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Die Najaden (Bivalvia, Unionidae) der Oberen Eder in Hessen

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DIE OBERE EDER IN HESSEN<br />

ERFASSUNG UND ENTWICKLUNG<br />

DER GEWÄSSER UND AUEN<br />

___________________________________________________________________<br />

Kapitel 7.7<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>)<br />

<strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

Aktualisierung <strong>der</strong> Bestandssituation<br />

und Vorschläge zu Schutz- und Rettungsmaßnahmen<br />

Bearbeitet von Oktober 1996 bis November 1997<br />

von<br />

Diplom-Biologe<br />

Christoph Dümpelmann<br />

Veranlaßt und durchgeführt:<br />

FISCHEREIVERBAND KURHESSEN E.V.<br />

GEWÄSSERGRUPPE „OBERE EDER“<br />

1


2<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

7.7 <strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>)<br />

<strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> 1<br />

7.7.1 E<strong>in</strong>leitung 1<br />

7.7.2 Das Untersuchungsgebiet<br />

2<br />

7.7.3 Material und Methoden 2<br />

7.7.3.1 Sichtung alter Daten 2<br />

7.7.3.2 Auswahl <strong>der</strong> Probestellen 2<br />

7.7.3.3 Sammeln von Schalen<br />

und Umgang mit lebenden Muscheln 3<br />

7.7.3.4 Altersbestimmung 4<br />

7.7.4 Zur Ökologie <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong><br />

und bei <strong>Najaden</strong>kartierungen<br />

zu berücksichtigende Faktoren 4<br />

7.7.5 Ergebnisse 7<br />

7.7.5.1 <strong>Die</strong> nachgewiesenen Arten 7<br />

7.7.5.2 Stetigkeit und reale Zahlen 7<br />

7.7.5.3 <strong>Die</strong> aktuelle Verbreitung 10<br />

7.7.5.4 Erloschene Bestände 12<br />

7.7.6 Der Populationsaufbau <strong>der</strong> Arten 15<br />

7.7.7 Momentane Gefährdungssituation<br />

<strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> 22<br />

7.7.8 Rettungs- und Schutzmaßnahmen 24<br />

7.7.8.1 Rettungsmaßnahmen 27<br />

7.7.8.2 Schutzmaßnahmen/Vorschläge 28<br />

Danksagung 31<br />

7.7.9 Literatur 32<br />

Bildteil 35<br />

Anhang:<br />

Karten Karte 1 : Probestellen <strong>Najaden</strong>kartierung<br />

Karte 2 : Fundorte leben<strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> und<br />

Schalen<br />

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<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

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7.7 <strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Hessen</strong><br />

7.7.1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Durch ihre verborgene Lebensweise, ihr „tieruntypisches“, äußeres<br />

Ersche<strong>in</strong>ungsbild und ihre relative wirtschaftliche Unverwertbarkeit<br />

(Ausnahme Flußperlmuschel) s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>heimischen Großmuscheln (<strong>Najaden</strong>)<br />

über viele Jahre aus faunistischer Sicht relativ wenig beachtet worden. Für<br />

an<strong>der</strong>e Gewässersysteme <strong>Hessen</strong>s existieren bereits Untersuchungen zum<br />

Großmuschelbestand (z.B. JUNGBLUTH & SCHMIDT 1972 (Vogelsberg),<br />

NESEMANN & NAGEL 1988 (K<strong>in</strong>zig), NAGEL & NESEMANN 1989<br />

(Schwalm)), doch ist die Obere E<strong>der</strong> bezüglich dieser Tiergruppe<br />

ausgesprochen spärlich untersucht.<br />

Zwar f<strong>in</strong>den sich schon bei HAAS (1911) erste H<strong>in</strong>weise auf Unio-Bestände <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> E<strong>der</strong> und ihren Nebenbächen, doch selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> recht jungen Roten Liste<br />

des LK Waldeck-Frankenberg (FREDE 1991) gibt <strong>der</strong> Verfasser des<br />

Molluskenteils LEHMANN nur wenige und vere<strong>in</strong>zelte Nachweise von<br />

<strong>Najaden</strong> im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> an.<br />

Bei den umfangreichen Kartierungen zur Fauna <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

(GWG 1996) <strong>in</strong> den Jahren 1990-93 wurde diese sich bundesweit stark im<br />

Rückgang bef<strong>in</strong>dliche Tiergruppe nur <strong>in</strong>sofern erfaßt, als daß die Daten <strong>der</strong><br />

unveröffentlichten ökologischen Standortkartierung <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> von<br />

JUNGBLUTH ET AL. (1989) aus den Jahren 1987-89 übernommen wurden<br />

und lediglich Zufallsfunde ergänzend <strong>in</strong> den Datenpool e<strong>in</strong>flossen. <strong>Die</strong>se<br />

Kartierung von JUNGBLUTH ET AL. (1989) erfaßt im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong><br />

<strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> acht Fundpunkte von lebenden <strong>Najaden</strong> und/o<strong>der</strong> Schalen. Neben<br />

den z.T. recht vagen Angaben zu den e<strong>in</strong>zelnen Fundorten läßt sich aus <strong>der</strong><br />

Kartierung nicht ersehen, wieviele Individuen an den Fundpunkten gefunden<br />

wurden. Auch fehlen Angaben zum Populationsaufbau.<br />

Als Ergänzung zum Werk „<strong>Die</strong> Obere E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>“ erfolgte von September<br />

1996 bis Ende 1997 die Kartierung <strong>der</strong> Großmuscheln im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong><br />

<strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> im Auftrag <strong>der</strong> Gewässergruppe Obere E<strong>der</strong>.<br />

Durch die enge B<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Großmuscheln über ihr parasitäres Larvenstadium<br />

an Fische und ihre gesetzliche Zuordnung zum Hessischen Fischereigesetz<br />

stellte sich <strong>der</strong> GWG Obere E<strong>der</strong> die Frage, welche Populationsstärken bei den<br />

e<strong>in</strong>zelnen <strong>Najaden</strong>arten noch existieren und welche Ursachen ihr Rückgang<br />

haben könnte.<br />

Primäres Ziel <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung ist die Darstellung <strong>der</strong> momentanen<br />

<strong>Najaden</strong>vorkommen im E<strong>in</strong>zugsbereich <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> sowie<br />

die Entwicklung von Schutz- und Rettungsmaßnahmen.<br />

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3


7 Kapitel<br />

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7.7.2 Das Untersuchungsgebiet<br />

4<br />

Das Untersuchungsgebiet umfaßt die Gewässerstrecke <strong>der</strong> E<strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />

Landesgrenze nach Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen bis zur Stauwurzel des E<strong>der</strong>sees<br />

sowie die beiden Nebenbäche Nuhne und Orke <strong>in</strong>klusive aller Mühl-, Betriebs-<br />

und Bewässerungsgräben. Ebenso wurden die meisten Altarme und Teiche <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> E<strong>der</strong>aue untersucht.<br />

7.7.3 Material und Methoden<br />

7.7.3.1 Sichtung alter Daten<br />

Es wurde versucht, alle verfügbaren Daten über <strong>Najaden</strong>vorkommen im<br />

E<strong>in</strong>zugsbereich <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> zu bekommen. Neben Literaturangaben<br />

wurden hierbei auch Daten des Autors aus den Jahren 1994-1996 verwertet.<br />

H<strong>in</strong>weisen von „Gebietskennern“ wurde ebenso nachgegangen, jedoch nur<br />

bestätigte Daten zur Kartierung h<strong>in</strong>zugezogen.<br />

Nach Sichtung dieser Daten erfolgte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ersten Bearbeitungsphase die<br />

Begehung aller bisher bekannten Fundpunkte. Daraufh<strong>in</strong> wurde e<strong>in</strong><br />

Probestellennetz über das gesamte Untersuchungsgebiet gelegt, welches im<br />

Laufe <strong>der</strong> Kartierungsarbeiten gemäß den potentiellen und tatsächlichen<br />

Vorkommen verän<strong>der</strong>t wurde.<br />

7.7.3.2 Auswahl <strong>der</strong> Probestellen<br />

Bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Probestellen wurde darauf geachtet, daß möglichst alle<br />

unterschiedlichen Gewässer und Gewässerabschnitte zum<strong>in</strong>dest exemplarisch<br />

untersucht wurden. Da bei den letzten Kartierungen im Bereich <strong>der</strong> oberen<br />

E<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Mühlgräben Muschelvorkommen zu f<strong>in</strong>den waren, wurde<br />

<strong>der</strong> überwiegende Teil aller Mühl- und Betriebsgräben untersucht. Ebenso<br />

wurde mit allen Altarmstrukturen, neu angelegten und auch alten Altarmen<br />

verfahren. <strong>Die</strong> freien Fließstrecken von E<strong>der</strong>, Nuhne und Orke wurden<br />

exemplarisch <strong>in</strong> unterschiedlichen Strukturausprägungen beprobt.<br />

Bei <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung lassen sich folgende unterschiedliche<br />

Probestellen anführen:<br />

1. Freie Fließstrecken von E<strong>der</strong>, Nuhne und Orke<br />

ausgewählte, exemplarische Teilstrecken unterschiedlicher Struktur.<br />

2. Staubereiche oberhalb von Wehren<br />

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<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

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3. Altarme (alte und neu angelegte)<br />

flächendeckend, soweit begeh- o<strong>der</strong> betauchbar.<br />

4. Mühlgräben<br />

flächendeckend.<br />

5. Bewässerungsgräben<br />

flächendeckend, sofern ganzjährig Wasser führend.<br />

6. Teiche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aue<br />

sofern begehbar.<br />

<strong>Die</strong> Summe und Auswahl <strong>der</strong> Probestrecken im Untersuchungsgebiet führt <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Gesamtheit zu <strong>der</strong> Möglichkeit, den aktuellen Bestand <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> im<br />

E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> abschätzen zu können.<br />

7.7.3.3 Sammeln von Schalen und Umgang mit lebenden Muscheln<br />

Alle bewatbaren Gewässerabschnitte <strong>der</strong> oben aufgeführten Probestellentypen<br />

wurden mittels e<strong>in</strong>es Sichtkastens (PVC-Rohr mit Plexiglasboden) auf <strong>Najaden</strong><br />

und <strong>Najaden</strong>schalen abgesucht. In tieferen Gewässerabschnitten wurden die<br />

Kartierungen z.T. tauchend durchgeführt. Zur Entnahme von Muschelschalen<br />

vom Gewässergrund wurde e<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em Netz versehener Apfelpflücker<br />

verwendet.<br />

Beim langsamen Durchwaten des Gewässers wurde <strong>der</strong> gesamte<br />

Gewässergrund <strong>der</strong> Probestelle gründlich mit Hilfe des Sichtkastens nach<br />

lebenden <strong>Najaden</strong>, Schalen und Schalenresten abgesucht. Gesichtete Schalen<br />

wurden mit dem Apfelpflücker aufgehoben und zur späteren Vermessung<br />

gesammelt. Lebende Muscheln wurden sehr vorsichtig, wenn möglich per<br />

Hand aus dem Substrat gehoben, sofort vermessen und wie<strong>der</strong> an die<br />

