Bundesarbeitsgemeinschaft Behinderung und Dritte Welt - Zeitschrift ...
Bundesarbeitsgemeinschaft Behinderung und Dritte Welt - Zeitschrift ...
Bundesarbeitsgemeinschaft Behinderung und Dritte Welt - Zeitschrift ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
107<br />
Inclusion – Herausforderungen an die (Sonder-)Pädagogik am<br />
Beispiel Uganda<br />
Inclusion: eine kurze theoretische Einführung<br />
Inclusion meint, die Gesellschaft für alle ihre<br />
Mitglieder zu öffnen. Anders zu sein als die anderen<br />
ist in einer solchen Gesellschaft kein Makel,<br />
sondern eine Selbstverständlichkeit. Im Sinne einer<br />
Einheit der Gesellschaft sind auch Menschen mit<br />
<strong>Behinderung</strong>en keine Außenseiter, da Unterschiede<br />
zwischen den Menschen natürlich sind <strong>und</strong> daher<br />
kein Gr<strong>und</strong> zum Aussondern oder Ausgrenzen aus<br />
der Gemeinschaft. Jeder Mensch hat das Recht auf<br />
Zugehörigkeit, auf Gleichberechtigung, auf Akzeptanz<br />
<strong>und</strong> darauf, das zu bekommen, was er benötigt.<br />
Jeder ist sein eigener Anwalt, jeder weiß selber am<br />
besten, was er benötigt <strong>und</strong> kann dies von der<br />
Gemeinschaft einfordern. Dabei kann er sich auf<br />
sein Recht auf Einbeziehung <strong>und</strong> Mitwirkung am<br />
gesellschaftlichen Leben berufen.<br />
Soweit die Theorie. Wie die in der Erklärung von<br />
Salamanca formulierte Forderung nach einer Education<br />
for All in Uganda in der Schulbildung versucht<br />
wurde <strong>und</strong> wird umzusetzen, soll hier erläutert<br />
werden. Dabei kann ein kritischer Blickwinkel auf<br />
das ugandische Modell nicht ausbleiben: so wie<br />
viele Experten schon lange den Aufbau von separierenden<br />
Sondereinrichtungen für Menschen mit <strong>Behinderung</strong>en<br />
in den sog. Entwicklungsländern nach<br />
dem Modell der sog. Industrieländer kritisiert haben,<br />
muß auch die z.T. von außen forcierte Umsetzung<br />
des Inclusion-Leitgedankens in Uganda hinterfragt<br />
werden.<br />
Uganda im (sonder-)pädagogischen Focus<br />
Die für die Belange von Menschen mit <strong>Behinderung</strong>en<br />
maßgeblich verantwortlichen Institutionen<br />
in Uganda stehen derzeit u.a. unter der Obhut<br />
von Europäern: die dänische staatliche Organisation<br />
DANIDA (Danish International De-velopment<br />
Agency) hatte sich bereits im Nachbarland Kenia für<br />
den Aufbau eines sonderpädagogischen Instituts<br />
mitverantwortlich gezeichnet <strong>und</strong> konzentrierte sich<br />
auf Anfrage der ugandischen Regierung seit 1988<br />
auf die organisatorische <strong>und</strong> finanzielle Strukturie-<br />
<strong>Zeitschrift</strong> <strong>Behinderung</strong> <strong>und</strong> <strong>Dritte</strong> <strong>Welt</strong> 3/2001<br />
Ann Lorschiedter<br />
ARTIKEL<br />
Die Unterzeichnung von internationalen Abkommen reicht nicht dazu aus, Inclusion als selbstverständlichen Bestandteil<br />
in die Bildungspraxis aller Länder <strong>und</strong> als gesellschaftlichen Ethos zu integrieren. In Uganda hat vorschneller Eifer ohne<br />
Rückgriffe auf Ressourcen dazu beigetragen, dass bisher die wenigsten Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen mit <strong>Behinderung</strong>en<br />
Zugang zum Schulsystem haben, das sich offiziell aber einen inclusierenden Anstrich gibt.<br />
rung eines sonderpädagogischen Netzwerkes in<br />
Uganda. Gemeinsam mit Re-gierungsvertretern<br />
Ugandas wurden Programme für sonderpädagogische<br />
Dienste entworfen, ein neues Sonderschullehrerausbildungsprogramm<br />
entwickelt <strong>und</strong> daraus<br />
resultierend nach dem Vorbild Kenias ein Nationales<br />
Institut für Sonderpädagogik (UNISE) <strong>und</strong> ein<br />
dezentralisiertes, landesweites sonderpädagogisches<br />
Programm (EARS/Special Education Programme –<br />
Educational Assessment and Resource Services) aufgebaut.<br />
Das EARS-Programm, das mittlerweile in das<br />
Erziehungsministerium integriert ist, hat sich mehrere<br />
Ziele gesteckt: zum einen soll die Integration von<br />
Kindern mit <strong>Behinderung</strong>en in Regelschulen vorangetrieben<br />
werden (was u.a. durch die Einführung des<br />
UPE-Programms verstärkt werden sollte), zum<br />
anderen stehen die Prävention von <strong>Behinderung</strong>en,<br />
die Früherkennung <strong>und</strong> Frühförderung sowie eine<br />
effektive Koordination zwischen den bereits bestehenden<br />
Diensten (im Sinne einer interdisziplinären<br />
Zusammenarbeit) im Vordergr<strong>und</strong>. Dabei soll der<br />
Öffentlichkeits- <strong>und</strong> Informationsarbeit ein hoher<br />
Stellenwert eingeräumt werden.<br />
Die praktische Umsetzung der Inclusive<br />
Education in Uganda<br />
Bereits 1991 lag das Hauptaugenmerk auf der<br />
Integration von Kindern mit <strong>Behinderung</strong>en in<br />
Regelschulen; die Errichtung spezieller sonderpädagogischer<br />
Institutionen wurde dabei nicht abgelehnt,<br />
allerdings unter der Voraussetzung, dass sie<br />
lediglich Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen offenstünden,<br />
die nicht integrierbar seien. Eine Förderung an<br />
Sonderschulen oder im Elternhaus wurde demnach<br />
in Ausnahmefällen erwogen, etwa bei Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen mit schweren <strong>Behinderung</strong>en. Hier<br />
schlagen Kristensen/Mpafi (1993) ein Alternativmodell<br />
vor: in Gr<strong>und</strong>schulen sollen Einheiten<br />
(Units) für SchülerInnen mit <strong>Behinderung</strong>en errichtet<br />
werden, wenn mindestens vier Kinder <strong>und</strong><br />
Jugendliche mit der gleichen oder ähnlichen <strong>Behinderung</strong><br />
in der Gemeinde leben. Die Gr<strong>und</strong>schule<br />
107