</strong> T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>res tatsächlich ist. Wenn man sich<br />

die Ausstellung ansieht, erkennt man, wie eng verflochten<br />

die Stadtgeschichte mit der Trias T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r – T<strong>ho</strong>masschule<br />

– T<strong>ho</strong>maskirche ist.<br />

Und gewiss gab es die klei<strong>ne</strong>n und besonderen Momente<br />

während der Festwoche. Für mich persönlich beispielsweise<br />

als der C<strong>ho</strong>r <strong>des</strong> King’s College nach der Motette hier den<br />

Campus besichtigt hat. Da muss man sich ja eigentlich immer<br />

verstecken, wenn man an den gewaltigen Campus in<br />

Cambridge denkt. Die Jungs in ihren Talaren, mit Krawatte<br />

T<strong>ho</strong>ralf Schulze und Roland Weise (v.l.n.r.) sind ein<br />

eingespieltes Team und Ansprechpart<strong>ne</strong>r für die T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r<br />

und deren Elte<strong>rn</strong>.<br />

und Lackschuhen haben dann erst einmal ei<strong>ne</strong> Runde<br />

Fußball gegen die T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r gespielt. Das war ein schö<strong>ne</strong>r,<br />

sponta<strong>ne</strong>r Moment. Überhaupt die in den letzten Jahren gewachse<strong>ne</strong><br />

Kollegialität zwischen den Chören. Die Kruzia<strong>ne</strong>r<br />

haben für uns ein Musikstück von Sethus Calvisius ediert<br />

und dem T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r gewidmet. Es wurde von Kreuzkantor<br />

Kreile als Geschenk überreicht.<br />

Haben die T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r die Festwoche gut verkraftet? Gibt es<br />

jetzt erst einmal ei<strong>ne</strong> Er<strong>ho</strong>lungsphase?<br />

t<strong>ho</strong>ralf Schulze: Vor der Karwoche gab es ei<strong>ne</strong> ruhigere<br />

Phase mit ei<strong>ne</strong>m Heimfahrt­Woche<strong>ne</strong>nde. Das hatten wir<br />

so geplant und das war auch nötig. Ansonsten haben die<br />

T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r die Festwoche gut überstanden. Die große Aufmerksamkeit,<br />

welche die Jungs erfahren haben, wurde sehr<br />

wohltuend von ih<strong>ne</strong>n aufgenommen. Es gab während der<br />

Festwoche partiell schulfrei. Ab Montag ging es dann aber<br />

wieder regulär weiter. Schließlich began<strong>ne</strong>n nach Oste<strong>rn</strong> die<br />

Abiturprüfungen.<br />

Welche Aufgaben hat man als pädagogischer Leiter beziehungsweise<br />

Alumnatsleiter <strong>des</strong> T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>res?<br />

rolanD weISe: C<strong>ho</strong>r und Schule sind ursprünglich eins<br />

gewesen. Heute ist die T<strong>ho</strong>masschule in Trägerschaft <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong> und das Alumnat in städtischer Trägerschaft.<br />

T<strong>ho</strong>ralf Schulze ist administrativer Leiter <strong>des</strong> Alumnats,<br />

Kontaktmann zur T<strong>ho</strong>masschule und gleichzeitig Lehrer<br />

dort. Er sorgt dafür, dass die Ver<strong>ne</strong>tzung zwischen Alumnat<br />

und Schule gut funktioniert, erstellt die Wochenplä<strong>ne</strong> und<br />

stimmt sie zwischen Schule und C<strong>ho</strong>r ab. Ich bin mehr für<br />

die inhaltlich­konzeptio<strong>ne</strong>llen Aufgaben im Alumnat zuständig,<br />

leite das Pädagogenteam und bin Hauptansprechpart<strong>ne</strong>r<br />

für die Elte<strong>rn</strong>. Insgesamt arbeiten wir natürlich<br />

Hand in Hand, weil es doch sehr viele Schnittstellen zwischen<br />

unseren Aufgabenbereichen gibt.<br />

Welche Fächerkombination haben Sie, Herr Schulze?<br />

t<strong>ho</strong>ralf Schulze: Ich bin Lehrer für die Fächer Deutsch und<br />

Latein und unterrichte jetzt in den T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rklassen ausschließlich<br />

Latein.<br />

Seit ei<strong>ne</strong>m Jahr woh<strong>ne</strong>n die T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r in ei<strong>ne</strong>m Interim –<br />

das Alumnat wird bekanntlich umgebaut ...<br />

t<strong>ho</strong>ralf Schulze: ... ja und wir liegen gut im Plan. Wir gehen<br />

zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon aus, dass wir in den<br />