Fundstelle zurückgesetzt.<br />

Stichprobenartig wurden Sedimentproben mit e<strong>in</strong>em Drahtsieb (Maschenweite<br />

1 cm) ausgesiebt, um eventuell vorkommende Jungmuscheln nachzuweisen.<br />

Für jede Probestelle wurde Protokolliert, welche <strong>Najaden</strong>arten vorkommen,<br />

wieviele lebende Tiere und wieviele Schalen je<strong>der</strong> Art gefunden wurden.<br />

Bei den lebenden Muscheln und den Muschelschalen wurde die absolute Länge<br />

und Höhe <strong>der</strong> Schale gemessen und notiert. <strong>Die</strong> gesammelten Muschelschalen<br />

wurden außerdem mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Kennnummer versehen, die e<strong>in</strong>e<br />

spätere genaue Zuordnung nach Fundort und -datum erlaubt.<br />

Zu je<strong>der</strong> Probestelle wurde e<strong>in</strong> Probestellenprotokoll angefertigt. In diesem<br />

Protokoll s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> exakte Ort, die Nutzung <strong>der</strong> umliegenden Flächen und <strong>in</strong><br />

geschätzten Werten die Substratverhältnisse, die Makrophytendeckung, die<br />

Strömungsverhältnisse sowie <strong>der</strong> Beschattungsgrad <strong>der</strong> Probestelle notiert.<br />

<strong>Die</strong>se Probestellenprotokolle wurden h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Daten<br />

<strong>in</strong> das Werk „<strong>Die</strong> Obere E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>“ <strong>der</strong>art konzipiert, daß ständig<br />

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7 Kapitel<br />

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6<br />

h<strong>in</strong>zukommende Funde von <strong>Najaden</strong> laufend durch Überarbeitung des<br />

jeweiligen Protokolls e<strong>in</strong>fach und schnell h<strong>in</strong>zugefügt werden können. Damit<br />

ist bei möglichen weiteren Erfassungen im Untersuchungsgebiet e<strong>in</strong>e<br />

lückenlose Darstellung möglich und auch E<strong>in</strong>zelfunde können s<strong>in</strong>nvoll <strong>in</strong> den<br />

bereits bestehenden Datenpool e<strong>in</strong>fließen und diesen so ständig vergrößern.<br />

Alle Probestellenprotokolle f<strong>in</strong>den sich im Anhang.<br />

7.7.3.4 Altersbestimmung<br />

<strong>Die</strong> Altersbestimmung <strong>der</strong> Muscheln erfolgte über die üblichen Methoden des<br />

Zählens <strong>der</strong> Zuwachsr<strong>in</strong>ge (HAUKIOJA UND HAKALA 1978) sowie bei<br />

Schalenfunden ergänzend durch die Acetat-Folien-Methode (PANNELLA<br />

UND ACCLINTOCK 1968). Bei dieser Methode wird e<strong>in</strong> Abdruck des<br />

Schalenquerschnitts auf e<strong>in</strong>er Folie hergestellt, <strong>der</strong> so genau ist, daß die<br />

Schalenkristallstruktur (und damit die jährlichen Zuwachsbereiche) unter dem<br />

Mikroskop erkennbar s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong>se aufwendige Methode wurde exemplarisch an<br />

e<strong>in</strong>zelnen Muschelschalen durchgeführt, da die meisten gefundenen Schalen<br />

stark korrodiert und somit die Zuwachsbereiche beson<strong>der</strong>s im Wirbelbereich<br />

meist zerstört waren. Darüberh<strong>in</strong>aus ergibt sich das Problem bei sehr alten<br />

Unio-Schalen, daß die Tiere im sehr hohen Alter kaum o<strong>der</strong> überhaupt nicht<br />

mehr wachsen. In solchen Fällen ist die Altersbestimmung über Zuwachsr<strong>in</strong>ge<br />

unmöglich. Durch Querschnitte im Schloßzahnbereich sollte versucht werde,<br />

auch bei äußerlich stark korrodierten Schalen das Alter zu ermitteln.<br />

Um ungefähre Altersangaben zu den bestehenden, oft überalterten<br />

<strong>Najaden</strong>beständen zu erhalten, wurden die meisten <strong>der</strong> gefundenen lebenden<br />

Tiere und Schalen vermessen, um über die exemplarischen<br />

Altersbestimmungen und damit verbundenen Größen e<strong>in</strong>e<br />

Altersklassene<strong>in</strong>teilung vornehmen zu können.<br />

7.7.4 Zur Ökologie <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> und bei <strong>Najaden</strong>kartierungen zu<br />

berücksichtigende Faktoren<br />

<strong>Die</strong> ökologischen Ansprüche <strong>der</strong> Najden sowie ihre Fortpflanzungsstrategien<br />

lassen sich nach heutigem Wissensstand wie folgt zusammenfassen:<br />

Während bei Anodonta-Arten Zwittrigkeit vorkommen kann, s<strong>in</strong>d die<br />

heimischen Unio-Arten getrenntgeschlechtlich. <strong>Die</strong>s hat zur Folge, daß<br />

Anodonta-Arten auf abnehmende Populationsgrößen mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Zwitterbildung reagieren (FRANKE 1993), während z.B. bei <strong>der</strong> Bachmuschel<br />

(Unio crassus) bei abnehmen<strong>der</strong> Populationsgröße (und damit abnehmen<strong>der</strong><br />

Dichte) die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>er Befruchtung <strong>der</strong> Eier <strong>der</strong> Weibchen<br />

abnimmt (HOCHWALD & BAUER 1990).<br />

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<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

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Alle Arten geben ihre als Glochidien bezeichnete Larvenstadien <strong>in</strong> großer Zahl<br />

<strong>in</strong>s freie Wasser ab. Während die Larven <strong>der</strong> Unio-Arten nur bestimmte<br />

Fischarten als Wirtsfisch akzeptieren und bei diesen (z.B. Elritze, Döbel,<br />

Bachforelle) ausschließlich an den Kiemen parasitieren, ist das<br />

Wirtsfischspektrum <strong>der</strong> Anodonta-Arten breiter und die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Larven kann auch an Haut o<strong>der</strong> Flossen erfolgen.<br />

<strong>Die</strong> Jungmuscheln müssen dort, wo sie nach e<strong>in</strong>igen Wochen vom Wirtsfisch<br />

abfallen, günstige Lebensbed<strong>in</strong>gungen vorf<strong>in</strong>den. D.h. fe<strong>in</strong>körniges Substrat<br />

(Sand, Kies), <strong>in</strong> dem auch <strong>in</strong> wenigen Dezimeter (o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest<br />

Zentimeter)Tiefe noch e<strong>in</strong>e genügende Sauerstoffversorgung gewährleistet ist<br />

und <strong>in</strong> dessen Interstitial als Nahrung geeignete Partikel (kle<strong>in</strong>ste organische<br />

Detritusteile) e<strong>in</strong>geschwemmt werden (vgl. HRUSKA 1996).<br />

Gelangen die Jungmuscheln an geeigneten Aufwuchshabitaten nach e<strong>in</strong>igen<br />

Jahren zur Geschlechtsreife, so s<strong>in</strong>d sie wie<strong>der</strong>um auf e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Populationsdichte angewiesen (Unio-Arten) und an e<strong>in</strong>en hohen Fischbestand<br />

ihrer Wirtsfische, um die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>der</strong> „Treffer“ beim Ausstoß <strong>der</strong><br />

Glochidien möglichst hoch zu halten.<br />

Bei <strong>der</strong> Beurteilung von Muschel- und Schalenfunden s<strong>in</strong>d folgende drei Punkte<br />

zu berücksichtigen:<br />

Erstens s<strong>in</strong>d Flußmuscheln h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Fortbewegungsmöglichkeiten<br />

relativ unmobil. <strong>Die</strong> Tiere können zwar bis mehrere Meter pro Tag durchs<br />

Sediment kriechen, doch dient diese Art <strong>der</strong> Fortbewegung nur dem Ausgleich<br />

von ungünstigenStandortfaktoren wie etwa s<strong>in</strong>kendem Wasserstand o<strong>der</strong><br />

Sedimentverlagerungen. Entscheidend für <strong>Najaden</strong>nachweise ist zudem, daß<br />

junge Muschelstadien sich überwiegend im Interstitial aufhalten und so <strong>der</strong><br />

oberflächlichen Absuche entgehen. Sterben junge Muscheln <strong>in</strong> den ersten 1-3<br />

Jahren <strong>der</strong>art im Sediment verborgen ab, ist das Auff<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Schale<br />

unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Zweitens: Das (passive) Ausbreitungsstadium <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> ist die Larve,<br />

welche mehrere Wochen parasitisch an Fischen lebt.<br />

Zuletzt ist wichtig zu wissen, daß die Schalen von abgestorbenen Tieren je<br />

nach Schalendicke (alters- und artverschieden!) und Lage im Bodensubstrat<br />

länger o<strong>der</strong> kürzer erhalten bleibt. Zudem s<strong>in</strong>d Verdriftungen möglich.<br />

<strong>Die</strong>se Punkte haben folgende Konsequenzen:<br />

- Jungmuscheln s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Erfassungen immer unterrepräsentiert.<br />

- Muscheln können weitab von ihrem „Elternbestand“ <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>zelexemplaren auftauchen, wenn <strong>der</strong> Wirtsfisch die Larve weit<br />

verschleppt.<br />

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7 Kapitel<br />

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8<br />

- <strong>Die</strong> Schalen abgestorbener Muscheln können noch nach Jahren am<br />

ehemaligen Standort aufgefunden werden.<br />

- Nur e<strong>in</strong>e permanent hohe Fischdichte <strong>der</strong> Wirtsfische am Standort von<br />

adulten Muscheln <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit den geeigneten Substratfaktoren<br />

(siehe oben) sichert das Überleben <strong>der</strong> Population.<br />

- Muscheln s<strong>in</strong>d nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, längeranhaltenden Katastrophen<br />

ihres Standorts auszuweichen (z.B. Trockenfallen des Gewässers,<br />

negative Verhältnisse im Interstitial o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Welle).<br />

