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T ho m a ne r Jo u rn a l - des Förderkreises Thomanerchor Leipzig eV

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28 MuSIKer In leIpzIG<br />

MuSIKer In leIpzIG 29<br />

Moritz Hauptmann<br />

war von 1842<br />

bis zu sei<strong>ne</strong>m Tod<br />

T<strong>ho</strong>maskantor.<br />

Zu Beginn fühlte<br />

er sich in diesem<br />

Amt nicht wohl:<br />

»[...] ich gefalle<br />

mir in der Stelle<br />

nicht gut [...]«.<br />

MorItz hauptMann<br />

· Moritz Hauptmann wurde<br />

1792 in Dresden geboren<br />

· Ausbildung bei Louis Spohr<br />

(Violi<strong>ne</strong>) und Francesco<br />

Morlacchi (Komposition)<br />

· 1812 bis 1816 Violinist<br />

der Dresd<strong>ne</strong>r Hofkapelle<br />

· ab 1822 Violinist der Kasseler<br />

Hofkapelle und Zusammen-<br />

arbeit mit Louis Spohr<br />

· auf Empfehlung Felix<br />

Mendelssohn Bart<strong>ho</strong>ldys<br />

wurde Hauptmann 1842<br />

T<strong>ho</strong>maskantor und blieb<br />

dies bis zu sei<strong>ne</strong>m Tode<br />

· ab 1843 Lehrer für<br />

Musiktheorie am <strong>Leipzig</strong>er<br />

Konservatorium<br />

· 1850 Mitbegründer der<br />

Bach-Gesellschaft, deren<br />

erster Vorsitzender er wurde<br />

· 1868 stirbt Hauptmann<br />

in <strong>Leipzig</strong><br />

Moritz hauptmann (1792−1868)<br />

Von den Bergen und Täle<strong>rn</strong> der musikalischen Kunst<br />

»Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns;<br />

vor uns liegen die Mühen der Ebe<strong>ne</strong>n.« Diese<br />

bekannten Zeilen Bertolt Brechts waren beileibe<br />

nicht auf den T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r, <strong>Jo</strong>hann<br />

Sebastian Bach oder das diesjährige Jubiläum<br />

von 800 Jahren T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r, T<strong>ho</strong>maskirche<br />

und T<strong>ho</strong>masschule gemünzt. Und<br />

doch: die Mühen der Ebe<strong>ne</strong> – ei<strong>ne</strong>m T<strong>ho</strong>maskantor<br />

dürften sie vertraut sein. Jede Woche<br />

von <strong>ne</strong>uem ein Programm auf die Bei<strong>ne</strong> zu<br />

stellen, und ei<strong>ne</strong>n sich ständig er<strong>ne</strong>ue<strong>rn</strong>den<br />

C<strong>ho</strong>r auf gleichbleibend <strong>ho</strong>hem Niveau halten<br />

zu müssen, ist ei<strong>ne</strong> kräftezehrende Aufgabe.<br />

Die Messlatte liegt dabei nicht eben niedrig.<br />

Schließlich sitzt ei<strong>ne</strong>m, <strong>ne</strong>ben ei<strong>ne</strong>r 800­jährigen<br />

Tradition, auch ei<strong>ne</strong>r der größten Komponisten<br />

als Maßstab im Nacken, <strong>Jo</strong>hann<br />

Sebastian Bach. »Die Beschäftigung mit ihm<br />

kommt auch für mich je<strong>des</strong> Mal dem Entschlüsseln<br />

von Rätseln gleich, wobei mit<br />

jedem Erken<strong>ne</strong>n das Wesentliche an ihm<br />

unfassbarer wird. Doch das U<strong>ne</strong>rreichbare<br />

will ich nicht als Lähmung auffassen,<br />

sonde<strong>rn</strong> als Anspo<strong>rn</strong>, mich mit mei<strong>ne</strong>n Mitteln<br />

auch auf den Weg in Unbekanntes zu<br />

machen. Als Interpret kann ich, von anderen<br />

ler<strong>ne</strong>nd, nur auf eige<strong>ne</strong>n Füßen weit gehen.<br />