Winterferien 2013 zurück ziehen kön<strong>ne</strong>n. Der Bau läuft<br />

richtig gut. Alles, was an der Außenhülle <strong>ne</strong>u gebaut werden<br />

musste, ist seit dem Winter abgeschlossen. Zurzeit arbeiten<br />

fast 15 Firmen am In<strong>ne</strong>nausbau. Besonders beeindruckend:<br />

Die Stuben entstehen baulich <strong>ne</strong>u. Der <strong>ne</strong>ue Probensaal, der<br />

<strong>ne</strong>ue Speisesaal samt Küchentrakt, der zu erwartende Studiersaal<br />

im Erdgesc<strong>ho</strong>ss – das lässt alles große Hoffnungen<br />

aufblühen. Wir waren sehr erstaunt vom Dachgesc<strong>ho</strong>ss. Das<br />

war bisher mehr oder weniger toter Raum – jetzt hat man<br />

durch das Anheben <strong>des</strong> Daches Wohnfläche gewon<strong>ne</strong>n.<br />

Ansonsten ist das Konzept durch alle vier Etagen durchgängig:<br />

Wir behalten die Stube als soziale Wohnform bei. Es<br />

wird jedoch wesentlich mehr Platz geben und – das erproben<br />

wir sc<strong>ho</strong>n jetzt in den Contai<strong>ne</strong><strong>rn</strong> <strong>des</strong> Interims – es wird ei<strong>ne</strong><br />

gemeinschaftliche Stube für alle T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r ei<strong>ne</strong>r Stube und<br />

dazu gehörend Zweibett­ beziehungsweise Dreibettzimmer<br />

für die in etwa Gleichaltrigen geben. Jeder T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r wird<br />

sei<strong>ne</strong>n Schreibtisch, sei<strong>ne</strong> Köte (Schrank – Anm. der Red.)<br />

und sein Bett dann in sei<strong>ne</strong>m Zweibettzimmer haben, so<br />

dass die gemeinsamen Räume vom Mobiliar her nicht überbelastet<br />

sind, sonde<strong>rn</strong> zu wirklichen Aufenthaltsräumen<br />

werden. Dazu werden jeder Stube Bäder und WCs zugeord<strong>ne</strong>t.<br />

Das ist wirklich ein sehr großer Fortschritt.<br />

Sie sprachen von ei<strong>ne</strong>m <strong>ne</strong>uen Studiersaal. Wie wird dieser<br />

aussehen und welchem Zweck wird er die<strong>ne</strong>n?<br />

t<strong>ho</strong>ralf Schulze: Aus dem alten Speisesaal gleich <strong>ne</strong>ben<br />

dem Eingang wird der Studiersaal entstehen. An sieben bis<br />

acht großen Refektoriumstischen wird man Platz finden<br />

kön<strong>ne</strong>n, um entweder klassenweise oder auch zu zweit oder<br />

zu dritt zu sitzen. Und in der ehemaligen Küche soll dann die<br />

Alum<strong>ne</strong>nbibliothek untergebracht sein, so dass man sich<br />

gleich aus der Bibliothek Materialien <strong>ho</strong>len und dann im<br />

Studiersaal arbeiten kann. Und wir haben im Studiersaal<br />

noch ein klei<strong>ne</strong> Nische abgetrennt und mit zehn oder zwölf<br />

Computerarbeitsplätzen ausgestattet, so dass umfassen<strong>des</strong><br />

Arbeiten für die T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r möglich ist.<br />

Welches Konzept wird mit dem Umbau <strong>des</strong> Alumnates verfolgt?<br />

rolanD weISe: Es sollten repräsentative Räume entstehen,<br />

an de<strong>ne</strong>n man erkennt, dass hier nicht nur Kinder und<br />

Jugendliche leben, sonde<strong>rn</strong> auch der C<strong>ho</strong>r als ei<strong>ne</strong> Institution<br />

zu Hause ist. Das war im alten Kasten ein bisschen der<br />

Mangel, da eben je<strong>ne</strong> repräsentativen Räume, in de<strong>ne</strong>n<br />

geprobt wurde und die man von P<strong>ho</strong>tographien her kennt, in<br />

der im Zweiten Weltkrieg zerstörten zweiten T<strong>ho</strong>masschule<br />

lagen. Dieser Mangel wird mit dem umgesetzten Konzept<br />

zum Beispiel <strong>des</strong> <strong>ne</strong>ugebauten Probesaals aufge<strong>ho</strong>ben. Der<br />

<strong>ne</strong>ue Kasten wird nicht mehr nur ein Bettenhaus mit Probenräumen<br />

sein.<br />

Hier ist dann alles mode<strong>rn</strong>, repräsentativ und dennoch<br />

bescheiden, aber eben auch der Institution gerecht werdend.<br />

Die prägnanten Graffiti<br />

an der Mauer rund um das<br />

Alumnat bleiben trotz der<br />

Sanierung teilweise erhalten.<br />

Teile der Mauer werden<br />

versetzt und er<strong>ne</strong>uert.

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