Letztendlich ist immer zu bedenken, daß Muscheln schwer zu f<strong>in</strong>dende Tiere<br />

im Gewässergrund s<strong>in</strong>d und grundsätzlich nur e<strong>in</strong> gewisser Teil <strong>der</strong> Tiere<br />

entdeckt wird. <strong>Die</strong>ser Teil ist je nach Zugänglichkeit und Gewässerstruktur<br />

größer (bei ger<strong>in</strong>ger struktureller Ausprägung des Gewässers) o<strong>der</strong> kle<strong>in</strong>er (bei<br />

stark strukturierten Verhältnissen), erfaßt aber <strong>in</strong> den seltensten Fälle alle<br />

vorkommenden Tiere. <strong>Die</strong>s bedeutet, daß auch <strong>der</strong> Nachweis von wenigen<br />

Individuen auf weitere Tiere im Gewässer schließen läßt und auch <strong>in</strong><br />

Probestellen, <strong>in</strong> denen ke<strong>in</strong>e Nachweise gelangen, <strong>Najaden</strong> trotzdem<br />

vorkommen können.<br />

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<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

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7.7.5 Ergebnisse<br />

7.7.5.1 <strong>Die</strong> nachgewiesenen Arten<br />

Im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong> oberen E<strong>der</strong> konnten im Bereich von <strong>in</strong>sgesamt 77<br />

Probestellen (vgl. Karte 1) vier von sieben <strong>in</strong> Deutschland vorkommenden<br />

<strong>Najaden</strong> nachgewiesen werden (vgl. GLÖER & MEIER-BROOK 1994).<br />

Es s<strong>in</strong>d dies:<br />

1. <strong>Die</strong> Entenmuschel Anodonta anat<strong>in</strong>a (L<strong>in</strong>naeus 1758)<br />

2. <strong>Die</strong> Malermuschel Unio pictorum (L<strong>in</strong>naeus 1758)<br />

3. <strong>Die</strong> Bachmuschel Unio crassus Philipsson 1788<br />

4. <strong>Die</strong> Dicke o<strong>der</strong> Große Flußmuschel Unio tumidus Philipsson 1788<br />

<strong>Die</strong> drei erstgenannten Arten konnten sowohl als Schalen, als auch als lebende<br />

Tiere nachgewiesen werden, die Dicke Flußmuschel tauchte nur an e<strong>in</strong>er<br />

Probestelle mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen Schale auf.<br />

<strong>Die</strong> Probestellen s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Karte 1 zu entnehmen.<br />

Tabelle 1 zeigt die Verteilung <strong>der</strong> Funde von Muschelschalen und lebenden<br />

Tiere.<br />

7.7.5.2 Stetigkeit und reale Zahlen<br />

Von <strong>der</strong> Entenmuschel Anodonta anat<strong>in</strong>a wurden:<br />

an 9 Probestellen nur Schalen gefunden;<br />

an 6 Probestellen Schalen und lebende Tiere gefunden;<br />

an 8 Probestellen nur lebende Tiere gefunden.<br />

Damit taucht Anodonta anat<strong>in</strong>a an 23 Probestellen von <strong>in</strong>sgesamt 82 auf.<br />

(= 28% Stetigkeit).<br />

Gesamtzahl leben<strong>der</strong> Exemplare = 227 und mehr (vier größere Bestände (>50<br />

lebende Tiere)).<br />

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7 Kapitel<br />

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Von <strong>der</strong> Malermuschel Unio pictorum wurden:<br />

an 13 Probestellen nur Schalen gefunden;<br />

an 5 Probestellen Schalen und lebende Tiere gefunden;<br />

an 3 Probestellen nur lebende Tiere gefunden.<br />

Damit taucht Unio pictorum an 21 Probestellen von <strong>in</strong>sgesamt 82 auf.<br />

(= 26% Stetigkeit).<br />

Gesamtzahl leben<strong>der</strong> Exemplare = 86 und wenig mehr (möglicherweise nur e<strong>in</strong><br />

größerer Bestand (>50 lebende Tiere).<br />

Von <strong>der</strong> Bachmuschel Unio crassus wurden:<br />

an 3 Probestellen nur Schalen gefunden;<br />

an 4 Probestellen Schalen und lebende Tiere gefunden;<br />

an 2 Probestellen nur lebende Tiere gefunden.<br />

Damit taucht Unio crassus an 9 Probestellen von <strong>in</strong>sgesamt 82 auf.<br />

(= 11% Stetigkeit).<br />

Gesamtzahl leben<strong>der</strong> Exemplare = 68 ,vielleicht an e<strong>in</strong>em Fundort wenig mehr.<br />

(E<strong>in</strong> Bestand mit 32, e<strong>in</strong> Bestand mit 31 Tieren, <strong>der</strong> Rest s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>zelfunde.)<br />

Von <strong>der</strong> Großen Strommuschel Unio tumidus wurden:<br />

an 1 Probestelle nur Schalen gefunden.<br />

Damit taucht Unio tumidus an e<strong>in</strong>er Probestelle von <strong>in</strong>sgesamt 82 auf.<br />

(= 1% Stetigkeit).<br />

Gesamtzahl leben<strong>der</strong> Exemplare = 0.<br />

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<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

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Tabelle 1: Fundorte von Schalen und lebenden <strong>Najaden</strong><br />

12<br />

Probestellen- Probestellen Schalen leb. Muscheln<br />

nummer A.a. U.p. U.c. U.t. A.a. U.p. U.c.<br />

N Probestellen an <strong>der</strong> Nuhne<br />

N 5 Fischteiche des AV Frankenberg, Schreufa 4 v<br />

O Probestellen an <strong>der</strong> Orke<br />

O 3 Inselbereich unterhalb Dalwigksthal 1 20<br />

O 4 Nebenarm <strong>der</strong> Orke unterhalb Dalwigksthal 1<br />

O 5 freie Fließstrecke bei zweiter Brücke unterhalb Dalwigksthal 1<br />

O 6 freie Fließstrecke bei Burg Reckenberg 6<br />

O 7 Staubereich Nie<strong>der</strong>orke 8 46 29 2<br />

O 9 Mühlgraben Nie<strong>der</strong>orke 158 295 115 1 133 48 31<br />

E Probestellen an <strong>der</strong> E<strong>der</strong><br />

E 5 Mühlgraben Friedenthal 13<br />

E 10 Mühlgraben Hatzfeld-Holzhausen Obermühle, Oberwasser 1 384 51 1 1<br />

E 22 Mühlgraben E<strong>der</strong>knie am Auhammer (NSG), oberer Abschnitt 1 102 38 1 1<br />

E 24 Hammergraben am Reddighäuser Hammer 10 2<br />

E 26 Mühlgraben Battenfeld 2<br />

E 28 Mühlgraben Rennertehausen 8 41 32<br />

E 29 Flutgraben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rennertehäuser Aue 1<br />

E 30 angeschlossene Altarme westlich Birkenbr<strong>in</strong>ghausen 1 10 v 2<br />

E 31 freie Fließstrecke unterhalb Kläranlage Ha<strong>in</strong>e 12 1 1 3<br />

E 33 Altarm oberhalb Sportplatz Röddenau 3 v<br />

E 34 Staubereich Wehr Schiefermühle 1<br />

E 38 neuer, kle<strong>in</strong>er Altarm unterhalb Sportplatz Frankenberg 1!<br />

E 39 freie Fließstrecke vor E38 7!<br />

E 48 freie Fließstrecke unterhalb Wehr Viermünden 1 1<br />

E 49 freie Fließstrecke Höhe Giebelsberg, Wälzebachmdg. 4<br />

E 50 freie Fließstrecke im Bereich <strong>der</strong> Lengelbachmündung 7 3<br />

E 51 freie Fließstrecke oberhalb <strong>der</strong> Orkemündung 1 1 2 1<br />

E 53 freie Fließstrecke zwischen Schmittlotheim und Buchenberg 2 2<br />

E 54 freie Fließstrecke unterhalb Brücke Schmittlotheim 3 3 1<br />

E 55 freie Fließstrecke oberhalb Brücke Kirchlotheim 1<br />

E 56 freie Fließstrecke im Bereich des Camp<strong>in</strong>gplatz 8 2<br />

E 57 freie Fließstrecke im Bereich <strong>der</strong> Ittermündung 4<br />

E 58 freie Fließstrecke unterhalb Herzhausen, Stromschnelle 2 1<br />

E 59 Flutmulden unterhalb Herzhausen 1 1 1<br />

Legende: A.a. = Anodonta anat<strong>in</strong>a (Entenmuschel), U.p. = Unio pictorum (Malermuschel), U.c. = Unio crassus (Bachmuschel),<br />

U.t. = Unio tumidus (Aufgeblasene Flußmuschel). v = verbreitet, exemplarisch Tiere entnommen und vermessen. ! = Tiere sicher bese<br />

__________________________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

7.7.5.3 <strong>Die</strong> aktuelle Verbreitung <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong><br />

Karte 2 zeigt die aktuellen Fundorte leben<strong>der</strong> Muscheln und Schalen im<br />

Untersuchungsbereich <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> zwischen E<strong>der</strong>see und Landesgrenze<br />

nach NRW.<br />

Es s<strong>in</strong>d deutlich drei Vorkommenschwerpunkte zu erkennen:<br />

1. <strong>Die</strong> Orke ab Dalwigksthal flußabwärts bis Nie<strong>der</strong>orke.<br />

2. <strong>Die</strong> E<strong>der</strong> im Bereich zwischen Allendorf und Röddenau.<br />

3. <strong>Die</strong> E<strong>der</strong> unterhalb Viermünden.<br />

Vorkommenschwerpunkt 1: Orke ab Dalwigksthal flußabwärts bis<br />

Nie<strong>der</strong>orke<br />

In den freien Fließstrecken <strong>der</strong> Orke <strong>in</strong> diesem Abschnitt tritt die Entenmuschel<br />

(Anodonta anat<strong>in</strong>a), wenn auch <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gen Dichten, jedoch <strong>in</strong> allen<br />

Größenklassen auf (vgl. Diagramme 1 und 2).<br />

Es kann hier von e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en, jedoch stabilen Population gesprochen werden.<br />

Von den beiden Unio-Arten (Unio pictorum und Unio crassus) gab es nur<br />

wenige Funde alter Individuen im Staubereich Nie<strong>der</strong>orke.<br />

<strong>Die</strong>se Probestelle im Staubereich (O 7), welcher für die Wasserzuführung des<br />

Mühlgrabens Nie<strong>der</strong>orke (Probestelle O 9) verantwortlich ist, stellt zusammen<br />

mit dem Mühlgraben das konzentrierteste Vorkommen aller drei im Gebiet<br />

gefundenen <strong>Najaden</strong>arten dar.<br />

Diagramm 3 zeigt, daß die Entenmuschel (Anodonta anat<strong>in</strong>a) im Mühlgraben<br />

<strong>in</strong> allen Größenklassen vorkommt. Gleichzeitig f<strong>in</strong>det sich hier das größte<br />

