CAPITAL Investor 07/2010
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Einlagensicherung: EU will Sparer besser schützen<br />
Banken & Zinsen<br />
Auf Europas Banken kommen deutlich höhere Kosten für die<br />
Einlagensicherung ihrer Kunden zu. Nach dem Willen der EU-Kommission<br />
sollen die Institute künftig im Schnitt drei- bis fünfmal so viel in die<br />
Sicherungssysteme einzahlen wie bislang.<br />
Mit der Initiative hofft die Brüsseler Behörde Sparer im Falle künftiger Bankpleiten besser zu<br />
schützen. Mit den neuen Regeln wären die Sicherungssysteme "viel besser kapitalisiert als heute",<br />
heißt es in einem der Financial Times Deutschland vorliegenden vertraulichen Papier, das die<br />
Kommission kürzlich den Mitgliedsstaaten präsentierte. "Nach zehn Jahren wären vorfinanzierte<br />
Mittel von 128 Milliarden Euro eingesammelt, weitere 43 Milliarden Euro könnten ex post<br />
nachgeschossen werden." Wie das Geld verwaltet und angelegt werden soll, lässt das Papier offen.<br />
Den Banken, die bislang nur einen Bruchteil der geforderten zwei Prozent vorhalten, drohen durch<br />
die Brüsseler Pläne dramatische Belastungen. Laut einer internen Folgenabschätzung der<br />
Kommission könnten die Beiträge für die Sicherungssysteme zehn Prozent des Gewinns<br />
abschöpfen. Die privaten deutschen Geldinstitute zum Beispiel zahlen jährlich nur 0,06 Prozent<br />
ihrer Kundengelder in den Einlagenfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB).<br />
Zurzeit seien die Einlagensicherungen mit europaweit 23 Milliarden Euro völlig unterfinanziert,<br />
heißt es in dem EU-Papier. Tatsächlich hatte zum Beispiel in Deutschland schon die Pleite der relativ<br />
kleinen Frankfurter Lehman-Tochter die Sicherungssysteme überfordert. Der Einlagenfonds des<br />
Bankenverbands konnte die Lehman-Kunden nur mit Hilfe einer Garantie des staatlichen<br />
Bankenrettungsfonds Soffin entschädigen.<br />
EU-Idee ist utopisch<br />
In Großbritannien hatte der geringe Einlagenschutz nach der Beinahepleite des<br />
Hypothekenfinanzierers Northern Rock Mitte 20<strong>07</strong> sogar zu einem Ansturm auf die Bankfilialen<br />
geführt und die Regierung zu einer Rettungsaktion gezwungen. Daraufhin verabredeten die EU-<br />
Finanzminister, den gesetzlichen Mindestschutz von Spareinlagen europaweit von 20.000 Euro bis<br />
Ende <strong>2010</strong> schrittweise auf 100.000 Euro anzuheben. Laut Kommission war das aber nur eine<br />
"Notreparatur", auf die eine umfassende Reform der Einlagensicherungssysteme folgen müsse. Der<br />
neue EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will dazu im Frühjahr offizielle Vorschläge<br />
machen. Dann müssten die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament zustimmen.<br />
Aus der Bankenlobby hieß es, die Ideen aus Brüssel seien "utopisch": "Die Amerikaner werden sich<br />
totlachen. Die europäischen Banken werden in den kommenden Jahren nur noch in die Sicherung<br />
einzahlen, anstatt ihr Kapital zu stärken oder Dividenden an Anleger zu zahlen." Das<br />
Bundesfinanzministerium wollte sich am Donnerstag nicht äußern.<br />
<strong>CAPITAL</strong> <strong>Investor</strong> <strong>07</strong>/<strong>2010</strong> www.capital.de 36