Eine Schule für Mädchen und Jungen - Universität Bremen
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A | Einführung<br />
A 1 | Begriffs- <strong>und</strong> Zielklärung<br />
„Männer <strong>und</strong> Frauen sind gleichberechtigt .<br />
Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der<br />
Gleichberechtigung von Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong><br />
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin .“<br />
Artikel 3, Absatz 2 des<br />
Gr<strong>und</strong>gesetzes <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
„Frauen <strong>und</strong> Männer sind gleichberechtigt . Das Land,<br />
die Stadtgemeinden <strong>und</strong> die anderen Träger der öffentlichen<br />
Verwaltung sind verpflichtet, <strong>für</strong> die gleichberechtigte<br />
Teilhabe der Geschlechter in Staat <strong>und</strong><br />
Gesellschaft durch wirksame Maßnahmen zu sorgen .“<br />
Auszug aus Artikel 2 der<br />
Landesverfassung der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong><br />
Die in Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>und</strong> Landesverfassung festgeschriebene<br />
gesellschaftliche Aufgabe der Gleichberechtigung<br />
von Frauen <strong>und</strong> Männern hat in kaum<br />
einem gesellschaftlichen Bereich in den letzten 40<br />
Jahren derartige Fortschritte gemacht wie im Bildungsbereich<br />
. <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> junge Frauen waren<br />
die scheinbaren Gewinnerinnen der Bildungsexpansion<br />
der 1970er Jahre . Heute erreichen sie im<br />
Durchschnitt höhere <strong>und</strong> bessere schulische Abschlüsse<br />
als junge Männer . Auf dem Arbeitsmarkt<br />
können Frauen ihre Qualitäten allerdings noch nicht<br />
in angemessener Weise „ausspielen“ . Ein Gr<strong>und</strong><br />
besteht darin, dass traditionell weibliche Dienstleistungsberufe,<br />
insbesondere im Bereich personenbezogener<br />
<strong>und</strong> sozialer Dienste, noch immer als<br />
„Zuverdienerinnen“-Berufe konzipiert sind . Dazu<br />
kommt, dass Berufs- <strong>und</strong> Studienwahl immer noch<br />
stark geschlechtsbezogen erfolgen, was sich auf die<br />
Verdienst- <strong>und</strong> Karriere-Chancen von Frauen nachteilig<br />
auswirkt . Schließlich reduziert Mutterschaft<br />
während der Ausbildung <strong>und</strong> Berufseinstiegsphase<br />
noch immer die beruflichen Chancen . 1<br />
Neben der gezielten Förderung von <strong>Mädchen</strong> zeigt<br />
sich heute, dass auch eine jungenspezifische Perspektive<br />
in der schulischen Bildung bezogen werden<br />
muss . Der Blick auf die Geschicke von <strong>Jungen</strong><br />
<strong>und</strong> jungen Männern in <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> Unterricht verdeutlicht<br />
– in Abhängigkeit vom Alter <strong>und</strong> sozialer<br />
1 Vgl . Sachverständigenkommission zur Erstellung des Ersten<br />
Gleichstellungsberichts der B<strong>und</strong>esregierung (Hg .): Neue Wege –<br />
Gleiche Chancen, Gleichstellung von Frauen <strong>und</strong> Männern im Lebenslauf<br />
. Essen 2011 (Gleichstellungsbericht), S . 5f .<br />
4 Handreichung <strong>für</strong> die gender-sensible Arbeit an Bremer <strong>Schule</strong>n – Einführung | A<br />
Schicht – eine bildungspolitisch nicht mehr hinnehmbare<br />
Anzahl von problematischen Bildungsverläufen .<br />
Prägend <strong>für</strong> die äußere, stereotypisierende Wahrnehmung<br />
von männlichen Jugendlichen im Bildungssystem<br />
ist allzu häufig die Annahme fortwährender<br />
Inszenierung einer bildungsfernen, mit Bildungsanstrengungen<br />
nicht verträglichen Männlichkeit .<br />
Förderung von Gender-Kompetenz<br />
Auf <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> junge Frauen wiederum hat die<br />
Stilisierung von Fachkulturen, insbesondere bei den<br />
mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen<br />
Fächern (MINT) eine abschreckende Wirkung . Der<br />
Gleichstellungsbericht der B<strong>und</strong>esregierung empfiehlt:<br />
„Gender Mainstreaming <strong>und</strong> eine geschlechterbewusste<br />
Pädagogik sollten in der Bildungspolitik <strong>und</strong><br />
in den Bildungseinrichtungen zur Durchsetzung gleicher<br />
Bildungschancen übergreifend <strong>und</strong> systematisch<br />
verankert werden . Dazu gehörten eine nachhaltige<br />
Vermittlung von Gender-Kompetenz […] .“ 2<br />
Was ist gemeint? Die englische Sprache hat <strong>für</strong><br />
den Begriff „Geschlecht“ zwei Inhaltsebenen, wobei<br />
der Begriff „sex“ <strong>für</strong> die biologischen Aspekte <strong>und</strong><br />
der Begriff „gender“ <strong>für</strong> die sozialen <strong>und</strong> kulturellen<br />
Aspekt e <strong>und</strong> Prägungen von Geschlecht stehen . Der<br />
ins Deutsche übernommene Begriff „Gender“ richtet<br />
somit den Fokus auf die gesellschaftlich-kulturell<br />
geprägten Rollen, aus denen unterschiedliche Interessen,<br />
Bedürfnisse, Kompetenzen <strong>und</strong> Lebenserfahrungen<br />
von Frauen <strong>und</strong> Männern, <strong>Mädchen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> resultieren . Geschlecht im Sinne von<br />
„Gender“ ist nicht nur biologisch definiert, sondern<br />
eine soziale <strong>und</strong> kulturelle Kategorie, die historisch<br />
gewachsen, veränderbar <strong>und</strong> politisch gestaltbar ist .<br />
Niemand ist nur männlich oder nur weiblich . Aber wir<br />
Menschen leben in einer Welt, die maßgeblich durch<br />
die Zuweisung von Geschlechterrollen geprägt ist .<br />
Daher ist es wichtig, Geschlechterdifferenzen wahrzunehmen,<br />
sie aber nicht als tradierte Rollenzuweisungen<br />
zu verfestigen . Mit „Gender“ sind also immer<br />
auch Vorstellungen von Geschlecht <strong>und</strong> Geschlechterrollen<br />
gemeint, die sich ändern lassen . In der<br />
Konsequenz bedeutet „Gender“, nicht stereotyp „die<br />
Frauen“ oder „die Männer“ in den Blick zu nehmen,<br />
2 Gleichstellungsbericht, S . 13