Malermuschelvorkommen (Unio pictorum) des gesamten<br />

Untersuchungsgebiets. H<strong>in</strong>zu kommt <strong>in</strong> diesem Mühlgraben e<strong>in</strong> von zwei<br />

Bachmuschelvorkommen (Unio crassus) mit <strong>in</strong>sgesamt 31 lebenden Tieren.<br />

Beide Unio-Arten stellen jedoch im Gegensatz zur Anodonta anat<strong>in</strong>a stark<br />

überalterte Bestände dar. Von Unio pictorum gelangen zwar Nachweise relativ<br />

junger Schalen (vgl. Diagramm 4), doch ist ihre Zahl sehr kle<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e, wenn<br />

auch ger<strong>in</strong>ge, Reproduktion f<strong>in</strong>det noch statt. <strong>Die</strong>s gilt nicht für die<br />

Bachmuschel (Unio crassus), von welcher ke<strong>in</strong>e Jungmuscheln o<strong>der</strong> Schalen<br />

von solchen nachgewiesen werden konnten.<br />

An dieser Probestelle gelang <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Nachweis <strong>der</strong> Dicken Flußmuschel<br />

(Unio tumidus) <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Schalenpaars. Ob die Art im<br />

Untersuchungsgebiet heimisch war, bleibt fraglich, da e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schleppung <strong>in</strong><br />

Form von Fischbesatz grundsätzlich möglich ist. Auch das von LEHMANN (<strong>in</strong><br />

FREDE 1991) zitierte Vorkommen <strong>der</strong> Art <strong>in</strong> Hatzfeld-Holzhausen konnte<br />

nicht bestätigt werden. Als potamale Gewässer bevorzugende Art ist e<strong>in</strong>e<br />

natürliche Verbreitung <strong>der</strong> Art im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> mehr als<br />

fraglich.<br />

___________________________________________________________________________<br />

13


14<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________<br />

Vorkommenschwerpunkt 2: <strong>Die</strong> E<strong>der</strong> zwischen Allendorf und Röddenau<br />

<strong>Die</strong>ser Vorkommenschwerpunkt verdeutlicht die Bedeutung von Altarmen,<br />

welche Anschluß ans Fließgewässer haben. Sowohl im Altarm oberhalb<br />

Röddenau (Probestelle E 33) als auch <strong>in</strong> den Altarmen westlich von<br />

Birkenbr<strong>in</strong>ghausen (Probestelle E 30) f<strong>in</strong>den sich reproduzierende Bestände<br />

<strong>der</strong> Entenmuschel (Anodonta anat<strong>in</strong>a), welche hier zu den für<br />

Stillgewässervorkommen typischen großen und volum<strong>in</strong>ösen Exemplaren<br />

heranwächst.<br />

Daneben existiert <strong>in</strong> den Altarmen westlich Birkenbr<strong>in</strong>ghausen e<strong>in</strong><br />

Vorkommen <strong>der</strong> Malermuschel (Unio pictorum). Möglicherweise sorgen diese<br />

beiden Altarme für die Besiedlung <strong>der</strong> umliegenden Gewässerabschnitte mit<br />

Anodonta anat<strong>in</strong>a, da <strong>in</strong> beiden Altarmen e<strong>in</strong>e extrem hohe Fischdichte,<br />

vornehmlich Jungfische, auftritt und große Mengen Fe<strong>in</strong>sedimente <strong>in</strong> Form von<br />

Schlamm vorliegen. Schalen- und Lebendfunde <strong>in</strong> dem umgebenden Bereich<br />

(Probestellen E 29 und E 31) legen dies nahe.<br />

H<strong>in</strong>zu kommt bei diesem Vorkommenschwerpunkt das zweite<br />

Bachmuschelvorkommen (Unio crassus) des Untersuchungsgebiets im<br />

Mühlgraben Rennertehausen. 32 lebende Tiere konnten hier nachgewiesen<br />

werden. Wie im Nie<strong>der</strong>orker Mühlgraben fehlen auch hier Jungmuscheln und<br />

die Population stellt sich als homogen überalterter Bestand dar (Diagramm 5).<br />

Vorkommenschwerpunkt 3: E<strong>der</strong> unterhalb Viermünden<br />

Regelmäßige Schalenfunde auch junger Tiere sowie vere<strong>in</strong>zelte Lebendfunde<br />

lassen <strong>in</strong> dem E<strong>der</strong>abschnitt von Viermünden bis zur Stauwurzel des E<strong>der</strong>sees<br />

den Schluß zu, daß Enten- und Malermuschel (Anodonta anat<strong>in</strong>a, Unio<br />

pictorum) hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er relativ kle<strong>in</strong>en und lückigen Population vorkommen<br />

(vgl. Diagramme 6 und 7). E<strong>in</strong>zelfunde <strong>der</strong> Bachmuschel (Unio crassus) s<strong>in</strong>d<br />

durch Verschleppung durch Wirtsfische zu erklären. Von dieser Art existiert <strong>in</strong><br />

diesem Bereich <strong>der</strong> E<strong>der</strong> ke<strong>in</strong> reproduzierfähiger Bestand.<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

7.7.5.4 Erloschene Bestände<br />

Bei den Kartierungen wurden mehrere große, erloschene Bestände festgestellt.<br />

<strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d <strong>Najaden</strong>bestände, welche entwe<strong>der</strong> nachweislich zur Zeit <strong>der</strong><br />

ökologischen Standortüberprüfung 1989 (JUNGBLUTH ET AL. 1989) noch<br />

als lebende Bestände angeführt waren o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Schalenfunde auf ehemals<br />

größere Populationen schließen ließen.<br />

Erloschener Bestand im Mühlgraben Friedenthal (Probestelle E 5):<br />

Ehemaliger Bestand von Unio crassus.<br />

Erloschener Bestand im Mühlgraben Hatzfeld-Holzhausen Obermühle<br />

(Oberwasser): Hier waren die ehemals größten Bestände von Unio pictorum<br />

und Unio crassus zu f<strong>in</strong>den (vgl. Diagramm 1). <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zige lebende Muschel <strong>in</strong><br />

diesem Graben war e<strong>in</strong>e bereits sehr stark korrodierte Unio crassus (siehe Bild<br />

5), welche zur besseren Reproduktionsmöglichkeit <strong>in</strong> den Mühlgraben<br />

Rennertehausen überführt wurde. Laut e<strong>in</strong>es Gebietskenners (IRLE mdl. Mitt.)<br />

lag dieser Graben 1994 über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum trocken. <strong>Die</strong>s könnte zum<br />

Erlöschen <strong>der</strong> Populationen geführt haben, wenn auch dieser Bestand schon<br />

längere Zeit vor Absterben nicht mehr reproduzierte. Schalen jüngerer<br />

Muscheln fehlen völlig.<br />

Erloschener Bestand im Mühlgraben am E<strong>der</strong>knie am Auhammer (NSG),<br />

oberer Abschnitt: Hier fanden sich <strong>in</strong> von Faulschlamm überlagerten<br />

Sandbänken große Zahlen von Unio pictorum - und Unio crassus - Schalen .<br />

Auch dieser Bestand war überaltert und es fanden sich ke<strong>in</strong>e Schalen von<br />

Jungtieren (vgl. Diagramm 2).<br />

__________________________________________________________________________<br />

15


16<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

30<br />

35<br />

Diagramm 1<br />

Mühlgraben Hatzfeld-Holzhausen Obermühle Schalen<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 1)<br />

U. crassus (n = 49)<br />

U. pictorum (n = 378)<br />

40<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

Erloschener Bestand im Mühlgraben Hatzfeld-Holzhausen Obermühle<br />

(Oberwasser): Hier waren die ehemals größten Bestände von Unio pictorum<br />

und Unio crassus zu f<strong>in</strong>den. <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zige lebende Muschel <strong>in</strong> diesem Graben<br />

war e<strong>in</strong>e bereits sehr stark korrodierte Unio crassus (siehe Bild 5), welche zur<br />

besseren Reproduktionsmöglichkeit <strong>in</strong> den Mühlgraben Rennertehausen<br />

überführt wurde. Laut e<strong>in</strong>es Gebietskenners (IRLE mdl. Mitt.) lag dieser<br />

Graben 1994 über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum trocken. <strong>Die</strong>s könnte zum<br />

Erlöschen <strong>der</strong> Populationen geführt haben, wenn auch dieser Bestand schon<br />

längere Zeit vor se<strong>in</strong>em Absterben nicht mehr reproduzierte. Schalen jüngerer<br />

Muscheln fehlen völlig. <strong>Die</strong> abgestorbenen Muscheln waren alles große, alte<br />

Tiere <strong>in</strong> hohem Alter.<br />

___________________________________________________________________________<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

110


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

30<br />

35<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 1)<br />

U. crassus (n = 37)<br />

U. pictorum (n = 102)<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Diagramm 2<br />

Mühlgraben Auhammer - Schalen<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

Diagramm 2 zeigt den erloschener Bestand im Mühlgraben am E<strong>der</strong>knie<br />

am Auhammer (NSG), oberer Abschnitt: <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zige lebende, bereits stark<br />

korrodierte Unio crassus wurde ebenfalls zur Bewahrung <strong>der</strong><br />

Reproduktionsmöglichkeit zum Bestand im Rennertehäuser Mühlgraben<br />

überführt. Wie die e<strong>in</strong>zelne, ca. 2-3 jährige, lebende Malermuschel (Unio<br />

pictorum) <strong>in</strong> den Graben am Auhammer kam, kann nur spekuliert werden.<br />

Entwe<strong>der</strong> existierten trotz <strong>in</strong>tensiver Suche im Grabenbereich noch wenige<br />

adulte Malermuscheln, welche noch reproduzieren konnten, o<strong>der</strong> das Tier ist<br />

über e<strong>in</strong>en Fisch als Glochidium e<strong>in</strong>getragen worden.<br />

Erloschener Bestand im Hammergraben Reddighausen: Ehemaliger<br />

Bestand von Unio crassus und Unio pictorum.<br />

Alle weiteren Nachweise im Untersuchungsgebiet s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>zelnachweise von<br />

lebenden Tieren o<strong>der</strong> Schalen und lassen nicht den Schluß auf reproduzierende<br />

o<strong>der</strong> ehemalige Bestände zu.<br />

___________________________________________________________________________<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

110<br />

17


18<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________<br />

7.7.6 Der Populationsaufbau <strong>der</strong> Arten<br />

Anzahl<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

35<br />

Entenmuschel Anodonta anat<strong>in</strong>a<br />

<strong>Die</strong> Populationen von Anodonta anat<strong>in</strong>a stellen sich h<strong>in</strong>sichtlich ihres<br />

