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Manuskript - WDR 5

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Leonardo - Wissenschaft und mehr<br />

Sendedatum: 02. Mai 2011<br />

Schwerpunkt: Gut zu Fuß ein Leben lang<br />

Füße und Gesundheit<br />

von Regine Hauch<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Machen wir doch mal erst den Gips ab.“<br />

9 Uhr morgens in der Düsseldorfer Uniklinik: Fußsprechstunde. Auf einer großen<br />

Liege liegt ein winziges Bündel Mensch: Salíia Shanáa, vor einer Woche geboren.<br />

Das rechte Beinchen steckt in einem Gipsverband, den die Orthopädin und Leiterin<br />

der Kinderfußsprechstunde, Bettina Westhoff, nun zusammen mit dem Pfleger<br />

vorsichtig entfernt:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Die junge Dame wurde mit einem Klumpfuß geboren, das ist eine<br />

Fehlstellung, wo der Fuß nach innen gedreht ist. Und was wir jetzt machen<br />

am Anfang, wo noch alles relativ weich ist: Wir versuchen, den Fuß in die<br />

richtige Stellung zu bringen, wir drehen erst den gesamten Fuß nach außen,<br />

Schritt für Schritt. Das, was wir erreichen, fixieren wir mit einem Gips, der<br />

Gips bleibt dann eine Woche dran, dann wird der Gips wieder abgemacht.“<br />

Das Füßchen wird weiter nach außen gedreht, wieder eingegipst, dann etwa bis zum<br />

dritten oder vierten Lebensjahr mit einer Schiene fixiert – bis es seine normale<br />

Stellung dauerhaft erreicht hat. Klumpfüße sind nur eine von zahlreichen<br />

angeborenen Fußfehlstellungen. Noch vor zehn Jahren hat man Kinder, die mit<br />

einem Klumpfuß geboren wurden, operiert, oberes und unteres Sprunggelenk<br />

geöffnet und gedreht, bis der Fuß richtig stand. Das war aufwändig, schmerzhaft und<br />

außerdem:<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2011<br />

Dieses <strong>Manuskript</strong> einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das <strong>Manuskript</strong> weder<br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

1


Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Überall, wo man schneidet, entstehen Narben, es kann zu<br />

Bewegungseinschränkungen kommen. Und mit dieser Methode gibt es<br />

funktionell wirklich hervorragende Füße, auch wenn man die vielleicht noch<br />

mal gipsen muss oder so. Das ist alles nicht schlimm.“<br />

Mutter Jessica Deutsch ist beruhigt. Sie lächelt und streichelt Salíia Shanáas<br />

winzigkleine verschrumpelten Füße – und ist genau so gerührt wie alle Eltern, wenn<br />

sie die Füßchen ihrer Babys sehen, diese Wunderwerke aus Muskeln, Bändern und<br />

Knochen:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Auch mit Klumpfuß, als ich den gesehen habe nach der Geburt, ich fand den<br />

trotzdem süß, so klein und zierlich. Man könnte am liebsten den ganzen Tag<br />

nur die Füße küssen.“<br />

Die Ärztin schaut noch einmal auf Saliia Shanas linken Fuß, den gesunden. Er steht<br />

leicht nach innen gedreht. Nichts Ungewöhnliches bei Neugeborenen:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

Westhoff: „Aber das ist komplett ausgleichbar, man kann das auch so ein<br />

bisschen stimulieren, dass die das auch so von selber macht, also am<br />

Fußaußenrand längs streifen und dann zieht sie den Fuß schön hoch.“<br />

Mutter: „Gut, dann mache ich das auch.“<br />

Westhoff: „Die ist auch jetzt schon kitzelig. Gucken sie mal, wie sie den Fuß<br />

wegzieht, wenn ich sie kitzele. Hm, gell? Der Fuß ist ganz intensiv versorgt<br />

mit einer hohen Dichte an Rezeptoren, das ist das, was uns so empfindlich<br />

macht.“<br />

In unseren Füßen befinden sich mehr Sinneszellen als in unserem Gesicht. Sie<br />

melden jedes kleine Steinchen in den Schuhen, machen jeden Schritt über spitze<br />

