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Demokratieförderung in der Deutschen Außenpolitik - Bibliothek der ...

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frieDrich-eBert-stiftung<br />

und an<strong>der</strong>er Partner decken.“ Aber selbstbewusst<br />

statuierte die damalige Bundesregierung: „Die nationale<br />

Interessenlage ist daher auch Ausgangspunkt<br />

<strong>der</strong> Sicherheitspolitik e<strong>in</strong>es souveränen Staates.“ 54<br />

Wenngleich auch zu diesem Zeitpunkt die Ambitionen<br />

wegen <strong>der</strong> fehlenden Gestaltungsfähigkeit<br />

noch eher e<strong>in</strong>em Hologramm ähnelten, war doch<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationale politische Gestaltungsanspruch<br />

bereits evident. Mit dem Beitritt Deutschlands<br />

zum Maastricht-Vertrag (1992) war quasi e<strong>in</strong>e Art<br />

Apotheose se<strong>in</strong>er Internationalisierung vollzogen<br />

worden. 55 Deutschlands künftige Europa Politik<br />

wird zeigen, ob mit dieser bewussten vertraglichen<br />

und strukturellen europäischen Selbstb<strong>in</strong>dung<br />

nun auch se<strong>in</strong>e angebliche „Machtvergessenheit“<br />

56 zementiert wurde o<strong>der</strong> umgekehrt, mit<br />

„Europa im Rücken“ Deutschland wie<strong>der</strong> machtversessener<br />

wird. Helmut Kohl stellte nach se<strong>in</strong>er<br />

Amtszeit e<strong>in</strong>mal den Wesenskern dieser Denkfigur<br />

po<strong>in</strong>tiert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en erklärenden historischen<br />

Kontext: „Adenauer sagte <strong>in</strong> den fünfziger Jahren im<br />

kle<strong>in</strong>en Kreis e<strong>in</strong>mal: ‚Wir, die <strong>Deutschen</strong>, waren 50<br />

Jahre die Hochstapler <strong>in</strong> Europa, jetzt müssen wir 50<br />

Jahre die Tiefstapler se<strong>in</strong>.´ Die 50 Jahre s<strong>in</strong>d jetzt herum,<br />

und lei<strong>der</strong> sche<strong>in</strong>en dies manche auszunutzen.“ 57<br />

2.3 Mündiges nationales <strong>in</strong>teresse<br />

<strong>in</strong> partnerschaft<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich spielte <strong>der</strong> ehemalige Bundeskanzler<br />

damit auf se<strong>in</strong>en Nachfolger, Gerhard<br />

Schrö<strong>der</strong> an, <strong>der</strong>, erst jung im Amt, bekundete, er<br />

halte „schon lange ...die <strong>Deutschen</strong> für e<strong>in</strong> normales<br />

Volk“ und se<strong>in</strong>e „Generation und die Generationen,<br />

die danach kommen – , sollten ohne Schuldkomplexe<br />

herumlaufen können.“ 58 Im H<strong>in</strong>blick auf „´Normalisierung´<br />

<strong>der</strong> deutschen <strong>Außenpolitik</strong>“ 59 befreite <strong>der</strong><br />

sozialdemokratische außenpolitische Vordenker<br />

54 Bundesm<strong>in</strong>isterium <strong>der</strong> Verteidigung, Bonn 26.11.1992. Verteidi-<br />

gungspolitische Richtl<strong>in</strong>ien 1992, Kapitel II<br />

55 Vgl. Peter J. Katzenste<strong>in</strong>, United Germany <strong>in</strong> an Integrat<strong>in</strong>g Europe,<br />

<strong>in</strong>: Ders. (Hg), Tamed Power. Germany <strong>in</strong> Europe, New York 1997, S. 26<br />

56 Dieser Begriff wurde von Hans-Peter Schwarz geprägt. Die gezähm-<br />

ten <strong>Deutschen</strong> (Fußnote 12)<br />

57 E<strong>in</strong> Europa <strong>der</strong> zwei Geschw<strong>in</strong>digkeiten wäre schädlich. E<strong>in</strong> FAZ-<br />

Gespräch mit Helmut Kohl über die Europäische Union und ihre Ziele,<br />

über die Türkei und weitere Anwärter, <strong>in</strong>: FAZ, 22. Januar 2004, S. 5<br />

58 E<strong>in</strong>e offene Republik. E<strong>in</strong> Zeit-Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard<br />

Schrö<strong>der</strong>, <strong>in</strong>: Die Zeit, Nr.6/1999, S.33/34<br />