Populationsaufbaus wie folgt dar:<br />

<strong>Die</strong> Population <strong>in</strong> den freien Fließstrecken <strong>der</strong> Orke unterhalb Dalwigksthal ist<br />

relativ kle<strong>in</strong> (67 gefundene lebende Tiere), zeigt jedoch von 2-jährigen<br />

Jungtieren (30-40 mm) bis adulten Exemplaren mit e<strong>in</strong>em Alter von acht<br />

Jahren und mehr (75-80 mm) alle Altersstufen (Diagramm 3). Ebenso verhält<br />

es sich mit <strong>der</strong> Population dieser Art im Nie<strong>der</strong>orker Mühlgraben (Diagramm<br />

5). <strong>Die</strong> Schalenfunde belegen diese E<strong>in</strong>schätzungen (Diagramme 4 und 6).<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 67)<br />

U. crassus (n = 2)<br />

U. pictorum (n = 21)<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Diagramm 3<br />

Orke, freie Fließstrecke - Lebende Tiere<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

___________________________________________________________________________<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

110


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

30<br />

<strong>Die</strong> drei Stillwasserpopulationen <strong>in</strong> den Altarmen bei Birkenbr<strong>in</strong>ghausen<br />

(Probestelle E 30) und Röddenau (Probestelle E 33) sowie im Fischteich bei<br />

Schreufa (Probestelle N 5) wurden nur exemplarisch durch wenige Tiere erfaßt<br />

(vgl. Tabelle 1). In den Altarmen von Birkenbr<strong>in</strong>ghausen gelang <strong>der</strong> Nachweis<br />

e<strong>in</strong>er Reproduktion über e<strong>in</strong>e Schale e<strong>in</strong>es ca. 3-jährigen Jungtiers. Bei diesen<br />

drei Populationen lassen die Großwüchsigkeit, die für Stillwasserpopulationen<br />

typisch ist, die ger<strong>in</strong>ge Korrodierung <strong>der</strong> Schale im Vergleich zu den<br />

Fließwasserpopulationen (vgl. Bil<strong>der</strong> 1 und 3) sowie die günstigen<br />

Habitatbed<strong>in</strong>gungen (Weichböden) mit immensen Jungfischdichten den Schluß<br />

auf stabile Populationen zu.<br />

35<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 6)<br />

U. pictorum (n = 8)<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Diagramm 4<br />

Orke, freie Fließstrecke - Schalen<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

___________________________________________________________________________<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

110<br />

19


20<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

30<br />

35<br />

40<br />

Diagramm 5<br />

Mühlgraben Nie<strong>der</strong>orke - Lebende Tiere<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 95)<br />

U. crassus (n = 26)<br />

U. pictorum (n = 34)<br />

Unklar ist <strong>der</strong> Populationsaufbau <strong>der</strong> Entenmuschel im Bereich <strong>der</strong> E<strong>der</strong><br />

unterhalb Viermündens. <strong>Die</strong> Funde an Schalen und lebenden Muscheln s<strong>in</strong>d zu<br />

ger<strong>in</strong>g, um klare Aussagen treffen zu können, doch sprechen E<strong>in</strong>zelschalen<br />

aller Größenklassen für e<strong>in</strong>e, wenn auch kle<strong>in</strong>e, sich reproduzierende<br />

Population (Diagramm 7).<br />

___________________________________________________________________________<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

110


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

25<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 157)<br />

U. crassus (n = 113)<br />

U. pictorum (n = 286)<br />

U. tumidus (n = 1)<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Diagramm 6<br />

Mühlgraben Nie<strong>der</strong>orke - Schalen<br />

50<br />

55<br />

60<br />

Malermuschel Unio pictorum<br />

65<br />

70<br />

75<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

Deutlich kritischer als bei <strong>der</strong> Entenmuschel stellt sich die Situation bei <strong>der</strong><br />

Malermuschel (Unio pictorum) dar. Der Mühlgraben Nie<strong>der</strong>orke sowie <strong>der</strong><br />

vorgelagerte Staubereich (Probestellen O 7 und O 9) bilden die größte<br />

Population <strong>der</strong> Art im Untersuchungsgebiet. Auf Grund starker Korrodierung<br />

im Wirbelbereich und ger<strong>in</strong>gem Zuwachs im Alter waren bei dieser wie bei <strong>der</strong><br />

folgenden Art (Unio crassus) relativ exakte Altersangaben nur über die Acetat-<br />

Folien-Methode möglich. Hierbei ergab sich für Unio pictorum im Nie<strong>der</strong>orker<br />

Mühlgraben, daß das Gros <strong>der</strong> lebenden Tiere und auch <strong>der</strong> Schalen e<strong>in</strong> Alter<br />

von mehr als 12 Jahren bei Längen von m<strong>in</strong>destens 68 mm aufwies. Viele<br />

Tiere und Schalen s<strong>in</strong>d deutlich älter (vgl. Diagramme 5 und 6). E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er<br />

Teil an Jungtierschalen läßt den Schluß auf zum<strong>in</strong>dest ger<strong>in</strong>ge<br />

___________________________________________________________________________<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

21


22<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

30<br />

Reproduktion zu.Ob die Population <strong>in</strong> den Altarmen bei Birkenbr<strong>in</strong>ghausen<br />

stabil ist, läßt sich nur auf Grund des Fundes von zwei Tieren nicht mit<br />

Sicherheit sagen, doch verhält es sich mit diesen Unio pictorum ähnlich wie<br />

mit den ebenfalls hier nachgewiesenen Anodonten: <strong>Die</strong> Tiere s<strong>in</strong>d deutlich<br />

weniger korrodiert als die Muscheln aus den Fließgewässern (vgl. ebenfalls<br />

Bil<strong>der</strong> 1 und 3) und f<strong>in</strong>den ebenfalls gute Habitat- und Wirtsfischbed<strong>in</strong>gungen<br />

vor. <strong>Die</strong> über viele Probestellen konstant auftauchenden Schalen von Unio<br />

pictorum unterhalb Viermündens zeigen e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e, jedoch reproduzierende<br />

Population an. E<strong>in</strong>zelne Jungtiere <strong>in</strong> diesem Bereich unterstützen diese<br />

E<strong>in</strong>schätzung (Diagramme 7 und 8).<br />

35<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 5)<br />

U. crassus (n = 1)<br />

U. pictorum (n = 6)<br />

40<br />

45<br />

Diagramm 7<br />

E<strong>der</strong>, freie Fließstrecke - Lebende Tiere<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

__________________________________________________________________________<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

110


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

A. anat<strong>in</strong>a (n = 4)<br />

U. crassus (n = 1)<br />

U. pictorum (n = 32)<br />

Diagramm 8<br />

E<strong>der</strong>, freie Fließstrecke - Schalen<br />

20 30 40 50 60 70 80 90 100 110<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

Bachmuschel Unio crassus<br />

<strong>Die</strong> beiden e<strong>in</strong>zigen, noch bestehenden Populationen dieser bundesweit,<br />

hessenweit und auch im Landkreis vom Aussterben bedrohten Art<br />

(JUNGBLUTH & KNORRE 1995, JUNGBLUTH 1996, FREDE<br />

1991)bef<strong>in</strong>den sich im Rennertehäuser Mühlgraben (Probestelle E 28) und im<br />

Nie<strong>der</strong>orker Mühlgraben (Probestelle O 9). Beide Bestände s<strong>in</strong>d stark<br />

überaltert. So bewegen sich die 32 Tiere im Rennertehäuser Mühlgraben<br />

(Diagramm 9) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Größenklasse zwischen 60 und 80 mm. Im Querschnitt<br />

(Acetat-Folien-Methode) ergaben sich für Schalen dieser Größenklasse e<strong>in</strong><br />

Alter von m<strong>in</strong>destens 21-23 Jahren.Bei e<strong>in</strong>em geschätzten Unsicherheitsfaktor<br />

von ca. 5 Jahren heißt das, daß die Bachmuschel <strong>in</strong> Rennertehausen seit<br />

m<strong>in</strong>destens 15-18 Jahren nicht mehr reproduziert.<br />

___________________________________________________________________________<br />

23


24<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________<br />

Anzahl<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

35<br />

U. crassus (n = 32)<br />

40<br />

45<br />

Diagramm 9<br />

Mühlgraben Rennertehausen - Lebende Muscheln<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Größenklassen <strong>in</strong> mm<br />

E<strong>in</strong>e ähnliche Situation stellt sich <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>orke dar. Hier lagen fast alle<br />

vermessenen lebenden Tiere sogar noch etwas über <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong><br />

Bachmuscheln <strong>in</strong> Rennertehausen (vgl. Diagramm 5). Auch die Schalen <strong>der</strong><br />

Bachmuscheln <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>orke wiesen zum Teil enorme Größen auf.<br />

Exemplarische Untersuchungen ergaben im unteren Größenbereich (ca. 65<br />

mm) e<strong>in</strong> Alter von m<strong>in</strong>destens 23 Jahren, im oberen Größenbereich (ca. 90<br />

mm) e<strong>in</strong> Alter von m<strong>in</strong>destens 37 Jahren. Da e<strong>in</strong>zelne Individuen noch deutlich<br />

größer (vgl. Diagramm 6) waren, s<strong>in</strong>d diese Tiere auch noch älter geworden.<br />

Auch hier fehlen Tiere, welche jünger als 20 Jahre s<strong>in</strong>d.<br />

__________________________________________________________________________<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

105<br />

110


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

7.7.7 Momentane Gefährdungssituation <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong><br />

<strong>Die</strong> Gefährdungskategorien für die <strong>Najaden</strong> im E<strong>in</strong>zugsbereich <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> stellten sich bisher wie folgt dar:<br />

Gefährdungsgrad<br />

Art Deutschland <strong>Hessen</strong> LK W-FKB<br />

Anodonta anat<strong>in</strong>a (Entenmuschel) V V n.a.<br />

Anodonta cygnaea (Schwanenmuschel) 2 2 n<br />

Unio pictorum (Malermuschel) 3 3 2<br />

Unio tumidus (Dicke Flußmuschel) 2 2 1<br />

Unio crassus (Bachmuschel) 1 1 1<br />

Legende: V=Vorwarnliste, 1=Vom Aussterben bedroht, 2=Stark gefährdet,<br />

3=Gefährdet, n=Nicht gefährdet, n.a.=Nicht aufgeführt<br />

Gefährdungsgrade nach JUNGBLUTH & KNORRE 1994 (für Deutschland), nach<br />

JUNGBLUTH 1996 (für <strong>Hessen</strong>) und nach LEHMANN <strong>in</strong> (FREDE 1991) (für<br />

Waldeck-Frankenberg = W-FKB).<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, daß die relativ häufige Entenmuschel (Anodonta anat<strong>in</strong>a) nicht<br />