Kiesel zu einer Tortur und den Spaziergang über den Strand zum Hochgenuss. Die<br />

Sinneszellen arbeiten wie bei Saliia Shanaa von Anfang an. Alles andere muss sich<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2011<br />

Dieses <strong>Manuskript</strong> einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />

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2


erst langsam entwickeln. Auch wenn Neugeborenenfüße so perfekt aussehen wie<br />

Miniaturausgaben von Erwachsenenfüße, sie sind noch lange nicht „fertig“:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton Westhoff:<br />

„Die Muskulatur muss sich aufbauen, die Struktur des Fußes muss sich<br />

aufbauen, die Gelenke bekommen eine Stabilität. All dies ist erforderlich für<br />

die Entwicklung eines belastungsfähigen, funktionsfähigen Fußes im<br />

Erwachsenenalter.“<br />

Bevor Kinder den aufrechten Gang lernen, stehen sie breitbeinig auf platten, molligen<br />

Füßen, deren Abdruck an kleine Tatzen erinnert. Viele Eltern befürchten dann, dass<br />

ihr Kind Plattfüße hat und wollen ihm Einlagen verschreiben lassen. Diese Angst ist<br />

meist unbegründet, Einlagen sind nicht nötig, sondern eher schädlich, sagt die<br />

Expertin:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Dass die Plattfüße haben oder Knicksenkfüße haben, das ist im<br />

überwiegenden Teil der Fälle normal. Das Gewölbe richtet sich dann mit<br />

zunehmendem Wachstum auf. Die Unterscheidung, ob etwas normal oder<br />

nicht normal ist, da ist eine wichtige Komponente, ob das ganze flexibel ist.<br />

Die Kinder müssen sich auf die Zehenspitzen stellen, dann sieht man, dass<br />

sich das Gewölbe aufrichtet.“<br />

30 Gelenke, 60 Muskeln, mehr als 200 Bänder und über 200 Sehnen verbinden,<br />

stabilisieren und bewegen die 26 Fußknochen. Im Vorder- und Mittelfuß liegen sie<br />

nebeneinander, im hinteren Fuß übereinander. Diese komplizierte Konstruktion aus<br />

Quer- und Längsgewölbe dämpft Stöße und verteilt das Körpergewicht so, dass wir<br />

aufrecht gehen können. Je mehr ein kleiner Mensch läuft, desto besser bildet sich<br />

das doppelte Fußgewölbe aus. Eltern, die in die Kinderfußsprechstunde kommen<br />

empfiehlt die Ärztin daher:<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2011<br />

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3


Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Das Kind soll viel, viel barfuß laufen, also strümpfig, und so wenig wie<br />

möglich Schuhe anziehen, und wenn Schuhe, dann Schuhe, die weich sind,<br />

die flexibel sind. Es gibt heute keinen Schuh, der die Entwicklung des Fußes<br />

begünstigt. Ein guter Schuh behindert die Entwicklung eines Fußes am<br />

geringsten, so muss man es sagen.“<br />

Nicht nur falsches Schuhwerk, auch mangelnde Bewegung, Rauchen, Übergewicht,<br />

Krankheiten wie Diabetes und viele Sportarten oder auch Sportabstinenz – an<br />

unseren Füßen kann man wie an kaum einem anderen Körperteil ablesen, wie wir<br />

leben. Nicht gleich, aber irgendwann mit Sicherheit, sagt der Orthopäde Hüseyin<br />