Als Komponist ist mir ihm gegenüber zumute,<br />

wie ei<strong>ne</strong>m Spatz, der sich frech vorwagt,<br />

bei ei<strong>ne</strong>m leichten Flügelschlag <strong>des</strong> Adlers<br />

jedoch sch<strong>ne</strong>ll davonfliegt.« Diese Zeilen <strong>des</strong><br />

amtierenden T<strong>ho</strong>maskantors Georg Christoph<br />

Biller, illustrieren auf ei<strong>ne</strong> besondere Weise<br />

Möglichkeiten und Beschränkungen <strong>des</strong><br />

Musizierens in der Nachfolge Bachs.<br />

Auch Billers Amtsvorgänger Moritz<br />

Hauptmann dürfen solche Überlegungen zugetraut<br />

werden. Ei<strong>ne</strong> im T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r­Almanach<br />

IV von Dr. Stefan Alt<strong>ne</strong>r umsichtig und<br />

kenntnisreich besorgte Auswahl der Briefe<br />

Hauptmanns an sei<strong>ne</strong>n Vertrauten und<br />

Freund Franz Hauser zeigt auch die Zweifel,<br />

die der als Musiktheoretiker und Violinist<br />

versierte Hauptmann an sei<strong>ne</strong>r Eignung als<br />

T<strong>ho</strong>maskantor hatte. So schrieb er 1842:<br />

»Die Stelle gefällt mir recht gut, aber ich<br />

gefalle mir in der Stelle nicht gut: es fehlt mir<br />

an eindringlicher, activer Rührigkeit, und<br />

ich kann mir immer noch nicht denken, daß<br />

ich so recht mit den Bedingungen die zu<br />

erfüllen sind, verwachsen werde, und sie<br />

nicht außer mir als etwas entgegenstehen<strong>des</strong><br />

behalten werde. (…) Ich bin zu alt in diese<br />

für mich ganz <strong>ne</strong>ue Sphäre gekommen, da<br />

le<strong>rn</strong>t man schwer um.« Der auf Empfehlung<br />

von Felix Mendelssohn Bart<strong>ho</strong>ldy und Louis<br />

Spohr ins T<strong>ho</strong>maskantorat berufe<strong>ne</strong> Hauptmann<br />

blieb dennoch 26 Jahre im Amt.<br />

Vom Wegfall der öffentlichen Singumgänge<br />

1837 bis zum Amtsantritt Karl<br />

Straubes 1918 erstreckt sich ei<strong>ne</strong> Periode der<br />

Suche <strong>des</strong> C<strong>ho</strong>res nach ei<strong>ne</strong>m <strong>ne</strong>uen Platz im<br />

Musikleben der industriell wachsenden und<br />

kulturell vielfältiger werdenden Stadt<br />

<strong>Leipzig</strong>. Bis zur Profilierung <strong>des</strong> T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>res<br />

als bedeutendem Träger der Bachpflege<br />

mit inte<strong>rn</strong>ationaler Ausstrahlung war es<br />

noch ein weiter Weg. Seit 1581 waren die<br />

T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>r zum Kurren<strong>des</strong>ingen verpflichtet<br />

gewesen und mussten mit dem dort eingenomme<strong>ne</strong>n<br />

Geld zum Erhalt von Schule und<br />

Alumnat beitragen. Obwohl die Stadt<br />

<strong>Leipzig</strong> für alle wesentlichen Ausgaben <strong>des</strong><br />

C<strong>ho</strong>res aufzukommen hatte und die normale<br />

kirchenmusikalische Arbeit weiterging, war<br />

es notwendig, die nach 1837 nunmehr weg­<br />

gefalle<strong>ne</strong>n Einnahmen durch billetpflichtige<br />

Konzerte aufzufangen. Im sogenannten<br />

Riedel­Verein, ei<strong>ne</strong>m C<strong>ho</strong>rgesangverein<br />

zur Pflege alter Kirchenmusik, war den<br />

T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong><strong>rn</strong> ein kritisch beäugter Konkurrent<br />

entstanden: »Dessen Eifer und Fleiß ist<br />

gewiß recht zu loben;« schrieb Hauptmann<br />

1858 an Hauser, »nun muß man aber die<br />

Zeitungen sehen, durchgängig, da ist nicht<br />

der gute Wille und das bedingte Gelingen<br />

gelobt – sonde<strong>rn</strong> die allerhöchste Vortrefflichkeit<br />

aller Leistungen und aller Mittel die<br />

dabei mitwirken, so daß es auch heißt, die<br />

Aufführungen <strong>des</strong> Riedelschen Vereins sind<br />

gegenwärtig der Schwerpunkt auf dem das<br />

<strong>Leipzig</strong>er Musikleben beruht; daß da die<br />

Singacademie und der T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r<br />