<strong>in</strong> den Angaben von LEHMANN (<strong>in</strong> FREDE 1991) auftaucht, legt den Schluß<br />

nahe, daß hier e<strong>in</strong>e Verwechslung zugunsten <strong>der</strong> Schwanenmuschel (Anodonta<br />

cygnaea) vorliegt. <strong>Die</strong> untypischen Stillwasserformen <strong>der</strong> Entenmuschel<br />

(Anodonta anat<strong>in</strong>a) ähneln <strong>in</strong> Habitus und Größe <strong>der</strong> Schwanenmuschel sehr<br />

und kommen im Untersuchungsgebiet mehrfach vor.<br />

_________________________________________________________________________<br />

25


26<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

________________________________________________________________<br />

Nach den hier vorliegenden Untersuchungen s<strong>in</strong>d die Gefährdungskategorien<br />

für die Obere E<strong>der</strong> wie folgt zu veranschlagen:<br />

Art<br />

Gefährdungsgrad<br />

Obere E<strong>der</strong><br />

Anodonta anat<strong>in</strong>a (Entemuschel) 3<br />

Anodonta cygnaea (Schwanenmuschel) 0<br />

Unio pictorum (Malermuschel) 1<br />

Unio tumidus (Dicke Flußmuschel) 0<br />

Unio crassus (Bachmuschel) 1<br />

Legende: 0= Ausgestorben o<strong>der</strong> verschollen, 1=Vom Austerben bedroht,<br />

3=Gefährdet<br />

Während die Dicke Flußmuschel (Unio tumidus) wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

natürlicherweise nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> vorkam, könnte die nicht<br />

nachgewiesene Schwanenmuschel (Anodonta cygnaea) <strong>in</strong> Altarmen und<br />

Teichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>der</strong>aue ausreichende Lebensbed<strong>in</strong>gungen f<strong>in</strong>den. Für die<br />

beiden Unio-Arten s<strong>in</strong>d dr<strong>in</strong>gendst Artenschutzmaßnahmen durchzuführen<br />

(vgl. nächstes Kapitel). <strong>Die</strong> Situation ist für die Bachmuschel (Unio crassus)<br />

wegen <strong>der</strong> fehlenden Jungtiere noch kritischer als für die noch im ger<strong>in</strong>gen<br />

Maße reproduzierende Malermuschel (Unio pictorum). Sollte es nicht gel<strong>in</strong>gen,<br />

kurzfristig geeignete Maßnahmen zur Rettung <strong>der</strong> Art an <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong><br />

durchzuführen, wird die Bachmuschel <strong>in</strong>nerhalb weniger Jahre <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> aussterben.<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

7.7.8 Rettungs- und Schutzmaßnahmen<br />

Bei <strong>der</strong> aktuellen kritischen Situation <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong><br />

<strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> s<strong>in</strong>d Artenschutzmaßnahmen nötig, um dieser<br />

Tiergruppe - und beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Bachmuschel - e<strong>in</strong> Überleben <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> zu sichern. Folgende Faktoren s<strong>in</strong>d für die vorkommenden <strong>Najaden</strong>arten<br />

wichtig:<br />

1. <strong>Die</strong> Ausbildung e<strong>in</strong>es heterogen strukturierten Fluß- o<strong>der</strong> Bachbettes mit<br />

unterschiedlichen Substratgrößen, welche sich <strong>in</strong> natürlichen und naturnahen<br />

Fließgewässern durch die Eigendynamik herausbilden.<br />

2. E<strong>in</strong> dem Fließgewässer entsprechen<strong>der</strong>, autochthoner, arten- und<br />

<strong>in</strong>dividuenreicher Fischbestand aller Altersklassen.<br />

3. E<strong>in</strong> möglichst ger<strong>in</strong>ger Nährstoffe<strong>in</strong>trag. Es ist bekannt, daß die<br />

Nitratbelastung e<strong>in</strong>es Gewässers ausschlaggebend für das Vorkommen<br />

und den Reproduktionserfolg von Unio crassus se<strong>in</strong> kann (HOCHWALD &<br />

BAUER 1990). <strong>Die</strong> im Untersuchungsgebiet im Bereich <strong>der</strong><br />

Bachmuschelbeständen gemessenen Werte (1-2,5 mg/l Nitrat - GWG 1996)<br />

liegen jedoch deutlich unter den als kritisch betrachteten Werten von ca. 8<br />

mg/l.Da aber e<strong>in</strong> erhöhter Nährstoffe<strong>in</strong>trag auch das Algenwachstum im<br />

Gewässer för<strong>der</strong>t und somit die Primärproduktion, hat dieser Faktor zur Folge,<br />

daß sich durch abs<strong>in</strong>kendes organisches Fe<strong>in</strong>material das Interstitial zusetzt,<br />

welches zum Absterben <strong>der</strong> Jungmuscheln führt. <strong>Die</strong> fehlenden Jungmuscheln<br />

<strong>der</strong> Unio-Arten deuten darauf h<strong>in</strong>, daß fast vollständige Verluste <strong>in</strong> den ersten<br />

Jugendstadien auftreten. Da die <strong>Najaden</strong> <strong>in</strong> den ersten Jahres ihres Lebens<br />

verborgen im Lückensystems des Untergrundes leben, ist e<strong>in</strong>e Blockierung<br />

dieses Lebensraums h<strong>in</strong>sichtlich Sauerstoffversorgung und freiem<br />

Nahrungstransport für die Jungmuscheln tödlich.<br />

___________________________________________________________________________<br />

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28<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

________________________________________________________________<br />

4. E<strong>in</strong>e permanente Wasserführung aller Gewässerabschnitte mit<br />

<strong>Najaden</strong>vorkommen.<br />

5. Stillwasserbereiche mit Anschluß an das Fließgewässer. Während die<br />

Bachmuschel durch ihre dicke Schale beson<strong>der</strong>s an den kiesigen, bei<br />

Hochwasser stark bewegten Untergrund angepaßt ist, bevorzugen die an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Najaden</strong>arten strömungsberuhigte Gewässerabschnitte, wo weicheres Substrat<br />

vorherrscht. <strong>Die</strong>se Bereiche s<strong>in</strong>d im Mittelgebirgsraum natürlicherweise<br />

Altarmstrukturen, Seitentaschen und Seitenarme <strong>der</strong> Bäche und Flüße. Da<br />

solche Habitate auch immer Sammellebensräume von Jungfischen s<strong>in</strong>d, ist hier<br />

e<strong>in</strong>e erfolgreiche Reproduktion <strong>der</strong> Muscheln wahrsche<strong>in</strong>licher als <strong>in</strong><br />

strömenden Abschnitten.<br />

Aus diesen fünf Punkten geht klar hervor, daß najadenför<strong>der</strong>nde Maßnahmen<br />

überwiegend renaturierende Maßnahmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aue <strong>der</strong> E<strong>der</strong> und se<strong>in</strong>er<br />

Nebenbäche bedeuten.<br />

<strong>Die</strong> <strong>der</strong>zeitige Situation an <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> stellt sich , bezogen auf die oben<br />

angeführten fünf Punkte wie folgt dar:<br />

1. zu naturnaher Gewässerbettstruktur: Wenn auch die Obere E<strong>der</strong> zusammen<br />

mit ihren beiden größten Nebenbächen Orke und Nuhne das naturnahste<br />

Gewässersystem <strong>Hessen</strong>s ist, s<strong>in</strong>d doch starke Defizite <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gewässerstruktur<br />

auszumachen (vgl. GWG 1996). <strong>Die</strong> Möglichkeit zur Substratsortierung im<br />

Gewässerbett mittels Eigendynamik ist fast überall durch Längsverbau<br />

unterbunden. Daher fehlen überwiegend Fe<strong>in</strong>sedimentbänke und<br />

Auskolkungen s<strong>in</strong>d relativ selten, wenn man die Gewässer des<br />

Untersuchungsgebiets mit naturnahen Fließgewässern vergleicht.<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

2. zum Fischbestand: Bis auf die Langstreckenwan<strong>der</strong>arten, welche nicht<br />

zuletzt durch die E<strong>der</strong>see-Staumauer von <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> ferngehalten<br />

werden, f<strong>in</strong>den sich im Untersuchungsgebiet alle hier natürlicherweise<br />

vorkommenden Fischarten <strong>in</strong> z.T. noch hohen Dichten. Darunter alle Arten,<br />

welche natürlicherweise <strong>in</strong> Bachmuschelgewässern vorkommen und die für<br />

Unio crassus auch als Wirtsfische geeignet s<strong>in</strong>d (beson<strong>der</strong>s: Elritze,<br />

Bachforelle, Döbel). Bei entsprechend naturnäheren Ausbildung <strong>der</strong> Gewässer<br />

wären die Populationen <strong>der</strong> Fischarten jedoch deutlich größer, da diese Arten<br />

alle ebenso wie die Bachmuschel unter <strong>der</strong> fehlenden Strukturvielfalt leiden<br />

(Laich- und Aufwuchshabitate, W<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>stände etc.).<br />

3. zur Gewässerbelastung: Aus dieser Sicht stellt sich die augenblickliche<br />

Situation im Bereich <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> als mäßig dar. Zwar s<strong>in</strong>d die Werte z.B.<br />

<strong>der</strong> Nährstoffe nicht hoch, doch hat die momentane Belastung auf Grund <strong>der</strong><br />

ger<strong>in</strong>gen Strukturvielfalt im Gewässerbett den negativen Effekt <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Interstitialabdichtung. Sie wirkt daher <strong>in</strong>direkt auf die Jungmuscheln,<br />

welche auf e<strong>in</strong> freies Interstitial angewiesen s<strong>in</strong>d.<br />

4. zur Wasserführung: Da die Wasserführung nur im Bereich <strong>der</strong> Mühl- und<br />

Betriebsgräben völlig unterbunden werden kann, ist hier auf e<strong>in</strong>e ständige<br />

Flutung zu achten, zumal gerade <strong>in</strong> zwei Mühlgräben die letzten Bestände <strong>der</strong><br />

Bachmuschel vorkommen.<br />

5. zur Situation von Altarmstrukturen: Hier bestehen ebenso wie im Bereich<br />

<strong>der</strong> Gewässerbettstruktur noch starke Defizite im Bereich <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong>.<br />

Zwei Vorkommen von reproduzierenden <strong>Najaden</strong>beständen verdeutlichen die<br />

Bedeutung solcher Strukturen für Muschelarten. Erste Maßnahmen von Seiten<br />

<strong>der</strong> Fischerei s<strong>in</strong>d hier richtungsweisend. So wurde z.B. im Stadtgebiet<br />

Frankenberg e<strong>in</strong> Altarm neu geschaffen (vgl. GWG 1996), im Bereich<br />

Birkenbr<strong>in</strong>ghausen wurden vom Fluß abgetrennte Altarme wie<strong>der</strong><br />

angeschlossen<br />

___________________________________________________________________________<br />

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30<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