Senyurt. Er behandelt in der Fußambulanz die Erwachsenen.<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Der Fuß ist ein komplexes Organ, je nachdem wie die Füße entwickelt sind<br />

und was man in den letzten Jahren für Schuhe getragen hat und welche<br />

Sportart man ausübt, können bestimmte Krankheitsbilder kommen. Zum<br />

Beispiel, junge Frauen, die mit hohen Absätzen laufen und Schuhe haben,<br />

die vorne sehr eng sind, das führt zu Hallux Valgus, das heißt, die Großzehe<br />

wird nach innen gedrückt, durch die Enge kommt es zu Deformationen, das<br />

führt zu erheblichen, belastungsabhängigen Schmerzen, das sind<br />

überwiegend die Patienten, die jetzt auch da vorne draußen sitzen.“<br />

Zu den Fußschmerzen können in einer Art Kettenreaktion Knie-, Hüft- und<br />

Rückenschmerzen kommen, denn…<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„…die gesamte Körperhaltung hängt vom Fußgewölbe, vom Fußstatus, vom<br />

Zusammenspiel der verschiedenen Gelenke und Knochen ab.“<br />

Sabine Kraus schlurft ins Behandlungszimmer. Die 55-Jährige strahlt vor Glück, sie<br />

schlüpft aus ihren beigen Gesundheitsschuhen, zieht die Socken aus und zeigt ihre<br />

Füße:<br />

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4


Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Ich habe keine Schmerzen, ich habe ein neues Lebensgefühl wieder<br />

bekommen.“<br />

19 Jahre lang ist sie unter Schmerzen gelaufen, die Zehen waren krumm wie Krallen.<br />

Der große Zeh lag über den kleinen. Die sonst so harmonische Architektur des<br />

menschlichen Fußes war völlig deformiert. Hallux valgus, Ballen- oder Schiefzeh –<br />

das Ergebnis von Vererbung und vor allem von zu engem Schuhwerk:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Ich bin zu spät zum Arzt gegangen, weil ich meine Mutter 14 Jahre gepflegt<br />

habe. Die Zehen waren alle schon nicht mehr in der geraden Stellung, ich bin<br />

mehr oder weniger gehumpelt.“<br />

Bis sie sich ein Herz fasste und in die Fußsprechstunde kam. Gymnastik, Einlagen –<br />

alles was Ärzte bei schleichenden Fußveränderungen versuchen, bevor sie zum<br />

Skalpell greifen – bei Sabine Kraus hatte es da schon keinen Sinn mehr. Hüseyin<br />

Senyurt musste operieren, die Zehen wieder in ihre normale Stellung bringen und<br />

versteifen. Jetzt, acht Wochen nach dem Eingriff, schaut er auf sein Werk und ist<br />

zufrieden:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

Senyurt: „Frau Kraus, gucken Sie mal, Sie sehen einen physiologischen<br />

Fuß, und der Großzeh sieht wieder ganz normal aus.“<br />

Kraus: „Ja, die sahen vorher aus – die waren alle deformiert.“<br />

Senyurt: „Man kann es nicht ganz gerade machen, aber wir haben hier jetzt<br />

Harmonie.“<br />

Zum normalen Laufen reicht es wieder. Immerhin. Dabei können Füße so viel mehr<br />

als nur laufen - wenn man auf sie achtet, sie gut behandelt und trainiert. Durch die<br />

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Luft fliegen zum Beispiel. Oder ganze Geschichten erzählen...<br />

10 Uhr morgens. Der Ballettsaal der Deutschen Opfer am Rhein. An langen Stangen<br />

stehen die Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie, die meisten noch dick<br />

eingepackt in Wollhosen und -jacken. Sie dehnen und strecken ihre Glieder.<br />

Vorsichtig biegen und strecken sie ihre Füße, die Beine, die Arme – und immer<br />

wieder die Füße. Jeden Morgen geht das so, erzählen Jörg Weinöl und Caroline<br />