schlecht wegkommen als abgestande<strong>ne</strong><br />

Anstalten oh<strong>ne</strong> E<strong>ne</strong>rgie und Lebenskraft<br />

versteht sich von selbst.« Dabei hatte auch<br />

Hauptmann mit den Urproblemen aller<br />

sei<strong>ne</strong>r Amtsvorgänger zu kämpfen: zu wenig<br />

Probenzeit für ei<strong>ne</strong> Vielzahl von Verpflichtungen<br />

bei unzureichender materieller und<br />

pädagogischer Versorgung. So schrieb er<br />

Hauser 1848: »Ich wollte Sie hätten den<br />

Domc<strong>ho</strong>r in Berlin zu dirigieren, noch lieber<br />

als den T<strong>ho</strong>ma<strong>ne</strong>rc<strong>ho</strong>r, dort die ausgesuchtesten<br />

Stimmen, (…) – hier haben wir<br />

auch die verlor<strong>ne</strong>n durch alle vier Register<br />

Aus <strong>Leipzig</strong> kommt beeindruckende C<strong>ho</strong>rmusik.<br />

Und ordentlich Rock ’n’ Roll.<br />

Porsche gratuliert zu 800 Jahren T<strong>ho</strong>mana.<br />

durchzuschleppen, (…). Ich möchte überhaupt,<br />

daß mir’s einmal ei<strong>ne</strong>r zeigte, wie es<br />

anzufangen, mit täglich ei<strong>ne</strong>r Stunde (…) –<br />

so ei<strong>ne</strong>r Masse von 60, die alle mitsingen<br />

müssen in den Chören gleich von ihrer Aufnahme<br />

an, etwas von eigentlicher Gesangart,<br />

von richtigem Stimmgebrauch und etwas<br />

Allgemei<strong>ne</strong>s von musikalischer Kenntniß,<br />

ordentlich, daß es bei der Ausübung zur<br />

Natur werden könnte, beizubringen.«<br />

Auch die außermusikalischen Zustände<br />

fanden nicht das Gefallen <strong>des</strong> Kantors, der<br />

1849, wiederum an Hauser, schrieb: »Ich<br />

möchte mein Kind nicht in solch ei<strong>ne</strong> Anstalt<br />

haben. Die Klei<strong>ne</strong>n <strong>ne</strong>u angenomme<strong>ne</strong>n sind<br />

immer die Besten, der Esprit de corps in den<br />

sie sich hi<strong>ne</strong>inwachsen taugt nichts – wenigstens<br />

bekommen sie ei<strong>ne</strong> große Fertigkeit die<br />

Unwahrheit zu sagen und das ist mir etwas<br />

Greuliches und kommt alles mögliche Uebel<br />

daraus.« Hatte nicht sc<strong>ho</strong>n Bach 100 Jahre<br />

früher befunden, »daß dieser Dienst bey<br />

weiten nicht so erklecklich, als man mir ihn<br />

beschrieben«? Aber vielleicht hatte auch das<br />

in <strong>Leipzig</strong> Tradition…<br />

Als Lehrer bedeutender Schüler – darunter<br />

Namen wie <strong>Jo</strong>seph <strong>Jo</strong>achim, Hans von<br />

Bülow oder Ferdinand David – hatte der seit<br />

1843 am <strong>Leipzig</strong>er Konservatorium Harmonielehre<br />

und Kontrapunkt unterrichtende<br />

Kraftstoffverbrauch (in l/100 km) in<strong>ne</strong>rorts 15,9–8,4 · außerorts 8,5–6,5 · kombiniert 11,5–7,2; CO 2 -Emissio<strong>ne</strong>n 270–189 g/km<br />

Felix Mendelssohn Bart<strong>ho</strong>ldy<br />

war Freund und Förderer<br />

Moritz Hauptmanns. Auf<br />

sei<strong>ne</strong> Empfehlung hin wurde<br />

Hauptmann in das Amt <strong>des</strong><br />

T<strong>ho</strong>maskantorats berufen.<br />

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