________________________________________________________________<br />

(vgl. Bild 4) und oberhalb Frankenbergs wurde ebenfalls e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />

zwischen E<strong>der</strong> und alten Flußstrukturen wie<strong>der</strong> hergestellt. An<strong>der</strong>e Projekte im<br />

Bereich <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> zielen <strong>in</strong> die gleiche Richtung <strong>der</strong><br />

Auengewässerentwicklung (DÜMPELMANN & DEICHMANN 1998).<br />

7.7.8.1 Rettungsmaßnahmen<br />

Sofortige Rettungsmaßnahmen s<strong>in</strong>d augenblicklich nur für die unmittelbar<br />

vorm Aussterben stehende Bachmuschel (Unio crassus) nötig.<br />

Da die bestehenden beiden Populationen möglicherweise bereits zahlenmäßig<br />

zu schwach für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Reproduktion s<strong>in</strong>d (HOCHWALD & BAUER<br />

1990), wird als Maßnahme die aktive Infizierung von geeigneten Wirtsfischen<br />

aus dem Gewässer des Muschelbestandes empfohlen.<br />

Parallel dazu sollte e<strong>in</strong> partielles Austauschen des Gewässersediments <strong>in</strong> den<br />

beiden Mühlgräben (Rennertehausen und Nie<strong>der</strong>orke) durchgeführt werden,<br />

um möglichen Jungmuscheln geeignetes Bodensubstrat zu gewährleisten.<br />

<strong>Die</strong>se Maßnahmen sollten wissenschaftlich begleitet werden. Im Rahmen <strong>der</strong><br />

aktiven Infizierungen von Wirtsfischen sollte versucht werden, neben den<br />

sicheren Wirtsfischen wie Elritze und Döbel, zu testen, ob ggf. weitere<br />

lebensraumtypische Arten des Untersuchungsgebiets ebenfalls als Wirt für die<br />

Bachmuschelglochidien <strong>in</strong> Frage kommen. Hier ist vor allem an den Hasel<br />

(Leuciscus leuciscus) und die Äsche (Thymallus thymallus) zu denken, da<br />

beide Arten Charakterarten <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> und ihrer Nebenbäche darstellen.<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

<strong>Die</strong>se Rettungsmaßnahmen sollen dazu dienen, bei <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>ge<br />

Reproduktionsrate <strong>der</strong> beiden kle<strong>in</strong>en Restbestände von Unio crassus e<strong>in</strong>e<br />

möglichst hohe Infektionsrate bei den Glochidien zu erreichen, um bei diesem<br />

Entwicklungsstadium die natürlichen Verluste durch fehlende Wirtsfische<br />

ger<strong>in</strong>g zu halten. Derartige Rettungsmaßnahmen wurden auf e<strong>in</strong>em Treffen von<br />

Experten am 16.10.1997 <strong>in</strong> Wiesbaden, welches auf E<strong>in</strong>ladung des HMfLFN<br />

stattfand, als e<strong>in</strong>zige Sofortmaßnahmen bei <strong>der</strong>art ger<strong>in</strong>gen Beständen<br />

betrachtet und z.T. schon angewandt (LECHNER 1997, HOCHWALD 1997).<br />

7.7.8.2 Schutzmaßnahmen/Vorschläge<br />

1. Anlage von Gewässerrandstreifen.<br />

<strong>Die</strong>se Maßnahme soll zur Folge haben, daß die Nutzung aus <strong>der</strong> unmittelbaren<br />

Nähe des Gewässers verschoben wird. Damit wird dem Gewässer im Uferbereich<br />

wie<strong>der</strong> Möglichkeit zur Eigendynamik gegeben, was zu<br />

Sedimentsortierungen führt. Gleichzeitig führt <strong>der</strong> ufernahe Bewuchs mit<br />

standorttypischen Baumarten (Erle, Weide) zur Strukturvielfalt durch E<strong>in</strong>-<br />

wachsen <strong>in</strong>s Gewässer, Totholzanfall und Beschattung (Unterdrückung<br />

von Wasserpflanzen). E<strong>in</strong> solcher Uferrandstreifen nimmt darüberh<strong>in</strong>aus<br />

bereits e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> aus dem Umland <strong>in</strong>s Gewässer gelangenden Nährstoffe<br />

auf und wirkt so als Filter. Innerhalb dieses Gewässer- o<strong>der</strong> Uferrandstreifens<br />

sollte e<strong>in</strong>e ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Gewässerdynamik zugelassen werden. <strong>Die</strong> Breite<br />

dieser Streifen sollte m<strong>in</strong>destens 10 Meter beidseitig des Gewässers betragen,<br />

besser mehr.<br />

___________________________________________________________________________<br />

31


32<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

________________________________________________________________<br />

Im Bereich <strong>der</strong> beiden Bachmuschelvorkommen am Nie<strong>der</strong>orker und Rennertehäuser<br />

Mühlgraben sollte diese Schutzmaßnahme unverzüglich umgesetzt<br />

werden.<br />

Hier ist e<strong>in</strong>e rechtliche Sicherung <strong>der</strong> Lebensräume zu überdenken, da<br />

grundsätzlich gesagt werden kann, daß <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> letzten Populationen<br />

dieser Art (Unio crassus) e<strong>in</strong>en so hohen Stellenwert genießt, daß es nicht zu<br />

Bee<strong>in</strong>trächtigungen <strong>der</strong> bekannten Bestände kommen darf (SCHMIDT 1990).<br />

2. Anlage neuer Altarme und Wie<strong>der</strong>anschluß bestehen<strong>der</strong> Strukturen.<br />

Um die ungünstige Situation dieser Auenelemente auszugleichen, sollten<br />

Neuanlagen von angeschlossenen Altarmen, wie sie bereits vere<strong>in</strong>zelt<br />

durchgeführt wurden, verstärkt ausgeführt werden. Ebenso führt <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>anschluß von abgeschnittenen Gewässern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aue zur<br />

Lebensraumerweiterung nicht nur von Muscheln.<br />

3. Extensivierung <strong>der</strong> Nutzung <strong>in</strong> den Auen im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> zur Reduzierung <strong>der</strong> Nährstoffe<strong>in</strong>träge. Umstellung <strong>der</strong> Acker- <strong>in</strong><br />

Grünlandflächen.<br />

4. Sicherung <strong>der</strong> permanenten Wasserführung <strong>in</strong> den Mühlgräben mit<br />

<strong>Najaden</strong>vorkommen.<br />

5. Starke Bejagung des Bisams an Gewässerabschnitten mit<br />

<strong>Najaden</strong>vorkommen. <strong>Die</strong>s geschieht bereits am Bachmuschelvorkommen im<br />

Rennertehäuser Mühlgraben. Da <strong>der</strong> Bisam im W<strong>in</strong>ter u.U. auf Muscheln als<br />

Nahrung zurückgreift und dies bei an<strong>der</strong>en Beständen schon zu erheblichen<br />

Bestandse<strong>in</strong>brüchen geführt hat (BAUER pers. Mitt.), sollte die Gefährdung<br />

<strong>der</strong> vorhandenen Restbestände durch den Bisam möglichst kle<strong>in</strong> gehalten<br />

werden.<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

Alle hier vorgeschlagenen Maßnahmen för<strong>der</strong>n nicht nur die <strong>Najaden</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

wirken ebenfalls positiv auf die gesamte Auenzönose. Auch <strong>der</strong><br />

natürliche Fischbestand würde bei erhöhter Strukturvielfalt geför<strong>der</strong>t, was<br />

wie<strong>der</strong>um dazu führt, daß mehr Wirtsfische zur Glochidien<strong>in</strong>fektion zur<br />

Verfügung stehen. Maßnahmen zur För<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es freien Interstitials wie das<br />

Zulassen e<strong>in</strong>er höheren Gewässerdynamik und Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des<br />

Nährstoffe<strong>in</strong>trags durch Extensivierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aue sowie die Anlage<br />

von Gewässerrandstreifen nützen nicht nur den Jungmuscheln, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d<br />

auch Grundlage für die bessseren Entwicklungsmöglichkeiten vieler<br />

Kieslaicher unter den Fischen (Hasel, Elritze, Schnei<strong>der</strong>, Äsche etc.).<br />

Daher s<strong>in</strong>d alle Maßnahmen zur Rettung und zum Schutz <strong>der</strong> <strong>Najaden</strong> auch<br />

Maßnahmen zur Entwicklung h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er naturnahen Aue mit Vorteilen für<br />

alle auentypischen Tier- und Pflanzenlebensgeme<strong>in</strong>schaften.<br />

___________________________________________________________________________<br />

33


34<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

________________________________________________________________<br />

Danksagung<br />

Der Autor möchte sich bei allen Personen bedanken, welche an vorliegendem<br />

Werk unterstützend mitgewirkt haben: Bei Dipl.-Biol. Cor<strong>in</strong>na Sommer, Dipl.-<br />

Biol. Heike Stahlhut, Dipl.-Ing. Henry Wengler und Solveig Lubeley für die<br />

Hilfe bei den umfangreichen Kartierungsarbeiten im Gelände. Bei Dipl.-Biol.<br />

Caren Tautz-Kopania für die Durchführung <strong>der</strong> Altersbestimmungen mittels<br />

Acetat-Folien Methode. Bei Dipl.-Biol. Stefanie Lechner für wichtigen<br />

Gedankenaustausch. Bei Dr. Lothar A. Beck für ständige wissenschaftliche<br />

Diskussionsbereitschaft und Dr. Karl-Otto Nagel für die Nachbestimmung <strong>der</strong><br />

kritischen Anodonta-Exemplare und <strong>der</strong> Bestätigung <strong>der</strong> Unio tumidus.<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

7.7.9.Literatur<br />

DÜMPELMANN C. & U. DEICHMANN(1998): Flächendeckende<br />

E<strong>der</strong>auenrenaturierung im Bereich Allendorf/E<strong>der</strong> und Rennertehausen<br />

(Planungsphase). Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

Allendorf/E<strong>der</strong>.<br />

FRANKE, G. (1993): Zur Populationsökologie und Geschlechtsbiologie <strong>der</strong><br />

Teichmuscheln A. anat<strong>in</strong>a L. und A. cygnaea L. (<strong>Bivalvia</strong>: <strong>Unionidae</strong>).<br />

Diplomarbeit Universität Bayreuth.<br />

GLÖER, P. & MEIER-BROOK, C. (1994): Süßwassermolusken. E<strong>in</strong><br />

Bestimmungsschlüssel für die Bundesrepublik Deutschland. - DJN (Hrsg.),<br />

Hamburg.<br />

GWG - „Gewässergruppe Obere E<strong>der</strong>“ (1996). <strong>Die</strong> Obere E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>. E<strong>in</strong>e<br />