Francisco Sorg.<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

Weinöl: „Wie stehe ich? Das ist jeden Morgen neu zu finden. Wo ist die<br />

Belastung? Das verändert sich ja auch immer wieder. Oft ist es aber erstmal<br />

ein Fühlen und Entlangtasten am Boden mit den einzelnen Übungen.“<br />

Francisco Sorg: „Für mich ist auch sehr wichtig, den Fuß als Unterlage zu<br />

fühlen und zu spüren, ob ich richtig stehe, nicht zu sehr auf der Außenkante,<br />

nicht zu sehr auf der Innenkante, richtig das Gewicht zu verteilen, damit der<br />

ganze Körper die richtige Haltung erreicht, wenn der Fuß nicht in der<br />

richtigen Position steht, dann können wir nicht richtig senkrecht und gerade<br />

stehen, was für uns sehr wichtig ist, um keine Verletzung zu haben.“<br />

Jörg Weinöl und Carolina Francisco Sorg gehen wie alle Tänzer äußerst sorgsam mit<br />

ihren Füßen um. Sie achten darauf, dass sie ihre Form behalten. Dazu stärken sie<br />

systematisch das Längs- und Quergewölbe des Fußes:<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton Weinöl:<br />

„Zum einen durch das Training und aber auch durch gezielte Übungen, zum<br />

Beispiel, dass man den bloßen Fuß hat und versucht, ein Handtuch<br />

aufzuheben und das immer verfeinert und zum Schluss einen Bleistift greifen<br />

kann.“<br />

Übungen, die nicht nur Tänzerfüße stärken. Von den Profis kann man auch lernen,<br />

wie man zu einem gesunden ausgewogenen Stand kommt. Dazu muss man zuerst<br />

einmal mit den eigenen Füßen in Kontakt kommen, sagt Weinöl:<br />

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Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

„Zum Beispiel ein Bild, mit dem ich arbeiten kann: die Füße sind wie Wurzeln,<br />

dann hat man auch einen festen Stand. In dem Stück Neither, da stand ich<br />

eine Stunde, und da musste ich auch ein Verhältnis zu finden: Wie stehe ich?<br />

Damit ich nicht müde werde und die Füße wach bleiben.“<br />

Das Training geht in die zweite Runde, wird schneller und fordernder, Jacken und<br />

Wollstrümpfe fliegen in die Ecken, die Körper glänzen von der Anstrengung. Und<br />

wieder sind es vor allem die Füße, die gefordert sind.<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton Weinöl:<br />

„Was im Tanz wesentlich ist, ist der Sprung. Das ist ja, dass alles durch die<br />

Füße geht, dass man bei dem Sprung mit dem dreifachen Gewicht des<br />

Körpers wieder landet. Deshalb brauchen die diese enorme Kapazität der<br />

Kraft und der Elastizität, dass man auch eine lange Karriere hat, denn an den<br />

Füßen kann es auch immer wieder scheitern.“<br />

Die meisten Menschen schauen ihren Mitmenschen eher selten auf die Füße. Augen<br />

werden gerühmt, Haare, eine gute Figur, vielleicht schöne Hände – aber Füße?<br />

Ganz anders bei Tänzern. Sie sind geradezu fußversessen. Allerdings geht es ihnen<br />

nicht so sehr um schön lackierte Nägel. Schön ist für sie ein starker, beweglicher<br />

Fuß, der den Körper trägt und voller Kraft bewegt:<br />

O-Ton Weinöl:<br />

„Der Rist, der Spann, wenn der besonders ausgeprägt ist, dann ist das schon<br />

mal die halbe Miete, dann sieht der Fuß viel schneller schön gestreckt aus.<br />

Ganz oft, wenn eine Tänzerin oder ein Tänzer einen anderen Tänzer sehen,<br />

dann sagen die: ‚Ach, der hat soo schöne Füße.’ Das waren dann nicht<br />

schöne Füße in dem Sinne, dass die besonders gepflegt waren, sondern von<br />

der Form her. Andere Tänzer leiden darunter und sagen: ‚Oh, ich habe keine<br />

schönen Füße.’ und beziehen sich auf den Spann, auf die Linie.“<br />

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Sprecherin:<br />

Jörg Weinöl und Carolina Francisco Sorg schauen sich an und lachen. Carolina soll<br />

jetzt ihre Füße zeigen. Wie sieht so ein Fuß aus, der täglich trainiert, gedehnt und<br />

gekräftigt wird, der aber auch täglich über viele Jahre Hochleistungen vollbringt, der<br />

den Körper in die Luft katapultieren und sicher wieder auffangen muss, der in harten<br />