59 Egon Bahr, Die „Normalisierung“ <strong>der</strong> deutschen <strong>Außenpolitik</strong>. Mündige<br />

Partner statt bequemer Vormundschaft, <strong>in</strong>: Internationale Politik,<br />

Nr.1/1999, S. 41-52<br />

12<br />

Egon Bahr zudem die Kategorie Macht von ihrer<br />

bisherigen sche<strong>in</strong>baren Obszönität im Kontext<br />

deutscher <strong>Außenpolitik</strong>: „Das Land, das vor <strong>der</strong><br />

Gestaltung e<strong>in</strong>es neuen Abschnitts se<strong>in</strong>er nationalen<br />

Geschichte steht, muss wie<strong>der</strong> machtgewohnt werden.<br />

Machtgewöhnung ist e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Wort für Normalität.<br />

Deutsche Macht als Normalität...“ 60<br />

Da konnte es ke<strong>in</strong>en überraschen, wenn Bundeskanzler<br />

Schrö<strong>der</strong> nun auch zur „Machtfrage“ und<br />

zur <strong>Außenpolitik</strong> Deutschlands klar Stellung bezog.<br />

In e<strong>in</strong>em richtungsweisenden Aufsatz 61 über<br />

die Konstanten, Determ<strong>in</strong>anten, Interessen und<br />

Ziele deutscher <strong>Außenpolitik</strong> unter se<strong>in</strong>er Regierung<br />

statuierte er ganz im S<strong>in</strong>ne klassischer Realpolitik:<br />

„Jede <strong>Außenpolitik</strong> ist zunächst e<strong>in</strong>mal Interessenpolitik.“<br />

Diese könne jedoch „heute immer weniger<br />

auf nationaler Ebene verfolgt werden“, darum<br />

sei e<strong>in</strong>e „solidarische <strong>Außenpolitik</strong>...des aufgeklärten<br />

Eigen<strong>in</strong>teresses“ gefor<strong>der</strong>t, auf <strong>der</strong> Grundlage e<strong>in</strong>er<br />

„unvore<strong>in</strong>genommenen Selbste<strong>in</strong>schätzung, e<strong>in</strong>er<br />

Analyse <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Erfor<strong>der</strong>nisse, aber auch<br />

<strong>der</strong> Erwartungen und Befürchtungen an<strong>der</strong>er. So ist<br />

Deutschland gut beraten, sich selbst als e<strong>in</strong>e große<br />

Macht <strong>in</strong> Europa zu sehen – wie es unsere Nachbarn<br />

längst tun – und se<strong>in</strong>e <strong>Außenpolitik</strong> entsprechend auszurichten,<br />

um sie im Rahmen <strong>der</strong> europäisch-atlantischen<br />

Strukturen zu verfolgen.“ 62 Ebenfalls im Tenor<br />

dieses neuen außenpolitischen Selbstbewusstse<strong>in</strong>s<br />

argumentierte e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> politikwissenschaftlichen<br />

Granden <strong>in</strong> <strong>der</strong> SPD und Direktor <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

Gesellschaft für Auswärtige Politik, Karl Kaiser:<br />

„Es ist das Schicksal <strong>der</strong> großen Mächte, zu denen<br />

Deutschland jetzt wie<strong>der</strong> gehört, nicht nur Nutznießer,<br />

son<strong>der</strong>n – an<strong>der</strong>s als die kle<strong>in</strong>en Mächte – Träger<br />

und Gestalter <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Politik zu se<strong>in</strong>.<br />

Deutschland ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat jetzt ,<br />

die im Guten wie im Schlechten die Entwicklung<br />

ganz Europas bee<strong>in</strong>flussen kann...“ 63 In se<strong>in</strong>en späteren<br />

Amtsjahren positionierte Schrö<strong>der</strong> gleichwohl<br />

60 Egon Bahr, Deutsche Interessen. Streitschrift zu Macht, Sicherheit und<br />

<strong>Außenpolitik</strong>, München 1998, S. 18<br />

61 Gerhard Schrö<strong>der</strong>: E<strong>in</strong>e <strong>Außenpolitik</strong> des „Dritten Weges“?, <strong>in</strong>: Gewerkschaftliche<br />

Monatshefte Ausgabe 7-8/99, S. 392-396<br />

62 Ebenda S. 394<br />

63 Karl Kaiser, Weltpolitik im neuen Jahrhun<strong>der</strong>t, Bonn 2000, S. 602

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