Untersuchung und ökomorphologische Maßnahmenplanung für das<br />

Gewässersystem und die Auen. Veranlaßt und durchgeführt durch den<br />

Fischereiverband Kurhessen e.V. „Gewässergruppe Obere E<strong>der</strong>“.<br />

HAAS, F. (1911): <strong>Die</strong> geographische Verbreitung <strong>der</strong> westdeutschen <strong>Najaden</strong>.<br />

Verh. des naturhistorischen Vere<strong>in</strong>s Rhe<strong>in</strong>land-Westfalen, 68. Jg., 1911: 505-<br />

528.<br />

HAUKIOJA, E. und T. HAKALA (1978): Measur<strong>in</strong>g growth from shell r<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> populations of Anodonta pisc<strong>in</strong>alis (Pelecypoda, <strong>Unionidae</strong>). Ann. Zool.<br />

Fennici 15: 60-65.<br />

HOCHWALD, S. (1997): Vortrag zur Fortpflanzungsbiologie <strong>der</strong><br />

Bachmuschel (Unio crassus) anläßlich e<strong>in</strong>er Besprechung zur „Aktuellen<br />

Situation <strong>der</strong> Flußmuscheln <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>“ sowie zu „Maßnahmen zur<br />

Bestandserhatung und<br />

___________________________________________________________________________<br />

35


36<br />

<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

________________________________________________________________<br />

Schutz“ auf E<strong>in</strong>ladung des Hess. M<strong>in</strong>. des Inneren und für Landwirtschaft,<br />

Forsten und Naturschutz am 16.10.1997 <strong>in</strong> Wiesbaden.<br />

HOCHWALD, S. und G. BAUER (1990): Untersuchungen zur<br />

Populationsökologie und Fortpflanzungsbiologie <strong>der</strong> Bachmuschel Unio<br />

crassus (PHIL.) 1788. Schriftenreihe Bayer. Landesamt für Umweltschutz,<br />

Heft 97: 31-49.<br />

HRUSKA, J. (1996): Nahrungsansprüche <strong>der</strong> Flußperlmuschel und <strong>der</strong>en<br />

halbnatürliche Aufzucht <strong>in</strong> <strong>der</strong> tschechischen Republik (unveröff. Manuskript).<br />

JUNGBLUTH, J.H. (1996): Rote Liste <strong>der</strong> Schnecken und Muscheln <strong>Hessen</strong>s.<br />

In: Natur <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> (Hrsg.: Hess. M<strong>in</strong>. des Inneren und für Landwirtschaft,<br />

Forsten und Naturschutz) Wiesbaden.<br />

JUNGBLUTH, J.H. & D.VON KNORRE (1995): Rote Liste <strong>der</strong><br />

B<strong>in</strong>nenmollusken (Schnecken (Gastropoda) und Muscheln (<strong>Bivalvia</strong>)) <strong>in</strong><br />

Deutschland. Mitt. dtsch. malakozool. Ges. 56/57:1-17.<br />

JUNGBLUTH, J.H, K.-O. NAGEL, H. NESEMANN und A. SCHEURIG<br />

(1989): <strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>: Ökologische Standortüberprüfung 1987-1989.<br />

Neckarste<strong>in</strong>ach 1989.<br />

JUNGBLUTH, J.H. und H.-E. SCHMIDT (1972): <strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> des<br />

Vogelsberges. Philippia I/3: 149-165.<br />

LECHNER, S. (1997): Populationsökologische Untersuchungen an <strong>der</strong><br />

Bachmuschel Unio crassus (PHILIPSSON, 1788) im E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>der</strong><br />

hessischen K<strong>in</strong>zig. Diplomarbeit am FB Zoologie <strong>der</strong> Universität Freiburg.<br />

LEHMANN, W. (1991): <strong>Die</strong> Gefährdungssituation <strong>der</strong> Schnecken und<br />

Muscheln (Gastropoda et <strong>Bivalvia</strong>) des Landkreises Waldeck-Frankenberg -<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

E<strong>in</strong>e erste E<strong>in</strong>schätzung -. In: FREDE, A. (1991): Rote Listen für den<br />

Landkreis Waldeck-Frankenberg - <strong>Die</strong> Gefährdung <strong>der</strong> Tier- und<br />

Pflanzenwelt sowie ihrer Lebensräume. Naturschutz <strong>in</strong> Waldeck-Frankenberg,<br />

Band 3, E<strong>der</strong>tal-Korbach.<br />

NAGEL, K.-O. und H. NESEMANN (1989): <strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> <strong>der</strong> Schwalm<br />

(<strong>Bivalvia</strong>: <strong>Unionidae</strong>). Decheniana (Bonn) 142: 84-90.<br />

NESEMANN, H. und K.-O. NAGEL (1988): <strong>Die</strong> Flußmuscheln (Mollusca,<br />

<strong>Bivalvia</strong>) des K<strong>in</strong>ziggebietes - Verbreitungsgeschichte und aktuelle<br />

Bestandssituation. Hess. faun. Briefe, 8. Jg., Heft 4: 48-58.<br />

PANNELLA, G. und MACCLINTOCK (1968): Biological and Environmental<br />

Rhythms Reflected <strong>in</strong> Molluscan Shell Growth. J. Palaeontol. 42 (5), (Suppl.):<br />

64-80.<br />

SCHMIDT, H. (1990): Entwicklung e<strong>in</strong>es Artenhilfsprogramms für die beiden<br />

Großmuschelarten Flußperlmuschel (Margaritifera margaritifera L. 1758) und<br />

Bachmuschel (Unio crassus PHIL. 1788). Schriftenreihe Bayer. Landesamt für<br />

Umweltschutz, Heft 97: 5-13.<br />

___________________________________________________________________________<br />

37


<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________________________<br />

38<br />

Bildteil<br />

___________________________________________________________________________


7 Kapitel<br />

_________________________________________________<br />

Bild 1: Zwei Entenmuscheln (Anodonta anat<strong>in</strong>a) und zwei Malermuscheln (Unio pictorum) aus<br />

dem Mühlgraben Nie<strong>der</strong>orke (Probestelle O 9). Man beachte den starken Korrodierungsgrad <strong>der</strong><br />

Schalen. Der älteste Teil <strong>der</strong> Schale (Wirbel) unterliegt bei Muscheln am längsten <strong>der</strong> Korrodierung<br />

und ist dementsprechend im hohen Alter am stärksten betroffen. Stark bewegtes, ste<strong>in</strong>iges<br />

Bodensubstrat för<strong>der</strong>t den Verschleiß <strong>der</strong> Schale zusätzlich an suboptimalen Standorten.<br />

Bild 2: E<strong>in</strong>zelfund <strong>der</strong> Entenmuschel (Anodonta anat<strong>in</strong>a) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er leicht durchströmten, flachen<br />

Flutmulde <strong>der</strong> E<strong>der</strong> unterhalb Herzhausen (Probestelle E 59). Ger<strong>in</strong>ge Korrodierung <strong>der</strong> Schale<br />

sowie breite Zuwachsbereiche zeigen gute Standortverhältnisse bei dieser Muschel an. Nach Wie<strong>der</strong>aufstau<br />

des E<strong>der</strong>sees ist dieser strukturreiche E<strong>der</strong>bereich vier bis sechs Meter überflutet.<br />

_________________________________________________________________________________<br />

39


<strong>Die</strong> <strong>Najaden</strong> (<strong>Bivalvia</strong>, <strong>Unionidae</strong>) <strong>der</strong> <strong>Oberen</strong><br />

E<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong><br />

_________________________________________________________________<br />

40<br />

Bild 3: Zwei große Entenmuscheln (Anodonta<br />

anat<strong>in</strong>a) und zwei Malermuscheln<br />

(Unio pictorum) aus den Altarmen westlich<br />

Birkenbr<strong>in</strong>ghausen (Probestelle E<br />

30). Beide Arten zeigen kaum Korrodierung<br />

und relativ große Zuwachsr<strong>in</strong>ge.<br />

H<strong>in</strong>weis auf gute Standortverhältnisse.<br />

<strong>Die</strong> Bedeutung von angeschlossenen Altarmen<br />

für <strong>Najaden</strong> wird mit diesem Bild<br />

klar, wenn die hier gezeigten Tiere mit<br />

denen von Bild 1 verglichen werden.<br />

Bild 4: <strong>Die</strong> angebundenen Altarme westlich Birkenbr<strong>in</strong>ghausen stellen ideale Lebensräume für<br />

die <strong>Najaden</strong>arten Entenmuschel (Anodonta anat<strong>in</strong>a), Malermuschel (Unio pictorum) und potentiell<br />

auch für die Schwanenmuschel (Anodonta cygnaea) dar. Hohe Jungfischdichten <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit Weichsubstratböden und ger<strong>in</strong>ger Bodengrundbewegung bei gleichzeitigem ständigen Wasseraustausch<br />

über den e<strong>in</strong>fließenden Graben und die E<strong>der</strong> führen zu guten Bed<strong>in</strong>gungen für alle<br />

Altersstufen <strong>der</strong> hier vorkommenden Muscheln (vgl. Bild 3).<br />

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7 Kapitel<br />

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Bild 5: Drei Schalen und das e<strong>in</strong>zige<br />

lebendeTier (unten) von Unio crassus aus<br />

dem Mühlgraben Hatzfeld-Holzhausen<br />

Obermühle,Oberwasser (Probestelle E 10).<br />

Das hohe Alter <strong>der</strong> Tiere mit z.T. > 30<br />

Jahren führt zur Durchkorrodierung <strong>der</strong><br />

Schale im Wirbelbereich. Es sche<strong>in</strong>t an<br />

<strong>der</strong> <strong>Oberen</strong> E<strong>der</strong> so zu se<strong>in</strong>, daß meist erst<br />

das Durchkorrodieren <strong>der</strong> Schale den Tod<br />

<strong>der</strong> alten Bachmuscheln bedeutet. Da<br />

Jungmuscheln fehlen, sterben die überalterten<br />

Bestände nach und nach ab.<br />

Bild 6: Gut abgewachsene und nur wenig korrodierte Bachmuschel (Unio crassus) aus den Flutmulden<br />

unterhalb Herzhausen (Probestelle 59). <strong>Die</strong> Ersche<strong>in</strong>ung dieses E<strong>in</strong>zelfundes, mit ca. 15<br />

Jahren die jüngste Bachmuschel im gesamten Untersuchungsgebiet, verdeutlicht die hohe Bedeutung<br />

von kle<strong>in</strong>räumigen strömungsberuhigten Bereichen mit Fe<strong>in</strong>substrat im Gewässerbett. Nach<br />

Wie<strong>der</strong>aufstau des E<strong>der</strong>sees ist dieser strukturreiche E<strong>der</strong>bereich vier bis sechs Meter überflutet.<br />

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