Spitzenschuhen steckt und sich dabei bis zum Äußersten strecken muss, der wie<br />

beim Schauspieler das Gesicht Gefühle und Leidenschaften ausdrücken muss?<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton:<br />

Francisco Sorg: „Natürlich, es ist kein schöner Anblick, aber ich erlaube es.<br />

Ja, die Nägel sind etwas verdunkelt und Hornhaut, ich habe ein bisschen<br />

Spreizfuß, ein bisschen Entenfuß auch, wenn ich meinen Vater sehe, wie er<br />

läuft, dann kann ich schon ein bisschen meine Füße bei ihm sehen – und er<br />

hat nie getanzt.“<br />

Weinöl: „Nein, Carolina hat einfach sehr schöne Füße, hier diese Seite so<br />

hochgezogen, sie hat wirklich einen starken Fuß, und das andere: Dieser<br />

Rist. Oh, toller Fuß!“<br />

Francisco Sorg: „Es gibt Schönere, aber sie sind sehr stabil und kräftig.“<br />

Wie lange können Füße die Extrembelastungen wie im klassischen Balletts tragen?<br />

Sprecherin:<br />

O-Ton Francisco Sorg:<br />

„Fragen Sie meine Füße. Ich weiß es auch noch nicht, ich werde es mit<br />

meinen Füßen besprechen, wie lange sie mitmachen. Hüfte und Rücken<br />

auch.“<br />

Es ist Nachmittag geworden. Salia Shanaa schläft. Bis sie auf ihren Füßen stehen<br />

und laufen kann, vergeht noch viel Zeit. Frau Krause ist zurück nach Hause gelaufen,<br />

langsam, aber es ging. Der Tänzer Jörg Weinöl nimmt ein Fußbad. Und dann sind da<br />

noch die Schwestern Hildburg und Erika. Ihre Füße haben sie durch ein bewegtes<br />

Leben getragen: Jetzt mit über 80 Jahren wollen sie nicht mehr so richtig. Die beiden<br />

Schwestern nehmen es mit Humor.<br />

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8


O-Ton:<br />

Erika: „Ich bin ja an den Anblick gewöhnt. Aber wenn ich jetzt zu einem Arzt<br />

ginge, der sähe mich als Wunder an, solche Füße hat der im ganzen Leben<br />

noch nicht gesehen, so schlimm sind die, wirklich ganz furchtbar, diese<br />

Schiefstellung, diese Krallenzehen, die ich da habe. Ich habe ja dann auch<br />

Zehenspreizer, ich haben Fußsohlenpolster. Ich habe kleine Röhrchen, die<br />

ich über die Zehen stülpe, damit die nicht anstoßen, das macht sehr viel<br />

Mühe, nach dem Duschen bin ich beschäftigt mit meinen Füßen.“<br />

Hildburg: „Ein Fuß ist mein Meisterstück. Bei diesem Alter sieht der noch<br />

sehr gut aus. Aber der andere ist katastrophal und das ist nicht besonders<br />

schön, wenn ich geduscht habe, jeden Morgen, dann wird das schön<br />

gemacht, dann kommt da Salbe drauf, Pflaster - und Schluss. Ab und zu tut<br />

der weh und dann nehme ich eine Tablette, ich bin so alt, da ist mir das ganz<br />

egal, da nehme ich eine Scherztablette. Ich habe immer Schuhe mit hohen<br />

Absätzen getragen, weil ich klein war früher, jetzt könnte ich das absolut<br />

nicht mehr.“<br />

Erika: „Ich kann nicht mehr soviel laufen wie früher, aber trotzdem! Ich bin<br />

immer noch zufrieden mit meinen 81 Jahren, dass ich noch soviel laufen<br />

kann.“<br />

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